Portrait von Ellen White
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Kapitel 1: Kurze Darstellung von Erfahrungen
Kapitel 1: Kurze Darstellung von Erfahrungen
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Vom 7. Februar bis 20. Mai 1868 Nachdem wir unser Heim erreicht hatten und der inspirierende Einfluss von Reisen und Arbeit nachließ, empfanden wir deutlich, wie sehr uns die Reise in den Osten angestrengt hatte. Viele drängten mich in Briefen, niederzuschreiben, was der Herr mir über ihren Fall gezeigt hatte. Und es gab viele andere Fälle, die ich noch nicht angesprochen hatte, die genauso wichtig und dringend waren. Aber in meiner schwachen Verfassung schien mir die Aufgabe, so viel zu schreiben, größer als ich verkraften konnte. Entmutigung überkam mich; ich war für einige Tage so schwach, dass ich oft ohnmächtig wurde. In diesem Zustand von Körper und Geist stellte ich meine Pflicht in Frage, so viel schreiben zu müssen, an so viele Personen, von denen einige äußerst unwürdig waren. Es schien mir, dass hier irgendwo ein Fehler liegen müsse. Z2.16 Teilen

Am Abend des 5. Februar sprach Bruder Andrews in unserem Gotteshaus zu den Leuten. Die meiste Zeit an jenem Abend befand ich mich in einem Zustand der Ohnmacht, gestützt von meinem Mann. Als Bruder Andrews von der Versammlung zurückkehrte, beteten sie ernstlich für mich, und ich fand Erleichterung. Jene Nacht schlief ich gut. Obgleich ich noch schwach war, fühlte ich mich am Morgen wunderbar befreit und ermutigt. Ich hatte geträumt, dass jemand mir einen Ballen weißen Stoffes brachte und mir gebot, daraus Kleider für Personen aller Größen und aller Wesenszüge und Lebensumstände herzustellen. Mir wurde gesagt, ich solle die Kleider zuschneiden und bereitlegen bis zu der Zeit, wo sie benötigt wurden. Ich hatte den Eindruck, dass viele dieser Leute, für die ich Kleider zuschneiden sollte, unwürdig waren. Ich fragte dann, ob das der letzte Stoffballen war, den ich zuschneiden sollte, aber man sagte mir, dass es nicht der letzte sei. Sobald ich mit diesem einen fertig war, gab es weitere zu verarbeiten. Die Menge Arbeit, die vor mir lag, entmutigte mich. Ich legte dar, dass ich bereits für mehr als 20 Jahre damit beschäftigt gewesen war, Kleider für andere zuzuschneiden. Doch meine Arbeit war nie gewürdigt worden, noch konnte ich sehen, dass viel Gutes dadurch bewirkt worden war. Ich sprach zu der Person, die mir den Stoff gebracht hatte, speziell über eine Frau, für die sie mir geboten hatte, ein Kleid zuzuschneiden. Ich sagte, dass sie das Kleid nicht achten und dass es ein Verlust an Zeit und Material sein würde, es ihr zu geben. Sie war sehr arm, ungebildet und unordentlich in ihren Gewohnheiten und würde es bald beschmutzen. Z2.16.1 Teilen

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Die Person sagte: „Schneide du die Kleider zu. Das ist deine Pflicht. Der Verlust ist nicht deiner, sondern meiner. Gott sieht nicht wie ein Mensch sieht. Er gibt die Arbeit aus, die er getan haben möchte, und du weißt nicht, ob dies oder jenes geraten wird. Es wird sich herausstellen, dass viele solch armer Seelen ins Himmelreich eingehen werden, während andere, die sich aller Segnungen des Lebens erfreuten, die guten Verstand und alle Vorzüge besaßen, um voranzukommen, zurückgelassen werden. Es wird gesehen werden, dass diese armen Seelen das wenige Licht, das sie besaßen, auslebten und die beschränkten Mittel in ihrer Reichweite in Anspruch nahmen und Fortschritte erzielten. Sie führten ein annehmbareres Leben als einige andere, die sich voller Erkenntnis und ausreichender Mittel erfreuten.“ Z2.17.1 Teilen

Ich hielt dann meine Hände empor, voller Schwielen vom Gebrauch der Schere, und sagte, dass ich bei dem Gedanken, weiter diese Arbeit verrichten zu müssen, nur davor zurückschrecken müsse. Wieder antwortete die Person: Z2.17.2 Teilen

„Schneide Kleider zu. Du bist noch nicht entlassen.“ Z2.17.3 Teilen

Mit Gefühlen großer Schwäche begab ich mich wieder an die Arbeit. Vor mir lag eine neue, glänzende Schere, die ich in Gebrauch nahm. Im Nu verließen mich die Gefühle der Müdigkeit und Entmutigung. Die Schere schnitt beinahe ohne jede Anstrengung meinerseits, und ich schnitt die Kleider mit Leichtigkeit aus, im Vergleich zu meiner früheren Arbeit. Z2.17.4 Teilen

Mit der Ermutigung, die dieser Traum mir vermittelt hatte, entschloss ich mich sofort, meinen Mann und Bruder Andrews nach Gratiot, Saginaw und Tuscola Counties zu begleiten und auf den Herrn zu vertrauen, dass er mir Kraft zur Arbeit geben würde. So verließen wir am 7. Februar unser Heim und fuhren 50 Meilen zu einer Verabredung in Alma. Hier arbeitete ich wie gewöhnlich, mit einem angenehmen Maß an Freiheit und Stärke. Die Freunde in Gratiot County zeigten Interesse zu hören; aber viele von ihnen sind weit zurück in der Gesundheitsreform und im Werk der Vorbereitung im Allgemeinen. Unter diesen Leuten bestand ein Mangel an Ordnung und Leistungsfähigkeit, die zum Gedeihen des Werkes und dem Geist der Botschaft notwendig sind. Bruder Andrews besuchte sie drei Wochen später und verbrachte eine gute Zeit mit ihnen. Ich will eine Tatsache nicht unerwähnt lassen, die mich sehr ermutigte. Ich hatte einer Familie ein sehr deutliches Zeugnis übermittelt, und es wurde zu ihrem Nutzen von ihnen angenommen. Wir fühlen weiterhin ein tiefes Interesse für diese Familie und wünschen sehr, dass sie sich des Wachstums im Herrn erfreuen möge, und obgleich wir über das Werk im Allgemeinen in Gratiot County etwas entmutigt sind, möchten wir gern den Geschwistern helfen, wenn sie willig sind, sich helfen zu lassen. Z2.17.5 Teilen

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Auf der Versammlung in Alma waren Geschwister aus St. Charles und Tittabawassee, Saginaw County, anwesend, die uns drängten, sie zu besuchen. Wir hatten nicht die Absicht gehabt, diese Gegend im Augenblick zu besuchen, sondern nur einen Besuch in Tuscola County, zu machen, wenn sich ein Weg öffnete. Da wir von Tuscola nichts hörten, entschlossen wir uns, Tittabawassee zu besuchen und mittlerweile in Tuscola County schriftlich anzufragen, ob wir dort gebraucht wurden. In Tittabawassee erlebten wir eine freudige Überraschung. Wir fanden dort ein größeres Gemeindehaus vor, das unsere Geschwister vor kurzem gebaut hatten, gut gefüllt mit Sabbathaltern. Die Geschwister schienen aufnahmebereit für unser Zeugnis zu sein, und wir erfreuten uns der Freiheit. Durch gewissenhafte Arbeit von Bruder A war an diesem Ort ein großes und gutes Werk verrichtet worden. Es hatte viel bitteren Widerstand und Verfolgung gegeben, aber diese schienen bei jenen, die kamen um zu hören, hinwegzuschmelzen, und unsere Arbeit schien auf alle einen guten Eindruck zu machen. Ich wohnte elf Versammlungen in einer Woche an diesem Ort bei, sprach verschiedene Male ein bis zwei Stunden und nahm teil an anderen Versammlungen. In einer Versammlung erging ein Aufruf an Verschiedene, die den Sabbat hielten, voranzugehen und das Kreuz aufzunehmen. Ihre Pflicht war es, sich taufen zu lassen. In meinem letzten Gesicht hatte ich Plätze gesehen, wo die Wahrheit gepredigt und Gemeinden gegründet werden und die wir besuchen sollten. Dies war einer dieser Plätze. Die Fälle einiger in dieser Versammlung wurden mir eröffnet, und ein Geist der Arbeit für diese Seelen erfüllte mich, dem ich nicht widerstehen konnte. Ungefähr drei Stunden lang bemühte ich mich um sie mit Gefühlen größter Besorgnis. Bei jener Gelegenheit nahmen alle das Kreuz auf sich, kamen nach vorne zum Gebet, und beinahe alle sprachen. Am nächsten Tag wurden fünfzehn getauft. Z2.18.1 Teilen

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Niemand kann diese Seelen besuchen, ohne vom Wert der treuen Arbeit des Bruder A beeindruckt zu werden. Seine Arbeit sollte darin bestehen, an Orte zu gehen, wo die Wahrheit bisher noch nicht verkündigt wurde. Ich hoffe nur, dass unsere Geschwister ihre Bemühungen aufgeben, ihn von diesem speziellen Werk abzuberufen. Im Geist der Demut kann er hinausgehen, sich auf den Arm des Höchsten stützend, und viele Seelen von den Mächten der Finsternis befreien. Möge ihn Gottes Segen weiterhin begleiten. Z2.19.1 Teilen

Als unsere Serie von Versammlungen an diesem Ort fast beendet war, besuchte Bruder Spooner aus Tuscola diese Gegend. Durch ihn sandten wir eine Botschaft, als er am Montag zurückkehrte, und folgten ihm nach der Taufe am Dienstag. In Vassar hielten wir unsere Sabbatversammlung und am ersten Wochentag eine Versammlung im Unions-Schulgebäude. Hier konnten wir frei sprechen, und wir sahen gute Früchte unserer Arbeit. Am Sonntagnachmittag kamen ungefähr dreißig, die abgewichen waren, und Kinder, die noch kein Bekenntnis abgelegt hatten, nach vorne. Dies war eine sehr interessante und nutzbringende Versammlung. Einige hatten sich vom Werk zurückgezogen, für die wir uns besonders verpflichtet fühlten, zu beten. Aber die Zeit war bemessen, und es schien mir, als müssten wir unser Werk unvollendet verlassen. Wir hatten Verabredungen in St. Charles und Alma, und so mussten wir unsere Arbeit in Vassar am Montag beenden. Z2.19.2 Teilen

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In jener Nacht wurde mir das, was ich in einem Gesicht betreffs gewisser Personen in Tuscola gesehen hatte, in einem Traum wiederholt. Mehr als je war ich mir bewusst, dass die Arbeit für diese Leute nicht beendet war. Doch sah ich im Augenblick keinen anderen Weg, als unsere Verabredung einzuhalten. Am Dienstag fuhren wir zweiunddreißig Meilen nach St. Charles und verbrachten die Nacht bei Bruder Griggs. Hier schrieb ich fünfzehn Seiten Zeugnisse und wohnte der Versammlung am Abend bei. Mittwochmorgen beschlossen wir nach Tuscola zurückzufahren, wenn Bruder Andrews der Verabredung in Alma nachkommen würde. Er stimmte dem zu. An jenem Morgen schrieb ich fünfzehn weitere Seiten, nahm an einer Versammlung teil, auf der ich eine Stunde sprach, und wir fuhren mit Geschwister Griggs dreiunddreißig Meilen zu Bruder Spooners Haus in Tuscola. Donnerstagmorgen gingen wir nach Watrousville, sechzehn Meilen entfernt. Ich schrieb sechzehn Seiten und nahm teil an einer Abendversammlung, in welcher ich ein sehr bestimmtes Zeugnis an eine dort anwesende Person richtete. Am nächsten Morgen schrieb ich zwölf Seiten vor dem Frühstück, kehrte nach Tuscola zurück und schrieb weitere acht Seiten. Z2.20.1 Teilen

Am Sabbatvormittag sprach mein Mann und ich folgte mit zwei Stunden, ohne vorher gegessen zu haben. Die Versammlung wurde dann für einige Augenblicke unterbrochen. Ich aß etwas und sprach dann bei einem geselligen Beisammensein für eine Stunde und gab scharfe Zeugnisse für einige Anwesende. Diese wurden im Allgemeinen mit Gefühlen der Demut und Dankbarkeit angenommen, doch nicht von allen. Z2.20.2 Teilen

Am nächsten Morgen, als wir gerade zum Gotteshaus gehen wollten, um unsere anstrengende Tagesarbeit zu beginnen, kam eine Schwester, für welche ich ein Zeugnis gegeben hatte, dass ihr Taktgefühl und Vorsicht mangelte und dass sie nicht völlige Kontrolle über ihre Worte und Taten hatte, mit ihrem Mann und offenbarte Gefühle großer Unversöhnlichkeit und Aufgeregtheit. Sie fing an zu reden und zu weinen. Sie murmelte etwas, bekannte ein bisschen und rechtfertigte sich ganz beachtlich. Sie hegte eine verkehrte Ansicht über viele Dinge, die ich ihr vorgehalten hatte. Ihr Stolz war verletzt, weil ich ihre Fehler so öffentlich genannt hatte. Hier lag scheinbar die Hauptschwierigkeit. Aber weshalb sollte sie so empfinden? Die Geschwister wussten, dass die Dinge so standen. Ich erzählte ihnen nichts Neues. Doch zweifelte ich nicht daran, dass es für die Schwester selbst neu war. Sie besaß keine Selbsterkenntnis und konnte ihre eigenen Worte und Handlungen nicht richtig beurteilen. Dies ist im gewissen Maß bei allen so. Deshalb besteht die Notwendigkeit treuen Tadels in der Gemeinde, und dass alle ihre Glieder eine Liebe zum klaren Zeugnis entwickeln. Z2.20.3 Teilen

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Ihr Mann schien beleidigt zu sein, weil ich ihre Fehler öffentlich vor der Gemeinde getadelt hatte und sagte, dass, wenn Schwester White den Anweisungen unseres Herrn in Matthäus 18,15-17 gefolgt wäre, würde er sich nicht verletzt fühlen. „Sündigt aber dein Bruder an dir, so gehe hin und strafe ihn zwischen dir und ihm allein. Hört er dich, so hast du deinen Bruder gewonnen. Hört er dich nicht, so nimm noch einen oder zwei zu dir, auf dass alle Sache bestehe auf zweier oder dreier Zeugen Mund. Hört er die nicht, so sage es der Gemeinde. Hört er die Gemeinde nicht, so halt ihn als einen Zöllner oder Heiden.“ Matthäus 18,15-17. Z2.21.1 Teilen

Mein Mann erklärte dann, dass er diese Worte unseres Herrn so verstehen müsse, dass sie sich auf Fälle von persönlichen Vergehen beziehen und nicht auf den Fall dieser Schwester zutreffe. Sie hatte sich nicht an Schwester White versündigt. Was gerügt worden war, waren öffentliche Verkehrtheiten, welche das Wohlergehen der Gemeinde und des Werkes in Gefahr brachten. Hier sagte mein Mann, ist der Text, der auf diesen Fall zutrifft: „Die da sündigen, die strafe vor allen, auf dass sich auch die anderen fürchten.“ 1.Timotheus 5,20. Z2.21.2 Teilen

Der Bruder anerkannte seinen Irrtum gleich einem Christen und schien versöhnt in dieser Sache. Es war augenscheinlich, dass sie seit der Versammlung am Sabbatnachmittag viel über die Sache herumgeredet und sie ganz groß und falsch herausgestellt hatten. Es wurde deshalb vorgeschlagen, das geschriebene Zeugnis vorzulesen. Als das geschehen war, fragte die getadelte Schwester: „Entspricht das dem, was du gestern gesagt hast?“ Ich antwortete, dass dem so sei. Sie schien erstaunt zu sein und dem geschriebenen Zeugnis zuzustimmen. Ich gab es ihr, ohne eine Kopie für mich zu nehmen. Hier handelte ich verkehrt. Aber ich hegte so zärtliche Gefühle für sie und ihren Mann und wünschte so sehr ihr Wohlergehen, dass ich in diesem Fall eine feste Gewohnheit fallen ließ. Z2.21.3 Teilen

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Die Zeit, wo die Versammlung beginnen sollte, war bereits verstrichen und wir hasteten anderthalb Meilen zum Gotteshaus, wo man auf uns wartete. Der Leser mag darüber urteilen, ob die Szene am Morgen dazu diente, dass wir uns sammeln und auf unsere Arbeit vorbereiten konnten. Aber wer denkt darüber nach? Einige mögen es tun und ein wenig Barmherzigkeit walten lassen. Aber die Erregten und Achtlosen werden uns mit ihren Bürden und Schwierigkeiten überfallen, im Allgemeinen gerade unmittelbar bevor wir eine Ansprache halten sollen oder wenn wir vom Sprechen ganz erschöpft sind. Mein Mann sammelte jedoch alle Kraft, und als er aufgefordert wurde, sprach er über das Gesetz in Verbindung mit dem Evangelium. Ich hatte eine Einladung erhalten, am Nachmittag im neuen Gotteshaus zu sprechen, das kürzlich von den Methodisten gebaut und eingeweiht worden war. Dieses geräumige Gebäude war bis zum letzten Platz besetzt und viele mussten stehen. Ich sprach mit Freiheit ungefähr anderthalb Stunden über das erste der zwei großen Gebote, die unser Herr wiederholte, und war erstaunt, dass es das gleiche Thema war, worüber der methodistische Prediger am Vormittag gesprochen hatte. Er und seine Gemeindeglieder waren nun zugegen, um zu hören, was ich zu sagen hatte. Z2.22.1 Teilen

Am Abend hatten wir im Haus von Bruder Spooner eine segensreiche Unterhaltung mit den Brüdern Miller, Hatch und Haskell und den Schwestern Sturges, Bliss, Harrison und Malin. Wir empfanden nun, dass unsere Aufgabe für den Augenblick in Tuscola County beendet war. Wir fühlten großes Interesse für diese lieben Seelen, fürchteten aber, dass die zuvor erwähnte Schwester, für die ich ein Zeugnis hatte, Satan Einlass gewähren und ihnen Schwierigkeiten bereiten könnte. Wie sehr wünschte ich, dass sie die Sache im rechten Licht sehen möchte. Ihr Verhalten zerstörte ihren Einfluss in der Gemeinde und außerhalb derselben. Würde sie den benötigten Tadel annehmen und sich demütig bemühen, Fortschritte zu machen, könnte sie wieder die Herzen für sich gewinnen und die Leute würden ihr Christentum höher einschätzen. Und was noch besser ist, sie könnte sich des wohlwollenden Lächelns ihres teuren Erlösers erfreuen. Würde sie das Zeugnis völlig annehmen? So fragte ich mich ängstlich. Ich musste befürchten, dass sie es nicht tun würde, und dass die Geschwister an jenem Platz um ihretwillen betrübt sein würden. Z2.22.2 Teilen

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Nachdem ich daheim angelangt war, bat ich um eine Kopie des Zeugnisses, und am 15. April erhielt ich folgende Mitteilung, datiert vom 11. April 1868, Denmark: „Schwester White, dein Schreiben vom 23. letzten Monats liegt vor. Es tut mir leid, ich kann deiner Bitte nicht nachkommen.“ Z2.23.1 Teilen

Ich hege immer noch die zärtlichsten Gefühle für diese Familie und wäre froh, ihnen helfen zu können. Es ist wahr, dass ich über die Behandlung, die mir von jenen widerfährt, für die ich mein Leben hingeben würde, traurig bin. Aber mein Weg ist mir deutlich vorgeschrieben, dass ich mich durch solche Dinge nicht von meiner Pflicht abhalten lassen darf. Als ich von der Post mit der obigen Nachricht nach Hause kam und sehr niedergeschlagen war, nahm ich die Bibel und öffnete sie mit dem Gebet, dass ich Trost und Unterstützung finden möge. Mein Auge ruhte direkt auf folgenden Worte des Propheten: „So begürte nun deine Lenden und mache dich auf und predige ihnen alles, was ich dich heiße. Erschrick nicht vor ihnen, auf dass ich dich nicht erschrecke vor ihnen; denn ich will dich heute zur festen Stadt, zur eisernen Säule, zur ehernen Mauer machen im ganzen Lande, wider die Könige Juda‘s, wider ihre Fürsten, wider ihre Priester, wider das Volk im Lande, dass, wenn sie gleich wider dich streiten, sie dennoch nicht sollen wider dich siegen; denn ich bin bei dir, spricht der Herr, dass ich dich errette.“ Jeremia 1,7-19. Z2.23.2 Teilen

Von dieser Reise kehrten wir nach Hause zurück, gerade rechtzeitig, um einem fürchterlichen Regen, der den Schnee wegschmelzen ließ, zu entgehen. Dieser Sturm verhinderte die Versammlung am folgenden Sabbat. Ich begann sofort Material für Zeugnis Nr. 14 vorzubereiten. Wir hatten ebenfalls das Vorrecht, für unseren lieben Bruder King zu sorgen, den wir zu uns nach Hause holten, der durch einen schweren Unfall am Kopf und Gesicht ernsthaft verletzt war. Wir nahmen ihn mit nach Hause und dachten, er werde sterben. Wir hielten es nicht für möglich, dass jemand mit einem so schrecklichen Schädelbruch mit dem Leben davonkommen könnte. Aber mit Gottes Segen, sehr vorsichtiger Wasseranwendung und sehr sparsamer Diät, bis die Gefahr von Fieber vorüber war, und guter Ventilation Tag und Nacht, war er nach drei Wochen imstande, nach Hause zurückzukehren und seiner Farmertätigkeit nachzukommen. Von Anfang bis zu Ende hatte er nicht einen Tropfen Medizin zu sich genommen. Obwohl er durch hohen Blutverlust von seinen Wunden und die eingeschränkte Nahrungsaufnahme noch sehr geschwächt war, erstarkte er rasch, als er wieder mehr essen konnte. Z2.23.3 Teilen

24

Um diese Zeit begannen wir für unsere Geschwister und Freunde in der Nähe von Greenville zu wirken. Wie an vielen Plätzen, benötigten unsere Geschwister auch hier Hilfe. Es gab dort einige, die zwar den Sabbat hielten, aber nicht zur Gemeinde gehörten, und andere, die den Sabbat aufgegeben hatten und Hilfe brauchten. Wir fühlten uns gedrungen, diesen armen Seelen beizustehen. Doch die vergangene Handlungsweise und die gegenwärtige Stellung der leitenden Glieder der Gemeinde in Verbindung mit diesen Seelen machte es uns beinahe unmöglich, sie anzusprechen. In ihrer Arbeit mit den Irrenden waren einige unserer Brüder zu streng, zu verletzend in ihren Bemerkungen. Wenn dann einige dazu neigten, ihren Rat zu verwerfen und sich von ihnen zu trennen, sagten sie: „Gut, wenn sie gehen wollen, lasst sie gehen.“ Weil Jesu bekenntliche Nachfolger solch einen Mangel an Mitgefühl, Geduld und Zärtlichkeit offenbarten, mussten diese armen, irrenden, unerfahrenen Seelen, von Satan angefochten, ja Schiffbruch im Glauben erleiden. Wie schwerwiegend die Verkehrtheiten und Sünden der Irrenden auch sein mögen, unsere Brüder müssen lernen, nicht nur das Zartgefühl des großen Seelenhirten zu offenbaren, sondern auch seine unermüdliche Sorge und Liebe für die armen, abgeirrten Schafe. Unsere Prediger schaffen und belehren Woche um Woche und freuen sich, wenn ein paar Seelen die Wahrheit annehmen. Und dann gibt es Brüder, die in ihrer unüberlegten, entschlossenen Art in fünf Minuten ihr Bemühen zunichte machen können, die Gefühle hegen, welche zu Äußerungen gleich diesen führen: „Gut, wenn sie uns verlassen wollen, lasst sie gehen.“ Z2.24.1 Teilen

25

Wir fanden heraus, dass wir für die zerstreuten Schafe in unserer Umgebung nichts tun konnten, ehe wir nicht die Verkehrtheiten in vielen von unseren Gemeindegliedern korrigiert hatten. Sie hatten diese armen Seelen gehen lassen. Sie empfanden keine Seelenlast für sie. Sie hatten sich faktisch abgekapselt und starben einen geistlichen Tod aus Mangel an geistlicher Übung. Sie liebten weiterhin das Werk im Allgemeinen und waren bereit, es zu unterstützen. Sie sorgten gut für Gottes Diener. Aber sie versäumten entschieden, für die Witwen, Waisen und die Schwachen der Herde zu sorgen. Neben einigem Interesse am Werk im Allgemeinen, war nur wenig Interesse an irgendjemand vorhanden, außer ihrer eigenen Familie. Mit einer so eingeengten Religion waren sie einem geistlichen Tod verfallen. Z2.25.1 Teilen

Es waren etliche da, die den Sabbat hielten, den Versammlungen beiwohnten, sich an systematischer Wohltätigkeit beteiligten, aber nicht zur Gemeinde gehörten. Und es ist eine Tatsache, dass sie nicht tauglich waren, zu irgendeiner Gemeinde zu gehören. Aber während leitende Gemeindeglieder eine Stellung einnahmen, die ihnen nur wenig oder keine Ermutigung vermittelte, war es ihnen fast unmöglich, sich in der Kraft Gottes zu erheben und Fortschritte zu machen. Als wir mit der Gemeinde zu arbeiten begannen und sie belehrten, dass sie für die Irrenden arbeiten müssten, eröffnete sich manches vor mir, dass mir über das Werk an diesem Platz gezeigt worden war. Ich schrieb treffende Zeugnisse, nicht nur für jene, die geirrt hatten und sich außerhalb der Gemeinde befanden, sondern auch für jene Gemeindeglieder, die sehr geirrt hatten, indem sie nicht nach den verlorenen Schafen suchten. Und ich war nie mehr enttäuscht über die Art und Weise, wie diese Zeugnisse angenommen wurden. Wenn diejenigen, die sich sehr verfehlt hatten, öffentlich streng durch die Zeugnisse gerügt wurden, nahmen sie dieselben an und bekannten unter Tränen. Einige in der Gemeinde jedoch, die den Anspruch erhoben, ergebene Freunde des Werkes und der Zeugnisse zu sein, konnten es kaum für möglich halten, dass sie so verkehrt waren, wie die Zeugnisse sie ausgewiesen hatten. Wenn ihnen gesagt wurde, dass sie nur an sich und ihre Familie dachten; dass sie versäumt hätten, sich um andere zu sorgen; dass sie sich unnahbar verhielten; dass sie kostbare Seelen dem Verderben überließen; dass sie anmaßend und selbstgerecht waren — gerieten sie in große Erregung und Schwierigkeit. Z2.25.2 Teilen

26

Doch diese Erfahrung war genau das, was sie benötigten, um sie Nachsicht gegen andere zu lehren, die sich in ähnlichen prüfenden Situationen befanden. Es gibt viele, die sich sicher sind, dass sie keine Schwierigkeiten mit den Zeugnissen haben. Sie empfinden so, bis sie geprüft werden. Sie finden es befremdlich, dass irgendjemand daran zweifeln kann. Sie verfahren streng mit denen, die zweifeln, und sie selbst verletzen sie und üben rücksichtslos Kritik an ihnen, um ihren Eifer für die Zeugnisse zu zeigen, wobei sie mehr Selbstgerechtigkeit als Demut offenbaren. Tadelt der Herr aber ihre Fehler, erweisen sie sich als schwach wie Wasser. Sie können die Prüfung nur schwer ertragen. Sie sollten dadurch Demut, Selbsterniedrigung, Zartgefühl und unendliche Liebe zu den Irrenden lernen. Z2.26.1 Teilen

Es scheint mir, dass der Herr an die Irrenden, die Schwachen und Zitternden und selbst an jene, die von der Wahrheit abgefallen sind, einen besonderen Aufruf ergehen lässt, sich der Herde völlig anzuschließen. Aber es gibt nur wenige in unseren Gemeinden, die das erkennen. Noch weniger sind derer, die bereit sind, solchen zu helfen. Es gibt weit mehr, die diesen armen Seelen direkt im Wege stehen. Sehr viele offenbaren einen Geist der Strenge. Sie fordern von ihnen, erst diesen und jenen Bedingungen nachzukommen, ehe sie ihnen eine helfende Hand reichen wollen. So halten sie die Seelen eine Armlänge von sich entfernt. Sie haben nicht gelernt, dass sie eine spezielle Pflicht haben, nach diesen verlorenen Schafen zu suchen. Sie dürfen nicht warten bis sie zu ihnen kommen. Lest das rührende Gleichnis vom verlorenen Schaf. „Es nahten aber zu ihm allerlei Zöllner und Sünder, dass sie ihn hörten. Und die Pharisäer und Schriftgelehrten murrten und sprachen: Dieser nimmt die Sünder an und isset mit ihnen. Er sagte aber zu ihnen dies Gleichnis und sprach: Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat und, so er der eines verliert, der nicht lasse die neunundneunzig in der Wüste und hingehe nach dem verlorenen, bis dass er‘s finde? Und wenn er‘s gefunden hat, so legt er‘s auf seine Achseln mit Freuden. Und wenn er heimkommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn und spricht zu ihnen: Freuet euch mit mir; denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war. Ich sage euch: Also wird auch ‚Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, vor neunundneunzig Gerechten, die der Buße nicht bedürfen.“ Lukas 15,1-7. Z2.26.2 Teilen

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Die Pharisäer murrten darüber, dass Jesus die Zöllner und gewöhnlichen Sünder annahm und mit ihnen aß. In ihrer Selbstgerechtigkeit verachteten sie diese armen Sünder, die freudig Jesu Worte annahmen. Um diesen Geist der Schriftgelehrten und Pharisäer zu rügen und eine eindrucksvolle Lehre für alle zu erteilen, gab der Herr das Gleichnis vom verlorenen Schaf. Beachtet besonders die folgenden Einzelheiten: Z2.27.1 Teilen

Die neunundneunzig Schafe bleiben zurück und es wird fleißig nach dem einen Verlorenen gesucht. Alle Bemühungen konzentrieren sich auf dieses unglückliche Schaf. So sollten sich alle Anstrengungen der Gemeinde jenen Gliedern zuwenden, die sich von Christi Herde getrennt haben. Wenn sie sich weit entfernt haben, wartet nicht bis sie zurückkommen, um ihnen dann zu helfen, sondern sucht nach ihnen. Z2.27.2 Teilen

Als das verlorene Schaf gefunden worden war, wurde es mit Freuden nach Hause getragen, und viel Freude folgte. Dies illustriert die gesegnete, frohe Arbeit zugunsten der Irrenden. Eine Gemeinde, die dieses Werk erfolgreich in Angriff nimmt, ist eine glückliche Gemeinde. Jener Mann und jene Frau, die sich voll Liebe und Mitleid der Irrenden annehmen, und die arbeiten, um sie zur Herde des großen Hirten zurückzubringen, tun ein segensreiches Werk. Und, welch ein entzückender Gedanke ist es doch, dass im Himmel über diesen einen geretteten Sünder mehr Freude herrscht als über neunundneunzig Gerechte! Selbstsüchtige, unnahbare, strenge Seelen, die sich zu fürchten scheinen jenen zu helfen, die sich im Irrtum befinden, als ob sie sich dadurch besudeln würden, schmecken nicht die Süße dieses Missionswerkes. Sie empfinden nicht jene Glückseligkeit, die den ganzen Himmel erfüllt, wenn das Eine gerettet wird, das verirrt war. Sie sind in ihren engstirnigen Ansichten und Gefühlen gefangen und werden so trocken und unfruchtbar, wie die Hügel von Gilboa, denen es an Tau und Regen fehlte. Sollte sich ein starker Mann von der Arbeit enthalten, so würde er schwach. Jene Gemeinde oder jene Personen, die sich weigern, Lasten für andere zu tragen, die sich von anderen abschließen und nur sich selbst leben, werden bald geistliche Schwäche erleiden. Arbeit erhält den kräftigen Mann stark. Und geistliche Arbeit, Mühe und Tragen von Lasten wird der Gemeinde Christi Stärke verleihen. Z2.27.3 Teilen

28

Am Sabbat, den 18., und am ersten Wochentag, den 19. April, erfreuten wir uns unseres Zusammenseins mit unseren Geschwistern in Greenville. Die Brüder A und B waren bei uns. Mein Mann taufte acht Seelen. Am 25. und 26. besuchten wir die Gemeinde in Wright. Diese lieben Geschwister sind immer bereit, uns willkommen zu heißen. Hier taufte mein Mann acht Seelen. Z2.28.1 Teilen

Am 2. Mai trafen wir eine große Versammlung im Gotteshaus in Monterey an. Mein Mann sprach klar und kraftvoll über das Gleichnis vom verlorenen Schaf. Das Wort war ein großer Segen für alle Versammelten. Einige hatten sich verirrt und befanden sich außerhalb der Gemeinde, und niemand kümmerte sich um sie. Tatsächlich war die starre, strenge und gefühlslose Haltung einiger Gemeindeglieder dazu angetan, ihre Rückkehr zu verhindern, falls sie gerne gekommen wären. Der Gegenstand berührte die Herzen aller, und alle zeigten den Wunsch, sich zu ändern. Am ersten Wochentag sprachen wir dreimal in Allegan zu einer aufmerksamen Zuhörerschaft. Unser ursprünglicher Plan war gewesen, am 9. mit der Gemeinde in Battle Creek zusammenzutreffen. Da wir jedoch fühlten, dass unser Werk in Monterey gerade erst begonnen hatte, entschlossen wir uns, nach dort zurückzukehren und mit jener Gemeinde eine weitere Woche zu arbeiten. Ein gutes Werk begann, das unsere Erwartungen übertraf. Das Haus war angefüllt, und wir hatten nie zuvor solch ein Werk in Monterey in so kurzer Zeit erlebt. Am ersten Wochentag kamen fünfzig Seelen nach vorne zum Gebet. Geschwister zeigten sich tief bewegt um der verlorenen Schafe willen. Sie bekannten ihre Kälte und Gleichgültigkeit und nahmen eine gute Haltung ein. Die Brüder G.T. Lay und S. Rummery legten ein gutes Zeugnis ab und wurden freudig von ihren Brüdern aufgenommen. Vierzehn Seelen wurden getauft, einer von ihnen ein Mann im mittleren Lebensalter, der zuvor der Wahrheit widerstanden hatte. Das Werk ging voran in Feierlichkeit, mit Bekenntnissen und vielen Tränen, das alle mit sich fortriss. So fanden die schwierigen Arbeiten dieses Konferenzjahres ihren Abschluss. Doch hatten wir immer noch das Empfinden, dass das gute Werk in Monterey keinesfalls beendet war. Wir haben versprochen, zurückzukehren und einige Wochen in Allegan County zu verbringen. Z2.28.2 Teilen

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Die Konferenz, die gerade vorüber ist, war eine Zeit tiefsten Interesses. Mein Mann arbeitete hart während dieser zahlreichen Zusammenkünfte. Er benötigte Ruhe. Die Geschwister betrachten unsere Arbeiten während des vergangenen Jahres günstig, und auf der Konferenz wurde uns Mitgefühl, zärtliche Fürsorge und Wohltätigkeit bewiesen. Wir haben uns großer Freiheit erfreut und wir scheiden in gegenseitigem Vertrauen und Liebe voneinander. Z2.29.1 Teilen

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