Portrait von Ellen White
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Die Große-Kampf-Vision
Die Große-Kampf-Vision
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Die Gabe der Weissagung offenbarte sich während des jüdischen Zeitalters in der Gemeinde. Wenn sie infolge des zerrütteten Zustandes der Gemeinde auch einige Jahrhunderte verschwunden gewesen war, so erschien sie doch gegen Ende jenes Zeitalters wieder als Vorbote des Messias. Zacharias, der Vater Johannes des Täufers, „wurde voll des Heiligen Geistes und weissagte.“ Simeon, ein frommer und gottesfürchtiger Mensch, der auf den „Trost Israels“ wartete, kam auf Anregung des Geistes in den Tempel und weissagte von Jesus als von einem „Licht, zu erleuchten die Heiden und zum Preise deines Volkes Israel.“ Hanna, eine Prophetin, „redete von ihm zu allen, die auf die Erlösung zu Jerusalem warteten.“ Und es war kein größerer Prophet als Johannes der Täufer, der von Gott erwählt worden war, Israel „das Lamm Gottes, welches der Welt Sünde trägt,“ bekanntzumachen. FS.119.1 Teilen

Das christliche Zeitalter begann mit der Ausgießung des Geistes, und viele verschiedene geistliche Gaben wurden unter den Gläubigen offenbart. Diese waren so reichlich, dass Paulus zu der korinthischen Gemeinde sagen konnte: „In einem jeglichen erzeigen sich die Gaben des Geistes zum gemeinsamen Nutzen.“ Einem jeglichen in der Gemeinde, nicht einem jeglichen in der Welt, wie manche es verstanden haben. Seit dem großen Abfall sind diese Gaben nur spärlich offenbart worden, und dies ist wahrscheinlich der Grund, warum bekenntliche Christen gewöhnlich glauben, dass sie auf das Zeitalter der ersten Gemeinde beschränkt gewesen seien. Aber ist es nicht eine Folge der Irrtümer und des Unglaubens der Gemeinde, dass diese Gaben aufgehört haben? Und wird nicht, wenn das Volk Gottes zu dem ursprünglichen Glauben und denselben Gewohnheiten zurückkehrt, wohin es sicherlich durch die Verkündigung der Gebote Gottes und des Glaubens Jesu kommen wird, „der Spätregen“ wieder diese Gaben hervorbringen? Wir sollten es erwarten. Trotz des Abfalls im jüdischen Zeitalter wurde es mit besonderen Offenbarungen des Geistes Gottes eröffnet und beschlossen. Es ist unvernünftig zu denken, dass das christliche Zeitalter, dessen Licht, mit der früheren Bundeszeit verglichen, wie das Licht der Sonne im Vergleich zu den schwachen Strahlen des Mondes ist, in Herrlichkeit beginnen und in Finsternis schließen werde. Und wenn ein besonderes Werk des Geistes nötig war, um ein Volk auf das erste Kommen des Herrn vorzubereiten, wie viel mehr ist dies beim zweiten Kommen der Fall. Und dies besonders, weil die letzten Tage gefährlicher sind als alle früheren. Falsche Propheten werden Macht haben, große Zeichen und Wunder zu tun, und sie werden dann, wenn es möglich wäre, auch die Auserwählten verführen. Aber die Schrift sagt: „Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur. Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden. Die Zeichen aber, die denen folgen werden, die da glauben, sind diese: In meinem Namen werden sie böse Geister austreiben, in neuen Zungen reden, Schlangen mit den Händen hochheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird,s ihnen nicht schaden; auf Kranke werden sie die Hände legen, so wird’s besser mit ihnen werden.“ Markus 16,15-18. Die Gaben waren nicht auf die Apostel beschränkt, sondern auf alle Gläubigen ausgedehnt. Wer kann sie haben? Der da glaubt. Wie lange? Es gibt keine Grenze; die Verheißung läuft zusammen mit dem wichtigen Auftrag, das Evangelium zu predigen, und reicht bis zum letzten Gläubigen. FS.119.2 Teilen

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Aber es wird oft eingewendet, dass diese Hilfe nur den Aposteln und denjenigen, die durch ihre Predigt gläubig wurden, verheißen war, damit sie ihren Auftrag ausführten und das Evangelium aufrichteten, und dass die Gaben mit jener Generation aufhörten. Laßt uns sehen, ob der große Auftrag mit jener Generation sein Ende fand. „Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ Matthäus 28,19.20. Dass die Predigt des Evangeliums auf diesen Auftrag hin nicht mit der ersten Gemeinde ihr Ende erreicht hat, ist klar durch folgende Verheißung bewiesen: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ Es sagt nicht, ich bin mit euch, ihr Apostel, überall, bis an der Welt Ende; sondern, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende. Hiermit ist nicht das jüdische Zeitalter gemeint, denn dieses hatte bereits am Kreuz sein Ende erreicht. Ich schließe deshalb daraus, dass die Predigt und der Glaube des ursprünglichen Evangeliums immer durch dieselbe geistliche Hilfe unterstützt werden wird. Der Auftrag an die Apostel gehört dem christlichen Zeitalter an und gilt bis zum Ende. Es folgt daraus, dass die Gaben nur durch den Abfall verlorengingen und dass sie mit der Rückkehr des ursprünglichen Glaubens und der Gewohnheiten zurückkehren werden. FS.121.1 Teilen

Aus 1.Korinther 12,28 ersehen wir, dass der Herr der Gemeinde verschiedene geistliche Gaben geschenkt hat. Da wir keine Schriftstelle finden können, die uns beweist, dass er sie weggenommen oder aufgehoben habe, müssen wir zu dem Schluß kommen, dass die Gaben in der Gemeinde verbleiben sollten. Wo finden wir den Schriftbeweis, dass sie abgeschafft sind? Im selben Kapitel, in dem auch der „jüdische“ Sabbat abgeschafft und der „christliche“ Sabbat [Sonntag] eingesetzt wird, und zwar nicht in einem Kapitel in der Apostelgeschichte, sondern in der Geschichte des Geheimnisses der Bosheit und des Menschen der Sünde. Aber der Gegner führt an, dass folgende Bibelstelle einen Beweis für das Aufhören der Gaben enthalte: „Die Liebe hört niemals auf, wo doch die Weissagungen aufhören werden und die Sprachen aufhören werden und die Erkenntnis aufhören wird. Denn unser Wissen ist Stückwerk, und unser Weissagen ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören. Da ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war. Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin. Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe“. 1.Korinther 13,8-13. FS.121.2 Teilen

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Dieser Text sagt tatsächlich das Aufhören geistlicher Gaben voraus, auch des Glaubens und der Hoffnung. Aber wann werden sie aufhören? Wir blicken noch vorwärts auf die Zeit, da „die Hoffnung zum frohen Genuß, der Glaube zum Schauen, das Gebet zum Lob geworden ist“. Sie sollen aufhören, wenn das Vollkommene gekommen ist, wenn wir nicht länger durch einen dunklen Spiegel, sondern von Angesicht zu Angesicht sehen werden. Dieser vollkommene Tag, an dem die Gerechten vollkommen gemacht und erkennen werden, wie sie erkannt sind, liegt noch in der Zukunft. Es ist wahr, dass der Mensch der Sünde, als er das Mannesalter erreicht hatte, solche „kindlichen Dinge“, wie Weissagung, Sprachen und Erkenntnis, auch den Glauben, die Hoffnung und die christliche Liebe der ursprünglichen Christen abgetan hat. Doch nichts im Text weist darauf hin, dass Gott beabsichtigte, die Gaben, die er der Gemeinde geschenkt hatte, vor der Vollendung ihres Glaubens und ihrer Hoffnung wegzunehmen, also ehe die alles überragende Herrlichkeit des unsterblichen Zustandes die glänzendsten Entfaltungen geistlicher Kraft und Erkenntnis, die jemals in diesem sterblichen Zustand offenbart wurden, in den Schatten stellen wird. FS.122.1 Teilen

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Der Einwand, den manche unter Berufung auf (2.Timotheus 3,16) ganz ernsthaft vorgebracht haben, verdient nicht mehr als eine beiläufige Bemerkung. Wenn Paulus, indem er sagte, dass die Schrift dazu dienen solle, einen Menschen Gottes vollkommen und zu allem guten Werk geschickt zu machen, meinte, dass nichts mehr durch Inspiration geschrieben werden sollte, warum fügte er dann in diesem Augenblick etwas zu den Schriften hinzu? Oder warum legte er nicht wenigstens zu diesem Zeitpunkt die Feder nieder, als er diesen Satz geschrieben hatte? Und warum schrieb Johannes dreißig Jahre später das Buch der Offenbarung? Dieses Buch enthält einen anderen Text, der zum Beweis der Abschaffung der geistlichen Gaben angeführt wird: „Ich bezeuge allen, die da hören die Worte der Weissagung in diesem Buch: Wenn jemand etwas hinzufügt, so wird Gott ihm die Plagen zufügen, die in diesem Buch geschrieben stehen. Und wenn jemand etwas wegnimmt von den Worten des Buchs dieser Weissagung, so wird Gott ihm seinen Anteil wegnehmen vom Baum des Lebens und an der heiligen Stadt, von denen in diesem Buch geschrieben steht“. Offenbarung 22,18.19. FS.123.1 Teilen

Von diesem Text sagt man, dass Gott, der vor Zeiten manchmal und auf mancherlei Weise zu den Vätern geredet hat durch die Propheten und in den frühen Tagen des Evangeliums durch Jesus und seine Apostel, hiermit feierlich versprochen habe, niemals wieder den Menschen auf solche Weise etwas mitzuteilen. Daher müßten alle Weissagungen nach dieser Zeit falsch sein. Hiermit, sagt man, würde der inspirierte Kanon geschlossen. Wenn dies der Fall ist, warum schrieb Johannes sein Evangelium, als er von Patmos nach Ephesus zurückgekehrt war? Fügte er, indem er dies tat, den Worten des Buches der Weissagung, das er auf der Insel Patmos geschrieben hatte, noch etwas hinzu? Der Text beweist nur, dass sich die Warnung vor dem Hinzufügen oder Wegnehmen nicht auf die Bibel als zusammengestelltes Buch bezieht, sondern nur auf das besondere Buch der Offenbarung, wie es aus der Hand des Apostels hervorging. Natürlich hat kein Mensch das Recht, auch irgendeinem anderen Buch, das durch die Eingebung Gottes geschrieben wurde, etwas hinzuzufügen oder davon wegzunehmen. Fügte Johannes, indem er das Buch der Offenbarung schrieb, etwas dem Buch der Weissagungen Daniels hinzu? Durchaus nicht! Ein Prophet hat kein Recht, das Wort Gottes zu verändern. Aber die Visionen des Johannes bestätigen die Daniels und werfen viel zusätzliches Licht auf die Dinge, die dort angesprochen werden. Ich komme deshalb zu dem Schluß, dass der Herr sich nicht selbst zum Stillschweigen verpflichtet hat, sondern dass er immer noch die Freiheit hat zu reden. Möge die Sprache meines Herzens immer sein: Rede Herr, durch wen du willst, dein Knecht hört! FS.123.2 Teilen

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So schlägt der Versuch, aus der Schrift das Aufhören der geistlichen Gaben zu beweisen, gänzlich fehl. Solange die Pforten der Hölle die Gemeinde noch nicht überwältigt haben, sondern Gott noch ein Volk auf Erden hat, können wir in Verbindung mit der dritten Engelsbotschaft nach der Entwicklung dieser Gaben ausschauen. Diese Botschaft wird die Gemeinde auf den apostolischen Boden zurückbringen und sie in der Tat zum Licht — nicht zur Finsternis — der Welt machen. FS.124.1 Teilen

Ferner werden wir vorgewarnt, dass es in den letzten Tagen falsche Propheten geben wird. Die Bibel gibt uns einen Prüf-stein, mit dem wir ihre Lehren prüfen können, um so zwischen Wahrem und Falschem unterscheiden zu können. Der große Prüfstein ist das Gesetz Gottes, das sowohl auf die Weissagungen als auch auf den sittlichen Charakter der Propheten angewandt werden soll. Wenn es nun in den letzten Tagen keine wahren Weissagungen geben sollte, wie viel leichter wäre es dann gewesen, diese Tatsache zu erwähnen und so alle Gelegenheit zur Täuschung zu beseitigen, als einen Prüfstein zu geben, mit dem man sowohl die echten als auch die falschen Propheten prüfen soll. FS.124.2 Teilen

In Jesaja 8,19.20 finden wir eine Weissagung von den Wahrsagern der gegenwärtigen Zeit, und das Gesetz wird als Prüfstein gegeben: „Nach dem Gesetz und Zeugnis! Werden sie das nicht sagen, so werden sie die Morgenröte nicht haben.“ Warum heißt es: „Werden sie das nicht sagen“, wenn zur selben Zeit keine echte, geistliche Offenbarung oder Weissagung da ist? Jesus sagt: „Seht euch vor vor den falschen Propheten ... An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“ Matthäus 7,15.16. Dies ist ein Teil der Bergpredigt, und alle können verstehen, dass die Bergpredigt eine allgemeine Anwendung auf die Gemeinde während des christlichen Zeitalters hat. Falsche Propheten sollen an ihren Früchten erkannt werden, in anderen Worten, an ihrem sittlichen Charakter. Der einzige Prüfstein, an dem man erkennen kann, ob ihre Früchte gut oder schlecht sind, ist das Gesetz Gottes. Darum werden wir auf das Gesetz und Zeugnis hingewiesen. Wahre Propheten werden nicht nur in Übereinstimmung mit diesem Wort reden, sondern sie werden auch im Einklang mit ihm leben. Jemanden, der so spricht und lebt, wage ich nicht zu verdammen. FS.124.3 Teilen

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Es ist immer eine besondere Eigenschaft der falschen Propheten gewesen, dass sie Visionen des Friedens schauen und dass sie gern sagen: „Friede und Sicherheit!“, während das Verderben plötzlich über sie kommt. Die wahren Propheten werden kühn die Sünde tadeln und vor dem kommenden Zorn warnen. FS.125.1 Teilen

Weissagungen, die den deutlichen und bestimmten Erklärungen des Wortes widersprechen, sollten verworfen werden. So lehrte unser Heiland seine Jünger, als er sie in Bezug auf die Art und Weise seines zweiten Kommens warnte. Als Jesus vor den Augen seiner Jünger gen Himmel fuhr, wurde von den Engeln sehr ausführlich erklärt, dass dieser Jesus in derselben Weise wiederkommen werde, wie sie ihn gesehen hatten gen Himmel fahren. Deshalb sagt Jesus in seiner Weissagung von den falschen Propheten der letzten Tage: „Wenn sie zu euch sagen werden: Siehe, er ist in der Wüste, so geht nicht hinaus, — siehe, er ist in der Kammer, so glaubt ihnen nicht.“ Alle wahren Weissagungen zu diesem Thema müssen das sichtbare Kommen Jesu vom Himmel anerkennen. Warum sagt Jesus nicht: „Verwerft alle Weissagungen zu jener Zeit, denn es wird dann keine wahren Propheten geben?“ FS.125.2 Teilen

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„Er hat einige zu Aposteln eingesetzt, einige als Propheten, einige als Evangelisten, einige als Hirten und Lehrer, damit die Heiligen zugerüstet werden zum Werk des Dienstes. Dadurch soll der Leib Christi erbaut werden, bis dass wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zum vollendeten Mann, zum vollen Maß der Fülle Christi.“ Epheser 4,11-13. FS.126.1 Teilen

Aus einem der vorhergehenden Verse lernen wir, dass Christus, nachdem er in die Höhe aufgefahren war, den Menschen Gaben gegeben hat. Unter diesen Gaben sind Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer aufgezählt. Der Zweck, für den sie gegeben waren, war die Vervollkommnung der Heiligen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis. Manche, die heute bekennen, Hirten und Lehrer zu sein, glauben, dass diese Gaben ihren Zweck vor 1800 Jahren vollkommen erfüllt und nun aufgehört hätten. Warum legen sie nun nicht ihre Titel als Hirten und Lehrer ab? Wenn das Prophetenamt durch diesen Text auf die ursprüngliche Gemeinde beschränkt war, so ist es das der Evangelisten und aller übrigen ebenfalls, denn es wird hier kein Unterschied gemacht. FS.126.2 Teilen

Nun laßt uns einen Augenblick über diesen Punkt nachdenken. Alle diese Gaben waren zur Vervollkommnung der Heiligen in der Einheit, der Erkenntnis und dem Geiste gegeben. Unter ihrem Einfluß erfreute sich die erste Gemeinde eine Zeitlang dieser Einheit: „Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele.“ Es scheint eine natürliche Folge dieser Einheit zu sein, dass die Apostel mit großer Kraft Zeugnis gaben von der Auferstehung des Herrn und große Gnade bei ihnen allen war. Apostelgeschichte 4,31-33. Wie wünschenswert wäre jetzt ein solcher Zustand. Aber der Abfall mit seinem entzweienden und zerstörenden Einfluß hat die Schönheit der reinen Gemeinde beschädigt und in einen Sack gehüllt. Spaltung und Unordnung waren die Folge. Es gab noch nie so viele verschiedene Glaubensansichten im Christentum wie heute. Wenn die Gaben nötig waren, um die Einheit der ersten Gemeinde zu bewahren, wie viel nötiger sind sie jetzt, um diese Einheit wiederherzustellen! Dass es die Absicht Gottes ist, diese Einheit der Gemeinde in den letzten Tagen wiederherzustellen, ist zur Genüge aus all den Weissagungen ersichtlich. Es wird uns versichert, dass die Wächter es mit eigenen Augen sehen werden, wenn der Herr Zion wiederbringen wird, und dass in der Zeit des Endes die Verständigen es verstehen werden. Wenn dies erfüllt ist, wird eine Einheit des Glaubens unter allen herrschen, die Gott zu den Verständigen zählt; denn jene, die es wirklich recht verstehen, müssen es notwendigerweise auch auf die gleiche Weise verstehen. Was anderes soll diese Einheit herbeiführen als die Gaben, die zu genau diesem Zweck gegeben wurden? FS.126.3 Teilen

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Aus diesen Betrachtungen geht hervor, dass der vollkommene Zustand der Gemeinde, wie er hier geweissagt wird, noch zukünftig ist. Folglich haben diese Gaben ihren Zweck noch nicht erfüllt. Der Brief an die Epheser wurde im Jahre 64 n. Chr. geschrieben, etwa zwei Jahre, bevor Paulus dem Timotheus sagte, dass er schon geopfert werde und die Zeit seines Abscheidens vorhanden sei. Der Same des Abfalls keimte zu jener Zeit in der Gemeinde, denn Paulus hatte schon zehn Jahre früher in seinem zweiten Brief an die Thessalonicher gesagt: „Es regt sich bereits das Geheimnis der Bosheit.“ Es kamen nun greuliche Wölfe hinein, die die Herde nicht schonten. Die Gemeinde kam deshalb nicht weiter zu der vollkommenen Einheit, die in dem Text (Epheser 4,11-13) angeführt ist, sondern wurde durch Zwistigkeiten zerrissen und durch Spaltungen zerstreut. Der Apostel wußte dies; folglich musste er über den großen Abfall hinweggeschaut haben auf die Zeit, da die übrigen von Gottes Volk gesammelt werden, wenn er sagt: „Bis dass wir alle hinankommen zur Einheit des Glaubens.“ Deshalb haben die Gaben, die der Gemeinde geschenkt sind, ihre Zeit noch nicht ausgedient. „Den Geist dämpft nicht, die Weissagung verachtet nicht. Prüft aber alles, und das Gute behaltet.“ 1.Thessalonicher 5,19-21. FS.127.1 Teilen

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In diesem Brief behandelt der Apostel das Thema des zwei-ten Kommens Jesu. Er beschreibt dann den Zustand der ungläubigen Welt zu der Zeit, indem er sagt: Sie werden sagen: „Es ist Friede, es hat keine Gefahr“, wenn der Tag des Herrn über sie kommen wird und das Verderben sie plötzlich wie ein Dieb in der Nacht überfällt. Dann ermahnt er die Gemeinde angesichts dieser Dinge, zu wachen und nüchtern zu sein. Unter den folgenden Ermahnungen sind auch die angeführten Worte: „Den Geist dämpft nicht“ usw. Manche mögen denken, dass diese drei Verse (1.Thessalonicher 5,19-21) eine ganz verschiedene Bedeutung haben; es besteht aber eine natürliche Verbindung in ihrer Reihenfolge. Jemand, der den Geist dämpft, wird auch die Weissagungen verachten, die eine rechtmäßige Frucht des Geistes sind. „Ich will meinen Geist ausgießen, ... und eure Söhne und Töchter sollen weissagen.“ Joel 3,1. Der Ausdruck: „Prüft aber alles“ ist auf das hier besprochene Thema, die Weissagung, beschränkt, und wir sollen die Geister mit dem Prüfstein prüfen, den Gott uns in seinem Wort gegeben hat. Unsere Zeit ist überreich an geistlichen Täuschungen und falschen Weissagungen, und zweifellos kann dieser Text auf diese Dinge besonders angewendet werden. Aber beachtet, der Apostel sagt nicht: Verwerfet alles, sondern: Prüfet alles, und das Gute behaltet. „Und nach diesem will ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch, und eure Söhne und Töchter sollen weissagen, eure Alten sollen Träume haben, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen. Auch will ich zur selben Zeit über Knechte und Mägde meinen Geist ausgießen. Und ich will Wunderzeichen geben am Himmel und auf Erden: Blut, Feuer und Rauchdampf. Die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe denn der große und schreckliche Tag des Herrn kommt. Und es soll geschehen: wer des Herrn Namen anrufen wird, der soll errettet werden. Denn auf dem Berge Zion und zu Jerusalem wird eine Errettung sein, wie der Herr verheißen hat, und bei den andern übrigen, die der Herr berufen wird.“ Joel 3. FS.128.1 Teilen

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Diese Weissagung Joels, die von der Ausgießung des Heiligen Geistes in den letzten Tagen spricht, wurde zu Anfang des christlichen Zeitalters nicht ganz erfüllt. Dies wird klar durch die Wunder am Himmel und auf Erden, die in diesem Text angeführt sind und Vorboten des großen und schrecklichen Tages des Herrn sein sollen. Obgleich wir diese Zeichen gehabt haben, ist der schreckliche Tag noch zukünftig. Das ganze christliche Zeitalter mag zwar die „letzten Tage“ genannt werden, doch zu sagen, dass die letzten Tage schon seit 1800 Jahren in der Vergangenheit liegen, ist absurd. Sie reichen bis zum Tag des Herrn und der Errettung des Überrestes von Gottes Volk. „Denn auf dem Berge Zion und zu Jerusalem wird Errettung sein, wie der Herr verheißen hat, und bei den übrigen, die der Herr berufen wird.“ FS.129.1 Teilen

Diese übrigen, die mitten unter den Zeichen und Wundern, die den großen und schrecklichen Tag des Herrn einleiten sollen, leben, sind zweifellos die übrigen von den Nachkommen der Frau, von denen in (Offenbarung 12,17) gesprochen wird — die letzte Gemeinde auf Erden. „Und der Drache ergrimmte wider die Frau und ging hin, um Krieg zu führen mit den übrigen ihrer Nachkommenschaft, mit denen, die die Gebote Gottes beobachten und am Zeugnis Jesu festhalten.“ (Jerusalemer Bibel) FS.129.2 Teilen

Die übrigen der evangeliumsverkündenden Gemeinde werden die Gaben haben. Es wird ein Streit gegen sie entbrennen, weil sie Gottes Gebote halten und das Zeugnis Jesu Christi haben. Offenbarung 12,17. In (Offenbarung 19,10) wird das Zeugnis Jesu als der Geist der Weissagung definiert. Der Engel sagte: „Ich bin dein und deiner Brüder Mitknecht, die das Zeugnis Jesu haben.“ Im 22. Kapitel wiederholt der Engel dasselbe wie folgt: „Ich bin dein Mitknecht und der Mitknecht deiner Brüder, der Propheten.“ Aus dem Vergleich der beiden Texte erkennen wir die Kraft des Ausdrucks: „Das Zeugnis Jesu aber ist der Geist der Weissagung.“ Das Zeugnis Jesu schließt jedoch alle Gaben dieses einen Geistes ein. Paulus sagt: „Ich danke meinem Gott allezeit euretwegen für die Gnade Gottes, die euch gegeben ist in Christus Jesus, dass ihr durch ihn in allen Stücken reich gemacht seid, in aller Lehre und in aller Erkenntnis. Denn die Predigt von Christus ist in euch kräftig geworden, sodass ihr keinen Mangel habt an irgendeiner Gabe und wartet nur auf die Offenbarung unseres Herrn Jesus Christus“ 1.Korinther 1,4-7. FS.129.3 Teilen

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Das Zeugnis Jesu wurde in der korinthischen Gemeinde bestärkt; und was war die Folge? Sie hatten keinen Mangel an irgendeiner Gabe. Ist dann unsere Schlußfolgerung nicht gerechtfertigt, wenn wir erwarten, dass die Übrigen, wenn sie im Zeugnis Jesu völlig bestärkt sind, keinen Mangel an irgendeiner Gabe haben werden, wenn sie auf das Kommen unseres Herrn Jesus Christus warten? FS.130.1 Teilen

R. F. Cottrell FS.130 Teilen

Satan war einst im Himmel ein geehrter Engel, der nächste nach Christus. Sein Antlitz war sanft wie das der anderen Engel und trug den Ausdruck des Glücks. Seine Stirn war hoch und breit, was auf große Verstandeskräfte hinwies. Seine Gestalt war vollkommen, sein Betragen edel und majestätisch. Doch als Gott zu seinem Sohn sprach: „Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei“ (1.Mose 1,26), da wurde Satan eifersüchtig auf Jesus. Er wünschte, in Bezug auf die Erschaffung des Menschen um Rat gefragt zu werden. Weil dies nicht geschah, wurde er mit Neid, Haß und Eifersucht erfüllt. Er wollte gern nach Gott die höchste Ehre im Himmel empfangen. FS.130.2 Teilen

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Bis zu dieser Zeit hatte im ganzen Himmel Ordnung, Eintracht und vollkommene Unterwerfung unter die Regierung Gottes geherrscht. Es war die schlimmste Sünde, gegen seinen Befehl und Willen zu rebellieren. Der ganze Himmel schien in Bewegung zu sein. Die Engel mussten in Mannschaften antreten, jede Abteilung mit einem höheren, befehlenden Engel an ihrer Spitze. Satan, der danach strebte, sich zu erhöhen, war nicht bereit, sich der Autorität Jesu zu unterwerfen. Er intrigierte gegen die Herrschaft Gottes. Manche Engel standen Satan in seiner Empörung wohlwollend gegenüber, andere stritten nachdrücklich für die Ehre und Weisheit Gottes, dass er seinem Sohn solche Autorität gab. Es war ein Streit unter den Engeln. Satan und die, die mit ihm übereinstimmten, strebten darnach, die Herrschaft Gottes zu reformieren. Sie wünschten, in seine unerforschliche Weisheit einzudringen und festzustellen, warum er Jesus so erhaben machte und ihm solch unbegrenzte Macht und Herrschaft verlieh. Sie empörten sich gegen die Autorität des Sohnes. Alle himmlischen Heerscharen wurden aufgefordert, vor dem Vater zu erscheinen, damit jeder Fall entschieden werde. Es wurde dann beschlossen, dass Satan mit allen Engeln, die sich ihm in der Rebellion angeschlossen hatten, aus dem Himmel gestoßen werden sollte. Dann gab es Krieg im Himmel. Engel führten die Schlacht aus. Satan wollte den Sohn Gottes und alle, die sich seinem Willen unterworfen hatten, besiegen. Aber die guten und treuen Engel behielten die Oberhand, und Satan samt seinen Nachfolgern wurde aus dem Himmel vertrieben. FS.131.1 Teilen

Nachdem Satan und die mit ihm Gefallenen aus dem Himmel ausgeschlossen waren und er erkannte, dass er all die Reinheit und Herrlichkeit des Himmels für ewig verloren hatte, da bereute er es und wünschte, wieder in den Himmel eingesetzt zu werden. Er war bereit, seinen ihm zustehenden Platz oder irgendeine Stellung, die ihm zugewiesen würde, einzunehmen. Doch nein, der Himmel durfte nicht in Gefahr gebracht werden. Der ganze Himmel hätte verdorben werden können, wenn er zurückgekommen wäre; denn die Sünde hatte in ihm ihren Ursprung, und der Same der Rebellion lag in ihm. Er und seine Nachfolger weinten und baten inständig, wieder in die Gunst Gottes aufgenommen zu werden. Doch ihre Sünde — ihr Haß, ihr Neid und ihre Eifersucht — war so groß gewesen, dass Gott sie nicht auslöschen konnte. Sie musste bleiben, um am Ende ihre Strafe zu empfangen. FS.131.2 Teilen

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Als Satan völlig bewußt wurde, dass es keine Möglichkeit gab, die Gunst Gottes wiederzuerlangen, wurden seine Bosheit und sein Haß offenbar. Er beriet sich mit seinen Engeln, und sie entwarfen einen Plan, wie sie weiter gegen die Regierung Gottes arbeiten könnten. Als Adam und Eva in den herrlichen Garten gesetzt wurden, legte Satan Pläne, sie zu vernichten. Das glückliche Paar konnte auf keine Weise seines Glücks beraubt werden, wenn es Gott gehorchte. Satan konnte keine Macht über die beiden ausüben, wenn sie Gott nicht ungehorsam wurden und seine Gunst verwirkten. Es musste deshalb ein Plan ersonnen werden, um die Menschen zum Ungehorsam zu verführen, damit sie sich das Mißfallen Gottes zuziehen und noch stärker unter den Einfluß Satans und seiner Engel gelangen möchten. Es wurde beschlossen, dass Satan eine andere Gestalt annehmen und Interesse für den Menschen an den Tag legen sollte. Er musste durch Anspielungen Zweifel an Gottes Wahrhaftigkeit erregen, ob Gott wirklich genau das meinte, was er sagte. Dann musste er ihre Wißbegierde zu erregen suchen und sie dahin bringen, die unerforschlichen Pläne Gottes erforschen zu wollen — dieselbe Sünde, deren Satan schuldig geworden war — und die Ursache zu untersuchen, warum Gott ihnen den Baum der Erkenntnis verboten habe. FS.132.1 Teilen

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Heilige Engel besuchten oft den Garten und belehrten Adam und Eva über ihre Arbeit im Garten; sie belehrten sie auch über die Rebellion und den Fall Satans. Die Engel warnten sie vor Satan und ermahnten sie, sich bei ihrer Arbeit nicht voneinander zu trennen; denn sie könnten mit dem gefallenen Feinde in Kontakt kommen. Die Engel schärften ihnen auch ein, sich streng an die Vorschriften zu halten, die Gott ihnen gegeben hatte, denn nur bei vollkommenem Gehorsam seien sie sicher. Dann könnte dieser gefallene Feind keine Macht über sie haben. FS.133.1 Teilen

Satan fing sein Werk bei Eva an, indem er sie veranlaßte, ungehorsam zu sein. Sie machte ihren ersten Fehler, indem sie sich von ihrem Mann trennte; den zweiten, indem sie sich dem verbotenen Baume näherte, den nächsten, indem sie auf die Stimme des Versuchers hörte und sogar zu bezweifeln wagte, was Gott gesagt hatte: „An dem Tag, da du von ihm ißt, musst du des Todes sterben.“ Sie dachte, dass der Herr vielleicht nicht gerade das meinte, was er gesagt hatte, streckte ihre Hand aus, nahm von der Frucht und aß. Die Frucht war schön anzusehen und schmeckte angenehm. Da war Eva eifersüchtig, dass Gott ihnen das vorenthalten hatte, was doch wirklich nur zu ihrem Guten sei, bot die Frucht ihrem Mann an und versuchte auch ihn dadurch. Sie erzählte Adam alles, was die Schlange ihr gesagt hatte, und drückte ihr Erstaunen darüber aus, dass diese die Gabe der Sprache hatte. FS.133.2 Teilen

Ich sah, dass eine tiefe Traurigkeit sich über Adams Angesicht legte. Er schien erschreckt und erstaunt; es schien ein Kampf in ihm vorzugehen. Er war sich sicher, dass dies der Feind war, vor dem sie gewarnt worden waren, und dass seine Frau sterben musste. Dies bedeutete für die beiden Trennung. Seine Liebe zu Eva war groß, und in völliger Entmutigung beschloß er, ihr Schicksal zu teilen. Er ergriff die Frucht und aß sie schnell. Da frohlockte Satan. Er hatte im Himmel Empörung angerichtet und hatte Genossen gefunden, die ihn liebten und die ihm in der Empörung nachfolgten. Er war gefallen und hatte andere mit in seinen Fall gezogen. Nun hatte er die Frau versucht, Gott zu mißtrauen, seine Weisheit in Frage zu stellen und seine allweisen Pläne zu durchdringen zu suchen. Satan wußte, dass die Frau nicht allein fallen würde. Adam wurde durch seine Liebe zu Eva dem Gebot Gottes ungehorsam und fiel mit ihr. FS.133.3 Teilen

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Die Nachricht vom Fall des Menschen verbreitete sich im Himmel, jede Harfe verstummte. Die Engel nahmen im Schmerz ihre Kronen von ihren Häuptern. Der ganze Himmel war in Aufregung. Es wurde ein Rat gehalten, um zu entscheiden, was mit dem schuldigen Paar geschehen sollte. Die Engel fürchteten, dass Adam und Eva die Hand ausstrecken, vom Baum des Lebens essen und unsterbliche Sünder werden würden. Aber Gott sagte, dass er die Übertreter aus dem Garten vertreiben wolle. Es wurden unverzüglich Engel beauftragt, den Weg zu dem Baum des Lebens zu bewachen. Es war Satans ausge-klügelter Plan, dass Adam und Eva Gott ungehorsam sein, sich sein Mißfallen zuziehen und dann vom Baum des Lebens nehmen sollten, damit sie für ewig in Sünde und Ungehorsam leben möchten und auf diese Weise die Sünde unsterblich sei. Doch heilige Engel wurden gesandt, sie aus dem Garten zu treiben und vom Baum des Lebens abzuhalten. Jeder dieser mächtigen Engel hatte in seiner rechten Hand etwas, das wie ein glänzendes Schwert aussah. FS.134.1 Teilen

Da triumphierte Satan. Er hatte durch seinen Fall anderen Leid zugefügt. Er war aus dem Himmel, die Menschen aus dem Paradies ausgeschlossen worden. FS.134.2 Teilen

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Der Himmel wurde mit Trauer erfüllt, als bekannt wurde, dass der Mensch verloren sei und die Welt, die Gott geschaffen hatte, mit sterblichen Wesen erfüllt würde, die zu Elend, Krankheit und Tod verurteilt waren. Es gab keinen Ausweg für den Übertreter. Die ganze Familie Adams musste sterben. Dann sah ich Jesus und bemerkte auf seinem Angesicht einen Ausdruck des Mitgefühls und der Sorge. Bald sah ich, wie er sich dem strahlenden Licht näherte, das den Vater umgab. Mein begleitender Engel sagte: „Er hat eine geheime Unterredung mit seinem Vater.“ Während Jesus mit dem Vater redete, schien die Unruhe der Engel auf das höchste gespannt zu sein. Dreimal wurde Jesus vom herrlichen Licht, das den Vater umgab, umschlossen, und als er das dritte Mal vom Vater kam, konnte man seine Gestalt sehen. Sein Angesicht war ruhig, frei von aller Angst und allem Zweifel und strahlte von Wohlwollen und Lieblichkeit, wie es Worte nicht beschreiben können. Dann machte er der Engelschar bekannt, dass für den verlorenen Menschen ein Ausweg bereitet sei. Er sagte ihnen, dass er mit seinem Vater darüber gesprochen und sein eigenes Leben als Lösegeld angeboten habe, dass er das Urteil des Todes auf sich nehmen wolle, damit der Mensch durch ihn Vergebung erlangen könnte. Durch die Verdienste seines Blutes und durch Gehorsam gegen das Gesetz Gottes könne der Mensch wieder die Gunst Gottes erlangen, wieder in den herrlichen Garten gebracht werden und von der Frucht des Lebensbaumes essen. FS.135.1 Teilen

Zuerst konnten sich die Engel nicht darüber freuen; denn ihr Gebieter verheimlichte ihnen nichts, sondern legte ihnen den Erlösungsplan offen dar. Jesus sagte ihnen, dass er zwischen dem Zorn seines Vaters und der schuldigen Menschheit stehen und Missetat und Verachtung tragen wolle. Aber nur wenige würden ihn als den Sohn annehmen. Fast alle würden ihn hassen und verwerfen. Er würde all seine Herrlichkeit im Himmel verlassen, als Mensch auf Erden erscheinen, sich selbst als Mensch erniedrigen und durch seine eigene Erfahrung mit den verschiedenen Versuchungen bekannt werden, denen der Mensch ausgesetzt sei, damit er denen eine Hilfe sein könne, die versucht würden. Wenn er dann seine Mission als Lehrer beendet hätte, müsse er in die Hände der Menschen überantwortet werden und fast jegliche Schmähung und Qual erdulden, wozu Satan und seine Engel gottlose Menschen anstiften könnten. Er müsse des grausamsten Todes sterben und als ein schuldiger Sünder zwischen Himmel und Erde hängen. Er müsse schreckliche Stunden der Todesangst erleiden, die selbst die Engel nicht mit ansehen könnten, sondern ihre Angesichter vor dem Anblick bedecken würden. Aber er müsse nicht nur die Angst des Leibes erdulden, sondern auch Seelenangst, mit der die körperlichen Leiden in keiner Weise verglichen werden könnten. Die Sündenlast der ganzen Welt würde auf ihm ruhen. Er sagte ihnen, dass er sterben und am dritten Tage wieder auferstehen und zu seinem Vater aufsteigen wolle, um für den widerspenstigen, schuldigen Menschen zu bitten. FS.135.2 Teilen

136

Die Engel fielen vor ihm nieder und boten ihr Leben zum Opfer an. Jesus sagte ihnen, dass er durch seinen Tod viele retten, dass aber das Leben eines Engels die Schuld nicht tilgen könne. Sein Leben allein könne vom Vater als Lösegeld für den Menschen angenommen werden. Jesus sagte ihnen auch, dass sie an seinem Werke Anteil haben, bei ihm sein und zu verschiedenen Zeiten ihn stärken sollten. Er würde die Natur des gefallenen Menschen annehmen; ja, seine Kraft würde sogar geringer sein als die ihrige. Die Engel sollten Zeugen seiner Demütigung und seiner großen Leiden sein. Wenn sie dann seine Qualen und den Haß der Menschen gegen ihn sähen, so würden sie mit tiefster Rührung erfüllt werden und wegen ihrer Liebe zu ihm wünschen, ihn von seinen Mördern zu befreien und zu erretten. Sie sollten aber nicht eingreifen, um irgend etwas zu verhindern, was sie sehen würden. Sie sollten aber einen Anteil an seiner Auferstehung haben. Der Erlösungsplan war ausgedacht, und sein Vater hatte diesen Plan angenommen. FS.136.1 Teilen

137

Mit heiliger Traurigkeit tröstete und ermutigte Jesus die Engel und sagte ihnen, dass nach alldem die, die er erlösen werde, bei ihm sein würden, und dass er durch seinen Tod viele loskaufen und den, der des Todes Gewalt hat, vernichten werde. Sein Vater würde ihm das Reich und alle Gewalt und Macht des Reiches unter dem ganzen Himmel geben, und er würde es für immer und ewig besitzen. Satan und die Sünder würden vernichtet werden, um niemals wieder den Frieden des Himmels oder der gereinigten neuen Erde zu stören. Er gebot der himmlischen Schar, sich mit dem Plan zu befreunden, den sein Vater angenommen habe, und sich zu freuen, dass durch seinen Tod der gefallene Mensch wieder mit Gott versöhnt werden und sich des Himmels erfreuen könne. FS.137.1 Teilen

Da erfüllte Freude, unaussprechliche Freude den Himmel, und die himmlischen Scharen sangen ein Lied zur Anbetung und zum Preis. Sie spielten auf ihren Harfen und sangen einen Ton höher als zuvor, um der großen Gnade und Herablassung Gottes willen, die den einzig geliebten Sohn für den rebellischen Menschen in den Tod gab. Dann brachten sie Preis und Anbetung für die Selbstverleugnung und das Opfer des Heilandes dar, der bereit war, des Vaters Schoß zu verlassen, ein Leben der Leiden und Angst und einen schmählichen Tod zu wählen, damit er anderen Leben geben möchte. FS.137.2 Teilen

Der Engel sagte: „Glaubst du, dass der Vater seinen geliebten Sohn ohne Kampf dahingab? — Nein, nein! Es war selbst für Gott im Himmel ein Kampf, ob er den schuldigen Menschen verlorengehen lassen oder seinen geliebten Sohn für ihn in den Tod geben sollte.“ Die Engel nahmen solch regen Anteil an der Errettung des Menschen, dass unter ihnen solche gefunden werden konnten, die ihre Herrlichkeit und ihr Leben für den verlorenen Menschen hingegeben hätten. „Aber“, sagte mein begleitender Engel, „das würde nicht genügen! Die Übertretung war so groß, dass das Leben eines Engels die Schuld nicht bezahlen könnte. Nur der Tod und die Fürsprache des Sohnes Gottes können die Schuld bezahlen und den verlorenen Menschen von hoffnungslosem Kummer und Elend erlösen.“ FS.137.3 Teilen

138

Das Werk aber, das den Engeln zugewiesen wurde, bestand darin, mit stärkendem Balsam aus der Herrlichkeit auf- und abzusteigen, um den Sohn Gottes in seinem Leiden zu trösten und ihm zu dienen. Ferner war es ihre Aufgabe, die Untertanen der Gnade vor den bösen Engeln zu behüten und sie vor der Finsternis, die Satan beständig um sie verbreitete, zu bewahren. Ich sah, dass es für Gott unmöglich war, sein Gesetz zu ändern, um den verlorenen, dem Verderben anheimgefallenen Menschen zu retten; deshalb duldete er, dass sein geliebter Sohn für die Übertretung des Menschen starb. FS.138.1 Teilen

Satan frohlockte wiederum mit seinen Engeln, dass er durch den Fall des Menschen den Sohn Gottes von seiner erhabenen Stellung herabziehen konnte. Er erklärte seinen Engeln, dass, wenn Jesus die Natur des gefallenen Menschen auf sich nehmen würde, er ihn überwinden und die Ausführung des Erlösungsplanes verhindern könne. FS.138.2 Teilen

Satan wurde mir gezeigt, wie er einst war: ein glücklicher, erhabener Engel. Dann wurde er mir gezeigt, wie er jetzt ist. Er hat noch eine königliche Gestalt. Seine Züge sind noch edel, denn er ist, obwohl gefallen, doch ein Engel. Aber der Ausdruck seines Gesichts ist voller Angst, Sorge, Unzufriedenheit, Bosheit, Haß, Unheil, Betrug, voll alles Bösen. Diese Stirn, die einst so edel war, betrachtete ich besonders. Sie trat von den Augen an zurück. Ich sah, dass er sich solange mit dem Bösen beschäftigt hatte, bis jede gute Eigenschaft verdorben und jeder böse Charakterzug entfaltet war. Seine Augen waren listig und verschlagen, er hatte einen durchdringenden Blick. Seine Gestalt war groß, aber das Fleisch hing schlaff an seinen Händen und an seinem Gesicht. Als ich ihn betrachtete, ruhte sein Kinn auf seiner linken Hand. Er schien tief in Gedanken versunken zu sein. Ein Lächeln lag auf seinem Gesicht, das mich erzittern ließ, so voller Bosheit war es und voll satanischer List. So lächelt er, kurz bevor er sich seines Opfers sicher ist, und wenn er dann seine Schlingen immer fester um das Opfer schnürt, wird dieses Lächeln abscheulich. FS.138.3 Teilen

139

Ich wurde in die Zeit zurückversetzt, da Jesus die menschliche Natur auf sich nahm, sich selbst erniedrigte und die Versuchungen Satans erduldete. Seine Geburt ereignete sich ohne weltliche Pracht. Er wurde in einem Stall geboren, eine Futterkrippe war seine Wiege. Und doch wurde seine Geburt mehr geehrt als die irgendeines Menschenkindes. Engel vom Himmel benachrichtigten die Hirten von dem Kommen Jesu, und Licht und Herrlichkeit von Gott begleitete ihr Zeugnis. Die himmlischen Heerscharen spielten auf ihren Harfen und priesen Gott. Sie verkündigten triumphierend das Kommen des Sohnes Gottes auf eine gefallene Welt, um das Werk der Erlösung zu vollbringen und durch seinen Tod den Menschen Frieden, Glück und ewiges Leben zu bringen. Gott ehrte die Ankunft seines Sohnes und Engel beteten ihn an. FS.139.1 Teilen

Bei seiner Taufe schwebten Engel Gottes über ihm; der Heilige Geist kam herab in der Gestalt einer Taube und ließ sich auf ihm nieder. Als das Volk höchst verwundert dastand und die Augen auf ihn richtete, da wurde die Stimme des Vaters vom Himmel gehört, die sagte: „Du bist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ FS.139.2 Teilen

Johannes war nicht sicher, ob der, der zu ihm kam, um im Jordan getauft zu werden, der Heiland sei; aber Gott hatte ihm ein Zeichen verheißen, an dem er das Lamm Gottes erkennen sollte. Jenes Zeichen wurde gegeben, als die himmlische Taube auf Jesus ruhen blieb und die Herrlichkeit Gottes ihn umleuchtete. Johannes streckte seine Hand aus, wies auf Jesus und rief mit lauter Stimme: „Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!“ Johannes 1,29. FS.139.3 Teilen

140

Johannes sagte seinen Jüngern, dass Jesus der verheißene Messias, der Heiland der Welt sei. Als sein Werk zu Ende ging, belehrte er sie, auf Jesus zu sehen und ihm als dem großen Lehrer zu folgen. Das Leben des Johannes war voller Kummer und Selbstverleugnung. Er verkündigte den ersten Advent Christi, aber es war ihm nicht erlaubt, Zeuge seiner Wunder zu sein und sich der Macht zu erfreuen, die sich in Jesus offenbarte. Johannes wußte, dass, wenn Jesus als Lehrer auftreten würde, er selbst sterben müsse. Seine Stimme wurde, außer in der Wüste, selten vernommen. Sein Leben war einsam. Er hing nicht an der Familie seines Vaters, um sich ihres Umganges zu erfreuen, sondern verließ sie, um seine Mission zu erfüllen. Scharen verließen die geschäftigen Städte und Dörfer und versammelten sich in der Wüste, um die Worte des wunderbaren Propheten zu hören. Johannes legte die Axt an die Wurzel des Baumes. Er tadelte die Sünde ohne Furcht vor den Folgen und bereitete den Weg für das Lamm Gottes. FS.140.1 Teilen

Herodes wurde tief bewegt, als er dem kraftvollen, treffenden Zeugnis des Johannes lauschte und fragte mit tiefem Interesse, was er tun müsse, um sein Jünger zu werden. Johannes wußte davon, dass Herodes die Frau seines Bruders heiraten wollte, während ihr Mann noch am Leben war. Gewissenhaft sagte er ihm, dass dies nicht dem Gesetz entspräche. Herodes war aber nicht bereit, ein Opfer zu bringen. Er heiratete die Frau seines Bruders, und durch sie dazu veranlaßt, ergriff er Johannes und legte ihn ins Gefängnis, war aber willens, ihn wieder freizulassen. Während Johannes sich dort befand, hörte er durch seine Jünger von den mächtigen Werken Jesu. Er konnte seinen köstlichen Worten nicht lauschen, aber seine Jünger berichteten ihm davon und trösteten ihn mit dem, was sie gehört hatten. Bald wurde Johannes auf Veranlassung der Frau des Herodes enthauptet. Ich sah, dass der geringste Jünger, der Jesus nachfolgte, Zeuge seiner Wunder war und die trostreichen Worte hörte, die von seinen Lippen fielen, größer war als Johannes der Täufer; das heißt, er war erhabener und mehr geehrt und hatte im Leben mehr Freude. FS.140.2 Teilen

141

Johannes kam im Geist und in der Kraft des Elia, um den ersten Advent Christi zu verkündigen. Ich wurde auf die letzten Tage verwiesen und sah, dass Johannes die Gläubigen darstellte, die im Geist und in der Kraft des Elia vorwärtsgehen, um den Tag des Zornes Gottes und den zweiten Advent Christi zu verkündigen. FS.141.1 Teilen

Nach seiner Taufe im Jordan wurde „Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versuchte würde.“ Der Heilige Geist hatte ihn für diese besondere Zeit der starken Versuchungen vorbereitet. Vierzig Tage lang wurde er von Satan versucht, und in diesen Tagen aß er nichts. Alles um ihn herum war unschön, so dass die menschliche Natur davor zurückschrecken musste. Er weilte mit den wilden Tieren und dem Teufel an einem düsteren, einsamen Ort. Der Sohn Gottes sah durch Fasten und Leiden bleich und abgezehrt aus. Aber sein Weg war ihm vorgezeichnet, und er musste das Werk vollbringen, für das er gekommen war. FS.141.2 Teilen

Satan nahm den Vorteil wahr, der ihm aus den Leiden des Sohnes Gottes erwuchs, und nahte sich ihm in vielerlei Versuchungen. Er hoffte, den Sieg über ihn zu gewinnen, weil der Sohn Gottes sich zu einem Menschen erniedrigt hatte. Er nahte sich Jesus mit der Versuchung: „Bist du Gottes Sohn, so sprich zu diesem Stein, dass er Brot werde“. Lukas 4,3. Er versuchte Jesus, sich herabzulassen und ihm einen Beweis zu geben, dass er der Messias sei, indem er seine göttliche Macht offenbarte. Jesus antwortete ruhig: „Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht allein vom Brot, sondern von einem jeden Wort Gottes.“ Lukas 4,4. FS.141.3 Teilen

Satan versuchte, mit Jesus darüber zu streiten, ob er der Sohn Gottes sei. Er verwies auf seinen schwachen, leidenden Zustand und behauptete prahlerisch, dass er stärker sei als Jesus. Aber das vom Himmel gesprochene Wort: „Du bist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe“ (Matthäus 3,17) war genug, um Jesus durch alle Leiden hindurchzuhelfen. Ich sah, dass Christus nichts zu tun brauchte, um Satan von seiner Macht oder davon, dass er der Heiland der Welt war, zu überzeugen. Satan hatte genügend Beweise von Jesu erhabener Stellung und Macht. Seine Weigerung, die Autorität Christi anzuerkennen, hatte ihn aus dem Himmel ausgeschlossen. FS.141.4 Teilen

142

Satan führte Jesus, um seine eigene Macht zu zeigen, nach Jerusalem, stellte ihn auf eine Zinne des Tempels und versuchte ihn dort. Jesus sollte ihm doch beweisen, dass er der Sohn Gottes sei, indem er sich von der schwindelnden Höhe hinabstürze. Satan kam mit den Worten der Schrift: „Er wird seinen Engeln deinetwegen Befehl geben, und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.“ Psalm 91,11+12. Jesus antwortete und sprach zu ihm: „Wiederum steht auch geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.“ Satan wollte Jesus verführen, sich anmaßend auf die Gnade seines Vaters zu verlassen und sein Leben in Gefahr bringen, ehe seine Mission erfüllt sei. Satan hatte gehofft, dass der Erlösungsplan fehlschlagen würde; doch der Plan war zu tief gelegt, als dass er durch Satan hätte durchkreuzt werden können. Matthäus 4,6.7. FS.142.1 Teilen

Christus ist für alle Christen ein Beispiel. Wenn sie versucht oder ihre Rechte bestritten werden, so sollten sie es geduldig ertragen. Sie sollten nicht denken, dass sie das Recht hätten, den Herrn anzurufen, seine Macht dazu zu entfalten, dass sie einen Sieg über ihre Feinde erringen möchten, es sei denn, dass Gott dadurch in direkter Weise geehrt und verherrlicht werden kann. Wenn Jesus sich von der Zinne des Tempels herabgestürzt hätte, so hätte er dadurch nicht seinen Vater verherrlicht, denn niemand wäre Zeuge der Tat gewesen außer Satan und den Engeln Gottes. Jesus wäre dabei nur der Versuchung erlegen, seine Macht vor seinem bittersten Feinde zu entfalten. Es wäre eine Herablassung zu dem gewesen, den zu überwinden Jesus gekommen war. FS.142.2 Teilen

143

„Und der Teufel führte ihn auf einen hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt in einem Augenblick und sprach zu ihm: Alle diese Macht will ich dir geben und ihre Herrlichkeit; denn sie ist mir übergeben, und ich gebe sie, wem ich will. Wenn du mich nun anbetest, so soll sie ganz dein sein. Jesus antwortete ihm und sprach: Es steht geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen.“ Lukas 4,5-8. FS.143.1 Teilen

Satan führte Jesus die Reiche der Welt im anziehendsten Licht vor. Wenn Jesus ihn anbetete, so bot er ihm an, würde er seine Ansprüche auf den Besitz der Erde aufgeben. Satan wußte, dass, wenn der Erlösungsplan zu Ende geführt und Jesus für die Erlösung der Menschen sterben würde, seine eigene Macht beschränkt, am Ende ganz weggenommen und er selbst schließlich vernichtet würde. Es war deshalb sein wohlüberlegter Plan, wenn möglich, die Vollendung des großen Werkes zu verhindern, das der Sohn Gottes nun angefangen hatte. Wenn der Plan, die Menschen zu erlösen, fehlschlüge, so würde Satan das Königreich, das er nun beanspruchte, behalten. Er schmeichelte sich, dass, wenn er Erfolg hätte, er dem Gott des Himmels zum Trotz regieren würde. FS.143.2 Teilen

Satan frohlockte, als Jesus seine Macht und Herrlichkeit ablegte und den Himmel verließ. Er dachte, dass der Sohn Gottes dann in seine Macht gegeben wäre. Beim heiligen Paar im Paradies war es ihm so leicht gelungen, sie zu Fall zu bringen, dass er hoffte, durch seine satanische Macht und List selbst den Sohn Gottes zu überwinden und dadurch sein eigenes Leben und sein Reich zu retten. Wenn er Jesus versuchen könnte, vom Willen seines Vaters abzuweichen, so würde er sein Ziel erreicht haben. Aber Jesus trat dem Versucher mit dem Verweis entgegen: „Weg mit dir, Satan!“ Er beugte sich nur vor seinem Vater. Satan beanspruchte die Reiche der Erde als sein Eigentum und gab Jesus zu verstehen, dass er sich alle seine Leiden ersparen könnte und er es nicht nötig hätte zu sterben, um die Reiche dieser Welt zu erlangen. Wenn er ihn anbetete, so könnte er alle Reiche der Erde haben und die Ehre, über sie zu herrschen. Doch Jesus war standhaft. Er wußte, dass die Zeit käme, in der er durch sein eigenes Leben die Welt von Satans Herrschaft erlösen würde und nach einer bestimmten Zeit alles im Himmel und auf Erden ihm untertan wäre. Er entschied sich für sein Leben des Leidens und für seinen schrecklichen Tod als den von seinem Vater vorgezeichneten Weg, um rechtmäßiger Erbe der Reiche der Erde zu werden und sie zum ewigen Besitz zu erhalten. Auch Satan wird dann in seine Hände gegeben, um durch den Tod vernichtet zu werden, damit er niemals wieder Jesus oder die Heiligen in der Herrlichkeit beunruhige. FS.143.3 Teilen

144

Nachdem Satan seine Versuchungen beendet hatte, wich er eine Zeitlang von Jesus. Engel bereiteten Nahrung für den Sohn Gottes in der Wüste und stärkten ihn, und der Segen seines Vaters ruhte auf ihm. Satan hatte mit seinen heftigsten Versuchungen verloren, doch blickte er vorwärts auf die Zeit des Dienstes Jesu, wenn er zu verschiedenen Zeiten seine List gegen ihn versuchen wollte. Er hoffte immer noch, die Oberhand gegen ihn zu behalten, indem er die, die Jesus nicht annehmen wollten, aufstachelte, ihn zu hassen und umzubringen. Satan hielt mit seinen Engeln einen besonderen Rat. Sie waren enttäuscht und voller Zorn, dass sie gegen den Sohn Gottes nichts ausgerichtet hatten. Sie kamen zur Entscheidung, dass sie noch listiger sein und ihre Kräfte aufs äußerste anstrengen mussten, um im Denken seines eigenen Volkes Unglauben zu wecken, dass es nicht glaubte, dass er der Heiland der Welt sei. Auf diese Weise wollten sie Jesus in seiner Mission entmutigen. Es machte nichts aus, wie genau die Juden in ihren Zeremonien und Opfern waren, wenn sie nur über die Prophezeiungen in Unkenntnis gehalten wurden und ihnen der Glaube eingepflanzt werden konnte, dass der Messias als ein mächtiger irdischer König erscheinen würde. So konnten sie dazu gebracht werden, Jesus zu verachten und zu verwerfen. FS.144.1 Teilen

145

Es wurde mir gezeigt, dass Satan und seine Engel in der Zeit des Dienstes Christi sehr geschäftig waren, die Menschen mit Unglauben, Haß und Spott zu erfüllen. Oft, wenn Jesus eine einschneidende Wahrheit aussprach, die ihre Sünden tadelte, wurde das Volk sehr zornig. Satan und seine Engel drängten sie dazu, dem Sohn Gottes das Leben zu nehmen. Mehr als einmal hoben sie Steine auf, um sie nach ihm zu werfen, aber Engel behüteten ihn und trugen ihn aus der zornigen Menge an einen sicheren Ort. Ein andermal, als reine Wahrheit von seinen heiligen Lippen kam, ergriff ihn die Menge und führte ihn zum Abhang eines Berges, um ihn hinabzustürzen. Es erhob sich aber ein Streit unter ihnen, was sie mit ihm tun sollten; da verbargen ihn die Engel wieder vor den Augen der Menge, und er setzte, mitten durch sie hindurchgehend, seinen Weg fort. FS.145.2 Teilen

Satan hoffte immer noch, dass der große Erlösungsplan fehlschlagen würde. Er strengte alle seine Kräfte an, um die Herzen des Volkes hart und ihre Gefühle gegen Jesus bitter zu machen. Er hoffte, dass so wenige ihn als den Sohn Gottes annehmen würden, dass er seine Leiden und sein Opfer für eine so kleine Schar dann als zu groß erachten würde. Aber ich sah, dass, wenn nur zwei dagewesen wären, die Jesus als den Sohn Gottes angenommen und an ihn zur Errettung ihrer Seelen geglaubt hätten, er seinen Plan ausgeführt hätte. FS.145.3 Teilen

Jesus fing sein Werk an, indem er die Macht Satans über die Leidenden brach. Er machte die Kranken gesund, gab den Blinden die Sehkraft wieder und heilte die Lahmen, dass sie vor Freude hüpften und Gott lobten. Er machte die wieder gesund, die schwach und durch Satans grausame Macht jahrelang gebunden gewesen waren. Er tröstete die Schwachen, die Zitternden, die Verzagenden mit gütigen Worten. Die Schwachen und Leidenden, die Satan im Triumph festhielt, entriß er ihm; er brachte ihnen die Gesundheit ihres Körpers und große Freude und Glückseligkeit. Er erweckte Tote zum Leben, und sie priesen Gott für die kraftvolle Entfaltung seiner Macht. Er wirkte mächtig für alle, die an ihn glaubten. FS.145.4 Teilen

146

Das Leben Christi war mit Worten und Taten des Wohlwollens, des Mitgefühls und der Liebe erfüllt. Er war immer bereit, die Nöte derer, die zu ihm kamen, anzuhören und ihnen zu helfen. Sehr viele trugen an ihrer eigenen Person den Beweis seiner göttlichen Macht. Dennoch, nachdem das Werk an ihnen vollbracht war, schämten sich viele des demütigen, doch mächtigen Lehrers. Weil die Mächtigen nicht an ihn glaubten, war auch das Volk nicht bereit, Jesus anzunehmen. Er war ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut. Sie konnten es nicht ertragen, von seinem ernsten, selbstverleugnenden Leben regiert zu werden. Sie wünschten sich der Ehren zu erfreuen, die die Welt verleiht. Viele jedoch folgten dem Sohn Gottes nach, lauschten seinen Lehren und erfreuten sich an seinen gütigen Worten. Sie waren sehr inhaltsreich und doch so einfach, dass auch die Schwächsten sie verstehen konnten. FS.146.1 Teilen

Satan und seine Engel verblendeten die Augen der Juden und verdunkelten ihr Verständnis. Sie reizten die Obersten des Volkes und die Schriftgelehrten dazu, dem Heiland das Leben zu nehmen. Es wurden Diener zu Jesus gesandt, ihn gefangenzunehmen, doch als die sich ihm näherten, waren sie sehr verwundert. Sie sahen ihn beim Anblick menschlichen Wehs mit Mitleid und Erbarmen erfüllt. Sie hörten ihn in Liebe und Zärtlichkeit ermutigend zu den Schwachen und Betrübten reden. Sie hörten ihn auch mit mächtiger Stimme die Macht Satans schelten und seinen Gefangenen gebieten, frei zu sein. Sie lauschten den Worten der Weisheit, die von seinen Lippen kamen und waren gefesselt; sie konnten nicht Hand an ihn legen. So kehrten sie ohne Jesus zu den Priestern und Ältesten zurück. Als sie gefragt wurden: „Warum habt ihr ihn nicht gebracht?“, erzählten sie von den Wundern, deren Zeugen sie gewesen waren, und von den heiligen Worten der Weisheit, der Liebe und der Erkenntnis, die sie gehört hatten, und schlossen mit den Worten: „Noch nie hat ein Mensch so geredet wie dieser.“ Johannes 7,45.46. Die Hohepriester beschuldigten sie, dass sie auch verführt seien, und manche der Diener schämten sich, dass sie ihn nicht ergriffen hatten. Spöttisch fragten die Priester, ob auch irgend ein Oberster an ihn glaube. Ich sah, dass viele von den Obersten und Ältesten an Jesus glaubten, doch Satan hielt sie davor zurück, dies zuzugeben. Sie fürchteten den Tadel des Volkes mehr als Gott. FS.146.2 Teilen

147

Bis dahin hatte die List und der Haß Satans den Erlösungsplan nicht aufhalten können. Die Zeit für die Erfüllung dessen, wofür Jesus in die Welt gekommen war, rückte näher. Satan und seine Engel berieten sich und beschlossen, Christi eigenes Volk zu beeinflussen, dass es nach seinem Blut verlangen und Grausamkeit und Hohn auf ihn häufen sollte. Sie hofften, dass Christus sich über eine solche Behandlung ärgern und seine Demut und Sanftmut nicht bewahren würde. FS.147.1 Teilen

Während Satan seine Pläne schmiedete, eröffnete Jesus seinen Jüngern sorgfältig die Leiden, durch die er gehen müsse, dass er gekreuzigt werden und am dritten Tage wieder auferstehen würde. Aber ihr Verständnis schien wie betäubt, und sie konnten das, was er ihnen sagte, nicht erfassen. FS.147.2 Teilen

Als die Jünger bei der Verklärung die Herrlichkeit Christi schauen und die Stimme vom Himmel hören durften, die seinen göttlichen Charakter bestätigte, wurde ihr Glaube sehr gestärkt. Gott wollte den Nachfolgern Jesu starke Beweise geben, dass er der verheißene Messias sei, damit sie in ihrem bitteren Kummer und in ihrer Enttäuschung bei seiner Kreuzigung ihr Vertrauen nicht völlig wegwerfen würden. Bei der Verklärung sandte der Herr Mose und Elia, um mit Jesus über seine Leiden und seinen Tod zu sprechen. Anstatt dazu Engel zu senden, wählte Gott solche, die selbst die irdischen Schwierigkeiten erfahren hatten. FS.147.3 Teilen

148

Elia war mit Gott gewandelt. Sein Werk war schwierig und mühevoll gewesen, denn durch ihn hatte der Herr die Sünden Israels getadelt. Elia war ein Prophet Gottes, und doch war er gezwungen, von Ort zu Ort zu fliehen, um sein Leben zu retten. Sein eigenes Volk hetzte ihn wie ein wildes Tier, um ihn zu vernichten. Aber Gott verwandelte Elia. Engel trugen ihn im Sieg und Triumph gen Himmel. FS.148.1 Teilen

Mose war größer als irgendeiner, der vor ihm gelebt hatte. Er war von Gott hoch geehrt worden, denn er hatte das Vorrecht, von Angesicht zu Angesicht mit Gott zu reden, wie ein Mann mit seinem Freund spricht. Er durfte das helle Licht und die wunderbare Herrlichkeit sehen, die den Vater umgab. Durch Mose befreite der Herr die Kinder Israel aus der Knechtschaft in Ägypten. Mose war ein Mittler für sein Volk und stand oft zwischen ihm und dem Zorn Gottes. Wenn der Zorn des Herrn gegen die Kinder Israel wegen ihres Unglaubens, ihres Murrens und ihrer schrecklichen Sünden mächtig entbrannt war, wurde die Liebe Moses zu ihnen geprüft. Gott schlug vor, sie zu vernichten und ihn zu einem mächtigen Volk zu machen; aber Mose bewies seine Liebe zu den Kindern Israel, indem er ernstlich für sie bat. In seinem Schmerz schrie er zu Gott, sich von seinem grimmigen Zorn abzuwenden und Israel zu vergeben oder seinen Namen aus dem Buch des Lebens auszulöschen. FS.148.2 Teilen

Als die Kinder Israel gegen Gott und gegen Mose murrten, weil sie kein Wasser hatten, beschuldigten sie Mose, dass er sie aus Ägypten ausgeführt habe, um sie und ihre Kinder zu töten. Gott hörte ihr Murren und gebot Mose, zum Felsen zu sprechen, damit das Volk Wasser hätte. Mose aber schlug den Felsen im Zorn und nahm die Ehre für sich. Der fortgesetzte Eigensinn und das Murren der Kinder Israel hatten ihm den tiefsten Kummer verursacht, und er vergaß für eine kurze Zeit, wie viel Geduld der Herr mit ihnen gehabt hatte und dass ihr Murren sich nicht gegen ihn, sondern gegen Gott richtete. Er dachte nur an sich, wie unrecht ihm geschah und wie wenig Dankbarkeit sie ihm für seine tiefe Liebe entgegenbrachten. FS.148.3 Teilen

149

Es war Gottes Absicht, sein Volk öfter in schwierige Lagen zu bringen und sie dann in ihrer Not durch seine Macht zu erretten, damit sie seine Liebe und Fürsorge für sie erkennen und ihm dienen und ihn ehren möchten. Aber Mose hatte es versäumt, Gott zu ehren und seinen Namen vor dem Volke zu verherrlichen, damit es ihn preisen möchte. Dadurch zog er sich das Mißfallen Gottes zu. FS.149.1 Teilen

Als Mose mit den zwei steinernen Tafeln vom Berg herabkam und sah, wie die Kinder Israel das goldene Kalb anbeteten, da ergrimmte sein Zorn sehr, und er warf die steinernen Tafeln zu Boden und zerbrach sie. Ich sah, dass Mose damit nicht sündigte. Er war erzürnt für Gott und eiferte für seine Ehre. Aber als er den natürlichen Gefühlen seines Herzens folgte und die Ehre, die Gott gebührte, für sich nahm, da sündigte er, und wegen dieser Sünde wollte Gott ihn nicht in das Land Kanaan eingehen lassen. FS.149.2 Teilen

Satan hatte versucht, etwas zu finden, dessen er Mose vor den Engeln anklagen könnte. Er frohlockte über seinen Erfolg, dass er Mose dazu gebracht hatte, sich das Mißfallen Gottes zuzuziehen, und er sagte den Engeln, dass er den Heiland der Welt überwinden könne, wenn er kommen sollte, die Welt zu erlösen. Mose gelangte für seine Übertretung unter die Macht Satans — die Herrschaft des Todes. Wäre er standhaft geblieben, so hätte ihn der Herr in das verheißene Land gebracht und ihn dann, ohne dass er den Tod gesehen hätte, verwandelt und in den Himmel genommen. FS.149.3 Teilen

Mose ging durch den Tod, aber Michael kam herab und gab ihm das Leben wieder, ehe sein Körper Verwesung gesehen hatte. Satan versuchte, seinen Leib zu behalten, indem er ihn als sein Eigen beanspruchte; aber Michael rief Mose wieder ins Leben und nahm ihn in den Himmel. Satan lästerte schrecklich über Gott und beschuldigte ihn der Ungerechtigkeit, weil er erlaubte, dass ihm seine Beute genommen würde. Christus jedoch schalt seinen Widersacher nicht, obgleich der Knecht Gottes ja durch Satans Versuchungen gefallen war. Er verwies ihn bescheiden auf seinen Vater und sagte: „Der Herr schelte dich!“ Judas 9. FS.149.4 Teilen

150

Jesus hatte seinen Jüngern gesagt, dass einige bei ihm stünden, die den Tod nicht schmecken würden, bis sie das Reich Gottes mit Macht hätten kommen sehen. Bei der Verklärung wurde diese Verheißung erfüllt. Das Angesicht Jesu wurde dort verändert und leuchtete wie die Sonne. Sein Gewand war weiß und glänzend. Mose war als Vertreter derer gegenwärtig, die beim zweiten Kommen Jesu von den Toten auferweckt werden. Elia, der verwandelt worden war, ohne den Tod zu sehen, stellt jene Menschen dar, die beim zweiten Kommen Christi zur Unsterblichkeit verwandelt und, ohne den Tod zu sehen, in den Himmel aufgenommen werden. Die Jünger sahen mit Furcht und Erstaunen die außerordentliche Majestät Jesu und die Wolke, die ihn überschattete, und sie hörten die Stimme Gottes in schrecklicher Majestät sagen: „Dies ist mein auserwählter Sohn; den sollt ihr hören.“ Lukas 9,35. FS.150.1 Teilen

Ich wurde in die Zeit versetzt, als Jesus mit seinen Jüngern das Passahmahl genoß. Der Satan hatte Judas getäuscht und ihn glauben gemacht, dass er ein wahrer Jünger Christi sei; aber sein Herz war immer fleischlich gesinnt gewesen. Er hatte die mächtigen Werke Jesu gesehen, er war während der Zeit seines Dienstes mit ihm gewesen und hatte den überwältigenden Bezeugungen, dass Jesus der Messias sei, nachgegeben. Doch Judas war habsüchtig und geizig, er liebte das Geld. Im Zorn beklagte er die Verschwendung der kostbaren Salbe, die auf die Füße Jesu gegossen wurde. Maria aber liebte ihren Herrn. Jesus hatte ihr ihre Sünden vergeben, und es waren viele. Er hatte ihren vielgeliebten Bruder von den Toten auferweckt, und sie dachte, dass nichts zu kostbar für ihn wäre. Je kostbarer die Salbe, desto besser konnte sie ihm ihre Dankbarkeit beweisen, wenn sie sie ihm darbrachte. Judas in seinem Geiz hingegen meinte, die Salbe hätte verkauft und der Betrag den Armen gegeben werden können. Aber das sagte er nicht, weil er sich um die Armen sorgte; denn er war habsüchtig und hatte oft auf unehrliche Weise Mittel, die zum Wohle der Armen bestimmt waren, sich selbst angeeignet. Judas hatte sich unaufmerksam gegen die Bedürfnisse Jesu gezeigt, und um seinen Geiz zu entschuldigen, berief er sich oft auf die Armen. Diese großzügige Handlung Marias stand in schroffem Gegensatz zu seiner eigenen Selbstsucht. Der Weg war gebahnt, die Versuchung Satans fand im Herzen des Judas bereitwillige Aufnahme. FS.150.2 Teilen

151

Die Priester und Obersten der Juden haßten Jesus; das Volk aber versammelte sich in großer Menge, um seinen weisen Worten zu lauschen und seine mächtigen Werke zu sehen. Das Volk wurde von tiefem Interesse bewegt. Voller Eifer folgten sie Jesus, um die Unterweisungen des wunderbaren Lehrers zu hören. Viele der Obersten glaubten an ihn, wagten aber nicht, ihren Glauben zu bekennen, da sie sonst aus der Synagoge verstoßen worden wären. Die Priester und Obersten beschlossen, dass etwas geschehen müsse, um die Aufmerksamkeit des Volkes von Jesus abzuwenden. Sie fürchteten, dass alle Menschen an ihn glauben würden; sie fühlten sich darum nicht mehr sicher. Sie würden entweder ihre Stellung verlieren oder mussten Jesus töten. Aber nachdem sie seinem Leben ein Ende gemacht hätten, wären noch immer Menschen da, die lebendige Denkmäler seiner Macht waren. Jesus hatte Lazarus von den Toten auferweckt. Sie fürchteten, dass, wenn sie Jesus töteten, Lazarus von seiner großen Macht zeugen würde. Das Volk scharte sich zusammen, um den zu sehen, der vom Tode auferweckt worden war. So waren die Obersten entschlossen, auch Lazarus zu töten und dieser Aufregung ein Ende zu machen. Dann würden sie das Volk zu den Aufsätzen und Lehren der Menschen bekehren, dass es Kümmel, Dill und Minze verzehnte, und würden aufs neue Einfluß auf die Menschen haben. Sie kamen überein, Jesus gefangenzunehmen, wenn er allein wäre; denn würden sie es gewagt haben, ihn in der Menge zu ergreifen, während das Volk ihm mit Interesse zuhörte, hätte man sie gesteinigt. FS.151.1 Teilen

152

Judas wußte, wie sehr die Obersten darauf aus waren, Jesus zu greifen. So bot er sich an, seinen Herrn für einige Silberstücke an die Hohenpriester und Ältesten zu verraten. Die Liebe zum Geld brachte ihn so weit, dass er einwilligte, seinen Herrn in die Hände seiner bittersten Feinde auszuliefern. Satan wirkte durch Judas, und während der ergreifenden Szene des letzten Abendmahles machte der Verräter Pläne, seinen Herrn zu verraten. Voller Sorge sagte Jesus zu seinen Jüngern, dass sie sich alle in jener Nacht an ihm ärgern würden. Doch Petrus behauptete mit großem Eifer, dass, wenn sie sich auch alle an ihm ärgerten, er sich nicht ärgern würde. Jesus sagte zu Petrus: „Siehe, der Satan hat begehrt, euch zu sichten wie den Weizen. Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du dereinst dich bekehrst, so stärke deine Brüder.“ Lukas 22,31.32. FS.152.1 Teilen

Ich sah Jesus mit seinen Jüngern im Garten. In tiefer Sorge bat er sie, zu wachen und zu beten, damit sie nicht in Anfechtung fielen. Er wußte, dass ihr Glaube auf die Probe gestellt werden sollte, dass sie ihre Hoffnungen dahinschwinden sehen würden und dass sie alle Kraft, die sie durch anhaltendes Wachen und Beten erlangen könnten, brauchten. Mit lautem Aufschrei und Weinen betete er: „Vater, willst du, so nimm diesen Kelch von mir; doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“ Lukas 22,42. Der Sohn Gottes betete in Todesangst. Große Blutstropfen traten auf seine Stirn und fielen zur Erde. Engel schwebten über dieser Stätte und waren Zeugen dieser Szene, aber nur einer bekam den Auftrag, hinzugehen und den Sohn Gottes in seiner Todesangst zu stärken. Im Himmel herrschte keine Freude. Die Engel warfen ihre Kronen und Harfen von sich und blickten in tiefstem Interesse schweigend auf Jesus. Sie wollten den Sohn Gottes umgeben, aber die befehlenden Engel gestatteten dies nicht, damit sie ihn nicht befreiten, wenn sie den Verrat sähen; denn der Plan war gelegt worden und musste ausgeführt werden. FS.152.2 Teilen

153

Nachdem Jesus gebetet hatte, kehrte er wieder zu seinen Jüngern zurück; doch sie schliefen. In jener schrecklichen Stunde hatte er nicht einmal das Mitleid und die Gebete seiner Jünger. Petrus, der sich erst vor kurzem seiner Hingabe gerühmt hatte, lag im tiefsten Schlaf. Jesus erinnerte ihn an seine bestimmten Behauptungen und sagte zu ihm: „Könnt ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen?“ Matthäus 26,40. Dreimal betete der Sohn Gottes in dieser Todesangst. Da erschien Judas mit seiner Schar bewaffneter Männer. Er näherte sich wie gewöhnlich seinem Herrn, um ihn zu begrüßen. Die Schar umgab Jesus; er aber offenbarte seine göttliche Kraft, als er sagte: „Wen sucht ihr? Ich bin’s!“ Johannes 18,4.6. Sie fielen rückwärts zu Boden. Jesus hatte diese Frage gestellt, damit sie seine Kraft wahrnehmen möchten und um ihnen einen Beweis zu geben, dass er sich aus ihren Händen befreien könnte, wenn er es wollte. FS.153.1 Teilen

In den Herzen der Jünger stiegen neue Hoffnungen auf, als sie die Schar mit ihren Stöcken und Schwertern so schnell hinfallen sahen. Als sie sich erhoben und den Sohn Gottes wiederum umgaben, zog Petrus sein Schwert und hieb dem Knecht des Hohenpriesters ein Ohr ab. Aber Jesus befahl Petrus, sein Schwert in die Scheide zu stecken, und sagte: „Meinst du, ich könnte meinen Vater nicht bitten, dass er mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel schickte?“ Als er diese Worte sagte, sah ich, dass sich die Angesichter der Engel mit neuer Hoffnung belebten. Sie wünschten, ihren Befehlshaber sofort umgeben zu dürfen und jenen bösen Pöbel zu zerstreuen. Aber Traurigkeit überkam sie wieder, als Jesus die Worte hinzufügte: „Wie würde dann aber die Schrift erfüllet, dass es so geschehen muss?“ Auch die Herzen der Jünger wurden mit Verzweiflung und bitterer Enttäuschung erfüllt, als Jesus gestattete, dass seine Feinde ihn wegführten. Matthäus 26,53.54. FS.153.2 Teilen

154

Die Jünger fürchteten für ihr eigenes Leben; sie verließen ihn alle und flohen. Jesus war mit der mörderischen Rotte allein gelassen. O, welch ein Triumph für Satan! Aber welche Traurigkeit und welches Herzeleid für die Engel Gottes! Viele Heerscharen heiliger Engel mit je einem großen Engel als Befehlshaber an ihrer Spitze waren hingesandt worden, Zeugen dieser Szene zu sein. Sie sollten jede Beleidigung und jede Grausamkeit, die dem Sohn Gottes widerfuhr, aufzeichnen und jede Seelenqual, die Jesus erleiden musste, registrieren; denn dieselben Männer, die sich dieser schrecklichen Szene damals anschlossen, sollen das alles in lebenden Bildern wiedersehen. FS.154.1 Teilen

Als die Engel den Himmel verließen, legten sie traurig ihre glänzenden Kronen nieder. Sie konnten sie nicht tragen, wenn ihr Oberbefehlshaber litt und eine Dornenkrone tragen sollte. Satan und seine Engel waren im Richthaus sehr beschäftigt, jedes menschliche Gefühl und Mitleid zu zerstören. Sogar die Luft dort war schwer und von ihrem Einfluß verunreinigt. Die Hohenpriester und Ältesten wurden von ihnen inspiriert, Jesus auf eine für die menschliche Natur geradezu unerträgliche Art und Weise zu behandeln. Satan hoffte, dass solcher Hohn und Spott beim Sohn Gottes ein Klagen oder Murren hervorrufen würde oder dass er seine göttliche Kraft offenbaren und sich aus den Händen der Menge befreite. Dadurch würde der Erlösungs-plan am Ende doch vereitelt werden. FS.154.2 Teilen

155

Petrus war seinem Herrn, nachdem er verraten war, gefolgt. Er wollte unbedingt sehen, was man mit Jesus machen würde. Als man ihn aber beschuldigte, einer von den Jüngern Jesu zu sein, erklärte er, um seine eigene Sicherheit fürchtend, dass er den Menschen nicht kenne. Die Jünger waren durch die Reinheit ihrer Sprache bekannt, und Petrus, um seine Ankläger zu überzeugen, dass er keiner von den Jüngern Christi sei, leugnete zum drittenmal mit Fluchen und Schwören. Jesus, der in einiger Entfernung von Petrus stand, schaute ihn mit einem traurigen, tadelnden Blick an. Da erinnerte sich der Jünger an die Worte Jesu, die er vor einigen Stunden im Obergemach zu ihnen gesagt hatte, und auch an seine eigene, eifrige Zusicherung: „Wenn sie auch alle Ärgernis nehmen, so will ich doch niemals Ärgernis nehmen an dir.“ Matthäus 26,33. Er hatte seinen Herrn verleugnet, sogar mit Schwören und Fluchen. Aber der Blick Jesu brachte das Herz des Petrus zum Schmelzen und rettete ihn. Er weinte bitterlich und bereute seine große Sünde, wurde bekehrt und war dann vorbereitet, seine Brüder zu stärken. FS.155.1 Teilen

Die Menge schrie nach dem Blut Jesu. Sie schlugen ihn auf grausame Art und Weise, legten ihm einen alten königlichen Purpurmantel an und setzten eine Dornenkrone auf sein heiliges Haupt. Sie gaben ihm eine Rute in die Hand, beugten sich vor ihm und grüßten ihn spöttisch: „Gegrüßet seist du, der Juden König!“ Dann nahmen sie ihm die Rute aus der Hand und schlugen ihn damit auf sein Haupt, wodurch die Dornen in seine Stirn drangen und Blutstropfen über sein Gesicht und in den Bart liefen. Matthäus 27,29. FS.155.2 Teilen

Es war sehr schwer für die Engel, diesen Anblick zu ertragen. Sie hätten Jesus befreit, aber die befehlenden Engel ließen es nicht zu und erklärten, dass es ein großer Preis war, der für den Menschen bezahlt werden musste, dass dieser Preis jedoch vollständig genügen und den Tod desjenigen verursachen würde, der selbst Macht über den Tod hatte. Jesus wußte, dass Engel Zeugen seiner Demütigung waren. Der geringste Engel hätte die spottende Menge machtlos machen, zu Boden werfen und Jesus befreien können. Er wußte, wenn er seinen Vater darum bäte, ihn Engel sofort befreien würden. Es war jedoch notwendig, dass er von gottlosen Menschen Gewalt litt, um den Heilsplan Gottes auszuführen. FS.155.3 Teilen

156

Jesus stand demütig und ruhig vor der aufgebrachten Menge, während sie ihn aufs schändlichste mißhandelte. Sie spieen ihm ins Angesicht, in jenes Antlitz, vor dem sie sich einst zu verbergen wünschen werden, das das Licht der Stadt Gottes sein und noch heller als die Sonnen leuchten wird. Christus gab seinen Beleidigern keinen zornigen Blick. Sie bedeckten sein Haupt mit einem alten Gewand, verbanden ihm so die Augen, schlugen ihn ins Gesicht und riefen: „Weissage, wer ist’s, der dich schlug?“ Unter den Engeln entstand Bewegung. Sie hätten ihn sofort befreit, aber ihre befehlenden Engel hielten sie zu rück. Lukas 22,64. FS.156.1 Teilen

Einige seiner Jünger hatten den Mut gefaßt einzutreten, wo Jesus war, und sein Verhör mit anzuhören. Sie erwarteten, dass er seine göttliche Kraft offenbaren und sich aus den Händen seiner Feinde befreien würde. Ihre Hoffnungen stiegen und sanken, als die verschiedenen Szenen wechselten. Manchmal zweifelten sie und fürchteten, dass sie getäuscht worden waren. Aber die Stimme, die sie auf dem Verklärungsberg gehört hatten, und die Herrlichkeit, die sie dort gesehen hatten, stärkten ihren Glauben, dass er der Sohn Gottes sei. Sie erinnerten sich der Szenen, die sie erlebt hatten, der Wunder, die sie Jesus hatten wirken sehen, als er Kranke heilte, Blinde sehend, Taube hörend machte, Teufel strafte und austrieb, Tote auferweckte und sogar Wind und Meer beruhigte. Sie konnten nicht glauben, dass er sterben würde. Sie hofften noch immer, dass er sich mit Macht erheben und mit befehlender Stimme die blutdürstige Menge auseinandertreiben würde wie damals, als er den Tempel betrat und die Menschen vertrieb, die seines Vaters Haus zum Kaufhaus gemacht hatten und sie vor ihm flohen, als ob sie von einer Schar bewaffneter Soldaten gejagt würden. Die Jünger hofften, dass Jesus seine Kraft offenbaren und allen klar machen würde, dass er der König von Israel sei. FS.156.2 Teilen

157

Judas wurde von Gewissensbissen gequält und von Scham über seine verräterische Tat erfüllt, weil er Jesus ausgeliefert hatte. Als er nun aber die Mißhandlung, die der Heiland ertragen musste, sah, wurde er überwältigt. Er hatte Jesus geliebt, das Geld aber noch mehr. Er hatte nicht gedacht, dass Jesus sich von jener Rotte, die er anführte, gefangennehmen lassen würde. Er hatte erwartet, dass er ein Wunder tun und sich aus ihren Händen befreien würde. Als er aber die aufgebrachte Menge im Richthaus sah, wie sie nach Blut dürstete, empfand er tief seine Schuld. Während viele eifrig bemüht waren, Jesus zu beschuldigen, drängte sich Judas durch die Menge und bekannte, dass er gesündigt habe, indem er unschuldiges Blut verraten hatte. Er bot den Priestern das ihm bezahlte Geld wieder an und flehte sie an, Jesus loszulassen. Er erklärte, dass Jesus gänzlich unschuldig sei. FS.157.1 Teilen

Für kurze Zeit waren die Priester vor Ärger und Verwirrung stumm. Sie wollten nicht, dass bekannt würde, dass sie einen der vorgeblichen Nachfolger Jesu bestochen hatten, Jesus ihren Händen auszuliefern. Sie wollten verbergen, dass sie Jesus wie einen Dieb gesucht und ihn im geheimen ergriffen hatten. Aber das Bekenntnis des Judas und sein verstörtes, schuldiges Aussehen stellte die Priester vor der Menge bloß und zeigte, dass es nur Haß gewesen war, der sie veranlaßt hatte, Jesus zu ergreifen. Als Judas mit lauter Stimme Jesus für unschuldig erklärte, erwiderten die Priester: „Was geht uns das an? Da sieh du zu.“ Matthäus 27,4. Sie hatten Jesus in ihrer Gewalt und waren entschlossen, ihn festzuhalten. Voller Verzweiflung warf Judas das Geld, das er jetzt verachtete, zu den Füßen derer, die ihn für den Verrat gedungen hatten, und in Angst und Schrecken ging er hinaus und erhängte sich. FS.157.2 Teilen

158

Jesus hatte viele Mitfühlende in der ihn umgebenden Menge, und sein Schweigen auf alle Fragen, die an ihn gerichtet wurden, setzte die Menge in Erstaunen. Trotz allem Spott und aller Wut des Pöbels lag kein geängstigter Ausdruck oder böser Zug in seinem Angesicht. Er trug alles mit Würde und Ruhe. Die Zuschauer blickten mit Verwunderung auf ihn und verglichen seine vollkommene Gestalt, sein festes und würdiges Benehmen mit dem Aussehen derjenigen, die über ihn zu Gericht saßen. Sie sagten zueinander, dass Jesus mehr wie ein König aussehe als irgendeiner der Obersten. Er trug keine Merkmale eines Verbrechers. Sein Auge war mild, klar und unerschrocken, seine Stirn breit und hoch. Ein jeder Gesichtszug war Güte und drückte tiefe, edle Grundsätze aus. Seine Geduld und Nachsicht waren etwas so Außergewöhnliches für einen Menschen, dass viele davor zitterten. Sogar Herodes und Pilatus waren beim Anblick seines edlen, gottähnlichen Benehmens sehr beunruhigt. FS.158.1 Teilen

Schon von Anfang an war Pilatus überzeugt, dass Jesus kein gewöhnlicher Mensch war. Er sah in ihm einen außergewöhnlichen Charakter und hielt ihn für gänzlich unschuldig. Die Engel, die bei der Szene anwesend waren, merkten die innere Überzeugung des römischen Landpflegers. Um ihn vor dieser schrecklichen Tat zu bewahren, Jesus zur Kreuzigung den Händen des Pöbels auszuliefern, wurde ein Engel zur Frau des Pilatus geschickt. In einem Traum teilte er ihr mit, dass es der Sohn Gottes sei, dessen Sache ihr Mann in Verhandlung habe, und dass er unschuldig litt. Sie sandte sofort diese Botschaft zu Pilatus mit der Bemerkung, dass sie viel gelitten habe im Traum um Jesu willen, und warnte ihn davor, etwas mit jenem heiligen Manne zu tun zu haben. Der Bote drängte sich eilig durch die Menge und übergab Pilatus den Brief seiner Frau. Als er ihn las, wurde er bleich und zitterte und entschloß sich sofort, nichts mit der Kreuzigung Jesu zu tun haben zu wollen. Wenn die Juden das Blut Jesu verlangten, wollte er nichts dazu beitragen, sondern versuchen, ihn zu befreien. FS.158.2 Teilen

159

Als Pilatus hörte, dass Herodes in Jerusalem war, war er sehr erleichtert, denn er hoffte, sich nun von aller Verantwortung im Verhör und bei der Verurteilung Jesu befreien zu können. Er schickte ihn sofort mit seinen Anklägern zu Herodes. Dieser Herrscher war in der Sünde verhärtet worden. Die Hinrichtung Johannes des Täufers hatte auf seinem Gewissen einen Flecken hinterlassen, von dem er sich nicht reinigen konnte. Als er von Jesus und seinen mächtigen Werken hörte, fürchtete er sich und zitterte, denn er hielt ihn für Johannes den Täufer, der von den Toten auferstanden sei. Als Jesus durch Pilatus in seine Hände übergeben wurde, betrachtete Herodes diese Handlungsweise als Anerkennung seiner Macht, Autorität und Gerichtsbarkeit. Das bewirkte, dass diese beiden Herrscher, die zuvor Feinde gewesen waren, Freunde wurden. Herodes freute sich, Jesus zu sehen, da er erwartete, dass er zu seiner Befriedigung irgendein mächtiges Wunder wirken würde. Aber es war nicht die Aufgabe Jesu, Neugierde zu befriedigen oder seine eigene Sicherheit zu suchen. Seine göttliche wunderwirkende Macht sollte für das Seelenheil anderer ausgeübt werden, aber nicht für sich selbst. FS.159.1 Teilen

Jesus antwortete weder auf die vielen Fragen, die ihm Herodes stellte, noch erwiderte er seinen Feinden etwas, die ihn heftig verklagten. Herodes geriet außer sich, da Jesus sich vor seiner Macht nicht zu fürchten schien; und mit all seinen Kriegsmännern verlachte, verspottete und mißhandelte er den Sohn Gottes. Dennoch war er verwundert über die edle, gottähnliche Erscheinung Jesu, als er so mißhandelt wurde; und da Herodes sich fürchtete, ihn zu verdammen, sandte er ihn wieder zu Pilatus zurück. FS.159.2 Teilen

Satan und seine Engel versuchten Pilatus und gaben sich Mühe, ihn ins Verderben zu stürzen. Sie flüsterten ihm ein, dass, wenn er keinen Anteil an der Verurteilung Jesu nehmen wolle, andere es tun würden; die Menge dürste nach seinem Blut, und wenn er ihn nicht dem Tod überantworte, würde er seine Macht und weltliche Ehre verlieren und als ein Anhänger dieses Hochstaplers angesehen werden. Weil nun Pilatus fürchtete, seine Stellung und Macht zu verlieren, willigte er in den Tod Jesu ein. Er machte aber die Ankläger schuldig am Blut Jesu, und die Menge nahm es an und schrie: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder.“ Trotzdem war Pilatus nicht rein; er war schuldig am Blut Jesu. Aus selbstsüchtigen Gründen und aus Liebe zur Ehre von den Großen dieser Welt lieferte er einen unschuldigen Menschen dem Tode aus. Wenn Pilatus nach seiner eigenen Überzeugung gehandelt hätte, dann hätte er nichts mit der Verurteilung dieses Mannes zu tun gehabt. FS.159.3 Teilen

160

Die Erscheinung und die Worte Jesu während seines Verhörs hatten einen tiefen Eindruck auf das Denken vieler Anwesenden gemacht. Die Folgen dieses Einflusses machten sich nach seiner Auferstehung bemerkbar. Unter denen, die sich dann der Gemeinde anschlossen, befanden sich viele, deren Bekehrung auf die Zeit des Verhörs Jesu zurückzuführen war. FS.160.1 Teilen

Satans Wut war groß, als er erkannte, dass alle Grausamkeit, zu der er die Juden gegen Jesus veranlaßt hatte, nicht das leiseste Murren bei ihm auslöste. Obgleich Jesus die menschliche Natur angenommen hatte, wurde er doch durch gottähnliche Stärke aufrecht erhalten und wich nicht im geringsten vom Willen seines Vaters ab. FS.160.2 Teilen

Der Sohn Gottes wurde dem Volk zur Kreuzigung übergeben. Mit lautem Triumphgeschrei führten sie den teuren Heiland weg. Er war durch den Mangel an Ruhe und infolge der erlittenen Schmerzen und des Blutverlustes wegen der Geißelung und der Schläge, die er erhalten hatte, schwach und hinfällig. Trotzdem wurde das schwere Kreuz, an das er bald geschlagen werden sollte, auf ihn gelegt. Jesus stürzte unter der Last ohnmächtig zu Boden. Dreimal wurde ihm das Kreuz auf seine Schultern geladen, und dreimal sank er bewußtlos nieder. Einer seiner Nachfolger, ein Mann, der ihn nicht öffentlich bekannt hatte, aber dennoch an ihn glaubte, wurde nun ergriffen. Das Kreuz Christi wurde ihm aufgelegt, und er trug es bis zur verhängnisvollen Stelle. Scharen von Engeln waren über dieser Stätte in der Luft versammelt worden. Eine Anzahl von Jüngern Christi folgten ihm nach Golgatha. Sie erinnerten sich an seinen triumphalen Einzug in Jerusalem vor nur wenigen Tagen, als sie ihn mit fröhlichen Hosiannarufen und wehenden Palmzweigen begrüßt hatten. Sie hatten gemeint, er würde zu jener Zeit das Reich einnehmen und als zeitlicher Fürst über Israel regieren. Wie hatte sich aber nun die Szene verändert! Wie waren ihre freudigen Erwartungen dahingeschwunden! Nicht mit Jubel und freudigen Hoffnungen, sondern mit Furcht und von Verzweiflung erfüllt, folgten sie ihm jetzt langsam und traurig, ihm, der so erniedrigt und verachtet worden war und der jetzt sterben sollte. FS.160.3 Teilen

161

Die Mutter Jesu war auch da. Ihr Herz wurde durchbohrt von schrecklicher Qual, wie sie nur eine liebende Mutter empfinden kann; dennoch hoffte sie mit den Jüngern, dass Christus seine göttliche Macht gebrauchen und sich von der mörderischen Menge befreien würde. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass er sich kreuzigen lassen würde. Die Vorbereitungen waren jedoch getroffen, und Jesus wurde auf das Kreuz gelegt. Man brachte Hammer und Nägel herbei. Die Herzen der Jünger verzagten. Die Mutter Jesu war durch Todesqualen, die fast jenseits dessen waren, was sie ertragen konnte, gebeugt. Ehe der Heiland ans Kreuz geschlagen wurde, trugen die Jünger sie aus dem Bereich dieser grausamen Szene, damit sie das Hämmern und das Schlagen des spitzen Eisens nicht hören musste, wie es durch die Knochen und Muskeln seiner lieben Hände und Füße drang. Jesus ließ keine Klage laut werden, seufzte jedoch in Seelenqual. Sein Antlitz war bleich, und große Schweißtropfen standen auf seiner Stirn. Satan frohlockte über die Leiden, die der Sohn Gottes ertragen musste, fürchtete jedoch, dass seine Bemühungen, den Heilsplan zu durchkreuzen, vergeblich gewesen seien, dass sein Reich verloren sei und er schließlich vernichtet werden würde. FS.161.1 Teilen

162

Nachdem Jesus an das Kreuz genagelt worden war, wurde es emporgehoben und mit großer Gewalt in das vorbereitete Loch im Boden gerammt, was dem Heiland das Fleisch zerriß und die grausamsten Qualen verursachte. Um den Tod Christi so schändlich wie nur möglich zu machen, wurden zwei Mörder mit ihm gekreuzigt, zu jeder Seite einer. Die Mörder mussten mit Gewalt genommen werden, aber nach vielem Sträuben ihrerseits schlug man ihre Arme zurück und nagelte sie ans Kreuz. Doch Jesus ergab sich ohne Widerstand. Es bedurfte niemandes, der seine Arme mit Gewalt ans Kreuz legte. Während die Mörder die, die ihre Hinrichtung betrieben, verfluchten, betete der Heiland auch in seiner Seelenangst für seine Feinde: „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Jesus hatte nicht nur die Todesangst des Leibes auszuhalten, sondern die Sünden der ganzen Welt ruhten auf ihm. FS.162.1 Teilen

Als Jesus am Kreuze hing, gingen einige vorüber, lästerten ihn, neigten ihre Häupter, als ob sie sich vor einem König beugten, und sprachen: „Der du den Tempel Gottes zerbrichst und baust ihn auf in drei Tagen, hilf dir selber, wenn du Gottes Sohn bist, so steig herab vom Kreuz!“ Satan benutzte dieselben Worte, als er mit Jesus in der Wüste redete: „Bist du Gottes Sohn.“ Die Hohenpriester, Schriftgelehrten und Ältesten spotteten und sagten: „Andern hat er geholfen und kann sich selber nicht helfen. Ist er der König von Israel, so steige er nun vom Kreuz herab. Dann wollen wir an ihn glauben“. Matthäus 27,40.42. Die Engel, die über der Szene der Kreuzigung Christi schwebten, wurden entrüstet, als die Obersten ihn verhöhnten und sagten, dass, wenn er Gottes Sohn wäre, er sich selbst befreien sollte. Sie wollten kommen und Jesus befreien, es wurde ihnen aber nicht gestattet. Das Ziel seiner Sendung war noch nicht erreicht. FS.162.2 Teilen

163

Als Jesus während jener langen Stunden der Seelenangst am Kreuze hing, hatte er seine Mutter nicht vergessen. Sie war zu diesem schrecklichen Schauspiel zurückgekehrt, denn sie konnte nicht länger von ihrem Sohn fernbleiben. Die letzte Lehre Jesu war eine des Erbarmens und der Menschenliebe. Er schaute auf das kummervolle Antlitz seiner Mutter und dann auf seinen geliebten Jünger Johannes. Dann sagte er zu seiner Mutter: „Frau, siehe, das ist dein Sohn“, und sich gegen den Jünger wendend: „Siehe, das ist deine Mutter.“ Von jener Stunde an nahm Johannes sie zu sich unter sein eigenes Dach. Johannes 19,26.27. Jesus dürstete in seiner Seelenqual. Man füllte einen Schwamm mit Essig und Galle und bot ihm das zu trinken an. Als er aber davon gekostet hatte, wies er es zurück. Die Engel hatten die Seelenqual ihres geliebten Gebieters betrachtet, bis sie es nicht länger ertragen konnten und ihre Angesichter vor dem schrecklichen Anblick verhüllten. Die Sonne weigerte sich, Zeuge dieser Schreckensszene zu sein. Jesus rief mit lauter Stimme, die seine Mörder mit Schrecken erfüllte: „Es ist vollbracht!“ Johannes 19,30. Der Vorhang des Tempels wurde entzweigerissen von obenan bis untenaus, die Erde wankte und die Felsen zerbarsten. Große Finsternis senkte sich über die Erde. Die letzte Hoffnung der Jünger schien dahin zu sein, als Jesus starb. Viele seiner Nachfolger waren Zeugen seiner Leiden und seines Todes, und ihr Kelch des Kummers war voll. FS.163.1 Teilen

Satan frohlockte nicht mehr, wie er es noch zuvor getan hatte. Er hatte gehofft, den Heilsplan niederzureißen; doch der Grund dafür war zu tief gelegt worden. Jetzt beim Tode Jesu wußte er, dass auch er schließlich werde sterben müssen und dass sein Reich Jesus gegeben würde. Er hielt nun mit seinen Engeln Rat. Sie hatten bei Jesus nichts ausgerichtet; deshalb müßten sie jetzt ihre Anstrengungen verstärken und sich mit aller Macht und List gegen seine Nachfolger wenden. Sie müßten soviele wie möglich daran hindern, das Heil anzunehmen, das ihnen Jesus erkauft hatte. Auf diese Weise konnte Satan noch immer gegen die Regierung Gottes arbeiten. Ferner würde es auch in seinem eigenen Interesse liegen, so viele als nur irgend möglich vom Heiland fernzuhalten. Denn die Sünden derer, die durch das Blut Jesu erlöst sind, werden am Ende auf den Urheber der Sünde zurückfallen, und er wird ihre Strafe erleiden müssen. Menschen aber, die das Heil durch Jesus nicht annehmen, werden die Strafe ihrer Sünde selbst erleiden müssen. FS.163.2 Teilen

164

Das Leben Christi war stets ohne weltlichen Reichtum, weltliche Ehre und weltlichen Aufwand gewesen. Seine Demütigung und Selbstverleugnung standen stets in schroffem Gegensatz zu dem Stolz und der Genußsucht der Priester und Ältesten. Seine fleckenlose Reinheit war ein steter Vorwurf für ihre Sünden. Sie verachteten ihn wegen seiner Demut, Heiligkeit und Reinheit. Doch die Menschen, die ihn hier verachtet haben, werden ihn eines Tages in der Herrlichkeit des Himmels sehen, umgeben von der unübertroffenen Herrlichkeit seines Vaters. FS.164.1 Teilen

Im Richthaus war er von Feinden umgeben, die nach seinem Blut dürsteten. Doch jene Verhärteten, die ausriefen: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“ (Matthäus 27,25), werden ihn einmal als einen geehrten König erblicken. Die ganze himmlische Heerschar wird ihn auf seinem Wege mit Siegesliedern begleiten: Majestät und Kraft sei dem, der geschlachtet wurde und dennoch wieder lebt, ein mächtiger Überwinder! FS.164.2 Teilen

Arme, schwache, elende Menschen spieen dem König der Herrlichkeit ins Angesicht, wobei der Pöbel bei dieser Beleidigung sein brutales Triumphgeschrei hören ließ. Sie entstellten das Antlitz, das den ganzen Himmel mit Bewunderung erfüllte, mit grausamen Schlägen. Sie werden abermals jenes Angesicht erblicken, leuchtend wie die helle Mittagssonne, und werden davor fliehen wollen. Anstatt jenes gemeine Triumphgeschrei auszustoßen, werden sie dann seinetwegen wehklagen. FS.164.3 Teilen

165

Jesus wird seine durch die Kreuzigung entstellten Hände zeigen. Die Zeichen dieser Grausamkeit wird er für immer tragen. Die Nägelmale werden die Geschichte der wunderbaren Erlösung des Menschen erzählen und den hohen Preis, mit dem er erkauft wurde, bezeugen. Dieselben Männer, die den Lebensfürsten mit dem Speer in die Seite stachen, werden die Narbe des Speeres erblicken und werden es in tiefer Seelenangst beklagen, dass sie seinen Körper so entstellt haben. FS.165.1 Teilen

Seine Mörder waren höchst erregt über die Inschrift: „Dies ist Jesus, der Juden König“, die auf dem Kreuze angebracht war. Matthäus 27,37. Aber einst werden sie ihn in all seiner Herrlichkeit und königlichen Macht erblicken müssen. Sie werden auf seinem Gewand und auf seinen Lenden mit lebendigen Buchstaben geschrieben sehen: „Ein König aller Könige und ein Herr aller Herren.“ Sie riefen ihm am Kreuz spöttisch zu, dass er, Christus, der König Israels, vom Kreuze herabsteigen sollte, damit sie es sehen und ihm glauben könnten. Markus 15,32. Sie werden ihn einst in königlicher Macht und Autorität erblicken. Dann werden sie keinen Beweis fordern, ob er der König Israels sei, sondern durch seine Majestät und außerordentliche Herrlichkeit überwältigt, werden sie gezwungen sein, anzuerkennen: „Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!“ Markus 11,9. FS.165.2 Teilen

Das Beben der Erde, das Bersten der Felsen, die Finsternis, die die Erde bedeckte, und der laute, durchdringende Schrei Jesu: „Es ist vollbracht!“ (Johannes 19,30), als er sein Leben aushauchte, beunruhigten seine Feinde und ließen seine Mörder erzittern. Die Jünger wunderten sich über diese einzigartigen Offenbarungen; aber ihre Hoffnungen waren dahin. Sie fürchteten, dass die Juden danach trachten würden, auch sie zu töten. Sie meinten sicher zu sein, dass ein solcher Haß, wie er gegen den Sohn Gottes an den Tag gelegt worden war, mit ihm nicht enden würde. Sie verbrachten einsame Stunden, in denen sie über ihre Enttäuschung weinten. Sie hatten erwartet, dass Christus als zeitlicher Fürst regieren würde; aber ihre Hoffnungen starben mit ihm. In ihrem Kummer und ihrer Enttäuschung zweifelten sie, ob er sie nicht getäuscht hätte. Sogar seine Mutter wankte in ihrem Glauben, dass er der Messias sei. FS.165.3 Teilen

166

Obgleich die Jünger in ihrer Hoffnung in Bezug auf Jesus enttäuscht waren, liebten sie ihn doch und wollten seinen Leib ehrbar bestatten. Sie wußten jedoch nicht, wie sie ihn bekommen sollten. Josef von Arimathia, ein wohlhabendes und einflußreiches Mitglied des Hohen Rates und ein wahrer Jünger Jesu, ging im geheimen mutig zu Pilatus und ersuchte ihn um den Leichnam Jesu. Er wagte es nicht, öffentlich hinzugehen, des Hasses der Juden wegen. Die Jünger fürchteten, dass die Juden etwas unternehmen könnten, um zu verhindern, dass Jesus einen ehrbaren Ruheplatz bekäme. Pilatus bewilligte das Begehren Josefs, und die Jünger nahmen den Leichnam Jesu vom Kreuz, während sie in tiefem Schmerz über ihre verlorenen Hoffnungen klagten. Der Leichnam wurde sorgfältig in reine Leinwand gehüllt und in das neue Grab Josefs gelegt. FS.166.1 Teilen

Die Frauen, die Jesus demütig nachgefolgt waren, während er noch lebte, verließen ihn auch nicht, bis sie sahen, dass er ins Grab gelegt und ein großer, schwerer Stein vor den Eingang der Gruft gerollt worden war, damit die Feinde den Leichnam Jesu nicht stehlen konnten. Sie hätten sich aber nicht zu fürchten brauchen, denn ich sah, dass himmlische Heerscharen seine Ruhestätte mit unerhörtem Interesse bewachten und voller Spannung darauf warteten, dass ihnen der Befehl erteilt würde, ihren Teil an der Befreiung des Königs der Herrlichkeit aus seinem Gefängnis zu tun. FS.166.2 Teilen

Die Mörder Christi fürchteten, dass er zum Leben auferstehen und wieder entkommen könnte. Deshalb baten sie Pilatus um eine Wache, die das Grab bis auf den dritten Tag bewachen sollte. Dies wurde ihnen gewährt, und der Stein am Grabe wurde versiegelt, damit nicht seine Jünger kämen, um ihn zu stehlen und dann zu sagen, er sei von den Toten auferstanden. FS.166.3 Teilen

167

Die Jünger ruhten am Sabbat und trauerten über den Tod ihres Herrn, während Jesus, der König der Herrlichkeit, im Grabe lag. Als der Abend herannahte, wurden Soldaten zur Bewachung des Ruheortes Jesu aufgestellt. Engel hielten sich unbemerkt über dem heiligen Ort auf. Die Nacht verging langsam, und als es noch dunkel war, wußten die wachenden Engel, dass die Zeit für die Befreiung des teuren Sohnes Gottes, ihres geliebten Gebieters, nun fast gekommen war. Als sie so in tiefster Gemütserregung auf die Stunde seines Sieges warteten, kam ein mächtiger Engel schnell vom Himmel geflogen. Sein Antlitz leuchtete wie der Blitz, und sein Gewand war weiß wie Schnee. Sein Licht vertrieb die Dunkelheit von seinem Weg und ließ die bösen Engel, die triumphierend den Leichnam Jesu für sich beansprucht hatten, voller Schrecken vor seinem hellen Glanz und seiner Herrlichkeit fliehen. Einer der Engel, der Zeuge der Demütigung Jesu gewesen war und nun seinen Ruheort bewachte, gesellte sich zu dem, der gerade vom Himmel gekommen war, und sie gingen nun gemeinsam zum Grab hinunter. Die Erde zitterte und bebte, als sie sich näherten, und es gab ein großes Erdbeben. FS.167.1 Teilen

Schreckliche Furcht ergriff die römische Wache. Wo war jetzt ihre Macht, den Leichnam Jesu zu halten? Sie dachten nicht mehr an ihre Pflicht oder daran, dass die Jünger ihn stehlen könnten. Als das Licht der Engel, heller als die Sonne, die römische Wache umgab, fielen sie wie tot zu Boden. Einer der Engel ergriff den großen Stein, rollte ihn vom Eingang weg und setzte sich darauf. Der andere betrat das Grab und entfernte das Tuch vom Haupt Jesu. Dann rief der Engel vom Himmel mit einer Stimme, die die Erde erbeben machte: „Du Sohn Gottes, dein Vater ruft dich! Komm heraus!“ Der Tod konnte ihn nun nicht länger halten. Jesus stand auf von den Toten, ein triumphierender Sieger. In heiliger Ehrfurcht blickte die himmlische Heerschar auf die Szene. Als Jesus aus dem Grab hervorkam, fielen jene leuchtenden Engel zur Erde, beteten ihn an und begrüßten ihn mit Sieges- und Triumphliedern. FS.167.2 Teilen

168

Die Engel Satans mussten vor dem hellen, durchdringenden Licht der himmlischen Engel fliehen, und sie beklagten sich bitterlich bei ihrem König, dass ihnen ihre Beute mit Gewalt entrissen worden und der, den sie so sehr haßten, von den Toten auferstanden sei. Satan hatte mit seinen Engeln darüber frohlockt, dass ihre Macht über gefallene Menschen den Herrn des Lebens ins Grab gelegt hatte; aber nur kurz war ihr höllischer Triumph. Denn als Jesus aus seinem Gefängnis als majestätischer Sieger heraustrat, wußte Satan, dass er schließlich sterben und sein Reich in die Hände dessen übergehen müsse, dem es von Rechts wegen gehörte. Er klagte und wütete, dass trotz aller seiner Anstrengungen Jesus doch nicht besiegt worden sei, sondern einen Weg für die Erlösung der Menschen gebahnt habe, und dass jeder, der diesen Weg gehen würde, errettet werden konnte. FS.168.1 Teilen

Die bösen Engel und ihr Gebieter hielten abermals einen Rat, wie sie weiter gegen die Regierung Gottes arbeiten könnten. Satan entsandte seine Engel zu den Priestern und Obersten. Er sagte: „Wir haben es geschafft, sie zu betrügen, blind zu machen und ihre Herzen gegen Jesus zu verhärten. Wir haben sie dazu gebracht, dass sie ihn für einen Hochstapler gehalten haben. Die römische Wache wird die verhaßte Botschaft, dass Jesus von den Toten auferstanden ist, weitertragen. Wir verführten die Hohenpriester und Obersten, dass sie Jesus haßten und töteten. Nun haltet es ihnen vor, dass, wenn bekannt wird, dass Jesus auferstanden ist, sie vom Volk gesteinigt werden, weil sie einen unschuldigen Mann zum Tode verurteilten.“ FS.168.2 Teilen

Nachdem die himmlischen Heerscharen sich von dem Grabe zurückgezogen hatten und Licht und Herrlichkeit verschwunden waren, wagte es die römische Wache, ihr Haupt wiederum zu erheben und sich umzuschauen. Sie staunten sehr, als sie sahen, dass der große Stein von der Tür des Grabes weggerollt worden und der Leichnam Jesu verschwunden war. Sie begaben sich in aller Eile in die Stadt, um den Priestern und Ältesten zu erzählen, was sie gesehen hatten. Als jene Mörder diesen erstaunlichen Bericht vernahmen, erbleichten ihre Angesichter. Sie wurden von Furcht ergriffen bei dem Gedanken, was sie getan hatten. Wenn dieser Bericht stimmte, waren sie verloren. Eine Zeitlang konnten sie kein Wort hervorbringen und schauten einander stillschweigend an und wußten nicht, was sie tun oder sagen sollten. Diesen Bericht anzunehmen würde heißen, sich selbst zu verdammen. Sie berieten sich im geheimen, was zu tun sei. Sie überlegten, wenn der Bericht der Wache unter dem Volk verbreitet würde, dass dann die, die Jesus getötet hatten, als seine Mörder selbst umgebracht würden. Sie beschlossen also, durch Bestechung der römischen Wache die Sache geheim zu halten. Die Priester und Obersten boten der Wache eine große Summe an und sagten: „Sagt, seine Jünger sind in der Nacht gekommen und haben ihn gestohlen, während wir schliefen.“ Matthäus 28,13. Als nun die Wache sich erkundigte, was mit ihnen geschehen würde, weil sie auf ihrem Posten geschlafen hätten, versprachen die jüdischen Obersten ihnen, den Stadt-halter zu überreden und für ihre Sicherheit zu sorgen. Die römischen Soldaten verkauften ihre Ehre für Geld und befolgten den Rat der Priester und Ältesten. FS.168.3 Teilen

169

Als Jesus am Kreuz ausrief: „Es ist vollbracht!“ (Johannes 19,30), spalteten sich die Felsen, die Erde erbebte und einige Gräber taten sich auf. Als er als Sieger über Tod und Grab hervorging, während die Erde erbebte und die Herrlichkeit des Himmels die heilige Stätte umleuchtete, kamen viele gerechte Tote auf sein Wort hin als Zeugen seiner Auferstehung aus ihren Gräbern hervor. Diese begünstigten, auferweckten Heiligen waren mit Herrlichkeit umgeben, als sie aus den Gräbern stiegen. Es waren Auserwählte und Heilige aus jedem Zeitalter von der Schöpfung an bis zu den Tagen Christi. Während die jüdischen Obersten darnach trachteten, die Tatsache der Auferstehung Jesu geheimzuhalten, ließ Gott eine Schar aus ihren Gräbern hervorgehen, damit sie bezeugten, dass Jesus von den Toten auferstanden sei, und über seine Herrlichkeit berichteten. FS.169.1 Teilen

170

Jene Auferstandenen waren verschieden in Gestalt und Erscheinung; einige hatten ein edleres Aussehen als die andern. Mir wurde gezeigt, dass die Bewohner der Erde degeneriert sind und an Kraft und Anmut verloren haben. Satan hat die Macht der Krankheit und des Todes, und mit jedem Zeitalter sind die Folgen des Fluches sichtbarer und die Macht Satans offenbarer geworden. Menschen, die zurzeit Noahs und Abrahams lebten, glichen den Engeln in Gestalt, Anmut und Stärke. Aber jede nachfolgende Generation ist schwächer geworden, immer mehr der Krankheit unterworfen, und ihr Leben ist von kürzerer Dauer gewesen. Satan hat immer mehr gelernt, die Menschheit zu plagen und zu entkräften. FS.170.1 Teilen

Die nach der Auferstehung Jesu aus ihren Gräbern hervorgingen, erschienen vielen und erzählten ihnen, dass das Opfer für die Menschen vollbracht worden und Jesus, den die Juden gekreuzigt hätten, von den Toten auferstanden sei. Als Beweis für ihre Worte erklärten sie: „Wir sind mit ihm auferstanden.“ Sie bezeugten, dass sie durch seine mächtige Kraft aus ihren Gräbern hervorgegangen seien. Trotz der verbreiteten lügenhaften Berichte konnten weder Satan noch seine Engel, noch die Hohenpriester die Auferstehung Christi verborgen halten; denn diese heilige Schar, die aus den Gräbern auferstanden war, verkündigte die wunderbare, freudige Botschaft. Auch zeigte sich Jesus selbst seinen trauernden, tief betrübten Jüngern, vertrieb ihre Furcht und stimmte sie wieder freudig und glücklich. FS.170.2 Teilen

Als sich nun die Nachricht von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf verbreitete, fürchteten die Juden für ihr Leben und verbargen ihren Haß, den sie gegen die Jünger hegten. Sie wollten nur ihren lügenhaften Bericht verbreiten, und die Menschen, die wünschten, dass diese Lüge Wahrheit wäre, nahmen sie auch an. Pilatus zitterte, als er die Nachricht von der Auferstehung Jesu hörte. Er konnte das Zeugnis nicht bezweifeln, und von jener Stunde an gab es für ihn keinen Frieden mehr. Um weltlicher Ehre willen und aus Furcht, seine Autorität und sein Leben einbüßen zu müssen, hatte er Jesus zum Tode verurteilt. Jetzt war er völlig überzeugt, dass der, an dessen Blut er schuldig war, nicht nur ein unschuldiger Mensch, sondern der Sohn Gottes war. Bis zu seinem Ende führte er ein elendes Leben. Verzweiflung und Gewissensbisse zerstörten jegliche Hoffnung und jeden Frieden. Er wollte sich nicht trösten lassen und nahm ein elendes Ende. FS.170.3 Teilen

171

Das Herz des Herodes 1 war noch verhärteter geworden, und als er hörte, dass Jesus auferstanden war, beunruhigte ihn diese Botschaft nicht sehr. Er nahm Jakobus das Leben, und als er merkte, dass dies den Juden wohlgefiel, legte er seine Hand auch an Petrus, in der Absicht, auch ihn zu töten. Aber Gott hatte ein Werk für Petrus zu tun und sandte seinen Engel, ihn zu befreien. Herodes wurde von den Gerichten Gottes heimgesucht. Als er sich in der Gegenwart einer großen Menge überhob, wurde er von einem Engel des Herrn geschlagen und starb eines schrecklichen Todes. FS.171.1 Teilen

172

Früh am Morgen des ersten Wochentages, bevor es hell wurde, gingen heilige Frauen mit Spezereien zum Grab, um den Leichnam Jesu zu salben. Sie entdeckten, dass der schwere Stein vom Grabe weggerollt worden und der Leichnam Jesu nicht mehr da war. Ihre Herzen verzagten, und sie fürchteten, dass ihre Feinde den Leichnam gestohlen hätten. Plötzlich sahen sie zwei Engel in weißen Gewändern. Die Angesichter der Engel leuchteten. Diese himmlischen Wesen verstanden, warum die Frauen gekommen waren, und sagten ihnen sofort, dass Jesus nicht mehr da, sondern auferstanden war. Sie könnten die Stätte jedoch besehen, wo er gelegen hätte. Die Engel sagten ihnen, sie sollten eilen und es den Jüngern erzählen, dass er vor ihnen hergehen würde nach Galiläa. Mit Furcht und großer Freude eilten die Frauen zu den trauernden Jüngern und berichteten ihnen, was sie gesehen und gehört hatten. FS.172.1 Teilen

Die Jünger konnten nicht glauben, dass Jesus auferstanden sei, und eilten mit den Frauen, die ihnen solche Botschaft gebracht hatten, hin zum Grab. Da fanden sie aber Jesus nicht mehr. Sie sahen seine Leinentücher, konnten aber die freudige Botschaft seiner Auferstehung nicht fassen. Sie kehrten wieder um und wunderten sich über das, was sie gesehen und was die Frauen ihnen berichtet hatten. Maria jedoch zögerte noch beim Grab. Sie dachte über alles nach, was sie gesehen hatte, und war niedergedrückt bei dem Gedanken, dass sie vielleicht getäuscht worden sei. Sie fühlte, dass ihr neue Schwierigkeiten bevorstanden. Ihr Schmerz kam zurück, und sie weinte bitterlich. Sie bückte sich nochmals, um in das Grab zu schauen, und sah zwei Engel in weißen Gewändern. Der eine saß da, wo das Haupt Jesu geruht hatte, und der andere, wo seine Füße gewesen waren. Die Engel redeten sie freundlich an und fragten, warum sie weine. Sie antwortete: „Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.“ Johannes 20,13. FS.172.2 Teilen

Als Maria sich vom Grabe wandte, sah sie Jesus dastehen, aber sie erkannte ihn nicht. Er redete sie freundlich an, erkundigte sich nach dem Grund für ihren Kummer und fragte, wen sie suche. Sie dachte, es sei der Gärtner, und bat ihn, wenn er ihren Herrn weggetragen hätte, ihr doch zu sagen, wo er ihn hingelegt habe, damit sie ihn holen könnte. Da redete Jesus sie mit seiner eigenen himmlischen Stimme an und sagte: „Maria!“ Diese liebe Stimme war ihr wohlbekannt, und sie antwortete sofort: „Meister!“ In ihrer Freude wollte sie ihn umfassen, aber Jesus sagte: „Rühre mich nicht an, denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.“ Mit freudigem Herzen eilte Maria zu den Jüngern, ihnen die frohe Botschaft zu bringen. Jesus aber fuhr unmittelbar in den Himmel, um von seinem Vater zu hören, dass sein Opfer angenommen sei, und um alle Gewalt im Himmel und auf Erden zu empfangen. FS.172.3 Teilen

173

Engel umgaben gleich einer Wolke den Sohn Gottes und öffneten die Tore weit, damit der König der Herrlichkeit Einzug halten konnte. Ich sah, dass Jesus, als er mit der glänzenden himmlischen Schar in der Gegenwart seines Vaters und von seiner Herrlichkeit umgeben war, seine Jünger auf Erden nicht vergaß. Er empfing Macht von seinem Vater, um zurückzukehren und seinen Jüngern Macht zu verleihen. Noch am selben Tage kehrte er zurück und zeigte sich seinen Jüngern. Jetzt ließ er sich von ihnen anrühren, denn er war zu seinem Vater aufgefahren und hatte Macht empfangen. FS.173.1 Teilen

Zu dieser Zeit war Thomas nicht anwesend. Er wollte deshalb den Bericht der Jünger nicht demütig annehmen, sondern hatte bestimmt und voller Selbstvertrauen versichert, er würde nicht glauben, es sei denn, dass er seine Finger in die Nägelmale und seine Hand in seine durchbohrte Seite legen könne. Hierdurch zeigte er Mangel an Vertrauen seinen Brüdern gegenüber. Würden alle dasselbe verlangen, dann würde heute niemand Jesus annehmen und an seine Auferstehung glauben. Es war aber der Wille Gottes, dass der Bericht der Jünger von denen angenommen werden sollte, die den auferstandenen Heiland selbst nicht sehen oder hören konnten. Der Unglaube des Thomas gefiel Gott nicht. Als Jesus zum zweiten Mal mit seinen Jüngern zusammentraf, war Thomas zugegen, und als er Jesus erblickte, glaubte er. Er hatte jedoch erklärt, dass er sich ohne fühlbaren Beweis nicht zufriedengeben wolle, und Jesus gab ihm den gewünschten Beweis. Da rief Thomas: „Mein Herr und mein Gott!“ Jesus tadelte ihn aber wegen seines Unglaubens und sagte: „Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ Johannes 20,28.29. FS.173.2 Teilen

174

Auf gleiche Weise müssen die, die keine Erfahrungen in der ersten und zweiten Engelsbotschaft gehabt haben, sie von anderen annehmen, die in der Annahme der Botschaften Erfahrungen gemacht haben und ihnen, einer nach der anderen, gefolgt sind. Ich sah, dass so wie Jesus verworfen worden war, auch diese Botschaften verworfen werden. Und wie die Jünger erklärten, dass kein anderer Name den Menschen gegeben sei, darin sie sollen selig werden, so sollten auch die Diener Gottes die Menschen, die nur einen Teil der Wahrheiten, die mit der dritten Engelsbotschaft verbunden sind, annehmen, furchtlos und treu warnen, dass sie alle Botschaften, wie Gott sie gegeben hat, mit Freuden annehmen müssen oder sonst keinen Anteil daran haben. FS.174.1 Teilen

Während die heiligen Frauen den Bericht verbreiteten, dass Jesus auferstanden sei, verkündigten die römischen Soldaten jene Lüge, die die Hohenpriester und Ältesten ihnen in den Mund gelegt hatten, dass nämlich die Jünger des Nachts, während sie schliefen, gekommen seien und den Leichnam Jesu gestohlen hätten. Satan hatte diese Lüge den Hohenpriestern in Herz und Mund gelegt, und das Volk war bereit, ihr Wort anzunehmen. Gott hatte aber diese Sache gesichert und diesem wichtigen Ereignis, auf dem unsere Seligkeit beruht, jeden Zweifel genommen. So war es den Priestern und Ältesten unmöglich, diese Tatsache zu verbergen. Es waren Menschen von den Toten auferweckt worden, die als Zeugen für die Auferstehung Jesu auftreten sollten. FS.174.2 Teilen

175

Jesus verweilte noch vierzig Tage bei seinen Jüngern und erfüllte sie mit Freude und Hoffnung, als er ihnen die Wirklichkeit des Reiches Gottes noch völliger erschloß. Er beauftragte sie, von dem, was sie über seine Leiden, seinen Tod und seine Auferstehung gesehen und gehört hatten, Zeugnis zu geben. Sie sollten berichten, dass er ein Opfer für die Sünde gebracht hätte und dass alle, die wollten, zu ihm kommen und Leben finden könnten. In treuer Liebe sagte er ihnen, dass sie Verfolgung und Trübsal durchzumachen hätten; sie würden jedoch Hilfe finden, wenn sie sich ihrer Erfahrungen und der Worte, die er zu ihnen geredet hatte, erinnerten. Er sagte ihnen, dass er die Versuchungen Satans überwunden und durch Leiden und Trübsal den Sieg erlangt habe. Satan habe keine Macht mehr über ihn, er werde aber jetzt mit seinen Versuchungen zu ihnen und zu allen kommen, die an seinen Namen glauben werden. Sie würden aber überwinden, wie er überwunden habe. Jesus erteilte seinen Jüngern die Macht, Wunder zu wirken, und sagte ihnen, dass, obgleich sie von gottlosen Menschen verfolgt werden würden, er von Zeit zu Zeit seine Engel senden werde, sie zu befreien. Ihr Leben könnte ihnen nicht eher genommen werden, als bis sie ihre Mission vollendet hätten. Dann aber müßten sie vielleicht mit ihrem Blut das Zeugnis besiegeln, das sie verkündigt hätten. FS.175.1 Teilen

Seine eifrigen Nachfolger lauschten gern seinen Lehren und erfreuten sich an jedem Wort, das er sprach. Jetzt wußten sie es zuversichtlich, dass er der Heiland der Welt war. Seine Worte faßten in ihren Herzen tiefe Wurzel, und sie waren bekümmert, dass sie sich bald von ihrem himmlischen Lehrer verabschieden mussten und nicht mehr die tröstenden, gnadenreichen Worte von seinen Lippen vernehmen konnten. Ihre Herzen wurden jedoch aufs neue mit Liebe und großer Freude erfüllt, als Jesus ihnen mitteilte, dass er hingehe, Wohnungen für sie zuzubereiten, und dann wiederkomme, um sie zu sich zu nehmen, auf dass sie seien, wo er ist. Er versprach ihnen auch, den Tröster, den Heiligen Geist, zu senden, der sie in alle Wahrheit leiten sollte. „Und er hob die Hände auf und segnete sie.“ Lukas 24,50. FS.175.2 Teilen

176

Der ganze Himmel erwartete die Stunde des Triumphs, in der Jesus zu seinem Vater aufsteigen sollte. Engel kamen, den König der Herrlichkeit zu empfangen und ihn mit Jubel zum Himmel zu begleiten. Nachdem Jesus seine Jünger gesegnet hatte, wurde er von ihnen genommen und zum Himmel getragen. Als er nach oben stieg, folgte ihm die Menge der Gefangenen, die bei seiner Auferstehung auferweckt worden war. Psalm 68,19; Epheser 4,8.9. Eine Menge der himmlischen Heerscharen begleitete ihn, während eine unzählbare Menge von Engeln sein Kommen im Himmel erwartete. Als sie sich den Toren der Stadt näherten, begrüßten die Engel, die die Majestät des Himmels begleiteten, die an den Pforten wartenden Engel in jubelnden Tönen: „Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehren einziehe!“ Die an den Toren wartenden Engel fragten voller Begeisterung: „Wer ist der König der Ehren?“ Mit Triumphgesängen erwiderten freudig die begleitenden Engel: „Es ist der Herr, stark und mächtig, der Herr, mächtig im Streit. Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehren einziehe!“ Wiederum fragten die wartenden Engel: „Wer ist der König der Ehren?“ Und die begleitenden Engel antworteten in melodischen Tönen: „Es ist der Herr Zebaoth; er ist der König der Ehren.“ Psalm 24,7-10. Dann bewegte sich der himmlische Triumphzug in die Stadt hinein. Alle himmlischen Scharen umgaben ihren majestätischen Gebieter, beugten sich in tiefster Anbetung vor ihm und warfen ihre glänzenden Kronen zu seinen Füßen. Dann spielten sie auf ihren goldenen Harfen, und wunderbare, melodische Töne erfüllten den ganzen Himmel mit herrlicher Musik und Triumphgesängen zu Ehren des Lammes, das erwürgt war, jetzt aber in Majestät und Herrlichkeit lebt. FS.176.1 Teilen

177

Als die Jünger bekümmert zum Himmel schauten, bis der letzte Schimmer ihres aufsteigenden Herrn verschwunden war, standen zwei Engel in weißen Gewändern an ihrer Seite und sagten zu ihnen: FS.177.1 Teilen

„Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.“ Apostelgeschichte 1,11. Die Jünger und die Mutter Jesu, die Zeugen der Himmelfahrt des Sohnes Gottes gewesen waren, verbrachten die darauffolgende Nacht im Gespräch über die wunderbaren Taten Jesu und die merkwürdigen, herrlichen Ereignisse, die sich in so kurzer Zeit zugetragen hatten. FS.177.2 Teilen

Satan beriet sich aufs neue mit seinen Engeln. Mit bitterem Haß gegen die Regierung Gottes erfüllt, sagte er ihnen, dass er noch seine Macht und Autorität über die Erde behalte und dass ihre Bemühungen gegen die Nachfolger Christi zehnmal größer werden müßten. Sie hätten bei Jesu nichts gewonnen, müßten aber, wenn möglich, seine Nachfolger besiegen. In jeder Generation müßten sie danach trachten, die Menschen, die an Jesus glaubten, zu umstricken. Er erzählte seinen Engeln, dass Jesus den Jüngern Macht gegeben habe, sie zu tadeln und auszutreiben und die zu heilen, die sie quälen würden. Dann gingen die Engel Satans wie brüllende Löwen davon, um die Nachfolger Jesu zu vernichten. FS.177.3 Teilen

178

Mit großer Kraft verkündigten die Jünger den gekreuzigten und auferstandenen Heiland. Im Namen Jesu wurden Zeichen und Wunder durch sie bewirkt; die Kranken wurden geheilt, ein Mann, der von seiner Geburt an lahm gewesen war, wurde völlig wiederhergestellt und ging mit Petrus und Johannes in den Tempel, ging und hüpfte und lobte Gott vor allem Volk. Dies verbreitete sich sehr bald, und das Volk versammelte sich um die Jünger. Viele liefen zusammen und waren über die Heilung, die die Jünger bewirkt hatten, höchst erstaunt. FS.178.1 Teilen

Als Jesus starb, meinten die Priester, dass keine Wunder mehr unten ihnen vollbracht werden würden, dass die Aufregung bald zu Ende sein und das Volk sich nach den Traditionen der Ältesten richten würde. Doch siehe, gerade in ihrer Mitte wirkten die Jünger Wunder, und das Volk war voller Verwunderung. Jesus war doch gekreuzigt worden, und sie wollten wissen, woher seine Nachfolger diese Macht erhalten hätten. Sie meinten, dass er ihnen Macht verliehen hätte, solange er lebte; doch als er starb, erwarteten sie, dass es mit den Wundern aus sei. Petrus verstand ihre Verwirrung und sprach zu ihnen: „Ihr Männer von Israel, was wundert ihr euch darüber, oder was seht ihr auf uns, als hätten wir durch eigene Kraft oder Frömmigkeit bewirkt, dass dieser gehen kann? Der Gott Abrahams und Isaaks und Jakobs, der Gott unsrer Väter, hat seinen Knecht Jesus verherrlicht, den ihr überantwortet und verleugnet habt vor Pilatus, als der ihn loslassen wollte. Ihr aber habt den Heiligen und Gerechten verleugnet und darum gebeten, dass man euch den Mörder schenke; aber den Fürsten des Lebens habt ihr getötet. Den hat Gott auferweckt von den Toten; dessen sind wir Zeugen. Und durch den Glauben an seinen Namen hat sein Name diesen, den ihr seht und kennt, stark gemacht; und der Glaube, der durch ihn gewirkt ist, hat diesem die Gesundheit gegeben vor euer aller Augen.“ Apostelgeschichte 3,12-16. Die Hohenpriester und Ältesten konnten diese Rede nicht ertragen, und auf ihren Befehl wurden Petrus und Johannes ergriffen und ins Gefängnis geworfen. Tausende waren aber nur durch diese eine Rede der Jünger bekehrt worden, so dass sie an die Auferstehung und Himmelfahrt Christi glaubten. Die Priester und Ältesten waren sehr beunruhigt. Sie hatten Jesus in der Hoffnung gekreuzigt, die Gedanken des Volkes wieder auf sich zu richten, aber die Sache wurde schlimmer als zuvor. Sie wurden von den Jüngern öffentlich beschuldigt, die Mörder des Sohnes Gottes zu sein, und sie wußten nicht, wie weit sich diese Dinge entwickeln und in welches Ansehen sie beim Volk kommen würden. Sie hätten Petrus und Johannes gern das Leben genommen, wagten es aber nicht, aus Furcht vor dem Volk. FS.178.2 Teilen

179

Am darauffolgenden Tage wurden die Apostel vor den Hohen Rat geführt. Dieselben Männer, die mit solchem Eifer nach dem Blut des Gerechten geschrien hatten, waren anwesend. Sie hatten gehört, wie Petrus seinen Herrn mit Schwören und Fluchen verleugnete, als man ihn gefragt hatte, ob er nicht auch einer von den Jüngern sei. Nun hofften sie wiederum, ihn einzuschüchtern. Aber Petrus war bekehrt worden. Jetzt fand er eine Gelegenheit, den Flecken jener feigen, schnell ausgesprochenen Verleugnung zu entfernen und den Namen, den er entehrt hatte, zu erhöhen. Mit heiliger Kühnheit und in der Kraft des Geistes erklärte er ihnen furchtlos: „Im Namen Jesu Christi von Nazareth, den ihr gekreuzigt habt, den Gott von den Toten auferweckt hat; durch ihn steht dieser hier gesund vor euch. Das ist der Stein, von euch Bauleuten verworfen, der zum Eckstein geworden ist. Und in keinem andern ist das Heil, auch ist kein andrer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden.“ Apostelgeschichte 4,10-12. FS.179.1 Teilen

Das Volk wunderte sich über die Kühnheit von Petrus und Johannes und kannte sie auch wohl, dass sie mit Jesus gewesen waren; denn ihr edles, furchtloses Benehmen glich demjenigen Jesu, als er vor seinen Feinden stand. Jesus tadelte Petrus durch einen Blick des Mitleids und des Kummers, als er ihn verleugnet hatte. Jetzt, als er seinen Herrn kühn bekannte, bekannte der Herr sich zu ihm und segnete ihn. Als Zeichen der Anerkennung Jesu wurde er mit dem Heiligen Geist erfüllt. FS.179.2 Teilen

180

Die Priester wagten es nicht, den Haß, den sie gegen die Jünger hegten, offen zu zeigen. Sie befahlen ihnen, aus dem Rat hinauszugehen, verhandelten dann miteinander und sprachen: „Was wollen wir mit diesen Menschen tun? Denn dass ein offenkundiges Zeichen durch sie geschehen ist, ist allen bekannt, die in Jerusalem wohnen, und wir können’s nicht leugnen.“ Apostelgeschichte 4,16. Sie fürchteten, dass sich der Bericht von dieser guten Tat unter dem Volk weiter verbreiten würde. Wenn es allgemein bekannt würde, befürchteten die Priester, dass sie ihre eigene Macht verlieren und man auf sie als die Mörder Jesu blicken würde. Doch alles, was sie wagten, war, die Apostel zu bedrohen und ihnen zu gebieten, nicht mehr in dem Namen Jesu zu lehren, sonst sollten sie sterben. Petrus aber antwortete mutig, dass sie nicht anders könnten, als von dem, was sie gesehen und gehört hätten, zu reden. FS.180.1 Teilen

Durch die Kraft Jesu fuhren die Apostel fort, die Kranken und Geplagten zu heilen, die zu ihnen gebracht wurden. Hunderte stellten sich täglich unter das Banner eines gekreuzigten, auferstandenen und zum Himmel gefahrenen Heilandes. Die Priester und Ältesten und alle, die besonders mit ihnen zu tun hatten, waren entsetzt. Aufs neue warfen sie die Jünger ins Gefängnis und hofften, dass sich die Aufregung unter dem Volk legen würde. Satan und seine Engel frohlockten; aber die Engel Gottes öffneten die Tür des Gefängnisses, und dem Befehl der Hohenpriester und Ältesten genau entgegengesetzt, sagten sie den Jüngern: „Geht hin und tretet im Tempel auf und redet zum Volk alle Worte des Lebens.“ Apostelgeschichte 5,20. FS.180.2 Teilen

Der Hohe Rat versammelte sich und sandte hin zum Gefängnis, sie zu holen. Die Diener schlossen die Tür des Gefängnisses auf, fanden aber die, die sie suchten, nicht darin. Sie kehrten wieder zu den Priestern und Obersten zurück und sagten: „Das Gefängnis fanden wir fest verschlossen mit allem Fleiß, und die Wächter vor den Türen stehen, aber als wir öffneten, fanden wir niemanden darin.“ Da kam einer, der sagte ihnen: „Siehe, die Männer, die ihr ins Gefängnis geworfen habt, stehen im Tempel und lehren das Volk.“ Da ging der Hauptmann mit den Dienern hin und holte sie ohne Gewalt, da sie fürchteten, von dem Volk gesteinigt zu werden. Als sie die Apostel brachten, stellten sie sie vor den Rat. Und der Hohepriester fragte sie: „Haben wir euch nicht streng geboten, in diesem Namen nicht zu lehren? Und seht, ihr habt Jerusalem erfüllt mit eurer Lehre und wollt das Blut dieses Menschen über uns bringen.“ Apostelgeschichte 5,23.25-28. FS.180.3 Teilen

181

Jene jüdischen Leiter waren Heuchler; sie liebten das Ansehen bei den Menschen mehr als bei Gott. Ihre Herzen waren so verhärtet worden, dass sogar die mächtigsten Werke, die die Apostel taten, sie nur in Zorn versetzten. Sie wußten, wenn die Jünger über Jesus, seine Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt predigten, dass dies immer stärker auf ihre Schuld als seine Mörder hinweisen würde. Sie waren gar nicht so willig, das Blut Christi auf sich kommen zu lassen, wie damals, als sie in ihrem Eifer ausriefen: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“ Matthäus 27,25. FS.181.1 Teilen

Die Apostel erklärten mutig, dass sie Gott mehr gehorchen müßten als den Menschen. Petrus sagte: „Der Gott unsrer Väter hat Jesus auferweckt, den ihr an das Holz gehängt und getötet habt. Den hat Gott durch seine rechte Hand erhöht zum Fürsten und Heiland, um Israel Buße und Vergebung der Sünden zu geben. Und wir sind seine Zeugen dieses Geschehens und mit uns der heilige Geist, den Gott gegeben hat, die ihm gehorchen.“ Apostelgeschichte 5,30-32. Als jene Mörder diese furchtlos gesprochenen Worte vernahmen, wurden sie zornig und beschlossen, ihre Hände abermals mit Blut zu beflecken und die Apostel zu töten. Dies beratschlagten sie, als ein Engel Gottes auf das Herz Gamaliels einwirkte, den Priestern und Obersten den Rat zu geben: „Laßt ab von diesen Menschen und laßt sie gehen! Ist dies Vorhaben oder dies Werk von Menschen, so wird,s untergehen; ist’s aber aus Gott, so könnt ihr sie nicht vernichten — damit ihr nicht dasteht als solche, die gegen Gott streiten wollen.“ Apostelgeschichte 5,38.39. Böse Engel versuchten, die Priester und Ältesten zu bewegen, die Apostel zu töten. Aber Gott sandte seinen Engel, das zu verhindern, indem er unter den jüdischen Anführern selbst eine Stimme erweckte, die zugunsten seiner Knechte redete. Das Werk der Apostel war noch nicht beendet. Sie sollten noch vor Könige gebracht werden, um vom Namen Jesu und von den Dingen, die sie gesehen und gehört hatten, Zeugnis abzulegen. FS.181.2 Teilen

182

Die Priester ließen unwillig ihre Gefangenen wieder gehen, nachdem sie sie ausgepeitscht und ihnen befohlen hatten, nicht mehr im Namen Jesu zu reden. „Sie gingen aber fröhlich von dem Hohen Rat fort, weil sie würdig gewesen waren, um Seines Namens willen Schmach zu leiden, und sie hörten nicht auf, alle Tage im Tempel und hier und dort in den Häusern zu lehren und zu predigen das Evangelium von Jesus Christus.“ Apostelgeschichte 5,41.42. So wuchs das Wort Gottes und nahm zu. Die Jünger zeugten mutig von den Dingen, die sie gesehen und gehört hatten, und im Namen Jesu wirkten sie große Wunder. Furchtlos erklärten sie die des Blutes Jesu für schuldig, die so sehr bereit gewesen waren, es auf sich zu nehmen, als ihnen gestattet war, über den Sohn Gottes Gewalt zu haben. FS.182.1 Teilen

Ich sah, dass die Engel Gottes beauftragt waren, die heiligen, wichtigen Wahrheiten, die den Jüngern Christi durch alle Generationen hindurch als Anker dienen sollten, sorgfältig zu bewahren. Der Heilige Geist ruhte in besonderem Maße auf den Aposteln, die Zeugen der Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt unseres Herrn gewesen waren — wichtige Wahrheiten, die die Hoffnung Israels sein sollten. Alle sollten auf den Heiland der Welt als ihre einzige Hoffnung blicken und auf dem Wege wandeln, den er durch das Opfer seines eigenen Lebens gebahnt hatte. Sie sollten Gottes Gesetz halten und leben. Ich sah die Weisheit und die Güte Jesu, dass er den Jüngern Kraft verlieh, dasselbe Werk fortzusetzen, für das er von den Juden gehaßt und getötet worden war. In seinem Namen hatten sie Macht über die Werke Satans. Strahlen des Lichts und der Herrlichkeit waren über die Zeit des Todes und der Auferstehung Jesu ausgegossen, wodurch die heilige Wahrheit, dass Jesus der Heiland der Welt ist, unsterblich gemacht wurde. FS.182.2 Teilen

183

Die Zahl der Jünger in Jerusalem wuchs schnell, und viele Priester waren dem Glauben gehorsam. Stephanus, voll Glaubens, tat Wunder und große Zeichen unter dem Volk. Die jüdischen Führer wurden noch zorniger, als sie sahen, wie sogar Priester sich von ihren Satzungen und Opfern abwandten und Jesus als das große Opfer annahmen. Mit Kraft von oben tadelte Stephanus die ungläubigen Priester und Ältesten und erhöhte Jesus vor ihnen. Sie konnten der Weisheit und der Macht, mit der er redete, nicht widerstehen. Als sie sahen, dass sie nichts gegen ihn ausrichten konnten, bestachen sie Männer, falsch zu schwören, sie hätten ihn Lästerworte reden hören gegen Mose und Gott. Sie versetzten das Volk in Aufruhr, nahmen Stephanus gefangen und beschuldigten ihn durch falsche Zeugen, er hätte gegen den Tempel und das Gesetz geredet. Sie behaupteten, dass sie ihn selber hätten sagen hören, dieser Jesus von Nazareth würde die Gebräuche abschaffen, die Mose gegeben hatte. FS.183.1 Teilen

Als Stephanus vor seinen Richtern stand, ruhte das Licht der Herrlichkeit Gottes auf seinem Angesicht. „Und alle, die im Rat saßen, blickten auf ihn und sahen sein Angesicht wie eines Engels Angesicht.“ Apostelgeschichte 6,15. Als man ihn aufforderte, auf die Beschuldigungen, die gegen ihn vorgebracht wurden, zu antworten, fing er bei Mose und den Propheten an und machte einen Rückblick auf die Geschichte der Kinder Israel und wie Gott mit ihnen handelte. Er zeigte, wie Christus durch die Propheten angekündigt worden sei. Er wies auf die Geschichte des Tempels hin und sagte, dass Gott nicht in Tempeln wohne, die von Händen gemacht sind. Die Juden verehrten den Tempel und wurden sehr zornig, wenn etwas gegen dieses Gebäude gesagt wurde. Es war ihnen, als wenn es gegen Gott geredet würde. Als Stephanus von Christus sprach und auf den Tempel hinwies, bemerkte er, dass das Volk seine Worte verwarf, und furchtlos tadelte er sie: „Ihr Halsstarrigen und Unbeschnittenen an Herzen und Ohren, ihr widerstrebt allezeit dem heiligen Geist.“ Apostelgeschichte 7,51. Während sie auf die äußeren Formen ihrer Religion achteten, waren ihre Herzen verderbt und voll tödlichen Übels. Er wies auf die Grausamkeit ihrer Väter hin, wie sie die Propheten verfolgt hatten, und erklärte, dass die, die er jetzt anredete, eine noch größere Sünde begangen hätten, weil sie Christus verworfen und gekreuzigt hätten. „Welchen Propheten haben eure Väter nicht verfolgt? Und sie haben getötet, die zuvor verkündigten das Kommen des Gerechten, dessen Verräter und Mörder ihr nun geworden seid.“ Apostelgeschichte 7,52. FS.183.2 Teilen

184

Als Stephanus diese deutlichen, einschneidenden Wahrheiten sagte, wurden die Priester und die Ältesten sehr erbost, stürmten auf ihn ein und bissen ihre Zähne zusammen. Aber er sah voll Heiligen Geistes auf gen Himmel und sah die Herrlichkeit Gottes und sagte: „Siehe, ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen.“ Das Volk wollte ihn nicht hören. „Sie schrien aber laut und hielten sich ihre Ohren zu und stürmten einmütig auf ihn ein, stießen ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn.“ Er aber kniete nieder und schrie laut: „Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht zu.“ Apostelgeschichte 7,55-58.60. FS.184.1 Teilen

Ich sah, dass Stephanus ein mächtiger Mann Gottes war, besonders dazu ausersehen, eine wichtige Stellung in der Gemeinde zu bekleiden. Satan frohlockte über seinen Tod, denn er wußte, dass der Verlust sehr schmerzlich für die Jünger sein würde. Aber der Triumph Satans war nur kurz, denn in jener Menge, die Zeuge vom Tod des Stephanus war, befand sich einer, dem Jesus sich selbst offenbaren sollte. Saulus beteiligte sich nicht an der Steinigung des Stephanus, willigte jedoch in seinen Tod ein. Er war eifrig darin, die Gemeinde Gottes zu verfolgen; er suchte sie auf, ergriff sie in ihren Häusern und lieferte sie denen aus, die sie töteten. Saulus war ein begabter, gebildeter Mann. Durch seinen Eifer und seine Studien war er bei den Juden hoch angesehen, während er von vielen der Jünger Christi gefürchtet wurde. Seine Gaben wurden von Satan erfolgreich benutzt, seine Rebellion gegen den Sohn Gottes und die, die an ihn glaubten, voranzutreiben. Aber Gott kann die Kraft des großen Feindes brechen und die befreien, die er gefangen hält. Christus hatte Saulus als ein „auserwähltes Werkzeug“ erwählt, seinen Namen zu predigen, seine Jünger in ihrer Arbeit zu stärken und den Platz des Stephanus mehr als auszufüllen. FS.184.2 Teilen

185

Als Saulus sich mit Briefen auf der Reise nach Damaskus befand, die ihm die Macht gaben, Männer und Frauen, die Jesus predigten, gebunden nach Jerusalem zu führen, umgaben ihn frohlockend böse Engel. Aber plötzlich umleuchtete ihn ein Licht vom Himmel, das die bösen Engel in die Flucht schlug und ihn sofort zur Erde warf. Er hörte eine Stimme, die sagte: „Saul, Saul, warum verfolgst du mich?“ Saul fragte: „Herr, wer bist du?“ Der Herr sprach: „Ich bin Jesus, den du verfolgst. Es wird dir schwer werden, gegen den Stachel auszuschlagen.“ Mit Zittern und Zagen fragte Saul: „Herr, was willst du, dass ich tun soll?“ Und der Herr sprach: „Steh auf und geh in die Stadt; da wird man dir sagen, was du tun sollst.“ Apostelgeschichte 9,4-6. FS.185.1 Teilen

186

Die Männer, die mit ihm waren, standen sprachlos da, denn sie hörten die Stimme, sahen aber niemand. Als das Licht verschwunden war und Saulus sich von der Erde erhob, merkte er, dass er völlig blind war. Die Herrlichkeit des himmlischen Lichts hatte ihn geblendet. Sie nahmen ihn bei der Hand und führten ihn nach Damaskus, wo er drei Tage blind war und weder aß noch trank. Der Herr aber sandte seinen Engel zu einem Mann, den Saulus gerade gefangennehmen wollte, und sagte ihm in einer Vision, dass er in die Gasse gehen sollte, die „die Gerade“ heißt. Im Haus des Judas sollte er nach einem Mann namens Saul von Tarsus fragen; „denn siehe, er betet und hat in einer Erscheinung einen Mann gesehen mit Namen Ananias, der zu ihm hereinkam und die Hand auf ihn legte, dass er wieder sehend werde.“ Apostelgeschichte 9,11.12. Ananias fürchtete sich, dass in der Sache etwas verkehrt sei, und fing an, dem Herrn zu erzählen, was er von Saulus gehört habe. Aber der Herr sprach zu Ananias: „Geh nur hin; denn dieser ist mein auserwähltes Werkzeug, dass er meinen Namen trage vor Heiden und vor Könige und vor das Volk Israel. Ich will ihm zeigen, wie viel er leiden muss um meines Namens willen.“ Ananias folgte den Anweisungen des Herrn „und kam in das Haus und legte die Hände auf ihn und sprach: Lieber Bruder Saul, der Herr Jesus hat mich gesandt, Jesus, der dir auf dem Wege hierher erschienen ist, dass du wieder sehend und mit dem heiligen Geist erfüllt werdest.“ Apostelgeschichte 9,15-17. FS.186.1 Teilen

Sofort erhielt Saulus das Augenlicht wieder, stand auf und ließ sich taufen. Danach predigte er in den Synagogen, dass Christus wahrhaftig Gottes Sohn sei. Alle, die ihn hörten, waren erstaunt und fragten: „Ist das nicht der, der in Jerusalem alle vernichten wollte, die diesen Namen anrufen, und ist er nicht deshalb hierhergekommen, dass er sie gefesselt zu den Hohenpriestern führe?“ Apostelgeschichte 9,21. Saulus wurde aber immer mächtiger und trieb die Juden in die Enge. Jetzt befanden sie sich auf’s neue in Schwierigkeiten. Alle wußten, wie sehr Saulus gegen Christus gewesen war und wie eifrig er sich bemüht hatte, alle, die an diesen Namen glaubten, aufzusuchen und sie dem Tode auszuliefern. Seine wunderbare Bekehrung überzeugte viele, dass Jesus der Sohn Gottes war. Saulus berichtete seine Erfahrung in der Kraft des Heiligen Geistes: Er war im Begriff gewesen, Männer und Frauen zu verfolgen, gefangen zu nehmen und zu Tode zu bringen, als ihn plötzlich auf der Reise nach Damaskus ein himmlisches Licht umleuchtete und Jesus sich ihm selbst offenbarte und ihn lehrte, dass er der Sohn Gottes sei. FS.186.2 Teilen

187

Als Saulus so mutig Jesus predigte, übte er einen mächtigen Einfluß aus. Er kannte die Schrift, und nach seiner Bekehrung fiel göttliches Licht auf die Prophezeiungen von Jesus, wodurch Saulus befähigt wurde, die Wahrheit klar und freudig darzustellen und jede Verfälschung der Heiligen Schrift aufzudecken. Da der Geist Gottes auf ihm ruhte, konnte er seine Zuhörer auf deutliche und nachdrückliche Weise durch die Prophezeiungen bis zurzeit des ersten Kommens Christi führen und ihnen zeigen, dass die Stellen, die über sein Leiden, seinen Tod und seine Auferstehung sprachen, sich bereits erfüllt hätten. FS.187.1 Teilen

Als die Hohenpriester und Obersten die Auswirkung der Verkündigung der Erfahrungen des Paulus sahen, wurden sie mit Haß gegen ihn erfüllt. Sie bemerkten, dass er mutig Jesus verkündigte und in seinem Namen Wunder wirkte; dass große Mengen ihm zuhörten, sich von ihren Traditionen abwandten und die jüdischen Obersten als die Mörder des Sohnes Gottes betrachteten. Ihr Ärger wurde auf äußerste erregt, und sie versammelten sich, um zu beraten, was wohl am besten zu tun sei, diese Aufregung unter dem Volk zu dämpfen. Sie kamen überein, dass der sicherste Weg der sei, Paulus zu töten. Aber Gott kannte ihre Absichten, und Engel wurden beauftragt, Paulus zu beschützen, dass er leben möchte, um seine Mission zu vollenden. FS.187.2 Teilen

188

Von Satan angeführt, bewachten die ungläubigen Juden Tag und Nacht die Tore von Damaskus, damit, wenn Paulus durchginge, sie ihn sofort töten könnten. Aber Paulus war benachrichtigt worden, dass die Juden ihm nach dem Leben trachteten, und die Jünger ließen ihn in einem Korb des Nachts an der Mauer herunter. Über diesen Fehlschlag ihres Planes waren die Juden beschämt und ungehalten, und Satans Absicht war wieder vereitelt. FS.188.1 Teilen

Danach ging Paulus nach Jerusalem, um sich den Jüngern anzuschließen. Sie fürchteten sich aber alle vor ihm und konnten nicht glauben, dass er ein Jünger sei. Die Juden hatten ihm in Damaskus nach dem Leben getrachtet, und nun wollten seine eigenen Brüder ihn nicht aufnehmen. Aber Barnabas nahm ihn zu sich, führte ihn zu den Aposteln und sagte ihnen, wie Paulus den Herrn auf dem Weg gesehen und dass er im Namen Jesu in Damaskus mutig gepredigt hätte. FS.188.2 Teilen

Doch der Satan wirkte an den Herzen der Juden, Paulus umzubringen, und Jesus befahl ihm, Jerusalem zu verlassen. Gemeinsam mit Barnabas ging er in andere Städte, verkündigte Jesus und wirkte Wunder, und viele wurden bekehrt. Als einmal ein Mann geheilt wurde, der immer lahm gewesen war, wollte das Volk, das gewohnt war, Götzen anzubeten, den Jüngern opfern. Paulus war darüber traurig und sagte ihnen, dass er und sein Mitarbeiter nur Menschen seien und dass der Gott, der den Himmel und die Erde, das Meer und alles, was darinnen ist, geschaffen habe, allein angebetet werden müsse. Auf diese Weise erhöhte Paulus Gott vor den Leuten; aber er konnte sie kaum von ihrem Vorhaben zurückhalten. Die erste Vorstellung vom Glauben an den wahren Gott und von der Anbetung und Ehre, die ihm gebührten, ging in ihnen auf. Doch während sie Paulus zuhörten, wirkte Satan auf ungläubige Juden aus anderen Städten ein, dass sie Paulus nachgingen und das gute Werk, das durch ihn getan worden war, zerstörten. Diese Juden erregten die Gemüter der Götzendiener durch falsche Gerüchte gegen Paulus. Die Bewunderung der Leute verwandelte sich jetzt in Haß, und genau die, die vor kurzem bereit waren, die Jünger anzubeten, steinigten Paulus, schleiften ihn zur Stadt hinaus und meinten, dass er tot sei. Aber als die Jünger um Paulus versammelt waren und ihn beklagten, stand er zu ihrer Freude auf und ging mit ihnen in die Stadt. FS.188.3 Teilen

189

Ein anderes Mal, als Paulus und Silas Jesus predigten, folgte ihnen eine bestimmte Frau, die einen Wahrsagegeist hatte, und schrie: „Diese Menschen sind Knechte des allerhöchsten Gottes, die euch den Weg des Heils verkündigen.“ Apostelgeschichte 16,17. So folgte sie den Jüngern mehrere Tage. Es tat aber Paulus weh, denn dies Schreien hinter ihnen lenkte die Gedanken der Leute von der Wahrheit ab. Das Ziel Satans, der sie dazu veranlaßte, war, im Volk Abscheu zu erregen und den Einfluß der Jünger zu zerstören. Paulus war sehr erregt. Er wandte sich um und sprach zu dem Geist: „Ich gebiete dir im Namen Jesu Christi, dass du von ihr ausfährst.“ Auf diese Weise wurde der böse Geist zurechtgewiesen und er verließ sie. Apostelgeschichte 16,18. FS.189.1 Teilen

Ihren Herren gefiel es, dass diese Frau den Jüngern nachrief; aber als der böse Geist sie verließ und ihre Herren in ihr eine demütige Nachfolgerin Jesu sahen, wurden sie aufgebracht. Sie hatten viel Geld durch ihre Wahrsagerei eingenommen, und jetzt war ihre Hoffnung auf Gewinn dahin. Satan hatte sein Ziel verfehlt; aber seine Diener ergriffen Paulus und Silas, zogen sie auf den Markt vor die Obersten, führten sie vor die Stadtrichter und sagten: „Diese Menschen bringen unsre Stadt in Aufruhr; sie sind Juden“. Apostelgeschichte 16,20. Und die Menschen traten gemeinsam gegen sie auf. Die Stadtrichter ließen ihnen die Kleider abreißen und sie auspeitschen. Nachdem sie ihnen viele Schläge gegeben hatten, warfen sie sie ins Gefängnis und geboten dem Kerkermeister, gut auf sie zu achten. Als diesem ein solcher Auftrag gegeben wurde, warf er Paulus und Silas ins innerste Gefängnis und legte ihre Füße in den Stock. Doch die Engel Gottes begleiteten sie ins Gefängnis und führten alles so, dass ihre Gefangenschaft zur Ehre Gottes gereichte und dem Volke zeigte, dass Gott mit dem Werk und mit seinen auserwählten Dienern war. FS.189.2 Teilen

190

Um Mitternacht beteten Paulus und Silas und sangen Gott Loblieder. Plötzlich gab es ein großes Erdbeben, das die Grundfesten des Gefängnisses erschütterte, und ich sah, dass der Engel Gottes sofort eines jeden Fesseln löste. Als der Kerkermeister erwachte und die Türen des Gefängnisses offenstehen sah, erschrak er. Er meinte, die Gefangenen seien alle entflohen und er würde jetzt mit dem Tode bestraft werden. Aber als er sich gerade umbringen wollte, rief Paulus mit lauter Stimme: „Tu dir nichts an; denn wir sind alle hier!“ Apostelgeschichte 16,28. FS.190.1 Teilen

In diesem Augenblick berührte die Kraft Gottes den Kerkermeister. Er forderte ein Licht, lief hinein und fiel zitternd Paulus und Silas zu Füßen, führte sie heraus und sagte: „Liebe Herren, was muss ich tun, dass ich gerettet werde?“ Und sie sagten: „Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig!“ Apostelgeschichte 16,30.31. Dann versammelte der Kerkermeister alle Menschen, die zu seinem Haushalt gehörten, und Paulus verkündigte ihnen Jesus. So wurde das Herz des Kerkermeisters mit dem seiner Brüder verbunden. Er wusch ihnen die Striemen ab, und er und sein ganzes Haus wurden in jener Nacht getauft. Er gab ihnen dann zu essen und freute sich mit seiner ganzen Familie, dass er an Gott gläubig geworden war. FS.190.2 Teilen

Diese wunderbare Nachricht von der Offenbarung der Kraft Gottes, die die Türen des Gefängnisses geöffnet hatte, und vom Kerkermeister, der mit seiner ganzen Familie bekehrt wurde, verbreitete sich schnell. Die Obersten vernahmen es und fürchteten sich; sie sandten zu dem Kerkermeister und befahlen ihm, Paulus und Silas gehen zu lassen. Aber Paulus wollte das Gefängnis nicht heimlich verlassen. Er wollte nicht, dass die Offenbarung der Kraft Gottes verborgen bleiben sollte. Er sagte deshalb zu ihnen: „Sie haben uns ohne Recht und Urteil öffentlich ausgepeitscht, die wir doch römische Bürger sind, und in das Gefängnis geworfen, und sollten uns nun heimlich fortschicken? Nein! Sie sollen selbst kommen und uns hinausführen.“ Apostelgeschichte 16,37. Als dies den Stadtrichtern weitergesagt und es bekannt wurde, dass die Apostel Römer waren, entsetzten sie sich aus Angst, dass sie beim Kaiser wegen ihres ungesetzlichen Verfahrens angeklagt würden. Sie kamen und redeten ihnen zu, führten sie heraus und baten sie, die Stadt zu verlassen. FS.190.3 Teilen

191

Nach seiner Bekehrung besuchte Paulus Jerusalem und predigte dort Jesus und die Wunder seiner Gnade. Er erzählte seine wunderbare Bekehrung, worüber die Priester und Schriftgelehrten so in Zorn gerieten, dass sie ihm nach dem Leben trachteten. Aber Jesus erschien ihm wiederum zu seiner Rettung in einer Vision, während er betete, und sprach zu ihm: „Eile und mach dich schnell auf aus Jerusalem, denn dein Zeugnis von mir werden sie nicht annehmen.“ Paulus antwortete: „Herr, sie wissen doch, dass ich die, die an dich glaubten, gefangennehmen und in den Synagogen geißeln ließ. Und als das Blut des Stephanus, deines Zeugen, vergossen wurde, stand ich auch dabei und hatte Gefallen an seinem Tod und bewachte denen die Kleider, die ihn töteten.“ Paulus dachte, dass die Juden zu Jerusalem seinem Zeugnis nicht widerstehen könnten und sie einsehen würden, dass die große Veränderung in ihm nur durch die Macht Gottes gewirkt sein könne. Aber die Antwort war noch bestimmter als vorher: „Geh hin; denn ich will dich in die Ferne zu den Heiden senden.“ Apostelgeschichte 22,18-21. Während seiner Abwesenheit von Jerusalem schrieb Paulus viele Briefe nach verschiedenen Orten, erzählte seine Erfahrung und legte ein machtvolles Zeugnis ab. Aber manche trachteten danach, den Einfluß dieser Briefe zu untergraben. Sie mussten zugeben, dass diese Briefe gewichtig und mächtig waren, erklärten aber, dass seine leibliche Anwesenheit nur schwachen Eindruck mache und seine Rede verachtenswert sei. FS.191.1 Teilen

192

Tatsächlich aber war Paulus ein Mann von großer Gelehr-samkeit, und seine Weisheit und sein Benehmen entzückten die Hörer. Gelehrte Männer erfreuten sich an seiner Erkenntnis, und viele von ihnen glaubten an Jesus. Wenn er vor Königen und großen Versammlungen stand, konnte er eine Beredsamkeit entfalten, die alle Zuhörer faszinierte. Dies versetzte die Priester und Ältesten in große Wut. Paulus konnte leicht in tiefe Gedankengänge einsteigen, und wenn er einmal dazu ansetzte, konnte er die Leute zum Gedankenflug in die erhabensten Bereiche mitnehmen. Er stellte ihnen die großen Reichtümer der Gnade Gottes und die erstaunliche Liebe Christi vor Augen. Dann konnte er wiederum in aller Einfachheit zum Verständnis des einfachen Volkes herabsteigen und in wirkungsvollster Weise seine Erfahrung erzählen, was den brennenden Wunsch in ihnen weckte, auch Jünger Christi zu werden. FS.192.1 Teilen

Abermals erschien der Herr dem Paulus und offenbarte ihm, dass er hinauf nach Jerusalem gehen müsse; dort würde er gebunden werden und um seines Namens willen leiden. Obgleich er lange Zeit hindurch ein Gefangener war, tat der Herr doch sein besonderes Werk durch ihn. Seine Fesseln sollten das Mittel sein, die Erkenntnis Christi zu verbreiten und Gott zu verherrlichen. Da er zu seinem Verhör von Stadt zu Stadt gesandt wurde, wurde sein Zeugnis über Jesus und die interessanten Ereignisse seiner eigenen Bekehrung vor Königen und Statthaltern erzählt, damit auch sie in Bezug auf Jesus ohne Entschuldigung sein möchten. Tausende glaubten an Jesus und freuten sich an seinem Namen. Ich sah, dass durch die Reise des Paulus auf dem Meer eine besondere Absicht Gottes erfüllt wurde. Er wollte, dass die Schiffsmannschaft auf diese Weise durch Paulus Zeuge der Macht Gottes sein sollte und auch die Heiden vom Namen Jesu hören und viele durch die Lehren des Paulus und durch die Wunder, die er vollbrachte, bekehrt werden sollten. Könige und Statthalter waren von seinen Vorträgen begeistert, und als er mit Eifer und in der Macht des Heiligen Geistes Jesus predigte und die interessanten Begebenheiten seiner Erfahrung erzählte, wurden sie überzeugt, dass Jesus der Sohn Gottes sei. Als manche mit Erstaunen die Worte des Paulus hörten, rief einer aus: „Es fehlt nicht viel, so wirst du mich noch überreden und einen Christen aus mir machen.“ Apostelgeschichte 26,28. Doch die meisten von denen, die ihn hörten, dachten, dass sie später erwägen wollten, was sie gehört hatten. Satan nützte diesen Aufschub, und da sie die Gelegenheit versäumten, als ihre Herzen weich waren, war sie für immer dahin. Ihre Herzen wurden wieder verhärtet. FS.192.2 Teilen

193

Es wurde mir gezeigt, dass das Werk Satans erstens darin bestand, die Augen der Juden zu verblenden, damit sie Jesus nicht als ihren Heiland annehmen würden, und dann darin, dass er sie veranlaßte, aus Neid über seine mächtigen Taten sein Leben zu fordern. Satan fuhr in einen von Christi eigenen Nachfolgern und trieb ihn an, Christus in die Hände seiner Feinde zu verraten, damit sie den Herrn des Lebens und der Herrlichkeit kreuzigen könnten. FS.193.1 Teilen

Nachdem Jesus von den Toten auferstanden war, häuften sie Sünde auf Sünde, indem sie die römische Wache bestachen, eine Lüge zu verbreiten, um die Tatsache seiner Auferstehung zu verbergen. Aber die Auferstehung Christi ist durch die gleichzeitige Auferstehung einer Menge von Zeugen doppelt sicher. Nach seiner Auferstehung erschien Jesus seinen Jüngern und dann über fünfhundert Brüdern auf einmal, während jene Menschen, die er mit sich gebracht hatte, vielen erschienen und erklärten, dass Jesus auferstanden war. FS.193.2 Teilen

Satan hatte die Juden dazu gebracht, sich gegen Gott zu empören, indem sie sich weigerten, seinen Sohn anzunehmen, und ihre Hände mit seinem teuren Blut befleckten. Ohne Rücksicht darauf, wie stark der Beweis war, der nun vorgebracht wurde, dass Jesus der Sohn Gottes, der Erlöser der Welt sei. Sie hatten ihn ermordet und würden keinen Beweis zu seinen Gunsten annehmen. Ihre einzige Hoffnung und ihr Trost bestanden wie bei Satan nach seinem Fall darin, dass sie versuchten, sich gegen den Sohn Gottes zu behaupten. Sie setzten deshalb ihre Rebellion fort, indem sie die Jünger Christi verfolgten und töteten. Nichts klang in ihren Ohren so hart wie der Name Jesu, den sie gekreuzigt hatten; und sie waren entschlossen, auch nicht einen Beweis zu seinen Gunsten anzuhören. Als der Heilige Geist durch Stephanus den überwältigenden Beweis erbrachte, dass Jesus der Sohn Gottes sei, hielten sie sich ihre Ohren zu, damit sie nicht etwa überzeugt werden möchten. Satan hatte die Mörder Jesu ganz in seiner Gewalt. Durch gottlose Werke hatten sie sich selbst zu seinen willigen Werkzeugen gemacht, und durch sie wirkte er nun, um die an Christus Gläubigen zu beunruhigen und zu plagen. Er hetzte durch die Juden die Heiden gegen Jesus und seine Nachfolger auf. Doch Gott sandte seine Engel, um die Jünger für ihr Werk zu stärken, damit sie von dem, was sie gesehen und gehört hatten, zeugen und zuletzt durch ihre Standhaftigkeit ihr Zeugnis mit ihrem Blut besiegeln könnten. FS.193.3 Teilen

194

Satan freute sich, dass die Juden fest in seinen Schlingen gefangen waren. Sie setzten ihre nutzlosen Formen, ihre Opfer und Satzungen noch fort. Als Jesus am Kreuz hing und rief: „Es ist vollbracht!“(Johannes 19,30), da riß der Vorhang des Tempels von oben bis unten mitten entzwei, um zu zeigen, dass Gott nicht länger mit den Priestern im Tempel sein würde, um ihre Opfer und Ordnungen anzunehmen, und dass die trennende Mauer zwischen Juden und Heiden niedergerissen sei. Jesus hatte durch sich selbst ein Opfer für beide gebracht. Und beide mussten an ihn, als das einzige Opfer für die Sünde, den Heiland der Welt, glauben, wenn sie gerettet werden wollten. FS.194.1 Teilen

195

Als der Soldat die Seite Jesu durchbohrte, als er am Kreuz hing, kamen zwei besondere Ströme heraus, der eine aus Blut, der andere aus Wasser. Das Blut sollte die Sünden derjenigen wegwaschen, die an seinen Namen glauben würden, und das Wasser sollte das lebendige Wasser darstellen, das von Jesus kommt und denen Leben gibt, die an ihn glauben. FS.195.1 Teilen

Ich wurde in die Zeit versetzt, als heidnische Götzendiener die Christen grausam verfolgten und töteten. Das Blut floß in Strömen. Die Edlen, die Gelehrten und das gewöhnliche Volk wurden ohne Gnade erschlagen. Reiche Familien wurden arm gemacht, weil sie ihre Religion nicht aufgeben wollten. Aber trotz der Verfolgungen und der Leiden, die diese Christen erduldeten, wollten sie ihre Grundsätze nicht verwässern. Sie hielten ihre Religion rein. Ich sah, dass Satan wegen ihrer Leiden triumphierte. Aber Gott schaute mit Wohlgefallen auf seine treuen Märtyrer. Die Christen, die in dieser gefahrvollen Zeit lebten, liebte er sehr, weil sie willig waren, um seinetwillen zu leiden. Jedes Leid, das sie erduldeten, vermehrte ihren Lohn im Himmel. FS.195.2 Teilen

Doch obgleich Satan sich über die Leiden der Heiligen freute, war er doch nicht zufrieden. Er wollte sowohl den Geist als auch den Körper unter Kontrolle haben. Die Leiden, die sie erduldeten, trieben sie nur noch näher zum Herrn und führten sie dazu, einander zu lieben. Sie bewirkten, dass sie sich mehr denn je fürchteten, den Herrn zu betrüben. Satan wollte sehr, dass sie sich das Mißfallen Gottes zuzögen; dann würden sie ihre Stärke, ihren Mut und ihre Festigkeit verlieren. Obgleich Tausende erschlagen wurden, standen andere auf, um ihre Stelle einzunehmen. Satan sah, dass er seine Untertanen verlor, denn obgleich sie Verfolgung und Tod erlitten, hatten sie doch die Zusicherung Jesu Christi, dass sie Untertanen seines Reiches waren. Satan machte deshalb Pläne, um erfolgreicher gegen die Herrschaft Gottes zu kämpfen und die Gemeinde zu überwinden. Er brachte die heidnischen Götzendiener dazu, einen Teil des christlichen Glaubens anzunehmen. Sie bekannten, an die Kreuzigung und Auferstehung Christi zu glauben, und hatten vor, sich den Nachfolgern Jesu anzuschließen, ohne jedoch eine Veränderung ihres Herzens erfahren zu haben. O, welch schreckliche Gefahr für die Gemeinde! Es war eine Zeit geistiger Angst. Manche dachten, wenn sie nachgäben und sich mit diesen Götzendienern, die einen Teil des christlichen Glaubens angenommen hatten, vereinigten, könnte dies das Mittel zu deren völliger Bekehrung werden. Satan versuchte, die Lehren der Bibel zu verdrehen. FS.195.3 Teilen

196

Ich sah, dass schließlich die christlichen Grundsätze herabgesetzt wurden und die Heiden sich mit den Christen vereinigten. Obwohl diese Götzenanbeter vorgaben, bekehrt zu sein, brachten sie doch ihren Götzendienst mit in die Gemeinde, sie vertauschten nur die Gegenstände ihrer Anbetung mit Bildern der Heiligen, ja selbst mit solchen von Jesus und Maria, seiner Mutter. In dem Ausmaß, in dem sich die Nachfolger Christi mit ihnen vereinigten, wurde die christliche Religion verdorben. Die Gemeinde verlor ihre Reinheit und Kraft. Manche weigerten sich, sich mit ihnen zu vereinigen. Solche bewahrten ihre Reinheit und dienten Gott allein. Sie wollten sich nicht vor irgendeinem Bild beugen, weder dessen, was oben im Himmel, noch dessen, was unten auf der Erde war. FS.196.1 Teilen

Satan frohlockte über den Fall so vieler. Dann stachelte er die gefallene Kirche auf, jene, die die Reinheit ihrer Religion bewahren wollten, zu zwingen, sich entweder ihren Zeremonien zu beugen und die Bilder anzubeten oder getötet zu werden. Die Feuer der Verfolgung wurden wieder gegen die wahre Gemeinde Christi entzündet, und Millionen wurden ohne Gnade hingeschlachtet. FS.196.2 Teilen

197

Dies wurde mir in folgender Weise vorgeführt: Eine große Schar heidnischer Götzendiener trug ein schwarzes Banner, auf dem Bilder der Sonne, des Mondes und der Sterne waren. Diese Schar schien sehr heftig und zornig zu sein. Dann wurde mir eine andere Schar gezeigt, die ein reines weißes Banner trug, auf dem geschrieben stand: „Reinheit und Heiligkeit dem Herrn!“ Ihre Angesichter trugen den Ausdruck von Festigkeit und himmlischer Ergebung. Ich sah, wie sich die heidnischen Götzendiener ihnen näherten. Es fand ein großes Blutvergießen statt. Die Christen starben vor ihnen dahin, doch schloß die Christenschar sich umso dichter zusammen und hielt das Banner nur noch fester. So viele auch fielen, es sammelten sich andere um das Banner und nahmen ihre Plätze ein. FS.197.1 Teilen

Ich sah, wie sich die Schar der Götzendiener beriet. Da sie die Christen nicht unterwerfen konnten, vereinbarten sie einen anderen Plan. Ich sah, dass sie ihr Banner niederließen und sich dann der standhaften Christenschar näherten, um ihnen Vorschläge zu machen. Zuerst wurden ihre Vorschläge gänzlich abgelehnt. Dann sah ich die Christenschar sich beraten. Manche sagten, dass sie ihr Banner auch niederlassen, die Vorschläge annehmen und ihr Leben retten wollten; schließlich könnten sie wieder Kraft erlangen und ihr Banner unter den Heiden hochheben. Einige jedoch wollten diesem Plan nicht zustimmen, sondern waren fest entschlossen, lieber ihr Banner hochzuhalten und zu sterben, als es zu senken. Dann sah ich, wie viele ihr Banner niederließen und sich mit den Heiden vereinigten; aber die Festen und Standhaften ergriffen es wieder und hielten es hoch. Ich sah, dass fortwährend einzelne die Schar derer verließen, die das weiße Banner trugen. Sie vereinigten sich mit den Götzendienern unter dem schwarzen Banner, um die zu verfolgen, die das weiße trugen. Viele wurden erschlagen; dennoch wurde das weiße Banner hochgehalten, und es standen immer Gläubige auf, die sich darum sammelten. FS.197.2 Teilen

198

Die Juden, die zuerst den Zorn der Heiden gegen Jesus erregten, sollten nicht ungestraft entkommen. Als Pilatus im Gerichtssaal zögerte, Jesus zu verdammen, schrien die rasenden Juden: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“ Matthäus 27,25. Die jüdische Nation hat die Erfüllung dieses schrecklichen Fluches, den sie auf ihr eigenes Haupt herabrief, erfahren. Die Heiden und sogenannten Christen waren ihre Feinde. Solche bekenntlichen Christen dachten in ihrem Eifer für Christus, den die Juden gekreuzigt hatten, je mehr Leiden sie über diese bringen würden, desto wohlgefälliger sei es vor Gott. Es wurden deshalb viele der ungläubigen Juden getötet, während andere von Ort zu Ort getrieben und auf jede erdenkliche Weise gequält wurden. FS.198.1 Teilen

Das Blut Christi und seiner Jünger, die sie dem Tode überliefert hatten, kam über sie, und sie wurden mit schrecklichen Gerichten heimgesucht. Der Fluch Gottes verfolgte sie, und sie wurden den Heiden und Christen zu einem Sprichwort und zur Verachtung. Sie wurden entehrt, gemieden und gehaßt, als ob ihnen das Kainszeichen aufgedrückt wäre. Doch ich sah, dass Gott dieses Volk wunderbar erhalten und es über die ganze Welt zerstreut hat, damit man an ihm sehen möge, wie es in besonderer Weise vom Fluch Gottes heimgesucht ist. Ich sah, dass Gott die Juden als Nation verworfen hat; dass aber doch einzelne unter ihnen sich bekehren und imstande sein werden, die Decke von ihren Herzen wegzuziehen und zu erkennen, dass sich die Prophezeiung über ihr Volk erfüllt hat. Sie werden Jesus als den Heiland der Welt annehmen und die große Sünde ihrer Nation sehen, die ihn verwarf und kreuzigte. FS.198.2 Teilen

199

Es war immer die Absicht Satans, die Gedanken des Volkes von Jesus auf die Menschen zu lenken und das Prinzip der persönlichen Verantwortlichkeit des einzelnen zu zerstören. Bei der Versuchung des Sohnes Gottes schlug Satans Absicht fehl, aber als er zu den gefallenen Menschen kam, hatte er mehr Erfolg. Das Christentum war verdorben. Päpste und Priester maßten sich an, erhabene Stellungen einzunehmen, und lehrten das Volk, zur Vergebung ihrer Sünden auf sie anstatt auf Christus zu blicken. FS.199.1 Teilen

Das Volk wurde vollständig verführt. Es wurde gelehrt, dass die Päpste und Priester Christi Stellvertreter seien, während sie in Wirklichkeit Satans Vertreter waren und die, die sich vor ihnen beugten, Satan dienten. Das Volk verlangte die Bibel, aber die Priester hielten es für gefährlich, sie ihnen in die Hand zu geben und selbst lesen zu lassen, denn dadurch hätten die Menschen erleuchtet und die Sünden ihrer Führer bloßgestellt werden können. Die Menschen wurden gelehrt, jedes Wort dieser Betrüger als aus dem Munde Gottes anzunehmen. Diese übten solche Gewalt über das Gewissen aus, wie sie nur Gott allein haben sollte. Wenn irgendjemand es wagte, seiner eigenen Überzeugung zu folgen, so entflammte gegen ihn derselbe Haß, wie ihn Satan und die Juden Jesus gegenüber offenbart hatten. Die Mächtigen dürsteten nach seinem Blut. FS.199.2 Teilen

Es wurde mir eine Zeit vorgeführt, in der Satan besonders triumphierte. Eine große Anzahl von Christen wurde auf schreckliche Art und Weise getötet, weil sie die Reinheit ihrer Religion bewahren wollten. Die Bibel wurde gehaßt, und es wurden Anstrengungen unternommen, sie aus der Welt zu räumen. Dem Volk war bei Todesstrafe verboten, sie zu lesen. Alle Abschriften, die man finden konnte, wurden verbrannt. Aber ich sah, dass Gottes besondere Fürsorge seinem Wort galt. Er behütete es. Zu verschiedenen Zeiten gab es nur noch einige wenige Abschriften der Bibel; doch ließ er sein Wort nicht verlorengehen, denn in den letzten Tagen sollte es so vervielfältigt werden, dass jede Familie es besitzen könnte. Ich sah, dass zu der Zeit, als es nur wenige Abschriften der Bibel gab, diese den verfolgten Nachfolgern Jesu köstlich und tröstend war. Sie wurde ganz geheim gelesen. Menschen, die sich dieses besonderen Vorrechts erfreuten, fühlten, dass sie dabei eine Unterredung mit Gott, mit seinem Sohn Jesus und mit seinen Jüngern hatten. Aber dieses gesegnete Vorrecht kostete viele das Leben. Wenn sie entdeckt wurden, wurden sie zum Schafott oder zum Märtyrerpfahl geführt oder in den Kerker geworfen, um dort den Hungertod zu sterben. FS.199.3 Teilen

200

Satan konnte den Erlösungsplan nicht verhindern. Jesus war gekreuzigt worden und am dritten Tag wieder auferstanden. Aber Satan sagte seinen Engeln, dass er sogar die Kreuzigung und die Auferstehung zu seinem Vorteil verwenden wolle. Er war bereit, sich damit abzufinden, dass jene, die den Glauben an Jesus bekannten, wußten, dass die jüdischen Opfergesetze mit dem Tode Jesu aufgehört hatten. Wenn er sie nur weiterführen und glauben machen könnte, dass die Zehn Gebote ebenfalls mit Christus gestorben seien. FS.200.1 Teilen

Ich sah, dass viele bereitwillig diese Täuschung Satans annahmen. Der ganze Himmel war mit Unmut erfüllt, als man sah, dass das heilige Gesetz Gottes mit Füßen getreten wurde. Jesus und all die himmlischen Heerscharen waren mit der Natur des Gesetzes Gottes vertraut. Sie wußten, dass er es nicht verändern oder abschaffen würde. Der hoffnungslose Zustand des Menschen nach dem Fall verursachte im Himmel den tiefsten Kummer und bewog Jesus zu dem Angebot, für die Übertreter des heiligen Gesetzes Gottes sterben zu wollen. Wenn aber dieses Gesetz hätte abgeschafft werden können, so hätte auch der Mensch ohne den Tod Jesu errettet werden können. Folglich zerstörte sein Tod nicht das Gesetz seines Vaters, sondern machte es groß und ehrte es und forderte Gehorsam gegenüber allen seinen heiligen Vorschriften. FS.200.2 Teilen

201

Wenn die Gemeinde rein und standhaft geblieben wäre, so hätte Satan sie nicht dazu verführen können, das Gesetz Gottes mit Füßen zu treten. In diesem frechen Plan stritt Satan direkt gegen die Grundlage der Regierung Gottes im Himmel und auf Erden. Seiner Rebellion wegen wurde er aus dem Himmel verstoßen. Nachdem er sich empört hatte, wollte er, um sich selbst zu retten, dass Gott sein Gesetz verändere; aber es wurde ihm vor allen himmlischen Heerscharen gesagt, dass Gottes Gesetz unveränderlich sei. Satan weiß, wenn er andere verleiten kann, das Gesetz Gottes zu verachten, dass er sie dann für seine Zwecke gewonnen hat; denn jeder Übertreter dieses Gesetzes muss sterben. FS.201.1 Teilen

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