Portrait von Ellen White
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Vorwort
Vorwort
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Dieses Buch behandelt das Thema der biblischen Geschichte, das an sich nicht neu ist, aber hier so vorgestellt wird, dass sie dem eine neue Bedeutung gibt, die Hintergründe zu Handlungen aufzeigt und die Wichtigkeit dessen hervorhebt und mehr Licht auf einige Berichte wirft, die in der Bibel nur kurz erwähnt sind. So werden diese Situationen lebendig und voll Bedeutung. Es weist auf die Heilige Schrift hin, auf die Art und den Plan Gottes, um alles besser zu verstehen. Die List Satans wird deutlich gezeigt, sowie der Weg, durch den seine Macht schließlich beendet sein wird. Zudem wird auch die Schwäche des menschlichen Herzens dargestellt und gezeigt, wie die Gnade Gottes den Menschen befähigt, im Kampf mit dem Bösen Sieger zu bleiben. All das dient dazu, die Nachfolger Christi zu ermutigen, zu warnen und zu kräftigen. Es ist in Übereinstimmung mit dem, was Gott uns als seinen Plan offenbart und in seinem Wort vorgeführt hat. Es wird sichtbar, dass das Mittel, durch das diese Offenbarung möglich ist, eines der Werkzeuge oder Methoden ist, die Gott immer noch benutzt, um den Menschen Anweisungen zu geben. DPa.7.1 Teilen

Obwohl es nicht so ist, wie es am Anfang war, als der Mensch in seiner Heiligkeit und Unschuld direkt Unterweisung von Gott erhielt, so ist doch der Mensch nicht ohne eine Unterweisung gelassen. Das hat Gott durch seinen Repräsentanten, den Heiligen Geist gegeben. So hören wir den Apostel Paulus erklären, dass eine gewisse göttliche „Erleuchtung“ das Vorrecht der Nachfolger Christi ist, und dass sie erleuchtet werden, indem sie zu Teilhabern des Heiligen Geistes werden. Hebräer 10,32; 6,4. Johannes sagt auch: „Und ihr habt die Salbung von dem, der heilig ist.“ 1.Johannes 2,20. Und Christus verhieß den Jüngern, den Heiligen Geist, ihnen als Tröster zu senden, nachdem seine Zeit auf Erden beendet war. Dieser sollte sie führen und in alle Wahrheit leiten. Johannes 14,16. Auf diese Weise möchte Gott auch heute mit den Menschen in Kontakt bleiben. DPa.7.2 Teilen

Es ist unser Wunsch, dass dieses Buch dazu verhilft, neue Einsichten zu gewinnen und den Blick auf die Verheißungen zu richten, die jedem von uns gegeben worden sind. Durch den Glauben an Jesus Christus und sein Wort ist es möglich, siegreich zu sein. Er will uns ewiges Leben schenken in einer Welt ohne Sünde, in ewiger Herrlichkeit! DPa.7.3 Teilen

Kapitel 1: Warum ließ Gott die Sünde zu?
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Auf Grundlage der Heiligen Schrift DPa.8 Teilen

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„Gott ist Liebe.“ 1.Johannes 4,16. Sein Wesen und sein Gesetz sind Liebe. So war es schon immer, so wird es stets sein. „Der Hohe und Erhabene, der ewig wohnt“, „so handelt er seit je her“ (Jesaja 57,15; Habakuk 3,6, NL), er ändert sich nicht. Bei ihm „ist keine Veränderung noch Wechsel des Lichts und der Finsternis“. Jakobus 1,17. Jede Offenbarung der Schöpfermacht ist auch ein Ausdruck unendlicher Liebe. Die Herrschaft Gottes schließt die Fülle des Segens für alle geschaffenen Wesen ein. Der Psalmist sagt: „Du hast einen gewaltigen Arm, stark ist deine Hand, erhoben deine Rechte. Gerechtigkeit und Recht sind deines Thrones Grundfeste. Gnade und Treue gehen vor deinem Angesicht her. Glücklich ist das Volk, das den Jubelruf kennt! HERR, im Licht deines Angesichts wandeln sie. In deinem Namen freuen sie sich täglich, und durch deine Gerechtigkeit werden sie erhöht. Denn die Zierde ihrer Stärke bist du; und durch deine Gunst wird unser Horn erhöht. Denn dem HERRN gehört unser Schild und dem Heiligen Israels unser König.“ Psalm 89,14-19 (EB). DPa.9.1 Teilen

Die Geschichte des großen Kampfes zwischen Gut und Böse, von der Zeit an, da er im Himmel zuerst begann bis zum Schlusspunkt der Empörung und der vollständigen Ausrottung der Sünde, ist ebenfalls eine Demonstration der unveränderlichen Liebe Gottes. DPa.9.2 Teilen

Der Herr des Weltalls war nicht allein tätig. Er hatte einen Gefährten, der seine Absichten und seine Freude teilen konnte, Geschöpfe glücklich zu machen. „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott.“ Johannes 1,1.2. Christus war das Wort, der Eingeborene Gottes, eins mit dem ewigen Vater im Wesen und in den Absichten. Er war der einzige, der alle Ratschläge und Vorhaben Gottes begreifen konnte. „Und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst.“ Jesaja 9,5. Sein Ausgang ist „von Anfang und von Ewigkeit her gewesen“. Micha 5,1. Der Sohn Gottes erklärte von sich: „Der HERR hat mich schon gehabt im Anfang seiner Wege, ehe er etwas schuf, von Anbeginn her. Ich bin eingesetzt von Ewigkeit her ... Als er die Grundfesten der Erde legte, da war ich als sein Liebling bei ihm; ich war seine Lust täglich und spielte vor ihm allezeit.“ Sprüche 8,22.23.29.30. DPa.9.3 Teilen

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Durch Christus wirkte der Vater bei der Erschaffung aller himmlischen Wesen. „Denn in ihm ist alles geschaffen, ... es seien Throne oder Herrschaften oder Reiche oder Gewalten; es ist alles durch ihn und zu ihm geschaffen.“ Kolosser 1,16. Engel sind Gottes Diener. Sie strahlen von dem Licht, das stets von seiner Gegenwart ausgeht, und eilen auf raschen Flügeln, seinen Willen auszuführen. Aber der Sohn, der Gesalbte Gottes, „der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens ... trägt alle Dinge mit seinem kräftigen Wort“ (Hebräer 1,3) und hat den Vorrang vor allen. „Der Thron der Herrlichkeit, erhaben von Anbeginn“ (Jeremia 17,12), war die Stätte seines Heiligtums. „Das Zepter der Gerechtigkeit ist seines Reiches Zepter.“ Hebräer 1,8. „Hoheit und Pracht sind vor ihm, Macht und Herrlichkeit in seinem Heiligtum.“ Psalm 96,6. „Gnade und Wahrheit gehen vor deinem Angesicht her.“ Psalm 89,15 (EB). DPa.10.1 Teilen

Da das Gesetz der Liebe die Grundlage der Herrschaft Gottes ist, hängt das Glück aller intelligenten Wesen von ihrer vollständigen Übereinstimmung mit diesen erhabenen Prinzipien der Gerechtigkeit ab. Gott wünscht von all seinen Geschöpfen einen Dienst aus Liebe, der aus der Würdigung des göttlichen Charakters kommt. Er hat keinen Gefallen an erzwungenem Gehorsam. Jeder hat die persönliche Freiheit, ihm aus freiem Willen zu dienen. DPa.10.2 Teilen

Solange alle Geschöpfe den Dienst der Liebe anerkannten, herrschte im gesamten Weltall vollkommene Harmonie. Den Willen ihres Schöpfers zu erfüllen, bedeutete für die himmlische Schar Freude, seine Herrlichkeit widerzuspiegeln und sein Lob zu verkündigen. Und solange die Liebe zu Gott das Höchste für sie blieb, war die Liebe zueinander selbstlos und voller Vertrauen. Keine Uneinigkeit störte die himmlische Harmonie. Aber dieser glückliche Zustand änderte sich. Es gab einen, der die Freiheit missbrauchte, die Gott seinen Geschöpfen gewährte. Die Sünde entstand bei dem, der nach Christus von Gott die höchste Ehrenstellung empfangen hatte und unter den Bewohnern des Himmels der Angesehenste an Macht und Herrlichkeit war. [Anmerkung 1] Luzifer, der „schöne Morgenstern“ (Jesaja 14,12) war der erste der ausgebreiteten Cherubim, heilig und unbefleckt. Er stand vor dem großen Schöpfer, und die Strahlen der Herrlichkeit, die den ewigen Gott einhüllen, ruhten auf ihm. „So spricht Gott der Herr: Du warst das Abbild der Vollkommenheit, voller Weisheit und über die Maßen schön. In Eden warst du, im Garten Gottes, geschmückt mit Edelsteinen jeder Art ... Du warst ein glänzender, schirmender Cherub, und auf den heiligen Berg hatte ich dich gesetzt, ein Gott warst du und wandeltest inmitten der feurigen Steine. Du warst ohne Tadel in deinem Tun von dem Tage an, als du geschaffen wurdest, bis an dir Missetat gefunden wurde.“ Hesekiel 28,12-15. DPa.10.3 Teilen

Nach und nach regte sich in Luzifer das Verlangen nach Selbsterhöhung. Die Schrift sagt: „Weil sich dein Herz erhob, dass du so schön warst, und du deine Weisheit verdorben hast in all deinem Glanz ...“ Hesekiel 28,17. „Du aber gedachtest in deinem Herzen: “Ich will ... meinen Thron über die Sterne Gottes erhöhen; ich will ... gleich sein dem Allerhöchsten‘“. Jesaja 14,13.14. Obwohl all seine Herrlichkeit von Gott war, betrachtete dieser mächtige Engel sie schließlich als ihm gehörend. Angesehener als die anderen der himmlischen Schar, war er mit seiner Stellung doch nicht zufrieden. Und er begehrte jene Huldigung, die allein dem Schöpfer zustand. Anstatt Gott bei allen Geschöpfen am meisten zu erheben, versuchte er, ihren Dienst und ihre Treue für sich zu gewinnen. Und indem er nach der Herrlichkeit strebte, mit welcher der unendliche Vater seinen Sohn ausgestattet hatte wünschte sich dieser Engelfürst solche Macht, die allein Christi Hoheitsrecht war. DPa.10.4 Teilen

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Damit war die vollkommene Harmonie des Himmels zerstört. Luzifers Neigung, an sich selbst zu denken, statt seinem Schöpfer zu dienen, weckte Besorgnis bei denen, die Gottes Ehre als das Höchste ansahen. Im himmlischen Rat redeten die Engel eindringlich mit Luzifer. Der Sohn Gottes führte ihm die Größe, Güte und Gerechtigkeit des Schöpfers und die heilige, unveränderliche Natur seines Gesetzes vor Augen. Gott selbst hatte die Ordnung des Himmels gegründet. Wenn Luzifer davon abwich, entehrte er seinen Schöpfer und brachte sich selbst in den Ruin. Aber die Warnung, die ihm in grenzenloser Liebe und Barmherzigkeit gegeben wurde, weckte nur seinen Widerstand. Luzifer gab der Missgunst gegen Christus nach und wurde nur um so entschlossener. DPa.11.1 Teilen

Nun versuchte er, dem Sohn Gottes die Oberhoheit streitig zu machen und damit die Weisheit und Liebe des Schöpfers anzuzweifeln. Alle Kräfte dieses überragenden Geistes, der nach Christus der bedeutendste unter den himmlischen Heerscharen war, richteten sich auf dieses Ziel. Aber Gott wollte Geschöpfe mit freier Entscheidungsmöglichkeit und ließ niemanden gegenüber der verwirrenden Spitzfindigkeit ungeschützt, mit der die Rebellion gerechtfertigt werden sollte. Bevor der große Streit begann, sollten alle eine klare Vorstellung vom Willen Gottes haben, dessen Weisheit und Güte die Quelle all ihrer Freude war. DPa.11.2 Teilen

Der König des Universums versammelte die himmlischen Heerscharen um sich, damit er in ihrer Gegenwart die wahre Position seines Sohnes erklären und das Verhältnis aufzeigen konnte, das er zu allen geschaffenen Wesen hatte. Der Sohn Gottes teilte den Thron mit dem Vater, und die Herrlichkeit des Ewigen, aus sich Lebenden umgab beide. Um den Thron standen die Engel, eine riesige, unzählbare Schar, „vieltausendmal tausend“. Offenbarung 5,11. Als Untertanen und Diener freuten sich die Engel über alles Licht, das aus der Gegenwart Gottes auf sie ausstrahlte. Vor den versammelten Bewohnern des Himmels erklärte der König, dass keiner außer Christus, dem Eingeborenen Gottes, seine Absichten völlig begreifen könne und ihm die Durchführung seiner Vorhaben übertragen sei. Der Sohn Gottes hatte des Vaters Willen schon bei der Erschaffung aller Himmelsheere ausgeführt. Ihm schuldeten sie wie auch Gott Ehrerbietung und Treue. Christus sollte auch bei der Erschaffung der Erde und ihrer Bewohner göttliche Macht ausüben. Aber bei alledem würde er nie im Widerspruch zu Gottes Plan stehen und eigene Macht und Ehre suchen. Er würde vielmehr des Vaters Herrlichkeit preisen und dessen auf Liebe und Wohltat gerichtete Absichten ausführen. DPa.11.3 Teilen

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Die Engel anerkannten freudig Christi Vorherrschaft, fielen vor ihm nieder und brachten ihm ihre Liebe und Anbetung dar. Luzifer beugte sich mit ihnen, doch in seinem Herzen tobte ein seltsamer, heftiger Kampf. Wahrhaftigkeit, Gerechtigkeit und Treue stritten gegen Neid und Eifersucht. Der Einfluss der heiligen Engel schien ihn eine Zeitlang davon abzubringen. Als von Tausenden froher Stimmen harmonische Loblieder emporstiegen, schien der Geist des Bösen überwunden zu sein. Unaussprechliche Liebe ergriff ihn. Er war in der Liebe zum Vater und Sohn in voller Übereinstimmung mit den sündlosen Anbetern. Aber wieder wurde er mit Stolz über seine Herrlichkeit erfüllt. Der Wunsch nach Oberherrschaft kehrte zurück, und erneut wurde er neidisch auf Christus. Die hohen Auszeichnungen, die er bereits erhalten hatte, sah er nicht als besondere Gottesgabe an. Deshalb erweckten sie auch keine Dankbarkeit seinem Schöpfer gegenüber. Glanz und Würden ließen ihn nur danach streben, Gott gleich zu sein. Die himmlischen Scharen liebten und verehrten ihn. Sie freuten sich, seine Befehle auszuführen, obwohl er in Weisheit und Herrlichkeit über allen stand. Doch der Sohn Gottes stand noch darüber und war dem Vater an Macht und Ansehen gleich. Er hatte Anteil an dessen Ratschlüssen, während Luzifer nicht so weitgehend in Gottes Absichten einbezogen wurde. „Warum“, fragte dieser mächtige Engel, „soll Christus die Vorherrschaft haben? Warum wird er höher geehrt als ich?“ DPa.12.1 Teilen

Luzifer verließ den Platz in der direkten Nähe des Vaters und versuchte den Geist der Unzufriedenheit unter den Engeln zu verbreiten. Er arbeitete mit rätselhafter Heimlichkeit und verbarg sogar eine Zeitlang seine wahre Absicht unter scheinbarer Verehrung Gottes, aber er deutete Zweifel über die Gesetze an, welche die Engel als himmlische Wesen regierten. Er räumte ein, dass diese wohl notwendig seien für die Bewohner der Welten, aber nicht für Engel, die höher stünden und deren Weisheit ihnen ein ausreichender Ratgeber sei. Sie konnten Gott keine Unehre bereiten, waren doch all ihre Gedanken heilig! Sie könnten sich ebenso wenig irren wie Gott selbst. Die Erhöhung des Sohnes Gottes auf die Ebene des Vaters stellte Luzifer als Ungerechtigkeit gegen ihn hin. Auch er habe, so behauptete er, Anspruch auf Verehrung. Wenn er als Engelfürst nur seine rechtmäßige hohe Position erlangen könnte, würde daraus für das gesamte Himmelsheer viel Gutes entstehen, denn es war sein Ziel, allen die Freiheit zu sichern. Aber jetzt sei es mit der Freiheit vorbei, die sie bisher genossen hätten, denn ihnen sei ein absoluter Herrscher vorgesetzt worden, dem sie alle huldigen müssten. So sahen die spitzfindigen Trugbilder aus, die sich durch Luzifers Täuschungen in den himmlischen Vorhöfen festsetzten. DPa.12.2 Teilen

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In der Stellung oder Autorität Christi hatte sich nichts geändert. Nur Luzifers Neid, seine falsche Darstellung und die Forderung, Christus gleich zu sein, hatten es notwendig gemacht, die rechtmäßige Stellung des Sohnes Gottes zu erklären. Sie war seit Anfang dieselbe geblieben; aber viele Engel ließen sich durch Luzifer täuschen. DPa.13.1 Teilen

Er nutzte die Liebe und das Vertrauen der Engel aus, die unter seinem Befehl standen, er flößte ihnen sein eigenes Misstrauen und seine Unzufriedenheit ein. Dabei ging er so raffiniert vor, dass sie die Wirkung gar nicht wahrnahmen. Luzifer hatte Gottes Absichten in falschem Licht dargestellt, sie missdeutet und entstellt, um Unzufriedenheit und abweichende Meinungen zu provozieren. Mit List brachte er seine Hörer dazu, über ihre Empfindungen zu sprechen. Sobald es ihm nützlich schien, wiederholte er dann diese Äußerungen als Beweis dafür, dass die Engel nicht in voller Übereinstimmung mit der Regierung Gottes stünden. Während er versicherte, gegenüber Gott loyal zu sein, betonte er doch nachdrücklich, dass um der Beständigkeit der göttlichen Regierung willen Änderungen in der Ordnung und den Gesetzen des Himmels notwendig seien. Scheinbar bemüht, Unzufriedenheit zu beseitigen, war er in Wirklichkeit darauf bedacht, Widerspruch gegen das Gesetz Gottes bewirken und den ihm unterstellten Engeln seine eigene Unzufriedenheit einzuflößen. Während er insgeheim Zwietracht und Empörung schürte, brachte er es dabei mit vollendetem Geschick fertig, den Anschein zu erwecken, als wolle er Eintracht und Frieden erhalten. DPa.13.2 Teilen

Der Geist der Unzufriedenheit, der sich auf diese Weise entwickelte, tat sein unheilvolles Werk. Noch gab es keinen offenen Ausbruch von Feindseligkeiten unter den Engeln, es entwickelte sich jedoch — zuerst unmerklich — eine gegenseitige Abneigung. Einige hörten wohlwollend Luzifers Anspielungen gegen Gottes Regierung zu. Obwohl sie früher in vollkommener Harmonie mit der von Gott errichteten Ordnung gelebt hatten, waren sie unglücklich, weil sie seine unerforschlichen Ratschlüsse nicht durchschauten. Sie sahen auch Christi Erhöhung nur ungern, doch waren sie bereit, Luzifers Anspruch nach gleichem Ansehen mit dem Sohn Gottes zu unterstützen. Aber treue, ergebene Engel hielten sich zur Weisheit und Gerechtigkeit des göttlichen Ratschlusses und bemühten sich, jene Unzufriedenen mit dem Willen Gottes zu versöhnen. Christus war der Sohn Gottes. Er war eins mit seinem Vater und stand schon, bevor die Engel ins Dasein gerufen wurden, immer zur Rechten des Vaters. Nie zuvor war dessen gütige Herrschaft, die sich segensreich auf alle auswirkte, die sich ihr unterordneten, in Frage gestellt und die Eintracht des Himmels gestört worden. Warum sollte es jetzt Streit geben? Die Gott treu gesinnten Engel konnten nur schreckliche Folgen aus diesem Zwiespalt entstehen sehen. Ernst und eindringlich rieten sie daher den Unzufriedenen, solche Gedanken aufzugeben und sich durch Treue zu seiner Regierung loyal gegenüber Gott auszuweisen. DPa.13.3 Teilen

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Gott ertrug Luzifer lange und sehr gnädig, wie es seinem göttlichen Charakter entspricht. Der Geist der Unzufriedenheit war bisher im Himmel unbekannt gewesen. Er war ein neues Element — fremd, geheimnisvoll, unerklärlich. Luzifer kannte zuerst die wahre Natur seiner Gefühle selbst nicht. Eine Zeitlang hatte er sich gescheut, solche Gedankengänge zu äußern, aber er wies sie auch nicht von sich. Er sah nicht, wohin er trieb. Mit unendlicher Liebe und Weisheit wollte man ihn von seinem Irrtum überzeugen und wies ihm die Grundlosigkeit seiner Unzufriedenheit nach. Man zeigte ihm, welches die Folgen sein würden, wenn er in Rebellion verharrte. Luzifer war von seinem Unrecht überzeugt. Er erkannte: „Der HERR ist gerecht in allen seinen Wegen und gnädig in allen seinen Werken.“ Psalm 145,17. Er empfand, dass die göttlichen Gesetze gerecht sind und er das vor dem gesamten Himmel bekennen sollte. Hätte er es getan, dann hätte er sich und viele Engel retten können. Zu jener Zeit gab er seine Gehorsamspflicht Gott gegenüber noch nicht völlig auf. Obwohl er seine Position als deckender Cherub verlassen hatte, wäre er wieder in sein Amt eingesetzt worden, wenn er nur bereit gewesen wäre, zu Gott zurückzukehren und des Schöpfers Weisheit anzuerkennen. Wäre er doch nur damit zufrieden gewesen, den Platz auszufüllen, der ihm in Gottes großem Plan zugewiesen worden war! Nun war die Zeit für eine endgültige Entscheidung gekommen. Entweder musste er Gottes Oberhoheit uneingeschränkt anerkennen oder sich in offener Rebellion gegen ihn erheben. Er hat sich beinahe dazu entschlossen, umzukehren; aber Stolz hinderte ihn daran. Es war ein zu großes Opfer für jemanden, der so hoch geehrt worden war, nun zu bekennen, dass er sich geirrt hatte und seine Vorstellungen verkehrt gewesen waren, und sich der Autorität zu beugen, die er selbst als ungerecht hatte darstellen wollen. DPa.14.1 Teilen

Der mitfühlende Schöpfer versuchte in herzlichem Erbarmen Luzifer und seine Anhänger vom Abgrund des Verderbens zurückzureißen, in den sie zu stürzen drohten. Aber seine Güte wurde falsch interpretiert. Luzifer hielt die Langmut Gottes für den Beweis seiner eigenen Überlegenheit, als Zeichen dafür, dass der König des Weltalls seinen Forderungen doch noch zustimmen würde. Wenn die Engel nur fest zu ihm stünden, erklärte er, könnten sie noch alles gewinnen, was sie forderten. Hartnäckig verteidigte er seine Handlungsweise und stürzte sich nun ganz in den großen Kampf gegen den Schöpfer. So wurde aus Luzifer, dem „Lichtträger“, der Anteil an Gottes Herrlichkeit hatte und vor seinem Thron diente, durch Übertretung nun Satan, der Gegner Gottes und der heiligen Wesen — der Verderber für alle, die der Himmel seiner Obhut und Führung anvertraut hatte. Mit Verachtung wies er die Begründungen und dringenden Bitten der treuen Engel zurück und stellte sie als fehlgeleitete Sklaven hin. Die Bevorzugung Christi erklärte er als Ungerechtigkeit gegen ihn und die ganze himmlische Schar. Er kündigte an, dass er sich diesem Eingriff in seine und ihre Rechte nicht länger fügen werde. Nie wieder würde er den Vorrang Christi anerkennen. Er war entschlossen, die von ihm beanspruchte Ehre zu fordern und den Befehl über alle zu übernehmen, die seine Anhänger werden wollten. Allen denen, die in seine Reihen eintreten würden, versprach er eine neue, bessere Herrschaft, unter der sie Freiheit genießen sollten. Eine große Anzahl von Engeln bekundete die Absicht, seine Führung anzuerkennen. Geschmeichelt über die Bereitwilligkeit, mit der sein Angebot aufgenommen wurde, hoffte er, alle Engel auf seine Seite zu ziehen, Gehorsam von den himmlischen Heerscharen verlangen zu können und Gott gleich zu werden. DPa.14.2 Teilen

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Noch bedrängten die treuen Engel ihn und seine Anhänger, sich Gott unterzuordnen. Sie führten ihnen die unabwendbaren Folgen einer Ablehnung vor Augen: Der Schöpfer würde ihren Einfluss aufheben und ihre aufrührerische Verwegenheit streng bestrafen. Kein Engel könne Einspruch erheben gegen das Gesetz Gottes, das heilig sei wie er selbst. Sie ermahnten alle, ihre Ohren vor Luzifers trügerischer Beweisführung zu verschließen. Sie baten ihn und seinen Anhang dringend, unverzüglich die Gegenwart Gottes zu suchen und ihren Irrtum zu bekennen, dass sie seine Weisheit und Autorität bezweifelt hätten. DPa.15.1 Teilen

Viele waren geneigt, diesen Rat zu beachten, ihre Unzufriedenheit zu bedauern und um die Gunst des Vaters und des Sohnes zu bitten. Aber Luzifer hatte schon eine andere Täuschung bereit. Der mächtige Empörer behauptete jetzt, dass die Engel, die sich ihm angeschlossen hatten, zu weit gegangen seien, als dass eine Umkehr noch möglich wäre. Er kenne das göttliche Gesetz und wisse, Gott werde ihnen nicht vergeben. Alle, die sich der Autorität des Himmels fügten, würden ihre Ehre verlieren und aus ihrer Position entlassen. Er selbst sei entschlossen, die Vormachtstellung Christi niemals wieder anzuerkennen. Ihm und seinen Anhängern bliebe nur, ihre Freiheit zu behaupten und die Rechte mit Gewalt zu erlangen, die man ihnen freiwillig nicht zugestand. DPa.15.2 Teilen

Für Satan traf es zu, dass er schon zu weit gegangen war, aber nicht für jene, die durch seine Täuschungen verführt worden waren. Sie durften aufgrund des Rates und der Bitten der treuen Engel noch hoffen. Und hätten sie die Warnung beachtet, wären sie aus Satans Schlinge entkommen. Aber die Liebe zu ihm, der Stolz und auch der Wunsch nach unbegrenzter Freiheit gewannen die Oberhand. Sie wiesen die Angebote der göttlichen Liebe und Gnade zurück. Gott ließ Satan sein Werk ausführen, bis sich der Geist der Unzufriedenheit zu offener Empörung ausreifte. Diese Pläne mussten sich vollständig entwickeln, damit alle deren wahre Natur und eigentlichen Zweck sähen. Als Cherub war Luzifer hoch geehrt worden. Die himmlischen Wesen liebten ihn, er hatte großen Einfluss auf sie. Gottes Herrschaft umfasste nicht nur die Bewohner des Himmels, sondern die aller geschaffenen Welten. Luzifer folgerte, er werde sie alle beherrschen, wenn er die Engel im Himmel mit in seinen Aufstand hineinzöge. Schlau hatte er die ganze Angelegenheit von seiner Sicht aus dargestellt, indem er sein Ziel mit Betrug und Spitzfindigkeit zu erreichen suchte. Seine Fähigkeit zu täuschen war sehr groß. Unter dem Deckmantel der Lüge nutzte er seine Überlegenheit aus. Alles, was er tat, war derart geheimnisvoll, dass es für die Engel schwer war, das eigentliche Wesen seiner Aktionen zu durchschauen. Ehe es nicht ganz ausgereift war, konnte Gott es nicht als das Böse, das es war, in Erscheinung treten lassen. Man würde Satans Unzufriedenheit gar nicht als Empörung verstehen. Sogar die treuen Engel konnten seinen Charakter nicht recht durchschauen und erkennen, wohin das alles führte. DPa.15.3 Teilen

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Luzifer verhielt sich bei seinen Versuchungen anfänglich so, dass er in keiner Weise bloßgestellt werden konnte. Den Engeln, die er nicht ganz auf seine Seite ziehen konnte, warf er Gleichgültigkeit gegenüber den Belangen der himmlischen Wesen vor. Genau mit dem, was er selbst tat, belastete er die treuen Engel. Er versuchte, Gottes Absichten mit heimtückischen Beweisgründen zu verwirren. Alles Einfache hüllte er in Rätselhaftes, und mit geschickter Verdrehung zog er die klarsten Darlegungen Jahwes in Zweifel. Und seine hohe Stellung, die mit der Herrschaft Gottes so eng verbunden war, verlieh seinen Schilderungen nur um so mehr Gewicht. DPa.16.1 Teilen

Gott konnte nur solche Mittel einsetzen, die mit Wahrheit und Gerechtigkeit zu vereinbaren waren. Was Gott nicht konnte, war jedoch Satan möglich: Schmeichelei und Täuschung zu benutzen. Er hatte versucht, Gottes Wort zu verfälschen und seine Art zu herrschen, indem er behauptete, Gott sei ungerecht, wenn er den Engeln Gesetze auferlege, und nur nach Selbsterhöhung strebt, wenn er von seinen Geschöpfen Unterwerfung und Gehorsam verlange. Deshalb war es notwendig, vor den Bewohnern des Himmels und aller Welten darauf hinzuweisen, dass Gottes Herrschaft gerecht und sein Gesetz vollkommen ist. Satan hatte sich den Anschein gegeben, als ob er das Wohl des Weltalls im Auge hatte. Darum sollten alle den wahren Charakter dieses Anmaßenden und sein tatsächliches Ziel verstehen lernen. Aber es dauerte seine Zeit, bis Satan sich durch böse Taten ganz offenbarte. DPa.16.2 Teilen

Die Zwietracht, die er verursacht hatte, legte Satan nun Gott zur Last. Alles Böse sei die Folge seiner Herrschaft. Von sich behauptete er, dass er nur Jahwes Gesetze vervollkommnen wollte. Deshalb ließ es Gott zu, dass er seine Behauptungen vorführen konnte, um die Auswirkungen der von ihm vorgeschlagenen Änderungen des göttlichen Gesetzes zu zeigen. Sein eigenes Werk musste ihn verdammen. Zwar hatte Satan von Anfang an behauptet, kein Empörer zu sein, aber das gesamte Weltall sollte den Betrüger entlarvt sehen. DPa.16.3 Teilen

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Selbst als er aus dem Himmel verstoßen wurde, vernichtete die unendliche Weisheit Satan nicht. Gott ist nur ein Dienst in Liebe angenehm, darum muss die Treue seiner Geschöpfe auf der Überzeugung von seiner Gerechtigkeit und Güte beruhen. Die Bewohner des Himmels und der Welten waren nicht darauf vorbereitet, das Wesen und die Folgen der Sünde zu begreifen. Sie hätten deshalb auch in der Vernichtung Satans keine göttliche Gerechtigkeit erkennen können. Wäre er auf der Stelle vertilgt worden, hätten einige Gott mehr aus Furcht als aus Liebe gedient. Der Einfluss des Betrügers wäre nicht völlig ausgelöscht noch der aufrührerische Geist total ausgerottet worden. Zum Besten für das ganze Weltall musste er seine Gedanken vollständig entwickeln und umsetzen können, damit seine Anklagen gegen die Regierung Gottes von allen Geschöpfen in ihrem eigentlichen Licht erkannt würde. Außerdem sollten Gottes Gerechtigkeit und Gnade sowie die Unveränderlichkeit seines Gesetzes für immer über allen Zweifel erhaben bleiben. DPa.17.1 Teilen

Satans Aufruhr sollte also dem Weltall für alle Zeit eine Lehre sein, ein dauerhaftes Zeugnis für das Wesen der Sünde und deren schreckliche Folgen. Die satanische Herrschaft und ihre Auswirkungen auf Menschen und Engel würden zeigen, was es bedeutete, Gottes Macht abzulehnen; sie würden bestätigen, dass das Wohlergehen aller Geschöpfe an Gottes Herrschaft gebunden sind. So sollte die Geschichte dieser verhängnisvollen Empörung dazu dienen, alle heiligen Wesen vor einer Fehleinschätzung im Blick auf die Tragweite der Übertretung und damit zugleich vor der Sünde und deren Strafe zu bewahren. DPa.17.2 Teilen

Nur der eine, der die Himmel regiert, sieht das Ende von Anfang an. Vor ihm sind die Geheimnisse der Vergangenheit und der Zukunft gleicherweise offenbar. Er sieht über Leid, Dunkelheit und Verderben hinaus, die durch die Sünde kamen und hin zur Vollendung seiner eigenen Liebes- und Segensabsichten. Obwohl „Wolken und Dunkel“ um ihn her sind, bleiben doch Gerechtigkeit und Gericht „seines Thrones Stütze“. Psalm 97,2. Das werden dann die Bewohner des Weltalls — Gute und Böse — eines Tages verstehen. „Seine Werke sind vollkommen; denn alles, was er tut, das ist recht. Treu ist Gott und kein Böses an ihm, gerecht und wahrhaftig ist er.“ 5.Mose 32,4. DPa.17.3 Teilen

Kapitel 2: Die Schöpfung
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Auf Grundlage von 1.Mose 1-2. DPa.18 Teilen

„Der Himmel ist durch das Wort des HERRN gemacht und all sein Heer durch den Hauch seines Mundes ... Denn wenn er spricht, so geschieht’s; wenn er gebietet, so steht’s da.“ Psalm 33,6.9. „Er hat die Erde auf ihre Grundfesten gegründet, dass sie nicht wankt für immer und ewig.“ Psalm 104,5. DPa.18.1 Teilen

Als die Erde aus der Hand ihres Schöpfers hervorging, war sie überaus schön. Ihre Oberfläche war abwechslungsreich mit Bergen, Hügeln und Ebenen mit stattlichen Flüssen und lieblichen Seen. Aber die Gebirge erhoben sich nicht jäh und schroff und waren ohne schreckenerregende steile Felswände und Abgründe wie heute. Die scharfen, zackigen Grate der felsigen Erdoberfläche verbarg der fruchtbare Boden, der überall üppigen Pflanzenwuchs hervorbrachte. Es gab keine gefährlichen Sümpfe und trockenen Wüsten. Anmutige Sträucher und liebliche Blumen gab es zu sehen, wohin man blickte. Majestätische Bäume, die heutigen Pflanzen weit übertrafen, krönten die Gipfel der Anhöhen. Die Luft war rein und gesund. Das gesamte Landschaftsbild übertraf an Schönheit die wundervollsten Parkanlagen. Die Engel betrachteten das alles mit Entzücken und hatten ihre Freude an den wundervollen Werken Gottes. DPa.18.2 Teilen

Nachdem die Erde mit ihrer Fülle an Pflanzen und Tieren ins Leben gerufen worden war, schuf Gott den Menschen, das krönende Werk des Schöpfers. Für ihn war die schöne Erde bereitet worden. Ihm übergab er alles, was sein Auge erblickte; denn „Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über ... alles ... auf Erden ... Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde ... und schuf sie als Mann und Frau.“ 1.Mose 1,26.27. Hier wird der Ursprung des Menschengeschlechts ganz deutlich. Der göttliche Bericht ist so einfach abgefasst, dass er keine Veranlassung zu irrigen Schlussfolgerungen gibt. Gott schuf den Menschen nach seinem eigenen Bild. Hier gibt es kein Geheimnis und auch keinen Grund für die Annahme, der Mensch habe sich aus niederen Formen tierischen oder pflanzlichen Lebens Schritt für Schritt entwickelt. Solche Lehre erniedrigt das große Werk des Schöpfers auf die Ebene enger, irdischer Vorstellungen. Die Menschen sind so sehr darauf bedacht, Gott von der Herrschaft des Weltalls auszuschließen, dass sie lieber sich selbst erniedrigen und um die Würde ihres Ursprungs bringen. Er, der die Sternenwelten schuf, der den Blumen auf dem Feld mit absoluter Kunstfertigkeit zarte Farben verlieh, der Himmel und Erde mit den Wundern seiner Macht füllte, der versäumte nicht, ein Wesen zu schaffen, das der Hand seines Schöpfers würdig war, damit es auf der schönen Erde herrsche und Gottes herrliches Werk kröne. Die Abstammung unseres Geschlechts, wie sie Gottes Geist uns vermittelt, geht nicht auf eine Reihe von Keimen, Weichtieren und Vierfüßlern zurück, die sich entwickelten, sondern auf den großen Schöpfer. Adam war, wenn auch aus Staub gebildet, der Sohn von Gott. Lukas 3,38. DPa.18.3 Teilen

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Der erste Mensch wurde als Gottes Stellvertreter über die niedrigeren Lebewesen gesetzt. Diese können Gottes unumschränkte Herrschaft nicht verstehen oder erkennen, doch erhielten sie die Fähigkeit, den Menschen zu lieben und ihm zu dienen. Der Psalmist sagt: „Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk, alles hast du unter seine Füße getan: ... die wilden Tiere, die Vögel unter dem Himmel ... und alles, was die Meere durchzieht.“ Psalm 8,7-9. DPa.19.1 Teilen

Der Mensch sollte nach seiner äußeren Erscheinung und seinem Charakter das Bild Gottes an sich tragen. Christus allein ist „das Ebenbild seines [Gottes] Wesens“ (Hebräer 1,3), der Mensch aber wurde nach dem Bilde Gottes geschaffen. Sein Wesen stimmte mit dem Willen Gottes überein. Es war ihm möglich, göttliche Gedanken zu erfassen. Seine Empfindungen waren rein. Seine Triebe und Neigungen waren der Vernunft untergeordnet. Er war heilig und glücklich darin, das Abbild Gottes an sich zu tragen und in völligem Gehorsam dem Willen Gottes gegenüber zu leben. Als der Mensch aus der Hand seines Schöpfers hervorging, war er groß gebaut und vollendet gestaltet; viel größer als heutige Menschen. Sein Gesicht hatte frische, gesunde Farbe und strahlte vor Lebensfreude. Eva war nur wenig kleiner und ebenfalls eine edle Erscheinung von besonderer Schönheit. Das sündlose Paar trug keine Kleidung. Ein Lichtgewand, wie es auch die Engel tragen, umgab sie, solange sie Gott gehorsam waren. DPa.19.2 Teilen

Nach der Erschaffung Adams kamen alle Lebewesen vor ihn, um ihren Namen zu erhalten. Er sah, dass jedes einen Gefährten hatte, aber unter ihnen wurde für den Menschen „keine Gehilfin gefunden, die um ihn wäre“. 1.Mose 2,20. Unter allen Geschöpfen, die Gott schuf, war keines dem Menschen gleich. „Und Gott der HERR sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei.“ 1.Mose 2,18. Der Mensch war nicht geschaffen, um in der Einsamkeit zu leben; vielmehr sollte er ein geselliges Wesen sein. Ohne eine Gefährtin hätten ihm die schöne Landschaft und die befriedigende Arbeit auch in Eden kein vollkommenes Glück bereitet. Selbst der Umgang mit den Engeln würde seine Sehnsucht nach Mitgefühl und Gesellschaft nicht gestillt haben. Keiner war ja wie er, als dass er ihn hätte lieben und von ihm wieder geliebt werden können. DPa.19.3 Teilen

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Gott selbst gab Adam die Gefährtin, „die um ihn sei“, — eine Gehilfin, die zu ihm passte, die mit ihm in Liebe und Mitgefühl eins sein konnte. Eva wurde von einer Rippe aus Adams Seite geschaffen, was andeutet, dass sie ihn nicht als Haupt beherrschen, aber er sie auch nicht unterdrücken sollte. Sie war ausersehen, ihm vielmehr ebenbürtig zur Seite zu stehen, er sollte sie lieben und beschützen. Als Teil des Mannes, Bein von seinem Bein und Fleisch von seinem Fleisch, war sie sein anderes Ich. In inniger Verbindung sollten sie einander liebevoll zugetan sein. „Niemand hasst doch seinen eigenen Körper, sondern sorgt liebevoll für ihn.“ Epheser 5,29 (NL). „Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, und sie werden ein Fleisch sein.“ 1.Mose 2,24. DPa.20.1 Teilen

Gott plante die erste Hochzeitsfeier. Der Schöpfer des Weltalls wurde auch der Urheber dieser Einrichtung. „Die Ehe soll in Ehren gehalten werden.“ Hebräer 13,4. Sie war eine der ersten Gaben Gottes an den Menschen, und sie ist eine der beiden Institutionen, die Adam nach dem Sündenfall mit aus dem Paradies nahm. Wer die göttlichen Grundsätze in der Ehe anerkennt und beachtet, für den wird sie zum Segen. Sie hütet die Reinheit und das Glück des Menschengeschlechts. Sie sorgt für die geselligen Bedürfnisse und veredelt seine leibliche, geistige und sittliche Natur. DPa.20.2 Teilen

„Und Gott der HERR pflanzte einen Garten in Eden gegen Osten hin und setzte den Menschen hinein, den er gemacht hatte.“ 1.Mose 2,8. Alles, was Gott geschaffen hatte, war vollendet schön, und anscheinend fehlte nichts zum Glück des heiligen Paares. Doch der Schöpfer gab ihnen noch einen anderes Zeichen seiner Liebe. Er bereitete ihnen einen besonderen Garten als Wohnort. Darin wuchsen vielerlei Bäume, mit köstlichen Früchten behangen. Es gab liebliche Weinstöcke, reich beladen mit lockenden Trauben in allen Schattierungen. Adam und Eva verzweigten die Äste des Weinstocks so, dass sie Lauben bildeten. So bereiteten sie sich eine Wohnung aus lebendigen Bäumen mit Laub und Früchten. Wohlriechende Blumen jeder Art blühten in verschwenderischer Fülle. Mitten im Garten stand der Baum des Lebens, der alle anderen Bäume an Pracht übertraf. Seine Früchte schimmerten wie mit Gold und Silber überzogen und hatten die Kraft, ewiges Leben zu spenden. DPa.20.3 Teilen

Die Schöpfung war nun vollständig. „So wurden vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer.“ 1.Mose 2,1. „Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“ 1.Mose 1,31. Eden erblühte auf Erden. Adam und Eva hatten freien Zugang zum Baum des Lebens. Kein Makel von Sünde und kein Todesschatten trübte die Reinheit der Schöpfung, als Gott „die Morgensterne miteinander lobten und jauchzten alle Gottessöhne“. Hiob 38,7. DPa.20.4 Teilen

21

Der große, ewige Gott hatte den Grund der Erde gelegt. Er kleidete die Welt in das Gewand der Schönheit und füllte sie mit nützlichen Dingen für den Menschen. Er hatte alle Wunder des Landes und des Meeres geschaffen. In sechs Tagen vollendete er das große Schöpfungswerk. Und Gott „ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und gemacht hatte.“ 1.Mose 2,2.3. Mit Befriedigung schaute Gott auf das Werk seiner Hände. Alles war vollkommen, seines göttlichen Urhebers würdig. Und er ruhte nicht aus, weil er müde war, sondern weil er Wohlgefallen hatte an den Früchten seiner Weisheit und Güte und an der Offenbarung seiner Herrlichkeit. Nachdem Gott am siebenten Tag geruht hatte, heiligte er ihn, das heißt, er sonderte ihn aus als Ruhetag für den Menschen, damit der dem Beispiel des Schöpfers folgte. Beim Betrachten von Himmel und Erde sollte er über Gottes großes Schöpfungswerk nachdenken. Und wenn er die Beweise der Weisheit und Güte Gottes sah, würde sein Herz von Liebe und Verehrung für seinen Schöpfer erfüllt werden. DPa.21.1 Teilen

In Eden setzte Gott ein Denkmal seiner Schöpfung, als er seinen Segen auf den siebenten Tag legte. Der Sabbat wurde Adam als dem Vater und Vertreter der ganzen menschlichen Familie anvertraut. Seine Beachtung sollte eine dankbare Anerkennung aller Erdenbewohner sein, dass Gott ihr Schöpfer und rechtmäßiger Herrscher ist, sie aber das Werk seiner Hände und die Untertanen seiner Herrschaft sind. Die Einsetzung des Ruhetages wurde somit ganz und gar ein Erinnerungszeichen für die gesamte Menschheit. Es hatte nichts Schattenhaftes an sich und blieb auch nicht nur auf ein Volk beschränkt. DPa.21.2 Teilen

Gott sah, dass auch im Paradies ein Ruhetag [Sabbat] für den Menschen notwendig war. Dieser brauchte einen von sieben Tagen, um an ihm die eigenen Belange und Beschäftigungen beiseite zu tun und ungehindert Gottes Werke zu betrachten sowie über dessen Macht und Güte nachdenken zu können. Er brauchte einen Sabbat, der ihn lebendiger an Gott erinnerte und der seine Dankbarkeit weckte, weil alles, worüber er sich freute und was er besaß, aus der segnenden Hand des Schöpfers kam. DPa.21.3 Teilen

Gott möchte, dass sich die Gedanken der Menschen am Sabbat auf seine erschaffenen Werke richten. Sie spricht zu ihnen von dem lebendigen Gott, dem Schöpfer und Herr aller Dinge. „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündigt seiner Hände Werk. Ein Tag sagt’s dem andern, und eine Nacht tut’s kund der andern.“ Psalm 19,2.3. Die Schönheit der Erde ist ein Zeichen der Liebe Gottes. Wir nehmen sie wahr an der wunderbaren Bergwelt, den hoch aufragenden Bäumen wie an den sich öffnenden Knospen und lieblichen Blumen. Alle sprechen zu uns von Gott. Auch der Sabbat weist immer auf den hin, der all diese Schönheit schuf. Er fordert die Menschen dazu auf, das große Buch der Natur aufzuschlagen und darin die Weisheit, die Macht und Liebe des Schöpfers zu beobachten. DPa.21.4 Teilen

22

Obwohl unsere ersten Eltern unschuldig und heilig erschaffen wurden, bestand die Möglichkeit, dass sie Unrechtes taten. Gott schuf sie als Wesen mit sittlich freiem Willen. Sie konnten die Weisheit und Güte seines Charakters und die Gerechtigkeit seiner Forderungen würdigen. Sie hatten die uneingeschränkte Freiheit, gehorsam zu sein oder nicht. Sie sollten sich der Gemeinschaft mit Gott und der heiligen Engel erfreuen. Aber ehe ihnen ewiges Leben verliehen werden konnte, musste ihre Treue erprobt werden. Gleich am Anfang des menschlichen Daseins setzte Gott der Selbstsucht, jener unheilvollen Leidenschaft, die Satan zu Fall brachte, ein Bollwerk entgegen. Der Baum der Erkenntnis, der nicht weit vom Lebensbaum mitten im Garten stand, sollte für unsere ersten Eltern ein Prüfstein ihres Gehorsams, ihres Glaubens und ihrer Liebe sein. Während sie von allen anderen Bäumen ungehindert essen durften, war es ihnen bei Todesstrafe verboten, von diesem auch nur zu probieren. Sie sollten auch der Verführung durch Satan ausgesetzt sein. Wenn sie aber der Versuchung widerständen, würden sie schließlich seiner Macht entzogen werden und sich auf ewig der Gnade Gottes erfreuen dürfen. DPa.22.1 Teilen

Gott stellte den Menschen unter das Gesetz. Das war die unerlässliche Bedingung seines Daseins. Er war unter die Herrschaft Gottes gestellt, und kein Reich kann ohne Gesetz bestehen. Gott hätte den Menschen so erschaffen können, dass er unfähig gewesen wäre, sein Gesetz zu übertreten. Er hätte Adam davon abhalten können, die verbotene Frucht zu berühren. Aber dann wäre der Mensch kein freies, sittlich handelndes Wesen, sondern nur ein Roboter. Ohne die Freiheit der Wahl wäre sein Gehorsam erzwungen und eine Charakterentwicklung nicht möglich gewesen. Das aber würde Gottes Art, mit den Bewohnern der Welten umzugehen, widersprochen haben. Es wäre des Menschen als eines begabten Wesens nicht würdig gewesen und hätte Satans Vorwurf unterstützt, Gott herrsche willkürlich. DPa.22.2 Teilen

Gott schuf den Menschen aufrichtig. Er verlieh ihm edle Charakterzüge ohne Neigung zum Bösen. Er stattete ihn mit hohen Geisteskräften aus und bot ihm allen erdenklichen Ansporn zur Treue. Uneingeschränkter, lebenslanger Gehorsam war die Bedingung für ewige Glückseligkeit. Unter dieser Voraussetzung sollte der Mensch Zugang zum Baum des Lebens haben. DPa.22.3 Teilen

Das Heim unserer ersten Eltern sollte deren Kindern als Vorbild dienen, wenn sie hinausgingen, die Erde in Besitz zu nehmen. Jenes Zuhause, das Gott selbst einrichtete, war kein prachtvolles Gebäude. Die Menschen sind oft stolz auf die prächtigen, kostspieligen Gebäude und rühmen sich ihrer Leistungen. Gott aber setzte Adam in einen Garten; der war seine Wohnung. Der Himmel war das Dach dieser Wohnung, die Erde mit ihren zarten Blumen ihr Teppich von lebendigem Grün und die belaubten Zweige der stattlichen Bäume ihr Baldachin. Ihre Wände waren mit dem herrlichsten Schmuck behängt, dem Werk des meisterhaften Künstlers. Somit veranschaulichte die Umgebung des heiligen Paares eine Lehre für alle Zeiten: dass man wahres Glück nicht in übermäßigem Aufwand findet, sondern durch Gottes geschaffene Werke in der Gemeinschaft mit ihm. Wenn die Menschen bei aller Einfachheit mehr Wert auf das Echte legten, kämen sie der Absicht Gottes bei ihrer Erschaffung viel näher. Äußere Pracht und ehrgeiziges Streben schenken niemals Zufriedenheit. Verständige finden wahre, erhebende Freudenquellen, die Gott allen zugänglich gemacht hat. DPa.22.4 Teilen

23

Den Bewohnern von Eden war die Pflege des Gartens anvertraut worden, ihn zu bebauen und zu pflegen. Ihre Beschäftigung war nicht ermüdend, sondern angenehm und belebend. Gott hatte die Arbeit zum Segen für den Menschen bestimmt, um seinen Geist zu beschäftigen, seinen Körper zu stärken und seine Fähigkeiten zu entwickeln. In geistiger und körperlicher Betätigung fand Adam eine der höchsten Freuden seines heiligen Daseins. Und als er infolge seines Ungehorsams aus seiner schönen Heimat vertrieben wurde und genötigt war, einem harten Boden das tägliche Brot abzuringen, war eben diese Arbeit Schutz gegen Versuchung und zugleich eine Quelle des Glücks, obwohl sie grundverschieden von der angenehmen Betätigung im Garten Eden war. Wer Arbeit als Fluch ansieht, weil sie anstrengt und ermüdet, der irrt sich. Die Reichen sehen oft mit Verachtung auf die arbeitenden Leute herab. Aber das widerspricht ganz und gar der Absicht Gottes bei der Erschaffung des Menschen. Was sind die Besitztümer selbst der Wohlhabendsten im Vergleich zu dem Erbe, das Adam von Gott geschenkt wurde? Doch Adam war nicht müßig. Unser Schöpfer weiß, was das Glück des Menschen wirklich ausmacht. Deshalb bestimmte er ihm seine Tätigkeit. Wahre Lebensfreude finden nur arbeitsame Menschen. Auch die Engel sind fleißige Arbeiter; sie sind Gottes Helfer im Dienst für die Menschen. Der Schöpfer hat der hemmenden Trägheit keinen Raum gelassen. DPa.23.1 Teilen

Solange sie Gott treu blieben, sollten Adam und seine Gefährtin die Erde beherrschen. Er hatte sie zu unumschränkten Herren über alle Lebewesen gemacht. Löwe und Lamm spielten friedlich in ihrer Nähe oder legten sich zu ihren Füßen. Anmutige Vögel huschten furchtlos über sie hin. Und wenn ihre frohen Lieder zum Lob des Schöpfers emporstiegen, stimmten Adam und Eva mit ein, um dem Vater und dem Sohn zu danken. DPa.23.2 Teilen

Die ersten Menschen waren nicht nur umsorgte Kinder ihres himmlischen Vaters, sondern auch Schüler, die vom allweisen Schöpfer Unterweisung erhielten. Sie wurden von Engeln besucht und erfreuten sich des Umgangs mit ihrem Schöpfer ohne verhüllenden Schleier. Sie waren voll Tatkraft, die ihnen der Baum des Lebens vermittelte, und ihre Verstandeskräfte waren nur wenig geringer als die der Engel. Die Geheimnisse des sichtbaren Weltalls — „die Wunder des Allwissenden“ (Hiob 37,16) — bildeten für sie eine unerschöpfliche Quelle der Belehrung und Freude. Die Naturgesetze und die damit verbundenen Vorgänge, die menschliches Forschen seit 6000 Jahren beschäftigt, erschloss ihnen der Schöpfer und Erhalter aller Dinge. Sie lauschten auf die Sprache der Blätter, der Blumen und Bäume und spürten etwas von dem Geheimnis ihres Lebens. Adam war mit allen Lebewesen vertraut, angefangen vom mächtigen Leviathan (Hiob 40,25; Hiob 37,16) im Wasser bis zum winzigen Insekt, das in den Sonnenstrahlen spielte. Allen hatte er ihre Namen gegeben, er kannte ihre Art und ihre Gewohnheiten. Gottes Herrlichkeit in den Himmeln, die zahllosen Welten in ihren geordneten Bahnen, „das Schweben der Wolken“ (Hiob 37,16) die Geheimnisse des Lichtes und des Schalles, des Tages und der Nacht — alles stand dem Forschen unserer ersten Eltern offen. Auf jedem Blatt im Wald, auf jedem Stein im Gebirge, im leuchtenden Stern, auf der Erde, in der Luft und am blauen Himmelszelt stand Gottes Name geschrieben. Die Ordnung und Harmonie der Schöpfung erzählte ihnen von unendlicher Weisheit und Macht. Ständig fesselte sie Neues, das ihre Herzen mit tieferer Liebe und größerer Dankbarkeit erfüllte. DPa.23.3 Teilen

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Solange sie dem Gesetz Gottes treu blieben, würden sich ihr Lerneifer, ihre Freudigkeit und Liebesfähigkeit beständig vermehren. Sie würden immer wieder neue Schätze der Erkenntnis dazugewinnen, neue Quellen des Glücks entdecken und immer klarere Vorstellungen von der unermesslichen und unerschöpflichen Liebe Gottes erhalten. DPa.24.1 Teilen

Kapitel 3: Die Versuchung und der Sündenfall
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Auf Grundlage von 1.Mose 3. DPa.25 Teilen

Als Satan im Himmel keinen Aufruhr mehr anzetteln konnte, richtete sich seine Gottesfeindschaft auf ein neues Gebiet: jetzt ging es ihm um die Vernichtung des Menschen. Beim Anblick des in Glück und Frieden lebenden heiligen Paares wurde ihm bewusst, welche Seligkeit er für immer verloren hatte. Von Neid getrieben, beschloss er, die Menschen zum Ungehorsam zu reizen und sie in Schuld und Sünde sowie deren schlimme Folgen zu verstricken. Er wollte ihre Liebe in Misstrauen, ihre Loblieder in Vorwürfe gegen den Schöpfer verwandeln. So würde er nicht nur jene unschuldigen Wesen in das gleiche Elend stürzen, in dem er selbst steckte, sondern auch Gott entehren und Kummer im Himmel verursachen. DPa.25.1 Teilen

Unsere ersten Eltern blieben nicht ungewarnt vor der Gefahr, die sie bedrohte. Himmlische Boten machten sie mit Satans Fall und seinen Anschlägen bekannt. Sie weiteten ihnen auch den Blick für die göttliche Regierung, die der Fürst des Bösen zu stürzen versuchte. Weil sie den gerechten Forderungen Gottes nicht Folge leisteten, kamen Satan und seine Anhänger zu Fall. Wie wichtig war es also, dass Adam und Eva jenes Gesetz achteten, das allein Ordnung und Gerechtigkeit aufrechterhielt! DPa.25.2 Teilen

Das Gesetz Gottes ist genauso heilig wie er selbst. Es ist eine Offenbarung seines Willens, eine Abschrift seines Charakters, der Ausdruck göttlicher Liebe und Weisheit. Die Harmonie der Schöpfung hängt davon ab, dass alle Wesen und alle Dinge, die belebten wie die unbelebten, in vollkommener Übereinstimmung mit dem Gesetz des Schöpfers stehen. Gott hat Gesetze bestimmt, die nicht nur über die Lebewesen, sondern auch über alle Vorgänge der Natur regieren. Alles untersteht festen Gesetzen, die nicht missachtet werden können. Doch während in der Natur alles nach Naturgesetzen regiert wird, ist allein der Mensch — der diese Erde bewohnt — dem Moralgesetz verantwortlich. Ihm als Krone der Schöpfung hat Gott die Fähigkeit gegeben, seine Forderungen zu verstehen, die Gerechtigkeit und den Segen sowie die heiligen Ansprüche des Gesetzes an ihn zu begreifen; vom Menschen wird kompromissloser Gehorsam verlangt. DPa.25.3 Teilen

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Wie die Engel, so wurden auch Edens Bewohner auf die Probe gestellt. Nur die Treue gegen Gottes Gesetz gewährleistete ihren glücklichen Zustand. Sie konnten gehorchen und leben oder ungehorsam sein und damit das Verderben wählen. Gott segnete sie überreich, missachteten sie aber seinen Willen, dann konnte er, der die ungehorsamen Engel nicht verschonte, auch ihnen nichts ersparen. Durch Übertretung würden sie dann seine Gaben verlieren und so ihren Untergang heraufbeschwören. DPa.26.1 Teilen

Die Engel warnten sie, vor Satans Anschlägen auf der Hut zu sein, denn er würde sie unermüdlich umgarnen. Solange sie jedoch Gott gehorsam blieben, könne der Böse ihnen nichts zuleide tun, denn notfalls würde ihnen jeder Engel vom Himmel zu Hilfe kommen. Wenn sie seine ersten Einflüsterungen standhaft zurückwiesen, könnten sie ebenso sicher sein wie die himmlischen Boten. Gäben sie aber der Versuchung nur einmal nach, würde ihr Wesen so moralisch verdorben, dass sie aus eigener Kraft Satan nicht mehr widerstehen könnten. DPa.26.2 Teilen

Gott schuf den Baum der Erkenntnis, um ihren Gehorsam und ihre Liebe zu ihm zu erproben. Der Herr hatte es für gut befunden, ihnen von allem, was der Garten bot, nur eines zu verbieten. Sollten sie darin seinen Willen missachten, müssten sie die Schuld der Übertretung auf sich nehmen. Satan durfte ihnen nicht mit ständigen Versuchungen nachstellen. Nur am verbotenen Baum hatte er Zugang zu ihnen. Wenn sie versuchen sollten, die Eigenart des Baumes zu erforschen, wären sie seiner Schliche ausgesetzt. Sie wurden also ermahnt, sorgfältig auf Gottes Warnungen zu achten und sich mit den mitgeteilten Unterweisungen zufriedenzugeben. DPa.26.3 Teilen

Um sein Vorhaben unauffällig auf den Weg zu bringen, bediente sich Satan der Schlange als Werkzeug, eine Tarnung, die für seine Betrugsabsichten passte. Sie war damals eins der klügsten und schönsten Geschöpfe auf Erden. In den reich beladenen Zweigen des verbotenen Baumes ruhend, labte sie sich an der köstlichen Frucht. Sie konnte so schon die Aufmerksamkeit eines Beobachters fesseln. So lauerte der Verderber im Garten des Friedens auf seine Beute. DPa.26.4 Teilen

Die Engel hatten Eva davor gewarnt, sich bei ihrer täglichen Arbeit im Garten von ihrem Mann zu trennen. Mit ihm zusammen wäre sie weniger in Gefahr der Versuchung als allein. Aber sie war so in ihre angenehme Beschäftigung vertieft, dass sie sich unbewusst von seiner Seite entfernte. Als sie merkte, dass sie allein war, überkam sie eine Ahnung von der Gefahr. Aber sie verscheuchte ihre Befürchtungen. Besaß sie denn nicht genügend Klugheit und Kraft, das Böse zu erkennen und ihm zu widerstehen? Vergessen war die Warnung der Engel. Bald stand sie vor dem verbotenen Baum. Sie betrachtete ihn aufmerksam und mit einem Gemisch von Neugier und Staunen. Die Frucht war sehr schön, und Eva fragte sich, weshalb Gott sie ihnen wohl vorenthielte. Das war die Gelegenheit für den Versucher. Als ob er die Gedanken ihres Herzens lesen könnte, sprach er sie an: „Sollte Gott wirklich gesagt haben, dass ihr von keinem Baum im Garten essen dürft?“ 1.Mose 3,1. Eva war überrascht und erschrocken, als sie das Echo ihrer eigenen Gedanken hörte. Aber die Schlange lobte Evas besondere Schönheit mit schmeichelnden Worten, und Eva war das nicht unangenehm. Statt von dort zu flüchten, zögerte sie in ihrer Verwunderung, eine Schlange sprechen zu hören. Wäre sie von einem engelähnlichen Wesen angesprochen worden, hätte das Befürchtungen in ihr geweckt. Aber sie dachte überhaupt nicht daran, dass diese bezaubernde Schlange ein Werkzeug des gefallenen Feindes sein könnte. DPa.26.5 Teilen

27

Auf die verführerische Frage des Versuchers erwiderte sie: „Von der Frucht der Bäume im Garten dürfen wir essen; aber von der Frucht des Baumes, der in der Mitte des Gartens ist, hat Gott gesagt: Esst nicht davon und rührt sie auch nicht an, damit ihr nicht sterbt! Da sprach die Schlange zu der Frau: Keineswegs werdet ihr sterben! Sondern Gott weiß: An dem Tag, da ihr davon esst, werden euch die Augen geöffnet, und ihr werdet sein wie Gott und werdet erkennen, was gut und böse ist!“ 1.Mose 3,2-5. DPa.27.1 Teilen

Sie erklärte ihr, dass sie durch das essen der Früchte von diesem Baum beide eine höhere Daseinsform erreichten und dadurch in ein weiteres Wissensgebiet eingeführt würden. Sie selbst habe von der verbotenen Frucht gegessen und dadurch die Fähigkeit zum Sprechen erlangt. Und sie deutete an, dass der Herr ihnen die Frucht in eifersüchtiger Weise vorenthalte, um sie daran zu hindern, ihm gleich zu werden. Gerade wegen deren wunderbaren Eigenschaft, Weisheit und Stärke zu verleihen, habe Gott ihnen verboten, von ihr zu probieren oder sie auch nur anzurühren. Der Versucher gab zu verstehen, dass Gottes Warnung in Wirklichkeit nicht in Erfüllung gehen würde; sie ziele nur darauf ab, sie einzuschüchtern. Wie wäre es möglich, dass sie sterben könnten! Hatten sie nicht vom Baum des Lebens gegessen? Gott habe nur nach einer Möglichkeit gesucht, ihre Höherentwicklung zu größerem Glück zu verhindern. DPa.27.2 Teilen

So hat es Satan seit Adams Tagen bis heute immer wieder gehalten und damit großen Erfolg gehabt. Er verleitet die Menschen dazu, Gottes Liebe und Weisheit zu bezweifeln, und möchte, dass ihr Geist dauernd in unehrerbietiger Neugier, in ruhelosem, forschendem Verlangen in die Geheimnisse göttlicher Macht und Weisheit einzudringen versucht. Während sie das erforschen, was Gott nach seinem Willen vorenthalten hat, übersehen unendlich viele die Wahrheiten, die Gott offenbart hat und die für ihre Errettung notwendig sind. Satan reizt Menschen zum Ungehorsam mit der Vorspiegelung, sie gewännen erstaunliche neue Erkenntnisse. Aber das ist nur Täuschung. Überzeugt von ihren Fortschrittsideen, treten sie Gottes Gebote mit Füßen und schlagen Wege ein, die zur Entwürdigung und in den Tod führen. DPa.27.3 Teilen

28

Satan täuschte Adam und Eva vor, sie können durch die Übertretung des göttlichen Gesetzes nur gewinnen. Hören wir heutzutage nicht eine ähnliche Logik? Viele reden von der Engstirnigkeit derer, die Gottes Gebote befolgen, während sie selbst weitherzigere Anschauungen und so größere Freiheiten hätten. Klingt das nicht wie ein Echo der Stimme aus Eden: An dem Tag, da ihr davon esst — d.h., da ihr Gottes Gebot übertretet —, werdet ihr sein wie Gott? Satan behauptete, von der verbotenen Frucht zu probieren, sei ihm sehr nützlich gewesen. Dabei verheimlichte er allerdings, dass er wegen der Übertretung aus dem Himmel ausgestoßen wurde. Obwohl er es selbst erlebt hatte, dass Sünde unersetzlichen Verlust mit sich brachte, verbarg er sein eigenes Elend, um auch andere hineinzuziehen. So versuchen seine Gesinnungsgenossen auch heute, ihr wahres Wesen zu verheimlichen. Sie mögen für sich in Anspruch nehmen, ein geheiligtes Leben zu führen; aber ihr begeistertes Bekenntnis macht sie als Betrüger um so gefährlicher. Sie stehen auf der Seite des Bösen, treten das Gesetz Gottes mit Füßen und verleiten noch andere zu ihrem ewigen Verderben. DPa.28.1 Teilen

Eva glaubte Satans Worten wirklich, aber dieser Glaube bewahrte sie nicht vor der Strafe der Sünde. Den Worten Gottes glaubte sie nicht, und kam dadurch zu Fall. Im Gericht werden Menschen nicht deshalb verdammt werden, weil sie eine Lüge für glaubwürdig hielten, sondern weil sie die Wahrheit ablehnten und nicht lernen wollten, worin Wahrheit besteht. Welche Trugschlüsse Satan auch vorbringen mag, es ist immer verhängnisvoll, Gott nicht zu gehorchen. Deshalb müssen wir uns von Herzen bemühen, die Wahrheit zu erkennen. Alle Lehren, die Gott in seinem Wort aufzeichnen ließ, sind uns zur Warnung gegeben, um uns vor Betrug zu schützen. Ihre Missachtung wird zu unserem Verderben führen; denn alles, was dem Wort Gottes widerspricht, kommt vom Widersacher. DPa.28.2 Teilen

Die Schlange pflückte eine Frucht vom verbotenen Baum und legte sie in die Hände der noch zögernden Eva. Dann erinnerte sie die Frau an deren eigene Worte, nämlich dass Gott verboten habe, die Frucht auch nur zu berühren, wenn sie nicht sterben wollten. Das Verzehren würde ihr nicht mehr schaden. Als Eva keine schlimmen Folgen ihrer Tat bemerkte, wurde sie kühner. „Und die Frau sah, dass von dem Baum gut zu essen wäre und dass er eine Lust für die Augen wäre und verlockend, weil er klug machte. Und sie nahm von der Frucht und aß.“ 1.Mose 3,6. Diese schmeckte angenehm, und es schien Eva, als verspürte sie eine belebende Kraft, ja, sie bildete sich ein, eine höhere Stufe des Daseins zu erreichen. Furchtlos pflückte sie und aß. Nun, da sie gesündigt hatte, wurde sie zu Satans Werkzeug, um auch ihren Mann ins Verderben zu ziehen. In einer seltsam unnatürlichen Erregung, die Hände voller verbotener Früchte, suchte sie ihren Mann und erzählte ihm alles, was vorgefallen war. Adam sah traurig aus. Er war überrascht und bestürzt. Auf Evas Worte entgegnete er, dass dies der Feind gewesen sein müsse, vor dem sie so gewarnt worden waren, und dass sie nach göttlichem Urteil nun sterben müsse. Statt einer Antwort drängte sie ihn zu essen und wiederholte die Worte der Schlange, dass sie keineswegs sterben müssten. Das musste wohl stimmen, denn sie fühlte nichts von göttlichem Missfallen, sondern vielmehr eine köstlich belebende Wirkung, die alle Kräfte neu erweckte — eine Wirkung, wie sie ihrer Meinung nach auch die Engel erfüllte. DPa.28.3 Teilen

29

Adam begriff sofort, dass Eva das einzige Verbot missachtet hatte, das Gott ihnen zur Prüfung ihrer Liebe und Treue auferlegte. Ein furchtbarer Kampf ging in ihm vor. Er klagte sich an, dass er Eva erlaubt hatte, von seiner Seite zu weichen. Aber nun war es geschehen. Jetzt musste er sich von ihr trennen, die doch seine ganze Freude gewesen war. Adam hatte sich der Gemeinschaft Gottes und seiner heiligen Engel erfreut. Er durfte die Herrlichkeit des Schöpfers sehen. Und er begriff die hohe Bestimmung, die dem Menschengeschlecht zugedacht war, wenn sie Gott treu blieben. Doch verlor er alle diese Segnungen aus den Augen aus Angst, das eine Geschenk zu verlieren, das alle anderen an Wert übertraf. Liebe, Dankbarkeit und Treue gegenüber dem Schöpfer wurden verdrängt durch die Gefühle für Eva. Sie war ein Teil von ihm, und der Gedanke an Trennung war ihm unerträglich. Er machte sich nicht klar, dass dieselbe Allmacht, die ihn aus Erdenstaub zu einer lebendigen, schönen Gestalt erschuf und ihm in Liebe auch eine Gefährtin gab, deren Platz wieder ausfüllen konnte. Er entschied sich dafür, ihr Schicksal zu teilen. Wenn sie sterben musste, dann wollte er mit ihr sterben. Konnten nicht vielleicht auch die Worte der klugen Schlange stimmen? Eva stand so schön und scheinbar unschuldig vor ihm wie vor ihrem Ungehorsam. Sie war noch liebevoller als zuvor. Kein Zeichen des Todes erschien an ihr, und er entschied sich dafür, die Folgen seiner Tat auf sich zu nehmen. Schnell nahm auch er die Frucht und aß davon. DPa.29.1 Teilen

Zuerst lebte auch Adam in der Vorstellung, eine höhere Daseinsstufe zu erreichen. Aber nur zu bald erfüllte ihn der Gedanke an seine Sünde mit Entsetzen. Die Luft, die bis dahin mild und gleichmäßig angenehm war, ließ das schuldige Paar erschauern. Liebe und Friede waren dahin. Statt dessen ahnten sie, was Sünde ist, empfanden Furcht vor der Zukunft und fühlten sich schutzlos. Das Lichtgewand, das sie umgeben hatte, verschwand. Um es zu ersetzen, halfen sie sich mit einer Bedeckung aus Blättern. Denn sie konnten den Augen Gottes und der heiligen Engel nicht unbekleidet begegnen. DPa.29.2 Teilen

Nun fingen sie an, das wahre Wesen ihrer Sünde zu erkennen. Adam machte seiner Gefährtin Vorwürfe wegen ihrer Torheit, sich von ihm zu entfernen und von der Schlange umgarnen zu lassen. Beide aber gaben sich der falschen Hoffnung hin, dass Gott, von dem sie so viele Liebesbeweise erfahren hatten, ihnen diese eine Übertretung verzeihen oder ihnen keine solch schreckliche Strafe auferlegen würde, wie sie zunächst befürchteten. Satan jubelte über seinen Erfolg. Er hatte die Frau dazu verleiten können, der Liebe Gottes zu misstrauen, seine Weisheit anzuzweifeln und sein Gebot zu übertreten; und durch sie fiel dann auch Adam. DPa.29.3 Teilen

30

Aber der große Gesetzgeber machte Adam und Eva die Folgen ihrer Übertretung klar. Die Gegenwart Gottes zeigte sich im Garten. In Unschuld und Heiligkeit hatten sie sonst das Nahen ihres Schöpfers freudig begrüßt. Jetzt flohen sie angsterfüllt und versuchten, sich in den entferntesten Schlupfwinkeln des Gartens zu verbergen. Aber „Da rief Gott der Herr den Menschen und sprach: Wo bist du? Und er antwortete: Ich hörte deine Stimme im Garten und fürchtete mich, denn ich bin nackt; darum habe ich mich verborgen! Da sprach er: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du etwa von dem Baum gegessen, von dem ich dir geboten habe, du solltest nicht davon essen?“ 1.Mose 3,9-11. DPa.30.1 Teilen

Adam konnte seine Sünde weder leugnen noch entschuldigen. Aber anstatt Reue zu zeigen, versuchte er, die Schuld auf seine Frau und damit auf Gott selbst abzuwälzen: „Die Frau, die du mir zur Seite gegeben hast, die gab mir von dem Baum, und ich aß!“ 1.Mose 3,12. Freiwillig, aus Liebe zu Eva hatte er Gottes Wohlgefallen, seine Heimat im Paradies und ein ewiges Leben in Freude aufgeben wollen. Nun machte er die Gefährtin und sogar den Schöpfer selbst für seine Übertretung verantwortlich. So furchtbar ist die Macht der Sünde. DPa.30.2 Teilen

Als die Frau gefragt wurde: „Warum hast du das getan?“ antwortete sie: „Die Schlange hat mich verführt; da habe ich gegessen!“ 1.Mose 3,13. „Warum hast du die Schlange erschaffen? Warum erlaubtest du ihr, Eden zu betreten?“ Diese Gegenfragen lagen in Evas Entschuldigung. Damit versuchte sie wie Adam, Gott die Verantwortung für ihren Fall zuzuschieben. Der Geist der Selbstrechtfertigung hat seinen Ursprung im Vater der Lüge. Unsere ersten Eltern gingen damit um, sobald sie dem Einfluss Satans erlegen waren. Seitdem haben alle Adamskinder denselben Geist an den Tag gelegt. Statt ihre Sünde demütig zu bekennen, versuchten sie lieber, sich zu verteidigen, indem sie ihre Schuld auf andere abwälzten, — auf die Umstände oder auf Gott. Dabei nahmen sie sogar seine Segnungen zum Anlass, gegen ihn aufzubegehren. DPa.30.3 Teilen

Dann fällte der Herr das Urteil über die Schlange: „Weil du dies getan hast, so sollst du verflucht sein mehr als alles Vieh und mehr als alle Tiere des Feldes! Auf deinem Bauch sollst du kriechen und Staub sollst du fressen dein Leben lang!“ 1.Mose 3,14. Die Schlange hatte sich als Satans Werkzeug missbrauchen lassen, darum unterlag auch sie dem göttlichen Urteil. Aus dem schönsten Geschöpf des Feldes sollte sie zum niedrigsten und verachtetsten werden, das Menschen und Tiere fürchteten und verabscheuten. Die nächsten Worte an die Schlange bezogen sich auf Satan selbst und wiesen auf seine endgültige Niederlage und Vernichtung hin: „Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau und zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen; der soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen.“ 1.Mose 3,15. DPa.30.4 Teilen

31

Eva traf die Ankündigung, dass Leid und Schmerz hinfort ihr Teil sein sollten. Und der Herr sprach: „dein Verlangen wird auf deinen Mann gerichtet sein, er aber soll über dich herrschen!“ 1.Mose 3,16. Bei der Erschaffung hatte Gott sie Adam gleichgestellt. Wären beide Gott gehorsam geblieben — in Übereinstimmung mit seinem großen Gesetz der Liebe —, dann hätten sie miteinander in Einklang leben können. Aber die Sünde brachte Uneinigkeit. So konnte nur die Unterordnung des einen ihre Eintracht bewahren. Eva war die erste bei der Übertretung gewesen. Als sie sich entgegen der göttlichen Weisung von ihrem Gefährten trennte, geriet sie in Versuchung. Als sie ihn dazu überredete, sündigte auch Adam, und nun wurde sie ihrem Mann unterstellt. Und dennoch hätte dieses Urteil, auch wenn es aus den Folgen der Sünde erwuchs, für das gefallene Menschengeschlecht ein Segen werden können, wenn die im göttlichen Gesetz verankerten Grundsätze befolgt worden wären. Aber der Mann missbrauchte diese ihm übertragene Vorrangstellung. Das machte das Los der Frau nur zu oft bitter und ihr Leben zur Last. DPa.31.1 Teilen

Im Garten Eden, ihrem Heim, war Eva an der Seite ihres Mannes vollkommen glücklich gewesen. Aber wie die ruhelosen Evas der Gegenwart lebte sie in der hoffnungsvollen Erwartung, in einen höheren Wirkungskreis aufzusteigen, als der war, den Gott für sie bestimmt hatte. Bei dem Versuch, sich über ihre ursprüngliche Stellung zu erheben, fiel sie tief unter sie hinab. Ähnliche Folgen wird erleben, wer seine täglichen Pflichten nicht froh erfüllen möchte, wie es Gottes Absicht entspricht. Über dem Bemühen, Aufgaben zu übernehmen, für die sie sich gar nicht eignen, sind viele an dem Platz untätig, wo sie zum Segen sein könnten. Dem Wunsch nach einem höheren Wirkungskreis opferte schon manche Frau ihre weibliche Würde und den Adel ihres Wesens. Dabei vernachlässigte sie gerade die Aufgabe, für die sie vom Himmel bestimmt ist. DPa.31.2 Teilen

Zu Adam sprach der Herr: „Weil du der Stimme deiner Frau gehorcht und von dem Baum gegessen hast, von dem ich dir gebot und sprach: Du sollst nicht davon essen! ... so sei der Erdboden verflucht um deinetwillen! Mit Mühe sollst du dich davon nähren dein Leben lang; Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Gewächs des Feldes essen. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zurückkehrst zum Erdboden; denn von ihm bist du genommen. Denn du bist Staub, und zum Staub wirst du wieder zurückkehren.“ 1.Mose 3,17-19. DPa.31.3 Teilen

Es war nicht Gottes Wille, dass das sündlose Paar etwas vom Bösen erfahren sollte. Freigebig hatte er ihnen Gutes gewährt und das Böse vorenthalten. Aber gegen sein Wort hatten sie von dem verbotenen Baum gegessen und würden es ihr Leben lang tun, damit aber auch die Kenntnis des Bösen behalten. Von nun an würde das Menschengeschlecht von Satan angegriffen werden. Statt Freude an der Arbeit, wie Gott es wünschte, sollten Sorge und Mühsal, Enttäuschung, Kummer, Schmerz und schließlich der Tod ihr Los sein. DPa.31.4 Teilen

32

Da auch die Natur dem Fluch der Sünde unterlag, sollte dem Menschen klar werden, welche Folgen Auflehnung gegen Gott hat. Bei seiner Erschaffung machte Gott ihn zum Herrscher über die Erde und alle Lebewesen. Und solange Adam Gott gehorsam blieb, war ihm die ganze Natur dienstbar. Als er sich aber gegen Gottes Gesetz auflehnte, empörten sich die niederen Lebewesen gegen seine Herrschaft. So wollte der Herr in seiner großen Barmherzigkeit den Menschen die Heiligkeit seines Gesetzes verständlich machen. Durch eigenes Erleben mussten sie erkennen, wie gefährlich es ist, dieses Gesetz auch nur in den kleinsten Dingen zu missachten. DPa.32.1 Teilen

Wenn der Mensch fortan ein Leben voller Mühe und Sorge führen würde, dann lag auch darin göttliche Liebe. Diese Schule war notwendig um seiner Sünde willen. Er sollte lernen, seine Begierden und Leidenschaften zu zügeln und sich selbst zu beherrschen. Es gehörte zu Gottes großem Plan, den Menschen aus Verderben und Erniedrigung zu erretten. DPa.32.2 Teilen

Die Warnung, wenn du „von diesem Baum isst, musst du auf jeden Fall sterben“ (1.Mose 2,17, NL), bedeutete nicht, an dem Tag zu sterben, als sie die verbotenen Frucht verzehrten. Aber das unwiderrufliche Urteil wurde bereits an jenem Tag verkündet. Die Unsterblichkeit war ihnen nur unter der Voraussetzung des Gehorsams verheißen worden. Im Falle einer Übertretung würden sie das ewige Leben verwirken und an eben dem Tag zum Tod verurteilt werden. DPa.32.3 Teilen

Um ewig leben zu können, musste der Mensch auch weiterhin vom Baum des Lebens essen. Entzog man ihm diese Frucht, nahm seine Lebenskraft allmählich ab, bis sie erlosch. Es war Satans Plan, dass Adam und Eva sich durch ihren Ungehorsam Gottes Missfallen zuzogen. Ohne Vergebung zu erlangen, würden sie vom Baum des Lebens essen und dadurch ein Dasein in Sünde und Elend verewigen. Aber Gott ließ den Lebensbaum sofort nach dem Sündenfall durch heilige Engel bewachen. Diese waren von Lichtstrahlen eingehüllt, die wie blitzende Schwerter aussahen. Kein Angehöriger Adams durfte an dieser Schranke vorüber, um etwa von der lebenspendenden Frucht zu nehmen. Deshalb gibt es keinen unsterblichen Sünder. DPa.32.4 Teilen

Die Flut der Leiden, die aus der Übertretung unserer ersten Eltern hervorging, wird von vielen als zu schreckliche Folge für eine so unbedeutende Sünde angesehen; sie zweifeln deshalb an Gottes Weisheit und Gerechtigkeit. Wenn sie aber mehr über diese Frage nachdächten, sähen sie ihren Irrtum ein. Gott schuf den Menschen nach seinem eigenen Bild, frei von Sünde. Die Erde sollte mit Lebewesen bevölkert werden, die nur wenig niedriger waren als die Engel. Aber ihr Gehorsam musste erprobt werden, denn Gott wollte die Erde nicht mit Wesen bevölkert wissen, die sein Gesetz missachteten. Doch unterwarf er Adam in seiner großen Barmherzigkeit keiner harten Prüfung. Und gerade deswegen war die Sünde so schwerwiegend. Wenn Adam nicht einmal die kleinste Probe bestand, dann würde er, mit größerer Verantwortung betraut, auch eine schwerwiegendere Versuchung nicht überwunden haben. DPa.32.5 Teilen

33

Wäre Adam anderseits eine schwere Prüfung auferlegt worden, hätten dem Bösen zugeneigte Menschen sich mit den Worten entschuldigt: „Das hier ist eine ganz geringfügige Angelegenheit, und Gott nimmt es bei solch kleinen Dingen nicht so genau.“ So wäre es zu fortgesetzter Übertretung in Dingen gekommen, die Menschen bedeutungslos erscheinen und die sie ungestraft durchgehen lassen. Aber der Herr hat es klar gesagt, dass Sünde jeder Art ihm ein Gräuel ist. Für den Übertreter bedeutet es Verderben; dadurch würde es für das gesamte Weltall eine Gefährdung darstellen. DPa.33.1 Teilen

Als Eva die verbotene Frucht probiert hatte und auch ihren Mann dazu verleitete, davon zu essen, schien ihr der Ungehorsam gegen Gott geringfügig zu sein. Aber mit ihrer Sünde ergoss sich ein Strom von Leiden in die Welt. Wer kann im Augenblick der Versuchung schon die schrecklichen Folgen überblicken, die ein einziger Fehltritt nach sich zieht? DPa.33.2 Teilen

Viele lehren, Gottes Gesetz sei nicht verbindlich und betonen, es sei unmöglich, es zu halten. Aber wenn dem so wäre, warum musste dann Adam für seine Übertretung eine Strafe erleiden? Die Sünde unserer ersten Eltern brachte Schuld und Not über die Welt, und ohne die Güte und Barmherzigkeit Gottes wären sie in hoffnungslose Verzweiflung gestürzt worden. Niemand lasse sich täuschen. „Denn der Lohn der Sünde ist der Tod.“ Römer 6,23. Gottes Gesetz kann man heute ebensowenig ungestraft übertreten wie zu der Zeit, als das Urteil über den Vater des Menschengeschlechts ausgesprochen wurde. DPa.33.3 Teilen

Nach ihrer Sünde durften Adam und Eva nicht länger in Eden wohnen. Sie baten sehr darum, im Heim ihrer Unschuld und Freude bleiben zu dürfen und räumten ein, das Recht darauf verwirkt zu haben. Sie gelobten für die Zukunft unbedingten Gehorsam, wurden aber abgewiesen mit der Begründung, ihre Natur sei durch die Sünde so verderbt, dass sich ihre Widerstandskraft gegen den Bösen verringert habe und sie ihm deshalb um so leichteren Zugang gewähren würden. In ihrer Unschuld hatten sie der Versuchung nachgegeben. Im Bewusstsein ihrer Schuld würden sie noch weniger Kraft haben, rechtschaffen zu bleiben. DPa.33.4 Teilen

Demütig und überaus traurig sagten sie ihrer schönen Heimat Lebewohl und gingen hinaus, um eine Erde zu bewohnen, auf der nun der Fluch der Sünde lastete. Die einst so milde, gleichmäßige Lufttemperatur War jetzt auffallend verändert. Darum versah der Herr sie mitleidsvoll mit Röcken aus Fellen zum Schutz gegen Hitze und Kälte. Als Adam und seine Gefährtin an den welkenden Blumen und dem fallenden Laub die ersten Zeichen des Verfalls erlebten, waren sie darüber viel trauriger als die heutigen Menschen über ihr zukünftiges Sterben. Das Absterben der lieblichen Blumen war in der Tat ein Grund zum Kummer. Als aber die stattlichen Bäume ihre Blätter abwarfen, brachte ihnen das unerbittlich zum Bewusstsein, dass fortan der Tod das Schicksal alles Lebenden war. DPa.33.5 Teilen

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Der Garten Eden blieb auch nach der Ausweisung des Menschen noch auf Erden erhalten. 1.Mose 4,16. Das gefallene Menschengeschlecht konnte noch lange sein ehemaliges Heim der Unschuld sehen, dessen Zugang ihm nur durch die hütenden Engel verwehrt war. An der von Cherubim bewachten Pforte des Paradieses offenbarte sich die göttliche Herrlichkeit. Hierher kam Adam mit seinen Söhnen, um Gott anzubeten. Hier erneuerten sie ihr Gehorsamsgelübde jenem Gesetz gegenüber, dessen Übertretung sie aus Eden vertrieb. Erst als sich der Frevel über die ganze Welt ausbreitete und die Bosheit der Menschen ihre Vernichtung durch eine Wasserflut erforderte, entrückte der Schöpfer den Garten Eden von der Erde. Aber bei der endgültigen Wiederherstellung, wenn Gott „einen neuen Himmel und eine neue Erde“ (Offenbarung 21,1) schafft, wird Eden herrlicher geschmückt werden als es zu Anfang war. DPa.34.1 Teilen

Dann werden alle, die Gottes Gebote gehalten haben, in unvergänglicher Kraft unter dem Baum des Lebens frei atmen. Für ewige Zeiten werden die Bewohner sündloser Welten in jenem Lustgarten ein Beispiel vollkommener Schöpfung Gottes sehen; unberührt vom Fluch der Sünde wird er ein Abbild dessen sein, was die ganze Erde geworden wäre, wenn die Menschen des Schöpfers herrlichen Plan erfüllt hätten. DPa.34.2 Teilen

Kapitel 4: Der Erlösungsplan
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Der ganze Himmel trauerte über den Fall des Menschen. Die von Gott geschaffene Welt war vom Fluch der Sünde getroffen und ihre Bewohner zu Schmerz und Tod verurteilt. Es schien kein Entrinnen für die Gesetzesübertreter zu geben. Die Engel hielten an mit ihrem Lobgesang. Überall in den himmlischen Höfen wurde beklagt, welches Verderben durch die Sünde verursacht worden war. DPa.35.1 Teilen

Gottes Sohn, der erhabene Himmelsfürst, war von Mitleid für die gefallenen Menschen erfüllt. Sein Herz wurde von unendlichem Erbarmen bewegt, wenn er an die Leiden der verlorenen Welt dachte. Aber Gottes Liebe hatte schon einen Plan für die Erlösung der Menschen entwickelt. Die Übertretung des göttlichen Gesetzes forderte das Leben des Sünders. Im gesamten Weltall aber gab es nur einen, der diesen Forderungen für den Menschen nachkommen konnte. Da Gottes Gesetz so heilig ist wie er selbst, konnte nur ein Wesen, das Gott gleich war, für die Übertretung sühnen. Niemand außer Christus war imstande, den gefallenen Menschen vom Fluch des Gesetzes loszukaufen und ihn wieder mit dem Himmel in Einklang bringen. Christus wollte Schuld und Schande der Sünde auf sich nehmen, die für einen heiligen Gott so beleidigend war, dass sie Vater und Sohn eine Zeitlang trennen musste. Christus war bereit, bis in die Tiefen des Elends hinabzusteigen, um die Verlorenen zu erretten. DPa.35.2 Teilen

Er setzte sich vor dem Vater für die Sünder ein. Das Heer des Himmels erwartete das Ergebnis mit so lebhafter Anteilnahme, dass Worte sie nicht auszudrücken vermögen. Lange verweilten beide in geheimnisvoller Unterredung und hielten den „Rat des Friedens“ (Sacharja 6,13), für die gefallenen Menschenkinder. Der Erlösungsplan war zwar schon vor Erschaffung der Erde gelegt worden, denn Christus ist „das Lamm, das erwürgt ist von Anfang der Welt“. Offenbarung 13,8. Doch bedeutete es selbst für den König des Weltalls einen Kampf, seinen Sohn für das schuldig gewordene Geschlecht in den Tod zu geben. Denn „also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ Johannes 3,16. Welch ein Geheimnis ist die Erlösung! Gott liebt eine Welt, die ihn nicht liebte! Wer kann die Tiefen dieser Liebe ermessen, die „alle Erkenntnis übertrifft“? Epheser 3,19. Immer werden unsterbliche Wesen das Geheimnis jener unfassbaren Liebe staunend und anbetend zu begreifen suchen. DPa.35.3 Teilen

36

Gott war in Christus und „versöhnte in Christus die Welt mit sich selber“. 2.Korinther 5,19. Der Mensch war durch die Sünde so entartet, dass er aus eigener Kraft nicht wieder mit dem in Übereinstimmung kommen konnte, dessen ganzes Wesen Reinheit und Güte ist. Aber nachdem Christus den Menschen von der Verdammnis des Gesetzes erlöst hatte, konnte er göttliche Kraft schenken, um das menschliche Bemühen zu unterstützen. So wurde es für Adams gefallene Kinder durch Reue gegenüber Gott und Glauben an Christus wieder möglich, „Gottes Kinder“ (1.Johannes 3,2) zu werden. DPa.36.1 Teilen

Der Plan, durch den die Errettung des Menschen allein möglich war, schloss mit seinem unendlichen Opfer den ganzen Himmel ein. Die Engel empfanden keine Freude, als Christus ihnen den Erlösungsplan darlegte, denn sie sahen, dass er ihrem geliebten Gebieter unaussprechliches Leid bringen musste. Erstaunt und bekümmert lauschten sie, als er ihnen sagte, dass er aus des Himmels Reinheit und Frieden, seiner Freude und Herrlichkeit und seinem unsterblichen Leben hinabsteigen und in Berührung kommen müsse mit der Erniedrigung der Erde, um Schmerz, Schande und Tod zu erleiden. Er sollte zwischen den Sünder und dessen Strafe treten, doch würden nur wenige ihn als Sohn Gottes aufnehmen. Dazu müsse er seine hohe Stellung als Herr des Himmels aufgeben, auf Erden erscheinen, sich als Mensch demütigen, damit er durch eigene Erfahrungen die Sorgen und Versuchungen der Menschen kennenlernte. Dies alles sei notwendig, damit er denen helfen könne, die versucht werden. Hebräer 2,18. DPa.36.2 Teilen

Wenn seine Lehrtätigkeit beendet sein würde, müsse er den Händen gottloser Menschen ausgeliefert und jeder Beschimpfung und Quälerei ausgesetzt werden, zu denen Satan sie anstiften könnte. Er müsse als schuldiger Sünder zwischen Himmel und Erde hängen und den grausamsten Tod sterben. Die Stunden seines Todeskampfes würden so schlimm sein, dass die Engel ihr Antlitz verhüllen müssten, weil sie den Anblick nicht ertragen könnten. Er habe Seelenangst zu erdulden, ja, der Vater würde sein Angesicht verbergen, während die Strafe der Übertretung, die Sündenlast der ganzen Welt, auf ihm läge. DPa.36.3 Teilen

Die Engel fielen vor ihrem Herrn nieder und boten sich als Opfer für die Menschen an. Aber das Leben eines Engels genügte nicht, die Schuld zu bezahlen. Nur er, der die Menschen schuf, hatte auch die Macht, sie zu erlösen. Doch sollten die Engel am Erlösungsplan aktiv Anteil haben. Christus sollte „eine kleine Zeit niedriger ... als die Engel“ sein, ... „denn durch Gottes Gnade sollte er für alle den Tod schmecken“. Hebräer 2,9. Er sollte Mensch werden, darum würde seine Kraft jener der Engel nicht gleichen. Dann sollten sie ihm dienen, ihn stärken und ihm in seinen Leiden Linderung schaffen. Sie sollten „dienstbare Geister“ sein, „ausgesandt zum Dienst um derer willen, die das Heil ererben sollen“. Hebräer 1,14. Ihre Aufgabe sollte sein, die Frommen vor dem Einfluss böser Engel zu schützen und vor der Finsternis zu bewahren, die Satan ständig um sie her verbreitet. DPa.36.4 Teilen

37

Wenn die Engel dann Erniedrigung und Todeskampf ihres Herrn beobachten müssten, würden sie, bekümmert und entrüstet sich wünschen, ihn aus den Händen seiner Mörder zu befreien. Aber sie dürften nicht dazwischentreten, um zu verhindern, was sie sähen. Es gehörte zum Erlösungsplan, dass Christus Hohn und Schmähungen böser Menschen erdulden müsse. Er erklärte sich bereit dazu, wenn er dadurch zum Erlöser der Menschen werde. DPa.37.1 Teilen

Christus versicherte den Engeln, dass er durch seinen Tod viele freikaufen und den, der die Macht des Todes hatte, vernichten würde. Das dem Menschen durch seine Übertretung verlorengegangene Reich werde er zurückgewinnen, und die Erretteten sollten es mit ihm erben und für immer darin wohnen. Sünde und Sünder sollten ausgerottet werden, damit der Friede des Himmels und der Erde niemals wieder gestört würde. Er gebot den Engeln, dem Plan seines Vaters zuzustimmen und sich darüber zu freuen, dass durch seinen Tod gefallene Menschen wieder mit Gott versöhnt werden könnten. DPa.37.2 Teilen

Darauf erfüllte unaussprechliche Freude den Himmel. Die Herrlichkeit und Glückseligkeit einer erlösten Welt überstiegen selbst die Pein und das Opfer des Lebensfürsten. Durch die Himmelshöfe hallten die ersten Klänge jenes Liedes, das über den Hügeln von Bethlehem erschallen sollte: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“ Lukas 2,14. Inniger als bei der Freude über die neue Schöpfung lobten „die Morgensterne miteinander ... und jauchzten alle Gottessöhne“. Hiob 38,7. DPa.37.3 Teilen

Die erste Ankündigung seiner Erlösung erhielt der Mensch im Garten Eden, als Gott das Urteil über Satan sprach: „Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau und zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen; der soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen.“ 1.Mose 3,15. Dieser Richterspruch vor den Ohren unserer ersten Eltern war für sie eine Verheißung. Er sagte Kampf zwischen dem Menschen und Satan voraus, wodurch die Macht des großen Widersachers schließlich gebrochen würde. DPa.37.4 Teilen

Adam und Eva standen als Schuldige vor dem gerechten Richter und erwarteten das Urteil, das ihre Übertretung verlangte. Aber ehe sie etwas hörten von einem künftigen Leben in Mühsal und Sorge oder davon, dass sie wieder zu Staub werden sollten, vernahmen sie Worte, die Hoffnung in ihnen aufkommen lassen mussten. Wenn sie auch unter der Macht ihres gewaltigen Feindes zu leiden hatten, so konnten sie sich dennoch auf den endgültigen Sieg freuen. DPa.37.5 Teilen

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Als Satan hörte, dass zwischen ihm und der Frau, zwischen seinem und ihrem Nachkommen Feindschaft bestehen sollte, wusste er, dass sein Plan, die menschliche Natur zugrunde zu richten, unterbrochen werden würde. Der Mensch sollte irgendwie Kraft zum Widerstand gegen ihn bekommen. Doch nach der Eröffnung des Erlösungsplanes in seinem ganzen Umfang frohlockte Satan mit seinen Engeln, denn nun glaubte er, dass er nach dem erfolgten Fall des Menschen auch den Sohn Gottes von seiner erhabenen Stellung herabstoßen könne. Er behauptete, seine Pläne seien bisher auf Erden erfolgreich gewesen, und wenn Christus menschliche Natur annähme, könne er auch ihn überwinden und so die Erlösung des gefallenen Menschengeschlechts verhindern. DPa.38.1 Teilen

Himmlische Engel erklärten unsern ersten Eltern den Plan genauer, der zu ihrer Erlösung festgelegt worden war, und sie sicherten ihnen zu, dass sie trotz ihrer großen Sünde nicht der Herrschaft Satans überlassen sein sollten. Der Sohn Gottes habe sich bereiterklärt, ihre Schuld mit seinem eigenen Leben zu sühnen. Der Herr räume ihnen eine Bewährungszeit ein, und durch Reue und Glauben an Christus könnten sie wieder Gottes Kinder werden. DPa.38.2 Teilen

Das für ihre Übertretung geforderte Opfer machte Adam und Eva die Heiligkeit des göttlichen Gesetzes deutlich; sie begriffen wie nie zuvor die Sündenschuld mit ihren schrecklichen Folgen. In ihrer Gewissensangst und Seelennot baten sie, die Strafe möge nicht ihn treffen, dessen Liebe der Quell all ihrer Freude gewesen war; eher möge sie auf sie selbst und ihre Nachkommen fallen. DPa.38.3 Teilen

Aber sie wurden belehrt, dass das Gesetz Gottes die Grundlage seiner Herrschaft im Himmel wie auf Erden sei und nicht einmal das Leben eines Engels als Sühnopfer genüge. Nichts könne daran geändert oder aufgehoben werden, um dem Menschen in seinem gefallenen Zustand entgegenzukommen. Nur der Sohn Gottes, der die Menschen schuf, sei imstande, die Versöhnung für sie zu leisten. Wie Adams Übertretung Elend und Tod brachte, so werde Christi Opfer Leben und Unsterblichkeit wiederherstellen. DPa.38.4 Teilen

Durch die Sünde war nicht nur der Mensch, sondern auch die Erde zum Einflussbereich des Bösen geworden. Aber durch den Erlösungsplan sollte alles neu werden. Bei seiner Erschaffung wurde Adam zum Herrn über die ganze Erde gesetzt. Als er aber der Versuchung erlag, geriet er unter die Macht des Widersachers. „Von wem jemand überwunden ist, dessen Knecht ist er geworden.“ 2.Petrus 2,19. Als der Mensch Satans Knecht wurde, ging die Herrschaft an seinen Überwinder verloren. So wurde Satan „der Gott dieser Welt“ (2.Korinther 4,4), der die Gewalt über die Erde, die ursprünglich Adam übertragen war, an sich riss. Christus aber würde durch sein Opfer die Strafe auf sich nehmen und dadurch nicht nur die Menschen erlösen, sondern auch die von ihnen verspielte Herrschaft zurückgewinnen. So sagt der Prophet: „Und du, Turm der Herde, du Feste der Tochter Zion, zu dir wird kommen und wiederkehren die frühere Herrschaft.“ Micha 4,8. Und der Apostel Paulus weist voraus auf „das Unterpfand unsres Erbes zu unsrer Erlösung“. Epheser 1,14. DPa.38.5 Teilen

39

Gott schuf die Erde zum Aufenthalt heiliger, glücklicher Wesen. Es war der Herr, „der die Erde bereitet und gemacht hat — er hat sie gegründet; er hat sie nicht geschaffen, dass sie leer sein soll, sondern sie bereitet, dass man auf ihr wohnen solle“. Jesaja 45,18. Das wird in Erfüllung gehen, wenn die von der Kraft Gottes erneuerte und von Sünde und Leid befreite Erde der Wohnsitz der Erlösten in Ewigkeit sein wird. „Die Gerechten werden das Land ererben und darin wohnen allezeit.“ Psalm 37,29. „Und es wird nichts Verfluchtes mehr sein. Und der Thron Gottes und des Lammes wird in der Stadt sein, und seine Knechte werden ihm dienen.“ Offenbarung 22,3. DPa.39.1 Teilen

Solange Adam schuldlos war, erfreute er sich des unmittelbaren Umgangs mit seinem Schöpfer. Aber die Sünde brachte eine Trennung zwischen Gott und Menschen. Allein die Versöhnung durch Christus konnte den Abgrund überbrücken und Segen und Heil vom Himmel herab vermitteln. Der direkte Zugang zu seinem Schöpfer war für den Menschen noch unterbrochen, aber durch Christus und die Engel wollte Gott mit ihm in Verbindung treten. DPa.39.2 Teilen

So wurden Adam wichtige Ereignisse der Menschheitsgeschichte erklärt, die sich vom Urteilsspruch in Eden bis zur Sintflut und darüber hinaus bis zur ersten Ankunft des Sohnes Gottes abspielen sollten. Ihm wurde gezeigt, dass Christi Opfer zur Errettung der ganzen Welt zwar genügen würde, aber trotzdem viele Menschen lieber ein Leben in Sünde führen würden statt zu bereuen und gehorsam zu sein. Frevelhaftes Vergehen sollte im Laufe der Zeit zunehmen und der Fluch der Sünde auf dem Menschengeschlecht, der Tierwelt und der ganzen Erde immer schwerer lasten. DPa.39.3 Teilen

Die Lebenszeit des Menschen würde infolge seines Sündenlebens verkürzt, seine Körpergröße und Ausdauer, seine sittliche und geistige Stärke würden abnehmen, bis die Welt voller Elend aller Art wäre. Zügellosigkeit und Leidenschaften machten die Menschen schließlich unempfänglich für die großen Wahrheiten des Erlösungsplans. Doch nähme Christus, seinem Vorsatz getreu, weswegen er den Himmel verließ, weiterhin am Geschick der Menschen Anteil und ermutige sie, mit ihren Schwächen und Mängeln gläubig bei ihm Zuflucht zu suchen. Er würde allen Menschen, die im Glauben zu ihm kämen, in ihren Schwierigkeiten beistehen. Somit werde es immer einige geben, die die Erkenntnis Gottes bewahren und sich inmitten der herrschenden Schlechtigkeit ihre Reinheit erhalten würden. DPa.39.4 Teilen

40

Gott setzte den Opferdienst ein, damit der Mensch sich immer an seine Sünde erinnere und sie im Glauben an den verheißenen Erlöser reuig bekenne. Durch die Opfer sollte es sich dem gefallenen Menschengeschlecht tief einprägen, dass die Sünde Ursache des Todes war. Für Adam war die Darbringung des ersten Opfers überaus schmerzlich. Er musste seine Hand erheben und Leben vernichten, das nur Gott geben konnte. Zum ersten Mal wurde er Zeuge des Todes. Und er wusste, wäre er Gott treu geblieben, brauchten weder Mensch noch Tier zu sterben. Während er das schuldlose Opfertier schlachtete, erbebte er bei dem Gedanken, dass um seiner Sünde willen das Blut des unschuldigen Lammes Gottes vergossen werden musste. Die ganze Szene vermittelte ihm ein tieferes und viel lebendigeres Verständnis für die Größe seiner Übertretung, die durch nichts anderes als den Tod des Sohnes Gottes gesühnt werden konnte. Zugleich staunte er über die grenzenlose Güte, die ein solches Lösegeld zur Rettung der Schuldigen darbot. Ein Stern der Hoffnung erhellte die dunkle, schreckliche Zukunft und nahm ihr dadurch die völlige Trostlosigkeit. DPa.40.1 Teilen

Aber der Erlösungsplan hatte noch einen umfassenderen und tieferen Sinn als den, die Menschen zu retten. Nicht nur deshalb kam Christus auf die Erde, damit die Bewohner unserer kleinen Welt sein Gesetz halten, wie es sich gehört, sondern um Gott vor dem Weltall zu rechtfertigen. Diese Folge seines großmütigen Opfers — dessen Wirkung auf die vernunftbegabten Wesen anderer Welten ebenso wie auf den Menschen — sah der Heiland voraus, als er kurz vor seiner Kreuzigung sagte: „Jetzt geht das Gericht über die Welt; nun wird der Fürst dieser Welt ausgestoßen werden. Und ich, wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen.“ Johannes 12,31.32. Das Opfer Christi zur Errettung der Menschen würde nicht nur ihnen den Himmel wieder erschließen, sondern Gott und seinen Sohn in ihrer Handlungsweise bei der Empörung Satans vor dem ganzen Weltall rechtfertigen. Es würde ferner die ewige Gültigkeit des göttlichen Gesetzes begründen und Wesen und Folgen der Sünde offenbaren. DPa.40.2 Teilen

Von Anfang an ging es in dem großen Kampf um das Gesetz Gottes. Satan hatte versucht zu beweisen, dass Gott ungerecht und sein Gesetz mangelhaft sei und das Wohl des Weltalls eine Verbesserung verlange. Mit diesem Angriff zielte er darauf ab, das Ansehen seines Urhebers zu erschüttern. In dem Kampf sollte sich nun zeigen, ob die göttlichen Gesetze fehlerhaft und der Veränderung unterworfen oder vollkommen und unveränderlich sind. DPa.40.3 Teilen

Als Satan aus dem Himmel ausgestoßen wurde, wählte er die Erde zu seinem Herrschaftsbereich. Nachdem er Adam und Eva versucht und überwunden hatte, meinte er, diese Welt zu besitzen, weil sie ihn zu ihrem Herrscher erwählt hätten. Johannes 12,31.32. Er behauptete, es sei unmöglich, dem Sünder Vergebung zu gewähren; deshalb sei ihm das gefallene Geschlecht rechtmäßig untertan und die Welt sein Eigentum. Aber Gott ließ seinen eigenen, ihm treuen Sohn — also einen ihm völlig Ebenbürtigen — die Strafe der Übertretung tragen. Auf diese Weise schuf er für die Verlorenen die Möglichkeit, seine Gnade wiederzuerlangen und in den Garten Eden als ihre Heimat zurückzukehren. Christus erlöste und befreite sie auf diese Weise aus der Gewalt Satans. Der große Kampf, der im Himmel begonnen hatte, sollte gerade auf dieser Welt entschieden werden, die Satan als Eigentum beanspruchte. DPa.40.4 Teilen

41

Das ganze Weltall war erstaunt, dass Christus sich demütigen sollte, um den gefallenen Menschen zu retten. Er, der von Stern zu Stern, von Welt zu Welt gegangen war und sie alle beherrschte, der in seiner unermesslichen Schöpfung für die Bedürfnisse aller Arten von Lebewesen gesorgt hatte, wollte seine Herrlichkeit verlassen und die menschliche Natur annehmen? Das war ein Geheimnis, das die sündlosen Bewohner anderer Welten sich wünschten zu verstehen. DPa.41.1 Teilen

Als Christus in menschlicher Gestalt auf unsere Erde kam, beobachteten sie aufmerksam seine Wege von der Krippe bis zum Kreuz. Sie achteten auf die schmähliche Behandlung und den Spott, denen er ausgesetzt war, und wussten, dass Satan dahinter steckte. Sie bekamen mit, wie die gegnerischen Kräfte einflussreicher wurden und Satan unablässig Finsternis, Sorge und Leid über die Menschen brachte, wie andererseits aber Christus dagegen ankämpfte. So erlebten sie den heftiger werdenden Kampf zwischen Licht und Finsternis. Und als Christus, mit dem Tod ringend, am Kreuz ausrief: „Es ist vollbracht!“ (Johannes 19,30), da hallten Siegesrufe durch alle Welten und selbst durch den Himmel. Der große Streit, der so lange in dieser Welt getobt hatte, war nun entschieden, Christus blieb Sieger. Sein Tod beantwortete die Frage, ob Vater und Sohn den Menschen so sehr liebten, um Selbstverleugnung und Opfergeist zu üben. Satan war als Lügner und Mörder entlarvt. Nun wurde festgestellt, dass er dieselbe Gesinnung, in der er die seiner Macht unterworfenen Menschenkinder beherrschte, auch im Himmel offenbart hätte, sofern ihm auch Macht über die himmlischen Wesen erteilt worden wäre. Wie mit einer Stimme pries das Weltall Gottes Herrschaft. DPa.41.2 Teilen

Wenn Gottes Gesetz geändert werden könnte, wäre die Errettung des Menschen ohne das Opfer Christi möglich gewesen. Aber allein die Tatsache, dass er sein Leben für die gefallene Menschheit geben musste, beweist doch nur, dass das Gesetz Gottes den Sünder nicht aus seinen Forderungen entlässt und der Sünde Sold der Tod ist. Als Christus starb, war Satans Vernichtung besiegelt. Wäre dagegen das Gesetz am Kreuz aufgehoben worden, wie viele behaupten, dann hätte Gottes Sohn Schmerzen und Tod nur erduldet, um Satans Forderungen zu erfüllen. Wie hätte der Fürst des Bösen triumphiert, denn seine Beschuldigungen gegen Gottes Regierung wären damit bestätigt worden! Aber gerade dass Christus die Strafe für die Übertretung des Menschen auf sich nahm, ist allen geschaffenen denkenden Wesen der großartige Beweis für die Unveränderlichkeit des Gesetzes sowie für die Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Selbstlosigkeit Gottes. Gottes unendliche Gerechtigkeit und Barmherzigkeit gehören in seiner Herrschaft einfach zusammen. DPa.41.3 Teilen

Kapitel 5: Kain und Abel
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Auf Grundlage von 1.Mose 4.1-15. DPa.43 Teilen

Adams Söhne Kain und Abel unterschieden sich charakterlich stark voneinander. Abel war Gott gegenüber treu eingestellt. Er sah im Walten des Schöpfers Gerechtigkeit und Gnade und war dankbar für die Hoffnung auf Erlösung. In Kain dagegen regten sich Gefühle der Empörung. Er rebellierte, weil Gott die Erde und die Menschen um Adams Sünde willen verflucht hatte. Er ließ seinen Gedanken freie Bahn in derselben Richtung, die vorher zu Satans Fall geführt hatte, weil er Gottes Gerechtigkeit und Glaubwürdigkeit überheblich in Frage stellte. DPa.43.1 Teilen

Wie Adam vor ihnen, so wurden diese beiden Brüder auf die Probe gestellt, ob sie dem Wort Gottes glauben und ihm gehorchen würden. Sie waren mit dem Erlösungsplan vertraut und verstanden die verordneten Opfer. Sie wussten, dass sie damit ihren Glauben an den Retter bekunden sollten, den die Opfer versinnbildeten und von dem ihre Vergebung voll und ganz abhing. Ferner war ihnen klar, dass sie ihr gehorsames Eingehen auf den Willen Gottes bekundeten, indem sie sich in dessen Plan zu ihrer Erlösung willig einfügten. Ohne Blutvergießen gab es keine Sündenvergebung. Ihr Glaube an das Blut Christi als das verheißene Sühnemittel sollte seinen Ausdruck darin finden, dass sie die Erstlinge der Herde opferten. Außerdem waren die Erstlingsfrüchte des Feldes als Dankopfer bestimmt. DPa.43.2 Teilen

Beide Brüder errichteten einander gleichende Altäre, und jeder brachte ein Opfer, Abel nach den Anweisungen des Herrn ein Tier seiner Herde. „Und der HERR sah gnädig an Abel und sein Opfer.“ 1.Mose 4,4. Feuer fiel vom Himmel und verzehrte es. Aber Kain missachtete den ausdrücklichen Befehl des Herrn und opferte nur Früchte. Und kein Zeichen vom Himmel machte deutlich, dass es angenommen wurde. Abel bat seinen Bruder, sich Gott in der von ihm verordneten Weise zu nahen. Aber seine Bitten machten Kain nur noch entschlossener, nach eigenem Gutdünken zu handeln. Als der Ältere fühlte er sich über den Rat seines Bruders erhaben und verachtete ihn. Kain opferte unwillig und ohne rechten Glauben an das verheißene Opfer und die Notwendigkeit des Sündopfers überhaupt. Seine Gabe drückte keine Reue über begangenes Unrecht aus. Wie es heutzutage viele Menschen tun, hielt er es für ein Eingeständnis von Schwäche, den Wegen Gottes zu folgen und seine Errettung nur der Versöhnung des verheißenen Heilandes zuzutrauen. Er zog es vor, im Bewusstsein des eigenen Verdienstes und mit eigenen Leistungen zu kommen. Er wollte kein Lamm darbringen und dessen Blut mit seinem Opfer vermischen, sondern seine Früchte und die Erzeugnisse seiner Arbeit anbieten. Sein Opfer wirkte wie ein Geschenk, das er Gott anbot, um sich dadurch das göttliche Wohlgefallen zu sichern. Kain gehorchte, als er den Altar baute und Gott ein Opfer brachte; aber das war nur ein Teil. Das Wesentliche nämlich, anzuerkennen, dass er Erlösung brauchte, ließ er unberücksichtigt. Nach ihrer Herkunft und Unterweisung im Glauben unterschieden sich die Brüder nicht voneinander. Beide waren sie Sünder und anerkannten Gottes Recht auf Verehrung und Anbetung. Äußerlich gesehen unterschied sich also ihr Glaube bis zu einem gewissen Grad kaum. Und doch bestand ein großer Unterschied zwischen beiden. DPa.43.3 Teilen

44

„Durch den Glauben hat Abel Gott ein besseres Opfer gebracht als Kain.“ Hebräer 11,4. Abel hatte den erhabenen Erlösungsgedanken erfasst. Er war sich seiner Sündhaftigkeit bewusst und erkannte, dass zwischen ihm und Gott die Sünde und ihr Lohn, stand der Tod. Er brachte das geschlachtete Tier, das geopferte Lamm, und erkannte damit die Forderungen des übertretenen Gesetzes an. Das vergossene Blut wies ihn hin auf das zukünftige Opfer Christi am Kreuz von Golgatha. Und im Vertrauen auf die Versöhnung, die dort geschehen sollte, wurde ihm bezeugt, dass er gerechtfertigt und sein Opfer angenommen sei. DPa.44.1 Teilen

Kain hätte wie Abel diese Wahrheiten kennenlernen und annehmen können. Er war kein Opfer willkürlichen Entscheidungen. Gott hatte nicht den einen Bruder erwählt und den anderen verworfen. Nur entschied sich Abel für Glauben und Gehorsam, Kain dagegen für Unglauben und Empörung. Das ist der Punkt. DPa.44.2 Teilen

Kain und Abel stellen die beiden Menschengruppen dar, die bis zum Ende der Welt bestehen werden. Die eine vertraut auf das von Gott erwählte Opferlamm, die andere verlässt sich auf eigene Verdienste. Deren Opfer bleibt ohne die Wirksamkeit des göttlichen Mittlers, und darum kann es dem Anbeter nicht das Wohlgefallen Gottes einbringen. Unsere Schuld kann nur durch Jesu Verdienst vergeben werden. Wer da meint, dass er das Blut Christi nicht nötig hat, wer glaubt, Gottes Wohlgefallen durch eigene Werke und ohne göttliche Gnade erwerben zu können, macht denselben Fehler wie Kain. Glaubt er nicht an das reinigende Blut, dann steht er unter dem Verdammungsurteil. Einen anderen Weg, von der Knechtschaft der Sünde befreit zu werden, gibt es nicht. DPa.44.3 Teilen

Der bei weitem größte Teil der Anbeter auf Erden folgt dem Beispiel Kains; denn fast jeder falsche Glaube entsteht aus der Vorstellung, dass der Mensch durch eigene Anstrengungen erlöst werden kann. Einige behaupten auch, dass das Menschengeschlecht nicht Erlösung, sondern eine Entwicklung bedarf und sich selbst läutern und erneuern kann. Wie einst Kain hoffte, Gottes Gnade durch ein unblutiges Opfer zu erreichen, so glauben sie, den Menschen ohne Sühne zur Gottähnlichkeit erheben zu können. Kains Leben zeigt, welche Folgen dies haben muss und was aus einem Menschen ohne Christus wird. Die Menschheit besitzt nicht die Kraft, sich selbst zu erneuern. Der Mensch ist nicht nach oben auf das göttliche Wesen, sondern nach unten auf das widergöttliche gerichtet. Christus ist unsere einzige Hoffnung. „In keinem andern ist das Heil, ist auch kein andrer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden.“ Apostelgeschichte 4,12. DPa.44.4 Teilen

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Wahrer Glaube, der sich vollständig auf Christus verlässt, bekundet sich im Gehorsam gegen alle Gebote Gottes. Seit den Tagen Adams bis in die Gegenwart ging es in dem großen Kampf immer um den Gehorsam gegen Gottes Gesetz. Es gab immer Menschen, die ein Recht auf Gottes Gnade zu haben glaubten, obwohl sie gewisse Gebote missachteten. Aber die Schrift sagt, dass „durch die Werke der Glaube vollkommen geworden ist“ und dagegen ohne die Werke des Gehorsams „tot“ ist. Jakobus 2,22.26. Wer da sagt, er kenne Gott „und hält seine Gebote nicht, der ist ein Lügner, und in solchem ist die Wahrheit nicht“. 1.Johannes 2,4. DPa.45.1 Teilen

Als Kain sah, dass sein Opfer abgelehnt war, da wurde er zornig auf den Herrn und auf Abel. Er war böse auf Gott, weil dieser nicht annahm, was er als Mensch anstelle des göttlich verordneten Opfers anbot, und er ärgerte sich über seinen Bruder, weil dieser Gott gehorchte, statt aufsässig mit Kain zusammenzuhalten. Obwohl Kain das göttliche Gebot missachtete, überließ ihn der Herr nicht sich selbst. Vielmehr neigte er sich herab, um den so törichten Mann zu überzeugen. Der Herr sprach zu Kain: „Warum ergrimmst du? Und warum senkst du deinen Blick ...? Wenn du fromm bist, so kannst du frei den Blick erheben. Bist du aber nicht fromm, so lauert die Sünde vor der Tür.“ 1.Mose 4,6.7. Die Entscheidung lag bei Kain. Glaubte er an die Verdienste des verheißenen Erlösers und gehorchte er Gottes Forderungen, würde er Gnade erfahren. Beharrte er dennoch in Unglauben und Übertretung, hätte er kein Recht zur Klage, wenn er vom Herrn verworfen würde. DPa.45.2 Teilen

Aber anstatt seine Sünde einzusehen, hörte Kain nicht auf, sich über Gottes Ungerechtigkeit zu beklagen und in seinem Herzen Eifersucht und Hass gegen Abel zu nähren. Voller Zorn überhäufte er ihn mit Vorwürfen und versuchte, mit ihm Streit über Gottes Handlungsweise an ihnen anzufangen. Ruhig, aber furchtlos und bestimmt verteidigte Abel Gottes Gerechtigkeit und Güte. Er machte Kain auf seinen Irrtum aufmerksam und versuchte ihn von seinem Unrecht zu überzeugen. Dazu wies er ihn auf die Barmherzigkeit Gottes hin, der das Leben ihrer Eltern schonte, als er sie auf der Stelle mit dem Tod hätte bestrafen können. Er legte ihm nahe, dass Gott sie liebte, sonst wäre er nicht bereit, seinen unschuldigen Sohn dahinzugeben, damit er die Strafe erleide, die sie verdient hatten. Doch das alles machte Kain nur noch grimmiger. Vernunft und Gewissen sagten ihm zwar, dass Abel recht hatte. Aber es regte ihn auf, dass Abel es wagte, anderer Meinung zu sein, der sonst auf seinen Rat hörte, und er mit seiner Auflehnung keine Zustimmung fand. In rasender Wut erschlug er seinen Bruder. DPa.45.3 Teilen

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Kain hasste und tötete Abel nicht, weil dieser ihm etwas angetan hätte, sondern „weil seine Werke böse waren, und die seines Bruders gerecht“. 1.Johannes 3,12. So haben die Gottlosen zu allen Zeiten jene gehasst, die besser waren als sie. Abels Gehorsam und sein standhafter Glaube waren für Kain ein ständiger Vorwurf. „Wer Böses tut, der hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden.“ Johannes 3,20. Je heller das Licht ist, das Gottes treue Diener widerstrahlen, desto klarer treten die Sünden der Gottlosen zutage, und um so entschlossener werden sie versuchen, die zu vernichten, die die Ruhe ihres Gewissens stören. DPa.46.1 Teilen

Der Mord an Abel war das erste Beispiel für die Feindschaft, von der Gott gesagt hatte, sie würde zwischen der Schlange und den Nachkommen der Frau bestehen, zwischen Satan und seinen Anhängern einerseits und Christus und seinen Nachfolgern andererseits. Mit dem Sündenfall hatte Satan die Herrschaft über das Menschengeschlecht an sich gerissen, aber Christus würde ihnen ermöglichen, dieses Joch abzuwerfen. Wer immer durch den Glauben an das Lamm Gottes Sünde aufgibt, entfacht Satans Zorn. Abels heiliges Leben war der Beweis gegen seine Behauptung, der Mensch könne Gottes Gesetz unmöglich halten. Als Kain, vom Geist des Bösen angestachelt, sah, dass er Abel nicht beeinflussen konnte, wurde er so wütend, dass er ihm das Leben nahm. Und dieser Geist wird sich überall dort zeigen, wo man für die Gerechtigkeit des göttlichen Gesetzes eintritt. In der gleichen Gesinnung wurden in allen Zeitaltern für die Nachfolger Christi Scheiterhaufen errichtet und angezündet. Die Nachstellungen, mit denen man die Jünger Jesu peinigte, geschahen auf Anstiften Satans und seines Heeres, weil sich jene nicht unter seine Herrschaft zwingen ließen. Es ist die Wut eines bereits überwundenen Feindes. Jeder Blutzeuge Christi aber starb als Sieger. So sagt der Prophet, indem er sich auf den Bösen, nämlich die „alte Schlange, die da heißt Teufel und Satan“, bezieht, die Gläubigen hätten ihn „überwunden durch des Lammes Blut und durch das Wort ihres Zeugnisses und haben ihr Leben nicht geliebt bis an den Tod.“ Offenbarung 12,9.11. DPa.46.2 Teilen

Der Mörder Kain wurde bald für sein Verbrechen zur Rechenschaft gezogen. „Da sprach der HERR zu Kain: Wo ist dein Bruder Abel? Er sprach: Ich weiß nicht; soll ich meines Bruders Hüter sein?“ 1.Mose 4,9. Kain hatte sich so tief in die Sünde verstrickt, dass ihm das Empfinden für die Allgegenwart Gottes, seine Erhabenheit und Allwissenheit verlorengegangen war. So fing er an zu lügen, um seine Schuld zu verbergen. DPa.46.3 Teilen

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Wieder sprach der HERR zu Kain: „Was hast du getan? Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde.“ 1.Mose 4,10. Damit gab Gott Kain erneut Gelegenheit zum Schuldbekenntnis. Er hatte inzwischen Zeit gehabt, sich zu besinnen. Er wurde sich auch der Ungeheuerlichkeit seiner Tat und der Lüge bewusst, mit der er sie zu verheimlichen suchte. Aber er blieb hartnäckig, und Gott zögerte nun nicht länger mit dem Urteil. Die göttliche Stimme, die Kain bittend und mahnend gehört hatte, verkündete ihm jetzt mit furchtbaren Worten: „Und nun: Verflucht seist du auf der Erde, die ihr Maul hat aufgetan und deines Bruders Blut von deinen Händen empfangen. Wenn du den Acker bebauen wirst, soll er dir hinfort seinen Ertrag nicht geben. Unstet und flüchtig sollst du sein auf Erden.“ 1.Mose 4,11.12. DPa.47.1 Teilen

Obwohl Kain mit seinem Verbrechen den Tod verdient hatte, schonte der barmherzige Schöpfer sein Leben und gab ihm Gelegenheit zur Reue. Aber Kain überlebte nur, um unbußfertig die Empörung gegen Gottes Autorität zu schüren. Als Anführer einer Generationenfolge dreister, verworfener Sünder wurde dieser eine von Satan verführte Abtrünnige zum Versucher für andere. Sein Beispiel und sein Einfluss übten ihre zerstörende Macht aus, bis die Erde so verderbt und von Gewalttat erfüllt war, dass sie die Vernichtung auf sich herabrief. DPa.47.2 Teilen

Als Gott das Leben des ersten Mörders schonte, erteilte er dem ganzen Weltall Anschauungsunterricht über den großen Kampf. Die trostlose Geschichte Kains und seiner Nachkommen zeigt, welche Folgen es gehabt hätte, wenn dem Sünder ewiges Leben gewährt und ihm damit ermöglicht worden wäre, seinen Aufruhr gegen Gott fortzusetzen. Gottes Langmut ließ die Bösen doch nur immer noch kühner und herausfordernder in ihren Freveltaten werden. Fünfzehn Jahrhunderte nach dem Urteil über Kain erlebte das Weltall in den Übeltaten und der Verderbtheit, die die Erde überflutet hatten, die Folgen seines Einflusses. Und es wurde deutlich, dass Gottes Todesurteil über die gefallene Menschheit ebenso gerecht wie barmherzig war. Je länger sie in Sünde dahinlebten, desto verworfener wurden die Menschen. Somit verhinderte jenes Urteil Gottes die ungehemmte Ausbreitung der Bosheit und befreite die Welt vom Einfluss der Menschen, die im Aufruhr gegen Gott verharrten; es erwies sich somit noch als segensreich. DPa.47.3 Teilen

Satan ist ständig damit beschäftigt, Gottes Wesen und Herrschaft mit nicht nachlassenden Bemühungen und unter tausend Täuschungen zu entstellen. Mit weitreichenden, gut durchdachten Absichten, die er machtvoll zu verwirklichen sucht, will er die Erdbewohner im Bann seiner betrügerischen Vorstellungen halten. Aber der unendliche, allweise Gott sah den Ausgang voraus; deshalb legte er weitreichende und umfassende Pläne, um dem Bösen zu begegnen. Er beabsichtigte, diese Empörung nicht nur niederzuwerfen, sondern dem ganzen Weltall deren Art zu zeigen. Das geschah allmählich und bewies sowohl seine Gerechtigkeit als auch Gnade. Es rechtfertigte voll und ganz seine Weisheit im Umgang mit dem Bösen. DPa.47.4 Teilen

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Mit tiefer Anteilnahme beobachteten die sündlosen Bewohner anderer Welten die Ereignisse auf der Erde. Durch die Zustände vor der Sintflut wurde ihnen klar, von welcher Art die Herrschaft Luzifers gewesen wäre, die er im Himmel anstrebte, als er Christi Autorität und Gottes Gesetz verwarf. In jenen mutwilligen Sündern der vorsintflutlichen Welt sahen sie die Unterworfenen, die Satan beherrschte. Das Dichten und Trachten der menschlichen Herzen war böse immerdar. 1.Mose 6,5. Gefühl, Wille und Verstand lagen im Widerstreit zu den göttlichen Grundsätzen der Reinheit, des Friedens und der Liebe. Auf diese Weise offenbarte sich beispielhaft die schreckliche Verworfenheit, die auf Satans schlaues Bemühen zurückzuführen ist, Gottes Geschöpfe von dem einengenden Gesetz zu „befreien“. DPa.48.1 Teilen

Im Verlauf des großen Kampfes will Gott die Grundzüge seiner Herrschaft aufzeigen, die Satan und die von ihm Verführten entstellt haben. Alle Welt wird schließlich seine Gerechtigkeit bestätigen, doch kommt dieses Bekenntnis für die Rettung der Empörer zu spät. Während sein großer Erlösungsplan Schritt für Schritt der Vollendung entgegengeht, darf sich Gott der Anteilnahme und Zustimmung des gesamten Weltalls sicher sein, und zwar auch dann, wenn er den Aufruhr endgültig austilgt. Deutlich erkennbar wird, dass die Verächter der göttlichen Weisungen sich auf die Seite Satans und in den Kampf gegen Christus begeben haben. Wenn der Fürst dieser Welt dann gerichtet werden wird und alle seine Verbündeten sein Schicksal teilen, wird das ganze Weltall als Zeuge des Urteils ausrufen: „Gerecht und wahrhaftig sind deine Wege, du König der Völker.“ Offenbarung 15,3. DPa.48.2 Teilen

Kapitel 6 Seth und Henoch
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Auf Grundlage von 1.Mose 4,25-6,2. DPa.49 Teilen

Der nächste Sohn, der Adam geboren wurde, sollte der Erbe der göttlichen Verheißung und des geistlichen Geburtsrechts sein. Sein Name Seth bedeutete soviel wie „Ersatz“; „denn Gott hat mir“, so sagte die Mutter, „einen andern Sohn gegeben für Abel, den Kain erschlagen hat.“ 1.Mose 4,25. Dazu besaß er ein edles Wesen und trat in Abels Fußtapfen. Doch hatte er von Natur aus nicht mehr gute Eigenschaften geerbt als Kain. Zur Erschaffung Adams sagt der Bericht: „Zum Bilde Gottes schuf er ihn.“ 1.Mose 1,27. Aber nach dem Fall zeugte Adam „einen Sohn, ihm gleich und nach seinem Bilde“. 1.Mose 5,3. Während Adam sündlos nach Gottes Bild erschaffen wurde, erbte Seth wie Kain die dem Verfall unterworfene Natur seiner Eltern. Zugleich aber empfing er das Wissen um den Erlöser und Unterweisung in der Rechtschaffenheit. Er war dazu begnadet, Gott zu ehren und zu dienen. Und wie Abel es getan hätte, wenn er am Leben geblieben wäre, so bemühte sich Seth, Sünder zur Umkehr und zum Gehorsam gegenüber ihrem Schöpfer zu bewegen. DPa.49.1 Teilen

„Und Seth zeugte auch einen Sohn und nannte ihn Enosch. Zu der Zeit fing man an, den Namen des HERRN anzurufen.“ 1.Mose 4,26. Die Gläubigen beteten Gott auch vorher an. Aber als die Menschen sich vermehrten, machte sich der Unterschied zwischen den beiden Menschengruppen deutlicher bemerkbar. Die einen bekannten offen ihre Treue zu Gott, die anderen hielten mit ihrer Verachtung und ihrem Ungehorsam nicht zurück. DPa.49.2 Teilen

Vor dem Fall hielten unsere ersten Eltern den Sabbat, der in Eden eingeführt worden war; und sie achteten ihn auch nach ihrer Vertreibung aus dem Paradies. Sie hatten von der bitteren Frucht des Ungehorsams probiert und erfahren, was jeder, der Gottes Gebote mit Füßen tritt, früher oder später lernen wird: dass Gottes Gebote heilig und unveränderlich sind und die Strafe für Übertretung mit Sicherheit kommt. Alle Kinder Adams, die Gott treu blieben, ehrten den Sabbat. Aber Kain und seine Nachkommen hielten nicht den Ruhetag, an dem Gott geruht hatte. Sie wählten ihre Arbeits- und Ruhezeiten ohne Rücksicht auf Jahwes ausdrückliches Gebot. DPa.49.3 Teilen

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Nachdem Kain von Gott verflucht worden war, verließ er sein Vaterhaus und betrieb zunächst Ackerbau. Dann gründete er eine Stadt, die er nach dem Namen seines ältesten Sohnes nannte. Er hatte die Gegenwart Gottes verlassen, dachte nicht mehr an die Verheißung von der Wiederherstellung Edens und suchte Besitz und Freuden auf der fluchbeladenen Erde zu finden. So stand er an der Spitze vieler Menschen, die den Gott dieser Welt anbeten. Seine Nachkommen kannten sich bald im rein irdischen und materiellen Vorankommen aus. Um Gott dagegen kümmerten sie sich kaum und setzten seiner Absicht mit den Menschen nur Widerstand entgegen. Kain hatte mit dem Mord den Anfang gemacht, Lamech, fünfter in der Reihe seiner Nachkommen, fügte die Vielehe hinzu. In seiner überheblichen Art erkannte er Gott wohl an, aber nur um aus der Schutzverheißung für Kain die Gewähr der eigenen Sicherheit abzuleiten. Abel hatte ein Hirtenleben geführt und in Zelten oder Hütten gewohnt. Seths Nachkommen folgten diesem Beispiel und nannten sich „Gäste und Fremdlinge auf Erden“, die „sich ein besseres Vaterland wünschten, nämlich eine himmlische“ (Hebräer 11,13.16) Heimat. DPa.50.1 Teilen

Eine Zeitlang hielten sich die beiden Menschengruppen voneinander fern. Das Geschlecht Kains breitete sich von seinem ersten Wohnort über die Ebenen und Täler aus, wo zuvor die Kinder Seths wohnten. Diese wiederum zogen sich in die Berge zurück, um dem verderblichen Einfluss der Kainiten zu entgehen. Solange diese räumliche Trennung bestand, pflegten die Nachkommen Seths auch eine reine Verehrung Gottes. Aber im Laufe der Zeit wagten sie es, Verbindungen mit den Talbewohnern einzugehen. Das hatte die schlimmsten Folgen. „Da sahen die Gottessöhne, wie schön die Töchter der Menschen waren.“ 1.Mose 6,2. Die jungen Kainitinnen fesselten Seths Söhne so sehr, dass sie sich mit ihnen verheirateten, ohne zu bedenken, wie sehr dies Gott missfiel. Viele Anbeter Gottes erlagen den Verlockungen, die sie jetzt ständig vor Augen hatten. Sie ließen sich zur Sünde verleiten und verloren ihr besonderes, heiliges Gepräge, wurden in Gesinnung und Tun diesen sittlich Verdorbenen ähnlich. Sie ignorierten das siebente Gebot „und nahmen sich zu Frauen, welche sie wollten.“ 1.Mose 6,2. Die Kinder Seths gingen „den Weg Kains“. Judas 11. Nur noch auf irdischen Wohlstand und weltliches Vergnügen bedacht, vernachlässigten sie allmählich Gottes Gebote. Die Menschen haben ihn „nicht als Gott gepriesen“, „sondern sind dem Nichtigen verfallen in ihren Gedanken, und ihr unverständiges Herz ist verfinstert“. Deshalb „hat sie Gott dahingegeben in verkehrten Sinn, sodass sie tun, was nicht recht ist“. Römer 1,21.28. Wie tödlicher Aussatz breitete sich die Sünde nun über die ganze Erde aus. DPa.50.2 Teilen

Fast tausend Jahre lebte Adam als Zeuge für die Folgen der Sünde. Vertrauensvoll suchte er gegen die Flut des Bösen anzukämpfen. Ihm war ja aufgetragen worden, seine Nachkommen in den Wegen Gottes zu unterweisen, und so bewahrte er sorgfältig, was Gott ihm offenbart hatte, um es den nachfolgenden Generationen zu wiederholen. Kindern und Kindeskindern bis ins neunte Glied schilderte er ihren heiligen, glücklichen Zustand im Paradies. Er erzählte ihnen oft von seinem Fall und den Leiden, durch die Gott ihn die Notwendigkeit lehrte, sich unbedingt an sein Gesetz zu halten. Und weiter erklärte er ihnen, welche Vorkehrungen Gott in seiner Gnade zu ihrer Errettung getroffen hatte. Doch achteten nur wenige auf seine Worte. Und wie oft musste er sich bittere Vorwürfe anhören, weil die Sünde soviel Leid über die Nachwelt gebracht hatte. DPa.50.3 Teilen

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Adams Lebenszeit war angefüllt von Sorge in Demut und Reue. Als er Eden verließ, erfüllte ihn der Gedanke an das Sterbenmüssen mit Schrecken. Was die grauenvolle Wirklichkeit des Todes für die menschliche Familie bedeutete, erfuhr er, als sein erstgeborener Sohn Kain der Mörder seines Bruders wurde. Wegen seiner Schuld von ärgsten Gewissensbissen gequält, war Adam zudem durch Abels Tod und Kains Verwerfung in zweifacher Weise beraubt und von Kummer niedergedrückt. Er sah die immer mehr um sich greifende Verderbtheit, die schließlich den Untergang der Welt durch eine Flut herbeiführen musste. Das vom Schöpfer ausgesprochene Todesurteil war ihm zuerst schrecklich erschienen. Nachdem er aber beinahe tausend Jahre lang die Folgen der Sünde hatte ansehen müssen, empfand er es als Gnade, als Gott seinem leidgeprüften und sorgenvollen Dasein ein Ende setzte. DPa.51.1 Teilen

Trotz der Bosheit der vorsintflutlichen Welt war das keine Zeit der Unwissenheit und Barbarei, wie oft vermutet worden ist. Die damaligen Menschen waren durchaus in der Lage, einen hohen sittlichen und geistigen Stand zu erreichen. Sie verfügten über erstaunliche Körper- und Geisteskräfte und besaßen beste Möglichkeiten, ihre Kenntnisse zu erweitern. Es wäre falsch, aufgrund ihres hohen Alters auf eine späte geistige Reife zu schließen. Das Gegenteil war der Fall, und alle, die Gott fürchteten und in Übereinstimmung mit seinem Willen lebten, nahmen trotz der Frühentwicklung ihr ganzes Leben lang noch zu an Weisheit und Erkenntnis. Könnten die fähigsten Geister unserer Zeit Menschen gleichen Alters gegenübergestellt werden, die vor der Flut lebten, würden sie ihnen an geistiger und körperlicher Stärke weit unterlegen sein. Mit der Abnahme des Lebensalters und der körperlichen Stärke verringerten sich eben auch die geistigen Kräfte. Die Leistungen jener Leute, die heutzutage zwanzig bis fünfzig Jahre lang studieren, werden von aller Welt hoch gelobt. Wie begrenzt aber ist das von ihnen Erreichte, wenn man es mit dem vergleicht, was sich die Menschen erwarben, deren geistige und körperliche Kräfte sich jahrhundertelang entwickelten! DPa.51.2 Teilen

Natürlich erfreuen sich die heutigen Menschen der Errungenschaften ihrer Vorfahren. Männer von überragendem Verstand, die geplant, geforscht und geschrieben haben, überließen der Nachwelt die Ergebnisse ihrer Arbeit. Aber wie viel mehr Vorteile hatten sie in jenen alten Zeiten, was allein das menschliche Wissen betrifft! Über Jahrhunderte sahen sie den in ihrer Mitte, der nach Gottes Bild gemacht war, den der Schöpfer selbst als „gut“ bezeichnet hatte, den Mann, den Gott persönlich in aller Weisheit bezüglich der Dinge dieser Welt unterwies. Vom Schöpfer hatte Adam die Geschichte der Schöpfung erfahren. Die Ereignisse, die sich in neun Jahrhunderten zutrugen, konnte er bezeugen und diese Kenntnisse an seine Nachkommen weitergeben. Die Menschen vor der Flut hatten weder Bücher noch geschriebene Berichte, aber bei ihrer guten körperlichen und geistigen Verfassung ein ganz hervorragendes Gedächtnis. Sie waren in der Lage, alles Mitgeteilte zu verstehen, zu behalten und es ihrerseits den Nachkommen uneingeschränkt zu überliefern. Hunderte von Jahren lebten sieben Generationen gleichzeitig auf der Erde. Wie sollten sie da nicht die Gelegenheit nutzen, einander zu beraten, Wissen und Erfahrung auszutauschen? DPa.51.3 Teilen

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Der Vorzug jener Menschen damals, Gotteserkenntnis durch seine Werke zu gewinnen, blieb bis heute unübertroffen. Es war demnach keine Zeit geistlicher Finsternis, sondern vielmehr großer Erkenntnis. Alle Menschen konnten sich von Adam unterrichten lassen, und die Gottesfürchtigen wurden dazu von Christus und den Engeln unterwiesen. Auch der Garten Gottes blieb ihnen noch jahrhundertelang ein stummer Wahrheitszeuge. An der Pforte des Paradieses, das Cherubim bewachten, offenbarte sich Gottes Herrlichkeit. Dorthin kamen die ersten Anbeter. Hier errichteten sie Altäre und brachten ihre Opfer dar wie zuvor auch Kain und Abel. Und Gott neigte sich herab, mit ihnen Umgang zu pflegen. DPa.52.1 Teilen

Solange Eden im Blickfeld der Menschen stand und der Eingang von wachsamen Engeln versperrt wurde, konnte niemand an seinem Vorhandensein zweifeln. Die Schöpfungsordnung, der Zweck des Gartens, die Geschichte der beiden Bäume, die so eng mit dem Schicksal des Menschen verbunden waren, blieben unbestrittene Tatsachen. Und solange Adam lebte, waren Gottes Dasein und höchste Autorität sowie die Verbindlichkeit seines Gesetzes Wahrheiten, die die Menschen nicht so bald in Frage stellten. DPa.52.2 Teilen

Trotz der überhandnehmenden Gottlosigkeit gab es eine Reihe frommer, edler Männer, die durch die Gemeinschaft mit Gott geadelt wurden und wie in himmlischer Vertrautheit lebten. Bei allem gediegenen Verstand und bei allen wunderbaren Kenntnissen empfanden sie es als heiligen Auftrag, durch rechtschaffene Gesinnung und gläubiges Verhalten beispielgebend zu sein — und das nicht nur für ihre Zeitgenossen, sondern auch für künftige Generationen. Die Heilige Schrift nennt nur einige der hervorragendsten Männer. Aber Gott hatte zu allen Zeiten treue Zeugen und aufrichtige Anbeter. DPa.52.3 Teilen

Von Henoch sagt die Schrift, dass er mit 65 Jahren einen Sohn zeugte. Danach „wandelte“ er noch 300 Jahre „mit Gott“. 1.Mose 5,24. Henoch liebte Gott in aller Ehrfurcht und hielt seine Gebote. Er gehörte zu der frommen Linie, die den rechten Glauben bewahrte, zu den Ahnen des verheißenen Nachkommen. Aus Adams Mund hatte er die traurige Geschichte des Falles erfahren, aber auch die tröstliche Kunde von der Vergebung, wie sie aus Gottes Verheißung zu erkennen war. Deshalb baute er auf den künftigen Erlöser. Aber nach der Geburt eines eigenen Sohnes erlebte Henoch noch etwas viel Wesentlicheres. Er trat in noch engere Beziehung zu Gott, denn er erkannte die Verpflichtungen und die Verantwortung eines Gotteskindes besser. Als er die Liebe seines Kindes erkannte und dessen argloses Vertrauen zum Schutz des Vaters sah, spürte er tiefes, zärtliches Verlangen nach diesem erstgeborenen Sohn. Da erst ging ihm die wunderbare Liebe Gottes zu den Menschen in der Hingabe seines Sohnes auf und das Vertrauen, das Kinder Gottes auf ihren himmlischen Vater setzen dürfen. Die unendliche, unergründliche Liebe Gottes durch Christus beschäftigte ihn Tag und Nacht. Und mit der ganzen Inbrunst seiner Seele versuchte er diese Liebe seiner Umwelt weiterzugeben. DPa.52.4 Teilen

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Henochs Gemeinschaft mit Gott bekundete sich weder in Verzückung noch in Gesichten, sondern in den Pflichten des Alltags. Er wurde kein Einsiedler, der sich von der Welt abschottete. Er hatte ja in der Welt eine Aufgabe für Gott zu tun. Als Ehemann und Vater, als Freund und Bürger war er im Umgang mit Menschen der standhafte Diener des Herrn. DPa.53.1 Teilen

Er lebte in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes, denn „können etwa zwei miteinander wandern, sie seien denn einig untereinander?“ Amos 3,3. Und dieser fromme Lebenswandel dauerte 300 Jahre. Viele Christen wären wohl ernster und frömmer, wenn sie wüssten, dass sie nur noch kurze Zeit zu leben hätten, oder dass die Wiederkunft Christi vor der Tür stünde. Aber Henochs Glaube wurde im Laufe der Zeit nur um so stärker und seine Liebe inniger. DPa.53.2 Teilen

Henoch war ein Mann mit scharfem Verstand und umfassendem Wissen, also hochgebildet. Gott zeichnete ihn auch durch besondere Offenbarungen aus. Und doch blieb er einer der demütigsten Menschen, während er in dauernder Gemeinschaft mit dem Himmel lebte und sich das Gefühl für Gottes Größe und Vollkommenheit bewahrte. Je enger die Verbindung mit Gott war, desto stärker empfand er seine Schwachheit und Unvollkommenheit. DPa.53.3 Teilen

Betrübt wegen der überhandnehmenden Bosheit der Gottlosen und aus Sorge, ihr Unglaube könnte seine Ehrfurcht mindern, vermied Henoch den ständigen Umgang mit ihnen. Er verbrachte viel Zeit in der Einsamkeit mit stillen Betrachtungen und Gebet. So wartete er vor dem Herrn und suchte nach einer klaren Erkenntnis seines Willens. Für ihn war Gebet das Atmen der Seele. Er lebte ganz unter dem himmlischen Einfluss. Durch heilige Engel offenbarte Gott Henoch seine Absicht, die Welt durch eine Flut zu vernichten. Er eröffnete ihm auch den Erlösungsplan noch umfassender. Durch den Geist der Weissagung führte er ihn durch die Generationen, die nach der Flut leben würden, und zeigte ihm die bedeutenden Ereignisse, die in Verbindung mit dem zweiten Kommen Christi und dem Ende der Welt geschehen werden. DPa.53.4 Teilen

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Was Henoch beschäftigte, war das Schicksal der Toten. Es schien ihm, als ob Gute wie Böse in gleicher Weise wieder zu Staub würden und damit für sie alles vorbei sei. Das Leben der Gerechten jenseits des Grabes war ihm verborgen. In prophetischer Schau erhielt er Unterweisung über den Tod Christi, und er sah ihn kommen in Herrlichkeit, begleitet von allen heiligen Engeln, um sein Volk aus dem Grab zu befreien. Er sah auch den verderbten Zustand der Welt zurzeit der Wiederkunft Christi, das überhebliche, vermessene, eigenwillige Geschlecht jener Tage, das den einen Gott und den Herrn Jesus Christus nicht anerkennt, das Gesetz mit Füßen tritt und die Versöhnung verachtet. Er sah, wie die Gerechten mit Ruhm und Ehre gekrönt und wie die Bösen aus Gottes Gegenwart verbannt und mit Feuer vernichtet wurden. DPa.54.1 Teilen

Henoch wurde ein Prediger der Gerechtigkeit und verkündigte den Menschen, was Gott ihm offenbart hatte. Die Gottesfürchtigen suchten diesen frommen Mann auf, um sich belehren zu lassen und mit ihm zu beten. Er arbeitete auch in der Öffentlichkeit, um Gottes Botschaft allen zugänglich zu machen, die sich warnen lassen wollten. Dabei beschränkten sich seine Bemühungen aber nicht auf die Sethiten. Auch in dem Land, in das Kain vor Gottes Gegenwart zu fliehen versuchte, verkündete der Prophet Gottes die wunderbaren Ereignisse, die ihm im Gesicht gezeigt worden waren. „Siehe“, so sagte er, „der Herr kommt mit viel tausend Heiligen, Gericht zu halten über alle und zu strafen alle Gottlosen für alle Werke ihres gottlosen Wandels.“ Judas 14.15. DPa.54.2 Teilen

Furchtlos tadelte er seine Zeitgenossen wegen ihrer Sünden. So predigte er ihnen die Liebe Gottes in Christus und ermahnte sie, ihre bösen Wege doch aufzugeben. Andererseits tadelte er die herrschende Ungerechtigkeit und warnte seine Zeitgenossen vor dem Gericht, das die Übertreter ganz sicher heimsuchen würde. Aus Henoch sprach der Geist Christi, der sich aber nicht nur in Liebe, Mitleid und dringenden Bitten äußerte. Die frommen Männer führen nicht nur milde Reden; vielmehr legt Gott seinen Boten Wahrheiten in Herz und Mund, die scharf und durchdringend sind wie ein zweischneidiges Schwert. DPa.54.3 Teilen

Henochs Zuhörer verspürten wohl die Kraft Gottes, die aus ihm sprach. Einige ließen sich auch warnen und gaben ihre Sünden auf. Aber die große Menge verspottete ihn und ging nur um so dreister böse Wege. In den letzten Tagen haben die Diener Gottes der Welt eine ähnliche Botschaft zu bringen, und auch sie wird mit Unglauben und Spott aufgenommen werden. Wie die Menschheit vor der Sintflut, so wird auch das letzte Geschlecht die Warnungen der Boten Gottes zu leicht nehmen. Mitten in einem Leben rastloser Arbeit hielt Henoch unverwandt an der Gemeinschaft mit Gott fest. Je stärker und nachhaltiger seine Anstrengungen wurden, desto ernstlicher betete er. Hin und wieder schloss er sich von aller Geselligkeit aus. Denn wenn er eine Zeitlang unter den Menschen war und mit Unterweisung und gutem Beispiel ihnen zum Segen gewirkt hatte, hungerte und dürstete ihn nach jener Erkenntnis, die nur Gott gewähren kann. Um sie zu erhalten, zog er sich zuweilen zurück. Nach Zeiten solcher inneren Gemeinschaft spiegelte Henoch mehr und mehr das Bild Gottes wider. Sein Angesicht war verklärt von heiligem Licht, wie es aus Jesu Antlitz leuchtete. Wenn er von diesen Begegnungen mit Gott zurückkehrte, nahmen selbst die Gottlosen den Abglanz des Himmels mit Ehrfurcht an ihm wahr. DPa.54.4 Teilen

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Die Bosheit der Menschen hatte nun solches Ausmaß angenommen, dass Gott die Vernichtung über sie aussprach. Jahr für Jahr wurde der Strom menschlicher Schuld breiter und tiefer, und die Wolken des göttlichen Gerichts ballten sich immer bedrohlicher zusammen. Der Glaubenszeuge Henoch warnte und bat unentwegt. Er mühte sich, den Strom der Schuld einzudämmen und damit die Strafe abzuwenden. Das sündige, vergnügungssüchtige Volk hörte zwar nicht auf ihn, doch wusste er, dass Gott seine Arbeit guthieß. Deshalb kämpfte er gewissenhaft weiter gegen das überhandnehmende Übel, bis Gott ihn aus dieser sündigen Welt in die reinen Freuden des Himmels aufnahm. DPa.55.1 Teilen

Henochs Zeitgenossen verspotteten ihn, weil er so töricht war, keinen Wert auf Gold und Silber oder irdischen Besitz zu legen. Aber sein Herz richtete sich auf ewige Schätze. Er schaute auf die himmlische Stadt, denn er hatte den König von Zion inmitten seiner Herrlichkeit gesehen. Er war mit seinen Gedanken, Gefühlen und Verrichtungen bei ewigen Dingen. Und je größer die Ungerechtigkeit wurde, desto sehnlicher verlangte ihn nach der himmlischen Heimat. Obwohl noch auf Erden, wohnte er im Glauben schon im Reich des Lichts. DPa.55.2 Teilen

„Selig sind, die reines Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.“ Matthäus 5,8. Diese Reinheit der Seele, die Übereinstimmung mit dem Himmel erstrebte Henoch 300 Jahre lang. In dieser Weise wandelte er mit Gott. Tag für Tag sehnte er sich nach einer engeren Verbindung mit ihm. Immer vertrauter war ihre Gemeinschaft geworden, bis Gott ihn zu sich nahm. Henoch hatte schon an der Schwelle zur Ewigkeit gestanden; nur ein Schritt lag zwischen ihm und dem Land der Glückseligkeit. Und nun trat er als erster der Menschen durch die ihm geöffneten Tore der heiligen Stadt, um dort, wie schon auf Erden, mit Gott zu wandeln. DPa.55.3 Teilen

Sein Fehlen machte sich auf Erden bemerkbar. Man vermisste die Stimme, die Tag für Tag gewarnt und gelehrt hatte. Einzelne Gerechte und auch einige Böse hatten sein Weggehen miterlebt. In der Hoffnung, ihn an einem der Plätze zu finden, wohin er sich gern zurückzog, suchten seine Freunde nach ihm. In ähnlicher Weise forschten später die Prophetenkinder nach Elia — aber vergeblich. Sie berichteten, er sei nirgends zu finden, Gott hatte ihn hinweggenommen. DPa.55.4 Teilen

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Durch Henochs Entrückung wollte Gott vielen eine wichtige Lehre erteilen. Nicht wenige standen nämlich in der Gefahr, wegen der furchtbaren Folgen der Sünde Adams mutlos zu werden. Sie fragten sich: „Was nützt es, den Herrn gefürchtet und seinen Geboten gehorcht zu haben, wenn ein schwerer Fluch auf der Menschheit ruht und der Tod unser aller Schicksal ist?“ Aber die Unterweisungen, die Gott Adam gegeben, Seth wiederholt und Henoch bestätigt hatte, bannten Dunkelheit und Finsternis. Sie gaben dem Menschen die Hoffnung, dass, wie durch Adam der Tod gekommen war, durch den verheißenen Erlöser Leben und Unsterblichkeit kommen würden. Der Widersacher verführte die Menschen zu dem Glauben, es gäbe weder Lohn für die Gerechten noch Strafe für die Bösen, und es sei dem Menschen unmöglich, Gottes Gebote zu halten. Aber im Falle Henochs sagte Gott von sich, „dass er sei und denen, die ihn suchen, ein Vergelter sein werde“. Hebräer 11,6. Er zeigte dadurch, wie er mit denen umgehen werde, die seine Gebote halten. Henoch lehrte die Menschen, dass es wohl möglich ist, dem Gesetz Gottes zu gehorchen. Selbst unter Sündern und Unreinen könnten sie durch Gottes Gnade der Versuchung widerstehen und rein und fromm bleiben. Sie sahen an seinem Beispiel, wie gesegnet solch ein Leben war. Seine Entrückung bewies die Wahrheit seiner Prophezeiung sowohl über das künftige Leben in Freude, Herrlichkeit und Unsterblichkeit als Lohn für die Gehorsamen als auch über die Verdammnis, das Elend und den Tod für die Übeltäter. DPa.56.1 Teilen

„Durch den Glauben wurde Henoch entrückt, damit er den Tod nicht sehe, ... denn vor seiner Entrückung ist ihm bezeugt worden, dass er Gott gefallen habe.“ Hebräer 11,5. Inmitten einer gottlosen, zum Untergang verurteilten Welt lebte er in solch enger Gemeinschaft mit Gott, dass der Herr ihn nicht unter die Macht des Todes kommen ließ. Das gottähnliche Dasein dieses Propheten verkörpert jenen Zustand der Heiligkeit, den alle erreichen müssen, die bei Christi Wiederkunft „erkauft sind von der Erde“. Offenbarung 14,3. DPa.56.2 Teilen

Wie vor der Sintflut wird die Ungerechtigkeit überhandnehmen. Die Menschen werden den Eingebungen ihrer verderbten Herzen und den Lehren trügerischer Philosophie folgen und sich gegen die Autorität des Himmels auflehnen. Aber wie Henoch werden die Kinder Gottes nach Herzensreinheit und Übereinstimmung mit Gottes Willen streben, bis sie das Bild Christi widerspiegeln. Sie werden die Welt vor der Wiederkunft des Herrn und vor dem Gericht warnen, das die Übertreter treffen wird. Durch ihr vorbildliches, geheiligtes Verhalten werden sie die Sünden der Gottlosen verurteilen. Wie Henoch in den Himmel entrückt wurde, ehe die Welt in den Fluten unterging, so sollen die lebenden Gerechten von der Erde aufgenommen werden, bevor sie durch Feuer vernichtet wird. Der Apostel sagt: „Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden; und dasselbe plötzlich, in einem Augenblick, zurzeit der letzten Posaune.“ 1.Korinther 15,51.52. — „Denn er selbst, der Herr, wird mit befehlendem Wort, mit der Stimme des Erzengels und mit der Posaune Gottes herniederkommen vom Himmel.“ 1.Thessalonicher 4,16. — „Denn es wird die Posaune erschallen, und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden.“ 1.Korinther 15,52. — „Die Toten in Christus werden auferstehen zuerst. Danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden auf den Wolken in die Luft, dem Herrn entgegen; und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit. So tröstet euch nun mit diesen Worten untereinander.“ 1.Thessalonicher 4,16-18. DPa.56.3 Teilen

Kapitel 7: Die Sintflut
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Auf Grundlage von 1.Mose 6 und 7. DPa.58 Teilen

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Durch Adams Übertretung und Kains Mord ruhte in den Tagen Noahs ein doppelter Fluch auf der Erde. Doch hatte sich die Natur nicht viel verändert. Es gab zwar deutliche Zeichen des Verfalls, aber die Erde war noch immer schön und durch die göttliche Fürsorge reich an Gaben. Die Berge waren mit majestätischen Bäumen gekrönt, die fruchtbeladenen Zweige des Weinstocks mussten gestützt werden. Die grünen, gartenähnlichen Ebenen waren mit Tausenden von Blumen bedeckt, die ihren süßen Duft verströmten. Vielerlei Arten Früchte wuchsen in unbegrenzten Mengen. Die Bäume übertrafen die heutigen Arten an Größe, Schönheit und vollkommenem Ebenmaß. Ihr Holz war fein gemasert, dabei fast so hart und dauerhaft wie Stein. Gold, Silber und Edelsteine gab es im Überfluss. DPa.59.1 Teilen

Das Menschengeschlecht hatte sich noch viel von seiner ursprünglichen Kraft bewahrt. Es waren ja nur wenige Generationen vorübergegangen, seit Adam noch Zugang zum Lebensbaum gehabt hatte. Ihre Lebenszeit zählte nach Jahrhunderten. Hätten jene langlebigen Menschen ihre ungewöhnlichen Gaben dem Dienst Gottes geweiht, dann würden sie den Schöpfer auf Erden damit verherrlicht und auf diese Weise ihren Lebenszweck erfüllt haben. Aber das taten sie nicht. Es gab damals viele riesenhaft große, starke Menschen, berühmt durch ihre Weisheit, überaus begabte Erfinder. Aber ihre geistigen Fähigkeiten und ihr sonstiges Geschick waren mindestens ebenso groß wie ihre Schuld, die sie durch allzu williges Nachgeben der Sünde gegenüber auf sich luden. DPa.59.2 Teilen

Gott hatte diesen vorsintflutlichen Menschen viele großartige Gaben verliehen, aber sie benutzten sie zum Eigenruhm und verwandelten sie dadurch in Fluch. Ihre Neigungen galten den Gaben statt dem Geber. Sie verwendeten Gold und Silber, Edelsteine und erlesene Hölzer zum Bau ihrer Wohnungen und versuchten dabei, sich in der Verschönerung ihrer Häuser durch ausgesuchte Kunstfertigkeit gegenseitig zu überbieten. Nur darauf bedacht, die Wünsche ihres stolzen Ichs zu befriedigen, vergnügungssüchtig und lasterhaft, wollten sie Gott nicht im Gedächtnis behalten und kamen bald dahin, sein Dasein zu leugnen. Statt den Schöpfer anzubeten, verehrten sie die Schöpfung. Sie verherrlichten den menschlichen Genius und beteten an, was sie mit eigenen Händen geschaffen hatten. Dazu lehrten sie ihre Kinder, sich vor geschnitzten Bildern zu beugen. DPa.59.3 Teilen

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Auf den grünen Feldern und unter dem Schatten prächtiger Bäume errichteten sie ihre Götzenaltäre. Ausgedehnte Haine, die das ganze Jahr hindurch grünten, wurden fremden Göttern geweiht. Zu diesen Wäldern gehörten prachtvolle Anlagen, an deren verschlungenen Pfaden reichbeladene Obstbäume, geschmückt mit Statuen, alles boten, was die Sinne erfreuen, aber auch aufreizen und dazu verlocken konnte, am Götzendienst teilzunehmen. DPa.60.1 Teilen

Die Menschen wandten sich ab von Gott und beteten Geschöpfe ihrer eigener Phantasie an. Die Folge davon war, dass sie immer tiefer sanken. Der Psalmist beschreibt diese Auswirkungen der Götzendienerei folgendermaßen: „Die solche Götzen machen, sind ihnen gleich, alle, die auf sie hoffen.“ Psalm 115,8. Es ist ein Gesetz des menschlichen Geistes: Durch Anschauen werden wir verwandelt. Der Mensch wird nicht höher steigen, als seine Wahrheitsbegriffe und Vorstellungen von Reinheit und Heiligkeit sind. Wenn der Geist sich niemals über das rein Menschliche hinaus zur gläubigen Betrachtung der unendlichen Weisheit und Liebe emporheben lässt, wird er ständig tiefer sinken. Die Anbeter falscher Götter bekleideten ihre Gottheiten mit menschlichen Eigenschaften und Schwächen und stellten sie dadurch auf die Stufe der eigenen Sündhaftigkeit. Das aber hatte ihre Verderbnis zur Folge. „Aber der Herr sah, dass der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar. ... Aber die Erde war verderbt vor Gottes Augen und voller Frevel.“ 1.Mose 6,5.11. Gott hatte den Menschen seine Gebote zur Grundlage ihres Lebens gegeben, aber sie übertraten sie und verfielen darum in jede nur denkbare Sünde. Die Gottlosigkeit war geradezu herausfordernd. Die Gerechtigkeit wurde in den Staub getreten, und die Schreie der Unterdrückten stiegen zum Himmel empor. DPa.60.2 Teilen

Entgegen der göttlichen Lebensordnung bei der Schöpfung wurde schon bald die Vielehe eingeführt. Der Herr gab Adam eine Frau und zeigte ihm damit seinen Willen. Aber nach dem Fall gingen die Menschen ihre eigenen sündhaften Wege, denen rasch Verbrechen und Elend folgten. Man achtete weder die Ehe noch das Eigentumsrecht des anderen. Wen immer nach der Frau oder den Besitztümern seines Nachbarn gelüstete, der nahm sie mit Gewalt und triumphierte noch über seine brutalen Taten. Sie fanden Vergnügen am Erlegen von Tieren, und der viele Fleischgenuss machte sie grausam und blutdürstig, bis sie auch das Menschenleben erstaunlich gleichgültig behandelten. DPa.60.3 Teilen

Die Menschheitsgeschichte hatte kaum begonnen, und schon hatte sich die Bosheit so weit ausgebreitet, dass Gott sie nicht länger ertragen konnte. Er sprach: „Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, vertilgen von der Erde.“ 1.Mose 6,7; [Anmerkung 2]. Sein Geist würde, wie er erklärte, sich nicht länger um die Schuldiggewordenen mühen. Wenn sie nicht aufhörten, die Erde mit ihren reichen Schätzen durch ihr sündhaftes Leben zu entweihen, würde er sie aus seiner Schöpfung tilgen und alles vernichten, womit er sie zu ihrer Freude gesegnet hatte. Dann wollte er auch die Tiere des Feldes samt den Pflanzen, die in überreicher Fülle Nahrung boten, beseitigen und die schöne Erde verwüsten und zerstören. DPa.60.4 Teilen

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Inmitten der überhandnehmenden Verderbnis bemühten sich Methusalah, Noah und viele andere, die Erkenntnis des wahren Gottes lebendig zu erhalten, und stemmten sich der Unsittlichkeit entgegen. Schon 120 Jahre vor der Flut ließ der Herr Noah durch einen heiligen Engel seine Absicht wissen und wies ihn an, eine Arche zu bauen. Während dieser Bauzeit sollte er predigen, dass Gott eine Wasserflut über die Erde bringen werde, um die Gottlosen zu vernichten. Wer dieser Botschaft glaubte und sich durch Reue und Sinnesänderung darauf vorbereitete, sollte Vergebung finden und gerettet werden. Henoch wiederholte seinen Kindern, was Gott ihm über die Sintflut offenbart hatte, und auch Methusalah und seine Söhne hörten Noahs Predigt noch und halfen mit beim Bau der Arche. DPa.61.1 Teilen

Gott gab Noah die genauen Maße der Arche und ganz bestimmte und spezielle Anweisungen über ihren Bau. Keine menschliche Weisheit hätte ein Schiff von solcher Festigkeit und Dauerhaftigkeit ausdenken können. Gott entwarf den Plan, und Noah führte ihn dann aus. Der Rumpf der Arche ähnelte einem Schiff, damit sie auf dem Wasser schwimmen konnte, aber sonst glich sie mehr einem Haus. Sie war drei Stockwerke hoch, hatte aber seitlich nur eine Tür. Das Licht schien von oben herein, und die verschiedenen Abteilungen waren so angeordnet, dass alle hell waren. Das Baumaterial der Arche war Zypressen- oder Gopherholz, das jahrhundertelang der Fäulnis widerstand. Die Herstellung dieses riesigen Baues war mühevoll und ging langsam voran. In Anbetracht der riesigen Bäume und der Härte des Holzes kostete das wesentlich mehr Anstrengung als die heutige Bauholzverarbeitung, selbst wenn man die größere Kraft berücksichtigt, die die Menschen damals besaßen. Alles, was Menschen tun konnten, geschah, um das Werk vollkommen sicher zu machen. Doch hätte die Arche dem Sturm, der über die Erde kommen sollte, nicht von sich aus widerstehen können. Gott selbst bewahrte seine Diener auf den stürmischen Gewässern. DPa.61.2 Teilen

„Durch den Glauben hat Noah Gott geehrt und die Arche gebaut zur Rettung seines Hauses, als er ein göttliches Wort empfing über das, was man noch nicht sah; durch seinen Glauben sprach er der Welt das Urteil und hat ererbt die Gerechtigkeit, die durch den Glauben kommt.“ Hebräer 11,7. Während Noah der Welt unentwegt seine Warnungsbotschaft verkündete, bewies er zugleich, seine Aufrichtigkeit mit der Tat. Dadurch wurde sein Glaube vollendet und erkennbar gemacht. Er gab der Welt ein Beispiel dafür, dass er fest glaubte, was Gott sagt. Alles, was er besaß, verwendete er für die Arche. Als er anfing, das riesige Schiff auf trockenem Boden zu bauen, kamen ganze Scharen von überall herbei, um das seltsame Geschehen zu beobachten und die ernsten, eindringlichen Worte dieses Predigers zu hören. Jeder Hammerschlag an der Arche war für die Leute ein Zeugnis. DPa.61.3 Teilen

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Zuerst schienen viele die Warnung zu beherzigen, doch sie bekehrten sich nicht aufrichtig. Sie wollten ihre Sünden nicht aufgeben. In der Zeit bis zum Kommen der Flut wurde ihr Glaube auf die Probe gestellt, aber sie bestanden die Prüfung nicht. Von dem herrschenden Unglauben überwunden, wandten sie sich schließlich wieder ihren ehemaligen Freunden zu und lehnten wie diese fortan die ernste Botschaft ab. Einzelne waren fest davon überzeugt und hätten die warnenden Worte wohl beachtet, aber es gab so viele, die darüber höhnten und spotteten, dass sie sich ihnen wieder anschlossen. Sie widerstrebten der Gnadeneinladung und waren schon bald unter den herausforderndsten Spöttern zu finden. Denn niemand ist so unbekümmert und verfällt der Sünde so sehr, wie diejenigen, die einmal Erkenntnis hatten, aber dem überführenden Geist Gottes widerstanden. DPa.62.1 Teilen

Die Menschen jener Generation waren nicht alle Götzendiener im eigentlichen Sinne des Wortes. Viele von ihnen bekannten sich sogar zu den Anbetern Gottes. Sie behaupteten, dass ihre Götzenbilder Darstellungen Gottes seien, durch die dem Volk eine klarere Vorstellung des göttlichen Wesens vermittelt werden könnte. Aber gerade diese Leute verwarfen Noahs Predigt zuerst. In dem Bemühen, Gott sinnlich wahrnehmbar darzustellen, wurden sie seiner Macht und Majestät gegenüber blind. Sie begriffen weder seine Heiligkeit noch die Unwandelbarkeit seiner Gebote. Weil sie so allgemein verbreitet war, verlor die Sünde immer mehr an Gewicht. Schließlich erklärte man, das Gesetz Gottes sei nicht mehr in Kraft, denn es widerspräche seinem Wesen, Übertretung zu bestrafen. Sie bestritten, dass die Erde je von göttlichen Strafgerichten heimgesucht würde. Wollten sie dem Gesetz Gottes gehorchen, dann hätten sie seine Stimme aus der Warnungsbotschaft Noahs gehört. Aber die Zurückweisung von Erkenntnis hatte sie so blind gemacht, dass sie Noahs Botschaft für eine Täuschung hielten. DPa.62.2 Teilen

Auf der Seite dieses Gerechten standen wenige. Die Welt stemmte sich gegen Gottes Gerechtigkeit und sein Gesetz. Man sah in Noah nur einen Fanatiker. Als Satan Eva zum Ungehorsam gegen Gott zu verleiten suchte, sagte er zu ihr: „Ihr werdet bestimmt nicht sterben.“ 1.Mose 3,4 (GN). Welterfahrene, kluge Männer wiederholten nun dasselbe: „Gottes Drohungen haben nur den Zweck der Einschüchterung und werden sich nie als wahr erweisen. Niemand lasse sich beunruhigen. Ein Ereignis wie die Zerstörung der Welt durch den Gott, der sie geschaffen hat, und die Bestrafung der Geschöpfe, die er ins Leben rief, wird nie stattfinden. Beunruhigt und ängstigt euch deshalb nicht! Noah ist ein großer Fanatiker.“ So machten sie sich über die Torheit des scheinbar irregeführten alten Mannes lustig. Anstatt ihr Herz vor Gott zu beugen, lebten sie in ihrem Ungehorsam und ihrer Bosheit weiter, als ob Gott niemals durch seinen Diener zu ihnen gesprochen hätte. DPa.62.3 Teilen

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Aber Noah stand wie ein Fels im Sturm. Obwohl er von Verachtung und Spott umgeben war, unterschied er sich von seinen Zeitgenossen durch seine Redlichkeit und unerschütterlichen Treue. Kraft erfüllte seine Worte, denn aus ihm sprach die Stimme Gottes. Seine enge Verbindung zu Gott gab ihm die Kraft des Himmels, 120 Jahre lang ein Ereignis anzukündigen, das nach damaligem menschlichem Erkenntnisstand unmöglich eintreten konnte. DPa.63.1 Teilen

Die vor der Sintflut lebenden Menschen beriefen sich darauf, dass die Naturgesetze jahrhundertelang unverändert geblieben und die Jahreszeiten regelmäßig wiedergekehrt wären. Noch nie hatte es geregnet. Nur Nebel oder Tau feuchteten die Erde. Die Flüsse waren bis dahin nie über die Ufer getreten, sie hatten ihre Wasser sicher zum Meer geführt. Feste Naturgesetze hielten die Gewässer vom Überfluten ihrer Ufer zurück. Aber diese kritischen Denker sahen darin nicht die Hand Gottes, der gesagt hatte: „Bis hierher sollst du kommen und nicht weiter.“ Hiob 38,11. DPa.63.2 Teilen

Als die Zeit verging, ohne dass sich in der Natur etwas änderte, beruhigten sich auch jene Leute wieder, die zu gewissen Zeiten angsterfüllt gewesen waren. Wie viele heute waren sie der Ansicht, die Natur stehe über dem Schöpfer, und ihre Gesetzmäßigkeit sei so fest gegründet, dass auch Gott selbst sie nicht ändern könne. Wenn Noahs Botschaft stimmte, dann müsste die Natur aus ihrem Gleichgewicht geraten, und damit wurde jene Ankündigung in den Augen der Menschen zu einer riesigen Täuschung. Sie verachteten Gottes Warnung und bezeugten dies, indem sie nun erst recht so weiterlebten wie vorher. Sie feierten nach wie vor ihre Feste mit schwelgerischen Gelagen. Sie aßen und tranken, pflanzten und bauten, planten neue Gewinne für die Zukunft und steigerten sich in unbekümmerte Bosheit und trotzige Missachtung der Gebote Gottes hinein, um ihre Furchtlosigkeit gegenüber dem Allmächtigen zu beweisen. Sie behaupteten, wenn an Noahs Verkündigung etwas Wahres wäre, dann wüssten die Gelehrten, die Klugen und Weisen etwas darüber. DPa.63.3 Teilen

Hätten die vor der Sintflut Lebenden der Warnung geglaubt und ihr böses Tun bereut, dann würde der Herr seinen Zorn genauso abgewendet haben wie bei Ninive. Aber weil sie gegen besseres Wissen handelte und gegen die Warnungen des Propheten hartnäckig Widerstand leistete, machte jene Generation das Maß ihrer Ungerechtigkeit voll und wurde reif für die Vernichtung. Die Zeit der Bewährung ging ihrem Ende zu. Noah hatte Gottes Anweisungen treu befolgt. Die Arche war in jeder Beziehung so, wie der Herr es geboten hatte. Nahrung für Menschen und Vieh war darin vorhanden. Und nun richtete der Diener Gottes seinen letzten ernsten Aufruf an das Volk. Mit verzweifeltem Verlangen, das Worte nicht auszudrücken vermögen, forderte er es auf, die rettende Arche aufzusuchen, solange es noch möglich wäre. Doch die Leute lehnten eine Einladung ab und begannen laut zu höhnen und zu spotten. Aber plötzlich wurde die Menge still. Tiere aller Art, die wildesten wie die zahmsten, kamen von den Bergen und aus den Wäldern und schlugen ruhig den Weg zur Arche ein. Dann hörte man ein Rauschen wie vom Wind, und siehe, Vogelschwärme kamen aus allen Richtungen herbei, verdunkelten mit ihrer Anzahl den Himmel und flogen in vollkommener Ordnung zur Arche. Die Menschen waren ungehorsam, aber die Tiere gehorchten dem Befehl Gottes. Wie von Engeln geführt, „gingen sie zu ihm [Noah] in die Arche paarweise“ (1.Mose 7,9), die reinen Tiere sogar zu sieben Paaren. Die Umstehenden sahen es teils mit Erstaunen, teils mit Furcht. Sie wandten sich an ihre Gelehrten, das einzigartige Geschehen zu erklären — vergeblich. Es war ein Geheimnis, das sich nicht ergründen ließ. Aber die Menschen waren durch ihren beharrlichen Widerstand gegen die Erkenntnis Gottes derart verhärtet, dass selbst dieses Ereignis nur vorübergehend Eindruck machte. Als dieses gerichtsreife Volk die Sonne wie eh und je in ihrem Glanze leuchten sah, und die Erde sich ihm in nahezu paradiesischer Schönheit darbot, vertrieb es seine aufkeimende Furcht durch lärmende Ausgelassenheit. Es schien ganz so, als forderten sie durch ihre Übeltaten die Heimsuchung des schon erwachten göttlichen Zorns geradezu heraus. DPa.63.4 Teilen

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„Und der HERR sprach zu Noah: Geh in die Arche, du und dein ganzes Haus; denn dich habe ich gerecht erfunden vor mir zu dieser Zeit.“ 1.Mose 7,1. Die Welt hatte Noahs Warnungen verworfen, aber sein Einfluss und Beispiel wurde seiner Familie zum Segen. Als Lohn für seine Treue und Rechtschaffenheit rettete Gott alle Familienglieder mit ihm. Welche Ermutigung für Eltern, treu zu sein! DPa.64.1 Teilen

Die Gnadenzeit für die Schuldigen war vorbei. Die Tiere des Feldes und die Vögel hatten ihre Zuflucht gefunden. Auch Noah und seine Angehörigen waren in der Arche, „und der HERR schloss hinter ihm zu“. 1.Mose 7,16. Ein blendender Lichtstrahl und eine Wolke von Herrlichkeit, womöglich noch heller als der Blitz, kam vom Himmel herab und schwebte vor dem Eingang der Arche. Die schwere Tür, die niemand drinnen bewegen konnte, wurde von unsichtbaren Händen langsam geschlossen. Noah war in Sicherheit; aber alle, die Gottes Gnade verworfen hatten, waren damit ausgeschlossen. Auf jener Tür lag nun das Siegel des Himmels. Gott hatte sie verschlossen, und er allein konnte sie auch wieder öffnen. Wenn Christus sein Amt als Fürsprecher für die sündige Menschheit beenden wird, bevor er in den Wolken des Himmels kommt, wird sich ebenfalls eine Gnadentür schließen. Dann wird Gottes Barmherzigkeit nicht länger an den Bösen wirken können und Satan über alle, die diese Gnade ablehnten, uneingeschränkte Macht ausüben. Sie werden versuchen, Gottes Volk zu vernichten. Aber wie Noah in der Arche eingeschlossen war, so werden die Gerechten von Gottes schützender Macht umgeben sein. DPa.64.2 Teilen

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Sieben Tage lang waren Noah und seine Familie schon in der Arche, und noch war kein Anzeichen des kommenden Sturmes zu sehen. Das war eine Zeit der Glaubensprüfung für sie, für die Draußenstehenden dagegen eine Zeit des Triumphes. Die scheinbare Verzögerung bestätigte die Menschen in der Auffassung, dass Noahs Botschaft ein Irrtum war. Niemals würde eine Flut kommen. Trotz der ernsten Ereignisse, deren Zeugen sie geworden waren — der Eingang der Tiere und Vögel in die Arche und das Verschließen der Tür durch den Engel Gottes —, belustigten sie sich weiter und machten sogar ihre Scherze über diese außergewöhnlichen Offenbarungen der Macht Gottes. In Scharen versammelten sie sich um die Arche und verlachten ihre Bewohner so dreist, wie sie das bisher nicht getan hatten. DPa.65.1 Teilen

Aber am achten Tag zogen dunkle Wolken am Himmel auf. Grollender Donner und zuckende Blitze folgten. Bald fielen große Regentropfen. Derartiges hatten die Leute noch nie gesehen, und große Angst erfüllte sie. Alle fragten sich insgeheim: „Könnte es doch sein, dass Noah recht hatte und die Welt zum Untergang verdammt ist?“ Der Himmel wurde immer dunkler, und der Regen fiel dichter. In panischem Schrecken jagten die Tiere umher. Ihr misstönendes Gebrüll schien eine Klage über ihr Los und das Schicksal der Menschen zu sein. Dann aber „brachen alle Brunnen der großen Tiefe auf und taten sich die Fenster des Himmels auf“. 1.Mose 7,11. Wolkenbruchartig stürzte das Wasser herab. Flüsse traten aus ihren Ufern und überschwemmten die Täler. Wasserstrahlen brachen mit unbeschreiblicher Gewalt aus der Erde und schleuderten Felsbrocken hoch in die Luft, die sich im Sturz tief in die Erde bohrten. DPa.65.2 Teilen

Als erstes sahen die Menschen die Zerstörung der eigenen Werke. Ihre prachtvollen Häuser, die wunderschönen Gärten und Haine, in denen die Götzenbilder standen, alles wurde durch Blitze zerstört. Die Trümmer wurden weit umher geschleudert. Die Altäre, auf denen sie Menschenopfer dargebracht hatten, wurden niedergerissen. Die Macht des lebendigen Gottes ließ die Götzenanbeter zittern und erkennen, dass ihre Verderbtheit und Abgötterei diese Vernichtung verursacht hatte. DPa.65.3 Teilen

Als die Gewalt des Sturmes zunahm, wurden Bäume, Häuser, Felsen und Erde durcheinandergewirbelt. Der Schrecken von Menschen und Tieren war unbeschreiblich. Das Wehklagen derer, die Gottes Autorität verachtet hatten, übertönte noch das Heulen des Sturmes. Satan selbst, der gezwungen war, inmitten der tobenden Elemente zu bleiben, fürchtete selbst um seine eigene Existenz. Es hatte ihm Vergnügen bereitet, so mächtige Wesen zu beherrschen, und er wünschte, dass sie weiterlebten, um ihre Gräueltaten auszuführen und ihre Rebellion gegen den Herrscher des Himmels fortzusetzen. Er verwünschte Gott und klagte ihn der Ungerechtigkeit und Grausamkeit an. Wie dieser lästerten auch viele Leute Gott, und wenn es möglich gewesen wäre, würden sie ihn von seinem Thron herabgerissen haben. Andere waren irrsinnig vor Angst, sie streckten ihre Hände nach der Arche aus und flehten um Einlass. Aber es war vergeblich. Schließlich erwachte ihr Gewissen, und sie erkannten, dass es einen Gott im Himmel gibt. Nun riefen sie ihn ernstlich an, aber sein Ohr war ihrem Schreien verschlossen. In jener schrecklichen Stunde begriffen sie, dass die Übertretung des göttlichen Gesetzes ihren Untergang herbeigeführt hatte. Doch während sie aus Furcht vor Strafe ihre Sünden bekannten, empfanden sie keine wahre Reue und keine Abscheu vor dem Bösen. Hätte Gott jetzt das Strafgericht abgewendet, würden sie den Himmel erneut herausgefordert haben. Ebenso werden auch die Unbußfertigen bei dem Gottesgericht, das die Erde vor der Vernichtung durch Feuer heimsuchen wird, genau wissen, worin ihre Sünde bestand, nämlich in der Verachtung des Gesetzes Gottes. Aber sie werden nicht mehr echte Reue empfinden als die Sünder der alten Welt. DPa.65.4 Teilen

66

Einige versuchten verzweifelt, mit Gewalt in die Arche einzudringen, aber der feste Bau widerstand jeder Anstrengung. Einige klammerten sich daran, bis die brandenden Wogen sie fortschwemmten, oder sie durch den Zusammenprall mit Steinen und Bäumen den Halt verloren. Sogar die schwere Arche zitterte in allen Fugen, als der unbarmherzige Sturm sie schüttelte und von Welle zu Welle trieb. Auch die Schreie der Tiere in der Arche verrieten deren Angst. Aber inmitten der tobenden Elemente fuhr sie sicher weiter. Starke Engel hatten den Auftrag, sie zu schützen. DPa.66.1 Teilen

Die Tiere drängten sich um die Menschen, als ob sie von ihnen Hilfe erwarteten. Manche banden ihre Kinder und sich selbst auf starke Tiere, wussten sie doch, dass diese ein zähes Leben haben und vor den steigenden Wassern auf die Berge klettern würden. Andere klammerten sich an hohe Bäume auf Berggipfeln. Aber diese Bäume wurden auch entwurzelt und mit ihrer lebenden Last in die schäumenden Wogen geschleudert. Ein Platz nach dem anderen, der Sicherheit verheißen hatte, musste aufgegeben werden. Als die Wasser immer noch höher stiegen, suchten die Menschen auf den höchsten Gipfeln Zuflucht. Häufig kämpften Mensch und Tier miteinander um einen festen Halt, bis sie beide schließlich weggespült wurden. DPa.66.2 Teilen

67

Von den höchsten Berggipfeln war zuletzt nur noch ein uferloses Meer zu sehen. Da erschienen ihnen Noahs ernste Warnungen nicht mehr als Grund für Scherz und Spott. Wie wünschten sich diese verlorenen Sünder nun die Gelegenheiten zurück, die sie versäumt hatten! Wie flehten sie um Barmherzigkeit, um eine Bewährungsstunde, um ein Wort aus dem Mund Noahs! Aber die freundliche Stimme, die einmal Barmherzigkeit verkündet hatte, war verstummt. Nicht weniger als die Gerechtigkeit forderte die Liebe Gottes, dass seine Strafgerichte der Sünde Einhalt geboten. Die Gewässer des Zorns fegten über den letzten Zufluchtsort, und die Verächter Gottes versanken in der Tiefe. DPa.67.1 Teilen

„Durch Gottes Wort ... wurde damals die Welt ... in der Sintflut vernichtet. So werden auch der Himmel, der jetzt ist, und die Erde durch dasselbe Wort aufgespart für das Feuer, bewahrt für den Tag des Gerichts und der Verdammnis der gottlosen Menschen.“ 2.Petrus 3,5-7. Ein anderer Sturm naht dann. Abermals wird die Erde durch den verheerenden Zorn Gottes gereinigt und Sünde und Sünder endgültig vernichtet werden. DPa.67.2 Teilen

Dieselben Sünden, die vor der Sintflut nach Vergeltung schrien, existieren auch heutzutage. Man kennt keine Gottesfurcht mehr, und sein Gesetz wird entweder gleichgültig oder verächtlich behandelt. Die ausgeprägte Verweltlichung jener Menschen gleicht der der heute lebenden. Christus sagte über sie: „Denn wie sie waren in den Tagen vor der Sintflut — sie aßen, sie tranken, sie heirateten und ließen sich heiraten bis an den Tag, an dem Noah in die Arche hineinging; und sie beachteten es nicht, bis die Sintflut kam und raffte sie alle dahin —, so wird es auch sein beim Kommen des Menschensohns.“ Matthäus 24,38.39. Gott verdammte die vor der Sintflut Lebenden nicht, weil sie aßen und tranken. Er hatte ihnen ja die Früchte der Erde zur Befriedigung ihrer irdischen Bedürfnisse überreich gegeben. Ihre Schuld bestand darin, dass sie diese Gaben ohne Dank gegen Gott nahmen und in entwürdigender Weise zügellos der Esslust frönten. Es war auch durchaus in Ordnung, dass sie heirateten. Die Ehe gehörte ja zu Gottes Schöpfungsordnung und war eine seiner ersten Einrichtungen. Er gab ausdrückliche Anweisungen darüber und umgab die Ehe mit Heiligkeit und Schönheit. Aber die Menschen vergaßen das und entheiligten die Ehe, weil sie nur noch ihrer Leidenschaft diente. DPa.67.3 Teilen

Ähnlich sind die Zustände auch heute. Was an sich gut und richtig ist, wird in unmäßiger Weise angewandt. Der Esslust gibt man ohne Einschränkung nach. So kommt es, dass Nachfolger Christi heutzutage mit den Trunkenen essen und trinken, während doch ihre Namen in ehrwürdigen Gemeindebüchern verzeichnet stehen. Unmäßigkeit aber lähmt die sittlichen und geistigen Kräfte und verführt oft zum Nachgeben den niederen Leidenschaften gegenüber. Viele fühlen sich nicht moralisch verpflichtet, ihre sinnlichen Wünsche zu zügeln. So werden sie zu Sklaven ihrer Lust. Sie leben nur noch für die Freuden dieser Welt. Dabei dringt die Neigung zur Übertreibung in alle Gesellschaftskreise ein. Rechtschaffenheit wird der Liebe zu Luxus und Verschwendung geopfert. Da sie schnell reich werden wollen, verdrehen viele das Recht und unterdrücken die Armen. So werden die Menschen auch heute wie Sklaven gekauft und wieder verkauft. Betrug, Bestechung, Diebstahl sind an der Tagesordnung. Die Zeitungen strotzen von Mordberichten, von so kaltblütigen, grundlosen Verbrechen, dass man den Eindruck hat, jedes Gefühl für Menschlichkeit ist ausgelöscht. Und diese Gräuel sind so weit verbreitet, dass kaum noch jemand darüber spricht oder sich über sie wundert. Der Geist der Gesetzlosigkeit durchdringt alle Völker, aber die immer wieder aufflackernden Feindseligkeiten sind bisher nur Alarmzeichen jenes Feuers der Leidenschaft und Gesetzlosigkeit, das die Erde mit Jammer und Elend überziehen wird, sobald es erst einmal außer Kontrolle geraten ist. Das Bild, das die Bibel von der vorsintflutlichen Welt gemalt hat, entspricht ganz und gar den Zuständen, zu denen die heutige Gesellschaft nur allzu schnell gelangt. Sogar jetzt, in unserem Jahrhundert, werden in Ländern, die sich zum Christentum bekennen, täglich Verbrechen verübt, die nicht weniger schrecklich sind als die, um deretwillen die Sünder der alten Welt vernichtet wurden. DPa.67.4 Teilen

68

Vor der Sintflut sandte Gott Noah, um die Menschen zu warnen, dass sie sich bekehrten und so dem drohenden Verderben entrannen. Da die Zeit der Wiederkunft Christi näherrückt, sendet der Herr seine Diener mit einer Warnungsbotschaft an die Welt, damit sich jeder auf dieses große Ereignis vorbereiten kann. Und wieder ruft er in seiner Barmherzigkeit alle auf, seinen heiligen Geboten zu gehorchen. Wer seine Sünde bereut und im Glauben an Christus überwindet, wird Vergebung finden. Viele meinen jedoch, das Aufgeben der Sünde bedeute ein zu großes Opfer. Weil ihr Leben mit den heutigen Grundsätzen der göttlichen Führung nicht übereinstimmt, weisen sie Gottes Warnungen zurück und verleugnen die Gültigkeit seines Gesetzes. DPa.68.1 Teilen

Von der ganzen Bevölkerung der Erde glaubten nur acht Menschen an eine Flut und gehorchten darum dem Wort Gottes, das sie über Noah empfingen. 120 Jahre lang warnte dieser Prediger der Gerechtigkeit die Welt vor dem kommenden Verderben. Aber seine Botschaft wurde verworfen und verachtet. So wird es wieder sein. Bevor der Gesetzgeber Christus wiederkommt, um die Ungehorsamen zu bestrafen, werden die Übertreter zur Umkehr und zum Gehorsam aufgerufen. Aber bei der Mehrzahl wird das vergeblich sein. Der Apostel Petrus sagt: „Ihr sollt vor allem wissen, dass in den letzten Tagen Spötter kommen werden, die ihren Spott treiben, ihren eignen Begierden nachgehen und sagen: Wo bleibt die Verheißung seines Kommens? Denn nachdem die Väter entschlafen sind, bleibt es alles, wie es von Anfang der Schöpfung gewesen ist.“ 2.Petrus 3,3.4. DPa.68.2 Teilen

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Hören wir solches nur von ausgesprochen Gottlosen, oder nicht auch von den Kanzeln? „Es gibt keinen Grund zur Beunruhigung“, rufen sie. „Ehe Christus kommen wird, müssen alle Menschen bekehrt werden, und tausend Jahre lang soll Gerechtigkeit herrschen. Friede, Friede! Alles geht so weiter, wie es von Anfang gewesen ist. Niemand lasse sich beunruhigen wegen der aufregenden Verkündigung dieser Schwarzseher.“ Aber diese Lehre vom tausendjährigen Friedensreich stimmt nicht mit der Unterweisung Jesu und seiner Jünger überein. Jesus stellte einmal die ganz bestimmte Frage: „Wenn der Menschensohn kommen wird, meinst du, er werde Glauben finden auf Erden?“ Lukas 18,8. Und wie wir gesehen haben, weist er darauf hin, dass der Zustand der Welt dann wie in den Tagen Noahs sein werde. Paulus mahnt, auf die überhandnehmende Bosheit zu achten, je näher das Ende kommt: „Der Geist aber sagt deutlich, dass in den letzten Zeiten einige von dem Glauben abfallen werden und verführerischen Geistern und teuflischen Lehren anhängen.“ 1.Timotheus 4,1. Er wusste, „dass in den letzten Tagen werden gräuliche Zeiten kommen“. 2.Timotheus 3,1. Und er nennt ein erschreckendes Verzeichnis von Sünden, die man auch unter denen finden wird, die den Schein eines gottseligen Wesens haben. DPa.69.1 Teilen

Als ihre Gnadenzeit zu Ende ging, dachten die vor der Sintflut Lebenden nur noch an Vergnügungen und Festlichkeiten. Wer Macht und Einfluss besaß, tat alles, das Sinnen und Trachten der Leute auf Unterhaltung und Vergnügungen zu richten, damit nur ja niemand von der letzten ernsten Warnung beeindruckt würde. Sehen wir nicht, wie sich das heute wiederholt? Während Gottes Diener die Botschaft verkünden, dass das Ende aller Dinge vor der Tür steht, ist die Welt völlig von ihrer Vergnügungs- und Genusssucht in Anspruch genommen. Es wird ständig so viel an Aufregendem geboten, dass religiöse Gleichgültigkeit vorherrscht und die Leute daran gehindert werden, jene Wahrheiten aufzunehmen, die allein sie vor der kommenden Zerstörung bewahren könnten. DPa.69.2 Teilen

Zur Zeit Noahs hielten es die Gelehrten für unmöglich, dass die Erde durch Wasser vernichtet würde; so gibt es auch jetzt Wissenschaftler, die versuchen zu begründen, warum sie nicht durch Feuer zerstört werden könne. Sie behaupten, das sei mit den Gesetzen der Natur unvereinbar. Aber der Gott des Weltalls, der Schöpfer und Lenker eben dieser Gesetze, kann seiner Hände Werk auch für seine Zwecke benutzen. DPa.69.3 Teilen

Als man damals ausreichend „bewiesen“ hatte, dass die Welt unmöglich durch Wasser untergehen könne, als sich die Ängstlichen daraufhin beruhigten, Noahs Prophezeiungen für Täuschung hielten und ihn für einen Fanatiker ansahen — gerade da war Gottes Zeit gekommen. „Alle Brunnen der großen Tiefe brachen auf, und die Fenster des Himmels taten sich auf“ (1.Mose 7,11), und die Spötter wurden von den Wassern der Flut begraben. Bei aller überheblichen Philosophie erkannten sie zu spät, dass ihre Weisheit Torheit war und der Gesetzgeber Herr der Naturgesetze ist. Und der Allmächtige ist nicht um Mittel zur Erreichung seiner Ziele verlegen. Da „wird es in der Welt zugehen wie zurzeit Noahs“, „an dem Tag, an dem der Menschensohn wiederkommt.“ Lukas 17,26.30 (NL). — „Es wird aber des Herrn Tag kommen wie ein Dieb; dann werden die Himmel zergehen mit großem Krachen; die Elemente aber werden vor Hitze schmelzen, und die Erde und die Werke, die darauf sind, werden ihr Urteil finden.“ 2.Petrus 3,10. Wenn philosophische Beweisführung die Furcht vor Gottes Gerichten verscheucht hat, wenn die Theologen von langen Friedens- und Wohlstandszeitaltern sprechen und die Menschen vollständig von ihren Geschäften und Neigungen, ihrem Pflanzen und Bauen, ihren Festen und Lustbarkeiten in Anspruch genommen sind, Gottes Warnungen verwerfen und seine Boten verspotten, „wird die Katastrophe so plötzlich über sie hereinbrechen ... und dann wird es kein Entkommen geben“. 1.Thessalonicher 5,3 (NL). DPa.69.4 Teilen

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