Portrait von Ellen White
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Der Zentner wird fortgenommen
Der Zentner wird fortgenommen
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Das über den trägen Knecht gesprochene Urteil lautete: „Darum nehmet von ihm den Zentner und gebet’s dem, der zehn Zentner hat.“ Hier, wie in der Belohnung der treuen Knechte, wird nicht nur die Belohnung am schließlichen Gericht, sondern auch der allmähliche Vergeltungsvorgang in diesem Leben angedeutet. Wie es in der natürlich Welt ist, so ist es auch in der geistlichen: eine jede unbenutzt bleibende Kraft wird schwach und vergeht: Tätigkeit ist das Gesetz des Lebens; Müßiggang ist Tod. „In einem jeglichen erzeigen sich die Gaben des Geistes zum gemeinen Nutz.“ 1.Korinther 12,7. Gaben, die zum Segen anderer angewandt werden, nehmen beständig zu; werden sie aber dazu benutzt, um dem eigenen Ich zu dienen, dann nehmen sie ab und werden schließlich ganz entzogen. Wer sich weigert, das, was er empfangen hat, mitzuteilen, wird schließlich finden, dass er nichts zu geben hat. Er überläßt sich einem Verfahren, durch welches die Fähigkeiten und Gaben der Seele verkümmern und schließlich ganz vernichtet werden. CGl.360.2 Teilen

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Möchte doch niemand glauben, dass er hier ein Leben der Selbstsucht führen und dann, nachdem er seinen eigenen Interessen gedient hat, zu seines Herrn Freude eingehen kann. Solche Menschen könnten an der Freude selbstloser Liebe überhaupt nicht teilnehmen. Sie würden für die himmlischen Wohnungen nicht passend sein. Sie könnten die reine Atmosphäre der Liebe, die den ganzen Himmel durchdringt, nicht schätzen. Die Stimmen der Engel und die Musik ihrer Harfen könnten sie nicht befriedigen. Ihnen würde die Wissenschaft des Himmels ein ungelöstes Rätsel sein. CGl.361.1 Teilen

Am großen Gerichtstage werden die, welche nicht für Christum gewirkt, die, welche mit dem Strom gegangen und keine Verantwortlichkeit getragen, die nur an sich selbst gedacht und sich selbst zu Gefallen gelebt haben, vom Richter der ganzen Erde denen gleichgestellt, die Böses getan haben. Sie werden dieselbe Verdammnis empfangen. CGl.361.2 Teilen

Viele, die bekennen Christen zu sein, vernachlässigen Gottes Ansprüche an sie und empfinden es nicht, dass sie damit Unrecht tun. Sie wissen wohl, dass der Lästerer, der Mörder, der Ehebrecher Bestrafung verdienen, aber sie erfreuen sich des Gottesdienstes. Sie hören es gern, wenn das Evangelium gepredigt wird und halten sich deshalb für Christen. Obgleich sie ihr ganzes Leben damit zugebracht haben, für sich selbst zu sorgen, werden sie gerade so sehr überrascht sein, wie der ungetreue Knecht im Gleichnis es war, den Urteilsspruch zu hören: „Nehmet von ihm den Zentner.“ Wie die Juden begehen auch sie den Irrtum, die Freude der Segnungen allein zu genießen, anstatt sie zum Wohl anderer zu verwenden. CGl.361.3 Teilen

Viele, die nicht für Christum wirken, bringen ihre Unfähigkeit zu dieser Arbeit als Entschuldigung vor. Hat Gott sie aber so untüchtig gemacht? Nein, sicherlich nicht. Die Unfähigkeit ist durch ihre Untätigkeit verursacht worden und sie sind aus freier Wahl untüchtig geblieben. Sie erkennen schon jetzt in ihren eigenen Charakteren die Folgen des Urteilsspruchs: „Nehmet von ihm den Zentner.“ Der beständige Mißbrauch ihrer Gaben wird das Wirken des Heiligen Geistes, der doch das einzige Licht ist, für sie dämpfen. Der Urteilsspruch: „den unnützen Knecht werft in die Finsternis hinaus,“ setzt das Siegel des Himmels auf die Wahl, die sie selbst für die Ewigkeit getroffen haben. CGl.361.4 Teilen

[Auf der Grundlage von Lukas 16,1-9.] CGl.361 Teilen

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Christus kam auf diese Erde zu einer Zeit, da man sehr weltlich gesinnt war. Die Menschen hatten das Ewige dem Zeitlichen und das Trachten nach dem Zukünftigen den gegenwärtigen Angelegenheiten untergeordnet. Sie hielten Trugbilder für Wirklichkeiten und Wirklichkeiten für Trugbilder. Sie sahen nicht im Glauben die unsichtbare Welt. Satan stellte ihnen die Dinge dieses Lebens als viel anziehender denn alles andere dar und sie schenkten seinen Versuchungen Gehör. Christus kam, um die Sachlage zu ändern. Er versuchte es, den Zauber, der die Menschen betörte und gefangen hielt, zu brechen. Er versuchte in seinen Lehren die Ansprüche des Himmels und die der Erde wieder in die gehörige Stellung zu bringen, die Gedanken der Menschen von der Gegenwart auf die Zukunft zu lenken. Er rief sie zurück von dem Streben nach vergänglichen Dingen und ermahnte sie, Vorkehrungen für die Ewigkeit zu treffen. CGl.363.1 Teilen

„Es war ein reicher Mann,“ sagte er, „der hatte einen Haushalter; der ward vor ihm berüchtiget, als hätte er ihm seine Güter umgebracht.“ Der reiche Mann hatte alle seine Besitzungen in den Händen dieses Dieners gelassen, aber der Diener war untreu und sein Her war davon überzeugt, dass er systematisch beraubt wurde. Er beschloß, ihn nicht länger in seinem Dienst zu behalten und verlangte deshalb seine Rechnungsführung zu untersuchen. „wie,“ sagte er, „höre ich das von dir? Tu Rechnung von deinem Haushalten, denn du kannst hinfort nicht Haushalter sein!“ CGl.363.2 Teilen

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Im Hinblick auf seine Entlassung sah der Haushalter drei Wege, von denen er einen wählen musste. CGl.364.1 Teilen

Er musste arbeiten, betteln oder verhungern. Und er sprach bei sich selbst: „Was soll ich tun? Mein Herr nimmt das Amt von mir; graben kann ich nicht, so schäme ich mich zu betteln. Ich weiß wohl, was ich tun will, wenn ich nun von dem Amt gesetzt werde, dass sie mich in ihre Häuser nehmen. Und er rief zu sich alle Schuldner seines Herrn, und sprach zu dem ersten: Wie viel bist du meinem Herrn schuldig? Er sprach: Hundert Tonnen Öls. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Brief, setze dich und schreibe flugs 50. Darnach sprach er zu dem andern: Du aber, wie viel bist du schuldig? Er sprach: Hundert Malter Weizen. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Brief und schreib achtzig.“ CGl.364.2 Teilen

Der untreue Knecht zog andere mit hinein in seine Unehrlichkeit. Er betrog seinen Herrn zu ihrem Vorteil und indem sie diesen Vorteil annahmen, stellten sie sich unter die Verpflichtung, ihn als ihren Freund aufzunehmen. CGl.364.3 Teilen

„Und der Herr lobte den ungerechten Haushalter, dass er klüglich getan hatte.“ Der weltliche Mann lobte die Scharfsichtigkeit des Mannes, der ihn betrogen hatte. Aber des reichen Mannes Lob war nicht das Lob Gottes. CGl.364.4 Teilen

Christus lobte den ungerechten Haushalter nicht, sondern er benutzte nur dieses wohlbekannte Verfahren, um die Lehre zu veranschaulichen, die er geben wollte. „Machet euch Freunde mit dem ungerechten Mammon,“ sagte er, „auf dass, wenn er zu Ende gehet, ihr aufgenommen werdet in die ewigen Hütten.“ Lukas 16,9 (EB). CGl.364.5 Teilen

Der Heiland war von den Pharisäern getadelt worden, weil er mit den Zöllnern und Sündern verkehrte; das hatte aber weder sein Interesse, noch seine Bemühungen für sie verringert. Er sah, dass ihre Beschäftigung sie in Versuchung brachte. Sie waren von Verlockungen zur Sünde umgeben. Der erste unrechte Schritt war leicht und dann ging es auf dem betretenen Pfade schnell bergab zu größerer Unehrlichkeit und größeren Verbrechen. Christus versuchte auf alle nur möglichen Weisen sie auf höhere Ziele und edlere Grundsätze zu lenken. Diesen Zweck hatte er im Gleichnis vom untreuen Haushalter im Auge. Es hatte unter den Zöllnern gerade ein solcher Fall, wie der im Gleichnis vorgeführte, stattgefunden und sie erkannten in der von Christo gegebenen Beschreibung ihre eigene Handlungsweise. Ihre Aufmerksamkeit wurde gefesselt und aus dem Bilde ihrer eigenen unehrlichen Handlungsweise zogen viele eine Lehre voll himmlischer Wahrheit. CGl.364.6 Teilen

365

Das Gleichnis war jedoch direkt an die Jünger gerichtet. Ihnen wurde der Sauerteig der Wahrheit zuerst gegeben und durch sie sollten andere erreicht werden. Viele der Lehren Christi wurden von den Jüngern zuerst nicht verstanden und schienen oft beinahe vergessen zu sein. Aber unter dem Einfluß des Heiligen Geistes gewannen diese Wahrheiten später an Klarheit und wurden den Neubekehrten, die der Gemeinde hinzugetan wurden, durch die Jünger in lebendiger Weise veranschaulicht. CGl.365.1 Teilen

Der Heiland sprach auch zu den Pharisäern. Er gab die Hoffnung nicht auf, dass auch sie die überzeugende Kraft seiner Worte erkennen würden. Viele waren schon überführt worden und indem diese die Wahrheit unter der Eingebung des Heiligen Geistes hörten, wurden etliche von ihnen an Christum gläubig. CGl.365.2 Teilen

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Die Pharisäer hatten es versucht, Christum in einen schlechten Ruf zu bringen, indem sie ihn beschuldigten, mit Zöllnern und Sündern zu verkehren. Jetzt wandte Jesus den Tadel gegen diese Beschuldiger. Die Sache, die sich unter den Zöllnern zugetragen hatte, führte er den Pharisäern so vor, dass ihre Handlungsweise dargestellt und auch die einzige Art und Weise, wie sie ihren Irrtum gut machen konnten, ihnen gezeigt wurde. CGl.366.1 Teilen

Dem ungetreuen Haushalter waren die Güter seines Herrn zu wohltätigen Zwecken anvertraut worden, aber er hatte sie für sich selbst benutzt. So war es auch mit Israel. Gott hatte die Nachkommen Abrahams erwählt. Mit starkem Arm hatte er sie aus der Knechtschaft Ägyptens erlöst. Er hatte sie als Bewahrer seiner Heiligen Wahrheit erkoren, die der ganzen Welt zum Segen gereichen sollte. Er hatte ihnen sein lebendiges Wort anvertraut, damit sie anderen das Licht mitteilen möchten; aber seine Haushalter hatten seine Gaben benutzt, um sich selbst zu bereichern und sich zu erhöhen. CGl.366.2 Teilen

Die von Selbstgerechtigkeit und dem Gefühl ihrer eigenen Wichtigkeit erfüllten Pharisäer hatten die ihnen von Gott zu seiner Verherrlichung geliehenen Güter nicht richtig angewandt. CGl.366.3 Teilen

Der Haushalter im Gleichnis hatte keine Vorkehrung für die Zukunft getroffen, er hatte die ihm zum Besten anderer anvertrauten Güter für sich selbst benutzt, hatte aber nur an die Gegenwart gedacht. Wenn ihm jetzt sein Haushalteramt genommen würde, so hatte er nichts, das er sein Eigen nennen konnte. Aber seines Herrn Güter waren noch in seinen Händen und er beschloß sie so zu benutzen, dass er selbst vor zukünftigem Mangel geschützt sein möchte. Zu diesem Zwecke musste er nach einem neuen Plan arbeiten. Anstatt für sich selbst zu sammeln, musste er anderen mitteilen. Vielleicht konnte er auf diese Weise sich Freunde sichern, die, wenn er sein Amt verlieren sollte, ihn aufnehmen würden. So war es auch mit den Pharisäern. Das Haushalteramt sollte ihnen bald genommen werden und sie mussten für die Zukunft sorgen. Nur indem sie darnach trachteten, anderen Gutes zu tun, konnten sie sich selber nützen. Nur indem sie Gottes Gaben in diesem Leben anderen mitteilten, konnten sie Vorkehrungen für die Ewigkeit treffen. CGl.366.4 Teilen

367

Nachdem Christus das Gleichnis erzählt hatte, sagte er: „Die Kinder dieser Welt sind klüger, denn die Kinder des Lichtes in ihrem Geschlechte.“ Das heißt, die Weltweisen bekunden mehr Weisheit und Ernst in ihrer Arbeit für sich selbst, als die vorgeblichen Gotteskinder im Dienste des Herrn an den Tag legen. So war es zurzeit Christi und so ist es jetzt. Sehen wir uns einmal das Leben vieler an, die behaupten Christen zu sein. Der Herr hat sie mit Fähigkeiten, mit Kraft und Einfluß ausgerüstet und ihnen Geld anvertraut, damit sie seine Mitarbeiter im großen Erlösungsplan sein möchten. Alle Gaben Gottes sollten zum Heil der Menschheit, zur Hilfe der Leidenden und Bedürftigen benutzt werden. Die Hungrigen müssen gespeist, die Nackten bekleidet, die Witwen und Waisen versorgt und den Betrübten und Bedrückten geholfen und gedient werden. Es war nie Gottes Wille, dass in der Welt ein so verbreitetes Elend sein sollte. Er wollte nicht, dass ein Mensch alle möglichen Luxusgegenstände im Überfluß haben sollte, während die Kinder eines anderen nach Brot schreien. Alle Mittel, die nicht für den Lebensunterhalt benötigt sind, sind den Menschen anvertraut, um damit Gutes zu tun und dadurch anderen zum Segen zu gereichen. Der Herr sagt: „Verkaufet, was ihr habt, und gebt Almosen.“ Seid bereit, Gutes zu tun, reich zu werden an guten Werken, gern zu geben und behilflich zu sein. „Wenn du ein Mahl machest, so lade die Armen, die Krüppel, die Lahmen, die Blinden.“ Lukas 12,33; 1.Timotheus 6,18. „Laß los, welche du mit Unrecht gebunden hast; laß ledig, welche du beschwerest; gib frei, welche du drängest; reiß weg allerlei Last; brich dem Hungrigen dein Brot, und die, so im Elend sind, führe ins Haus; so du einen nackt siehest, so kleide ihn.“ Sättige „die elende Seele“. „Gehet hin in alle Welt und prediget das Evangelium aller Kreatur.“ Jesaja 58,6.7.10; Markus 16,15. Dies sind des Herrn Gebote. Kommt die große Menge derer, die sich Christen nennen, denselben nach? CGl.367.1 Teilen

368

Ach, wie viele verwenden die Gaben Gottes für sich selbst! Wie viele kaufen ein Haus nach dem andern und fügen ihren Ländereien ein Stück nach dem anderen hinzu! Wie viele geben ihr Geld für Vergnügungen, zur Befriedigung des Appetits, für köstliche ausgestattete Häuser, für Möbel und Kleider aus! Ihre Mitmenschen werden dem Elend, dem Verbrechen, der Krankheit und dem Tode überlassen. Viele, viele kommen um, ohne dass ein mitleidsvoller Blick, ein Wort der Teilnahme, oder eine liebevolle Handlung sie erquickt. CGl.368.1 Teilen

Die Menschen machen sich der Beraubung Gottes schuldig. Durch ihre selbstsüchtige Verwendung von Mitteln wird der Herr der Ehre beraubt, die durch die Linderung der menschlichen Leiden und durch die Rettung von Seelen auf ihn zurückstrahlen würde. Sie veruntreuen die ihnen anvertrauten Güter. Der Herr erklärt: „Und ich will zu euch kommen, und euch strafen, und will ein schneller Zeuge sein wider die ... so Gewalt und Unrecht tun den Taglöhnern, Witwen und Waisen, und den Fremdling drücken.“ „Ist’s recht, dass ein Mensch Gott täuscht, wie ihr mich täuschet? So sprecht ihr: Womit täuschen wir dich? Am Zehnten und Hebopfer. Darum seid ihr auch verflucht, dass euch alles unter den Händen zerrinnet; denn ihr täuschet mich allesamt.“ „Wohlan nun, ihr Reichen, ... euer Reichtum ist verfaulet, eure Kleider sind mottenfräßig worden. Euer Gold und Silber ist verrostet, und sein Rost wird euch zum Zeugnis sein ... Ihr habt euch Schätze gesammelt in den letzten Tagen.“ „Ihr habt wohlgelebet auf Erden und eure Wollust gehabt.“ „Siehe, der Arbeiter Lohn, die euer Land eingeerntet haben, der von euch abgebrochen ist, der schreiet, und das Rufen der Ernter ist kommen vor die Ohren des Herrn Zebaoth.“ Maleachi 3,5.8.9; Jakobus 5,1-3.5.4. CGl.368.2 Teilen

369

Von einem jeden wird gefordert werden, dass er die ihm anvertrauten Gaben zurückgibt. Am Gerichtstage werden die aufgehäuften Schätze der Menschen wertlos sein; letztere haben dann nichts, was sie ihr eigen nennen können. CGl.369.1 Teilen

Menschen, die es sich zur Hauptaufgabe ihres Lebens machen, weltliche Schätze anzuhäufen, zeigen weniger Weisheit, weniger Nachdenken und weniger Sorge um ihre ewige Wohlfahrt, als der ungerechte Haushalter betreffs seiner irdischen Unterkunft an den Tag legte. Weniger weise als die Kinder dieser Welt in ihrem Geschlecht sind diese vorgeblichen Kinder des Lichts. Diese sind es, von denen der Prophet in seinem Gesicht vom großen Gerichtstage sagte: „Zu der Zeit wird jedermann wegwerfen seine silbernen und güldnen Götzen, die er sich hatte machen lassen, anzubeten, in die Löcher der Maulwürfe und der Fledermäuse, auf dass er möge in die Steinritzen und Felsklüfte kriechen vor der Furcht des Herrn und vor seiner herrlichen Majestät, wenn er sich aufmachen wird, zu schrecken die Erde.“ Jesaja 2,20.21. CGl.369.2 Teilen

„Machet euch Freunde mit dem ungerechten Mammon,“ sagte Christus, „auf dass, wenn es zu Ende geht, ihr aufgenommen werdet in die ewigen Hütten.“ Lukas 16,9 (EB). Gott, Christus und die Engel dienen alle den Betrübten, den Leidenden und den mit Sünden Beladenen. Übergebt euch Gott zu gleichem Werke, benutzt seine Gaben zu diesem Zwecke und ihr werdet Teilhaber in der Arbeit mit himmlischen Wesen. Eure Herzen werden im Einklang mit den ihrigen schlagen. Ihr werdet ihnen im Charakter ähnlich werden. Euch werden diese Bewohner der ewigen Hütten keine Fremden sein. Wenn die irdischen Dinge vergangen sind, dann werden die Hüter an den himmlischen Pforten euch willkommen heißen. CGl.369.3 Teilen

Die Mittel, welche anderen zum Segen benutzt worden sind, werden Zinsen tragen. Die in tüchtiger Weise angewandten Reichtümer werden viel Gutes ausrichten. Seelen werden für Christum gewonnen werden. Die, welche den Plan, wie Christus ihn fürs Leben niedergelegt hat, befolgen, werden jene am Hofe Gottes sehen, für die sie auf Erden gewirkt und Opfer gebracht haben, und mit dankbaren Herzen werden die Erlösten sich derer erinnern, die Werkzeuge zu ihrer Rettung gewesen sind. Köstlich wird der Himmel denen sein, die im Werke der Seelenrettung treu gewesen sind! CGl.369.4 Teilen

370

Die in diesem Gleichnis liegende Lehre gilt allen. Ein jeder wird für die ihm von Christo gegebene Gnade verantwortlich gehalten werden. Das Leben ist zu ernst, um ganz von zeitlichen oder irdischen Dingen in Anspruch genommen zu werden. Der Herr wünscht, dass wir anderen das mitteilen, was uns von dem, das ewig und unsichtbar ist, mitgeteilt wird. In jedem Jahr gehen Millionen und aber Millionen Menschenseelen ungewarnt und ungerettet in die Ewigkeit. Von Stunde zu Stunde werden uns in unseren verschiedenen Lebensverhältnissen Gelegenheiten geboten, Seelen zu erreichen und zu retten. Diese Gelegenheiten kommen und gehen beständig. Gott wünscht, dass wir sie auskaufen. Tage, Wochen und Monate gehen vorüber; wir haben einen Tag, eine Woche, einen Monat weniger, um unsere Arbeit zu verrichten. Es wird höchstens nur noch wenige, kurze Jahre dauern und die Stimme, der wir die Antwort nicht verweigern könne, wird gehöret werden: „Tu Rechnung von deinem Haushalten.“ CGl.370.1 Teilen

Christus fordert einen jeden auf, diese Dinge zu bedenken. Berechnet die Sache genau und ehrlich. Legt in die eine Schale der Waage Jesum, das heißt den ewigen Schatz, das Leben, die Wahrheit, den Himmel und die Christo ähnliche Freude an erlösten Seelen und in die andere Schale alles Anziehende, das die Welt bieten kann. Legt in die eine Schale den Verlust eurer eigenen Seele und der Seelen derer, die durch euch hätten gerettet werden können; in die andere legt für euch und für sie ein Leben, welches nach dem Leben Gottes gemessen wird. Wiegt für Zeit und Ewigkeit. Während ihr hiermit beschäftigt seid, spricht Christus: „Was hülfe es den Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne, und nähme an seiner Seele Schaden?“ Markus 8,36. CGl.370.2 Teilen

371

Gott wünscht, dass wir das Himmlische anstatt des Irdischen wählen. Er ermöglicht es uns, einen Schatz im Himmel anzulegen. Er möchte uns ermutigen, dem höchsten Ziele nachzustreben und uns den größten Schatz zu sichern. Er erklärt, „dass ein Mann teurer sein soll denn fein Gold, und ein Mensch werter denn Goldes Stücke aus Ophir.“ Jesaja 13,12. Wenn die Reichtümer, welche die Motten fressen und der Rost verzehrt, vergehen, dann werden sich die Nachfolger Christi ihres himmlischen Schatzes, der unvergänglichen Reichtümer, erfreuen. CGl.371.1 Teilen

Besser als alle Freundschaft der Welt ist die Freundschaft der von Christo Erlösten. Besser als das Anrecht auf den schönsten Palast auf Erden ist das Anrecht auf die Wohnungen, die unser Heiland uns bereitet. Und besser als alle irdischen Lobesworte werden des Heilandes Worte an seine getreuen Diener sein: „Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbet das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt.“ Matthäus 25,34. CGl.371.2 Teilen

Denen, die Gottes Güter verschleudert und verschwendet haben, gibt Christus noch Gelegenheit, sich ewige und unvergängliche Reichtümer zu sichern. Er sagt: „Gebt, so wird euch gegeben.“ „Machet euch Säckel, die nicht veralten, einen Schatz, der nimmer abnimmt, im Himmel, da kein Dieb zukommt, und den keine Motten fressen.“ „Der Reichen von dieser Welt gebiete, ... dass sie Gutes tun, reich werden an guten Werken, gerne geben, behilflich seien, Schätze sammeln, ihnen selbst einen guten Grund aufs Zukünftige, dass sie ergreifen das wahre Leben.“ Lukas 6,38; Lukas 12,33; 1.Timotheus 6,17-19. CGl.371.3 Teilen

Laßt also euer Besitztum euch in den Himmel vorausgehen. Häuft euch einen Schatz an neben dem Throne Gottes. Macht euer Anrecht auf den unerforschlichen Reichtum Christi sicher. „Machet euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, auf dass, wenn er zu Ende geht, ihr aufgenommen werdet in die ewigen Hütten.“ Lukas 16,9 (EB). CGl.371.4 Teilen

[Auf der Grundlage von Lukas 10,25-27.] CGl.371 Teilen

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Unter den Juden verursachte die Frage: „Wer ist denn mein Nächster?“ endlose Erörterungen. Sie hegten keinen Zweifel betreffs der Heiden und der Samariter. Diese waren Fremdlinge und Feinde. Aber wo sollte die Scheidelinie unter den Angehörigen ihres eigenen Volkes, wo unter den verschiedenen Gesellschaftsklassen gezogen werden? Wen sollte der Priester, der Rabbiner, der Älteste als Nächsten betrachten? Sie brachten ihr Leben in einer Runde von Zeremonien zu, um sich rein zu machen. Die Berührung mit der unwisssenden und achtlosen Menge würde, so lehrten sie, eine Befleckung verursachen, die schwer zu beseitigen sei. Sollten sie die „Unreinen“ als ihre Nächsten betrachten? CGl.372.1 Teilen

Diese Frage beantwortete Christus im Gleichnis von dem barmherzigen Samariter. Er zeigte, dass mit unserem Nächsten nicht nur jemand gemeint ist, der mit uns derselben Gemeinde angehört, oder denselben Glauben hat, den wir haben. Es ist hier keine Rede von einem Rassen-, Farben- oder Klassenunterschied; sondern eine jede Person, die unserer Hilfe bedarf, ist unser Nächster. Eine jede vom Widersacher verwundete und zerschlagene Seele ist unser Nächster. Unser Nächster ist ein jeder, der Gottes Eigentum ist. CGl.372.2 Teilen

Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter wurde durch eine Frage veranlaßt, welche ein Schriftgelehrter an Christum richtete. Als der Heiland lehrte, „stand ein Schriftgelehrter auf, versuchte ihn und sprach: Meister, was muss ich tun, dass ich das ewige Leben ererbe?“ Die Pharisäer hatten den Schriftgelehrten veranlaßt, diese Frage zu stellen und zwar in der Hoffnung, dass sie Christum in seinen Worten fangen möchten, und so lauschten sie denn begierig seiner Antwort. Aber der Heiland ließ sich in keine Streitfrage mit ihnen ein. Er ließ sich die Antwort von dem Fragesteller selbst geben. „Wie stehet im Gesetz geschrieben?“ fragte er, „wie liesest du?“ Die Juden beschuldigten Jesum immer noch, es mit dem auf Sinai gegebenen Gesetz leicht zu nehmen; Jesus aber machte die Frage der Seligkeit vom Halten der Gebote abhängig. CGl.372.3 Teilen

373

Der Schriftgelehrte sagte: „Du sollst Gott, deinen Herrn lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüte, und deinen Nächsten als dich selbst.“ „Du hast recht geantwortet,“ sagte Christus, „tue das, so wirst du leben.“ CGl.373.1 Teilen

374

Der Schriftgelehrte war mit der Stellungnahme und den Werken der Pharisäer nicht zufrieden. Er hatte in der Schrift mit dem Wunsche geforscht, die wirkliche Bedeutung derselben kennen zu lernen. Es lag ihm am Herzen und deshalb fragte er in voller Aufrichtigkeit: „Was muss ich tun?“ In seiner Antwort betreffs der Anforderungen, die das Gesetz stellt, überging er die vielen zeremoniellen und rituellen Vorschriften. Diesen legte er keinen Wert bei, sondern führte die zwei großen Grundsätze an, in denen das ganze Gesetz und die Propheten zusammengefaßt sind. Durch die Billigung dieser Antwort gewann der Heiland einen Vorteil bei den Rabbinern. Sie konnten ihn nicht tadeln, weil er etwas billigte, was von einem Ausleger des Gesetzes gesagt worden war. CGl.374.1 Teilen

„Tue das, so wirst du leben,“ sagte Christus. Er stellte in seinen Lehren das Gesetz immer als ein göttliches Ganzes hin und zeigte, dass es unmöglich sei, ein Gebot desselben zu halten und ein anderes zu übertreten, weil alle von demselben Grundsatze ausgehen. Des Menschen Schicksal wird durch seinen Gehorsam gegen das ganze Gesetz bestimmt. CGl.374.2 Teilen

Christus wußte, dass niemand das Gesetz in seiner eigenen Kraft erfüllen konnte. Er wünschte den Schriftgelehrten zu einem eingehenden und genauen Forschen anzuregen, damit er die Wahrheit finden möchte. Nur indem wir die Kraft und Gnade Christi annehmen, können wir das Gesetz halten. Der Glaube an die Versöhnung für die Sünde befähigt den gefallenen Menschen, Gott von ganzem Herzen und seinen Nächsten wie sich selbst zu lieben. CGl.374.3 Teilen

Der Schriftgelehrte wußte, dass er weder die ersten vier noch die letzten sechs Gebote gehalten hatte. Er wurde durch die Worte Christi überführt; aber anstatt seine Sünde zu bekennen, suchte er sich zu entschuldigen. Lieber als die Wahrheit anzuerkennen, versuchte er zu zeigen, wie schwierig die Erfüllung des Gesetzes sei. In dieser Weise hoffte er, der Überführung auszuweichen und sich in den Augen des Volkes zu rechtfertigen. Des Heilandes Worte hatten ihm gezeigt, dass seine Frage nutzlos war, da er sie ja selbst beantworten konnte. Dennoch richtete er eine andere Frage an ihn und sagte; „Wer ist denn mein Nächster?“ CGl.374.4 Teilen

375

Wiederum weigerte sich Christus, in eine Streitfrage hineingezogen zu werden. Er beantwortete die Frage, indem er ein Vorkommnis erzählte, das noch frisch im Gedächtnis seiner Zuhörer war. „Es war ein Mensch,“ sagte er, „der ging von Jerusalem hinab gen Jericho und fiel unter die Mörder; die zogen ihn aus und schlugen ihn und gingen davon, und ließen ihn halbtot liegen.“ CGl.375.1 Teilen

Der von Jerusalem nach Jericho Reisende musste einen Teil der Wüste Judäas durchwandern. Der Weg führte durch eine wilde, felsige Bergschlucht, in welcher Räuber hausten, und die oft der Schauplatz von Gewalttaten war. Hier wurde der Reisende angegriffen, aller seiner Wertsachen beraubt und halbtot am Wege liegen gelassen. Während er in dieser Verfassung dalag, kam ein Priester des Weges; er sah den Mann verwundet daliegen und sich in seinem Blute wälzen, aber er ließ ihn liegen, ohne ihm Hilfe zu leisten. „Da er ihn sah, ging er vorüber.“ Dann kam ein Levit des Weges. Neugierig zu erfahren, was geschehen sei, hielt er an und blickte auf den Leidenden. Er wußte recht gut, was er tun sollte, aber es war keine angenehme Pflicht. Er wünschte, dass er nicht des Weges gekommen wäre und den verwundeten, mißhandelten Mann nicht gesehen hätte. Er redete sich selbst ein, dass die Sache ihn nichts angehe und „ging vorüber“. CGl.375.2 Teilen

Aber jetzt kam ein Samariter desselben Weges entlang und als er den Leidenden sah, verrichtete er das Werk, welches die anderen nicht hatten tun wollen. In Liebe und Güte diente er dem verwundeten Manne. „Da er ihn sah, jammerte ihn sein, ging zu ihm, verband ihm seine Wunden und goß drein Öl und Wein und hob ihn auf sein Tier und führte ihn in die Herberge und pflegte sein. Des andern Tages reiste er und zog heraus zwei Groschen und gab sie dem Wirte und sprach zu ihm: Pflege sein; und so du was mehr wirst dartun, will ich dir’s bezahlen, wenn ich wiederkomme.“ Der Priester und der Levit gaben sich beide für fromm aus; aber der Samariter zeigte, dass er wahrhaft bekehrt war. Es war für ihn nicht angenehmer, den Dienst auszuüben als für den Priester und den Leviten, aber er bewies in Sinn und Tat, dass er im Einklang mit Gott war. CGl.375.3 Teilen

376

Jesus führte hier die Grundsätze des Gesetzes in einer direkten kraftvollen Weise vor und zeigte seinen Zuhörern, dass sie es vernachlässigt hatten, diese Grundsätze auszuleben. Seine Worte waren so bestimmt und treffend, dass die Zuhörer keine Gelegenheit fanden, verfängliche Einwürfe zu machen. Der Schriftgelehrte fand an dem Gesagten nichts auszusetzen. Sein Vorurteil in Bezug auf Christum war beseitigt. Aber er hatte seine nationale Abneigung noch nicht genügend überwunden, um freimütig zu erklären, dass der Samariter am edelsten gehandelt habe. Als Christus ihn fragte: „Welcher dünkt dich, der unter diesen dreien der Nächste sei gewesen dem, der unter die Mörder gefallen war?“ Da antwortete er: „Der die Barmherzigkeit an ihm tat.“ CGl.376.1 Teilen

„Da sprach Jesus zu ihm: So gehe hin und tu desgleichen.“ Zeige denen, die in Not sind, gleiche Liebe und Güte. Dadurch wirst du den Beweis geben, dass du das ganze Gesetz hältst. CGl.376.2 Teilen

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Der große Unterschied zwischen den Juden und den Samaritern war ein Unterschied in ihrem Glauben, nämlich betreffs der Frage, worin die wahre Anbetung Gottes bestehe. Die Pharisäer sagten nichts Gutes über die Samariter, sondern überhäuften sie mit den bittersten Flüchen. So groß war die gegenseitige Abneigung zwischen den Juden und den Samaritern, dass es dem samaritischen Weibe befremdlich schien, dass Christus sie um einen Trunk Wassers bat. „Wie bittest du von mir zu trinken,“ sagte sie, „so du ein Jude bist, und ich ein samaritisch Weib?“ „Denn,“ fügt der Evangelist hinzu, „die Juden haben keine Gemeinschaft mit den Samaritern.“ Johannes 4,9. Und als die Juden so mit tödlichem Haß gegen Christum erfüllt waren, dass sie sich im Tempel erhoben, um ihn zu steinigen, da konnten sie keine passenderen Worte finden, um ihren Haß auszudrücken, als: „Sagen wir nicht recht, dass du ein Samariter bist, und hast den Teufel?“ Johannes 8,48. Dennoch vernachlässigten der Priester und der Levit gerade das Werk, welches Gott ihnen aufgetragen hatte, und überließen es einem gehaßten und verachteten Samariter, einem ihrer eigenen Landsleute zu dienen. CGl.377.1 Teilen

Der Samariter hatte das Gebot erfüllt: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst,“ und dadurch gezeigt, dass er gerechter war als jene, die ihn verdammten. Sein eigenes Leben wagend, hatte er den verwundeten Mann wie seinen Bruder behandelt. Dieser Samariter stellt Christum dar. Unser Heiland hat für uns eine solche Liebe offenbart, der die Liebe eines Menschen nie gleich kommen kann. Als wir zerschlagen und am Sterben waren, hatte er Mitleid mit uns. Er ging nicht an uns vorüber und ließ uns nicht hilflos und hoffnungslos umkommen. Er blieb nicht in seinem heiligen, glücklichen Heim, wo er von allen himmlischen Heerscharen geliebt wurde. Er sah unsere große Not, nahm sich unserer Sache an und verband sein eigenes Wohl eng mit dem der Menschheit. Er starb, um seine Feinde zu retten. Er betete für seine Mörder und auf sein eigenes Beispiel hinweisend, sagte er zu seinen Nachfolgern: „Das gebiete ich euch, dass ihr euch untereinander liebet.“ Johannes 15,17. CGl.377.2 Teilen

Der Priester und der Levit waren der Anordnung Gottes gemäß im Tempel gewesen, um dort anzubeten. An diesem Dienst teilzunehmen, war ein großes und erhabenes Vorrecht, und der Priester und der Levit fühlten, dass, wenn Gott sie in dieser Weise ehrte, es unter ihrer Würde sei, einem unbekannten Leidenden am Wege zu dienen. So kam es, dass sie die besondere Gelegenheit, die Gott ihnen als seinen Werkzeugen gab, einem Mitmenschen zum Segen zu sein, vernachlässigten. CGl.377.3 Teilen

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Viele machen auch heute einen ähnlichen Fehler. Sie teilen ihre Pflichten in zwei verschiedene Klassen ein; die eine Klasse enthält große Pflichten, die im Gehorsam gegen das Gesetz Gottes getan werden müssen; die andere Klasse besteht aus sogenannten kleinen Dingen, unter denen das Gebot „du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst,“ ganz übersehen wird. Die Erfüllung dieser Pflichten hängt von der Laune ab, die wiederum den Neigungen und Antrieben unterworfen ist. Dadurch leidet der Charakter Schaden und die Religion Christi wird falsch dargestellt. CGl.378.1 Teilen

Viele glauben, dass ihrer Würde Abbruch getan würde, wenn sie der leidenden Menschheit dienten. Viele blicken mit Gleichgültigkeit und Verachtung auf solche, die den Seelentempel ruiniert haben. Andere vernachlässigen die Armen aus anderen Beweggründen. Sie sind, wie sie glauben, im Werke Christi tätig und versuchen irgend ein würdiges Unternehmen aufzubauen. Sie meinen, dass sie ein großes Werk tun und deshalb nicht innehalten können, um den Armen und Bedürftigen Beachtung zu schenken. Ja, es mag sogar vorkommen, dass sie in der Förderung ihres vorgeblichen großen Werkes die Armen unterdrücken. Sie bringen sie vielleicht in schwierige Verhältnisse, berauben sie ihrer Rechte oder vernachlässigen ihre Bedürfnisse. Dennoch glauben sie, dass alles dies zu rechtfertigen ist, weil sie ja, wie sie behaupten, das Werk Christi fördern. CGl.378.2 Teilen

379

Viele lassen einen Bruder oder Nachbar gegen widrige Umstände ankämpfen, ohne ihm zu helfen. Weil sie behaupten, Christen zu sein, mag dieser veranlaßt werden zu denken, dass sie in ihrer kalten Selbstsucht Christum darstellen. Weil vorgebliche Knechte des Herrn nicht seine Mitarbeiter sind, wird die Liebe Gottes, die von ihnen ausfließen sollte, in einem hohen Grade von ihren Mitmenschen ferngehalten und viele Lob- und Danksagungen, die von Menschenherzen und -lippen zu Gott emporsteigen sollten, werden im Keim erstickt. Gott wird der Ehre und Verherrlichung, die seinem heiligen Namen gebühren, beraubt. Er wird der Seelen beraubt, für die Christus starb, Seelen, die er gern in sein Reich bringen möchte, um dort durch die endlosen Zeitalter der Ewigkeit hindurch in seiner Gegenwart zu wohnen. CGl.379.1 Teilen

Die göttliche Wahrheit hat wenig Einfluß auf die Welt, und sollte doch, wenn sie praktisch in unserem Leben verwertet wird, viel Einfluß ausüben. Allenthalben bekennt man die Religion dem Namen nach, aber sie hat wenig Wert. Wir mögen vorgeben, Nachfolger Christi zu sein, mögen behaupten, eine jede im Worte Gottes enthaltene Wahrheit zu glauben, aber das wird unserem Nächsten nichts nützen, wenn unser Glaube nicht in unser tägliches Leben hineingebracht wird. Unser Bekenntnis mag himmelhoch sein, aber es wird weder uns, noch unsere Mitmenschen selig machen, wenn wir nicht Christen sind. Ein richtiges Beispiel wird der Welt mehr nützen als alle unsere Bekenntnisse. CGl.379.2 Teilen

Christi Sache kann durch kein selbstsüchtiges Leben gefördert werden. Seine Sache ist die Sache der Bedrückten und der Armen. In den Herzen seiner vorgeblichen Nachfolger muss mehr von dem innigen Mitgefühl Christi sein — eine tiefere Liebe für die, welche er so hoch geschätzt hat, dass er sein eigenes Leben zu ihrer Rettung dahingab. Diese Seelen sind köstlich, unendlich viel köstlicher als irgend eine andere Opfergabe, die wir Gott darbringen können. Alle Kraft auf irgend ein anscheinend großes Werk zu verwenden und dabei die Bedürftigen vernachlässigen oder dem Fremdling sein Recht schmälern, ist ein Dienst, der nicht das Wohlgefallen Gottes hat. CGl.379.3 Teilen

380

Die Heiligung der Seele durch das Wirken des Heiligen Geistes ist das Einpflanzen der Natur Christi in die Menschheit. Die Evangeliumsreligion ist Christus im Leben — ein tätiges Lebenselement. Es ist die im Charakter und in guten Werken offenbarte Gnade Christi. Die Grundsätze des Evangeliums können von keinem Teil des täglichen Lebens getrennt werden. Ein jeder Zweig christlicher Erfahrung und christlichen Wirkens soll eine Darstellung des Lebens Christi sein. CGl.380.1 Teilen

Die Liebe ist die Grundlage der Gottseligkeit. Was auch das Bekenntnis sein mag, so hat doch niemand reine, wahre Liebe zu Gott, wenn er nicht eine selbstlose Liebe zu seinem Bruder hat. Aber diese Liebe können wir niemals dadurch erlangen, dass wir versuchen, andere zu lieben. Was uns not tut, ist die Liebe Christi im Herzen zu haben. Wenn das eigene Ich in Christo aufgeht, dann fließt die Liebe Christi von selbst unwillkürlich hervor. Die Vollkommenheit des christlichen Charakters wird erreicht, wenn das Verlangen, anderen zu helfen und ihnen zum Segen zu sein, beständig in uns wach ist, wenn der Sonnenschein des Himmels das Herz erfüllt und in unserem Antlitz sich offenbart. CGl.380.2 Teilen

Es ist nicht möglich, dass ein Herz, in dem Christus wohnt, liebeleer ist. Wenn wir Gott lieben, weil er uns zuerst geliebt hat, werden wir alle lieben, für die Christus gestorben ist. Wir können nicht in Berührung mit der Gottheit kommen, ohne gleichzeitig in Berührung mit der Menschheit zu kommen, denn in ihm, der auf dem Throne des Weltalls sitzt, sind Gottheit und Menschheit vereint. Sind wir mit Christo verbunden, so sind wir auch durch die goldenen Glieder der Liebeskette mit unseren Mitmenschen verbunden. Dann werden das Mitleid und die Barmherzigkeit Christi sich in unserem Leben bekunden. Wir werden nicht warten, bis die Bedürftigen und Unglücklichen zu uns gebracht werden; man braucht nicht erst unser Herz weich zu stimmen für das Leid anderer. Es wird ebenso natürlich für uns sein, den Bedürftigen und Leidenden zu dienen, wie es für Christum war, umherzugehen und Gutes zu tun. CGl.380.3 Teilen

381

Überall wo Liebe und Mitleid sich kundtun, wo das Herz anderen zum Segen wird und sie beglückt, offenbart sich das Wirken des Geistes Gottes. Inmitten der Tiefen des Heidentums sind Menschen, die nichts vom geschriebenen Gesetze Gottes wußten und selbst den Namen Christi nie gehört hatten, freundlich und liebevoll gegen Christi Jünger gewesen und haben sie mit Gefahr ihres eignen Lebens beschützt. Solche Handlungen bekunden das Wirken göttlicher Kraft. Der Heilige Geist hat die Gnade Christi in das Herz der Wilden gepflanzt und — gegen ihre Natur und die ihnen zuteil gewordene Erziehung — ihr Mitgefühl erweckt. Das „wahrhaftige Licht, welches alle Menschen erleuchtet, die in die Welt kommen“ (Johannes 1,9), scheint in ihre Seele hinein, und dies Licht wird, wenn sie demselben folgen, ihre Füße zum Reiche Gottes führen. CGl.381.1 Teilen

Die Herrlichkeit des Himmels zeigt sich in dem Bestreben, den Gefallenen aufzuhelfen und die Betrübten zu trösten; und wo Christus in menschlichen Herzen wohnt, da wird er in derselben Weise offenbar werden. Überall, wo die Religion Christi tätig ist, da wird sie Segen bringen; überall wo sie wirkt, wird sie Licht verbreiten. CGl.381.2 Teilen

Vor Gott gilt kein Unterschied der Nationalität, Rasse oder Klasse. Er ist der Schöpfer des ganzen Menschengeschlechts. Alle Menschen bilden durch die Schöpfung eine Familie und sind eins durch die Erlösung. Christus kam, um jeden trennenden Zaun, jede Scheidewand fortzunehmen und eine jede Abteilung des Tempels zu öffnen, so dass eine jede Seele freien Zutritt zu Gott haben kann. Seine Liebe ist so weitgehend, so tief, so umfassend, dass sie alles durchdringt. Sie hebt die armen Seelen, die durch Satans Täuschungen betört worden sind, außerhalb dessen Bereich und bringt sie in eine erreichbare Nähe des Thrones Gottes, des Thrones, der von dem Bogen der Verheißung umgeben ist. CGl.381.3 Teilen

382

In Christo ist weder Jude noch Grieche, Knecht oder Freier. Alle sind durch sein teures Blut nahegebracht. Galater 3,28. CGl.382.1 Teilen

Welcher Religionsunterschied auch bestehen mag, ein Ruf von der leidenden Menschheit muss stets gehört und beachtet werden. Wo wegen Religionsverschiedenheiten bittere Gefühle bestehen, kann durch persönliche Dienstleistung viel Gutes getan werden. Liebendes Dienen wird das Vorurteil wegnehmen und Seelen für Gott gewinnen. CGl.382.2 Teilen

Wir sollten ein Herz für die Sorgen, Schwierigkeiten und Kümmernisse anderer haben. Wir sollten an den Freuden und Leiden von hoch und niedrig, reich und arm teilnehmen. „Umsonst habt ihr’s empfangen,“ sagte Christus, „umsonst gebt es auch.“ Matthäus 10,8. Überall um uns herum sind arme, bedrückte Seelen, die mitfühlender Worte und hilfreicher Handlungen bedürfen. Es gibt Witwen, die der Teilnahme, des Beistandes bedürfen; Waisenkinder, die nach dem Gebot des Meisters von den Nachfolgern Christi als ein von Gott anvertrautes Vermächtnis in Obhut genommen werden sollen. Nur zu oft werden sie unbeachtet gelassen. Sie mögen zerlumpt, roh und anscheinend in jeder Hinsicht wenig versprechend sein, aber dennoch sind sie das Eigentum Gottes. Sie sind mit einem großen Preis erkauft und in seinen Augen so köstlich wie wir. Sie sind Glieder der großen Familie Gottes, und Christen sind als seine Haushalter verantwortlich für sie. „Ihre Seelen,“ sagt er, „will ich von deiner Hand fordern.“ CGl.382.3 Teilen

Die Sünde ist das größte aller Übel und wir sollten den Sünder bemitleiden und ihm helfen. Alle können natürlich nicht in derselben Weise erreicht werden. Es gibt viele, die ihren Seelenhunger verbergen. Ihnen würde ein liebevolles Wort, oder eine Tat, die ihnen zeigt, dass man ihrer gedenkt, eine große Hilfe sein. Andere sind in der größten Bedrängnis, ohne es zu wissen; sie erkennen ihren schrecklichen Seelenzustand nicht. Viele sind so tief in Sünde versunken, dass sie alles Gefühl und Verständnis für ewige Dinge, dass sie die Gottähnlichkeit verloren haben und kaum wissen, ob sie Seelen haben, die errettet werden können oder nicht. Sie haben weder Glauben an Gott, noch Zutrauen zu Menschen. Viele von diesen können nur durch selbstlose, liebevolle Handlungen erreicht werden; für ihre leiblichen Bedürfnisse muss zuerst gesorgt werden. Sie müssen gespeist, gereinigt und anständig gekleidet werden. Wenn sie die Beweise der selbstlosen Liebe sehen, wird es ihnen leichter sein, an die Liebe Christi zu glauben. CGl.382.4 Teilen

383

Es gibt viele, die fehlen und ihre Schande und ihre Torheit fühlen. Sie blicken auf ihre Fehler und Mißgriffe, bis sie an den Rand der Verzweiflung getrieben werden. Solche Seelen dürfen wir nicht vernachlässigen. Wenn jemand gegen den Strom schwimmen muss, so drängt ihn die ganze Kraft des Stromes zurück. Man sollte ihm eine hilfreiche Hand entgegenstrecken, wie dem sinkenden Petrus die Hand des älteren Bruders — die Hand Christi — dargereicht wurde. Redet hoffnungsvolle, aufmunternde Worte — Worte, die Zuversicht und Vertrauen anfachen und Liebe erwecken. CGl.383.1 Teilen

Dein geistlich leidender, kranker Bruder bedarf deiner, wie du selbst eines Bruders Liebe bedürftig warst. Er bedarf jemandes Erfahrung, der so schwach gewesen ist, wie er es jetzt ist; er bedarf jemand, der mit ihm fühlen und ihm helfen kann. Die Erkenntnis unserer eigenen Schwäche sollte uns veranlassen, einem anderen in seiner bitteren Not zu helfen. Wir sollten niemals an einer leidenden Seele vorübergehen, ohne zu versuchen, ihr den Trost zu geben, mit dem wir selbst von Gott getröstet worden sind. CGl.383.2 Teilen

Gemeinschaft mit Christo, persönliche Berührung mit einem lebendigen Heiland, befähigt Gemüt, Herz und Seele, über die niedrige Natur zu triumphieren. Erzählt dem verirrten Wanderer von einer allmächtigen Hand, die ihn aufrecht erhalten wird, von der unendlichen Menschenliebe Christi, die auch mit ihm fühlt. Es genügt nicht, dass er an das Dasein eines Gesetzes und einer Gewalt glaubt, an etwas, das kein Mitleid mit ihm haben und den Hilferuf der menschlichen Seele nicht hören kann. Er muss eine warme Hand drücken, einem liebevollen Herzen vertrauen können. Helft ihm an dem Gedanken festzuhalten, dass Gott ihm immer zur Seite ist und immer mit mitleidsvoller Liebe auf ihn blickt. Lehrt ihn an ein Vaterherz zu denken, das immer über Sünde trauert; an eine Vaterhand, die sich beständig nach ihm ausstreckt; an eines Vaters Stimme, die versichert, dass er ihn bei seiner Kraft erhalten und ihm Frieden schaffen wird. Jesaja 27,5. CGl.383.3 Teilen

384

Wenn ihr so wirkt, dann habt ihr Begleiter, die von menschlichen Augen nicht gesehen werden. Engel vom Himmel waren an der Seite des Samariters, der für den mißhandelten, verwundeten Fremdling sorgte, und Boten aus den himmlischen Höfen stehen allen zur Seite, die Gott dadurch dienen, dass sie ihren Mitmenschen helfen; Christus selbst ist ihr Mitarbeiter. Er ist der Heiler und unter seiner Leitung werdet ihr große Resultate erzielen. CGl.384.1 Teilen

Von der Treue in diesem Werke hängt nicht nur die Wohlfahrt anderer, sondern auch unser eignes, ewiges Schicksal ab. Christus versucht alle zur Gemeinschaft mit sich zu erheben, damit sie eins mit ihm sein möchten, wie er eins mit dem Vater ist. Er läßt uns mit Leiden und Unglück in Berührung kommen, um uns aus unserer Selbstsucht aufzurütteln. Er will seine Charaktereigenschaften — Mitleid, Erbarmen und Liebe — in uns entwickeln. Indem wir, wie er, anderen dienen, begeben wir uns in seine Schule, um für das Himmelreich geschickt gemacht zu werden; unterlassen wir aber dies Werk, so verwerfen wir seine Belehrungen und wählen die ewige Trennung von seiner Gegenwart. CGl.384.2 Teilen

„Wirst du in meinen Wegen wandeln und meiner Hut warten,“ erklärt der Herr, so will ich „dir geben von diesen, die hier stehen, dass sie dich geleiten sollen“ (Sacharja 3,7), — nämlich von den Engeln, die seinen Thron umgeben. Indem wir die Mitarbeiter himmlischer Wesen in ihrem Werke auf Erden werden, bereiten wir uns vor für ihre Gesellschaft im Himmel. Als „dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit“ (Hebräer 1,14), werden Engel im Himmel diejenigen bewillkommnen, die auf Erden nicht gelebt haben, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen. Matthäus 20,28. In dieser seligen Gemeinschaft werden wir zu unsrer ewigen Freude erfahren, was alles in der Frage eingeschlossen ist: „Wer ist denn mein Nächster?“ CGl.384.3 Teilen

[Auf der Grundlage von Matthäus 19,16-30; Matthäus 20,1-16; Matthäus 10,17-31; Lukas 18,18-30.] CGl.384 Teilen

385

Die Juden hatten die Wahrheit über die freie Gnade Gottes beinahe ganz aus den Augen verloren. Die Rabbiner lehrten, dass die Gunst Gottes verdient werden müsse, und hofften die Belohnung der Gerechten durch ihre eigenen Werke zu gewinnen. Daher herrschte in ihrem ganzen Gottesdienst ein gieriger, lohnsüchtiger Geist. Selbst die Jünger Christi waren nicht gänzlich frei von diesem Geist und der Heiland benutzte jede Gelegenheit, um ihnen ihren Irrtum zu zeigen. Gerade ehe er das Gleichnis von den Arbeitern gab, fand ein Ereignis statt, das ihm Gelegenheit bot, ihnen die richtigen Grundsätze klarzulegen. CGl.385.1 Teilen

Als er seines Weges ging, trat ein Oberster zu ihm und grüßte ihn ehrfurchtsvoll, vor ihm knieend. „Guter Meister,“ sagte er, „was soll ich Gutes tun, dass ich das ewige Leben möge haben?“ CGl.385.2 Teilen

Der Oberste hatte Christum einfach als einen geehrten Rabbiner angeredet und in ihm nicht den Sohn Gottes erkannt. Der Heiland antwortete: „Was heißest du mich gut? Niemand ist gut, denn der einige Gott.“ Auf welchen Grund hin nennst du mich gut? Gott allein ist gut, wenn du erkennst, dass ich gut bin, musst du mich als Gottes Sohn und Vertreter annehmen. CGl.385.3 Teilen

386

„Willst du aber zum Leben eingehen,“ fügte er hinzu, „so halte die Gebote.“ Der Charakter Gottes ist in seinem Gesetz ausgedrückt und wenn du in Harmonie mit Gott sein willst, so müssen die seinem Gesetze unterliegenden Grundsätze die Quelle aller deiner Handlungen sein. CGl.386.1 Teilen

Christus verringert die Ansprüche des Gesetzes nicht. In unverkennbarer Sprache stellt er den Gehorsam gegen dasselbe als die Bedingung zum ewigen Leben hin — dieselbe Bedingung, die dem Adam vor seinem Fall gestellt wurde. Der Herr erwartet jetzt von einer Seele nichts weniger, als ehemals vom Menschen im Paradiese — einen vollkommenen Gehorsam und eine unbefleckte Gerechtigkeit. Die unter dem Gnadenbunde gestellte Forderung ist gerade so groß, wie die in Eden gestellte — Harmonie mit dem Gesetze Gottes, welches heilig, gut und gerecht ist. CGl.386.2 Teilen

Auf die Worte: „So halte die Gebote,“ fragte der junge Mann: „Welche?“ Er dachte, dass irgend eine zeremonielle Vorschrift gemeint sei, aber Christus sprach von dem auf Sinai gegebenen Gesetze. Er führte mehrere Gebote von der zweiten Gesetzestafel an und faßte sie dann alle in die eine Vorschrift zusammen: „Du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst.“ CGl.386.3 Teilen

Der junge Mann antwortete ohne Zögern: „Das habe ich alles gehalten von meiner Jugend auf; was fehlt mir noch?“ Sein Begriff vom Gesetz war nur die äußere Form und daher oberflächlich. Nach menschlichem Maßstabe beurteilt, hatte er einen tadellosen Charakter bewahrt. Sein äußerliches Leben war in hohem Grade frei von Schuld gewesen; ja, er dachte sogar, dass sein Gehorsam ohne Tadel gewesen sei. Dennoch hatte er eine geheime Furcht, dass zwischen seiner Seele und Gott nicht alles in Ordnung sei. Dies veranlaßte die Frage: „Was fehlt mir noch?“ CGl.386.4 Teilen

„Willst du vollkommen sein,“ sagte Christus, „so gehe hin, verkaufe, was du hast, und gib’s den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komm, und folge mir nach. Da der Jüngling das Wort hörte, ging er betrübt von ihm; denn er hatte viel Güter.“ CGl.386.5 Teilen

387

Ein Mensch, der sein eigenes Ich liebt, ist ein Übertreter der Gesetzes. Dies wünschte Jesus dem jungen Manne begreiflich zu machen und er prüfte ihn auf eine Weise, durch welche die in seinem Herzen wohnende Selbstsucht offenbar wurde. Er zeigte ihm den wunden Punkt in seinem Charakter. Der junge Mann wünschte keine fernere Aufklärung. Er hegte einen Götzen in der Seele; die Welt war sein Gott. Er behauptete, die Gebote gehalten zu haben, kasnnte jedoch nicht den Grundsatz, welcher der Geist und das Leben aller Gebote ist. Er hatte keine wahre Liebe zu Gott oder Menschen und deshalb mangelte ihm auch alles, was ihn befähigen könnte, Zutritt zum Himmelreiche zu haben. Durch seine Selbstliebe und sein Trachten nach weltlichem Gewinn war er mit den Grundsätzen des Himmels nicht in Harmonie. CGl.387.1 Teilen

Als dieser junge Mann zu Jesu kam, da gewannen seine Aufrichtigkeit und sein Ernst ihm des Heilandes Herz. Er „sah ihn an und liebte ihn“. Er sah in diesem jungen Manne einen Menschen, der ihm als Prediger der Gerechtigkeit dienen könnte. Er würde diesen begabten und edlen Jüngling ebenso bereitwillig angenommen haben, wie er die armen Fischer annahm, die ihm nachfolgten. Hätte dieser junge Mann seine Fähigkeit dem Werke der Seelenrettung gewidmet, dann hätte er ein fleißiger und erfolgreicher Arbeiter für Christum werden können. CGl.387.2 Teilen

388

Aber erst musste er die Bedingungen der Jüngerschaft annehmen und sich ohne irgend welchen Vorbehalt Gott hingeben. Auf des Heilandes Ruf verließen Johannes, Petrus und ihre Genossen alles, standen auf und folgten ihm nach. Lukas 5,28. Dieselbe Hingabe wurde von diesem jungen Mann gefordert und Jesus verlangte von ihm kein größeres Opfer, als er selbst gebracht hatte. „Ob er wohl reich ist, ward er doch arm um euretwillen, auf dass ihr durch seine Armut reich würdet.“ 2.Korinther 8,9. Der junge Mann sollte denselben Weg verfolgen, den Jesus genommen hatte. CGl.388.1 Teilen

Christus blickte auf den Jüngling und sehnte sich nach seiner Seele. Ihn verlangte darnach, ihn als Boten zum Segen der Menschen hinauszusenden. Anstatt dessen, was er um Christi willen aufgeben sollte, bot er ihm das Vorrecht der Gemeinschaft mit ihm selbst an. „Folge mir nach,“ sagte er. Dieses Vorrecht war von Petrus, Jakobus und Johannes mit Freuden angenommen worden. Der Jüngling blickte mit Bewunderung zu Christo auf. Sein Herz fühlte sich zum Heilande hingezogen. Aber er war nicht bereit, des Heilandes Grundsatz der Selbstaufopferung anzunehmen. Er zog seine Reichtümer Jesu vor. Er wollte wohl das ewige Leben haben, wollte aber nicht jene selbstlose Liebe, die allein Leben ist, in seiner Seele herrschen lassen, und mit einem traurigen Herzen wandte er sich von Christo ab. CGl.388.2 Teilen

389

Als der junge Mann fortging, sagte Jesus zu seinen Jüngern: „Wie schwer werden die Reichen in das Reich Gottes kommen!“ Diese Worte überraschten die Jünger. Sie waren gelehrt worden, die Reichen als von Gott begünstigt anzusehen; sie selbst hofften, im Reiche des Messias weltliche Macht und Reichtümer zu empfangen. Wenn aber die Reichen nicht in das Reich Gottes eingehen könnten, welche Hoffnung gäbe es dann für die übrigen Menschen? CGl.389.1 Teilen

„Aber Jesus antwortete wiederum und sprach zu ihnen: Liebe Kinder, wie schwer ist’s, dass die, so ihr Vertauen auf Reichtum setzen, ins Reich Gottes kommen! Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, denn dass ein Reicher ins Reich Gottes komme. Sie entsetzten sich aber noch viel mehr.“ Jetzt erkannten sie, dass die ernste Warnung auch ihnen gelte. Im Lichte der Worte des Heilandes wurde ihnen ihr eigenes Verlangen nach Macht und Reichtümern offenbart. In banger Besorgnis betreffs ihrer selbst riefen sie aus: „Wer kann denn selig werden?“ CGl.389.2 Teilen

„Jesus aber sah sie an und sprach: Bei den Menschen ist’s unmöglich, aber nicht bei Gott; denn alle Dinge sind möglich bei Gott.“ CGl.389.3 Teilen

Ein reicher Mann geht nicht um seines Reichtums willen in den Himmel ein. Sein Reichtum gibt ihm kein Anrecht auf das Erbteil der Heiligen im Licht. Nur durch die unverdiente Gnade Christi kann irgend ein Mensch Zutritt zu der Stadt Gottes haben. CGl.389.4 Teilen

An die Reichen nicht weniger als an die Armen sind die durch den Heiligen Geist eingegebenen Worte gerichtet: Ihr „seid nicht euer selbst; denn ihr seid teuer erkauft“. 1.Korinther 6,19.20. Wenn die Menschen dies glauben, dann werden sie ihre Besitzungen als ein ihnen von Gott anvertrautes Gut betrachten, das sie, wie er will, zur Rettung der Verlorenen und zum Besten der Leidenden und Armen benutzen werden. Dem Menschen ist dies unmöglich, denn sein Herz klammert sich an seinen irdischen Schatz. Seine Seele, die an den Dienst des Mammons gebunden ist, ist taub gegen den Ruf menschlicher Not. Aber bei Gott sind alle Dinge möglich. Indem das selbstsüchtige Herz auf die Liebe Christi blickt, wird es schmelzen und erweichen. Der Reiche wird dahin kommen, dass er sagt, wie dereinst Saulus, der Pharisäer, sagte: „Was mir Gewinn war, das hab ich um Christi willen für Schaden geachtet. Ja, ich achte es noch alles für Schaden gegen die überschwengliche Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn.“ Philipper 3,7.8. Dann wird er nichts als sein Eigentum ansehen; er wird sich mit Freuden als Haushalter der mannigfachen Gnade Gottes betrachten und um seinetwillen gern der Knecht aller sein. CGl.389.5 Teilen

390

Petrus war der erste der Jünger, der sich, nachdem des Heilandes Worte sie ihres innern Zustandes überführt hatten, wieder faßte. Er dachte mit Befriedigung an das, was er und seine Brüder für Christum aufgegeben hatten. „Siehe,“ sagte er, „wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolget,“ und der dem jungen Manne gemachten Verheißung: „So wirst du einen Schatz im Himmel haben,“ gedenkend, fragte er, welche Belohnung er und seine Genossen für die von ihnen gebrachten Opfer erhalten würden? CGl.390.1 Teilen

Des Heilandes Antwort erfüllte die Herzen jener galiläischen Fischer mit Wonne. Sie führte ihnen Ehren vor Augen, die ihre höchsten Träume erfüllten: „Wahrlich, ich sage euch, dass ihr, die ihr mir seid nachgefolget, — in der Wiedergeburt, da des Menschen Sohn wird sitzen auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit, werdet ihr auch sitzen auf zwölf Stühlen und richten die zwölf Geschlechter Israels.“ Und er fügte hinzu: „Es ist niemand, so er verläßt Haus oder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter oder Weib oder Kinder oder Äcker um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der nicht hundertfältig empfahe; jetzt in dieser Zeit Häuser und Brüder und Schwestern und Mütter und Kinder und Äcker, mit Verfolgungen, und in der zukünftigen Welt das ewige Leben.“ CGl.390.2 Teilen

391

Aber Petri Frage: „Was wird uns dafür?“ hatte eine Gesinnung offenbart, die wenn nicht verändert, die Jünger ungeeignet gemacht haben würde, Christi Boten zu sein, denn sie war der Geist eines Mietlings. Obgleich die Jünger durch die Liebe Jesu angezogen worden waren, waren sie doch nicht gänzlich frei von Pharisäismus. Sie wirkten immer noch mit dem Gedanken, eine Belohnung zu verdienen, die im Verhältnis zu ihrer Arbeit stehen würde. Sie nährten einen Geist der Selbsterhebung mit Selbstzufriedenheit und stellten Vergleiche untereinander an. Wenn einer von ihnen in irgend einer besonderen Sache Mißerfolg hatte, so gaben sich die andern dem Gefühl der Überlegenheit hin. CGl.391.1 Teilen

Damit die Jünger die Grundsätze des Evangeliums nicht aus den Augen verlieren möchten, erzählt Christus ihnen ein Gleichnis, welches die Art und Weise, in der Gott mit seinen Knechten verfährt, und den Geist, in welchem sie für ihn wirken sollten, veranschaulicht. CGl.391.2 Teilen

„Das Himmelreich,“ sagte er, „ist gleich einem Hausvater, der am Morgen ausging, Arbeiter zu mieten in seinen Weinberg.“ Es war gebräuchlich, dass Männer, die Arbeit suchten, an den Marktplätzen warteten, wohin die Arbeitgeber gingen, um Knechte zu mieten. Der Mann im Gleichnis wird dargestellt als zu verschiedenen Stunden ausgehend, um Arbeiter zu dingen. Die in den frühesten Tagesstunden gemieteten Arbeiter willigen ein, für eine gewisse Summe zu arbeiten; und die später gemieteten überlassen die Bestimmung des Lohnes dem Arbeitgeber. CGl.391.3 Teilen

„Da es nun Abend ward, sprach der Herr des Weinbergs zu seinem Schaffner: Rufe den Arbeitern und gib ihnen den Lohn, und heb an an den letzten bis zu den ersten. Da kamen, die um die elfte Stunde gedinget waren, und empfing ein jeglicher seinen Groschen. Da aber die ersten kamen, meinten sie, sie würden mehr empfangen; und sie empfingen auch ein jeglicher seinen Groschen.“ CGl.391.4 Teilen

Des Hausvaters Verfahren mit den Arbeitern in seinem Weinberge stellt Gottes Verfahren mit der menschlichen Familie dar. Es ist den unter Menschen üblichen Gebräuchen entgegen. In weltlichen Geschäften richtet sich die Vergütung nach der geleisteten Arbeit. Der Arbeiter erwartet, dass ihm nur das bezahlt wird, was er verdient hat. Aber Jesus veranschaulichte in dem Gleichnis die Grundsätze seines Reiches — eines Reiches, das nicht von dieser Welt ist. Er richtet sich nicht nach menschlichen Gebräuchen. Der Herr sagt: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege: ... sondern soviel der Himmel höher ist denn die Erde, so sind auch meine Wege höher denn eure Wege und meine Gedanken denn eure Gedanken.“ Jesaja 55,8.9. CGl.391.5 Teilen

392

Im Gleichnis willigten die zuerst gedungenen Arbeiter ein, für eine bestimmte Summe zu arbeiten, und sie empfingen den festgesetzen Betrag, nichts mehr. Die später gemieteten Arbeiter glaubten dem Worte des Hausvaters: „Ich will euch geben, was recht ist.“ Sie zeigten, dass sie ihm vertrauten, indem sie keine Frage betreffs des Lohnes an ihn richteten. Sie wurden nicht nach der von ihnen geleisteten Arbeit belohnt, sondern nach der Freigebigkeit des Hausvaters. CGl.392.1 Teilen

So wünscht auch Gott, dass wir ihm vertrauen, der den Gottlosen gerecht macht. Seine Belohnung wird nicht nach unserem Verdienst gegeben, sondern nach seinem Willen oder Vorsatz, „den er ausgeführt hat durch Christum Jesum, unsern Herrn.“ „Nicht um der Werke willen der Gerechtigkeit, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit machte er uns selig.“ Epheser 3,11 (v. Ess). Für alle, die ihm vertrauen, wird er überschwenglich tun „über alles, das wir bitten oder verstehen.“ Titus 3,5. CGl.392.2 Teilen

Es ist nicht die Größe der Arbeit, die verrichtet wird, oder das sichtbare Resultat derselben, wodurch sie irgend einen Wert vor Gott erhält, sondern es kommt auf den Geist an, in dem die Arbeit getan wird. Die, welche um die elfte Stunde in den Weinberg kamen, waren dankbar für die Gelegenheit arbeiten zu können. Ihre Herzen waren voller Dankbarkeit gegen den, der sie angenommen hatte; und als der Hausvater ihnen am Schluß des Tages einen vollen Tagelohn auszahlte, da waren sie sehr überrascht. Sie wußten, dass sie nicht so viel Lohn verdient hatten, und die im Angesicht ihres Arbeitgebers ausgedrückte Güte erfüllte sie mit Freude. Sie vergaßen nie die Güte des Hausvaters, und die großmütige Vergütung, die er ihnen für ihre Arbeit gab. So ist es auch mit dem Sünder, der seine Unwürdigkeit erkennend, um die elfte Stunde in den Weinberg des Meisters gegangen ist. Seine Dienstzeit scheint kurz, und er fühlt, dass er keine Belohnung verdient hat; aber er ist voller Freude darüber, dass Gott ihn überhaupt angenommen hat. Er wirkt in Demut und vertrauensvoll und ist dankbar für das ihm zuteil gewordene Vorrecht, ein Mitarbeiter Christi zu sein. Solch einen Geist ehrt Gott gern. CGl.392.3 Teilen

393

Der Herr wünscht, dass wir ihm vertrauen ohne eine Frage betreffs unserer Belohnung zu stellen. Wenn Christus in der Seele wohnt, dann kommt der Gedanke an die Belohnung nicht in erster Reihe. Er ist nicht der Beweggrund, der unserer Arbeit zugrunde liegt. Es ist wahr, dass wir in einem untergeordneten Sinne auch auf die uns verheißene Belohnung blicken sollen. Gott wünscht, dass wir seine uns verheißenen Segnungen schätzen. Aber er möchte nicht, dass wir nach Belohnung streben oder denken, dass wir für jede Pflichterfüllung eine Vergütung erhalten müssen. Wir sollen nicht so drauf bedacht sein, die Belohnung zu gewinnen, als das zu tun, was recht ist, ohne Rücksicht auf Gewinn und Belohnung. Die Liebe zu Gott und zu unsern Mitmenschen sollte unser Beweggrund sein. CGl.393.1 Teilen

394

Dies Gleichnis entschuldigt diejenigen nicht, welche den ersten Ruf zur Arbeit hören, es aber unterlassen, in den Weinberg des Herrn zu gehen. Als der Hausvater um die elfte Stunde an den Markt ging und Leute unbeschäftigt fand, sagte er: „Was stehet ihr hier den ganzen Tag müßig?“ Die Antwort war: „Es hat uns niemand gedinget.“ Keiner von denen, die später am Tage gedungen wurden, war am Morgen da. Sie hatten sich nicht geweigert, dem Rufe Folge zu leisten. Die, welche sich anfänglich weigern, dann aber ihr Unrecht einsehen und bereuen, tun wohl daran; aber es ist nie sicher, es mit dem ersten Ruf der Gnade leicht zu nehmen. CGl.394.1 Teilen

Als die Arbeiter im Weinberge ihren Lohn empfingen, „ein jeglicher seinen Groschen,“ da murrten jene, die früh am Morgen mit ihrer Arbeit begonnen hatten. Hatten sie nicht zwölf lange Stunden gearbeitet? dachten sie, und wäre es nicht recht, dass sie mehr empfingen als die, welche nur eine Stunde zur kühleren Zeit des Tages gearbeitet hatten? „Diese letzten haben nur eine Stunde gearbeitet,“ sagten sie, „und du hast sie uns gleich gemacht, die wir des Tages Last und die Hitze getragen haben.“ CGl.394.2 Teilen

„Freund,“ antwortete der Hausvater einem derselben, „ich tue dir nicht unrecht. Bist du nicht mit mir eins worden um einen Groschen? Nimm, was dein ist, und gehe hin! Ich will aber diesem Letzten geben gleich wie dir. Oder habe ich nicht Macht zu tun, was ich will, mit dem Meinen? Siehst du darum scheel, dass ich so gütig bin?“ CGl.394.3 Teilen

„Also werden die Letzten die Ersten, und die Ersten die Letzten sein. Denn viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt.“ CGl.394.4 Teilen

Die im Gleichnis erwähnten ersten Arbeiter stellen die dar, welche wegen ihrer Dienstleistungen einen Vorzug vor anderen beanspruchen. Sie gehen in einem leichten, in sich selbst Genüge findenden Geiste an die Arbeit und üben keine Selbstverleugnung und Selbstaufopferung. Vielleicht erklärten sie, Gott ihr ganzes Leben hindurch dienen zu wollen, haben auch wohl schon Schwierigkeiten, Entbehrungen und Prüfungen erduldet und halten sich deshalb zu einer großen Belohnung berechtigt. Sie denken mehr an die Belohnung, als an das Vorrecht, Knechte Christi sein zu dürfen. Nach ihrer Ansicht sind sie durch ihre Arbeit und die von ihnen dargebrachten Opfer zu größeren Ehren berechtigt als andere, und weil dieser Anspruch nicht anerkannt wird, sind sie beleidigt. Hätten sie in einem liebenden, vertrauenden Geist gearbeitet, so würden sie auch fernerhin die Ersten sein, aber ihr zänkisches, mürrisches Wesen ist Christo unähnlich und zeigt, dass sie des Vertrauens unwürdig sind. Es offenbart ihren Wunsch, das eigene Ich zu erheben, zeigt Mißtrauen gegen Gott und einen eifersüchtigen, mißgünstigen Geist gegen ihre Brüder. Die Güte und Freigebigkeit des Herrn gibt ihnen nur Veranlassung zum Murren, und so zeigen sie, dass zwischen ihren Seelen und Gott keine Verbindung ist. Sie kennen nicht die Freude, Mitarbeiter des Meisters zu sein. CGl.394.5 Teilen

395

Nichts ist Gott mißfälliger als dieser engherzige, nur für das eigene Ich sorgende Geist. Er kann nicht mit denen wirken, welche diese Eigenschaft bekunden. Sie sind dem Wirken seines Geistes nicht zugänglich. CGl.395.1 Teilen

Die Juden waren zuerst in den Weinberg des Herrn berufen worden und waren aus diesem Grunde stolz und selbstgerecht. Sie dachten, dass ihre langjährige Dienstzeit sie zu einer größeren Belohnung berechtige, als andere empfangen würden. Nichts erbitterte sie mehr als eine Andeutung, dass die Heiden die gleichen Vorrechte in Bezug auf göttliche Dinge genießen würden, wie sie selbst. CGl.395.2 Teilen

Christus warnte die Jünger, die zuerst zu seiner Nachfolge berufen worden waren, damit nicht dasselbe Übel unter ihnen genährt werde. Er sah, dass der Geist der Selbstgerechtigkeit die Ursache der Schwäche und der Fluch der Gemeinde sein werde. Die Menschen würden denken, dass sie etwas tun könnten, um sich einen Platz im Himmelreiche zu verdienen. Sie würden sich einbilden, dass wenn sie gewisse Fortschritte gemacht hätten, der Herr ihnen zu Hilfe kommen würde, und so würde dann viel vom eigenen Ich und wenig von Jesu da sein. Viele, die geringe Fortschritte gemacht hätten, würden aufgeblasen sein und sich für höher und besser als andere halten. Sie würden sich gern schmeicheln lassen und eifersüchtig und neidisch sein, wenn man sie nicht für die Wichtigsten hielt. Vor dieser Gefahr suchte Jesus seine Jünger zu warnen. CGl.395.3 Teilen

396

Es ist nicht recht, uns irgend eines Verdienstes zu rühmen, als wäre es in uns selbst. „Ein Weiser rühme sich nicht seiner Weisheit, ein Starker rühme sich nicht seiner Stärke, ein Reicher rühme sich nicht seines Reichtums; sondern wer sich rühmen will, der rühme sich des, dass er mich wisse und kenne, dass ich der Herr bin, der Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übet auf Erden; denn solches gefällt mir, spricht der Herr.“ Jeremia 9,23.24. CGl.396.1 Teilen

Die Belohnung wird uns nicht wegen unserer Werke zuteil, damit sich nicht jemand rühme, sondern sie wird uns einzig und allein aus Gnade gegeben. „Was sagen wir denn von unserm Vater Abraham, dass er gefunden habe nach dem Fleisch? Das sagen wir: Ist Abraham durch die Werke gerecht, so hat er wohl Ruhm, aber nicht vor Gott. Was saget denn die Schrift? Abraham hat Gott geglaubet und das ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet. Dem aber, der mit Werken umgehet, wird der Lohn nicht aus Gnade zugerechnet, sondern aus Pflicht. Dem aber, der nicht mit Werken umgehet, glaubet aber an den, der die Gottlosen gerecht macht, dem wird sein Glaube gerechnet zur Gerechtigkeit.“ Römer 4,1-5. Deshalb hat niemand Ursache sich über einen anderen zu erheben, oder irgend jemand etwas zu mißgönnen. Keiner hat ein größeres Vorrecht als ein anderer und niemand kann die Belohnung als ein ihm zukommendes Recht beanspruchen. CGl.396.2 Teilen

Die Ersten und die Letzten sollen Teilnehmer an der großen ewigen Belohnung sein und die Ersten sollen die Letzten freudig bewillkommnen. Ein Mensch, der einem anderen die Belohnung mißgönnt, vergißt, dass er selbst einzig und allein aus Gnade gerettet wird. Im Gleichnis von den Arbeitern im Weinberge werden Eifersucht und alles Argwöhnen getadelt. Die Liebe freut sich der Wahrheit und stellt keine neidischen Vergleiche an. Wer Liebe hat, stellt nur zwischen seinem unvollkommenen Charakter und der großen Liebe Christi einen Vergleich an. CGl.396.3 Teilen

397

Dies Gleichnis enthält eine Warnung für alle Arbeiter, gleichviel wie lange sie gedient und wie viel sie gearbeitet haben, dass sie ohne Liebe zu ihren Brüdern und ohne wahre Demut vor Gott nichts sind. Die Selbsterhebung ist keine Religion. Ein Mensch, dessen Ziel und Zweck Selbstverherrlichung ist, wird jene Gnade ermangeln, die allein ihn im Dienst Christi erfolgreich und wirksam machen kann. Wo Stolz und Selbstgefälligkeit genährt werden, da leidet das Werk. CGl.397.1 Teilen

Nicht die Länge der Arbeitszeit, sondern die Willigkeit und Treue im Werk sieht Gott an. In all unserem Dienen fordert er eine völlige Übergabe des eigenen Ich. Die kleinste in Aufrichtigkeit, in Selbstvergessenheit verrichtete Pflicht ist Gott angenehmer als das größte Werk, wenn Spuren der Selbstsucht darin zu entdecken sind. Er sieht darnach, ob wir auf den Geist Christi achten und wie viel Ähnlichkeit mit Christo wir in unserem Wirken offenbaren. Er sieht mehr auf die Liebe und Treue, mit der wir arbeiten, als darauf, wie viel wir tun. CGl.397.2 Teilen

Nur dann, wenn die Selbstsucht tot und das Streben nach Oberherrschaft gänzlich verdrängt ist, wenn Dankbarkeit das Herz erfüllt und die Liebe das Leben würzt, nur dann wohnt Christus in der Seele und wir werden als Mitarbeiter Gottes anerkannt. CGl.397.3 Teilen

Wie anstrengend die Arbeit auch sein mag, so betrachten die wahren Arbeiter sie nicht als eine schwere Plackerei. Sie sind bereit, zu geben, ja sich selbst aufzuopfern, aber alles mit einem frohen, freudigen Herzen. Die Freude in Gott wird durch Jesum Christum ausgedrückt. Ihre Freude ist die Freude, die Christus hatte — „dass ich tue den Willen des, der mich gesandt hat, und vollende sein Werk.“ Johannes 4,34. Sie sind Mitarbeiter des Herrn der Herrlichkeit. Dieser Gedanke versüßt alle Arbeit, stärkt den Willen und kräftigt den Geist für alles, was hereinbrechen mag. Dadurch, dass sie mit selbstlosem Herzen wirken, als Teilnehmer der Leiden Christi veredelt werden, sein Mitgefühl mit ihm teilen und mit ihm zusammen arbeiten, tragen sie dazu bei, seine Freude zu erhöhen und seinem hehren Namen Ehre und Preis darzubringen. CGl.397.4 Teilen

398

Dies ist der Geist, der allem wahren Dienst für Gott zugrunde liegt. In der Ermangelung dieses Geistes werden viele, welche die Ersten zu sein scheinen, die Letzten werden, wogegen die, welche ihn besitzen, obgleich als die Letzten betrachtet, die Ersten sein werden. CGl.398.1 Teilen

Es gibt viele Menschen, die sich Christo geweiht haben und dennoch keine Gelegenheit finden, ein großes Werk zu tun oder in seinem Dienst große Opfer zu bringen. Diese mögen Trost finden in dem Gedanken, dass man nicht notwendigerweise ein Märtyrer zu sein braucht, um Gott am meisten zu gefallen; es ist nicht gesagt, dass der Missionar, der täglich der Gefahr und dem Tode ausgesetzt war, den besten Bericht in den Himmelsbüchern hat. Der Christ, der sich als solcher beweist in seinem Privatleben, in der täglichen Übergabe des eigenen Ich, in der Aufrichtigkeit seiner Absichten und der Reinheit der Gedanken, in Sanftmut, wenn er gereizt wird, in Glauben und Frömmigkeit, in Treue im Geringsten, der im Familienleben den Charakter Christi darstellt — der mag in den Augen Gottes köstlicher sein, als der viel gerühmte Missionar oder der Märtyrer. CGl.398.2 Teilen

O, wie verschieden ist doch der Maßstab, nach welchem Gott den Charakter mißt, von dem, nach dem wir messen! Gott sieht, wie vielen Versuchungen widerstanden wird, von denen die Welt und selbst nahe Freunde nichts wissen, Versuchungen in der Familie und im Herzen. Er sieht die Demütigung der Seele angesichts ihrer eigenen Schwäche, die aufrichtige Reue, die selbst über einen bösen Gedanken gefühlt wird. Er sieht die volle Hingabe des Herzens zu seinem Dienst. Er hat die Stunden der schweren Kämpfe mit dem eigenen Ich beachtet — Kämpfe, die den Sieg davontrugen. Alles dies wissen Gott und die Engel. Ein Denkzettel oder Gedächtnisbuch ist vor ihm geschrieben für alle, die den Herrn fürchten und an seinen Namen gedenken. CGl.398.3 Teilen

399

Das Geheimnis des Erfolges liegt nicht in unserer Gelehrsamkeit, nicht in unserer Stellung, nicht in unserer Anzahl oder in den uns anvertrauten Talenten, nicht im Willen der Menschen. Wenn wir unsere Unfähigkeit fühlen, müssen wir auf Christum schauen und durch ihn, der die Kraft aller Kräfte, der Gedanke aller Gedanken ist, wird der Willige und Gehorsame Sieg auf Sieg gewinnen. CGl.399.1 Teilen

Wie kurz auch unsere Dienstzeit, oder wie gering auch unsere Arbeit sein mag, so werden wir, wenn wir im einfältigen Glauben Christo folgen, die Belohnung nicht verlieren. Das, was selbst die Größten und Weisesten nicht verdienen können, kann der Schwächste und Geringste erhalten. Die goldene Pforte des Himmels öffnet sich nicht für die, die sich selbst erhöhen; den Stolzen gewährt sie keinen Zutritt. Aber die ewigen Portale werden sich bei der zitternden Berührung eines kleinen Kindes weit öffnen. Herrlich wird der Gnadenlohn derer sein, die in der Einfältigkeit des Glaubens und der Liebe für Gott gewirkt haben. CGl.399.2 Teilen

[Auf der Grundlage von Matthäus 25,1-13.] CGl.399 Teilen

400

Christus sitzt mit seinen Jüngern auf dem Ölberge. Die Sonne ist hinter den Bergen verschwunden und die Abendschatten lagern sich über die Erde. Ein hell erleuchtetes, wie zu einem Feste hergerichtetes Wohnhaus liegt vor ihnen. Der von demselben ausgehende Lichtglanz und eine erwartungsvolle Gesellschaft lassen erkennen, dass bald ein Hochzeitszug kommen wird. In vielen Teilen des Orients werden Hochzeitsfestlichkeiten am Abend abgehalten. Der Bräutigam holt seine Braut und führt sie in sein Heim. Bei Fackellicht bewegt sich der Brautzug von des Vaters Haus zu dem des Bräutigams, wo für die geladenen Gäste ein Gastmahl bereitet ist. In der Szene, auf welche Christus blickt, erwartet eine Schar die Ankunft der Braut und ihres Gefolges, in der Absicht, sich dem Zuge anzuschließen. CGl.400.1 Teilen

In der Nähe des Hauses der Braut stehen zehn in Weiß gekleidete Jungfrauen. Jede trägt eine angezündete Lampe und ein kleines Ölfläschchen. Alle warten sehnsüchtig auf das Erscheinen des Bräutigams. Aber dasselbe verzögert sich. Stunde auf Stunde verstreicht; die Wartenden werden müde und schlafen ein. Um Mitternacht aber wird ein Geschrei gehört: „Siehe, der Bräutigam kommt; gehet aus, ihm entgegen!“ Die Jungfrauen, plötzlich erwachend, springen auf. Sie sehen, wie sich der von Fackeln erhellte Zug unter dem Klange fröhlicher Musik in Bewegung setzt. Sie hören die Stimme des Bräutigams und die Stimme der Braut. Sie ergreifen ihre Lampen und putzen dieselben eiligst, um dann mitzugehen. Aber fünf der Jungfrauen haben es versäumt, ihre Ölgefäße zu füllen. Sie hatten eine so lange Verzögerung nicht erwartet und sich nicht für einen Notfall vorbereitet. In ihrer Verlegenheit wenden sie sich an ihre weiseren Gefährtinnen und sagen: „Gebt uns von eurem Öle, denn unsre Lampen verlöschen.“ Aber die wartenden Fünf mit ihren frisch gefüllten und geputzten Lampen haben ihre Ölgefäße geleert. Sie haben kein Öl übrig und deshalb antworten sie: „Nicht also, auf dass nicht uns und euch gebreche; gehet aber hin zu den Krämern und kaufet für euch selbst.“ CGl.400.2 Teilen

401

Während sie hingingen, um Öl zu kaufen, ging der Brautzug vorüber und sie blieben zurück. Die fünf Jungfrauen mit den brennenden Lampen schlossen sich dem Zuge an und betraten mit dem Gefolge das Haus und die Tür wurde verschlossen. Als die törichten Jungfrauen den Festsaal erreichten, wurde ihnen eine unerwartete Abweisung zuteil. Der Gastgeber erklärte: „Ich kenne euer nicht.“ Man ließ sie draußen stehen, auf der leeren Straße, im Dunkel der Nacht. CGl.401.1 Teilen

Während Christus auf die auf den Bräutigam wartende Gesellschaft blickte, erzählte er seinen Jüngern das Gleichnis von den zehn Jungfrauen, indem er durch ihre Erfahrung die Erfahrung der Gemeinde veranschaulichte, die gerade vor seiner Wiederkunft leben wird. CGl.401.2 Teilen

Die zwei Arten der Wartenden stellen die zwei Klassen dar, welche behaupten, auf ihren Herrn zu warten. Sie werden Jungfrauen genannt, weil sie sich zu einem reinen Glauben bekennen. Durch die Lampen wird das Wort Gottes dargestellt. Der Psalmist sagt: „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.“ Psalm 119,105. Das Öl ist das Sinnbild des heiligen Geistes. In dieser Weise wird der Geist in der Prophezeiung Sacharjas dargestellt. CGl.401.3 Teilen

402

„Der Engel, der mit mir redete, kam wieder,“ sagte er, „und weckte mich auf, wie einer vom Schlaf erweckt wird, und sprach zu mir: Was siehest du? Ich aber sprach: ich sehe; und siehe, da stand ein Leuchter, ganz gülden, mit einer Schale obendrauf, daran sieben Lampen waren, und je sieben Röhren an einer Lampe; und zwei Ölbäume dabei, einer zur Rechten der Schale, der andre zur Linken. Und ich antwortete und sprach zu dem Engel, der mit mir redete: Mein Herr, was ist das? ... Und er antwortete und sprach zu mir: Das ist das Wort des Herrn an Serubabel: es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr Zebaoth ... Und ich antwortet zum andernmale und sprach zu ihm: Was sind die zwei Zweige der Ölbäume, welche stehen bei den zwei güldenen Rinnen, daraus das güldne Öl herabfließt? ... Und er sprach: Es sind die zwei Ölkinder (‘die zwei Gesalbten‘, laut v. Ess), welche stehen bei dem Herrscher aller Lande.“ Sacharja 4,1-14. CGl.402.1 Teilen

Von den zwei Ölbäumen floß das goldene Öl durch die goldenen Röhren in die Schale des Leuchters und dann weiter in die goldenen Lampen, die das Heiligtum erleuchteten. So wird auch durch die heiligen Wesen, die in der Gegenwart Gottes stehen, sein Geist den menschlichen Werkzeugen, die seinem Dienste geweiht sind, mitgeteilt. Es ist die Aufgabe der zwei Gesalbten, dem Volke Gottes jene himmlische Gnade mitzuteilen, die allein sein Wort zu einer Leuchte unserer Füße und einem Licht auf unserem Pfade machen kann. „Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr Zebaoth.“ CGl.402.2 Teilen

403

In dem Gleichnis gingen alle zehn Jungfrauen aus, um dem Bräutigam zu begegnen. Alle hatten Lampen und auch Ölbehälter. Eine Zeitlang konnte man keinen Unterschied zwischen ihnen sehen. So ist es auch mit der Gemeinde, die gerade vor der Wiederkunft Christi lebt. Alle haben Schriftkenntnis. Alle haben die Botschaft gehört, dass das Kommen Christi nahe ist, und warten zuversichtlich auf sein Erscheinen. Wie es aber im Gleichnis war, so ist es auch jetzt. Es tritt eine Wartezeit ein; der Glaube wird geprüft, und wenn das Geschrei gehört wird: „Siehe, der Bräutigam kommt; gehet aus, ihm entgegen!“ so sind viele nicht bereit. Sie haben kein Öl in ihren Ölbehältern und in ihren Lampen. Sie ermangeln des Heiligen Geistes. CGl.403.1 Teilen

Ohne den Geist Gottes nützt uns das Bekanntsein mit seinem Worte nichts. Die Theorie der Wahrheit ohne den Heiligen Geist kann die Seele nicht beleben und das Herz nicht heiligen. Man mag mit den Geboten und Verheißungen der Bibel bekannt sein; wenn aber der Geist Gottes die Wahrheit nicht ins Herz prägt, wird der Charakter nicht verändert werden. Ohne die Erleuchtung des Heiligen Geistes werden die Menschen nicht die Wahrheit vom Irrtum unterscheiden können und werden unter den meisterhaften Versuchungen Satans fallen. CGl.403.2 Teilen

Die durch die törichten Jungfrauen dargestellten Menschen sind keine Heuchler. Sie haben Achtung für die Wahrheit, befürworten dieselbe, fühlen sich hingezogen zu denen, welche die Wahrheit bekennen; aber sie haben sich nicht dem Wirken des Heiligen Geistes hingegeben. Sie sind nicht auf den Felsen Jesum Christum gefallen und haben ihre alte Natur nicht zerbrechen lassen. Diese Klasse wird auch durch die mit dem steinigen Boden verglichenen Hörer dargestellt. Sie nehmen das Wort bereitwillig an, aber sie unterlassen es, die Grundsätze desselben in die Tat umzusetzen. Der Einfluß ist kein bleibender. Der Geist wirkt nach dem Maße an dem Herzen, wie der Mensch es verlangt und sich ihm hingibt, er bewirkt in ihm eine neue Natur; aber die durch die törichten Jungfrauen dargestellten Menschen sind mit einem oberflächlichem Wirken zufrieden. CGl.403.3 Teilen

404

Sie kennen Gott nicht, sie haben über seinen Charakter nicht nachgedacht, haben keine Gemeinschaft mit ihm gehabt und wissen deshalb nicht, wie sie ihm vertrauen, zu ihm aufblicken und leben sollen. Ihr Gottesdienst wird zu einer bloßen Form herabgewürdigt. „Sie werden zu dir kommen in die Versammlung, und vor dir sitzen als mein Volk, und werden deine Worte hören, aber nichts darnach tun; sondern sie werden sie gern in ihrem Munde haben, und gleichwohl fortleben nach ihrem Geiz.“ Hesekiel 33,31. Der Apostel Paulus weist darauf hin, dass dies besonders bei denen der Fall sein wird, die gerade vor der Wiederkunft Christi leben. Er sagt: „Das sollst du aber wissen, dass in den letzten Tagen werden greuliche Zeiten kommen. Denn es werden Menschen sein, die von sich selbst halten, ... die mehr lieben Wollust denn Gott, die da haben den Schein eines gottseligen Wesens, aber seine Kraft verleugnen sie.“ 2.Timotheus 3,1-5. CGl.404.1 Teilen

Dies ist die Klasse von Menschen, die in der Zeit der Gefahr sagen werden: „Es ist Friede, es hat keine Gefahr.“ Sie wiegen ihre Herzen in Sicherheit und träumen von keiner Gefahr. Wenn sie aus ihrem Schlaf aufgerüttelt werden, erkennen sie, was ihnen mangelt, und bitten andere, ihrem Mangel abzuhelfen; aber in geistlichen Dingen kann niemand anderer Mängel ersetzen. Die Gnade Gottes ist jeder Seele reichlich angeboten worden. Die Evangeliumsbotschaft: „Wen dürstet, der komme; und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst“ (Offenbarung 22,17), ist laut verkündigt worden. Der Charakter kann nicht übertragen werden. Keiner kann für einen anderen glauben. Keiner kann für einen anderen den Geist empfangen. Keiner kann einem anderen den Charakter mitteilen, der die Frucht des Geistes ist. Und wenn auch „Noah, Daniel und Hiob wären drinnen (im Lande); so wahr ich lebe, spricht der Herr, Herr, würden sie weder Söhne noch Töchter, sondern allein ihre eigne Seele durch ihre Gerechtigkeit erretten.“ Hesekiel 14,20. CGl.404.2 Teilen

406

In einem Entscheidungspunkt (engl.: einer Krise) offenbart sich der Charakter. Als die ernste Stimme um Mitternacht verkündigte: „Siehe, der Bräutigam kommt; gehet aus, ihm entgegen!“ und die schlafenden Jungfrauen aus ihrem Schlummer aufgeweckt wurden, da zeigte es sich, wer Vorbereitungen für dieses Ereignis getroffen hatte. Beide Parteien wurden überrascht, aber eine war auf die Überraschung vorbereitet und die andere war unvorbereitet. So wird auch jetzt eine plötzliche unerwartete Heimsuchung, etwas, was die Seele dem Tode ins Angesicht schauen läßt, zeigen, ob wirklicher Glaube an die Verheißungen Gottes vorhanden ist. Es wird sich zeigen, ob die Seele sich allein auf die Gnade verläßt. Die letzte große Prüfung kommt am Schluß der dem Menschengeschlecht gegebenen Gnadenzeit, wenn es zu spät sein wird für das, was die Seelen gebrauchen, zu sorgen. CGl.406.1 Teilen

Die zehn Jungfrauen warten am Abend der Geschichte dieser Welt, Alle behaupten Christen zu sein. Alle wurden berufen, alle haben einen Namen, eine Lampe, und alle behaupten, Gott zu dienen. Alle warten anscheinend auf das Kommen Christi. Aber fünf sind nicht bereit; fünf werden erschreckt und verwirrt außerhalb des Festsaals gefunden. CGl.406.2 Teilen

An dem letzten großen Tage werden viele Zutritt zum Reiche Christi verlangen und sagen: „Wir haben vor dir gegessen und getrunken, und auf den Gassen hast du uns gelehret.“ „Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt? Haben wir nicht in deinem Namen Teufel ausgetrieben? Haben wir nicht in deinem Namen viel Taten getan?“ Aber die Antwort wird sein: „Ich sage euch: Ich kenne euer nicht, wo ihr her seid; weichet alle von mir.“ Lukas 13,26.27. Sie haben in diesem Leben keine Gemeinschaft mit Christo gehabt, deshalb kennen sie die Sprache des Himmels nicht; sie sind unbekannt mit der Freude desselben. „Denn welcher Mensch weiß, was im Menschen ist, ohne der Geist des Menschen, der in ihm ist? Also auch weiß niemand, was in Gott ist, ohne der Geist Gottes.“ 1.Korinther 2,11. CGl.406.3 Teilen

407

Die traurigsten Worte, die jemals an die Ohren sterblicher Menschen drangen, sind die jenes Urteil enthaltenden Worte: „Ich kenne euer nicht.“ Die Gemeinschaft des Geistes allein, die ihr vernachlässigt habt, könnte euch mit der freudigen Gesellschaft beim Hochzeitsmahl vereint haben. Ihr könnt an jenem Feste nicht teilnehmen. Das Licht desselben würde auf geblendete Augen und die Festklänge würden auf taube Ohren fallen. Die bei demselben bekundete Liebe und Wonne würden in dem von der Welt betäubten Herzen keine Freude erwecken. Ihr seid vom Himmel ausgeschlossen, weil ihr für die Gesellschaft desselben nicht paßt. CGl.407.1 Teilen

Wir werden dadurch nicht bereit, dem Herrn zu begegnen, indem wir einfach, wenn der Ruf gehört wird: Siehe, der Bräutigam kommt! aufwachen, und dann unsere leeren Lampen nehmen, um sie füllen zu lassen. Wir können nicht hier ein Leben ohne Christum führen und dennoch zubereitet sein für seine Gemeinschaft im Himmel. CGl.407.2 Teilen

Im Gleichnis hatten die klugen Jungfrauen Öl in ihren Gefäßen, samt ihren Lampen. Ihr Licht brannte mit unverminderter Flamme die ganze Nacht des Wachens hindurch. Es vergrößerte die zu Ehren des Bräutigams veranstaltete Illumination. In die Finsternis hinausleuchtend, trug es dazu bei, den Weg zum Hause des Bräutigams, zum Hochzeitsfeste zu erleuchten. CGl.407.3 Teilen

408

So sollen auch die Nachfolger Christi Licht in die Finsternis der Welt werfen. Durch den Heiligen Geist wirkt das Wort Gottes wie ein Licht und wird im Leben dessen, der es annimmt, eine umbildende Kraft. Indem der Heilige Geist die Grundsätze des Wortes Gottes in die Herzen der Menschen einpflanzt, entwickelt er in ihnen die Eigenschaften Gottes. Das Licht seiner Herrlichkeit — sein Charakter — soll aus seinen Nachfolgern herausstrahlen. So sollen sie Gott verherrlichen, den Pfad zur Wohnung des Bräutigams, zur Stadt Gottes, zum Hochzeitsmahl des Lammes erhellen. CGl.408.1 Teilen

Der Bräutigam kam um Mitternacht, um die dunkelste Stunde. So wird auch das Kommen Christi in der dunkelsten Zeit der Geschichte dieser Welt stattfinden. Die Tage Noahs und Lots geben uns ein Bild von dem Zustand der Welt, wie er gerade vor der Wiederkunft des Menschensohnes sein wird. Die Heilige Schrift erklärt betreffs dieser Zeit, dass Satan mit allen Kräften „und mit allerlei Verführung zur Ungerechtigkeit“ (2.Thessalonicher 2,9.10) wirken wird. Sein Wirken zeigt sich klar durch die schnell zunehmende Finsternis, die zahlreichen Irrtümer, Ketzereien und Verführungen dieser letzen Tage. Satan nimmt nicht nur die Welt gefangen, sondern seine Täuschungen und Verführungen durchsäuern sogar die sich zu unserem Herrn Jesu Christo bekennenden Gemeinden. Der große Abfall wird sich zu einer Finsternis entwickeln, die so dunkel sein wird, wie die Mitternacht, so undurchdringlich, wie ein härener Sack. Diese Zeit wird für das Volk Gottes eine Nacht der Prüfung, eine Nacht des Weinens, eine Nacht der Verfolgung um der Wahrheit willen sein, aber aus jener Nacht der Finsternis wird das Licht Gottes hervorleuchten. CGl.408.2 Teilen

Er läßt „das Licht aus der Finsternis hervorleuchten“. 2.Korinther 4,6. „Die Erde war wüste und leer, und es war finster auf der Tiefe, und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde Licht, und es ward Licht.“ 1.Mose 1,2.3. So erklingt auch in der Nacht geistlicher Finsternis das Wort Gottes: „Es werde Licht.“ Zu seinem Volke sagt er: „Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn gehet auf über dir.“ Jesaja 60,1. CGl.408.3 Teilen

„Denn siehe,“ sagt die Schrift, „Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir gehet auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheinet über dir.“ Jesaja 60,2. CGl.408.4 Teilen

409

Es ist die Verkennung Gottes, welche die Welt in Finsternis einhüllt. Die Menschen verlieren ihre Kenntnisse über Gottes Charakter. Derselbe wird mißverstanden und fälschlich gedeutet. Zu dieser Zeit soll eine Botschaft von Gott verkündigt werden, eine Botschaft, die einen erleuchtenden Einfluß und eine errettende Kraft hat. Gottes Charakter soll bekannt gemacht werden. In die Finsternis dieser Welt soll das Licht seiner Herrlichkeit, das Licht seiner Güte, Barmherzigkeit und Wahrheit leuchten. CGl.409.1 Teilen

Dies Werk beschreibt der Prophet Jesaja: „Jerusalem, du Predigerin, heb deine Stimme auf mit Macht, heb auf, und fürchte dich nicht; sage den Städten Judas: Siehe, da ist euer Gott! Denn siehe, der Herr, Herr kommt gewaltiglich, und sein Arm wird herrschen. Siehe, sein Lohn ist bei ihm, und seine Vergeltung ist vor ihm.“ Jesaja 40,9.10. CGl.409.2 Teilen

Die auf das Kommen des Bräutigams warten, sollen dem Volke sagen: „Sehet euren Gott!“ Die letzten Strahlen des Gnadenlichtes, die letzte Botschaft der Barmherzigkeit, die der Welt gegeben werden sollen, sind eine Offenbarung seines Charakters, der Liebe ist. Die Kinder Gottes sollen seine Herrlichkeit kundtun. In ihrem Leben und ihrem Charakter sollen sie offenbaren, was die Gnade Gottes für sie getan hat. CGl.409.3 Teilen

Das Licht der Sonne der Gerechtigkeit soll in guten Werken ausstrahlen — in Worten der Wahrheit und heiligen Handlungen. CGl.409.4 Teilen

Christus, der Abglanz der Herrlichkeit des Vaters, kam als das Licht der Welt auf diese Erde. Er kam, um Gott den Menschen darzustellen, und von ihm steht geschrieben, dass er gesalbt wurde „mit dem Heiligen Geiste und Kraft“ und „umhergezogen ist, und hat wohlgetan“. Apostelgeschichte 10,38. In der Schule zu Nazareth sagte er: „Der Geist des Herrn ist bei mir, darum dass er mich gesalbet hat; er hat mich gesandt, zu verkündigen das Evangelium den Armen, zu heilen die zerstoßenen Herzen, zu predigen den Gefangenen, dass sie los sein sollen, und den Blinden das Gesicht, und den Zerschlagenen, dass sie frei und ledig sein sollen, und zu verkündigen das angenehme Jahr des Herrn.“ Lukas 4,18.19. Dies war das Werk, das er seinen Jüngern auftrug. „Ihr seid das Licht der Welt,“ sagte er. „Also laßt euer Licht leuchten vor den Leuten, dass sie eure guten Werke sehen, und euren Vater im Himmel preisen.“ Matthäus 5,14.16. CGl.409.5 Teilen

411

Dies ist das Werk, welches der Prophet Jesaja beschreibt, wenn er sagt: „Brich dem Hungrigen dein Brot, und die, so im Elend sind, führe ins Haus; so du einen nackt siehest, so kleide ihn, und entzieh dich nicht von deinem Fleisch. Alsdann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Besserung wird schnell wachsen, und deine Gerechtigkeit wird vor dir her gehen, und die Herrlichkeit des Herrn wird dich zu sich nehmen.“ Jesaja 58,7.8. CGl.411.1 Teilen

Also soll in der Nacht geistlicher Finsternis die Herrlichkeit Gottes durch seine Gemeinde ausgestrahlt werden, indem sie die Niedergebeugten emporhebt und die Trauernden tröstet. CGl.411.2 Teilen

Überall um uns herum hören wir Wehklagen über das Elend dieser Erde. Auf allen Seiten gibt es Bedürftige und Notleidende. Es ist unsere Pflicht, dazu beizutragen, dass das Elend und die Not dieses Lebens gelindert werden. CGl.411.3 Teilen

Praktische Hilfe wird viel wirksamer sein als das bloße Predigen. Wir sollen den Hungrigen Speise geben, die Nackten bekleiden und die Heimatlosen beherbergen. Ja, wir sind berufen, noch mehr als dies zu tun. Die Bedürfnisse der Seele können nur durch die Liebe Christi befriedigt werden. Wenn Christus in uns wohnt, werden unsere Herzen voll göttlichen Mitleids sein; die versiegelten Quellen ernster, Christi ähnlicher Liebe werden entsiegelt werden. CGl.411.4 Teilen

Gott verlangt nicht nur, dass wir den Bedürftigen unsere Gaben geben, sondern auch, dass wir ihnen ein fröhliches Antlitz zeigen, hoffnungsvolle Worte zu ihnen reden und ihnen liebevoll und warm die Hand drücken. Als Christus die Kranken heilte, legte er seine Hände auf sie. So sollten auch wir in nahe Berührung mit denen kommen, denen wir nützen wollen. CGl.411.5 Teilen

Es gibt viele, die keine Hoffnung mehr haben; bringt ihnen wiederum Sonnenschein. Viele haben den Mut verloren; redet tröstende, aufmunternde Worte zu ihnen, betet für sie. Andere haben das Brot des Lebens nötig; lest ihnen aus dem Worte Gottes vor. Viele leiden an einer Seelenkrankheit, für die es keinen irdischen Balsam gibt, und die keine ärztliche Heilkunst erreichen kann; betet für diese Seelen, bringt sie zu Jesu! Sagt ihnen, dass es einen Balsam in Gilead und einen Arzt gibt, der heilen kann. CGl.411.6 Teilen

412

Das Licht ist ein über das ganze Weltall sich erstreckender Segen, der seine Schätze auf eine undankbare, unheilige und entartete Welt ausgießt. So ist es auch mit dem Licht der Sonne der Gerechtigkeit. Die ganze Erde, die in der Finsternis der Sünde, in Kummer und Schmerz eingehüllt ist, soll durch die Erkenntnis der Liebe Gottes erleuchtet werden. Das vom Throne Gottes scheinende Licht soll keiner Sekte, keinem Range, keiner Klasse der Bevölkerung vorenthalten werden. CGl.412.1 Teilen

Die Botschaft der Gnade und der Hoffnung soll bis an die Enden der Erde getragen werden. Wer da will, kann seine Hand ausstrecken, die Kraft Gottes ergreifen und Frieden mit ihm machen und er wird Frieden haben. Die Heiden sollen nicht länger in mitternächtlicher Finsternis eingehüllt sein. Das Dunkel soll vor den hellen Strahlen der Sonne der Gerechtigkeit verschwinden. Die Macht der Hölle ist überwunden worden. CGl.412.2 Teilen

Aber niemand kann etwas mitteilen, was er selbst noch nicht empfangen hat. Im Werke Gottes vermag das Menschliche nichts. Kein Mensch kann sich durch seine eigenen Anstrengungen zu einem Lichtträger Gottes machen. Durch das goldene Öl, welches von den himmlischen Boten in die goldenen Röhren gegossen wurde, um von der goldenen Schale in die Lampen des Heiligtums geleitet zu werden, entstand ein beständiges, hell leuchtendes Licht. Es ist die dem Menschen beständig zuteil werdende Liebe Gottes, die ihn befähigt, anderen Licht mitzuteilen. In den Herzen aller, die durch den Glauben mit Gott verbunden sind, fließt beständig das goldenen Öl der Liebe, um dann in guten Werken und in einem wirklichen von Herzen kommenden Dienst für Gott offenbar zu werden. CGl.412.3 Teilen

In der großen, unermeßlichen Gabe des Heiligen Geistes sind alle Hilfsquellen des Himmels enthalten. Es liegt nicht an Gott, dass die Reichtümer seiner Gnade nicht zu den Menschen auf diese Erde herniederfließen. Wären alle willig, den Geist Gottes anzunehmen, so würden alle mit demselben erfüllt werden. CGl.412.4 Teilen

Es ist das Vorrecht einer jeden Seele, ein lebendiger Kanal zu sein, durch welchen Gott der Welt die Schätze seiner Gnade, den unerforschlichen Reichtum Christi, mitteilen kann. Christus wünscht nichts so sehr, als Werkzeuge zu haben, die der Welt seinen Geist und seinen Charakter darstellen; und es gibt nichts, dessen die Welt so sehr bedarf, als einer Offenbarung der Liebe des Heilandes durch Menschen. Der ganze Himmel verlangt nach Kanälen, durch welche das heilige Öl fließen könne, um menschlichen Herzen zur Freude und zum Segen zu gereichen. CGl.412.5 Teilen

413

Christus hat alle möglichen Vorkehrungen getroffen, seine Gemeinde zu einem Leib umzugestalten, der erleuchtet durch das Licht der Welt die Herrlichkeit Immanuels besitzt. Es ist seine Absicht, dass ein jeder Christ von einer geistlichen Atmosphäre des Lichtes und des Friedens umgeben sein soll. Er wünscht, dass seine eigene Freude sich in unserem Leben offenbaren möchte. CGl.413.1 Teilen

Das Innewohnen des Geistes wird durch das Ausfließen himmlischer Liebe bekundet werden. Die göttliche Fülle wird durch das Gott geweihte, menschliche Werkzeug strömen, um anderen mitgeteilt zu werden. CGl.413.2 Teilen

Die Sonne der Gerechtigkeit hat „Heil unter ihren Flügeln“. Also wird von einem jeden wahren Jünger ein Einfluß zum Leben, Mut, Nützlichsein und zur wahren Heilung ausgehen. CGl.413.3 Teilen

Die Religion Christi bedeutet mehr als Vergebung der Sünden; sie bedeutet ein Hinwegnehmen unserer Sünden und ein Erfülltwerden mit den Gnadengaben des Heiligen Geistes. Sie bedeutet göttliche Erleuchtung, Freude in Gott. Sie bedeutet ein vom eigenen Ich entleertes Herz, das mit der bleibenden Gegenwart Christi gesegnet ist. Wenn Christus in der Seele herrscht, dann ist dort Reinheit und Freiheit von Sünde. Die Herrlichkeit, die Fülle, die Vollkommenheit des Evangeliumsplanes wird im Leben bekundet. Die Annahme des Heilandes bringt vollkommenen Frieden, vollkommene Liebe und eine vollkommene Sicherheit. Die im Leben offenbarte Schönheit und der süße Duft des Charakters Christi bezeugen, dass Gott in der Tat seinen Sohn in diese Welt gesandt hat, um ihr Heiland zu sein. CGl.413.4 Teilen

Jesus gebietet seinen Nachfolgern nicht, darnach zu streben, dass sie leuchten möchten. Er sagt: Laßt euer Licht leuchten. Wenn ihr die Gnade Gottes angenommen habt, so ist das Licht in euch. Entfernt die Hindernisse, und die Herrlichkeit des Herrn wird offenbar werden. Das Licht wird hervorbrechen, um die Finsternis zu durchdringen und zu zerstreuen und ihr werdet innerhalb des Bereiches eures Einflusses leuchten. CGl.413.5 Teilen

414

Die in Menschengestalt geoffenbarte Herrlichkeit Gottes wird die Menschen so eng mit dem Himmel verbinden, dass die den inneren Tempel schmückende Schönheit in einer jeden Seele gesehen werden wird, in welcher der Heiland wohnt. Die Menschen werden durch die Herrlichkeit eines innewohnenden Christus gefesselt werden, und in Strömen von Lob- und Danksagungen seitens der vielen Seelen, die in dieser Weise für Gott gewonnen wurden, wird die Herrlichkeit des großen Gebers erhöht werden. CGl.414.1 Teilen

„Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn gehet auf über dir.“ Jesaja 60,1. Diese Botschaft wird denen gegeben, die ausgehen, dem Bräutigam zu begegnen. Christus kommt in Kraft und großer Herrlichkeit. Er kommt in seiner eigenen Herrlichkeit und in der Herrlichkeit seines Vaters. Er kommt und alle heiligen Engel mit ihm. Während die ganze Welt in Finsternis liegt, wird in einer jeden Wohnung der Heiligen Licht sein. Die ersten Lichtstrahlen bei seinem zweiten Erscheinen werden auf sie fallen. Das reine, lautere Licht wird von seiner Herrlichkeit ausstrahlen, und Christus, der Erlöser, wird von allen, die ihm gedient haben, bewundert werden. Während die Gottlosen von seiner Gegenwart fliehen, werden seine Nachfolger sich freuen. Der Patriarch Hiob, mit seinem Glaubensauge die Zeit der Wiederkunft Christi erblickend, sagte: „Denselben werde ich mir sehen, und meine Augen werden ihn schauen und kein Fremder.“ Hiob 19,27. Seinen getreuen Nachfolgern ist Christus ein täglicher Begleiter und vertrauter Freund gewesen. Sie haben in innigstem Verkehr, in beständiger Gemeinschaft mit Gott gelebt. Über ihnen ist die Herrlichkeit des Herrn aufgegangen. In ihnen hat sich das Licht der Erkenntnis, der Herrlichkeit Gottes im Angesichte Jesu Christi widergespiegelt. Jetzt erfreuen sie sich der ungetrübten Strahlen der Klarheit und der Herrlichkeit des Königs in seiner Majestät. Sie sind vorbereitet für die Gemeinschaft des Himmels; denn sie haben den Himmel in ihren Herzen. CGl.414.2 Teilen

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Mit erhobenen Häuptern, mit den hellen Strahlen der Sonne der Gerechtigkeit über ihnen leuchtend, sich freuend, dass ihre Erlösung sich naht, gehen sie aus, dem Bräutigam entgegen, und sagen: „Siehe, das ist unser Gott, auf den wir harren, und er wird uns helfen.“ Jesaja 25,9. CGl.415.1 Teilen

„Und ich hörte als eine Stimme einer großen Schar und als eine Stimme großer Wasser und als eine Stimme starker Donner, die sprachen: Halleluja! denn der allmächtige Gott hat das Reich eingenommen. Lasset uns freuen und fröhlich sein, und ihm die Ehre geben! denn die Hochzeit des Lammes ist kommen, und sein Weib hat sich bereitet. Und er sprach zu mir: Schreibe: Selig sind, die zum Abendmahl des Lammes berufen sind.“ „Es ist der Herr aller Herren, und der König aller Könige, und mit ihm die Berufenen und Auserwählten und Gläubigen.“ Offenbarung 19,6-9; Offenbarung 17,14. CGl.415.2 Teilen

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Erhebe dich Geliebte aus dem Staube,Schwing‘ dich verklärt empor zur Gottesstadt;Nun triumphiert, o Königsbraut, dein Glaube,Der Welt und Satan überwunden hat.Schmück‘, Zion, dich im lichten HochzeitkleideUnd gehe ein zu deines Heilands Freude! CGl.416.1 Teilen

Von ferne schimmert schon die JaspismauerUnd offenbart der Seligen Gebiet;Doch unbeschreiblich ist der WonneschauerDer Schar, die durch die perlentore zieht.Denn was nie drang in eines Herzens Falten,Das hat Gott seinem Volke vorbehalten. CGl.416.2 Teilen

Gigantisch wölben sich die Festeshallen,Durch die, in weißem Kleid und Diadem,Die Auserwählten vollberechtigt wallen,Im neuen, himmlischen Jerusalem.Vom Riesendom ein Lichtermeer sich verbreitet,Die irdische Begriffe überschreitet. CGl.416.3 Teilen

Und hundertvierundvierzigtausend singenDas Lied, das niemand anders lernen kann;Die sind’s, so durch die letzte Trübsal gingen,Doch tasteten die Plagen sie nicht an.Sie haben nicht den Tod geschmeckt und stehenMit Siegespalmen nun auf Zions Höhen. CGl.416.4 Teilen

Und alle Ohren hören mit EntzückenDas Harfenspiel und holden Saitenklang;Zehntausen Enhgel jedes Ohr erquicken,Dem Lamm zum Preis, mit einem Lobgesang.Dann hört vom Thron man eine Stimme rufen:„O selig, die zum Abendmahl berufen!“ CGl.416 Teilen

Lobt unsern Herrn, die ihr ihn fürchtet, alle,Ihr kneschte Gottes, beide groß und klein.Wie Sturmesbrausen, gleich dem Donnerschalle,Von Myriaden Zungen im Verein,Die Wasserwogen Jubelrufe kommen:„Das Reich hat der Allmächt’ge eingenommen!“ CGl.416.5 Teilen

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Dies ist der Tag, den die Propheten priesen,Der ewig bindet, was der Tod getrennt;Dass hinfort nicht mehr bittre Tränen fließen;Schmerz, Krankheit, Leid und Sorge hat ein End.Lobsingt dem Lamme, ihr erlösten Frommen,Die ihr den grimm’gen letzten Feind entkommen. CGl.417.1 Teilen

In Himmelsordnung reihen sich die GästeAn Silbertafeln, viele Meilen lang —Trotzdem erkennen alle sich aufs beste;Auch eifert völl’ge Liebe nicht um Rang. —Zwar viel Geringe, die als „Letzte“ galten,Im Reich des Lichts als „Erste“ sich entfalten. CGl.417.2 Teilen

Die gold’nen Schalen zum Genusse ladenDie Früchte Edens und das Himmelsbrot;Die Blicke in der Farbenpracht sich badenDer Blumen, denen kein Verwelken droht.Doch was den höchsten Glanz verleit dem Feste —Der König schürzt sich — und bedient die Gäste. CGl.417.3 Teilen

Mein Jesus singt inmitten der Gemeinde,Die er mit seinem teuren Blut erwarb,Als er den Kopf zertrat dem alten feinde,Für mich — als Gotteslamm — am Kreuze starb.Dies ewig seine Wundenmal‘ beweisen,Drum soll mein Mund auch ewig ihn lobpreisen. CGl.417.4 Teilen

Halleluja! Amen! CGl.417.5 Teilen

F. F. Schöllhorn CGl.417 Teilen

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