Portrait von Ellen White
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Vorwort
Vorwort
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In einer Zeit, in der verantwortungsbewußte Männer und Frauen immer eindringlicher darauf hinweisen, dass der entwurzelte Mensch der Gegenwart in erster Linie eines festen Haltes bedarf, um nicht in dem materialistischen Taumel unserer Zeit unterzugehen, und dass dieser Halt allein in der Begegnung mit Jesus Christus gefunden werden kann, erscheint das vorliegende Buch über das Leben Jesu. Seine Aufgabe ist es nicht, die Evangelienberichte zu harmonisieren oder etwa Begebenheiten aus dem Leben des Nazareners in genau chronologischer Reihenfolge aufzuzeichnen, sondern dieses Buch soll vielmehr die in seinem Sohn Gestalt gewordene, unergründliche Liebe Gottes offenbaren und daher ein Zeugnis sein. Denn wir sind immer erneut aufgerufen zu erkennen, dass in diesem Christus „wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig“ (Kolosser 2,9) und dass der Weg zum Vater allein über den führt, der da bekannte: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ Johannes 14,6. LJ.5.1 Teilen

In diesem Buch ist Jesus Christus nicht nur der barmherzige Heiland der Sünder, sondern auch die Sonne der Gerechtigkeit, der gnädige Hohepriester, der große Arzt für Leib und Seele, der liebevolle, mitfühlende Freund, der beständige, hilfsbereite Gefährte, der Friedefürst, der kommende König, die Hoffnung und Erfüllung des Sehnens aller Zeitalter. Die Grundzüge seines Lebens, Inhalt und Bedeutung seiner Worte und Werke finden in diesem Buch beredten Ausdruck. In einer anschaulichen, untheologischen Sprache, die jedem sofort verständlich ist, vermittelt die Verfasserin auf warmherzige Weise ein einprägsames Bild jenes Einen, der allein fähig ist, uns in die Gegenwart des göttlichen Vaters zu führen. LJ.5.2 Teilen

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Der Würdename Jesu Christi, Heiland, bedeutet der Heilbringende, Heilwirkende und Heilende. Während seines Erdenwandels verdankten unzählige Menschen seinem heilwirkenden Wort die körperliche und seelische Genesung. Der Mensch ist ja eine Einheit aus Leib, Seele und Geist. Gesundung in einem dieser Bereiche wirkt sich daher verständlicherweise auf den ganzen Menschen aus. Auch heute noch ist Jesu Wort „Lebensbrot“ und „Lebenswasser“, denen wir, wenn wir uns ihrer bedienen, die Neuordnung unseres Seelenlebens wie die Gesundung unseres Leibes verdanken können. LJ.6.1 Teilen

Wer dieses Buch aufmerksam liest, dessen Denken und Handeln wird davon nicht unbeeinflußt bleiben. So ist diese Darstellung des Lebens Jesu zugleich ein Aufruf an jeden einzelnen, das Wagnis des Glaubens auf sich zu nehmen, das Wagnis eines Glaubens, der sein Ziel findet im Leben, Sterben und Auferstehen Jesu Christi. Unter allen Großen der Geistesgeschichte, unter allen Religionsstiftern und Trostpropheten ist er der einzige, der das göttliche Siegel trägt, nämlich Gottes Sohn zu heißen und von ihm gesandt zu sein, „auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“ (Johannes 3,16). LJ.6.2 Teilen

Aus der Begegnung mit ihm empfangen wir die Kraft, die wir zur Bewältigung unseres Lebens brauchen, und seine barmherzige Liebe ist uns die Bürgschaft seiner Gegenwart — heute, morgen und in Ewigkeit. LJ.6.3 Teilen

Kapitel 1: „Gott mit uns“
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„‘Sie werden seinen Namen Immanuel heißen‘, das ist verdolmetscht: Gott mit uns.“ Matthäus 1,23. LJ.9.1 Teilen

„Die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes“ strahlte „in dem Angesicht Jesu Christi“. 2.Korinther 4,6. Von Ewigkeit an war der Herr Jesus eins mit dem Vater. Er war „das Ebenbild Gottes“ (2.Korinther 4,4), das Ebenbild seiner Größe und Majestät, „der Abglanz seiner Herrlichkeit“. Hebräer 1,3. Er kam auf die Erde, um diese Herrlichkeit zu bezeugen, in diese sündendunkle Welt, um das Licht der Liebe Gottes zu offenbaren — um „Gott mit uns“ zu sein. Deshalb auch wurde von ihm geweissagt: „Sie werden seinen Namen Immanuel heißen.“ Matthäus 1,23. LJ.9.2 Teilen

Durch sein Leben mitten unter uns sollte Jesus das Wesen Gottes den Menschen und den Engeln kundtun. Er war das Wort Gottes, durch ihn wurden Gottes Gedanken vernehmbar gemacht. In seinem hohepriesterlichen Gebet sagt Jesus: „Ich habe ihnen deinen Namen kundgetan (barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue) ..., damit die Liebe, mit der du mich liebst, sei in ihnen und ich in ihnen.“ Johannes 17,26; 2.Mose 34,6. Doch diese Offenbarung wurde nicht nur seinen erdgeborenen Kindern geschenkt, vielmehr ist unsere kleine Welt zugleich das Lehrbuch für das Weltall. Gottes wunderbares Gnadenziel, das Geheimnis seiner erlösenden Liebe ist das Thema, das „auch die Engel gelüstet zu schauen“ (1.Petrus 1,12), und sie werden sich damit die ganze Ewigkeit hindurch beschäftigen. Die Erlöstern wie auch die sündlosen Wesen werden in dem Kreuz Christi den Hauptgegenstand ihres Forschens und Preisens sehen. Dann werden sie erkennen, dass die Herrlichkeit, die vom Antlitz Jesu widerstrahlt, der Abglanz seiner aufopfernden Liebe ist. Im Lichte Golgathas wird es deutlich, dass das Gesetz der entsagenden Liebe das auf Erden und im Himmel gültige Lebensgesetz ist; dass die Liebe, die „nicht das Ihre“ (1.Korinther 13,5) sucht, dem Herzen Gottes entspringt, und dass in dem, der „sanftmütig und von Herzen demütig“ war (Matthäus 11,29), sich das Wesen dessen zeigt, „der da wohnt in einem Licht, da niemand zukommen kann“. 1.Timotheus 6,16. LJ.9.3 Teilen

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Am Anfang offenbarte sich Gott in einem jeden Schöpfungswerk. Christus war es, der die Himmel ausbreitete und auch den Grund der Erde legte. Seine Hand wies den Welten im Universum ihren Platz an und formte die Blumen auf dem Felde. Von ihm heißt es: „Der du die Berge festsetzest in deiner Kraft.“ Psalm 65,7. „Sein ist das Meer, und er hat’s gemacht.“ Psalm 95,5. Er war es, der die Erde mit Schönheit und die Lüfte mit Gesang erfüllte. Und auf jedes seiner Schöpfungswerke auf Erden, in den Lüften und am Himmel, schrieb er die Botschaft von der Liebe des Vaters. LJ.10.1 Teilen

Die Sünde hat zwar das vollkommene Werk Gottes verdorben, die göttliche Handschrift aber ist an ihm erhalten geblieben. Selbst heute noch kündet die Schöpfung von der Herrlichkeit und Güte Gottes. Nichts, abgesehen von dem selbstsüchtigen Herzen der Menschen, lebt für sich selbst. Jeder Vogel in den Lüften, jedes Tier auf der Erde dient einem anderen Leben. Jedes Blatt im Walde; jeder bescheidene Grashalm erfüllt einen Dienst. Jeder Baum und Strauch, ja, jedes Blatt gibt von jener Lebenskraft weiter, ohne die weder Mensch noch Tier leben könnte. Und auch Mensch und Tier ihrerseits dienen dem Leben von Baum, Strauch und Blatt. Durch ihren Duft und ihre Schönheit werden die Blumen der Welt zum Segen. Die Sonne verströmt ihr Licht und schenkt dadurch tausend Welten Freude. Selbst der Ozean, der Ursprung aller Quellen und Flüsse, nimmt die Ströme aller Länder wieder in sich auf. Doch er nimmt nur, um erneut zu schenken. Die Dunstschleier, die von ihm aufsteigen, fallen als Regen auf die Erde nieder, damit sie neue Lebenskeime hervorbringe. LJ.10.2 Teilen

Die heiligen Engel freuen sich, wenn sie schenken können, wenn sie gefallenen, sündhaften Menschen Liebe darbieten und unermüdlich über sie wachen können. Himmlische Wesen werben um die Herzen der Menschen und bringen himmlisches Licht in diese dunkle Welt. Durch geduldiges und sanftes Wirken beeinflussen sie das Gemüt, um verlorene Menschen in die Gemeinschaft mit Christus zu führen, die viel fester ist, als sie es sich vorstellen können. LJ.10.3 Teilen

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Doch wenden wir uns von all diesen geringeren bildlichen Darstellungen ab, dann schauen wir Gott in Jesus Christus. Sehen wir auf Jesus, dann erkennen wir, dass Schenken zur Herrlichkeit Gottes gehört. Jesus sagt von sich, „dass ich ... nichts von mir selber tue“. Johannes 8,28. „Der Vater, von dem alles Leben kommt, hat mich gesandt, und ich lebe durch ihn.“ Johannes 6,57 (GN). „Ich suche nicht meine Ehre“ (Johannes 8,50), sondern die Ehre dessen, der mich gesandt hat. Johannes 7,18. Diese Worte erläutern den erhabenen Grundsatz, auf dem das Leben des Alls beruht. Christus erhielt alles von Gott, er nahm aber lediglich, um seinerseits zu schenken. So wird auch in den himmlischen Vorhöfen verfahren, das gilt auch für Jesu Dienst für alle Geschöpfe: durch den geliebten Sohn wird das Leben des Vaters allem zuteil; über den Sohn kehrt es als Lobpreis und fröhlicher Dienst wieder zum Vater zurück, eine Flut der Liebe gleichsam, die zum erhabenen Ursprung aller Dinge zurückströmt. Durch Christus wird somit der Kreislauf des Segens geschlossen, das Wesen des Gebers aller Dinge und das Gesetz des Lebens enthüllt. LJ.11.1 Teilen

Dieses Gesetz wurde ausgerechnet im Himmel übertreten. Die Sünde entsprang der Selbstsucht. Luzifer, der schirmende Cherub, wollte der Erste im Himmel sein. Er trachtete danach, die himmlischen Wesen zu beherrschen, sie dem Schöpfer abspenstig zu machen und ihre Huldigung für sich zu gewinnen. Deshalb verleumdete er Gott und schrieb ihm den Wunsch nach Selbsterhöhung zu. Die eigenen üblen Wesenszüge versuchte er dem liebevollen Schöpfer anzudichten. So täuschte er Engel und Menschen. Er verleitete sie, an Gottes Wort zu zweifeln und seiner Güte zu mißtrauen. Weil Gott ein Gott der Gerechtigkeit und furchterregender Hoheit ist, veranlaßte Satan sie, ihn für hartherzig und unversöhnlich zu halten. Dadurch verführte er die Menschen, sich seiner Rebellion gegen Gott anzuschließen. Eine Nacht der Leiden brach damit über unsere Erde herein. LJ.11.2 Teilen

Durch das Mißverstehen der Absichten Gottes wurde die Welt verfinstert. Damit die dunklen Schatten erhellt und die Schöpfung zu Gott zurückgeführt würde, musste Satans trügerische Macht vernichtet werden. Das aber konnte nicht durch Gewaltanwendung geschehen. Gewaltausübung steht den Grundsätzen der Herrschaft Gottes entgegen. Er erwartet lediglich einen Dienst aus Liebe. Sie aber kann man weder befehlen noch durch Machteinsatz oder Amtsgewalt erzwingen. Nur Liebe erzeugt Gegenliebe. Gott erkennen heißt ihn lieben. Der Gegensatz seines Charakters zu dem Charakter Satans musste deshalb geoffenbart werden. Nur einer im ganzen Universum konnte dies tun; nur er, der die Höhe und Tiefe der Liebe Gottes kannte, konnte sie auch verkünden. Über der dunklen Erdennacht sollte die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen voller „Heil unter ihren Flügeln“. Maleachi 3,20. LJ.11.3 Teilen

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Der Erlösungsplan wurde nicht nachträglich erdacht und kam nicht nach Adams Fall zustande. Er war vielmehr die „Offenbarung des Geheimnisses, das ewige Zeiten hindurch verschwiegen geblieben“ war. Römer 16,25 (Menge). Er legte die Grundsätze dar, auf denen von Ewigkeit her Gottes Thron ruhte. Gott und Christus hatten von Anbeginn an vorausgesehen, dass Satan von ihnen abfallen und den Menschen durch die Macht des Betruges in den Fall hineinziehen werde. Gott hat die Sünde nicht gewollt, er hatte sie aber kommen sehen und für diesen schrecklichen Notfall bereits seine Vorkehrungen getroffen. So sehr liebte er die Welt, dass er beschloß, seinen eingeborenen Sohn dahinzugeben, „auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“. Johannes 3,16. LJ.12.1 Teilen

Satan hatte gesagt: „Ich will ... meinen Thron über die Sterne Gottes erhöhen ... und gleich sein dem Allerhöchsten.“ Jesaja 14,13.14. Von Christus dagegen heißt es: „Er war wie Gott. Aber er betrachtete diesen Vorzug nicht als unaufgebbaren Besitz. Aus freiem Entschluß gab er alles auf und wurde wie ein Sklave. Er kam als Mensch in die Welt und lebte wie ein Mensch.“ Philipper 2,6.7 (GN). LJ.12.2 Teilen

Diese Tat war ein freiwilliges Opfer. Jesus hätte an der Seite des Vaters bleiben, er hätte an der Herrlichkeit des Himmels und der Huldigung der Engel festhalten können. Doch aus eigenem Antrieb legte er die königliche Macht in die Hände des Vaters zurück und stieg vom Thron des Universums herab, damit er Licht zu denen brächte, die im Dunkeln sind, und Leben zu den Verdammten. LJ.12.3 Teilen

Vor fast 2000 Jahren erschallte im Himmel, vom Throne Gottes ausgehend, eine Stimme von geheimnisvoller Tragweite: „Siehe, ich komme!“ — „Opfer und Gaben hast du nicht gewollt; einen Leib aber hast du mir bereitet ... Siehe, ich komme — im Buch steht von mir geschrieben —, dass ich tue, Gott, deinen Willen.“ Hebräer 10,5-7. Diese Worte künden von der Erfüllung des Planes, der von Ewigkeit an verborgen war. Christus stand im Begriff, auf unserer Erde zu erscheinen und Mensch zu werden. Deshalb sagt er auch: „Einen Leib ... hast du mir bereitet.“ Wäre er in der Herrlichkeit erschienen, die er bei dem Vater vor der Schöpfung der Welt besaß, dann hätten wir das Licht seiner Gegenwart nicht ertragen können. Damit wir ihn anschauen konnten, ohne vernichtet zu werden, wurde seine Herrlichkeit verhüllt. Seine Göttlichkeit lag unter dem Schleier der menschlichen Natur verborgen — die unsichtbare Herrlichkeit wurde sichtbar in menschlicher Gestalt. LJ.12.4 Teilen

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Dieser erhabene Plan war in Ur- und Sinnbildern vorgedeutet worden. Der brennende Busch zum Beispiel, in dem Christus dem Mose erschien, offenbarte Gott. Zum Sinnbild für die Darstellung der Gottheit wurde ein armseliger Busch gewählt, der offensichtlich keinerlei Anziehungskraft hatte. Dennoch verhüllte er den Unendlichen. Der barmherzige Gott verbarg seine Herrlichkeit unter einer recht bescheidenen Erscheinungsform, damit Mose ihn schauen und dennoch weiterleben konnte. Mit Israel war Gott bei Tag durch die Wolkensäule und bei Nacht durch die Feuersäule verbunden. So offenbarte er den Menschen seinen Willen und ließ ihnen seine Gnade zuteil werden. Gottes Herrlichkeit wurde abgemildert und seine Majestät verhüllt, damit die schwache Sehkraft des Menschen sie wahrnehmen konnte. Genauso sollte Christus im „nichtigen Leib“ unserer menschlichen Gestalt erscheinen. Philipper 1,21. Nach dem Urteil der Welt verfügte er über keine Schönheit, die ihn angenehm gemacht hätte; dennoch sollte er Gott, das Licht des Himmels und der Erde, verkörpern. Seine Herrlichkeit war verhüllt und seine Erhabenheit und Majestät waren verborgen, damit er den mühseligen und versuchten Menschen recht nahe kommen konnte. LJ.13.1 Teilen

Durch Mose befahl Gott den Israeliten: „Sie sollen mir ein Heiligtum machen, dass ich unter ihnen wohne.“ 2.Mose 25,8. In diesem Heiligtum mitten unter seinem Volk ließ er sich nieder. Während der gesamten beschwerlichen Wüstenwanderung war das Sinnbild seiner Gegenwart stets bei ihnen. Ebenso schlug Christus seine Hütte inmitten der Wohnstatt der Menschen auf. Er errichtete sein Zelt gleichsam neben unsern Zelten, um unter uns wohnen und uns mit seinem göttlichen Wesen und Leben vertraut machen zu können. „Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingebornen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ Johannes 1,14. LJ.13.2 Teilen

14

Seit Christus kam, um unter uns zu weilen, wissen wir, dass Gott mit unseren Versuchungen vertraut ist und mit unseren Leiden mitempfindet. Jeder Nachkomme Adams kann nun begreifen, dass unser Schöpfer die Sünder liebt. In jedem Gnadenerweis, in jeder Freudenverheißung, in jeder Liebestat, in jedem Lockreiz, der vom Leben des Heilandes auf Erden ausgeht, erkennen wir den „Gott mit uns“! LJ.14.1 Teilen

Satan stellt Gottes Gesetz der Liebe als ein Gesetz der Selbstsucht dar. Er behauptet, es sei unmöglich, seinen Vorschriften zu gehorchen. Den Fall des ersten Elternpaares mit allem Leid, das daraus hervorging, lastet er dem Schöpfer an und verführt die Menschen dazu, in Gott den Urheber der Sünde, des Leides und des Todes zu sehen. Jesus sollte diesen Betrug aufdecken. Als Mensch wie wir sollte er ein Beispiel an Gehorsam geben. Deshalb nahm er unsere menschliche Natur an und machte unsere Erfahrungen. „Daher musste er in allen Dingen seinen Brüdern gleich werden.“ Hebräer 2,17. Falls wir etwas erdulden müßten, was Jesus nicht zu erdulden brauchte, würde Satan dies so deuten, als reiche die Kraft Gottes nicht für uns aus. Deshalb auch wurde Jesus versucht „allenthalben gleichwie wir“. Hebräer 4,15. Er ertrug jede Versuchung, der auch wir ausgesetzt sind, und er benutzte zu seinen Gunsten keine Kraft, die nicht auch uns uneingeschränkt angeboten wird. Als Mensch trat er der Versuchung entgegen und überwand sie mit der Kraft, die ihm von Gott verliehen wurde. Er sagt: „Deinen Willen, mein Gott, tue ich gern, und dein Gesetz hab ich in meinem Herzen.“ Psalm 40,9. Als er von Ort zu Ort zog, Gutes tat und die vom Satan Gepeinigten heilte, da öffnete er den Menschen das Verständnis für das Gesetz Gottes und für die Art seines Dienstes. Sein Leben bezeugt, dass es auch uns möglich ist, dem Gesetz Gottes zu gehorchen. LJ.14.2 Teilen

Durch sein Menschsein kam Christus der Menschheit nahe, durch seine Göttlichkeit blieb er mit dem Throne Gottes verbunden. Als Menschensohn gab er uns ein Beispiel des Gehorsams, als Sohn Gottes schenkte er uns die Kraft zu gehorchen. Christus war es gewesen, der aus dem Busch auf dem Berge Horeb zu Mose gesprochen hatte: „Ich werde sein, der ich sein werde ... So sollst du zu den Kindern Israel sagen: ‚Ich werde sein‘, der hat mich zu euch gesandt.“ 2.Mose 3,14. Das war die Bürgschaft für die Befreiung Israels. Als er nun in menschlicher Gestalt zu uns kam, erklärte er sich als der „Ich bin“. Das Kind in Bethlehem, der bescheidene, demütige Heiland ist Gott, „offenbart im Fleisch“. 1.Timotheus 3,16. Zu uns sagt er: „Ich bin der gute Hirte.“ Johannes 10,11. — „Ich bin das lebendige Brot.“ Johannes 6,51. — „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.“ Johannes 14,6. — „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ Matthäus 28,18. „Ich bin“, das ist die Beteuerung jeder Verheißung. „Ich bin“ — habt deshalb keine Furcht. „Gott mit uns“, das sichert uns Befreiung von der Sünde zu und die Kraft, dem Gesetz Gottes zu gehorchen. LJ.14.3 Teilen

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Als Christus sich demütigte und menschliche Gestalt annahm, offenbarte er einen Charakter, der dem Satans entgegengesetzt ist. Ja, er ging den Weg der Demütigung sogar noch weiter: „Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.“ Philipper 2,8. Wie der Hohepriester die prächtigen Priestergewänder ablegte und im weißen Leinenkleid des einfachen Priesters seinen Dienst versah, so nahm Christus die Gestalt eines Dienenden an und brachte ein Opfer dar, sich selbst, Priester und Opfer zugleich. „Er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten.“ Jesaja 53,5. LJ.15.1 Teilen

Christus wurde so behandelt, wie wir es verdient haben. Damit wollte er erreichen, dass uns die Behandlung zuteil würde, die eigentlich ihm zukam. Er wurde um unserer Sünde willen, an der er keinen Teil hatte, verdammt, damit wir durch seine Gerechtigkeit, an der wir keinen Teil haben, gerechtfertigt würden. Er erlitt den Tod, den wir hätten erleiden müssen, damit wir sein Leben empfangen konnten. „Durch seine Wunden sind wir geheilt.“ Jesaja 53,5. LJ.15.2 Teilen

Durch sein Leben und Sterben hat Christus mehr erreicht als nur die Rettung aus dem durch die Sünde verursachten Untergang. Satan hatte eine ewige Trennung zwischen Gott und Mensch erreichen wollen. Durch Christus aber werden wir enger mit Gott verbunden, so als hätten wir niemals gesündigt. Dadurch, dass er unser Wesen annahm, hat sich der Heiland unlöslich mit uns Menschen verbunden. Für alle Ewigkeit gehört er zu uns. „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingebornen Sohn gab.“ Johannes 3,16. Er gab ihn nicht nur, damit er unsere Sünden tragen und für uns als Opfer sterben sollte, er schenkte ihn dem gefallenen Menschengeschlecht. Um uns seiner unwandelbaren Friedensgesinnung zu versichern, ließ Gott seinen eingeborenen Sohn Mensch werden, damit er für immer Mensch bliebe. Das ist das Unterpfand dafür, dass Gott seine Verheißung auch erfüllen wird. „Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter.“ Jesaja 9,5. Durch seinen Sohn nahm auch Gott menschliche Natur an, die er damit in den Himmel aufnahm. Der „Menschensohn“ hat Anteil an der Herrschaft über die Welt. Als „Menschensohn“ heißt er: „Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst.“ Jesaja 9,5. Der „Ich bin“ ist der Mittler zwischen Gott und Mensch und legt seine Hände auf beide. Er, „der da ist heilig, unschuldig, unbefleckt, von den Sündern abgesondert“, schämt sich nicht, uns „Brüder zu heißen“. Hebräer 7,26; Hebräer 2,11. Durch Christus wird die Familie auf Erden mit der des Himmels verbunden. Der in die Herrlichkeit aufgenommene Christus ist unser Bruder. Der Himmel ist eingeschlossen in die menschliche Natur, und menschliches Wesen seinerseits entfaltet sich im Herzen dessen, der die unendliche Liebe ist. LJ.15.3 Teilen

16

Gott sagt von seinem Volk: „Wie edle Steine werden sie in seinem Lande glänzen. Denn wie groß ist seine Güte und wie groß ist seine Huld!“ Sacharja 9,16.17. Die Erhöhung der Erlösten wird zu einem ewigen Zeugnis der Gnade Gottes werden. „In den kommenden Zeiten“ wird er „den überschwenglichen Reichtum seiner Gnade durch seine Güte gegen uns in Christus Jesus“ erweisen, „auf dass ... kundwürde ... den Mächten und Gewalten im Himmel die mannigfaltige Weisheit Gottes. Diesen ewigen Vorsatz hat Gott ausgeführt in Christus Jesus, unsrem Herrn“. Epheser 2,7; Epheser 3,10.11. LJ.16.1 Teilen

Durch Christi Erlösungstat steht Gottes Herrschaft gerechtfertigt da. Der Allmächtige wird als ein Gott der Liebe geoffenbart. Satans Anschuldigungen sind widerlegt, sein Wesen entlarvt. Niemals wieder kann es zu einem Aufruhr kommen, und nie wieder wird die Sünde Eingang in die Schöpfung finden. Für alle Ewigkeit sind die Geschöpfe vor Abfall geschützt. Christi Opfer aus Liebe hat die Bewohner der Erde und des Himmels unauflöslich mit ihrem Schöpfer verbunden. LJ.16.2 Teilen

Das Erlösungswerk wird vollständig sein. Dort, wo einst die Sünde herrschte, wird die Gnade Gottes überreich vorhanden sein. Die Erde die Satan als sein Eigentum beansprucht, soll nicht nur losgekauft sondern erhöht werden. Unserer kleinen Welt, die unter dem Fluch der Sünde der einzige dunkle Fleck in Gottes herrlicher Schöpfung war, soll mehr als allen anderen Welten im Universum Ehre erwiesen werden. Hier, wo einst der Sohn Gottes unter den Menschen Wohnung nahm, wo der König der Herrlichkeit lebte, litt und starb, soll dereinst die „Hütte Gottes bei den Menschen“ stehen, wenn er alles neu gemacht haben wird. „Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott, wird mit ihnen sein.“ Offenbarung 21,3. Wenn die Erlösten in der Ewigkeit im Lichte des Herrn wandeln, werden sie ihn für seine unaussprechliche Gabe preisen, für Immanuel — Gott mit uns. LJ.16.3 Teilen

Kapitel 2: Das auserwählte Volk
18

Über tausend Jahre lang hatten die Juden auf die Ankunft des Heilandes gewartet. Auf dies Ereignis gründeten sich ihre lebhaftesten Hoffnungen. Im Lied, in der Weissagung, im Tempeldienst und im täglichen Gebet war sein Name enthalten. Doch als er unter ihnen erschien, erkannten sie ihn nicht. Der Geliebte des Himmels war für sie nur „eine Wurzel aus dürrem Erdreich. Er hatte keine Gestalt und Hoheit“, und sie erblickten keine Schönheit an ihm, die ihn für sie begehrenswert gemacht hätte. Jesaja 53,2. „Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ Johannes 1,11. LJ.18.1 Teilen

Dennoch hatte Gott die Israeliten erwählt; er hatte sie dazu berufen, die Kenntnis seines Gesetzes, der Sinnbilder und Weissagungen, die auf den Heiland hinwiesen, unter den Menschen zu bewahren. Seinem Wunsche entsprechend sollten sie Heilsbrunnen für die Welt sein. Was Abraham in seiner Umgebung, Joseph in Ägypten und Daniel am Hofe zu Babel war, das sollte das Volk der Hebräer unter den heidnischen Völkern sein. Es sollte den Menschen Gott offenbaren. LJ.18.2 Teilen

Als der Herr Abraham berief, sagte er: „Ich ... will dich segnen ... und du sollst ein Segen sein ... und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden.“ 1.Mose 12,2.3. Das wurde auch von den Propheten wiederholt. Sogar als Israel durch Krieg und Gefangenschaft verheert worden war, galt ihm die Verheißung: „Es werden die Übriggebliebenen aus Jakob unter vielen Völkern sein wie Tau vom Herrn, wie Regen aufs Gras, der auf niemand harrt noch auf Menschen wartet.“ Micha 5,6. Über den Tempel zu Jerusalem kündigte der Herr durch Jesaja an: „Mein Haus wird ein Bethaus heißen für alle Völker.“ Jesaja 56,7. LJ.18.3 Teilen

Doch die Israeliten richteten ihre Hoffnungen auf weltliche Größe. Seitdem sie das Land Kanaan betreten hatten, wichen sie von den Geboten Gottes ab und folgten heidnischen Bräuchen. Vergeblich warnte Gott sie durch seine Propheten. Vergeblich wurden sie auch dadurch bestraft, dass heidnische Völker sie unterdrückten. Jeder Sinnesänderung folgte ein um so tieferer Abfall. LJ.18.4 Teilen

19

Wären die Kinder Israel Gott treu geblieben, hätte er sein Ziel erreichen und sie ehren und erhöhen können. Wären sie gehorsam geblieben, so hätte er sie „zum höchsten über alle Völker“ gemacht, „die er geschaffen hat“, und sie wären „gerühmt, gepriesen und geehrt“ worden. 5.Mose 26,19. Mose sagt: „Alle Völker auf Erden werden sehen, dass über dir der Name des Herrn genannt ist, und werden sich vor dir fürchten.“ 5.Mose 28,10. Wenn alle Völker „diese Gebote hören“, müßten sie sagen: „Ei, was für weise und verständige Leute sind das, ein herrliches Volk!“ 5.Mose 4,6. Weil sie aber treulos waren, konnte Gottes Ziel nur durch ständige Trübsal und Demütigung erreicht werden. LJ.19.1 Teilen

Sie wurden von Babylon unterjocht und unter die Heiden zerstreut. Im Elend erneuerten viele ihren Glauben an den Bund mit Gott. Als sie ihre Harfen an die Weiden zu Babel hingen und um den heiligen Tempel, der verwüstet lag, Leid trugen (Psalm 137,1-3), da ging von ihnen das Licht der Wahrheit aus, und sie verbreiteten die Erkenntnis Gottes unter den Heiden. Die heidnischen Opferbräuche waren ein Zerrbild des von Gott festgelegten Opferdienstes. Viele, die es mit den heidnischen Bräuchen ernst nahmen, erfuhren durch die Juden, was es mit dem von Gott vorgeschriebenen Opfer auf sich hatte, und nahmen im Glauben die Verheißung eines Erlösers an. LJ.19.2 Teilen

Viele Verbannte erduldeten Verfolgung, nicht wenige büßten sogar ihr Leben ein, weil sie sich weigerten, den Sabbat zu mißachten und an den heidnischen Festen teilzunehmen. Als die Götzendiener angestachelt wurden, die Wahrheit auszulöschen, stellte der Herr seine Diener vor Herrscher und Könige, damit diese und deren Untertanen erleuchtet würden. Von Zeit zu Zeit wurden die gewaltigsten Monarchen dazu gebracht, die Überlegenheit des Gottes zu verkünden, den ihre hebräischen Gefangenen anbeteten. LJ.19.3 Teilen

Durch die Babylonische Gefangenschaft wurden die Kinder Israel wirksam von der Anbetung der Götzenbilder geheilt. In den folgenden Jahrhunderten erduldeten sie die Unterdrückung durch heidnische Feinde, bis sie zu der festen Überzeugung gelangten, dass ihre Wohlfahrt vom Gehorsam gegenüber dem Gesetz Gottes abhinge. Bei allzu vielen Juden beruhte dieser Gehorsam jedoch nicht auf Liebe. Sie handelten aus selbstsüchtigen Beweggründen und dienten Gott nur äußerlich, um dadurch zu nationaler Größe zu gelangen. Daher wurden sie nicht zu einem Licht der Welt, sondern sie sonderten sich von der Welt ab, um so der Versuchung zum Götzendienst zu entgehen. In den Unterweisungen, die Gott ihnen durch Mose erteilt hatte, war der Umgang Israels mit Götzenanbetern eingeschränkt worden. Diese Belehrungen wurden nun falsch ausgelegt. Israel sollte zwar durch sie daran gehindert werden, sich nach heidnischen Bräuchen zu richten; doch jetzt dienten sie dazu, zwischen sich und den Heiden einen Wall aufzubauen. Jerusalem war in den Augen der Juden der Himmel, und Eifersucht erfüllte sie bei dem Gedanken, Gott könnte den Heiden Gnade erweisen. LJ.19.4 Teilen

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Nach ihrer Rückkehr aus Babylon widmeten die Juden der religiösen Unterweisung große Aufmerksamkeit. Überall im Lande errichteten sie Synagogen, in denen Priester und Schriftgelehrte das Gesetz auslegten. Sie gründeten auch Schulen, auf denen neben den Künsten und Wissenschaften angeblich auch die Grundsätze wahrer Frömmigkeit gelehrt wurden. Diese Institutionen gerieten jedoch in Verfall; denn während der Gefangenschaft hatten viele Israeliten heidnische Vorstellungen und Bräuche übernommen, die sie nun in den Gottesdienst einschleusten. In vielen Dingen paßten sie sich den Gewohnheiten der Götzendiener an. LJ.20.1 Teilen

Als sich die Juden von Gott abwandten, verloren sie weitgehend das Verständnis für die Bedeutung des Opferdienstes, der von Christus selbst eingeführt worden war. In allen seinen Teilen war dieser Dienst ein Sinnbild auf Jesus hin und von Kraft und geistlicher Schönheit erfüllt. Den Juden kam nun die geistliche Sinngebung ihrer Zeremonien abhanden, und so klammerten sie sich an tote Formen. Sie setzten ihr Vertrauen auf die bloßen Opfer und Bräuche statt auf den, auf den diese hinwiesen. Um diesen Verlust zu ersetzen, vervielfältigten die Priester und Rabbiner die eigenen Anforderungen, und je strenger diese wurden, desto weniger fand sich die Liebe Gottes in ihnen. Gradmesser ihrer Frömmigkeit war die Anzahl ihrer kultischen Handlungen, ihre Herzen aber waren voller Stolz und Heuchelei. LJ.20.2 Teilen

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Bei all diesen peinlich genauen und lästigen Vorschriften war es unmöglich, das Gesetz wirklich zu halten. Wer Gott dienen und dabei den Regeln der Rabbiner gehorchen wollte, plagte sich unter einer schweren Last ab. Er konnte vor den Anklagen seines geängsteten Gewissens nicht zur Ruhe kommen. Auf diese Weise versuchte Satan, das Volk mutlos zu machen, die Vorstellung vom Wesen Gottes zu verfälschen und den Glauben Israels in Verruf zu bringen. Er hoffte, beweisen zu können, was er bei seinem Aufruhr im Himmel behauptet hatte, nämlich dass Gottes Forderungen ungerecht seien und man ihnen nicht gehorchen könne. Selbst die Kinder Israel, so versicherte er, hielten das Gesetz nicht. LJ.21.1 Teilen

Die Juden sehnten zwar die Ankunft des Messias herbei, aber sie hatten dennoch keine richtige Vorstellung von seiner Aufgabe. Sie wollten nicht von ihrer Sündenschuld erlöst, sondern vom Römerjoch befreit werden und hielten nach einem Messias Ausschau, der als Eroberer kommen, die Macht ihrer Unterdrücker zerbrechen und Israel zur Weltherrschaft verhelfen sollte. So wurde der Weg für sie bereitet, den Heiland zu verwerfen. LJ.21.2 Teilen

Zur Zeit der Geburt Christi härmte sich das Volk unter der Fremdherrschaft ab, außerdem war es von innerem Hader zerrissen. Obwohl den Juden erlaubt worden war, eine eigene Regierung zu behalten, konnte nichts die Tatsache verbergen, dass sie von den Römern unterjocht wurden und dass sie sich mit der Beschneidung der eigenen Macht nicht abfinden konnten. Die Römer behielten sich das Recht vor, den Hohenpriester zu ernennen und abzusetzen. Oftmals erhielt man dieses Amt nur durch List, Bestechung, ja sogar durch Mord. Dadurch griff die Korruption unter den Priestern immer stärker um sich. Doch noch übten sie eine große Macht aus, die sie für selbstsüchtige und gewinnträchtige Ziele einsetzten. Das Volk war ihren hartherzigen Forderungen ausgeliefert und musste außerdem noch hohe Steuern an die Römer zahlen. Deshalb herrschte überall Unzufriedenheit. Häufig kam es zu Volksaufständen. Geldgier und Gewalttat, Mißtrauen und Gleichgültigkeit im religiösen Leben zehrten am Mark des Volkes. LJ.21.3 Teilen

Haß auf die Römer, nationaler Stolz und geistlicher Hochmut ließen die Juden noch immer streng den religiösen Formen anhangen. Die Priester versuchten, den Schein der Heiligkeit aufrechtzuerhalten, indem sie peinlich genau die kultischen Vorschriften beachteten. Das bedrängte und in geistlicher Finsternis lebende Volk wie auch seine machthungrigen Beherrscher ersehnten den Einen, der die Feinde besiegen und das Königreich Israel wiederherstellen würde. Die Weissagungen hatten sie erforscht, doch ohne geistliche Erleuchtung. Sie übersahen daher jene Schriftworte, die auf die Erniedrigung Christi bei seiner ersten Ankunft hinwiesen, und mißverstanden jene anderen, die von der Herrlichkeit seines zweiten Kommens sprechen. Ihr Hochmut verdunkelte ihre Erkenntnis, so dass sie die Weissagungen nach ihren eigenen selbstsüchtigen Wünschen auslegten. LJ.21.4 Teilen

Kapitel 3: „Als aber die Zeit erfüllet ward ...“
23

„Als aber die Zeit erfüllet ward, sandte Gott seinen Sohn ... auf dass er die, so unter dem Gesetz waren, erlöste, damit wir die Kindschaft empfingen.“ Galater 4,4. LJ.23.1 Teilen

Das Kommen des Heilandes wurde bereits im Garten Eden vorhergesagt. Als Adam und Eva zum ersten Mal die Verheißung hörten, warteten sie auf deren rasche Erfüllung. Voller Freude empfingen sie ihren erstgeborenen Sohn in der Hoffnung, dass er der Erlöser sein möchte. Doch die Erfüllung dieser Verheißung ließ auf sich warten. Jene, die sie zuerst empfingen, starben, ohne erlebt zu haben, dass sie sich erfüllt hätte. Von den Tagen Henochs an wurde diese Verheißung durch Patriarchen und Propheten weitergegeben und die Hoffnung auf seine Erscheinung am Leben erhalten, und dennoch kam er nicht. Erst die Weissagung Daniels offenbarte die Zeit seines Kommens, doch nicht alle verstanden diese Botschaft richtig zu deuten. So ging ein Jahrhundert nach dem andern vorüber, und die Stimmen der Propheten verstummten. Die Hand der Unterdrücker lastete schwer auf Israel, und viele sprachen nun: „Es dauert so lange, und es wird nichts aus der Weissagung.“ Hesekiel 12,22. LJ.23.2 Teilen

Wie die Gestirne unbeirrbar ihre ewige Bahn ziehen, so erfüllen sich auch die Absichten Gottes. Einst hatte der Herr unter den Sinnbildern einer großen Finsternis und eines rauchenden Ofens Abraham die Knechtschaft Israels in Ägypten kundgetan und dabei seinem Diener erklärt, dass ihr Aufenthalt dort vierhundert Jahre währen würde; danach aber sollten sie „ausziehen mit großem Gut“. 1.Mose 15,14. Das stolze Reich der Pharaonen bekämpfte leidenschaftlich diese Verheißung Gottes. Doch vergebens; denn als die Zeit der Erfüllung gekommen war, „an eben diesem Tage zog das ganze Heer des Herrn aus Ägyptenland“. 2.Mose 12,41. Mit der gleichen Sicherheit war im Rate Gottes auch die Zeit des ersten Advents Christi bestimmt worden. Als die Weltenuhr diese Stunde anzeigte, wurde Jesus in Bethlehem geboren. LJ.23.3 Teilen

24

„Als ... die Zeit erfüllet ward, sandte Gott seinen Sohn.“ Galater 4,4. Er hatte in seiner Vorsehung die Bewegungen der Völker, die Wogen menschlicher Bestrebungen und Einflüsse gelenkt, bis die Welt für das Kommen des Erlösers reif war. Damals waren die Völker unter einer Herrschaft vereinigt; sie redeten allgemein eine Sprache, die auch überall als Schriftsprache galt. Von weither kamen die zerstreut wohnenden Juden nach Jerusalem, um gemeinsam die jährlichen Feste zu feiern. So konnten sie auch nach der Rückkehr in ihre Heimatorte überall die Kunde von der Ankunft des Messias verbreiten. LJ.24.1 Teilen

Zu der gleichen Zeit ließ der Einfluß des Heidentums auf das Volk nach. Man war des großartigen heidnischen Gepränges und der Fabeln überdrüssig geworden und sehnte sich nach einer Religion, die das Herz befriedigen konnte. Wohl schien das Licht der Wahrheit von den Menschen gewichen, doch gab es immer noch Seelen, die nach diesem Licht verlangten und die mit Sorge und Unruhe erfüllt waren. Diese Seelen hungerte und dürstete nach der Erkenntnis des lebendigen Gottes, und sie sehnten sich nach der Gewißheit eines Lebens jenseits des Grabes. LJ.24.2 Teilen

Die Juden hatten sich von Gott abgewandt; der Glaube war verblaßt und die Hoffnung auf das ewige Heil fast erloschen. Man verstand die Worte der Propheten nicht mehr. Dem größten Teil des Volkes war der Tod ein schreckliches Geheimnis; die Vorstellungen über das Jenseits waren dunkel und ungewiß. Man hörte nicht nur das Klagen der Mütter von Bethlehem, sondern es erfüllte sich, „was gesagt ist von dem Propheten Jeremia, der da spricht: ‚Zu Rama hat man ein Geschrei gehört, viel Weinen und Heulen; Rahel beweinte ihre Kinder und wollte sich nicht trösten lassen, denn es war aus mit ihnen.‘“ Matthäus 2,17.18. Ohne Trost saßen die Juden „am Ort und Schatten des Todes“. Matthäus 4,16. Sehnsuchtsvoll schauten sie nach dem Erlöser aus, dessen Erscheinen die Dunkelheit vertreiben und das Geheimnis der Zukunft offenbaren sollte. LJ.24.3 Teilen

Außerhalb des jüdischen Volkes gab es Angehörige fremder Stämme, die das Erscheinen eines göttlichen Lehrers vorhersagten. Diese suchten ernstlich die Wahrheit, und darum schenkte Gott ihnen den Geist der Weissagung. Gleich Sternen am dunklen Nachthimmel waren solche Lehrer, einer nach dem andern, aufgetaucht. Mit ihren Seherworten hatten sie in den Herzen vieler Heiden frohe Hoffnungen entfacht. LJ.24.4 Teilen

25

Seit Jahrhunderten waren die heiligen Schriften ins Griechische übersetzt worden, die damals über weite Gebiete des Römischen Reiches verbreitete Sprache. Dazu kam noch, dass die Juden überallhin verstreut waren und ihre Messiaserwartung in gewissem Grade von den Heiden geteilt wurde. Unter jenen, von den Juden Heiden genannt, befanden sich Männer, die ein besseres Verständnis der göttlichen Weissagungen über den Messias besaßen als die Schriftgelehrten Israels. Sie erwarteten in dem Messias einen Erretter von der Sünde. Philosophen bemühten sich, das Geheimnis der hebräischen Heilsgeschichte zu erforschen. Aber die Verblendung der Juden verhinderte die Ausbreitung des Lichtes. Sie wollten die Kluft, die zwischen ihnen und anderen Völkern bestand, um keinen Preis überbrücken und waren nicht gewillt, ihre Erkenntnis über den Opferdienst anderen mitzuteilen. Zuerst musste ihr Messias, der wahre Lehrer, kommen und die Bedeutung aller biblischen Schattenbilder erklären. LJ.25.1 Teilen

Durch die Natur, durch Bilder und Gleichnisse, durch Patriarchen und Propheten hatte Gott zur Welt gesprochen. Diese Unterweisungen mussten der Menschheit auch in einer menschlichen Sprache gegeben werden. Der Engel des Bundes sollte diese Aufgabe übernehmen. Seine Stimme sollte in seinem eigenen Tempel gehört werden. Christus musste kommen, um jene Worte zu sprechen, die klar und deutlich verstanden werden konnten. Er, der Schöpfer der Wahrheit, musste die Wahrheit von der Spreu menschlicher Äußerungen trennen, die ohne Wirkung geblieben waren. Nicht nur mussten die Grundsätze der Herrschaft Gottes und der Erlösungsplan auf das sinnfälligste erklärt, sondern auch die Texte des Alten Testamentes sollten den Menschen ausführlich dargelegt werden. LJ.25.2 Teilen

Dennoch gab es unter den Juden standhafte Seelen, Nachkommen jenes geheiligten Geschlechtes, das die Erkenntnis Gottes in sich bewahrt hatte, die noch auf die Erfüllung der den Vätern gegebenen Verheißung warteten. Diese gläubigen Juden stärkten und belebten ihren Glauben immer wieder durch die Worte Moses: „Einen Propheten wird euch der Herr, euer Gott, erwecken aus euren Brüdern gleichwie mich; den sollt ihr hören in allem, was er euch sagen wird.“ Apostelgeschichte 3,22. Oder sie lasen, dass Gott den Einen salben und auf die Erde senden werde, „den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit ... zu verkündigen ein gnädiges Jahr des Herrn“. Jesaja 61,1.2. Oder sie hörten davon, dass er „wird nicht verlöschen ... bis er auf Erden das Recht aufrichte“, dass „die Inseln warten auf seine Weisung“ und dass die Heiden zu seinem Licht und die Könige zum Glanz, der über ihm aufgeht, ziehen würden. Jesaja 42,4; Jesaja 60,3. LJ.25.3 Teilen

26

Besonders aber belebten sie die Worte des sterbenden Jakob: „Es wird das Zepter von Juda nicht weichen noch der Stab des Herrschers von seinen Füßen, bis dass der Held komme, und ihm werden die Völker anhangen.“ 1.Mose 49,10. Die Tatsache der dahinschwindenden Macht Israels zeugte für das nahe bevorstehende Kommen des Messias. Die Weissagung Daniels schilderte die Herrlichkeit seiner Herrschaft über ein Reich, das allen irdischen Reichen folgen sollte und das „ewig bleiben“ würde. Daniel 2,44. Während nur wenige die Sendung Christi wirklich verstanden, war die Erwartung weit verbreitet, dass er als mächtiger Fürst kommen werde, um in Israel sein Reich aufzurichten und den Völkern die ersehnte Freiheit zu bringen. LJ.26.1 Teilen

Die Zeit war erfüllt. Die Menschheit, durch Jahrhunderte der Übertretung immer tiefer gesunken, verlangte nach dem Erlöser. Satan hatte alles getan, um die Kluft zwischen dem Himmel und der Erde tief und unüberbrückbar zu machen. Durch seine Lügen hatte er die Menschen ermutigt, zu sündigen. Es war seine Absicht, die Langmut Gottes zu erschöpfen und dessen Liebe zu den Menschen so zu verdunkeln, dass er schließlich die Welt seiner satanischen Oberhoheit überlassen würde. LJ.26.2 Teilen

Satan suchte den Menschen die Erkenntnis Gottes unmöglich zu machen und ihre Aufmerksamkeit vom Tempel Gottes abzuwenden, um sein eigenes Reich aufrichten zu können. Es schien sogar, als wäre seinem Streben nach der höchsten Gewalt ein voller Erfolg beschieden. Zwar hatte Gott in jeder Generation seine Werkzeuge; selbst unter den Heiden gab es Männer, durch die Christus wirken konnte, das Volk aus ihrer Sünde und Erniedrigung herauszuführen. Doch diese Männer wurden verachtet und verabscheut. Viele von ihnen starben eines gewaltsamen Todes. Der dunkle Schatten, den Satan über die Welt geworfen hatte, wurde länger und länger. LJ.26.3 Teilen

27

Satan hatte durch das Heidentum zu allen Zeiten die Menschen Gott abspenstig gemacht; aber seinen größten Sieg erlangte er, indem er den Glauben in Israel verfälschte. Wie den Heiden, die durch ihren Götzendienst die Gotteserkenntnis verloren und immer verderbter wurden, so erging es auch Israel. Die Auffassung, dass der Mensch sich durch seine eigenen Werke selbst erlösen könne, war die Grundlage jeder heidnischen Religion; auch in Israel hatte dieser Grundsatz, von Satan eingepflanzt, Boden gewonnen. Wo immer man ihn befolgt, berauben die Menschen sich selbst jeder Schutzwehr gegen die Sünde. LJ.27.1 Teilen

Die Heilsbotschaft wird den Menschen durch menschliche Werkzeuge übermittelt. Doch die Juden wollten das ausschließliche Recht auf die Wahrheit, die das ewige Leben bedeutet, für sich allein. Sie hatten das lebendige Manna gehortet und es dadurch dem Verderben ausgeliefert. Die Religion, die sie für sich allein in Anspruch zu nehmen gedachten, geriet ihnen zum Ärgernis. Sie beraubten Gott seiner Herrlichkeit und betrogen die Welt, indem sie das Evangelium verfälschten. Die Weigerung der Juden, sich Gott zu weihen und der Welt zum Heil zu werden, machte sie zu Werkzeugen Satans, die Verderben über die Welt brachten. LJ.27.2 Teilen

Das Volk, das Gott erwählt hatte, Pfeiler und Grundfeste der Wahrheit zu sein, war zu Beauftragten Satans geworden. Sie erfüllten die Aufgabe, die Satan ihnen zugedacht hatte, indem sie Mittel und Wege fanden, das Wesen Gottes falsch darzustellen, und die Welt veranlaßten, ihn als Tyrannen zu betrachten. Sogar die Priester, die ihren Dienst im Tempel versahen, hatten die Bedeutung der gottesdienstlichen Handlungen aus den Augen verloren. Sie hatten längst aufgehört, hinter deren Symbolcharakter den eigentlichen Sinn zu sehen. Im Ablauf des Opferdienstes waren sie zu Akteuren in einem Schaustück geworden. Die Ordnungen, die Gott selbst eingesetzt hatte, wurden zu einem Mittel, die Sinne zu betören und die Herzen zu verhärten. Auf diesem Wege konnte Gott nichts mehr für die Menschheit tun. Dieses ganze System musste beseitigt werden. LJ.27.3 Teilen

28

Der Betrug der Sünde hatte seinen Höhepunkt erreicht. Alle Wirksamkeit, die Seelen der Menschen moralisch zu verderben, war in vollem Gange. Der Sohn Gottes sah, als er auf die Welt blickte, nur Not und Elend. Mit tiefem Erbarmen erkannte er, wie Menschen Opfer der satanischen Grausamkeit wurden. Voller Mitgefühl blickte er auf jene, die verführt oder getötet wurden und verlorengingen. Sie hatten sich einen Obersten gewählt, der sie gleichsam als Gefangene vor seinen Karren spannte. Irregeleitet und betrogen, bewegten sie sich in einer traurigen Prozession ihrem ewigen Untergang entgegen, dem Tod, in dem keine Lebenshoffnung ist, der Nacht, die keinen Morgen kennt. Satanisches Wirken vermischte sich mit menschlichem Tun. Die Leiber menschlicher Wesen, dazu geschaffen, dass Gott darin wohnte, wurden zu einer Behausung der Teufel. Die Sinne, Nerven, Triebe und Organe der Menschen wurden durch übernatürliche Kräfte angestachelt, der niedrigsten Begierde zu frönen. Den Angesichtern der Menschen war geradezu der Stempel der Dämonen aufgeprägt. Sie spiegelten die Legionen des Bösen wider, von dem sie besessen waren. Solcherart war der Anblick, der sich dem Erlöser der Welt bot. Welch ein Schauspiel für den unendlich Reinen, das zu sehen! LJ.28.1 Teilen

Die Sünde war zu einer systematisch betriebenen Kunst geworden, und das Laster wurde als Teil der Religion geheiligt. Die Empörung wider Gott war tief in den Herzen verwurzelt, und die Feindseligkeit der Menschen gegen den Himmel war außerordentlich heftig. Vor dem ganzen Universum zeigte es sich, dass die menschliche Natur, von Gott getrennt, sich nicht über das Menschliche emporschwingen kann. Ein neues Element der Lebensgestaltung und Kraft muss erst durch jenen Einen verliehen werden, der die Welt geschaffen hat. LJ.28.2 Teilen

Voller Spannung hatten die nichtgefallenen Welten erwartet, dass sich der Herr aufmachen und die Bewohner der Erde hinwegraffen würde. Und wenn Gott dies getan hätte, dann wäre Satan bereit gewesen, seinen Plan auszuführen, um sich die Ergebenheit der himmlischen Wesen zu sichern. Er hatte erklärt, dass die Grundsätze der Herrschaft Gottes eine Vergebung unmöglich machten. Würde Gott die Welt vernichtet haben, so hätte der Teufel behauptet, dass seine Anklagen gegen Gott wahr seien. Er lauerte darauf, Gott anzuklagen und auch andere Welten in die Empörung hineinzuziehen. LJ.28.3 Teilen

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Aber statt die Welt zu vernichten, sandte Gott seinen Sohn, sie zu retten. Obwohl überall Verderbtheit und Trotz herrschten, wurde ein Weg der Erlösung der Menschheit vorbereitet. Im entscheidenden Augenblick, gerade da Satan zu triumphieren schien, brachte der Sohn Gottes die frohe Botschaft von der göttlichen Gnade. In allen Zeiten, in jeder Stunde ist die Liebe Gottes dem gefallenen Menschengeschlecht nachgegangen. Ungeachtet seiner Bosheit, empfing es beständig sichtbare Zeichen seiner Gnade. Und als die Zeit erfüllt war, offenbarte die Gottheit ihre Herrlichkeit, indem sie die Fülle heilsamer Gnade über die Welt ausschüttete. Diese Gnade sollte nie aufgehalten oder der Welt entzogen werden, bis die Durchführung des Heilsplanes vollendet wäre. LJ.29.1 Teilen

Satan frohlockte, dass es ihm gelungen war, das Bild Gottes bei den Menschen herabzusetzen. Darum kam Jesus auf diese Erde, um im Menschen das Bild seines Schöpfers wiederherzustellen. Niemand außer Christus kann den Charakter, der durch die Sünde zugrunde gerichtet worden war, erneuern. Er kam, die bösen Geister zu vertreiben, die den Willen beherrscht hatten. Er kam, um uns aus dem Staub aufzuhelfen, um unseren entstellten Charakter nach dem Vorbild seines göttlichen Wesens umzuformen und ihn mit seiner eigenen Herrlichkeit zu schmücken. LJ.29.2 Teilen

Kapitel 4: „Euch ist heute der Heiland geboren“

[Auf der Grundlage von Lukas 2,1-20.] LJ.29 Teilen

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Der König der Herrlichkeit ließ sich herab, Knechtsgestalt anzunehmen und unter harten und widrigen Verhältnissen auf Erden zu leben. Seine Herrlichkeit wurde verborgen, damit nicht die Majestät seiner äußeren Erscheinung die Aufmerksamkeit der Welt auf ihn lenken sollte. Er vermied allen äußeren Glanz und Aufwand; denn er wußte, dass weder Reichtum noch weltliche Ehren noch Ansehen bei den Menschen eine Seele vom Tode erretten können. LJ.30.1 Teilen

Jesus wollte keine Anhänger, die ihm um des Irdischen willen nachfolgten. Nur die Größe der göttlichen Wahrheit sollte die Menschenherzen zu ihm führen. Von dem Wesen des Heilandes war von den Propheten lange zuvor geweissagt worden; und auf das Zeugnis des Wortes Gottes hin sollten die Menschen Jesus als Messias annehmen. LJ.30.2 Teilen

Die Großzügigkeit des Erlösungsplanes hatte die Engel in Verwunderung versetzt. Sie beobachteten das Volk Gottes, um zu sehen, wie es den Sohn des Himmels in Menschengestalt aufnehmen würde. Ihrer etliche begaben sich in das Land des auserwählten Volkes. Andere Völker glaubten Fabeln und beteten Götzen an. Die Engel aber kamen in das Land, in dem die Herrlichkeit Gottes offenbart worden war und in dem das Licht der Weissagung geschienen hatte. Unbemerkt gelangten sie nach Jerusalem und kamen zu den berufenen Auslegern der heiligen Schriften und zu den Dienern des Hauses Gottes. Dem Priester Zacharias war bereits, als er vor dem Altar diente, verkündigt worden, dass die Menschwerdung Christi bevorstehe; auch war schon der Vorläufer des Herrn geboren und dessen Sendung durch Wunder und Weissagung bestätigt worden. Die Kunde von seiner Geburt und der wunderbaren Bedeutung seiner Aufgabe hatte sich überall verbreitet. Dennoch rüstete sich Jerusalem nicht, seinen Erlöser zu begrüßen. LJ.30.3 Teilen

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Mit Erstaunen nahmen jetzt die Boten des Himmels die Gleichgültigkeit des Volkes wahr, das Gott berufen hatte, der Welt das Licht der heiligen Wahrheit mitzuteilen. Das jüdische Volk war bewahrt worden, um zu bezeugen, dass Christus dem Samen Abrahams und dem Hause Davids entstammte; dennoch wußte es nicht, dass die Ankunft des Heilandes jetzt unmittelbar bevorstand. Selbst im Tempel, wo die Morgen- und Abendopfer täglich auf das Lamm Gottes hinwiesen, traf man keine Vorbereitungen, ihn zu empfangen; denn auch die Priester und Lehrer des Volkes wußten nichts davon, dass nunmehr das größte und wichtigste Ereignis aller Zeiten eintreten sollte. Gedankenlos leierten sie ihre Gebete herunter und genügten den förmlichen Vorschriften des Gottesdienstes, um den Menschen zu gefallen; in ihrem Streben nach Reichtum und weltlicher Ehre waren sie jedoch nicht auf die Offenbarung des Messias vorbereitet. Diese Gleichgültigkeit durchdrang das ganze jüdische Land. Eigennutz und Weltsucht machten die Herzen unempfänglich für die Freude, die den Himmel bewegte. Wenige nur sehnten sich danach, den Unsichtbaren zu schauen, und nur diesen wenigen offenbarte sich der Himmel. LJ.31.1 Teilen

Engel begleiteten Joseph und Maria auf ihrer Reise von ihrem Heim in Nazareth nach der Stadt Davids. Das Gebot des kaiserlichen Rom, dass sich alle Völker in seinem ausgedehnten Gebiet schätzen ließen, erstreckte sich auch auf die Bewohner der Berge Galiläas. Wie einst Cyrus zur Weltherrschaft berufen wurde, damit er die Gefangenen des Herrn freiließe, so diente jetzt Kaiser Augustus als Werkzeug, um die Absicht Gottes auszuführen, indem er den Anlaß gab, der die Mutter Jesu nach Bethlehem führte. Sie stammte aus dem Geschlecht Davids, und der Sohn Davids musste in Davids Stadt geboren werden. Aus Bethlehem, so hatte der Prophet gesagt, „soll mir der kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist“. Micha 5,1. Doch in der Stadt ihrer königlichen Vorfahren kannte und beachtete man Joseph und Maria nicht. Müde und ohne ein Obdach zu haben, zogen sie die lange, enge Straße entlang von einem Ende bis zum andern und suchten vergebens eine Unterkunft für die Nacht. Es gab für sie keinen Platz mehr in den überfüllten Herbergen der Stadt. Endlich gewährte ihnen ein dürftiger Stall Obdach für die Nacht, und hier wurde der Erlöser der Welt geboren. LJ.31.2 Teilen

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Obschon die Menschen nichts davon wußten, vernahm es der Himmel mit Jauchzen. Mit tiefer, immer inniger werdender Anteilnahme fühlten sich die himmlischen Wesen zur Erde hingezogen. Die ganze Welt schien durch die Gegenwart des Erlösers erhellt. Über den Höhen von Bethlehem sammelte sich eine unzählbare Engelschar. Sie erwartete das Zeichen, um der Welt die Freudenbotschaft mitzuteilen. Wären die Obersten Israels ihrer Berufung treu geblieben, dann hätten sie an der großen Freude teilhaben dürfen, die Geburt des Heilandes zu verkündigen. So wurden sie jedoch übergangen. LJ.32.1 Teilen

Der Herr spricht: „Ich will Wasser gießen auf das Durstige und Ströme auf das Dürre.“ Jesaja 44,3. — „Den Frommen geht das Licht auf in der Finsternis.“ Psalm 112,4. So werden denen, die das Licht suchen und es freudig annehmen, helle Lichtstrahlen vom Throne Gottes leuchten. LJ.32.2 Teilen

Auf den Feldern, auf denen einst der junge David seine Schafe geweidet hatte, hüteten auch jetzt Hirten des Nachts ihre Herden. In den stillen Nachtstunden sprachen sie miteinander von dem verheißenen Heiland und beteten um das Kommen des Königs auf Davids Thron. „Siehe, des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: ‚Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.‘“ Lukas 2,9-11. LJ.32.3 Teilen

Bei diesen Worten zogen Bilder von großer Herrlichkeit an dem inneren Auge der lauschenden Hirten vorüber. Der Erlöser Israels war gekommen! Macht, Erhöhung und Sieg würden die Folge seines Eintritts in die Welt sein. Aber der Engel musste sie darauf vorbereiten, ihren Heiland auch in Armut und Niedrigkeit zu erkennen. „Das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.“ Lukas 2,12. LJ.32.4 Teilen

Der Bote des Himmels besänftigte die Furcht der Hirten. Er sagte ihnen, wie sie Jesus fänden. Mit zarter Rücksicht auf ihre menschliche Schwäche gab er ihnen Zeit, sich an die göttliche Herrlichkeit zu gewöhnen. Dann aber ließen sich Freude und Lobpreis nicht länger halten. Die himmlischen Heerscharen erhellten die ganze Ebene mit ihrem Glanz. In das tiefe nächtliche Schweigen der Erde tönte der Jubelgesang: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.“ Lukas 2,14. LJ.32.5 Teilen

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Wenn doch die Menschen heute noch diesen Jubelchor vernehmen könnten! Jene Ankündigung, der damals erklungene Schall, würde sich fortpflanzen bis ans Ende der Zeit und Widerhall finden bis an die Enden der Erde. Und wenn einst die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen wird mit Heil unter ihren Flügeln — dann wird dieser Gesang vielfältig widertönen von der Stimme einer großen Schar, gleich dem Rauschen großer Wasser: „Halleluja! denn der Herr, unser Gott, der Allmächtige, hat das Reich eingenommen!“ Offenbarung 19,6. LJ.33.1 Teilen

Als sich die Engel entfernten, schwand auch das Licht, und die Schatten der Nacht breiteten sich aufs neue über die Höhen von Bethlehem. Aber das prächtigste Bild, das Menschenaugen je wahrgenommen haben, blieb im Gedächtnis der Hirten. „Da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Laßt uns nun gehen nach Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Joseph, dazu das Kind in der Krippe liegen.“ Lukas 2,15.16. LJ.33.2 Teilen

Mit großer Freude im Herzen gingen sie wieder fort und verkündeten, was sie gesehen und gehört hatten. „Und alle, vor die es kam, wunderten sich der Rede, die ihnen die Hirten gesagt hatten. Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott.“ Lukas 2,18-20. LJ.33.3 Teilen

Himmel und Erde sind heute nicht weiter voneinander entfernt als damals, da die Hirten dem Gesang der Engel lauschten. Und der Himmel läßt heute den Menschen seine Fürsorge nicht weniger angedeihen als damals, da einfache Leute bei ihrer gewöhnlichen Beschäftigung zur Mittagszeit Engeln begegneten und in den Weingärten und auf den Feldern mit den Boten Gottes redeten. So kann auch uns auf allen unseren Wegen der Himmel nahe sein. Gott wird seine Engel senden, damit sie die Schritte derer bewahren, die nach seinen Geboten wandeln. LJ.33.4 Teilen

Die Geschichte von Bethlehem ist ein unerschöpfliches Thema. In ihr verborgen liegt die „Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes“. Römer 11,33. Wir staunen über das Opfer des Heilandes, der den Himmelsthron mit der Krippe und die Gesellschaft der anbetenden Engel mit jener der Tiere im Stall vertauschte. Tief beschämt stehen vor ihm der Stolz und der Eigendünkel der Menschen. Die armselige Geburt des Heilandes war erst der Anfang seiner außerordentlichen Erniedrigung. Hätte der Sohn Gottes Menschengestalt angenommen, als Adam noch unschuldig im Paradiese lebte, dann schon wäre solche Tat eine geradezu unbegreifliche Herablassung gewesen; nun aber kam Jesus auf die Erde, nachdem das Menschengeschlecht bereits durch vier Jahrtausende im Dienst der Sünde geschwächt worden war. Und dennoch nahm er wie jeder andere die Folgen auf sich, die das unerbittliche Gesetz der Vererbung zeitigte. Das Erleben seiner irdischen Vorfahren lehrt uns, worin diese Folgen bestanden. Mit einem solchen Erbteil belastet, teilte er unsere Nöte und Versuchungen und gab uns das Beispiel eines sündlosen Lebens. LJ.33.5 Teilen

34

Satan hatte Christus im Himmel wegen seiner Stellung vor Gott gehaßt. Dieser Haß steigerte sich, als er entthront wurde. Er haßte den, der es auf sich nahm, ein Geschlecht von Sündern zu erlösen. Dennoch sandte Gott seinen Sohn in diese Welt, über die Satan zu herrschen begehrte, er sandte ihn als ein hilfloses, aller menschlichen Schwachheit unterworfenes Kindlein. Er erlaubte ihm, sich zusammen mit jeder Menschenseele den Gefahren des Lebens auszusetzen und, wie jedes andere Menschenkind auch, den Lebenskampf zu führen — mit dem Wagnis, zu versagen und auf ewig verlorenzugehen. LJ.34.1 Teilen

Ein menschlicher Vater ist herzlich besorgt um seinen Sohn. Wenn er seinem Kind ins Auge schaut, so erzittert er bei dem Gedanken an die Gefahren, die das Leben mit sich bringt. Er möchte seinen Liebling vor der Gewalt Satans bewahren und Anfechtung und Kampf von ihm fernhalten. Gott aber sandte seinen eingeborenen Sohn in einen viel heißeren Kampf und in bedeutend größere Gefahren, damit unseren Kleinen der Pfad zum Leben gesichert würde. „Darin steht die Liebe: nicht, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsre Sünden.“ 1.Johannes 4,10. Darüber wundere dich, o Himmel, und staune, o Erde! LJ.34.2 Teilen

Kapitel 5: Jesu Darstellung

[Auf der Grundlage von Lukas 2,21-38.] LJ.34 Teilen

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Etwa vierzig Tage nach der Geburt Christi brachten Joseph und Maria das Kind nach Jerusalem, um es dem Herrn zu weihen und ein Opfer zu bringen. Dies entsprach dem jüdischen Gesetz, und als Stellvertreter der Menschen musste Christus in jeder Hinsicht dem Gesetz nachkommen. So wurde durch seine Beschneidung das Gesetz erfüllt. LJ.35.1 Teilen

Als Opfergabe der Mutter verlangte das Gesetz ein einjähriges Lamm zum Brandopfer und eine junge Taube oder Turteltaube zum Sündopfer. Für den Fall aber, dass die Eltern zu arm waren, ein Lamm zu bringen, erlaubte das Gesetz, ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben, die eine als Brandopfer, die andere als Sündopfer, anzunehmen. LJ.35.2 Teilen

Die dem Herrn dargebrachten Opfer mussten ohne Fehl sein. Sie versinnbildeten Christus. Daran erkennen wir, dass Jesus frei war von körperlichen Gebrechen. So entsprach er auch der Ankündigung eines „unschuldigen und unbefleckten Lammes“. 1.Petrus 1,19. Sein makelloser Körper war stark und gesund. Sein ganzes Leben hindurch lebte er in völliger Übereinstimmung mit den Naturgesetzen. Geistig und körperlich gab er ein Beispiel dafür, was alle Menschen nach dem Willen Gottes sein könnten, wenn sie seinen Geboten gehorchen. LJ.35.3 Teilen

Die Sitte, den Erstgeborenen im Tempel darzustellen, stammte aus uralter Zeit. Gott hatte verheißen, den Erstgeborenen des Himmels für die Rettung der Sünder dahinzugeben. Diese Gabe sollte von jeder Familie durch das Darbringen des Erstgeborenen anerkannt werden. Dieser sollte gleichsam als Vertreter Christi unter den Menschen dem Priestertum geweiht werden. LJ.35.4 Teilen

Bei der Befreiung Israels aus Ägypten wurde die Darstellung des Erstgeborenen aufs neue geboten. Während die Kinder Israel sich in der Knechtschaft der Ägypter befanden, empfing Mose vom Herrn den Befehl, zum Pharao Ägyptens zu gehen und zu ihm zu sagen: „Israel ist mein erstgeborener Sohn; und ich gebiete dir, dass du meinen Sohn ziehen läßt, dass er mir diene. Wirst du dich weigern, so will ich deinen erstgeborenen Sohn töten.“ 2.Mose 4,22.23. LJ.35.5 Teilen

36

Mose entledigte sich seiner Botschaft, erhielt jedoch von dem stolzen König die Antwort: „Wer ist der Herr, dass ich ihm gehorchen müsse und Israel ziehen lasse: Ich weiß nichts von dem Herrn, will auch Israel nicht ziehen lassen.“ 2.Mose 5,2. Daraufhin trat der Herr mit Zeichen und Wundern für sein Volk ein, indem er schreckliche Gerichte über Pharao verhängte. Schließlich wurde dem Würgeengel befohlen, alle Erstgeburt der Ägypter — Menschen und Tiere — umzubringen. Damit die Israeliten dabei verschont blieben, sollten sie ihre Türpfosten mit dem Blut eines geschlachteten Lammes bestreichen. Wo immer die Häuser der Israeliten derart gezeichnet wären, würde der Engel bei der Ausführung seines Auftrages daran vorübergehen. LJ.36.1 Teilen

Nachdem der Herr dieses Gericht über Ägypten gebracht hatte, sagte er zu Mose: „Heilige mir alle Erstgeburt ... alles, was zuerst den Mutterschoß durchbricht bei Mensch und Vieh, das ist mein.“ 2.Mose 13,2. Und weiter: „An dem Tage, da ich alle Erstgeburt schlug in Ägyptenland, da heiligte ich mir alle Erstgeburt in Israel, vom Menschen an bis auf das Vieh, dass sie mir gehören sollen.“ 4.Mose 3,13. Als aber der Dienst in der Stiftshütte eingesetzt wurde, erwählte sich Gott den Stamm Levi, damit dieser an Stelle der Erstgeborenen Israels den Dienst im Heiligtum versähe. Dennoch sollte der Erstgeborene weiterhin als des Herrn Eigentum gelten und deshalb durch ein Lösegeld zurückgekauft werden. LJ.36.2 Teilen

So hatte das Gesetz der Darstellung des Erstgeborenen eine besondere Bedeutung gewonnen. Während diese einerseits einen Gedächtnisbrauch an die wunderbare Befreiung der Kinder Israel durch den Herrn bedeutete, wies sie anderseits auf die noch wichtigere Erlösung durch den eingeborenen Sohn Gottes hin. Wie das an die Türpfosten gesprengte Blut der Opfertiere die Erstgeborenen Israels vor dem leiblichen Tode bewahrte, so hat das Blut Christi Macht, die Welt vom ewigen Verderben zu erretten. LJ.36.3 Teilen

Welche Bedeutung kam demnach der Darstellung Christi zu! Doch der Blick des Priesters vermochte den Schleier nicht zu durchdringen; ihm blieb das dahinterliegende Geheimnis verborgen. Die Darstellung der Säuglinge im Tempel war für ihn ein ganz gewöhnlicher Vorgang. Tag für Tag nahm er, wenn man die Kinder dem Herrn weihte, das Lösegeld entgegen und waltete gewohnheitsmäßig seines Amtes, ohne dabei besonders auf Eltern oder Kinder zu achten, es sei denn, äußere Anzeichen ließen auf Wohlstand oder eine hohe Stellung der Eltern schließen. Maria und Joseph aber waren arm; und als sie mit ihrem Kind kamen, sah der Priester nur ein in einfachste Gewänder gekleidetes Elternpaar aus Galiläa. Nichts an ihrer äußeren Erscheinung erweckte besondere Aufmerksamkeit, zudem brachten sie auch nur die Opfergabe der Armen zum Tempel. LJ.36.4 Teilen

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So versah der Priester lediglich die Förmlichkeiten, die ihm sein Amt vorschrieb. Er nahm das Kind auf seine Arme und hielt es vor dem Altar empor; dann gab er es seiner Mutter zurück und trug den Namen „Jesus“ in die Liste der Erstgeborenen ein. Er ahnte nicht, dass das Kindlein, das er eben noch auf seinen Armen gehalten hatte, der Herr des Himmels, der König der Herrlichkeit war. Noch weniger kam ihm der Gedanke, dass dieses Kind es war, von dem Mose geschrieben hatte: „Einen Propheten wird euch der Herr, euer Gott, erwecken aus euren Brüdern gleichwie mich; den sollt ihr hören in allem, was er euch sagen wird.“ Apostelgeschichte 3,22. Er ahnte auch nicht, dass dieses Knäblein es war, dessen Herrlichkeit schon Mose zu sehen begehrt hatte. Ein Größerer als Mose lag in seinen Armen, und als er den Namen des Kindes in die Liste eintrug, da schrieb er den Namen des Einen nieder, auf dem die ganze jüdische Heilsgeschichte ruhte. Mit seinem Erscheinen verlor der Opfer- und Gabendienst seine Geltung, fand das Vorbild seine Erfüllung — wich der Schatten dem Wesen. LJ.37.1 Teilen

War auch die Wolke der Herrlichkeit vom Heiligtum gewichen, so verhüllte sich doch jetzt in dem Kind von Bethlehem die Herrlichkeit, vor der sich die Engel beugten. Dieses sich seiner noch gar nicht bewußte Kind war nichts anderes als der verheißene Same, auf den schon der erste Altar an der Pforte des Paradieses hinwies. Es war der Held — der Friedefürst. Es war der, welcher sich gegenüber Mose als „Ich bin“ bezeichnet und der hernach in der Wolken- und Feuersäule das Volk Israel geführt hatte. Längst war er von den Sehern angekündigt worden — als der Ersehnte aller Völker, als Wurzel und Reis Davids, als der helle Morgenstern. Der Name des hilflosen Kindes, eingetragen in die Stammesliste Israels, zum Zeichen, dass Er unser Bruder ist, war die Hoffnung der gefallenen Menschheit. Wie jetzt für ihn das Lösegeld gezahlt werden musste, so wollte er dereinst die Sühne für die Sünden der ganzen Welt auf sich nehmen. Er war der wahre Hohepriester über das Haus Gottes (Hebräer 10,21), das Haupt eines unvergänglichen Priestertums (Hebräer 7,24), der Fürsprecher „zu der Rechten der Majestät in der Höhe“. Hebräer 1,3. LJ.37.2 Teilen

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Geistliches kann nur geistlich beurteilt werden. Während der Sohn Gottes im Tempel zu der Aufgabe geweiht wurde, die zu erfüllen er gekommen war, erblickte der Priester in ihm nicht mehr als in irgendeinem anderen Kind. Obgleich er selbst weder etwas Besonderes sah noch fühlte, wurde die Tatsache, dass Gott seinen Sohn in die Welt gab, dennoch wohlbekannt. Diese Gelegenheit durfte nicht vorübergehen, ohne dass Christus erkannt würde. „Siehe, ein Mensch war zu Jerusalem, mit Namen Simeon; und derselbe Mensch war fromm und gottesfürchtig und wartete auf den Trost Israels, und der heilige Geist war mit ihm. Und ihm war eine Antwort geworden von dem heiligen Geist, er solle den Tod nicht sehen, er habe denn zuvor den Christ des Herrn gesehen.“ Lukas 2,25.26. LJ.38.1 Teilen

Als Simeon den Tempel betrat, sah er ein Elternpaar ihren erstgeborenen Sohn dem Priester darreichen. Ihr Aussehen zeugte von Armut; Simeon aber verstand die Ankündigungen des Geistes, und er war tief ergriffen, als er erkannte, dass dieses Kindlein, das jetzt dem Herrn geweiht wurde, der Trost Israels war, den zu sehen er sich gesehnt hatte. Dem erstaunten Priester hingegen erschien Simeon wie von Sinnen. Als Maria das Kind zurückerhalten hatte, nahm Simeon es auf seine Arme und stellte es Gott dar. Dabei überkam ihn eine Freude, wie er sie noch nie zuvor empfunden hatte. Er hielt das Christuskindlein hoch und sprach: „‚Herr, nun lässest du deinen Diener im Frieden fahren, wie du gesagt hast; denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen‘, welchen du bereitet hast vor allen Völkern, ein Licht, zu erleuchten die Heiden, und zum Preis deines Volks Israel.“ Lukas 2,29-32. LJ.38.2 Teilen

Der Geist der Weissagung erfüllte diesen Gottesmann, und während Maria und Joseph sich über seine Worte wunderten, segnete er das Paar und sprach zu Maria: „Siehe, dieser wird gesetzt zum Fall und Aufstehen vieler in Israel und zu einem Zeichen, dem widersprochen wird — und auch durch deine Seele wird ein Schwert dringen —, auf dass vieler Herzen Gedanken offenbar werden.“ Lukas 2,34.35. LJ.38.3 Teilen

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Auch die Prophetin Hanna kam hinzu und bestätigte Simeons Zeugnis über Jesus. Während Simeon noch redete, erstrahlte ihr Angesicht von dem Glanz der Herrlichkeit Gottes, und sie dankte aus vollem Herzen dafür, dass sie noch Christus, den Herrn, hatte schauen dürfen. LJ.39.1 Teilen

Diese demütigen Anbeter hatten nicht vergeblich in den heiligen Schriften geforscht. Die aber Oberste und Priester in Israel waren, wandelten nicht in den Wegen des Herrn, obgleich auch sie die köstlichen Aussprüche der Propheten kannten. Darum vermochten ihre Augen nicht das Licht des Lebens zu schauen. LJ.39.2 Teilen

So ist es noch heute. Es finden Ereignisse statt, auf die der ganze Himmel seine Aufmerksamkeit richtet; aber bei den geistlichen Führern und den Anbetenden im Hause Gottes finden sie kein Verständnis — nicht einmal ihr Auftreten wird beachtet. Man läßt wohl einen historischen Christus gelten, wendet sich aber von dem lebendigen ab. Der Christus, der sowohl durch sein Wort als auch durch die Armen und Leidenden, die um Hilfe flehen, und durch die gerechte Sache, die Armut, Mühsal und Schmach einschließt, zur Selbstverleugnung auffordert, wird heute ebensowenig aufgenommen wie vor zweitausend Jahren. LJ.39.3 Teilen

Maria bewegte die vielsagende und tiefgründige Weissagung Simeons in ihrem Herzen. Sooft sie beim Anblick des Kindes in ihren Armen der Worte der Hirten von Bethlehem gedachte, erfüllte sie dankbare Freude und frohe Hoffnung. Nun riefen Simeons Worte ihr die Prophezeiung Jesajas ins Gedächtnis: „Es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen. Auf ihm wird ruhen der Geist des Herrn, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn ... Gerechtigkeit wird der Gurt seiner Lenden sein und die Treue der Gurt seiner Hüften.“ Jesaja 11,1.2.5. LJ.39.4 Teilen

„Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell ... Denn uns ist ein Kind geboren ... und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst.“ Jesaja 9,1.5. LJ.39.5 Teilen

40

Und doch begriff Maria die Sendung Christi nicht. Simeon hatte von ihm geweissagt, dass er ein Licht sei, das die Heiden erleuchten und gleichzeitig Israel zum Preis gereichen sollte. In diesem Sinne hatten die Engel die Geburt des Heilandes als eine Freudenbotschaft für alle Völker verkündigt. Gott wollte die Juden von der engstirnigen Vorstellung, die sie von der Aufgabe des Messias hatten, abbringen und sie dazu befähigen, ihn nicht nur als den Befreier Israels, sondern auch als den Erlöser der Welt zu betrachten. Doch viele Jahre mussten erst noch vergehen, ehe selbst die Mutter Jesu seine Aufgabe erkannte. LJ.40.1 Teilen

Wohl erwartete Maria die Herrschaft des Messias auf dem Thron Davids, doch erkannte sie nicht, dass er erst über eine Leidenstaufe dazu gelangen sollte. Durch Simeon wurde offenbar, dass der Messias einen beschwerlichen Lebensweg vor sich hatte. In den Worten an Maria: „Durch deine Seele wird ein Schwert dringen“ (Lukas 2,34.35) deutete Gott deshalb rücksichtsvoll und barmherzig der Mutter Jesu an, welche Pein sie seinetwegen zu erleiden haben würde. LJ.40.2 Teilen

Simeon hatte gesagt: „Siehe, dieser wird gesetzt zum Fall und Aufstehen vieler in Israel und zu einem Zeichen, dem widersprochen wird.“ Lukas 2,34.35. Ein Aufstehen ist erst nach einem Fall möglich. Wir alle müssen auf den Fels des Heils fallen und zerbrechen, ehe wir durch Christus erhöht werden können. Unser Ich muss entthront und unser Stolz gedemütigt werden, wenn wir die Herrlichkeit des geistlichen Reiches erfahren wollen. Die Juden wiesen diese Ehre von sich, die man erlangt, indem man sich demütig hält; deshalb wollten sie ihren Erlöser nicht aufnehmen. Er erwies sich als das Zeichen, dem widersprochen wurde. LJ.40.3 Teilen

„Dass vieler Herzen Gedanken offenbar werden.“ Lukas 2,34.35. Im Lichte des Lebens Christi werden die Herzen aller, selbst vom Schöpfer bis zum Fürsten der Finsternis, offenbar. Satan hat Gott als eigennützig und gewalttätig hingestellt, als einen Herrn, der alles für sich verlange und nichts gebe, der den Dienst seiner Geschöpfe zu seiner eigenen Verherrlichung beanspruche, selber aber um ihretwillen keine Opfer bringe. Doch die Gabe Christi offenbart, was im Herzen des Vaters ist; sie bezeugt, dass Gott nur „Gedanken des Friedens und nicht des Leides“ (Jeremia 29,11) für uns hat. Sie bekundet, dass Gottes Abscheu gegen die Sünde zwar stark ist wie der Tod, seine Liebe zum Sünder aber noch stärker. Er wird, nachdem er die Aufgabe, uns zu erlösen, in Angriff genommen hat, alles daransetzen, koste es, was es wolle, um diese Aufgabe zu vollenden. Er wird uns die ganze zu unserem Heil notwendige Wahrheit kundtun, alle Barmherzigkeit erweisen und alle Hilfe von oben gewähren, die wir brauchen. Er häuft Wohltat auf Wohltat, Gabe auf Gabe. Die Schatzkammer des Himmels steht denen offen, die bereit sind, sich von ihm retten zu lassen. Alle Schätze des Weltalls und alles Vermögen seiner unbegrenzten Macht stellt er Christus zur Verfügung mit der Erklärung, dass alles für den Menschen sei, und er solle diese Gaben benutzen, ihn zu überzeugen, dass es weder im Himmel noch auf Erden größere Liebe gebe als die seine. Der Mensch solle erkennen, dass es kein größeres Glück für ihn gebe, als Gott immer zu lieben. LJ.40.4 Teilen

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Am Kreuz von Golgatha standen Liebe und Selbstsucht einander gegenüber. Hier offenbarten sich beide am deutlichsten. Christus hatte nur gelebt, um zu trösten und zu segnen; Satan dagegen bekundete die ganze Bosheit seines Hasses gegen Gott, indem er den Herrn tötete. Er ließ deutlich werden, dass die von ihm entfachte Empörung nur dem einen Zweck dienen sollte, Gott zu stürzen und den zu vernichten, durch den die Liebe Gottes offenbar wurde. LJ.41.1 Teilen

Durch Christi Leben und Sterben werden auch die Gedanken der Menschen enthüllt. Von der Krippe bis zum Kreuz war das Leben Jesu eine beständige Aufforderung, uns selbst zu verleugnen und an seinen Leiden teilzuhaben. An ihm wurden die Absichten der Menschen offenbar. Jesus kam mit der Wahrheit des Himmels und zog alle zu sich, die der Stimme des Heiligen Geistes Gehör schenkten, wohingegen sich die Anbeter des eigenen Ich’s zum Reiche Satans bekannten. Ihre Haltung gegenüber Christus erwies bei allen, auf wessen Seite sie standen. So spricht sich jeder selbst sein Urteil. LJ.41.2 Teilen

Am Tage des Weltgerichts wird sich jede verlorene Seele über die Schwere ihrer Verwerfung der Wahrheit klar sein. Jeder, der bis dahin durch die Übertretungen abgestumpft war, wird angesichts des Kreuzes dessen wahre Bedeutung erkennen. Vor seinem inneren Auge wird Golgatha mit seinem geheimnisvollen Opfer erstehen, und die Sünder werden sich verdammt sehen. Jede lügenhafte Ausflucht bricht dort zusammen, und der Abfall des Menschen kommt in seiner ganzen Abscheulichkeit ans Licht. Jeder sieht dann, welche Wahl er getroffen hat. Jede Frage nach Wahrheit und Irrtum während des langandauernden Kampfes wird beantwortet sein. Gott wird gerechtfertigt dastehen und frei sein von dem Vorwurf, für das Vorhandensein oder die Fortdauer der Sünde die Verantwortung zu tragen. Es wird sich zeigen, dass die göttlichen Verordnungen nicht zur Sünde geführt haben. Es wird sich weiterhin erweisen, dass der Herrschaft Gottes kein Makel anhaftete und dass sie keinen Anlaß zur Unzufriedenheit gegeben hat. Wenn dann die Gedanken und Herzen aller offenbar geworden sind, werden die Getreuen und die Empörer gemeinsam ausrufen: „Gerecht und wahrhaftig sind deine Wege, du König der Völker. Wer sollte dich nicht fürchten, Herr, und deinen Namen preisen: ... denn deine gerechten Gerichte sind offenbar geworden.“ Offenbarung 15,3.4. LJ.41.3 Teilen

Kapitel 6: „Wir haben seinen Stern gesehen“

[Auf der Grundlage von Matthäus 2.] LJ.41 Teilen

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„Da Jesus geboren war zu Bethlehem im jüdischen Lande zurzeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise vom Morgenland nach Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden: Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten.“ Matthäus 2,1.2. LJ.43.1 Teilen

Die Weisen aus dem Osten waren Philosophen. Sie gehörten einer großen und einflußreichen Schicht an, die viele Edle, Wohlhabende und Gebildete zu den Ihren zählte. Unter diesen nutzten viele die Leichtgläubigkeit des Volkes aus; andere hingegen waren aufrichtige Männer, die auf die Zeichen der Vorsehung in der Natur achteten und die wegen ihrer Rechtschaffenheit und Weisheit großes Ansehen genossen. Dazu gehörten auch die Weisen, die zu Jesus kamen. LJ.43.2 Teilen

Zu allen Zeiten ließ Gott sein Licht in die Finsternis der Heidenwelt hineinleuchten. So durften diese Magier, als sie den gestirnten Himmel beobachteten und das leuchtende Geheimnis des Schöpfers zu ergründen suchten, die Herrlichkeit des Herrn schauen. Auf der Suche nach größerer Erkenntnis wandten sie sich den hebräischen Schriften zu. Ihr eigenes Land barg Schätze der Weissagung, die von dem einstigen Kommen eines göttlichen Lehrers Kunde gaben. Hatte doch ein Bileam, obwohl eine Zeitlang Prophet des lebendigen Gottes, ebenfalls zu den Magiern gehört. Er hatte durch den Heiligen Geist das Gedeihen Israels und das Erscheinen des Messias vorhergesagt, und seine Weissagungen waren durch Überlieferung von Jahrhundert zu Jahrhundert weitergetragen worden. Im Alten Testament aber war das Kommen des Heilandes noch deutlicher angekündigt. Mit Freuden ersahen daher die Magier, dass seine Ankunft nahe bevorstehe und die ganze Welt von der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes erfüllt werde. LJ.43.3 Teilen

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In jener Nacht, da die Herrlichkeit Gottes die Höhen von Bethlehem überflutete, sahen die Weisen ein geheimnisvolles Licht am Himmel. Als es verblaßte, erschien ein leuchtender Stern und blieb am Himmelsgewölbe stehen. Es war weder ein Fixstern noch ein Planet; deshalb erweckte diese Erscheinung die größte Aufmerksamkeit. Davon, dass jener Stern eine weit entfernte Gruppe strahlender Engel war, konnten die Weisen natürlich nichts wissen. Doch sie gewannen den Eindruck, dass dieser Stern von besonderer Wichtigkeit für sie sei. Sie befragten daraufhin Priester und Philosophen und durchforschten auch selbst die alten Schriften. Dabei fanden sie die Weissagung Bileams: „Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und ein Zepter aus Israel aufkommen.“ 4.Mose 24,17. Konnte nicht dieser fremdartige Stern als Vorbote des Verheißenen gesandt sein? Sie, die das Licht der Wahrheit vom Himmel schon freudig begrüßt hatten, erhielten es nun in noch größerem Maße und wurden durch Träume angewiesen, den neugeborenen Fürsten zu suchen. LJ.44.1 Teilen

Wie Abraham einst auf den Ruf Gottes hin gläubig auszog, ohne zu wissen, „wo er hinkäme“ (Hebräer 11,8), und wie Israel gläubig der Wolkensäule nach dem verheißenen Lande folgte, so zogen auch diese Heiden aus, den verheißenen Heiland zu suchen. Die Länder des Ostens waren reich an Kostbarkeiten, und so traten auch die Magier ihre Reise nicht mit leeren Händen an. Der Sitte entsprechend, Fürsten oder anderen hochgestellten Persönlichkeiten zum Zeichen der Huldigung Geschenke zu überreichen, nahmen sie die erlesensten Erzeugnisse des Landes mit als Weihegabe an den, in dem alle Geschlechter der Erde gesegnet werden sollten. Um den Stern im Auge behalten zu können, mussten die Weisen des Nachts reisen. Die Zeit verkürzten sie sich mit einem Gedankenaustausch über die mündlichen und schriftlichen Aussprüche der alten Propheten bezüglich des Einen, den sie suchten. Während jeder Ruhepause durchforschten sie die Prophezeiungen, und darüber verstärkte sich in ihnen immer mehr die Überzeugung, dass sie von oben geleitet wurden. So gesellte sich zu dem Stern als äußerem Zeichen von innen das Zeugnis des Heiligen Geistes, der ihre Herzen beeinflußte und ihre Hoffnung belebte. Dadurch wurde die lange Reise für sie zu einem frohen Erlebnis, das sie den mühsamen, langwierigen Weg vergessen ließ. LJ.44.2 Teilen

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Als sie endlich das Land Israel erreichten und, Jerusalem vor ihren Blicken, den Ölberg hinabstiegen, da verweilte der Stern, der auf dem beschwerlichen Weg vor ihnen hergezogen war, über dem Tempel, um nach einiger Zeit ihren Blicken zu entschwinden. Eilenden Schrittes gingen sie nun vorwärts in der zuversichtlichen Erwartung, dass die Kunde von der Geburt des Messias überall Begeisterung ausgelöst hatte. Aber alle ihre Nachforschungen blieben ohne Erfolg. Unmittelbar nachdem sie die Stadt betreten hatten, begaben sie sich zum Tempel. Doch zu ihrem Erstaunen fanden sie niemanden, der etwas von dem neugeborenen König zu wissen schien. Ihre Fragen riefen keine Freudenausbrüche hervor, eher das Gefühl einer unangenehmen Überraschung und Furcht, bisweilen sogar ein Gefühl der Geringschätzung. LJ.45.1 Teilen

Die Priester vergruben sich in die Überlieferung. Ihre religiöse Auffassung und ihre Art der Frömmigkeit ging ihnen über alles, während sie die Griechen und Römer als überaus sündige Heiden bezeichneten. Auch die Weisen galten, obschon sie keine Götzendiener waren und in Gottes Augen weit höher standen als diese seine angeblichen Anbeter, bei den Juden als Heiden. Selbst bei den berufenen Hütern der heiligen Schriften fand ihr eifriges Fragen keine Gegenliebe. LJ.45.2 Teilen

Die Ankunft der Weisen wurde in Jerusalem schnell bekannt. Ihre ungewöhnliche Botschaft brachte viel Aufregung unter das Volk, die bis in den Palast des Königs Herodes drang. Der listige Edomiter erschrak schon bei der bloßen Erwähnung eines möglichen Nebenbuhlers. Ungezählte Mordtaten hatten seinen Weg zum Thron besudelt. Dazu war er fremdstämmig und beim Volk, das er regierte, verhaßt. Seine einzige Sicherheit war die Gunst Roms. Dieser neue Fürst aber hatte sich auf mehr zu berufen; er war geboren, das Reich einzunehmen. LJ.45.3 Teilen

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Diese Erkundigungen des Thronräubers, noch dazu durch die Fremden angeregt, verletzten den Stolz der jüdischen Lehrer. Die offenkundige Gleichgültigkeit wieder, mit der sie sich an die Durchsicht der prophetischen Schriften begaben, erregte die Eifersucht des Herrschers, glaubte er doch, sie suchten nur zu verbergen, was sie von dieser Sache wußten. Mit einer Bestimmtheit, über die sie sich nicht hinwegzusetzen wagten, befahl er ihnen deshalb, genaue Nachforschungen anzustellen und ihm den Geburtsort des von ihnen erwarteten Königs zu nennen. „Sie sagten ihm: Zu Bethlehem im jüdischen Lande; denn also steht geschrieben durch den Propheten: ‚Und du Bethlehem im jüdischen Land bist mitnichten die kleinste unter den Städten in Juda; denn aus dir soll mir kommen der Herzog, der über mein Volk Israel ein Herr sei.‘“ Matthäus 2,5.6. LJ.46.1 Teilen

Hierauf lud Herodes die Weisen zu einer vertraulichen Unterredung ein. Obgleich Zorn und Furcht sein Inneres durchtobten, bewahrte er nach außen seine Ruhe und empfing die Fremden freundlich. Er erkundigte sich, zu welcher Zeit der Stern ihnen erschienen sei, und gab sich den Anschein, als begrüße er freudig die Nachricht von der Geburt Christi. Schließlich gebot er den Weisen: „Ziehet hin und forschet fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr’s findet, so sagt mir’s wieder, dass ich auch komme und es anbete.“ Matthäus 2,8. Mit diesen Worten entließ er sie, damit sie nach Bethlehem zögen. LJ.46.2 Teilen

Die Priester und Ältesten von Jerusalem waren nicht so unwissend hinsichtlich der Geburt Christi, wie sie vorgaben. Die Nachricht von dem Besuch der Engel bei den Hirten war auch nach Jerusalem gedrungen, nur hatten sie die Rabbiner nicht beachtet. So mussten, obwohl sie selber hätten Jesus finden und die Magier nach seinem Geburtsort bringen können, erst die Weisen kommen und sie auf die Geburt des Messias aufmerksam machen. Sie sprachen: „Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten.“ Matthäus 2,2. LJ.46.3 Teilen

Doch aus Stolz und Neid verschlossen die Priester und Rabbiner dem Licht die Tür. Hätten sie dem Bericht der Hirten und Weisen geglaubt, so wären sie dadurch in eine wenig angenehme Lage gebracht worden: sie hätten ihre eigene Behauptung, Vertreter der Wahrheit Gottes zu sein, widerlegt. Auch brachten es diese gebildeten Lehrer nicht fertig, von denen Belehrungen anzunehmen, die sie Heiden nannten. Es war nach ihrer Meinung nicht möglich, dass Gott sie übergangen hätte, um sich dafür unwissenden Hirten und unbeschnittenen Heiden zu offenbaren. So beschlossen sie, diese Nachrichten, die den König Herodes und ganz Jerusalem in Aufregung versetzt hatten, mit Verachtung zu strafen. Sie wollten sich nicht einmal nach Bethlehem begeben, um festzustellen, wie sich die Dinge verhielten. Gleichzeitig verleiteten sie das Volk, die Anteilnahme an dem Jesuskind für schwärmerische Überspanntheit zu halten. Hierdurch bereits begannen die Priester und Rabbiner, Christus zu verwerfen. Ihr Stolz und ihre Hartnäckigkeit steigerten sich schließlich zu bitterem Haß gegen den Heiland. So geschah es, dass Gott den Heiden die Tür öffnete, die die Führer der Juden sich selbst verschlossen. LJ.46.4 Teilen

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Einsam verließen die Weisen Jerusalem. Als sie aber im Dunkel des Abends die Tore Jerusalems hinter sich ließen, da sahen sie zu ihrer großen Freude wieder den Stern, der sie nach Bethlehem führte. Sie hatten nicht wie die Hirten einen Hinweis erhalten, unter welch ärmlichen Verhältnissen sie Jesus finden würden. Nach der langen Reise waren sie von der Gleichgültigkeit der jüdischen Obersten sehr enttäuscht worden und hatten Jerusalem weniger zuversichtlich verlassen, als sie es betreten hatten. In Bethlehem fanden sie keine Wache, um den neugeborenen König zu schützen, und niemand von den weltlichen Fürsten bildete seinen Hofstaat. Jesus lag in eine Krippe gebettet. Seine Eltern, ungebildete Landleute, waren seine einzigen Hüter. Konnte dieser es sein, von dem geschrieben stand, dass er bestimmt sei, „die Stämme Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen“, ein „Licht der Heiden“ zum „Heil bis an die Enden der Erde“? Jesaja 49,6. LJ.47.1 Teilen

Sie aber „gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an“. Matthäus 2,11. Auch unter der unscheinbaren Hülle erkannten sie die Gottheit Jesu. So gaben sie ihm, als ihrem Heiland, ihre Herzen und „taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe“. Matthäus 2,11. Welch einen Glauben bewiesen sie damit! Auch von diesen Männern des Ostens hätte Jesus sagen können, was er später von dem römischen Hauptmann feststellte: „Solchen Glauben habe ich in Israel bei keinem gefunden!“ Matthäus 8,10. LJ.47.2 Teilen

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Die Weisen erkannten nicht die Absicht des Herodes. Deshalb schickten sie sich an, als sie den Zweck ihrer Reise erreicht hatten, wieder nach Jerusalem zurückzukehren und den König von ihrem Erfolg zu unterrichten. Doch in einem Traum empfingen sie die göttliche Anweisung, keine weitere Verbindung mit Herodes aufzunehmen. So mieden sie Jerusalem und gingen auf einem anderen Weg in ihre Heimat zurück. LJ.48.1 Teilen

In der gleichen Weise wurde Joseph aufgefordert, mit Maria und dem Kinde nach Ägypten zu fliehen. „Bleib allda, bis ich dir’s sage; denn Herodes geht damit um, dass er das Kindlein suche, es umzubringen.“ Matthäus 2,13. Joseph gehorchte ohne Zögern, trat aber der größeren Sicherheit wegen die Reise erst in der Nacht an. LJ.48.2 Teilen

Durch die Weisen hatte Gott die Aufmerksamkeit des jüdischen Volkes auf die Geburt seines Sohnes gelenkt. Ihre Nachforschungen in Jerusalem, die dadurch allgemein erweckte Anteilnahme und selbst die Eifersucht des Herodes, die die Aufmerksamkeit der Priester und Rabbiner erzwang, veranlaßte viele, den Weissagungen über den Messias und zugleich dem großen Ereignis, das eben erst geschehen war, Beachtung zu schenken. LJ.48.3 Teilen

Satan aber war entschlossen, das göttliche Licht aus der Welt auszuschließen und unter Anwendung äußerster List den Heiland zu vernichten. Aber Er, der niemals schläft noch schlummert, wachte über seinen geliebten Sohn. Wie er einst Israel mit Manna vom Himmel versorgt und Elia zurzeit der Hungersnot gespeist hatte, so bereitete er nun Maria und dem Jesuskind in einem heidnischen Land einen Zufluchtsort. Durch die Gaben der heidnischen Magier hatte der Herr ihnen die Mittel für die Reise nach Ägypten und für den Aufenthalt in einem fremden Land verschafft. LJ.48.4 Teilen

Die Weisen hatten zu den ersten gehört, die den Erlöser begrüßten; ihre Gabe war die erste gewesen, die ihm zu Füßen gelegt wurde. Welch unvergleichlichen Dienst durften sie damit versehen! Die Gabe eines liebenden Herzens pflegt Gott wohlgefällig zu ehren, indem er sie die höchste Wirksamkeit in seinem Dienst finden läßt. Wenn wir Jesus unser Herz gegeben haben, werden wir ihm auch unsere Gaben darbringen. Bereitwillig werden wir ihm, der uns liebt und sich selbst für uns dahingegeben hat, unser Gold und Silber, unsere köstlichsten irdischen Güter, unsere besten geistigen und geistlichen Fähigkeiten weihen. LJ.48.5 Teilen

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Herodes wartete inzwischen in Jerusalem ungeduldig auf die Rückkehr der Weisen. Als die Zeit verstrich, ohne dass sie erschienen, wurde sein Argwohn aufs neue wach. Die Abneigung der Rabbiner, ihm den Geburtsort des Messias zu nennen, ließ ihn jetzt vermuten, dass sie seine Pläne durchschaut und dass die Magier ihn absichtlich gemieden hatten. Bei diesem Gedanken geriet er außer sich vor Wut. Nachdem er mit seiner Verschlagenheit nichts ausgerichtet hatte, blieb ihm als letztes Mittel nur noch die Gewalt. So sollte das Geschick dieses jungen Königs denn zum abschreckenden Beispiel werden. Die hochmütigen Juden sollten sehen, was ihrer wartete, wenn sie versuchten, gegen ihn einen Aufruhr anzuzetteln und an seiner Statt einen anderen Herrscher einzusetzen. LJ.49.1 Teilen

Sofort sandte Herodes Kriegsknechte nach Bethlehem mit dem Befehl, alle Kinder im Alter von zwei Jahren und darunter zu töten. Die stillen Behausungen der Stadt Davids wurden zum Schauplatz jener Schreckensszenen, die sechshundert Jahre zuvor dem Propheten kundgetan worden waren: „Zu Rama hat man ein Geschrei gehört, viel Weinen und Heulen; Rahel beweinte ihre Kinder und wollte sich nicht trösten lassen.“ Matthäus 2,18. LJ.49.2 Teilen

Dieses Unheil hatten die Juden selbst über sich gebracht. Wären sie gläubig und demütig vor Gott gewandelt, dann hätte er in sehr deutlicher Weise dem Zorn des Königs wehren können. Doch sie hatten sich durch ihre Sünden von Gott getrennt und den Heiligen Geist, ihren einzigen Schutz, verworfen. Sie hatten die Schrift nicht studiert in dem Verlangen, dem Willen Gottes nachzukommen. Sie hatten lediglich nach Weissagungen gesucht, die sich für sie günstig auslegen ließen und dafür zu sprechen schienen, dass Gott alle übrigen Völker verachtete. Stolz hatten sie damit geprahlt, dass der Messias als König kommen, seine Feinde besiegen und in seinem Zorn die Heiden zerstampfen werde. Dadurch war der Haß ihrer Herrscher hervorgerufen worden. Vor allem aber hatte Satan die Juden zu einer solchen falschen Darstellung der Sendung Christi verleitet in der Absicht, den Untergang des Heilandes herbeizuführen. Nun aber fiel alles auf ihr eigenes Haupt zurück. LJ.49.3 Teilen

50

Dieses grausame Vorgehen sollte eine der letzten Handlungen sein, mit denen Herodes seine Herrschaft besudelte. Nicht lange nach dem abscheulichen Kindermord in Bethlehem wurde er selbst ein Opfer des Schicksals, dem niemand entkommt: er musste sterben. Und er starb einen schrecklichen Tod! LJ.50.1 Teilen

Joseph, der immer noch in Ägypten weilte, erhielt jetzt von einem Engel Gottes die Aufforderung, nach Israel zurückzukehren. In der Annahme, dass Jesus der Erbe des Thrones Davids sei, wollte er erst Bethlehem zu seinem Wohnort machen; als er aber erfuhr, dass Archelaus an seines Vaters Statt über Judäa regierte, fürchtete er, dass nun der Sohn die Absichten des Vaters gegen Christus ausführen könnte. Von allen Söhnen des Herodes glich Archelaus diesem in seinem Wesen am meisten. Seine Thronbesteigung bereits war von einem Aufruhr in Jerusalem und der Niedermetzelung Tausender von Juden durch die römischen Wachen begleitet gewesen. LJ.50.2 Teilen

Abermals erhielt Joseph einen Zufluchtsort angewiesen. Er kehrte nach Nazareth zurück, seinem früheren Wohnsitz, wo Jesus dreißig Jahre seines Lebens zubringen sollte, „auf dass erfüllt würde, was da gesagt ist durch die Propheten: Er soll Nazarener heißen“. Matthäus 2,23. Galiläa stand ebenfalls unter der Herrschaft eines Sohnes des Herodes, doch wies seine Bevölkerung einen viel größeren Einschlag fremden Volkstums auf als Judäa, so dass rein jüdische Fragen in Galiläa weniger Beachtung fanden als in Judäa. Das berechtigte zu der Annahme, dass auch die Sonderstellung Jesu nicht so leicht den Neid der maßgebenden Kreise erregen würde. LJ.50.3 Teilen

Derart war die Aufnahme, die der Heiland fand, als er zur Erde kam. Kaum schien es einen Ruheort, eine Zufluchtsstätte für den noch unmündigen Erlöser zu geben. Gott konnte seinen geliebten Sohn nicht den Menschen anvertrauen, selbst nicht zu der Zeit, da er sich um ihr Heil bemühte. Deshalb beauftragte er Engel damit, Jesus zu geleiten und zu schützen, bis er seine Aufgabe auf Erden vollbracht hätte und durch die Hände derer, die zu retten er gekommen war, sterben würde. LJ.50.4 Teilen

Kapitel 7: Jesu Kindheit

[Auf der Grundlage von Lukas 2,39.40.] LJ.50 Teilen

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Jesus verbrachte seine Kindheit und Jugend in einem kleinen Gebirgsort. Doch es gab keinen Platz auf Erden, dem seine Gegenwart nicht zur Ehre gereicht hätte. Selbst Königspalästen wäre es ein Vorrecht gewesen, ihn als Gast zu beherbergen. Er aber ging an den Häusern der Reichen, den Höfen der Könige, den berühmten Stätten der Gelehrsamkeit vorüber und ließ sich in dem unbedeutenden, verachteten Nazareth nieder. LJ.51.1 Teilen

Wunderbar in seiner Bedeutung ist der kurze Bericht über die ersten Lebensjahre Jesu: „Das Kind wuchs und ward stark, voller Weisheit, und Gottes Gnade war bei ihm.“ Lukas 2,40. In dem Sonnenglanz, der vom Angesicht seines Vaters ausging, nahm Jesus zu „an Weisheit, Alter und Gnade bei Gott und den Menschen“. Lukas 2,52. Sein Verstand war rege und scharf und an Überlegung und Weisheit seinen Jahren voraus; dennoch war sein Wesen wundervoll ausgeglichen, und die Entwicklung der Geistes- und Körperkräfte erfolgte entsprechend seines Alters. LJ.51.2 Teilen

Als Kind schon erwies sich Jesus als überaus liebenswürdig veranlagt. Stets war er bereit, anderen mit willigen Händen zu dienen. Dazu bewies er eine Geduld, die unerschütterlich war, aber auch eine Wahrheitsliebe, die sich unbestechlich für das Rechte einsetzte. So paarten sich in seinem Leben felsenfeste Grundsatztreue mit der Tugend selbstloser Gefälligkeit. LJ.51.3 Teilen

Mit großer Sorgfalt beobachtete die Mutter Jesu, wie sich die Gaben des Kindes entfalteten und seine Anlagen sich vervollkommneten. Voller Freude suchte sie seinen munteren, empfänglichen Sinn zu begeistern. Der Heilige Geist gab ihr Weisheit, gemeinsam mit dem Himmel die Entwicklung des Kindes zu fördern, dessen Vater Gott war. LJ.51.4 Teilen

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Von jeher hatten die treuen Israeliten große Sorgfalt auf die Erziehung ihrer Jugend verwandt. Der Herr hatte sie unterwiesen, die Kinder schon von klein auf über seine Güte und über seine Größe zu belehren, wie sie sich besonders in seinem Gesetz offenbart und in der Geschichte Israels kundgetan haben. Sie sollten dabei Gesang, Gebet und die Betrachtung der Schrift dem kindlichen Verständnis anpassen. Väter und Mütter mussten ihre Kinder darüber unterrichten, dass das Gesetz Gottes ein Ausdruck seiner Gesinnung sei und dass sich mit der Annahme seiner Grundsätze das Bild Gottes auf den Geist und auf die Seele übertrage. Ein Großteil dieser Belehrung erfolgte mündlich; daneben aber lernte die Jugend auch die hebräischen Schriften lesen, so dass sie sich mit dem Inhalt der auf Pergament geschriebenen alttestamentlichen Zeugnisse vertraut machen konnte. LJ.52.1 Teilen

Zur Zeit Christi wurde der Ort oder die Stadt, die nichts für die religiöse Erziehung der Jugend tat, angesehen als stände sie unter dem Fluch Gottes. Dennoch war der Unterricht immer mehr verflacht, und die Überlieferungen hatten in weitem Ausmaß die heiligen Schriften verdrängt. Rechte Erziehung muss die Jugend veranlassen, dass sie den Herrn „suchen ... ob sie wohl ihn fühlen und finden möchten“. Apostelgeschichte 17,27. LJ.52.2 Teilen

Die Lehrer der Juden wandten ihre Aufmerksamkeit äußeren Dingen zu. Sie suchten den Verstand mit einem Stoff zu belasten, der für die Schüler wertlos war und erst recht vor der höheren Schule des Himmels nichts galt. So hatte die Erfahrung, die man durch die Annahme des Wortes Gottes erlangt, keinen Raum in ihrem Erziehungswesen. Vor lauter Äußerlichkeiten fanden die Schüler keine Gelegenheit, in stillen Stunden mit Gott zu verkehren. Sie vernahmen nicht, dass seine Stimme zu ihren Herzen redete. Auf ihrer Suche nach Erkenntnis kehrten sie dem Quell der Weisheit den Rücken. Das Wichtigste im Gottesdienst vernachlässigten sie, die Forderungen des Gesetzes wurden entstellt. Man machte dadurch die höhere Bildung zum größten Hindernis für eine rechte Entwicklung. Die Erziehungsweise der Rabbiner hemmte die Kraft der Jugend. Sie wurde schwerfällig und einseitig im Denken. LJ.52.3 Teilen

Der junge Jesus wurde nicht in den Schulen der Synagoge unterrichtet. Seine Mutter war seine erste Lehrerin. So erfuhr er aus ihrem Munde und aus den Schriften der Propheten die himmlischen Dinge. Die Worte, die er selber durch Mose zu Israel gesprochen hatte, musste er nun zu den Füßen seiner Mutter hören und lernen. Auch als er vom Knaben zum Jüngling heranwuchs, kümmerte sich Jesus nicht um die Rabbinerschulen. Er hatte Bildung aus solcher Quelle nicht nötig; denn Gott war sein Lehrer. LJ.52.4 Teilen

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Die während der Ausübung seines Lehramtes aufgeworfene Frage: „Wie kennt dieser die Schrift, obwohl er sie doch nicht gelernt hat?“ (Johannes 7,15) deutet daher auch nicht an, dass Jesus etwa nicht lesen konnte, sondern nur, dass er keine Ausbildung durch berufene Rabbiner erhalten hatte. Da er sein Wissen in der gleichen Weise erwerben musste wie wir, beweist seine innige Vertrautheit mit der Schrift, wie fleißig er sich in seinen Jugendjahren mit dem Wort Gottes befaßt hat. Dazu lag das große Buch der Natur ausgebreitet vor ihm. Er, der Schöpfer aller Dinge, vertiefte sich nun selbst in die Lehren, die er mit eigener Hand in Erde, Meer und Himmel gezeichnet hatte. Er hielt sich fern von allen unheiligen Dingen der Welt und sammelte eine Fülle von wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Natur. Zu diesem Zweck beobachtete er das Leben der Pflanzen, der Tiere und der Menschen. Von frühester Kindheit an aber behielt er das eine Ziel im Auge: andern zum Segen zu leben! Hierzu wurde er durch die ganze Schöpfung ermuntert; sie war ihm eine gute und vielseitige Lehrmeisterin. Ständig trachtete er, dem Sichtbaren Bilder zur Veranschaulichung des lebendigen Wortes Gottes abzugewinnen. Die Gleichnisse, in die er während seines Wirkens seine Belehrungen gern einkleidete, zeigen deutlich, in welch hohem Maße sein Gemüt für die Einflüsse der Natur empfänglich war und er Unterweisungen hinsichtlich des geistlichen Lebens der Alltagswelt entnommen hatte. LJ.53.1 Teilen

Während Jesus so die Bedeutung der Dinge zu erfassen suchte, entfaltete sich ihm das Wesen des Wortes und der Werke Gottes. Von Engeln des Himmels begleitet, hegte er heilige Gedanken und pflegte heilige Zwiesprache. Vom ersten Aufdämmern seines Verständnisses an nahm er ständig zu an geistlichen Tugenden und in der Erkenntnis der Wahrheit. LJ.53.2 Teilen

Gleich Jesus kann jedes Kind Erkenntnis erlangen. Wenn wir versuchen, durch Gottes Wort mit unserem himmlischen Vater bekannt zu werden, dann werden uns Engel nahe sein, und unser Geist wird gestärkt, unser Wesen geläutert und verfeinert werden. Damit werden wir unserem Heiland ähnlicher. Angesichts all des Schönen und Großartigen in der Natur wendet sich unser Herz Gott zu. In der Berührung mit dem Ewigen durch seine Werke wird der Geist erbaut und die Seele belebt. Der Verkehr mit Gott im Gebet bringt die geistigen und sittlichen Fähigkeiten zur Entfaltung, und die tiefe Betrachtung geistlicher Dinge fördert das geistliche Leben. LJ.53.3 Teilen

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Das Leben Jesu stand in völligem Einklang mit dem Willen Gottes. Zwar dachte und redete er, solange er Kind war, wie ein Kind; aber kein Makel entstellte das Ebenbild Gottes. Dabei war er nicht frei von Versuchungen. Die Gottlosigkeit der Einwohner von Nazareth war fast sprichwörtlich geworden. Nathanels Frage: „Was kann von Nazareth Gutes kommen?“ (Johannes 1,46), zeigt, deutlich, wie wenig Achtung sie im allgemeinen genossen. Jesus aber erhielt seinen Platz unter ihnen, damit durch sie sein Verhalten auf die Probe gestellt würde. Er musste, wollte er seine Reinheit bewahren, unablässig auf der Hut sein. Kein Kampf, den auch wir zu bestehen haben, blieb ihm erspart, damit er uns unser Leben lang ein Beispiel sein könne: in Kindheit, Jugend und Mannesalter. LJ.54.1 Teilen

Satan war unermüdlich in seinen Anstrengungen, das Kind von Nazareth zu überwinden. Wenn Jesus auch von frühester Jugend an von den Engeln des Himmels behütet wurde, so war sein Leben dennoch ein Kampf gegen die Mächte der Finsternis. Dass jemand auf Erden frei von sündiger Befleckung leben sollte, das war dem Fürsten der Finsternis ein Ärgernis und eine Ursache zur Beunruhigung. Nichts ließ er darum unversucht, Jesus in seine Schlingen zu verstricken. Kein Menschenkind wird je berufen, ein heiliges Leben inmitten solch grimmiger Kämpfe gegen Versuchungen zu führen wie unser Heiland. LJ.54.2 Teilen

Die Eltern Jesu waren arm und auf den Ertrag ihrer Hände Arbeit angewiesen. So wurde auch er mit Armut, Selbstverleugnung und Entbehrung vertraut. Diese Erfahrung war ein sicherer Schutz für ihn. In seinem arbeitsamen Leben gab es keine müßigen Stunden, die die Versuchung herausgefordert hätten. Er fand keine Zeit für schlechte Gesellschaft. Soweit es ihm möglich war, verschloß er dem Versucher die Tür. Keine Rücksicht auf Gewinn oder Vergnügen, Beifall oder Tadel konnte ihn dazu verleiten, Unrecht gutzuheißen. Er war klug, das Böse zu erkennen, und stark genug, ihm zu widerstehen. LJ.54.3 Teilen

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Jesus war der einzige Sündlose, der je auf Erden gelebt hat, obwohl er doch fast dreißig Jahre lang unter den gottlosen Einwohnern von Nazareth wohnte. Diese Tatsache muss alle diejenigen beschämen, die meinen, dass die Gunst des Ortes, des Besitzes oder des Erfolges darüber entscheide, ob jemand ein untadeliges Leben führen könne oder nicht. Vielmehr erziehen uns gerade Anfechtung, Not und Unheil zu Reinheit und Standhaftigkeit. LJ.55.1 Teilen

Jesus lebte mit seinen Eltern in einem bescheidenen Häuschen und trug treulich und freudig seinen Anteil an den Lasten des Haushaltes. Der einst Gebieter des Himmels gewesen und dessen Wort die Engel mit Freuden befolgten, war jetzt ein williger Diener, ein liebevoller und gehorsamer Sohn. Er erlernte ein Handwerk und arbeitete mit Joseph zusammen in dessen Zimmermannswerkstatt. In der einfachen Tracht eines gewöhnlichen Arbeitsmannes ging er durch die Straßen der kleinen Stadt zu seiner bescheidenen Arbeit und wieder zurück. Er benutzte seine göttliche Kraft nicht, um seine Lasten zu verringern oder sich die Arbeit zu erleichtern. LJ.55.2 Teilen

Die Arbeit, die Jesus als Jüngling und als Mann ausübte, war der Entwicklung von Körper und Geist sehr dienlich. Er arbeitete nicht einfach drauflos, sondern setzte seine Kräfte ein, dass sie gesund blieben, damit er in jeder Weise das Beste leisten konnte. Er war ohne Tadel in seinem Wesen, selbst in seiner Arbeit verschmähte er fehlerhafte Leistungen. Er war als Handwerker ebenso vollkommen, wie sein Charakter vollkommen war. Durch sein Beispiel lehrte er, dass wir die Pflicht haben, fleißig zu sein und unsere Arbeit genau und sorgfältig auszuführen, und dass solche Arbeit ehrbar ist. Nützliche Handarbeit gewöhnt nicht nur die Jugend daran, ihren Anteil an den Lasten des Lebens zu tragen, sondern dient auch der Kräftigung ihres Körpers und der Ausbildung ihrer Fähigkeiten. Jeder sollte sich mit etwas beschäftigen, was ihm selbst und auch andern nützt. Gott hat die Arbeit uns zum Segen gegeben; und nur der Fleißige kann die wahre Schönheit und Freude des Lebens verspüren. Nur die Kinder und jungen Menschen erlangen Gottes Wohlgefallen, die frohgemut die häuslichen Pflichten erfüllen und den Eltern ihre Last tragen helfen. Solche Kinder werden, wenn sie das Heim verlassen, auch nützliche Glieder der Gesellschaft sein. LJ.55.3 Teilen

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Während seines ganzen Erdenlebens war Jesus eifrig und beständig am Wirken. Weil er viel erwartete, unternahm er auch viel. Nachdem er sein Lehramt angetreten hatte, erklärte er: „Ich muss wirken die Werke des, der mich gesandt hat, solange es Tag ist; es kommt die Nacht, da niemand wirken kann.“ Johannes 9,4. Jesus scheute entgegen vielen seiner angeblichen Nachfolger weder Sorge noch Verantwortung. Gerade deshalb aber, weil sie sich dieser Zucht entziehen wollen, sind viele schwach und unfähig. Mögen sie auch vortreffliche und liebenswerte Eigenschaften aufweisen, so sind sie dabei doch kraftlos und nahezu unbrauchbar, wenn es gilt Schwierigkeiten entgegenzutreten oder Hindernisse zu überwinden. Wir brauchen die Zuverlässigkeit und Tatkraft, die Gediegenheit und Lauterkeit, die Christus bewies, und wir müssen sie in der gleichen Schule lernen, die er durchzustehen hatte. Dann wird auch die Gnade, die er empfing, unser sein! LJ.56.1 Teilen

Solange unser Heiland unter den Menschen weilte, teilte er das Los der Armen. Da er ihre Sorgen und Nöte aus eigener Erfahrung kannte, vermochte er sie zu trösten und zu ermutigen. Wer wirklich begriffen hat, was Jesu Leben uns lehrt, wird nie daran denken, irgendwelche Klassenunterschiede zu machen, er wird einen Reichen nicht höher achten als einen würdigen Armen. LJ.56.2 Teilen

Geschickt und mit frohem Mut ging Jesus seiner Arbeit nach. Es verlangt viel Geduld und Geisteskraft, die Lehren der Heiligen Schrift zu Hause und am Arbeitsplatz zur Geltung zu bringen und bei aller Anspannung durch irdische Geschäfte die Ehre Gottes im Auge zu behalten. Darin wird uns Christus zum Helfer. Er ließ sich von weltlichen Sorgen nie so weit in Anspruch nehmen, dass er keine Zeit mehr gehabt hätte, über ewige Dinge nachzudenken. Oft brachte er die Freude seines Herzens zum Ausdruck, indem er Psalmen und geistliche Lieder sang. Dann wieder hörten die Einwohner Nazareths seine Stimme sich in Lobpreis und Danksagung zu Gott erheben. Durch seinen Gesang hielt er Verbindung mit dem Himmel, und wenn seine Gefährten von ihrer Arbeit müde wurden und klagten, ermunterte er sie durch die lieblichen Weisen aus seinem Munde. Sein Lobpreis schien die bösen Geister zu bannen und seine Umgebung wie der Weihrauch mit Wohlgeruch zu erfüllen. Die Gedanken seiner Zuhörer wurden aus ihrer irdischen Gebundenheit in die himmlische Heimat versetzt. LJ.56.3 Teilen

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Jesus war der Quell heilsamer Gnade für die Welt, und auch während der Zeit seiner Zurückgezogenheit in Nazareth gingen von seinem Leben Ströme des Mitgefühls und der Zärtlichkeit aus. Die Betagten und Bekümmerten, die Schuldbeladenen, die fröhlich-harmlosen Kinder, die schwache Kreatur in den Hainen und die geduldigen Lasttiere, sie alle wurden glücklicher durch seine Gegenwart. Er, dessen Machtwort die Welten trug, beugte sich herab, einem verwundeten Vöglein zu helfen. Es gab nichts, was nicht seiner Beachtung wert oder seines Dienstes würdig gewesen wäre. LJ.57.1 Teilen

Während Jesus so an Weisheit und körperlicher Größe zunahm, nahm er auch zu an Gnade bei Gott und den Menschen. Weil er mit allen zu fühlen vermochte, erwarb er sich auch die Liebe aller. Die Atmosphäre von Hoffnung und Mut, die ihn umgab, ließ ihn in jedem Heim zum Segen werden. Oft forderte man ihn am Sabbat in der Synagoge auf, den vorgeschriebenen Abschnitt aus den Schriften der Propheten zu lesen. Während er las, wurden die Herzen der Zuhörer ergriffen, da ihnen ein neues Licht aus den altvertrauten Worten des heiligen Textes entgegenstrahlte. LJ.57.2 Teilen

Doch Jesus vermied es, Aufsehen zu erregen. Während der vielen Jahre seines Aufenthaltes in Nazareth ließ er seine Wunder wirkende Macht nicht offenbar werden. Er trachtete weder nach einer angesehenen Stellung, noch legte er sich hochklingende Namen bei. Still und bescheiden lebte er dahin. Selbst die Schrift schweigt über seine Jugendjahre. Damit erteilt sie uns eine wichtige Lehre. Je mehr sich das Leben eines Kindes in der Stille und Zurückgezogenheit — frei von aller vorsätzlichen Beunruhigung und möglichst im Einklang mit der Natur — abspielt, desto günstiger sind die Aussichten für seine körperliche Erstarkung und geistige Entwicklung. LJ.57.3 Teilen

Jesus ist unser Vorbild. Doch während sich viele Menschen gern mit der Zeit seines öffentlichen Wirkens befassen, lassen sie die Lehren seiner Jugendjahre meist unbeachtet. Aber gerade mit seinem Verhalten im häuslichen Kreise ist er den Kindern und der Jugend ein Vorbild. Der Heiland wurde arm, um uns zu lehren, wie wir auch unter bescheidenen Verhältnissen ein Leben inniger Gemeinschaft mit Gott führen können. Er lebte, seinen Vater im Getriebe des Alltags zu erfreuen, ihn zu ehren und zu verherrlichen. Er begann seine Aufgabe damit, dass er dem Stande des kleinen Handwerkers, der sich schwer für sein tägliches Brot abmühen muss, besondere Weihe verlieh. Er diente Gott geradeso gut, wenn er an der Hobelbank schaffte, als wenn er unter der Volksmenge Wunder wirkte. Welches junge Menschenkind nach dem Beispiel Jesu treu und gehorsam den Pflichten seiner einfachen Häuslichkeit nachkommt, darf daher auch jenes Zeugnis für sich in Anspruch nehmen, das der Vater durch den Heiligen Geist Jesus ausstellte: „Siehe, das ist mein Knecht — ich halte ihn — und mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat.“ Jesaja 42,1. LJ.57.4 Teilen

Kapitel 8: Auf dem Passahfest

[Auf der Grundlage von Lukas 2,41-51.] LJ.57 Teilen

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Die Juden betrachteten das zwölfte Lebensjahr als Grenze zwischen Kindheit und Jugend. Der hebräische Knabe wurde nach Vollendung dieses Lebensjahres ein Sohn des Gesetzes und auch ein Sohn Gottes genannt. Er konnte sich während dieser Zeit besonders viel mit den jüdischen Lehren beschäftigen, wie man auch eine rege Beteiligung an den heiligen Festen und Gebräuchen von ihm erwartete. Es stand also völlig mit den üblichen Gewohnheiten in Einklang, dass Jesus im Knabenalter das Passahfest in Jerusalem besuchte. Wie alle andächtigen Israeliten gingen Joseph und Maria jedes Jahr nach der Hauptstadt, um der Passahfeier beizuwohnen. Und als Jesus das geforderte Alter erreicht hatte, nahmen sie ihn mit. LJ.59.1 Teilen

Es waren jährlich drei Feste, zu denen alle männlichen Israeliten in Jerusalem vor dem Herrn erscheinen mussten: zum Passahfest, zum Pfingstfest und zum Laubhüttenfest. Von diesen großen Festen wurde das Passahfest am meisten besucht. Aus allen Ländern, in denen Juden verstreut lebten, kamen sie. Auch aus den einzelnen Gegenden Palästinas strömten die Anbetenden zum Fest. Die Reise von Galiläa nach Jerusalem nahm mehrere Tage in Anspruch; die jüdischen Pilger schlossen sich unterwegs zu Gruppen zusammen, damit sie nicht allein zu wandern brauchten und sich so besser schützen konnten. Frauen und Greise legten den oft steilen und felsigen Weg auf Ochsen oder Eseln zurück. Die kräftigeren Männer und die Jugend reisten zu Fuß. Nach unserer Jahresrechnung fiel das Passahfest in die Frühlingszeit, Ende März oder Anfang April; das ganze Land blühte und duftete, und der Gesang der Vögel verlieh allem einen heiteren Glanz. Den ganzen Reiseweg entlang trafen sie auf immer neue denkwürdige Orte aus der Geschichte Israels. Die Eltern erzählten dann ihren Kindern deren Geschichte und berichteten von den Wundertaten Gottes an seinem Volk in der Vergangenheit. Auch verkürzten sie sich die Reise durch Gesang und Musik. Und als sie schließlich in der Ferne die Türme Jerusalems auftauchen sahen, erscholl froh begeistert ihr Triumphgesang: LJ.59.2 Teilen

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„Nun stehen unsere Füßein deinen Toren, Jerusalem ...Es möge Friede sein in deinen Mauernund Glück in deinen Palästen!“ Psalm 122,2.7. LJ.60.1 Teilen

Von der Zeit an, da die Hebräer ein selbständiges Volk wurden, begingen sie alljährlich das Passahfest. Gott hatte ihnen in der letzten Nacht ihrer Gefangenschaft in Ägypten, da nichts auf die Stunde ihrer Befreiung hinzudeuten schien, geboten, den sofortigen Auszug vorzubereiten. Er hatte Pharao vor dem Strafgericht, das über die Ägypter kommen sollte, gewarnt und die Hebräer angewiesen, sich in ihren Häusern zu versammeln, ihre Türpfosten mit dem Blut eines geschlachteten Lammes zu besprengen und das gebratene Lamm mit ungesäuertem Brot und bitteren Kräutern zu essen. „So sollt ihr’s aber essen: Um eure Lenden sollt ihr gegürtet sein und eure Schuhe an euren Füßen haben und den Stab in der Hand und sollt es essen als die, die hinwegeilen; es ist des Herrn Passa.“ 2.Mose 12,11. Und als die Mitternacht über Ägypten heraufzog, wurde alle Erstgeburt der Ägypter erschlagen, und der Pharao sandte die Botschaft an Israel: „Macht euch auf und ziehet weg aus meinem Volk ... Geht hin und dienet dem Herrn, wie ihr gesagt habt.“ 2.Mose 12,31. LJ.60.2 Teilen

Die Hebräer verließen als selbständiges und unabhängiges Volk das Land ihrer Knechtschaft. Zum Gedenken aber an ihre wunderbare Befreiung gebot ihnen Gott, alljährlich das Passahfest zu feiern. „Und wenn eure Kinder zu euch sagen werden: Was habt ihr da für einen Brauch?, sollt ihr sagen: Es ist das Passahopfer des Herrn, der an den Kindern Israel vorüberging in Ägypten, als er die Ägypter schlug.“ 2.Mose 12,26.27. Allen nachfolgenden Geschlechtern sollte diese wunderbare Befreiungstat Gottes weitergegeben werden. LJ.60.3 Teilen

Auf das Passahopfer folgte das sieben Tage dauernde Fest der ungesäuerten Brote. Am zweiten Tag dieses Festes wurde dem Herrn die Erstlingsfrucht der Jahresernte, und zwar eine Garbe Gerste, dargebracht. Alle Gebräuche dieses Festes versinnbildeten das Werk Christi. Die Befreiung Israels aus Ägypten veranschaulichte die Erlösungstat, die durch das Passahfest im Gedächtnis behalten werden sollte. Das geschlachtete Lamm, das ungesäuerte Brot und auch die Erstlingsgabe wiesen auf den Erlöser. LJ.60.4 Teilen

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Zur Zeit Christi war die Feier des Passahfestes bei den meisten Juden zu einem bloßen Formendienst herabgesunken. Wie groß aber war die Bedeutung dieses Festes für den Sohn Gottes! LJ.61.1 Teilen

Zum erstenmal schaute Jesus den Tempel. Er sah die weißgekleideten Priester ihren feierlichen Dienst versehen, gewahrte das blutende Opfer auf dem Altar und beugte sich mit den Gläubigen im Gebet, während die Wolke des Weihrauchs zu Gott emporstieg. Jesus erlebte bewußt die eindrucksvollen Gebräuche des Passahgottesdienstes, deren Bedeutung ihm von Tag zu Tag klarer wurde. Jede Handlung schien mit seinem eigenen Leben in innigstem Zusammenhang zu stehen. Das alles weckte neue Gedanken in ihm. Still und in sich gekehrt schien er einem besonderen Problem nachzudenken. Das Geheimnis seiner Sendung wurde ihm bewußt. LJ.61.2 Teilen

Überwältigt von den Erlebnissen, die ihm hier begegneten, hatte er sich von der Seite seiner Eltern entfernt. Er wollte allein sein. Die gottesdienstlichen Handlungen waren längst beendet, da hielt er sich noch immer in den Vorhöfen des Tempels auf, und als die jüdischen Festbesucher Jerusalem wieder verließen, blieb er in der Stadt zurück. LJ.61.3 Teilen

Bei diesem Besuch in Jerusalem wollten Jesu Eltern ihn mit den großen Lehrern Israels zusammenbringen. Während er in jeder Einzelheit dem Worte Gottes gehorsam war, richtete er sich jedoch nicht nach den Bräuchen und Gewohnheiten der Schriftgelehrten. Joseph und Maria hofften, er würde den gelehrten Rabbinern mit achtungsvoller Ehrerbietung gegenübertreten und ihre Forderungen mit größerer Sorgfalt beachten. Doch Jesus war im Tempel durch Gott selbst unterrichtet worden, und das, was er auf diese Weise empfangen hatte, begann er sogleich mitzuteilen. LJ.61.4 Teilen

Eine mit dem Tempel verbundene Halle diente zu jener Zeit als „Heilige Schule“. Sie wurde nach der Art der alten Prophetenschulen benutzt; die Rabbiner versammelten hier ihre Schüler um sich. Auch Jesus kam in diese Halle und lauschte, zu den Füßen der ehrwürdigen und gelehrten Männer sitzend, deren Belehrungen. Als einer, der nach Weisheit suchte, wollte er von den Rabbinern Aufschluß haben über die alten Weissagungen und über die gegenwärtigen Ereignisse, die auf das Kommen des Messias hinwiesen. LJ.61.5 Teilen

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Sein Verlangen nach Erkenntnis war groß, und seine Fragen rührten an tiefe Wahrheiten, die seit langem verborgen waren und doch für das Heil der Menschen so große Bedeutung hatten. Er zeigte, wie begrenzt und oberflächlich im Grunde doch die ganze Weisheit der Schriftgelehrten war. Jede Frage enthielt eine göttliche Lehre und ließ die Wahrheit in einem neuen Licht erscheinen. Die Rabbiner sprachen von der wunderbaren Erhöhung, die das Erscheinen des Messias dem jüdischen Volk bringen würde; Jesus aber verwies auf die Weissagungen Jesajas und fragte nach der Bedeutung jener Schriftstellen, die vom Leiden und Sterben des Gotteslammes kündeten. LJ.62.1 Teilen

Die Schriftgelehrten erwiderten mit Gegenfragen und konnten ihr Erstaunen über seine Antworten nicht verbergen. Mit der Demut eines Kindes wiederholte Jesus die Worte der Schrift und gab ihnen eine so tiefe Bedeutung, dass sie sich davon keine Vorstellung machen konnten. Hätten sich die Schriftgelehrten zu diesen göttlichen Wahrheiten bekannt, würde das eine Erneuerung des geistlichen Lebens und eine Wiedergeburt des Glaubens zur Folge gehabt haben. Bei Jesu Lehrantritt wären dann viele vorbereitet gewesen, ihn anzunehmen. LJ.62.2 Teilen

Die Rabbiner wußten, dass Jesus nicht in ihren Schulen unterrichtet worden war; und doch übertraf er sie in seinem Verständnis der heiligen Schriften bei weitem. Dieses Bewußtsein ließ sie wünschen, dass dieser begabte, nachdenkliche Knabe, der zu den schönsten Hoffnungen berechtigte, ihr Schüler und ein Lehrer in Israel würde. Sie wollten seine weitere Erziehung übernehmen, da sie nur sich die Fähigkeit zutrauten, einen so schöpferischen Geist richtig auszubilden. LJ.62.3 Teilen

Jesu Worte waren in die Herzen der Rabbiner gedrungen. Noch nie zuvor hatten Worte aus menschlichem Mund solche Wirkung auf sie auszuüben vermocht. Gott versuchte diesen geistigen Führern seines Volkes Licht zu geben; er benutzte dazu das einzige Mittel, durch das sie erreicht werden konnten. Stolz wie sie waren, hätten sie sich nie dazu verstehen können, Belehrungen durch irgendwelche andere anzuerkennen. Und hätten Jesu Worte den Anschein gehabt, dass er sie belehren wollte, würden sie ihm gar nicht zugehört haben. So aber schmeichelten sie sich, ihn zu lehren oder wenigstens seine Kenntnisse in den Schriften zu prüfen. Jesu Bescheidenheit und Anmut entwaffnete ihre Vorurteile. Unbewußt wurde so ihr Verständnis für das Wort Gottes geöffnet, und der Heilige Geist sprach zu ihren Herzen. LJ.62.4 Teilen

63

Die Schriftgelehrten mussten einsehen, dass ihre Erwartungen hinsichtlich des Messias durch das Wort der Weissagung nicht gestützt wurden. Sie wollten jedoch die Lehrpunkte, die ihrem Ehrgeiz falsche Hoffnungen erweckt hatten, nicht widerrufen. Sie wollten nicht zugeben, dass ihre Auslegung der heiligen Schriften auf Irrtum aufgebaut war. Sie fragten sich gegenseitig: Woher hat dieser Jüngling sein Wissen, da er doch keine Schule besuchte? Ja, das Licht schien in der Finsternis, die Finsternis aber „hat’s nicht ergriffen“. Johannes 1,5. LJ.63.1 Teilen

Unterdessen befanden sich Maria und Joseph in großer Sorge und Unruhe. Beim Verlassen Jerusalems hatten sie Jesus aus den Augen verloren; sie wußten nicht, dass er in der Stadt zurückgeblieben war. Das Land war damals dicht bevölkert, und die Karawanen aus Galiläa waren sehr groß. Es gab viel Durcheinander, als sie die Stadt verließen. Auf dem Wege nahm die Freude, mit Freunden und Bekannten zu reisen, ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch, und erst bei Anbruch des Abends bemerkten sie seine Abwesenheit; denn als sie zur Rast anhielten, vermißten sie die helfende Hand ihres Jungen. Doch sie waren immer noch unbesorgt, da sie ihn unter ihrer Reisegesellschaft vermuteten. Jung wie er war, hatten sie ihm blind vertraut, und sie hatten erwartet, dass er, wenn nötig, bereit wäre, ihnen zu helfen, indem er ihre Wünsche vorausahnte, so wie er es stets getan hatte. Doch nun erwachten ihre Ängste. Sie suchten ihn überall unter ihrer Reisegesellschaft, aber vergebens. Schaudernd fiel ihnen ein, wie Herodes versucht hatte, das Jesuskindlein zu töten. Trübe Ahnungen erfüllten ihre Herzen, und sie machten sich wegen ihrer Sorglosigkeit große Vorwürfe. LJ.63.2 Teilen

Sie kehrten nach Jerusalem zurück und setzten hier ihr Suchen fort. Als sie am nächsten Tag auch den Tempel aufsuchten und sich unter die Gläubigen mischten, fesselte eine vertraute Stimme ihre Aufmerksamkeit. Sie konnten sich nicht irren; keine Stimme war der seinen gleich, so feierlich, ernst und dennoch angenehm klang sie. LJ.63.3 Teilen

64

Sie fanden Jesus in der Schule der Rabbiner. Trotz ihrer großen Freude konnten sie doch ihre Angst und Sorge nicht gleich verwinden. Als sie miteinander allein waren, sagte Maria zu dem Knaben, und ein leiser Vorwurf schwang in ihren Worten: „Mein Sohn, warum hast du uns das getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.“ Lukas 2,48. LJ.64.1 Teilen

„Was ist’s, dass ihr mich gesucht habt?“ erwiderte Jesus. „Wisset ihr nicht, dass ich sein muss in dem, das meines Vaters ist?“ Lukas 2,49. Dabei zeigte er nach oben, weil er sah, dass Maria und Joseph seine Worte nicht verstanden. Sein Angesicht glänzte, so dass die Eltern sich wunderten. Die Gottheit Jesu durchleuchtete den Menschensohn. Als sie ihn im Tempel fanden, hatten auch sie dem gelauscht, was sich zwischen ihm und den Schriftgelehrten abspielte, und sie hatten sich über seine Fragen und Antworten gewundert. Seine Worte weckten in ihnen eine Reihe von Gedanken, die sie niemals wieder vergessen konnten. LJ.64.2 Teilen

Seine Frage an sie erteilte ihnen eine Lektion. „Wisset ihr nicht, dass ich sein muss in dem, das meines Vaters ist?“ Lukas 2,49. Jesus war dabei, das zu erfüllen, wozu er in die Welt gekommen war, doch Joseph und Maria hatten ihre Aufgabe vernachlässigt. Gott hatte ihnen große Ehre erwiesen, indem er ihnen seinen Sohn anvertraute. Heilige Engel hatten den Lebensweg Josephs gelenkt, um Jesu Leben zu schützen. Dennoch hatten Joseph und Maria für einen ganzen Tag den aus den Augen verloren, den sie doch keinen Augenblick vergessen sollten. Und als ihre Besorgnis sich endlich als grundlos erwies, haben sie nicht etwa sich selbst Vorwürfe gemacht, sondern ihm die Schuld gegeben. LJ.64.3 Teilen

Es war verständlich, dass Maria und Joseph Jesus als ihr eigenes Kind betrachteten. Er war täglich bei ihnen, sein Leben glich in vieler Hinsicht dem der anderen Kinder, so dass es ihnen schwer fiel, in ihm den Sohn Gottes zu sehen. Sie liefen Gefahr, die ihnen gewährte Segnung der Gegenwart des Heilandes der Welt zu unterschätzen. Der Schmerz, den sie bei der Trennung von ihm empfanden, und der gelinde Vorwurf, den seine Worte enthielten, sollte ihnen die Heiligkeit des ihnen Anvertrauten eindringlich nahebringen. LJ.64.4 Teilen

65

In der Antwort an seine Mutter zeigte Jesus zum ersten Mal, dass ihm seine enge Beziehung zu Gott bewußt war. Vor seiner Geburt hatte der Engel zu Maria gesagt: „Der wird groß sein und ein Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird ein König sein über das Haus Jakob ewiglich.“ Lukas 1,32.33. Diese Worte hatte Maria in ihrem Herzen hin und her bewegt; doch während sie daran glaubte, dass ihr Kind der Messias Israels sein sollte, blieb ihr seine Sendung unverständlich. Auch jetzt begriff sie seine Worte nicht, doch sie wußte, dass er auf seine verwandtschaftliche Bindung zu Joseph verzichtet und sich als Sohn Gottes bekannt hatte. LJ.65.1 Teilen

Jesus verleugnete keineswegs seine enge Beziehung zu seinen irdischen Eltern. Er kehrte mit ihnen von Jerusalem nach Hause zurück und half ihnen auch bei ihren Alltagspflichten. Das Geheimnis seines Auftrags verbarg er in seinem Herzen und wartete gehorsam auf den vorgesehenen Zeitpunkt, um sein Werk aufzunehmen. Achtzehn Jahre lang, seit er sich als der Sohn Gottes zu erkennen gegeben hatte, achtete er die Bindung, die ihn eng mit dem Zuhause in Nazareth verband, und erfüllte gewissenhaft die Pflichten eines Sohnes, Bruders, Freundes und Bürgers. LJ.65.2 Teilen

Als Jesus im Tempel mit seiner Aufgabe vertraut gemacht worden war, zog er sich von der Menge zurück. Er wünschte ohne Aufhebens mit jenen von Jerusalem nach Hause zurückzukehren, die das Geheimnis seines Lebens kannten. Durch den Passahgottesdienst wollte Gott sein Volk von seinen irdischen Sorgen ablenken und sie an sein wunderbares Eingreifen erinnern, als er sie aus der Hand der Ägypter befreite. In diesem Geschehen sollten sie eine Verheißung der Befreiung von der Sünde erkennen. Wie das Blut des getöteten Lammes ihre Häuser in Ägypten geschützt hatte, so sollte auch das Blut Christi ihre Seelen bewahren. Doch sie konnten durch Christus nur gerettet werden, indem sie wahrhaft seinem Leben nacheiferten. Das war der Sinn des symbolischen Dienstes, der die Gottesdienstteilnehmer zu Christus als ihrem persönlichen Heiland wies. Gott wollte, dass sie dahin kommen sollten, über Christi Sendung voller Andacht nachzudenken. Doch sobald die Menge Jerusalem verließ, nahmen die Aufregung der Reise und der gesellige Umgang allzuoft ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch, so dass der Gottesdienst, den sie erlebt hatten, bald vergessen war. Der Heiland war für ihre Gesellschaft nicht interessant genug. LJ.65.3 Teilen

66

Da Joseph und Maria mit Jesus allein von Jerusalem zurückkehren würden, hoffte er ihre Gedanken auf die Weissagungen von dem leidenden Heiland lenken zu können. Auf Golgatha suchte er den Schmerz seiner Mutter zu lindern. Jetzt nun musste er besonders an sie denken. Maria würde Zeugin seines letzten Ringens sein, und Jesus wollte, dass sie seine Sendung verstand, damit sie darin bestärkt würde, auszuharren, wenn das Schwert ihre Seele durchdringen würde. Lukas 2,35. Wie Jesus von ihr getrennt worden war, und sie ihn mit Schmerzen drei Tage gesucht hatte, so wäre er auch dann wieder für sie drei Tage verlorengegangen, wenn er für die Sünden der Welt geopfert würde. Und wenn er aus dem Grab käme, würde sich ihre Trauer wieder in Freude verwandeln. Doch wie viel besser würde sie den Schmerz über seinen Tod ertragen haben, wenn sie die Texte verstanden hätte, auf die er jetzt ihre Gedanken zu lenken suchte! LJ.66.1 Teilen

Hätten sich Maria und Joseph durch ein eifriges und innigeres Gebetsleben mit Gott verbunden, so würden sie die Heiligkeit des ihnen anvertrauten Jünglings besser erkannt haben, und sie hätten Jesus nimmermehr aus den Augen verloren. Durch die Nachlässigkeit eines Tages verloren sie den Heiland, und sie mussten drei Tage mit Kummer und Sorgen suchen, ehe sie ihn wiederfanden. So ergeht es auch uns. Durch unnützes, törichtes Geschwätz oder durch Vernachlässigen des Gebets können wir in kurzer Zeit die Gegenwart des Heilandes verlieren, und es mögen dann viele Tage schmerzlichen Suchens vergehen, ehe wir ihn wiederfinden und auch den verlorenen Frieden wieder gewinnen. LJ.66.2 Teilen

Wir müssen auch in unserem Verkehr miteinander darauf bedacht sein, Jesus nicht aus den Augen zu verlieren oder ganz zu vergessen. Lassen wir uns von den irdischen Dingen so sehr in Anspruch nehmen, dass wir keine Gedanken mehr für ihn haben, in dem doch unsere ganze Hoffnung auf ein ewiges Leben gipfelt, trennen wir uns von dem Herrn und seinen himmlischen Heerscharen. Diese heiligen Wesen können nicht sein, wo der Heiland unerwünscht ist und wo seine Abwesenheit nicht bemerkt wird. Darum ist auch bei den Namenschristen häufig eine so überaus große geistliche Entmutigung zu finden. LJ.66.3 Teilen

67

Viele wohnen einer gottesdienstlichen Handlung bei und werden durch das Wort Gottes erfrischt und belebt. Weil sie aber zuwenig nachdenken, zuwenig „wachen und beten“, verlieren sie bald wieder den Segen und fühlen sich verlassener als je zuvor. Oft glauben sie dann, Gott behandle sie zu hart; sie sehen nicht, dass die Schuld allein bei ihnen liegt. Indem sie sich von dem Heiland trennten, haben sie auch das Licht seiner Gegenwart ausgeschlossen. LJ.67.1 Teilen

Es würde für uns gut sein, täglich eine stille Stunde über das Leben Jesu nachzudenken. Wir sollten das ganze Erleben Jesu auf Erden in allen Einzelheiten, besonders aber die letzten Tage, an unserem inneren Auge vorüberziehen lassen. Wenn wir in dieser Weise bei dem Opfer verweilen, das er für uns gebracht hat, wird unser Vertrauen zu ihm wachsen, unsere Liebe zu ihm lebendiger werden, und am Ende werden wir tiefer mit seinem guten Geist erfüllt sein. Wenn wir gerettet werden wollen, müssen wir am Fuße des Kreuzes Reue und wahre Demut lernen. LJ.67.2 Teilen

Indem wir miteinander verbunden sind, werden wir uns gegenseitig zum Segen sein. Wenn wir Christus angehören, werden unsere lieblichsten Gedanken von seinem Geist erfüllt sein. Wir werden gern von ihm sprechen, und indem wir einander von seiner Liebe erzählen, werden unsere Herzen durch göttlichen Einfluß angerührt werden [engl.: erweicht]. Indem wir die Schönheit seines Wesens betrachten, werden wir „verklärt in sein Bild von einer Herrlichkeit zur andern“. 2.Korinther 3,18. LJ.67.3 Teilen

Kapitel 9: Tage der Auseinandersetzung
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Von klein auf war das jüdische Kind von den Forderungen der Rabbiner gleichsam eingeschlossen. Strenge Vorschriften regelten jede Handlung bis zu den geringfügigsten Dingen des Lebens. In den Synagogen unterrichteten Lehrer die Jugend in den zahllosen Satzungen, deren Befolgung von ihr als rechtgläubige Juden erwartet wurde. Doch Jesus konnte dem nichts abgewinnen. Von Kindheit an handelte er unabhängig von den Gesetzen der Rabbiner. Sein ständiges Studium galt den Schriften des Alten Testaments, und die Worte: „So spricht der Herr“ führte er stets im Munde. LJ.68.1 Teilen

Als ihm die Lage seines Volkes zum Bewußtsein kam, stellte er fest, dass die Erfordernisse der Gesellschaft und die Gebote Gottes in ständigem Widerspruch miteinander standen. Die Menschen wandten sich vom Worte Gottes ab und begeisterten sich für selbsterfundene Lehren. Sie richteten sich nach traditionellen Bräuchen, die keinerlei Wert besaßen. Ihr Gottesdienst bestand lediglich aus Zeremonien; doch die heiligen Wahrheiten, die diese lehren sollten, blieben den Anbetenden verborgen. Jesus erkannte, dass die Menschen bei diesem glaubenslosen Gottesdienst keinen Frieden fanden. Die Freiheit des Geistes, die ihnen zuteil würde, wenn sie Gott in Wahrheit dienten, war ihnen unbekannt. Jesus war gekommen, um die Menschen zu lehren, was Anbetung Gottes bedeutet. Er konnte deshalb der Vermengung menschlicher Vorschriften mit den göttlichen Geboten nicht zustimmen. Zwar griff er die Weisungen und Handlungen der gelehrten Lehrer nicht an, wurde er aber wegen seiner eigenen schlichten Gewohnheiten getadelt, dann rechtfertigte er sein Verhalten durch Gottes Wort. LJ.68.2 Teilen

Die Menschen, mit denen Jesus in Berührung kam, versuchte er durch ein ruhiges und entgegenkommendes Verhalten zu erfreuen. Wegen seines sanftmütigen und zurückhaltenden Wesens meinten die Schriftgelehrten und Ältesten ihn leicht durch ihre Lehren beeinflussen zu können. Sie drängten ihn, doch die Lehren und Überlieferungen anzunehmen, die von den Schriftgelehrten aus alter Zeit übermittelt worden waren; er aber fragte nach deren Grund in der Heiligen Schrift. Er war stets gewillt, auf jedes Wort zu hören, das aus dem Munde Gottes kam, er wollte aber keinen menschlichen Überlieferungen gehorchen. Jesus schien die gesamte Heilige Schrift zu kennen, und er bot sie ihnen in ihrer wahren Bedeutung dar. Die Schriftgelehrten waren beschämt, dass ein Kind sie belehrte. Sie erklärten, dass es ihres Amtes sei, die Schrift auszulegen, und dass er verpflichtet sei, ihre Auslegung anzunehmen. Sie waren unwillig darüber, dass er ihren Worten Widerstand entgegensetzte. LJ.68.3 Teilen

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Sie wußten, dass ihre Traditionen in der Schrift nicht begründet waren, und sie erkannten wohl, dass Jesus ihnen mit seinem geistlichen Verständnis weit voraus war. Dennoch waren sie verärgert, weil er ihren Satzungen nicht gehorchte. Als sie ihn nicht zu überzeugen vermochten, suchten sie Joseph und Maria auf und teilten diesen mit, dass Jesus sich weigere, ihren Vorstellungen zu folgen. Also wurde er getadelt und gerügt. LJ.69.1 Teilen

Schon sehr bald hatte Jesus seine Charakterbildung in die eigene Hand genommen. Selbst die Achtung vor seinen Eltern und die Liebe zu ihnen brachte ihn nicht vom Gehorsam gegenüber dem Worte Gottes ab. Handelte er anders, als es sonst in der Familie üblich war, so begründete er dies mit einem „Es steht geschrieben“. Der Einfluß der Rabbiner erschwerte jedoch sein Leben. Bereits in jungen Jahren musste er die harte Lektion lernen, zu schweigen und geduldig auszuharren. LJ.69.2 Teilen

Seine Brüder, wie die Söhne Josephs genannt wurden, stellten sich auf die Seite der Rabbiner. Sie bestanden darauf, dass die Überlieferungen ebenso befolgt werden müßten wie die Gebote Gottes. Ja, sie schätzten diese Vorschriften sogar höher als Gottes Wort. Jesu klare Unterscheidung zwischen falsch und wahr empfanden sie als großes Ärgernis; seinen strikten Gehorsam gegenüber dem göttlichen Gesetz verurteilten sie als Eigensinn. Sie waren allerdings überrascht, welche Kenntnis und welches Wissen er an den Tag legte, wenn er den Rabbinern antwortete, wußten sie doch, dass er von diesen weisen Männern nicht unterwiesen worden war. Es war vielmehr offensichtlich, dass er selbst sie belehrte. Dass Jesu Ausbildung besser war als ihre eigene, erkannten sie wohl, doch nahmen sie nicht wahr, dass er Zugang zum Lebensbaum besaß, zu einer Erkenntnisquelle, die ihnen fremd war. LJ.69.3 Teilen

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Christus sonderte sich nicht ab und hatte gerade dadurch den Pharisäern erheblichen Anstoß gegeben, dass er in dieser Beziehung von ihren strengen Regeln abwich. Er stellte fest, dass der Bereich der Religion von hohen Mauern umschlossen war, als sei er zu heilig für das Alltagsleben. Diese Trennmauern riß er nieder; denn wenn er mit Menschen in Berührung kam, fragte er nicht: „Was glaubst du? Welcher Religionsgemeinschaft gehörst du an?“ Er half vielmehr allen, die Hilfe brauchten. Statt sich wie ein Einsiedler abzusondern, um dadurch sein frommes Wesen sehen zu lassen, wirkte er ernsthaft zum Wohle der Menschen. Er schärfte ihnen den Grundsatz ein, dass schriftgemäße Religion nicht in der Abtötung des Leibes bestehe und dass reine und unbefleckte Religion nicht nur zu besonderen Zeiten und bei besonderen Anlässen ausgeübt werden sollte. Immer und überall bekundete er sein liebevolles Interesse für die Menschen und verbreitete das Licht einer heiteren Frömmigkeit um sich. Den Pharisäern war all dies anstößig; denn es brachte an den Tag, dass Religion nicht aus Selbstsucht besteht und dass ihre krankhafte pharisäische Hingabe an das eigene Interesse weit von wahrer Frömmigkeit entfernt ist. Das hatte ihre Feindschaft gegen Jesus geweckt, denn sie wollten ihn unbedingt zum Gehorsam gegenüber ihren Satzungen zwingen. LJ.70.1 Teilen

Jedes Leid, das Jesus sah, versuchte er zu lindern. Er konnte zwar nur wenig Geld spenden, dafür verzichtete er häufig auf Nahrung, um denen zu helfen, die bedürftiger zu sein schienen als er. Seine Brüder spürten, dass sein Einfluß den ihrigen bei weitem aufwog. Er verfügte über ein Taktgefühl wie niemand von ihnen, ja, keiner trug danach Verlangen. Wenn sie arme und niedergedrückte Menschen barsch angefahren hatten, dann suchte Jesus gerade sie mit ermutigenden Worten wieder aufzurichten. Wer in Not war, den erquickte er mit einem Trunk kühlen Wassers und gab wie selbstverständlich für ihn die eigene Mahlzeit hin. Wenn er Leid linderte, dann paßten die Wahrheiten, die er verkündete, genau zu seinen Liebestaten und prägten sich so dem Gedächtnis fest ein. LJ.70.2 Teilen

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Dies alles mißfiel seinen Brüdern. Weil sie älter waren als er, meinten sie, er müsse ihnen gehorchen. Deshalb warfen sie ihm vor, er bilde sich ein, ihnen überlegen zu sein, und tadelten ihn, er stelle sich über ihre Lehrer, die Priester und die Oberen des Volkes. Oft bedrohten sie ihn und versuchten sogar, ihn einzuschüchtern. Er aber ließ sich nicht darin beirren, nur den heiligen Schriften zu folgen. LJ.71.1 Teilen

Jesus liebte seine Brüder und war gleichbleibend freundlich zu ihnen. Sie jedoch waren eifersüchtig auf ihn und zeigten ihm offen ihren Unglauben und ihre Verachtung. Sie konnten sein Verhalten einfach nicht begreifen, spürten sie doch die großen Gegensätze in seinem Leben. Einmal war er als Sohn Gottes göttlichen Wesens, andererseits aber war er ein hilfloses Kind. Ihm als Weltenschöpfer gehörte die Erde, andererseits war die Armut sein ständiger Lebensbegleiter. Seine Würde und sein Persönlichkeitsbewußtsein hatten nichts mit irdischem Stolz und Hochmut zu tun. Er strebte nicht nach weltlicher Größe, sondern war mit der niedrigsten Stellung zufrieden. Auch darüber ärgerten sich seine Brüder. Sie konnten sich seine heitere Ruhe bei allen Prüfungen und Entbehrungen nicht erklären, wußten sie doch nicht, dass er unserthalben arm geworden war, damit wir „durch seine Armut reich“ würden. 2.Korinther 8,9. Das Geheimnis seiner Sendung konnten sie nicht besser verstehen als die Freunde Hiobs dessen Erniedrigung und Leiden. LJ.71.2 Teilen

Jesus wurde von seinen Brüdern mißverstanden, weil er anders war als sie. Sein Maßstab war nicht der ihrige. Weil sie auf Menschen schauten, hatten sie sich von Gott abgekehrt, dessen Kraft ihrem Leben ermangelte. Die religiösen Formen, die sie beachteten, vermochten den Charakter nicht zu ändern. Zwar verzehnteten sie „Minze, Dill und Kümmel“, ließen aber „das Wichtigste im Gesetz, nämlich das Recht, die Barmherzigkeit und den Glauben“, dahinten. Matthäus 23,23. Jesu Beispiel war ihnen ein ständiges Ärgernis; denn er haßte nur eines auf der Welt — die Sünde. Wurde er Zeuge eines Unrechts, so konnte er den Schmerz, den er darüber empfand, nicht verbergen. Unübersehbar war der Gegensatz zwischen den nur äußerlich Frommen, die hinter dem Schein der Heiligkeit die Liebe zur Sünde versteckten, und einem Charakter, dem der Eifer um die Ehre Gottes über alles ging. Weil durch sein Leben das Böse verurteilt wurde, stieß Jesus innerhalb und außerhalb seiner Familie auf Widerspruch. Seiner Selbstlosigkeit und Rechtschaffenheit wegen wurde er verhöhnt. Seine Nachsicht und Freundlichkeit wurde als Feigheit gedeutet. LJ.71.3 Teilen

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Von all der Bitternis, die das Los der meisten Menschen ist, blieb Christus nichts erspart. Es gab Menschen, die ihn wegen seiner Geburt verachteten. Schon als Kind bedachten sie ihn mit verächtlichen Blicken und übler Nachrede. Hätte er auch nur mit einem einzigen ungeduldigen Wort oder Blick darauf reagiert oder hätte er seinen Brüdern gegenüber durch ein einziges Unrecht nachgegeben, dann wäre er kein makelloses Vorbild mehr gewesen. Dann aber hätte er den Plan zu unserer Erlösung nicht durchführen können. Hätte er eingeräumt, dass es für die Sünde eine Entschuldigung gäbe, dann wäre Satan Sieger geworden und die Welt verlorengegangen. Aus diesem Grunde gestaltete der Versucher Jesu Leben so schwierig wie möglich, um ihn zur Sünde zu verführen. LJ.72.1 Teilen

Auf jede Versuchung antwortete Jesus jedoch: „Es steht geschrieben!“ Selten tadelte er das Unrecht seiner Brüder, es sei denn, er hatte ihnen ein Wort Gottes auszurichten. Oft wurde er der Feigheit bezichtigt, weil er sich weigerte, in bösen Dingen mit ihnen gemeinsame Sache zu machen. Auch dann lautete seine Antwort: Es steht geschrieben: „Siehe, die Furcht des Herrn, das ist Weisheit, und meiden das Böse, das ist Einsicht.“ Hiob 28,28. LJ.72.2 Teilen

Manche suchten seine Gesellschaft; denn sie fühlten sich bei ihm geborgen. Viele jedoch mieden ihn, weil sie sich durch sein makelloses Leben getadelt vorkamen. Seine jugendlichen Kameraden drängten ihn, so zu leben wie sie. Sie hielten sich gern in seiner Nähe auf, weil er heiter und fröhlich war, und sie freuten sich über seine Anregungen. Seine Gewissensbedenken wiesen sie jedoch mit Ungeduld zurück und behaupteten, er sei engherzig und verbohrt. Auch darauf lautete Jesu Antwort: Es steht geschrieben: „Wie wird ein junger Mann seinen Weg unsträflich gehen? Wenn er sich hält an deine Worte ... Ich behalte dein Wort in meinem Herzen, damit ich nicht wider dich sündige.“ Psalm 119,9.11. LJ.72.3 Teilen

Oft fragte man ihn: Warum willst du eigentlich in allen Dingen unbedingt anders sein als wir? Es steht geschrieben, entgegnete er: „Wohl denen, die ohne Tadel leben, die im Gesetz des Herrn wandeln! Wohl denen, die sich an seine Mahnungen halten, die ihn von ganzem Herzen suchen, die auf seinen Wegen wandeln und kein Unrecht tun.“ Psalm 119,1-3. LJ.72.4 Teilen

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Fragte man ihn, weshalb er nicht an den Possen der jungen Leute von Nazareth teilnahm, antwortete er: Es steht geschrieben: „Ich freue mich über den Weg, den deine Mahnungen zeigen, wie über großen Reichtum. Ich rede von dem, was du befohlen hast, und schaue auf deine Wege. Ich habe Freude an deinen Satzungen und vergesse deine Worte nicht.“ Psalm 119,14-16. LJ.73.1 Teilen

Jesus kämpfte nicht um sein Recht. Oft wurde ihm seine Arbeit unnötig erschwert, weil er entgegenkommend war und sich nicht beklagte. Er gab aber weder auf, noch ließ er sich entmutigen. Er war über solche Schwierigkeiten erhaben, als lebte er im Licht des Angesichtes Gottes. Er rächte sich auch nicht, wenn man ihn grob behandelte, sondern ertrug alle Beleidigungen mit Geduld. LJ.73.2 Teilen

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