Portrait von Ellen White
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Kapitel 29: Der Ursprung des Bösen
Kapitel 29: Der Ursprung des Bösen
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Vielen Menschen ist der Ursprung der Sünde und die Ursache ihres Daseins eine Quelle großer Verwirrung. Sie sehen das Werk der Sünde mit seinen schrecklichen Folgen, dem Kummer und der Verwüstung, und sie fragen sich, wie dies alles unter der Herrschaft des Einen bestehen kann, dessen Weisheit, Macht und Liebe unendlich ist. Das ist ein Geheimnis, für das sie keine Erklärung finden können. Und in ihrer Ungewißheit und ihrem Zweifel sind sie blind gegenüber den so deutlich in Gottes Wort offenbarten und zur Erlösung so wesentlichen Wahrheiten. Es gibt Menschen, die bei ihrem Forschen über das Dasein der Sünde Dinge zu ergründen suchen, die Gott nie offenbart hat. Daher finden sie auch keine Lösung ihrer Schwierigkeiten; und solche Menschen, die mit einem Hang zum Zweifeln oder zu Spitzfindigkeiten behaftet sind, führen diese Schwierigkeiten als Entschuldigung dafür an, dass sie die Worte der Heiligen Schrift verwerfen. Andern fehlt ein befriedigendes Verständnis der wichtigen Frage über die Sünde, weil herkömmliche Überlieferungen und falsche Auslegungen die Lehren der Bibel über das Wesen Gottes, die Art und Weise seiner Regierung und die Grundsätze seines Verfahrens mit der Sünde verdunkelt haben. GK.495.1 Teilen

Es ist unmöglich, den Ursprung der Sünde so zu erklären, dass dadurch eine Begründung für ihr Dasein gegeben würde. Doch kann genug von dem Ursprung und dem endgültigen Schicksal der Sünde verstanden werden, um die Gerechtigkeit und die Güte Gottes in seinem ganzen Verfahren mit dem Bösen völlig zu offenbaren. Die Heilige Schrift lehrt nichts deutlicher, als dass Gott in keiner Hinsicht für das Eindringen der Sünde verantwortlich war, und dass zum Entstehen einer Empörung weder ein willkürliches Entziehen der göttlichen Gnade noch eine Unvollkommenheit in der göttlichen Regierung Anlaß gab. Die Sünde ist ein Eindringling, für dessen Erscheinen wir keine Ursache angeben können. Sie ist geheimnisvoll, seltsam, sie zu entschuldigen, hieße sie zu verteidigen. Wäre ihr Dasein zu entschuldigen oder zu begründen, so hörte sie auf, Sünde zu sein. Unsere einzige Auslegung der Sünde entnehmen wir dem Worte Gottes: sie ist „Übertretung des Gesetzes“, sie ist die Ausübung eines Grundsatzes, der mit dem großen Gesetz der Liebe, das die Grundlage der göttlichen Regierung bildet, in Feindschaft steht. GK.495.2 Teilen

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Ehe das Böse Eingang fand, walteten Friede und Freude im ganzen Weltall. Alles befand sich in vollkommener Harmonie mit dem Willen des Schöpfers. Die Liebe zu Gott war über alles erhaben, die Liebe zueinander rein in ihren Beweggründen. Christus, das Wort, der eingeborene Sohn Gottes, war eins mit dem ewigen Vater — eins in Natur, eins in seinem Wesen und eins in seinem Vorhaben —, das einzige Wesen im ganzen Weltall, das mit allen Ratschlüssen und Absichten Gottes vertraut war. Durch Christus wirkte der Vater bei der Erschaffung aller himmlischen Wesen. „Durch ihn ist alles geschaffen, was im Himmel ... ist, das Sichtbare und Unsichtbare, es seien Throne oder Herrschaften oder Fürstentümer oder Obrigkeiten.“ Kolosser 1,16. Und der ganze Himmel gelobte Christus und dem Vater Treue und Gehorsam. GK.496.1 Teilen

Da das Gesetz der Liebe die Grundlage der Regierung Gottes war, so hing das Glück aller erschaffenen Wesen von ihrer vollkommenen Übereinstimmung mit den erhabenen Grundsätzen der Gerechtigkeit ab. Gott sieht bei allen seinen Geschöpfen auf den Dienst der Liebe, auf eine Huldigung, die einer einsichtsvollen Wertschätzung seines Charakters entspringt. Er hat kein Gefallen an erzwungener Treue. Er verleiht allen Menschen Willensfreiheit, damit sie ihm freiwillig dienen können. GK.496.2 Teilen

Einer war jedoch da, der es vorzog, diese Freiheit zu verfälschen. Die Sünde hatte ihren Ursprung bei dem, der nächst Christus am meisten von Gott geehrt worden war, und der unter den Bewohnern des Himmels an Macht und Ehre am höchsten stand. Vor seinem Fall war Luzifer der erste der schirmenden Engel, heilig und unbefleckt. „So spricht der Herr Herr: Du bist ein reinliches Siegel, voller Weisheit und aus der Maßen schön ... Du bist wie ein Cherub, der sich weit ausbreitet und decket; und ich habe dich auf den heiligen Berg Gottes gesetzt, dass du unter den feurigen Steinen wandelst. Du warst ohne Tadel in deinem Tun von dem Tage an, da du geschaffen wurdest, bis sich deine Missetat gefunden hat.“ Hesekiel 28,12-15. GK.496.3 Teilen

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Von allen Engelscharen geliebt und geehrt, hätte Luzifer in der Gunst Gottes bleiben und seine ganze hohe Begabung zum Segen anderer und zur Verherrlichung seines Schöpfers anwenden können. Aber der Prophet sagt: „Dein Herz erhob sich wegen deiner Schönheit, du verlorest deinen Verstand wegen deines Glanzes.“ Hesekiel 28,17 (v. Ess). Ganz allmählich kam in Luzifer die Neigung zur Selbsterhebung auf: „Weil sich denn dein Herz erhebt, als wäre es eines Gottes Herz.“ „Gedachtest du doch ...: ‚Ich will meinen Stuhl über die Sterne Gottes erhöhen; ich will mich setzen auf den Berg der Versammlung ... ich will über die hohen Wolken fahren und gleich sein dem Allerhöchsten‘.“ Hesekiel 28,6; Jesaja 14,13.14. Anstatt danach zu trachten, Gott durch die Anhänglichkeit und Treue seiner Geschöpfe über alles zu erhöhen, war es Luzifers Bestreben, ihren Dienst und ihre Huldigung für sich zu gewinnen. Und indem ihn nach der Ehre gelüstete, die der unendliche Vater seinem Sohne gegeben hatte, strebte dieser Engelfürst nach einer Macht, die ausschließlich Christus vorbehalten war. GK.497.1 Teilen

Der ganze Himmel hatte Freude daran gefunden, die Herrlichkeit des Schöpfers widerzustrahlen und seine Gerechtigkeit zu rühmen. Und während Gott auf diese Weise geehrt wurde, war alles von Friede und Freude erfüllt gewesen. Doch nun störte ein Mißton den himmlischen Einklang. Die Selbsterhebung und ihr Dienst, die dem Plan des Schöpfers zuwider sind, erweckten unheilvolle Vorahnungen in Gemütern, denen die Verherrlichung Gottes das Höchste bedeutete. Der himmlische Rat verhandelte die Angelegenheit mit Luzifer. Der Sohn Gottes stellte ihm die Größe, Güte und Gerechtigkeit des Schöpfers und das heilige und unveränderliche Wesen seines Gesetzes vor Augen. Gott selbst habe die Ordnung des Himmels eingeführt, und Luzifer werde seinen Schöpfer verachten und sich ins Verderben stürzen, wenn er von dieser Ordnung abweiche. Aber die in unendlicher Liebe und Barmherzigkeit erteilte Warnung erregte nur den Geist des Widerstandes. Luzifer ließ sich von der Eifersucht gegen Christus beherrschen und handelte um so entschlossener. GK.497.2 Teilen

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Der Stolz auf seine Herrlichkeit nährte das Verlangen nach der Oberherrschaft. Die Luzifer erwiesenen hohen Ehren wurden von ihm nicht als Gabe Gottes anerkannt und stimmten ihn nicht dankbar gegen den Schöpfer. Er brüstete sich mit seiner Herrlichkeit und erhabenen Stellung und strebte danach, Gott gleich zu sein. Die himmlischen Heerscharen liebten und ehrten ihn. Engel fanden Freude daran, seine Anordnungen auszuführen, und er war mehr als sie alle mit Weisheit und Herrlichkeit ausgestattet. Dennoch war der Sohn Gottes der anerkannte Fürst des Himmels, eins mit dem Vater in Macht und Gewalt. An allen Ratschlüssen Gottes hatte Christus Anteil, während Luzifer nicht so tief in die göttlichen Absichten eingeweiht wurde. Warum, so fragte dieser gewaltige Engel, sollte Christus die Oberherrschaft haben? Warum wird er auf diese Weise höher geehrt als ich? GK.498.1 Teilen

Luzifer verließ seinen Platz in der unmittelbaren Nähe Gottes und ging hin und säte den Geist der Unzufriedenheit unter die Engel. Während er sein Werk unter geheimnisvoller Verschwiegenheit betrieb und seine wahren Absichten eine Zeitlang unter dem Anschein der Ehrfurcht vor Gott verbarg, versuchte er, Unzufriedenheit über die den himmlischen Wesen gegebenen Gesetze zu erregen und bedeutete ihnen, dass diese unnötige Einschränkungen auferlegten. Er behauptete, die Engel dürften, da sie von Natur heilig seien, auch den Eingebungen ihres eigenen Willens gehorchen. Er versuchte, Mitgefühl für sich selbst zu gewinnen, indem er das Geschehen so darstellte, als behandelte Gott ihn ungerecht, da er Christus die höchste Ehre erzeigte. Er gab vor, nicht nach Selbsterhebung zu trachten, wenn er nach größerer Macht und Ehre suche, sondern dass er die Freiheit für alle Bewohner des Himmels sichern wolle, damit sie dadurch eine höhere Daseinsstufe erreichen möchten. GK.498.2 Teilen

Gott trug Luzifer lange mit großer Barmherzigkeit. Er enthob ihn nicht sofort seiner hohen Stellung, als er begann, sich dem Geist der Unzufriedenheit zu ergeben, selbst dann noch nicht, als er seine falschen Ansprüche den getreuen Engeln unterbreitete. Gott duldete ihn noch lange Zeit im Himmel. Immer wieder wurde ihm unter der Bedingung, dass er bereute und sich unterwarf, Vergebung angeboten. So große Anstrengungen, wie sie nur unendliche Liebe und Weisheit ersinnen konnten, wurden unternommen, um ihn seines Irrtums zu überführen. Bisher hatte man im Himmel den Geist der Unzufriedenheit nicht gekannt. Luzifer selbst sah anfangs nicht, wohin es ihn trieb; er erkannte die wahre Natur seiner Gefühle nicht. Als dann die Grundlosigkeit seiner Unzufriedenheit nachgewiesen wurde, kam er zu der Überzeugung, dass er sich im Unrecht befand, dass die göttlichen Ansprüche gerecht waren und er sie als solche vor dem ganzen Himmel anerkennen müßte. Wäre er dem gefolgt, so hätte er sich selbst und viele Engel retten können; denn zu dieser Zeit hatte er seine Unterwürfigkeit gegen Gott noch nicht ganz fahren lassen. Obgleich er seine Stellung als schirmender Engel verlassen hatte, wäre er doch wieder in sein Amt eingesetzt worden, hätte er zu Gott zurückgefunden, die Weisheit des Schöpfers anerkannt und sich begnügt, den ihm nach dem erhabenen Plane Gottes zugeordneten Platz zu bekleiden. Aber sein Stolz hinderte ihn, sich zu unterwerfen. Er verteidigte beharrlich sein Verhalten, behauptete, keiner Buße zu bedürfen, und überließ sich völlig dem großen Streit mit seinem Schöpfer. GK.498.3 Teilen

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Er richtete nun alle Kräfte seines gewaltigen Geistes auf Täuschungen, um bei den Engeln, die unter seinem Befehl gestanden hatten, Mitgefühl zu erregen; sogar die Tatsache, dass Christus ihn gewarnt und ihm Rat erteilt hatte, wurde verdreht, um sie seinen verräterischen Zwecken dienstbar zu machen. Denen, deren liebevolles Vertrauen sie am innigsten mit ihm verband, hatte er vorgehalten, dass man ihn ungerecht beurteile, dass man seine Stellung nicht achte und dass seine Freiheit beschränkt werden solle. Von falschen Darstellungen der Worte Christi ging er auf Verdrehungen und schroffe Unwahrheiten über und beschuldigte den Sohn Gottes, ihn vor den Bewohnern des Himmels demütigen zu wollen. Auch suchte er Streitigkeiten zwischen sich und den treuen Engeln hervorzurufen. Alle, die er nicht verführen und völlig auf seine Seite ziehen konnte, klagte er an, gegen das Wohl der himmlischen Wesen gleichgültig zu sein. Gerade das Werk, das er selbst betrieb, legte er denen zur Last, die Gott treu blieben. Und um seiner Klage über Gottes Ungerechtigkeit gegen ihn Nachdruck zu geben, stellte er die Worte und Handlungen des Schöpfers falsch dar. Es lag in seiner Absicht, die Engel mit spitzfindigen Beweisführungen hinsichtlich der Absichten Gottes zu verwirren. Alles, was einfach war, hüllte er ins Geheimnisvolle und erregte durch listige Verdrehung Zweifel gegenüber den deutlichsten Aussagen des Allerhöchsten. Seine hohe Stellung in solch enger Verbindung mit der göttlichen Regierung verlieh seinen Vorspiegelungen eine um so größere Kraft und veranlaßte viele Engel, sich ihm bei der Empörung gegen die Herrschaft des Himmels anzuschließen. GK.499.1 Teilen

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Der allweise Gott gestattete es Satan, sein Werk weiterzuführen, bis der Geist der Unzufriedenheit zu offenem Aufruhr heranreifte. Seine Pläne mussten sich völlig entwickeln, damit ihr wahres Wesen und Streben von allen erkannt werden konnte. Luzifer hatte als der gesalbte Cherub eine außerordentlich hohe Stellung eingenommen; er war von den himmlischen Wesen sehr geliebt worden und hatte großen Einfluß auf sie ausgeübt. Gottes Regierung erstreckte sich nicht nur über die Geschöpfe des Himmels, sondern über die aller Welten, welche er geschaffen hatte, und Satan glaubte, falls er die Engel des Himmels mit in die Empörung hineinziehen könnte, würde er das gleiche auch auf den andern Welten zustande bringen. Mit außerordentlichem Geschick hatte er seine Stellung in der Angelegenheit dargelegt und Scheingründe und Betrug angewandt, um seine Absichten zu erreichen. Seine Macht, zu täuschen, war sehr groß, und indem er sich in ein Lügengewand kleidete, hatte er einen großen Vorteil gewonnen. Sogar die treuen Engel vermochten nicht völlig seinen Charakter zu durchschauen oder zu erkennen, wohin sein Werk führte. GK.500.1 Teilen

Satan war so hoch geehrt worden, und alle seine Handlungen waren so geheimnisumwittert, dass es seine Schwierigkeit hatte, den Engeln die wahre Natur seines Wirkens zu enthüllen. Bis zu ihrer völligen Entfaltung konnte die Sünde nicht so böse erscheinen, wie sie wirklich war. Vordem hatte sie keinen Platz in Gottes Weltall gehabt, und den heiligen Wesen war ihre Natur und Bösartigkeit unbekannt gewesen. Sie konnten die schrecklichen Folgen, die ein Beiseitesetzen des göttlichen Gesetzes nach sich ziehen würde, nicht erkennen. Satan hatte anfangs sein Werk unter einer scheinbaren Anhänglichkeit an Gott verborgen. Er gab vor, die Ehre Gottes, die Beständigkeit seines Reiches und das Wohl aller Himmelsbewohner fördern zu wollen. Während er den ihm untergeordneten Engeln Unzufriedenheit einflößte, wußte er sich sehr geschickt den Anschein zu geben, als wolle er jede Unzufriedenheit beseitigen. Als er darauf drang, dass Veränderungen an den Gesetzen und Verordnungen der Regierung Gottes vorgenommen werden sollten, geschah es unter dem Vorwand, dass sie notwendig seien, um die Eintracht des Himmels zu bewahren. GK.500.2 Teilen

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In dem Verfahren mit der Sünde konnte Gott nur mit Gerechtigkeit und Wahrheit vorgehen. Satan handelte, wie Gott nicht handeln konnte: durch Schmeichelei und Betrug. Er hatte versucht, das Wort Gottes zu verfälschen, und hatte den Plan seiner Regierung den Engeln falsch dargestellt, indem er behauptete, Gott sei nicht gerecht, wenn er den Bewohnern des Himmels Gesetze und Vorschriften auferlege; er wolle sich, indem er von seinen Geschöpfen Unterwürfigkeit und Gehorsam fordere, nur selbst erheben. Deshalb müsse sowohl den Bewohnern des Himmels als auch denen aller Welten klar gezeigt werden, dass Gottes Regierung gerecht und sein Gesetz vollkommen sei. Satan hatte sich den Anschein gegeben als suchte er selbst das Wohl des Weltalls zu fördern. Alle sollten den wahren Charakter dieses Aufrührers und dessen eigentliche Absichten verstehen, und deshalb musste er Zeit haben, sich durch seine gottlosen Werke zu offenbaren. GK.501.1 Teilen

Die Uneinigkeit, die durch sein Verhalten im Himmel entstanden war, legte Satan dem Gesetz und der Regierung Gottes zur Last. Alles Böse, erklärte er, sei die Folge der göttlichen Regierung. Er wolle die Satzungen Gottes verbessern. Deshalb war es notwendig, dass er das Wesen seiner Ansprüche entfaltete und die Wirkung seiner vorgeschlagenen Veränderungen am göttlichen Gesetz praktisch zeigte. Sein eigenes Werk musste ihn verdammen. Er hatte von Anfang an behauptet, er sei kein Empörer; daher musste das ganze Weltall den Betrüger entlarvt sehen. GK.501.2 Teilen

Selbst als es beschlossen war, dass Satan nicht länger im Himmel bleiben könnte, vernichtete ihn die unendliche Weisheit nicht. Da nur der Dienst der Liebe Gott angenehm sein kann, so muss sich die Treue seiner Geschöpfe auf die Überzeugung von seiner Gerechtigkeit und Güte gründen. Die Bewohner des Himmels und anderer Welten hätten, da sie unvorbereitet waren, das Wesen oder die Folgen der Sünde zu begreifen, die Gerechtigkeit und die Barmherzigkeit Gottes bei der Vernichtung Satans nicht erkennen können. Wäre er unmittelbar aus dem Dasein ausgetilgt worden, so hätten sie Gott mehr aus Furcht denn aus Liebe gedient. Weder wäre der Einfluß des Betrügers völlig verwischt noch der Geist der Empörung gänzlich ausgetilgt worden. Das Böse musste reifen. Zum Besten des gesamten Weltalls für ewige Zeiten musste Satan seine Grundsätze ausführlicher entfalten, damit alle erschaffenen Wesen seine Anklagen gegen die göttliche Regierung in ihrem wahren Lichte sehen und die Gerechtigkeit und die Barmherzigkeit Gottes sowie die Unveränderlichkeit seines Gesetzes für immer ohne allen Zweifel feststellen konnten. GK.501.3 Teilen

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Satans Empörung sollte dem Weltall für alle künftigen Zeiten eine Lehre sein, ein beständiges Zeugnis für die Natur und die schrecklichen Folgen der Sünde. Die Auswirkung der Grundsätze Satans und ihre Folgen auf Menschen und Engel sollten die Frucht der Mißachtung der göttlichen Allmacht zeigen. Sie mussten bezeugen, dass mit dem Bestehen der Regierung Gottes und seines Gesetzes die Wohlfahrt aller von ihm erschaffenen Wesen verbunden ist. So sollte die Geschichte dieses schrecklichen Empörungsversuches für alle heiligen Wesen eine beständige Schutzwehr sein, um sie vor der Täuschung zu bewahren, das Wesen der Übertretung, das Begehen der Sünde und das Erleiden der Strafe zu verkennen. GK.502.1 Teilen

In völligem Einverständnis legten Satan und seine Scharen die Verantwortung für ihre Empörung gänzlich Christus zur Last und behaupteten, sie hätten sich niemals aufgelehnt, wenn sie nicht gerügt worden wären. Da der Erzempörer und alle seine Anhänger hartnäckig und herausfordernd in ihrer Treulosigkeit verharrten, da sie sich vergeblich bemühten, die Regierung Gottes zu stürzen, und sich dennoch Gott gegenüber lästernd als unschuldige Opfer einer ungerechten Macht hinstellten, wurden sie schließlich aus dem Himmel verbannt. GK.502.3 Teilen

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Derselbe Geist, der die Empörung im Himmel anstiftete, erregt noch immer Aufruhr auf Erden. Satan verfolgt bei den Menschen denselben Plan, den er bei den Engeln anwandte. Sein Geist herrscht jetzt in den Kindern des Ungehorsams. Gleich ihm versuchen auch sie die Schranken des Gesetzes Gottes niederzureißen und versprechen den Menschen Freiheit durch die Übertretung seiner Verordnungen. Wegen der Sünde gerügt worden zu sein, erweckt noch immer den Geist des Hasses und des Widerstandes. Wirken Gottes Warnungsbotschaften auf das Gewissen, so verleitet Satan die Menschen, sich zu rechtfertigen und bei andern Teilnahme für ihr sündiges Leben zu suchen. Statt ihre Irrtümer zu berichtigen, erregen sie Unwillen gegen den Mahnenden, als sei er die einzige Ursache ihrer Schwierigkeit. Von den Tagen des gerechten Abel bis in unsere Zeit hat sich dieser Geist denen gegenüber offenbart, die es wagten, die Sünde zu rügen. GK.503.1 Teilen

Durch die gleiche falsche Darstellung des Wesens Gottes, deren Satan sich im Himmel bediente und die Gott als streng und herrschsüchtig abstempelte, verleitete er die Menschen zur Sünde. Und als er damit Erfolg hatte, behauptete er, Gottes ungerechte Einschränkungen hätten zum Fall der Menschen geführt, wie sie auch Anlaß zu seiner eigenen Empörung gewesen wären. GK.503.2 Teilen

Aber der Ewige selbst verkündet sein Wesen als „Herr, Herr, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue! der da bewahret Gnade in tausend Glieder und vergibt Missetat, Übertretung und Sünde, und vor welchem niemand unschuldig ist.“ 2.Mose 34,6.7. GK.503.3 Teilen

Durch die Verbannung Satans aus dem Himmel bekundete Gott seine Gerechtigkeit und behauptete die Ehre seines Thrones. Als aber der Mensch sündigte, weil er auf die Täuschungen dieses abgefallenen Engelfürsten einging, bewies Gott seine Liebe, indem er seinen eingeborenen Sohn für die gefallene Menschheit in den Tod gab. In der Versöhnung offenbart sich das Wesen Gottes. Das Kreuz ist für das ganze Weltall der mächtigste Beweis, dass das sündige Verhalten Luzifers in keiner Hinsicht der Herrschaft Gottes zur Last gelegt werden kann. GK.503.4 Teilen

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In dem Kampf zwischen Christus und Satan wurde während des irdischen Wirkens Jesu der Charakter des großen Betrügers entlarvt. Nichts hatte Satan so gründlich von der Zuneigung der himmlischen Engel und des ganzen dem Gesetz ergebenen Weltalls trennen können wie dieser grausame Streit gegen den Erlöser der Welt. Die vermessene Lästerung in seiner Forderung, Christus solle ihn anbeten, seine anmaßende Dreistigkeit, ihn auf den Bergesgipfel und die Tempelzinne zu tragen, die heimtückische Absicht, die in dem Vorschlag kund wurde, Christus solle sich von dieser schwindelnden Höhe hinabstürzen, die nie ruhende Bosheit, die ihn von Ort zu Ort verfolgte und die Herzen von Priestern und Volk anfeuerte, seine Liebe zu verwerfen, und schließlich der Schrei: „Kreuzige ihn! Kreuzige ihn!“ — dies alles erregte das Erstaunen und die Entrüstung des Alls. GK.504.1 Teilen

Satan verführte die Welt, dass sie Christus verwarf. Der Fürst des Bösen wandte alle seine Macht und Verschlagenheit an, Jesus zu verderben; denn er sah, dass des Heilandes Barmherzigkeit und Liebe, dass seine mitleidsvolle Zärtlichkeit und Teilnahme der Welt das Wesen Gottes veranschaulichten. Satan bestritt jeden Anspruch des Sohnes Gottes und benutzte Menschen als seine Werkzeuge, um das Leben des Heilandes mit Leiden und Sorge anzufüllen. Die Spitzfindigkeiten und Unwahrheiten, durch die er das Werk Christi zu hindern trachtete, der durch die Kinder des Ungehorsams bekundete Haß, Satans grausame Anschuldigungen gegen den, dessen Leben ein beispielloser Liebesdienst war, alles entsprang einem tiefeingewurzelten Rachegelüste. Das zurückgehaltene Feuer des Neides und der Bosheit, des Hasses und der Rachsucht brach auf Golgatha gegen den Sohn Gottes los, während der ganze Himmel in stillem Entsetzen auf dieses Geschehen herabblickte. GK.504.2 Teilen

Als das große Opfer vollbracht war, fuhr Christus auf zum Vater, weigerte sich jedoch, die Anbetung der Engel entgegenzunehmen, ehe er dem Vater die Bitte vorgelegt hatte: „Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast.“ Johannes 17,24. Dann kam mit unaussprechlicher Liebe und Macht die Antwort vom Throne Gottes: „Es sollen ihn alle Engel Gottes anbeten.“ Hebräer 1,6. Kein Makel ruhte auf Jesus. Als seine Erniedrigung zu Ende war und er sein Opfer vollbracht hatte, wurde ihm ein Name gegeben, der über alle Namen ist. GK.504.3 Teilen

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Nun wurde ersichtlich, dass es für Satans Vergehen keine Entschuldigung gab. Er hatte seinen wahren Charakter als Lügner und Mörder offenbart. Es erwies sich, dass er denselben Geist, mit dem er die unter seiner Macht stehenden Menschenkinder regierte, auch im Himmel bekundet hätte, wäre es ihm gestattet gewesen, über dessen Bewohner zu herrschen. Er hatte behauptet, die Übertretung des Gesetzes Gottes bringe Freiheit und Erhebung; statt dessen zeigte es sich, dass Knechtschaft und Entartung die Folge waren. GK.505.1 Teilen

Satans lügenhafte Anschuldigungen gegen den göttlichen Charakter und die göttliche Regierung erschienen in ihrem wahren Licht. Er hatte Gott beschuldigt, dieser fordere von seinen Geschöpfen um seiner eigenen Erhebung willen Unterwerfung und Gehorsam, und hatte erklärt, dass der Schöpfer, der doch von allen andern Selbstverleugnung erpresse, sie weder selbst übe noch Opfer bringe. Nun wurde offenbar, dass zum Heil der gefallenen und sündigen Menschen der Herrscher des Weltalls das größte Opfer gebracht hatte, das die Liebe zu bringen vermochte; „Denn Gott war in Christo und versöhnte die Welt mit ihm selber“. 2.Korinther 5,19. Man sah ferner, dass Luzifer durch sein Verlangen nach Ehre und Oberherrschaft der Sünde Einlaß verschafft hatte und dass Christus sich selbst demütigte und bis zum Tode gehorsam wurde, um die Sünde auszutilgen. GK.505.2 Teilen

Gott hatte seinen Abscheu gegen die Grundsätze der Empörung deutlich bekundet. Der gesamte Himmel sah sowohl in der Verdammung Satans als auch in der Erlösung des Menschen eine Offenbarung seiner Gerechtigkeit. Luzifer hatte erklärt, dass jeder Übertreter auf ewig von der Huld des Schöpfers ausgeschlossen sein müsse, wenn das Gesetz Gottes unveränderlich und seine Strafe unerläßlich sei. Er hatte behauptet, dass das sündige Geschlecht nicht erlöst werden könne und deshalb seine rechtmäßige Beute sei. Aber der Tod Christi war ein Beweis zugunsten der Menschen, der nicht widerlegt werden konnte. Die Strafe des Gesetzes fiel auf den, der Gott gleich war, und der Mensch konnte die Gerechtigkeit Christi annehmen und durch einen bußfertigen und demütigen Wandel über die Macht Satans siegen, wie auch der Sohn Gottes gesiegt hatte. Somit ist Gott gerecht und macht gerecht alle, die an Jesus glauben. GK.505.3 Teilen

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Christus kam jedoch nicht nur auf diese Erde, um durch sein Leiden und Sterben die Erlösung des Menschen zu vollbringen; er kam, um das „Gesetz herrlich und groß“ zu machen. Nicht allein, damit die Bewohner dieser Welt das Gesetz achten möchten, wie es ihm gebührt, sondern um allen Welten der ganzen Schöpfung zu beweisen, dass das Gesetz Gottes unveränderlich ist. Hätten seine Ansprüche beiseitegesetzt werden können, dann hätte der Sohn Gottes nicht sein Leben opfern müssen, um die Übertretung zu sühnen. Der Tod Christi beweist die Unveränderlichkeit des Gesetzes. Und das Opfer, zu dem die unendliche Liebe den Vater und den Sohn drang, damit Sünder erlöst werden möchten, zeigt dem ganzen Weltall — wie nichts Geringeres als dieser Erlösungsplan es hätte zeigen können —, dass Gerechtigkeit und Barmherzigkeit die Grundlage des Gesetzes und der Regierung Gottes sind. GK.506.1 Teilen

Bei der endgültigen Vollstreckung des Gerichts wird es sich herausstellen, dass kein Grund für die Sünde besteht. Wenn der Richter der ganzen Erde Satan fragen wird: Warum hast du dich wider mich empört und mich der Untertanen meines Reiches beraubt? Dann wird der Urheber des Bösen keine Entschuldigung vorbringen können. Aller Mund wird verstopft werden, und die aufrührerischen Scharen werden stumm bleiben. GK.506.2 Teilen

Während das Kreuz auf Golgatha das Gesetz als unveränderlich erklärt, verkündigt es der Welt, dass der Tod der Sünde Sold ist. Mit dem Todesruf des Heilandes: „Es ist vollbracht!“ wurde Satans Vernichtung angekündigt. Der große, so lange währende Streit wurde entschieden und die endgültige Austilgung der Sünde sichergestellt. Der Sohn Gottes ging durch die Tore des Todes, „auf dass er durch den Tod die Macht nehme dem, der des Todes Gewalt hatte, das ist dem Teufel“. Hebräer 2,14. Luzifers Verlangen nach Selbsterhebung hatte ihn verleitet, zu sagen: „Ich will ... meinen Stuhl über die Sterne Gottes erhöhen, ... ich will ... gleich sein dem Allerhöchsten.“ Gott sprach: „Darum will ich ... dich zu Asche machen auf der Erde, ... dass du ... nimmermehr aufkommen kannst.“ Jesaja 14,12.14; Hesekiel 28,18.19. „Denn siehe, es kommt ein Tag, der brennen soll wie ein Ofen; da werden alle Verächter und Gottlosen Stroh sein, und der künftige Tag wird sie anzünden, spricht der Herr Zebaoth, und wird ihnen weder Wurzel noch Zweige lassen.“ Maleachi 3,19. GK.506.3 Teilen

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Das ganze Weltall wird Zeuge des Wesens und der Folgen der Sünde geworden sein, und ihre gänzliche Ausrottung, die, wäre sie gleich am Anfang geschehen, die Engel in Furcht versetzt und Gott Schande gebracht hätte, wird nun seine Liebe rechtfertigen und seine Ehre vor allen Geschöpfen des Weltalls erheben, deren größte Freude es ist, seinen Willen zu tun, und in deren Herzen sein Gesetz geschrieben steht. Nie wird das Böse wieder auftreten. Das Wort Gottes sagt: „Es wird das Unglück nicht zweimal kommen.“ Nahum 1,9. Das Gesetz Gottes, das Satan als ein Joch der Knechtschaft geschmäht hat, wird als das Gesetz der Freiheit geehrt werden. Die geprüfte und bewährte Schöpfung wird nie wieder abfallen von ihrer Ergebenheit gegen den, dessen Wesen sich völlig in unergründlicher Liebe und unendlicher Weisheit offenbart hat. GK.507.1 Teilen

Kapitel 30: Feindschaft zwischen dem Menschen und Satan
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„Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe und zwischen deinem Samen und ihrem Samen. Derselbe soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen.“ 1.Mose 3,15. Der göttliche Richterspruch, der nach dem Fall des Menschen über Satan ausgesprochen wurde, war gleichzeitig eine Weissagung, die alle Zeitalter bis zum Ende dieser Welt umschließt und auf den großen Kampf hinweist, an dem sich alle Menschengeschlechter, die auf Erden wohnen, beteiligen würden. GK.508.1 Teilen

Gott erklärt: „Ich will Feindschaft setzen.“ Diese Feindschaft ist nicht von Natur aus gesetzt. Als der Mensch das göttliche Gesetz übertrat, wurde seine Natur böse, und er gelangte mit Satan in Übereinstimmung, nicht aber in Streit. Es besteht natürlicherweise keine Feindschaft zwischen dem sündigen Menschen und dem Urheber der Sünde. Beide wurden durch ihren Abfall böse. Der Abtrünnige gibt sich nie zufrieden, außer er erhält dadurch Mitgefühl und Stärkung, indem er andere veranlaßt, seinem Beispiel zu folgen. Aus diesem Grunde vereinen sich gefallene Engel und gottlose Menschen in verzweifelter Genossenschaft. Hätte sich Gott nicht ins Mittel gelegt, wären Satan und die Menschen ein Bündnis gegen den Himmel eingegangen, und statt Feindschaft gegen Satan zu hegen, würde sich die ganze menschliche Familie zum Aufstand gegen Gott vereint haben. GK.508.2 Teilen

Satan versuchte den Menschen zur Sünde, wie er die Engel zur Empörung veranlaßt hatte, um sich dadurch Helfer in seinem Kampf gegen den Himmel zu sichern. Es bestand keine Uneinigkeit zwischen ihm und den gefallenen Engeln, was ihren Haß gegen Christus betrifft; wenn auch in allen andern Dingen Zwietracht herrschte, so waren sie doch fest vereint in ihrer Auflehnung gegen die Oberhoheit des Weltenherrschers. Als aber Satan die Erklärung hörte, dass zwischen ihm und dem Weibe, zwischen seinem Samen und ihrem Samen Feindschaft bestehen sollte, wußte er, dass seine Anstrengung, die menschliche Natur zu verderben, unterbrochen und der Mensch durch irgendein Mittel befähigt würde, seiner Macht zu widerstehen. GK.508.3 Teilen

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Satans Feindschaft wider die Menschen wurde dadurch erregt, weil diesen durch Christus die Liebe und Barmherzigkeit Gottes gehört. Er möchte den göttlichen Plan zur Erlösung des Menschen vereiteln und Schmach auf Gott häufen, indem er das Schöpfungswerk entstellt und verunreinigt; er möchte im Himmel Leid hervorrufen und die Erde mit Weh und Verwüstung erfüllen und dann auf all diese Übel hinweisen, die nur eine Folge davon seien, dass Gott den Menschen geschaffen habe. GK.509.1 Teilen

Die dem Menschen von Christus verliehene Gnade erweckt im Menschen Feindschaft gegen Satan. Ohne diese bekehrende Gnade und erneuernde Kraft bliebe der Mensch ein Gefangener Satans; ein beflissener Diener, seine Befehle auszuführen. Aber das neue Element in der Seele schafft da Streit, wo bisher Friede gewesen war. Die Kraft, die Christus verleiht, befähigt den Menschen, dem Tyrannen und Thronräuber zu widerstehen. Wer bekundet, dass er die Sünde verabscheut, anstatt sie zu lieben, wer den ihn beherrschenden Leidenschaften widersteht und sie besiegt, offenbart die Wirksamkeit einer Kraft, die nur von oben kommt. GK.509.2 Teilen

Der Gegensatz, der zwischen dem Geist Christi und dem Satans besteht, offenbart sich äußerst überraschend beim Empfang Jesu auf Erden. Nicht so sehr deshalb, weil er ohne weltlichen Reichtum, ohne Prachtentfaltung oder Größe erschien, verwarfen ihn die Juden; sie sahen wohl, dass er eine Macht besaß, die für den Mangel dieser äußerlichen Vorzüge mehr als einen Ersatz zu leisten vermochte. Aber die Reinheit und Heiligkeit Christi rief den Haß der Gottlosen gegen ihn hervor. Sein Leben der Selbstverleugnung und sündlosen Hingabe war für das stolze und sinnliche Volk ein beständiger Vorwurf und forderte die Feindschaft gegen den Sohn Gottes heraus. Satan und böse Engel vereinigten sich mit bösen Menschen. Alle Kräfte des Abfalls verschworen sich gegen den Verteidiger der Wahrheit. GK.509.3 Teilen

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Gegen die Nachfolger Christi offenbart sich der gleiche Geist der Feindschaft wie gegen ihren Meister. Wer das abschreckende Wesen der Sünde sieht und in der Kraft von oben der Versuchung widersteht, wird sicherlich den Zorn Satans und seiner Anhänger erwecken. Haß gegen die reinen Grundsätze der Wahrheit und Schmach und Verfolgung gegen deren Verteidiger wird es geben, solange es Sünde und Sünder gibt. Die Nachfolger Christi und die Knechte Satans können nicht übereinstimmen. Das Ärgernis des Kreuzes hat nicht aufgehört. „Alle, die gottselig leben wollen in Christo Jesu, müssen Verfolgung leiden.“ 2.Timotheus 3,12. GK.510.1 Teilen

Satans Werkzeuge arbeiten beständig unter seiner Leitung, um seine Herrschaft zu festigen und sein Reich als Gegenstück zur Regierung Gottes aufzubauen. Zu diesem Zweck versuchen sie die Nachfolger Christi zu täuschen und sie von ihrer Untertanentreue abzuziehen. Gleich ihrem Anführer mißdeuten und verdrehen sie die Heilige Schrift, um ihren Zweck zu erreichen. Wie Satan zu schmähen suchte, so trachten seine Mittelsmänner danach, das Volk Gottes zu verleumden. Der Geist, der Christus ans Kreuz schlug, regt die Gottlosen an, seine Nachfolger zu verderben. Dies alles wird in jener ersten Weissagung angedeutet: „Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe und zwischen deinem Samen und ihrem Samen.“ Diese Feindschaft wird bis zum Ende der Zeit fortdauern. GK.510.2 Teilen

Satan bietet alle seine Kräfte auf und wirft sich mit ganzer Macht in den Kampf. Wie kommt es, dass er auf keinen größeren Widerstand stößt? Warum sind Christi Streiter so schläfrig und gleichgültig? Weil sie so wenig wirkliche Verbindung mit Christus haben; weil sie seines Geistes so gänzlich ermangeln. Die Sünde erscheint ihnen nicht, wie ihrem Meister, abschreckend und verabscheuungswürdig. Sie treten ihr nicht mit festem und entschiedenem Widerstand entgegen, wie Christus es tat. Sie erkennen nicht das außerordentlich Böse und Verderbliche der Sünde und sind sowohl hinsichtlich des Charakters wie auch der Macht des Fürsten der Finsternis verblendet. Es streiten nur wenige gegen Satan und seine Werke, weil über seine Macht und Bosheit und die weite Ausdehnung seiner Fehde gegen Christus und seine Gemeinde große Unkenntnis herrscht. Tausende werden hier betrogen. Sie wissen nicht, dass ihr Feind ein mächtiger Feldherr ist, der die Gemüter böser Engel beherrscht und mit reiflich überlegten Plänen und kunstvollen Maßnahmen gegen Christus Krieg führt, um die Rettung von Seelen zu verhindern. Unter denen, die sich Christen nennen, und sogar unter den Dienern des Evangeliums hört man kaum eine Bemerkung über Satan, es sei denn vielleicht eine beiläufige Erwähnung von der Kanzel herab. Man übersieht die Zeichen seiner beständigen Tätigkeit und seines Erfolges; man vernachlässigt die vielen Warnungen vor seiner Verschlagenheit, ja man scheint selbst von seinem Dasein keine Notiz zu nehmen. GK.510.3 Teilen

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Während die Menschen von seinen listigen Anschlägen nichts wissen, stellt dieser wachsame Feind ihnen jeden Augenblick nach. Er verschafft sich Eingang in jeden Teil der Haushaltung, in jede Straße unserer Städte, in die Kirchen, Beratungsräume, Gerichtshöfe; er verwirrt, täuscht, verführt und richtet überall Männer, Frauen und Kinder an Leib und Seele zugrunde, er löst Familien auf, sät Haß, Neid, Streit, Empörung und Mord. Und die Christenheit scheint diese Dinge zu betrachten, als hätte Gott sie angeordnet und als müßten sie so sein. GK.511.1 Teilen

Satan versucht beständig Gottes Volk zu überwinden, indem er die Schranken, die es von der Welt trennen, niederreißt. Die Israeliten des Alten Bundes wurden zur Sünde verleitet, als sie es wagten, mit den Heiden verbotenen Umgang zu pflegen. In ähnlicher Weise wird das Israel der Neuzeit irregeleitet. Es hat „der Gott dieser Welt der Ungläubigen Sinn verblendet, dass sie nicht sehen das helle Licht des Evangeliums von der Klarheit Christi, welcher ist das Ebenbild Gottes“. 2.Korinther 4,4. Alle, die nicht entschiedene Nachfolger Christi sind, sind Knechte Satans. In dem verderbten Herzen herrscht Liebe zur Sünde und eine Neigung, sie zu pflegen und zu entschuldigen. In dem erneuerten Herzen dagegen leben Haß und entschlossener Widerstand gegen die Sünde. Begeben sich Christen in die Gesellschaft der Gottlosen und Ungläubigen, setzen sie sich der Versuchung aus. Satan verbirgt sich ihren Blicken und zieht heimlich seinen trügerischen Deckmantel über ihre Augen. Sie können nicht erkennen, dass eine solche Gesellschaft bestimmt ist, ihnen Schaden zuzufügen. Während sie sich in ihrem Charakter, in ihren Worten und Taten der Welt ständig mehr angleichen, nimmt ihre Verblendung zu. GK.511.2 Teilen

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Indem sich die Kirche weltlichen Gebräuchen anpaßt, bekehrt sie sich zur Welt; niemals aber bekehrt sie dadurch die Welt zu Christus. Vertrautheit mit der Sünde läßt diese unvermeidlich weniger abschreckend erscheinen. Wer mit den Knechten Satans verkehrt, wird bald aufhören, deren Meister zu fürchten. Werden wir auf dem Wege der Pflicht in Versuchungen gebracht, wie Daniel am Hofe des Königs Nebukadnezar, so können wir sicher sein, dass Gott uns beschützt; begeben wir uns aber selbst in Versuchung, werden wir früher oder später fallen. GK.512.1 Teilen

Der Versucher wirkt oft höchst erfolgreich durch diejenigen, die am wenigsten verdächtig sind, unter seiner Herrschaft zu stehen. Begabte und gebildete Menschen werden bewundert und geehrt, als könnten diese Eigenschaften den Mangel an Gottesfurcht aufwiegen oder auf Gottes Gunst Anspruch erheben. Bildung und Begabung sind an sich Gaben Gottes; werden sie aber an die Stelle der Frömmigkeit gesetzt, wenden sie die Seele von ihm ab, statt sie näher zu Gott zu bringen, dann werden sie den Menschen Fluch und Fallstrick. Bei vielen herrscht die Meinung, Höflichkeit oder feine Lebensart müsse in einem gewissen Sinne die Zugehörigkeit zu Christus bekunden. Kein Irrtum kann größer sein. Diese Eigenschaften sollten den Charakter jedes Christen zieren und würden einen gewaltigen Einfluß zugunsten wahrer Religion ausüben; aber sie müssen Gott geweiht sein, sonst sind sie eine Macht zum Bösen. Mancher Gebildete von gefälligem Benehmen, der sich zu nichts herablassen würde, was gewöhnlich als eine unsittliche Handlung betrachtet wird, ist nur ein auf Glanz geschliffenes Werkzeug in den Händen Satans. Der heimtückische, trügerische Charakter seines Einflusses und Beispiels macht ihn zu einem gefährlicheren Feind der Sache Christi als die Unwissenden und Ungebildeten sein können. GK.512.2 Teilen

Durch ernstes Gebet und durch Vertrauen auf Gott erlangte Salomo die Weisheit, die das Erstaunen und die Bewunderung der Welt erregten. Als er sich aber von der Quelle seiner Stärke abwandte und, auf sich selbst vertrauend, vorwärts ging, fiel er der Versuchung zum Opfer, und die diesem weisesten der Könige gewährten wunderbaren Gaben ließen ihn nur zu einem wirksameren Werkzeug des Seelenfeindes werden. GK.512.3 Teilen

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Während Satan beständig die Gemüter dieser Tatsache gegenüber zu verschließen sucht, sollten die Christen nie vergessen, dass sie nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen haben, „sondern mit Fürsten und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in der Finsternis dieser Welt herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel“. Epheser 6,12. Die von Gott eingegebene Warnung klingt durch die Jahrhunderte bis an unsere Ohren: „Seid nüchtern und wachet; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, welchen er verschlinge.“ 1.Petrus 5,8. „Ziehet an den Harnisch Gottes, dass ihr bestehen könnet gegen die listigen Anläufe des Teufels.“ Epheser 6,11. GK.513.1 Teilen

Von den Tagen Adams an bis in unsere Zeit hat unser gewaltiger Feind seine Macht ausgeübt, um zu unterdrücken und zu verderben. Jetzt bereitet er sich auf den letzten großen Feldzug gegen die wahre Gemeinde vor. Alle, die Jesus nachfolgen, werden mit diesem hartnäckigen Feind zusammentreffen. Je sorgfältiger der Christ dem göttlichen Beispiel folgt, desto sicherer wird er ein Ziel der Angriffe Satans sein. GK.513.2 Teilen

Alle, die für Gott wirken, die danach trachten, die Täuschungen des Bösen aufzudecken und den Menschen Christus vor Augen zu führen, können mit in das Zeugnis des Apostels Paulus einstimmen, in dem er davon spricht, dem Herrn in aller Demut des Geistes zu dienen mit vielen Tränen und Anfechtungen. GK.513.3 Teilen

Satan bestürmte Christus mit den heftigsten und listigsten Versuchungen; aber er wurde bei jedem Treffen zurückgeschlagen. Jene Kämpfe wurden unsertwegen ausgetragen; jene Siege ermöglichen es uns, zu überwinden. Christus will allen Kraft geben, die danach verlangen. Kein Mensch kann ohne seine eigene Zustimmung von Satan überwunden werden. Der Versucher hat keine Macht, den Willen zu beherrschen oder die Seele zur Sünde zu zwingen. Er mag peinigen, aber er kann nicht beschmutzen. Er kann Seelenangst verursachen, aber keine Verunreinigung. Die Tatsache, dass Christus überwunden hat, sollte seine Nachfolger mit Mut erfüllen, mannhaft gegen Satan und die Sünde zu kämpfen. GK.513.4 Teilen

Kapitel 31: Die Wirksamkeit der bösen Geister
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Die Verbindung der sichtbaren mit der unsichtbaren Welt, der Dienst der Engel Gottes und die Wirksamkeit der bösen Geister werden in der Bibel deutlich offenbart und sind untrennbar mit der menschlichen Geschichte verwoben. Man neigt immer mehr dazu, die Existenz böser Geister anzuzweifeln, während die heiligen Engel, welche sind „ausgesandt zum Dienst um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit“ (Hebräer 1,14), von vielen als die Geister der Verstorbenen angesehen werden. Doch die Schrift lehrt nicht nur das Dasein guter und böser Engel, sondern bringt auch unbezweifelbare Beweise, dass diese nicht die entkörperten Geister toter Menschen sind. GK.514.1 Teilen

Schon vor der Erschaffung des Menschen gab es Engel; denn als die Gründe der Erde gelegt wurden, lobten „mich (Gott) die Morgensterne miteinander ... und jauchzten alle Kinder Gottes“. Hiob 38,7. Nach dem Sündenfall wurden Engel ausgesandt, um den Baum des Lebens zu bewachen, und dies geschah, noch ehe ein Mensch gestorben war. Die Engel stehen von Natur aus höher als die Menschen; denn der Psalmist sagt, der Mensch sei „ein wenig unter die Engel erniedrigt“. Psalm 8,6 (EB). GK.514.2 Teilen

Die Schrift gibt uns Aufschluß über die Zahl, die Macht und die Herrlichkeit der himmlischen Wesen sowie über ihre Verbindung zur Regierung Gottes und auch über ihr Verhältnis zum Erlösungswerk. „Der Herr hat seinen Stuhl im Himmel bereitet, und sein Reich herrscht über alles.“ Und der Prophet sagt: „Ich ... hörte eine Stimme vieler Engel um den Stuhl.“ Sie stehen in der Gegenwart des Königs aller Könige, starke Helden, die seine Befehle ausrichten und auf die Stimme seines Wortes hören. Psalm 103,19; Offenbarung 5,11. Tausendmal tausend und zehntausendmal zehntausend zählte die Schar der himmlischen Boten, die der Prophet Daniel sah. Der Apostel Paulus erklärte, ihrer seien „Myriaden“, eine Unzahl. Daniel 7,10; Hebräer 12,22 (Parallelbibel). Sie ziehen dahin als Boten Gottes, verwirrend in ihrer Herrlichkeit und in ihrem Flug so schnell „wie der Blitz“. Hesekiel 1,14. Beim Anblick des Engels, der am Grabe Christi erschien und dessen „Gestalt war wie der Blitz und sein Kleid weiß wie Schnee“, erschraken die Wächter vor Furcht und „wurden, als wären sie tot“. Matthäus 28,3.4. Als Sanherib, der hochmütige Assyrer, Gott schmähte und lästerte und Israel mit Verderben drohte, fuhr „in derselben Nacht ... aus der Engel des Herrn und schlug im Lager von Assyrien 185.000 Mann“. „Der vertilgte alle Gewaltigen des Heeres und Fürsten und Obersten im Lager des Königs von Assyrien (Sanherib), dass er mit Schanden wieder in sein Land zog.“ 2.Könige 19,35; 2.Chronik 32,21. GK.514.3 Teilen

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Jedem Nachfolger Christi ist ein Schutzengel zur Seite gestellt. Diese himmlischen Hüter beschirmen die Gerechten vor der Macht des Bösen. Dies erkannte selbst Satan; denn er sagte: „Meinst du, dass Hiob umsonst Gott fürchtet? Hast du doch ihn, sein Haus und alles, was er hat, ringsumher verwahrt.“ Hiob 1,9.10. Der Psalmist schildert uns die Art und Weise, wie der Herr sein Volk beschützt: „Der Engel des Herrn lagert sich um die her, so ihn fürchten, und hilft ihnen aus.“ Psalm 34,8. Als der Heiland von denen redete, die an ihn glauben, sagte er: „Sehet zu, dass ihr nicht jemand von diesen Kleinen verachtet. Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen allezeit das Angesicht meines Vaters im Himmel.“ Matthäus 18,10. Die zum Dienst für die Kinder Gottes bestimmten Engel haben allezeit Zugang zu ihm. GK.515.2 Teilen

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So kann Gottes Volk, obwohl es der betrügerischen Macht und der nie erlahmenden Bosheit des Fürsten der Finsternis ausgesetzt ist und mit allen Gewalten des Bösen im Kampf steht, des immerwährenden Schutzes der himmlischen Engel sicher sein, und diese Gewißheit tut ihm auch not. Gott verhieß seinen Kindern darum Gnade und Schutz, weil sie mit mächtigen Werkzeugen des Bösen zusammentreffen würden, mit zahlreichen, entschlossenen und unermüdlichen Helfern Satans, vor deren Bosheit und Macht gewiß keiner unwissend oder verschont bleibt. GK.516.1 Teilen

Die ursprünglich sündlos erschaffenen bösen Geister waren ihrer Natur, ihrer Macht und Herrlichkeit nach den heiligen Wesen gleich, die jetzt Gottes Boten sind. Doch gefallen durch die Sünde, sind sie miteinander verbündet, Gott zu schmähen und die Menschen zu verderben. Mit Satan bei seiner Empörung vereint und mit ihm aus dem Himmel verstoßen, haben sie während der ganzen folgenden Zeit mit ihm in seinem Streit wider die göttliche Gewalt zusammengewirkt. Die Heilige Schrift spricht von ihrem Bündnis, ihrer Führung und ihren verschiedenen Ordnungen, von ihren Fähigkeiten, ihrer Verschlagenheit und ihren heimtückischen Anschlägen gegen den Frieden und das Glück der Menschen. GK.516.2 Teilen

Die alttestamentliche Geschichte erwähnt gelegentlich das Dasein und die Wirksamkeit böser Geister; besonders während der Zeit, als Christus auf Erden lebte, bekundeten diese ihre Macht in höchst auffallender Weise. Christus war gekommen, um den für die Erlösung der Menschheit entworfenen Plan auszuführen, und Satan war entschlossen, sein vermeintliches Recht, die Welt zu beherrschen, geltend zu machen. Es war ihm gelungen, in allen Teilen der Erde, außer in Palästina, Abgötterei einzuführen. Zu diesem einzigen Land, das sich nicht völlig der Herrschaft des Versuchers ergeben hatte, kam Christus, um dem Volke das Licht des Himmels scheinen zu lassen. Hier beanspruchten zwei gegeneinander wetteifernde Mächte die Oberherrschaft. Jesus streckte seine Arme der Liebe aus und lud alle ein, in ihm Vergebung und Frieden zu finden. Die Scharen der Finsternis sahen, dass sie keine unbeschränkte Macht besaßen, und erkannten, dass ihre Herrschaft, falls Christi Mission erfolgreich war, bald enden müßte. Satan wütete gleich einem gefesselten Löwen und stellte herausfordernd seine Macht über die Leiber und über die Seelen der Menschen zur Schau. GK.516.3 Teilen

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Die Tatsache, dass Menschen von bösen Geistern besessen gewesen sind, spricht das Neue Testament klar aus. Die auf diese Weise gequälten Menschen waren nicht nur aus natürlichen Ursachen krank. Christus hatte vollkommenes Verständnis für die vorliegenden Fälle und erkannte die unmittelbare Gegenwart und Wirksamkeit böser Geister. GK.517.1 Teilen

Ein treffliches Beispiel von ihrer Zahl, Macht und Bösartigkeit, aber auch von der Kraft und Barmherzigkeit Christi wird uns in dem biblischen Bericht von der Heilung der Besessenen in Gadara gegeben. Jene unglücklichen Wahnsinnigen, die alle Hemmungen von sich warfen, krümmten sich, schäumten und rasten, erfüllten die Luft mit ihrem Geschrei, taten sich selbst Gewalt an und gefährdeten alle, die sich ihnen nähern wollten. Ihre blutenden und entstellten Körper und ihr verwirrter Verstand boten dem Fürsten der Finsternis einen wohlgefälligen Anblick. Einer der bösen Geister, die die Leidenden beherrschten, erklärte: „Legion heiße ich; denn wir sind unser viele.“ Markus 5,9. Im römischen Heer zählte eine Legion drei- bis fünftausend Mann. Satans Heere sind ebenfalls in Abteilungen aufgeteilt, und die Schar, zu der diese Dämonen gehörten, zählte nicht weniger als eine Legion. GK.517.2 Teilen

Auf Jesu Befehl verließen die bösen Geister ihre Opfer, die sich ruhig, untertänig, verständnisvoll und friedlich zu des Heilandes Füßen setzten. Den Dämonen aber wurde gestattet, eine Herde Säue in den See zu stürzen. Für die Einwohner in Gadara überwog dieser Verlust die von Jesus gewährten Segnungen, und der göttliche Arzt wurde ersucht, von dannen zu gehen. Dies war der Erfolg, den Satan erreichen wollte. Indem er die Schuld für den Verlust Jesus zuschrieb, erweckte er die selbstsüchtigen Befürchtungen der Leute und hinderte sie, dessen Worten zu lauschen. Satan klagt die Christen beständig an, sie seien die Ursache von Verlusten, Unglück und Leiden, anstatt den Vorwurf dorthin zur richten, wohin er gehört: auf sich selbst und seine Werkzeuge. GK.517.3 Teilen

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Aber Jesu Absichten wurden nicht vereitelt. Er gestattete den bösen Geistern, die Herde Säue zugrunde zu richten als Vorwurf gegen jene Juden, die diese unreinen Tiere um des Gewinnes willen gezüchtet hatten. Hätte Christus die Dämonen nicht zurückgehalten, so würden sie nicht nur die Schweine, sondern auch deren Hüter und Eigentümer in den See gestürzt haben. Dass beide, der Hüter und der Eigentümer, bewahrt blieben, war nur seiner Macht zu verdanken, mit der er sich barmherzig für deren Errettung eingesetzt hatte. Ferner sollten die Jünger durch dieses Ereignis die grausame Macht Satans über Menschen und über Tiere sehen. Der Heiland wünschte, dass seine Nachfolger den Feind genau kennen sollten, dem sie gegenübertreten mussten, damit sie dessen List nicht täuschen und überwinden möchte. Es war auch sein Wille, den Bewohnern jener Gegend seine Kraft zu zeigen, die die Fesseln Satans bricht und seine Gefangenen befreit. Und wenn Jesus auch selber von dannen ging, so blieben doch die so wunderbar befreiten Männer zurück, um die Barmherzigkeit ihres Wohltäters zu verkündigen. GK.518.1 Teilen

Die Heilige Schrift berichtet noch andere Beispiele ähnlicher Art. Die Tochter des syrophönizischen Weibes wurde von einem Teufel übel geplagt, den Jesus durch sein Wort austrieb. Markus 7,26-30. „Ein Besessener ... der war blind und stumm“ (Matthäus 12,22); ein Jüngling, der einen stummen Geist hatte, der ihn oft „in Feuer und Wasser geworfen, dass er ihn umbrächte“ (Markus 9,17-27); der Wahnsinnige, der von „einem unsaubern Teufel“ (Lukas 4,33-36) gequält, die Sabbatruhe der Schule zu Kapernaum störte, sie alle wurden von dem barmherzigen Heiland geheilt. Fast jedesmal redete Jesus den bösen Geist als ein verständiges Wesen an und befahl ihm, aus seinem Opfer auszufahren und es nicht mehr zu quälen. Als die Anbetenden zu Kapernaum seine gewaltige Macht sahen, „kam eine Furcht über sie alle, und sie redeten miteinander und sprachen: Was ist das für ein Ding? Er gebietet mit Macht und Gewalt den unsaubern Geistern, und sie fahren aus“. Lukas 4,33-36. GK.518.2 Teilen

Die von Teufeln Besessenen werden meist so dargestellt, als hätten sie ungewöhnlich viel zu leiden, doch gab es auch Ausnahmen von dieser Regel. Um übernatürliche Macht zu erlangen, hießen manche den satanischen Einfluß willkommen. Diese hatten natürlich keinen Kampf mit den bösen Geistern zu bestehen. Zu ihnen gehörten die, welche den Geist des Wahrsagens besaßen: Simon Magus, Elymas der Zauberer und die Magd, die Paulus und Silas zu Philippi nachlief. GK.518.3 Teilen

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Keiner steht in größerer Gefahr, dem Einfluß böser Geister zu erliegen, als der, welcher ungeachtet des bestimmten und umfassenden Zeugnisses der Heiligen Schrift das Dasein und die Wirksamkeit des Teufels und seiner Engel leugnet. Solange wir ihrer List unkundig sind, haben sie einen fast unbegreiflichen Vorteil; viele achten auf ihre Einflüsterungen, während sie meinen, dass sie den Eingebungen ihrer eigenen Weisheit folgen. Weil wir uns dem Ende der Zeit nähern, da Satan mit größter Macht wirken wird, um uns zu betrügen und zu verderben, streut er überall die Meinung aus, dass es ihn überhaupt nicht gebe. Es ist seine listige Methode, sich und eine Wirkungsweise zu verbergen. GK.519.1 Teilen

Nichts fürchtet der große Betrüger so sehr, als dass wir mit seinen Plänen bekannt werden. Um seinen wahren Charakter und seine Absichten besser zu tarnen, ließ er sich so darstellen, dass sein Name keine stärkere Erregung als Spott oder Verachtung erweckte. Es gefällt ihm sehr wohl, sich als ein lächerliches oder abscheuliches Wesen, als Ungestalt, halb Tier, halb Mensch, abgebildet zu sehen. Es ist ihm angenehm, seinen Namen in Spaß und Spott von denen nennen zu hören, die sich selbst für verständig und wohlunterrichtet halten. GK.519.2 Teilen

Weil er sich mit größter Geschicklichkeit verstellt hat, erhebt sich so häufig die Frage: Ist solch ein Wesen wirklich vorhanden? Es ist ein Beweis seines Erfolges, dass man Ansichten, die von den deutlichsten Zeugnissen der Heiligen Schrift Lügen gestraft werden, in der religiösen Welt so allgemein annimmt. Und weil Satan die Gemüter, die sich seines Einflusses unbewußt sind, so leicht beherrscht, gibt Gottes Wort viele Beispiele von seinem boshaften Wirken und enthüllt seine geheimen Kräfte, damit wir uns vor seinen Angriffen in acht nehmen. GK.519.3 Teilen

Die Macht und Bosheit Satans und seiner Scharen könnten uns mit Recht beunruhigen, wenn wir nicht Zuflucht und Befreiung in der überlegenen Macht unseres Erlösers fänden. Unsere Häuser sichern wir sorgfältig mit Riegeln und Schlössern, um unser Eigentum und unser Leben vor bösen Menschen zu schützen, denken aber selten an die bösen Engel, die ständig Zugang zu uns suchen und gegen deren Angriffe wir uns aus eigener Kraft nicht verteidigen können. Falls es ihnen erlaubt wird, können sie unseren Geist verwirren, den Körper krank machen und quälen, unser Besitztum zerstören und unser Leben vernichten. Ihre einzige Freude ist Elend und Verderben. Schrecklich ist der Zustand derer, die sich dem Einfluß Gottes entziehen und den Versuchungen Satans nachgeben, bis Gott sie der Herrschaft der bösen Geister überläßt. Die aber Christus nachfolgen, sind unter seiner Obhut stets sicher. Starke Engel werden vom Himmel gesandt, sie zu beschützen. Der Böse kann die Schutzwache nicht durchbrechen, die Gott um sein Volk gestellt hat. GK.519.4 Teilen

Kapitel 32: Die Schlingen Satans
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Der große Streit zwischen Christus und Satan, der schon nahezu 6000 Jahre währt, wird bald zu Ende gehen. Der Boshafte verdoppelt seine Bemühungen, Christi Werk für die Menschen zu vereiteln und Seelen in seinen Schlingen zu verstricken. Das Ziel, wonach er strebt, heißt: die Menschen in Dunkel und Unbußfertigkeit zu halten, bis das Mittleramt Christi beendet ist und es für die Sünde kein Opfer mehr gibt. GK.521.1 Teilen

Wird keine besondere Anstrengung unternommen, seiner Macht zu widerstehen, und herrscht in der Gemeinde und in der Welt Gleichgültigkeit, dann ist Satan unbekümmert; denn dann besteht nicht die Gefahr, die zu verlieren, die er nach seinem Willen gefangenführt. Wird aber die Aufmerksamkeit auf ewige Dinge gelenkt und fragen Seelen: „Was soll ich tun, dass ich selig werde?“ (Apostelgeschichte 16,30), so ist Satan da, sucht mit seiner Stärke der Macht Christi zu widerstehen und wirkt dem Einfluß des Heiligen Geistes entgegen. GK.521.2 Teilen

Die Heilige Schrift sagt, dass bei einem bestimmten Anlaß, „da die Kinder Gottes kamen und vor den Herrn traten, kam der Satan auch unter ihnen“ (Hiob 1,6), nicht etwa, um vor dem ewigen König anzubeten, sondern um seine böswilligen Anschläge gegen die Gerechten zu fördern. Mit derselben Absicht ist er dabei, wo Menschen sich zum Gottesdienst versammeln. Wenn auch dem Auge verborgen, wirkt er doch mit allem Fleiß, die Gedanken der Anbetenden zu beherrschen. Einem geschickten Feldherrn gleich legt er seine Pläne im voraus. Sieht er, dass Gottes Boten die Heilige Schrift durchforschen, so merkt er sich das Thema, das den Menschen vorgetragen werden soll. Dann wendet er alle seine List und Verschlagenheit an, um die Verhältnisse so einzurichten, dass die Botschaft jene nicht erreichen kann, die er gerade über diesen Punkt täuschen will. Wer der Warnung am meisten bedarf, wird in irgendeine dringende Geschäftssache verwickelt, die seine Anwesenheit verlangt, oder durch irgendein anderes Mittel vom Anhören der Worte abgehalten, die sich für ihn als ein „Geruch des Lebens zum Leben“ erweisen könnten. GK.521.3 Teilen

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Satan sieht auch, wenn die Diener des Herrn wegen der geistlichen Finsternis, die das Volk umgibt, bedrückt sind. Er hört ihre ernsten Gebete um göttliche Gnade und um Kraft, den auf ihnen liegenden Bann der Gleichgültigkeit, der Sorglosigkeit und Trägheit zu brechen. Dann betreibt er mit erneutem Eifer seine Anschläge. Er versucht die Menschen, der Esslust zu frönen oder sich irgendeiner andern Form der Genußsucht hinzugeben, und betäubt auf diese Weise ihr Feingefühl, so dass sie gerade die Dinge nicht hören, die zu lernen sie so sehr nötig haben. GK.522.1 Teilen

Der böse Feind weiß wohl, dass alle, die er verleiten kann, das Gebet und das Forschen in der Heiligen Schrift zu vernachlässigen, durch seine Angriffe überwunden werden. Deshalb erfindet er alle möglichen Pläne, um den Geist in Anspruch zunehmen. Es hat von jeher eine Klasse von Menschen gegeben, die vorgibt, gottselig zu leben, die aber, statt in der Erkenntnis der Wahrheit fortzuschreiten, es zu ihrer Religion macht, irgendeinen Charakterfehler oder einen Glaubensirrtum bei jenen zu suchen, mit denen sie nicht übereinstimmen. Solche Seelen sind Satans Hauptgehilfen. Es gibt viele Verkläger der Brüder; man findet sie stets tätig, wenn Gott wirkt und seine Diener ihm wahre Huldigung erweisen. Sie werfen ein falsches Licht auf die Worte und Handlungen derer, die die Wahrheit lieben und ihr gehorchen, und stellen die ernsten, eifrigen, selbstverleugnenden Diener Christi als Betrogene oder als Betrüger hin. Sie mißdeuten die Beweggründe jeder guten und edlen Tat, bringen Gerüchte in Umlauf und erwecken Argwohn in den Gemütern der Unerfahrenen. In jeder denkbaren Weise trachten sie danach, dass das Reine und Gerechte als verderbt und trügerisch angesehen werde. GK.522.2 Teilen

Aber niemand braucht sich über sie einer Täuschung hinzugeben. Es läßt sich leicht ersehen, wessen Kinder sie sind, wessen Beispiel sie folgen und wessen Werke sie tun. „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“ Matthäus 7,16. Ihr Benehmen gleicht dem Satans, des giftigen Verleumders, des Verklägers unserer Brüder. Offenbarung 12,10. GK.522.3 Teilen

523

Der große Betrüger hat viele Vertreter, die bereitwillig alle und jede Art des Irrtums ersinnen, um Seelen zu verstricken: Ketzereien, die dazu angelegt sind, sich dem verschiedenen Geschmack und Fassungsvermögen derer anzupassen, die er verderben möchte. Es ist sein Plan, unaufrichtige, verderbte Personen in die Gemeinde zu bringen, die den Zweifel und Unglauben ermutigen und allen denen hindernd in den Weg treten, die Gottes Werk wachsen sehen und mit ihm vorwärtskommen möchten. Viele, die nicht wirklich an Gott oder an sein Wort glauben, stimmen gewissen Grundsätzen der Wahrheit zu und gelten als Christen und führen dadurch ihre Irrtümer als biblische Lehren ein. GK.523.1 Teilen

Die Behauptung, dass es gleichgültig sei, was die Menschen glauben, ist eine der erfolgreichsten Täuschungen Satans. Er weiß, dass die in Liebe aufgenommene Wahrheit die Seele des Empfängers heiligt; deshalb sucht er beständig falsche Theorien, Fabeln, ja ein anderes Evangelium unterzuschieben. Von Anbeginn haben Gottes Diener gegen falsche Lehrer gekämpft, nicht nur, weil diese lasterhafte Menschen waren, sondern weil sie die Irrtümer verbreiteten, die der Seele zum Verderben gereichen. Elia, Jeremia, Paulus widersetzten sich furchtlos und entschieden denen, die die Menschen dem Worte Gottes abspenstig machten. Jener Freisinn, der einen echten religiösen Glauben als unwichtig betrachtet, fand keine Anerkennung bei diesen heiligen Verteidigern der Wahrheit. GK.523.2 Teilen

Die leeren und überspannten Auslegungen der Heiligen Schrift und die vielen sich widersprechenden Ansichten über den religiösen Glauben, wie sie unter Christen bestehen, sind das Werk unseres großen Widersachers, der die Gemüter so verwirren will, dass sie die Wahrheit nicht unterscheiden können. Die Uneinigkeit und Spaltung, die sich in den christlichen Gemeinschaften kundtut, ist vorwiegend dem herrschenden Brauch zuzuschreiben, die Heilige Schrift zu verdrehen, um irgendeine Lieblingsansicht zu unterstützen. Statt Gottes Wort sorgfältig mit demütigem Herzen zu studieren, um seinen Willen kennenzulernen, suchen viele nur darin, um etwas Wunderliches oder Eigentümliches zu entdecken. GK.523.3 Teilen

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Um Irrlehren oder unchristliche Bräuche zu unterstützen, lösen manche bestimmte Schriftstellen aus ihrem Zusammenhang und führen vielleicht die Hälfte eines einzelnen Verses zur Bestätigung ihrer Behauptung an, obgleich der übrige Teil den entgegengesetzten Sinn hat. Mit der List einer Schlange verschanzen sie sich hinter unzusammenhängenden Äußerungen, die sie um ihrer fleischlichen Gelüste willen aufstellen. So verdrehen viele absichtlich das Wort Gottes. Andere, die eine lebendige Einbildungskraft besitzen, nehmen die Bilder und Sinnbilder der Heiligen Schrift auf, legen sie ihrer Phantasie gemäß aus, mit wenig Rücksicht auf das Zeugnis der Heiligen Schrift als ihr eigener Ausleger, und tragen dann ihre Einfälle als biblische Lehren vor. GK.524.1 Teilen

Wird das Studium der Heiligen Schrift nicht in betendem, demütigem, lernbegierigem Geist durchgeführt, dann werden sowohl die einfachsten und deutlichsten als auch die schwierigeren Stellen in ihrer wahren Bedeutung entstellt. Die päpstlichen Würdenträger wählen solche Teile der Heiligen Schrift, die ihrer Absicht am besten dienen, legen sie aus, wie es ihnen paßt, und tragen sie dann dem Volk vor, während sie ihm die Freiheit, die Bibel selbst zu studieren und deren heilige Wahrheiten zu verstehen, versagen. Die ganze Bibel in ihrem vollständigen Wortlaut sollte dem Volk zugänglich sein. Es wäre besser, ihm überhaupt keinen biblischen Unterricht zu erteilen, als die Lehren der Heiligen Schrift auf so grobe Weise zu verfälschen. GK.524.2 Teilen

Die Bibel war bestimmt, allen denen ein Führer zu sein, die mit dem Willen ihres Schöpfers vertraut werden wollten. Gott gab dem Menschen das feste prophetische Wort; Engel und sogar Christus selbst kamen, um Daniel und Johannes die Dinge kundzutun, die sich in Kürze zutragen müssen. Jene wichtigen Angelegenheiten, die unser Heil betreffen, blieben keineswegs Geheimnis, sie wurden auch nicht in einer solchen Weise offenbart, dass sie den aufrichtigen Forscher nach Wahrheit verwirren oder irreleiten konnten. Der Herr sagte durch den Propheten Habakuk: „Schreib das Gesicht und male es auf eine Tafel, dass es lesen könne, wer vorüberläuft.“ Habakuk 2,2. Das Wort Gottes ist allen verständlich, die darin mit betendem Herzen forschen. Jede wahrhaft aufrichtige Seele wird zum Licht der Wahrheit gelangen. „Dem Gerechten muss das Licht immer wieder aufgehen.“ Psalm 97,11. Keine Gemeinde kann in der Heiligung zunehmen, es sei denn, ihre Gläubigen suchen nach der Wahrheit wie nach einem verborgenen Schatz. GK.524.3 Teilen

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Durch den Ruf: Nur nicht engherzig! werden die Menschen blind gegen die Pläne ihres Widersachers, während er beständig auf die Erreichung seiner Absicht hinwirkt. Gelingt es ihm, die Bibel durch menschliche Ansichten zu verdrängen, dann wird das Gesetz Gottes beiseitegesetzt, und die Kirchen stehen unter der Knechtschaft der Sünde, während sie den Anspruch erheben, frei zu ein. GK.525.1 Teilen

Vielen ist die wissenschaftliche Forschung zum Fluch geworden. Gott hat der Welt viel Licht zu den Leistungen in Kunst und Wissenschaft gegeben; aber selbst die fähigsten Köpfe werden, wenn nicht der Geist Gottes sie leitet, verwirrt, sobald sie versuchen, die Beziehungen zwischen Wissenschaft und Offenbarung zu ergründen. GK.525.2 Teilen

Die menschliche Erkenntnis, sowohl in materiellen als auch in geistlichen Dingen, ist Stückwerk und unvollkommen; deshalb sind viele nicht imstande, ihre wissenschaftlichen Ansichten mit schriftgemäßen Erklärungen in Übereinstimmung zu bringen. Manche nehmen bloße Theorien und Vermutungen als wissenschaftliche Tatsachen an und meinen, das Wort Gottes müsse an „der falsch berühmten Kunst“ geprüft werden. 1.Timotheus 6,20. Der Schöpfer und seine Werke gehen über ihr Begriffsvermögen hinaus, und weil sie diese nicht durch natürliche Gesetze erklären können, wird die biblische Geschichte als unzuverlässig betrachtet. Und wenn sie die Berichte des Alten und Neuen Testaments bezweifeln, gehen sie nur zu oft noch einen Schritt weiter und stellen das Dasein Gottes in Frage und schreiben der Natur eine unendliche Macht zu. Haben sie ihren Anker losgelassen, werden sie an die Felsen des Unglaubens verschlagen. GK.525.3 Teilen

Auf diese Weise irren viele vom Glauben ab und werden vom Teufel verführt. Die Menschen haben danach getrachtet, weiser zu sein als ihr Schöpfer; menschliche Weisheit hat versucht, Geheimnisse zu ergründen und zu erklären, die in Ewigkeit nicht offenbar werden. Wollten die Menschen doch untersuchen und verstehen, was Gott von sich selbst und seinen Absichten kundgetan hat, so würden sie einen solchen Eindruck von der Herrlichkeit, Majestät und Macht Gottes gewinnen, dass sie ihre Bedeutungslosigkeit einsähen und zufrieden wären mit dem, was ihnen und ihren Kindern offenbart worden ist. GK.525.4 Teilen

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Es ist ein Meisterstück der Täuschung Satans, den Geist der Menschen bezüglich der Dinge, die Gott nicht kundgetan hat und von denen er nicht will, dass wir sie verstehen sollen, am Suchen und Vermuten zu erhalten. Auf diese Weise verlor Luzifer seinen Platz im Himmel. Er wurde unzufrieden, weil Gott ihm nicht alle Geheimnisse seiner Absichten anvertraute, und mißachtete völlig das, was dieser ihm über seine Aufgabe in der ihm zugewiesenen erhabenen Stellung offenbarte. Indem er die gleiche Unzufriedenheit in den Herzen der seinem Befehl unterstellten Engel erweckte, verursachte er ihren Fall. Jetzt versucht er den gleichen Geist auf die Menschen zu übertragen und sie ebenfalls zu verleiten, die klaren Gebote Gottes zu mißachten. GK.526.1 Teilen

Die nicht willens sind, die deutlichen, tiefgreifenden Wahrheiten der Bibel anzunehmen, suchen beständig nach angenehmen Fabeln, die das Gewissen beruhigen. Je weniger geistlich, selbstverleugnend und demütigend die vorgetragenen Lehren sind, desto günstiger werden sie aufgenommen. Solche Menschen würdigen die Verstandeskräfte herab, um ihren fleischlichen Begierden zu frönen. In ihrer Selbstüberschätzung zu weise, um in der Heiligen Schrift mit bußfertigem Herzen und unter ernstem Gebet nach göttlicher Leitung zu suchen, haben sie keinen Schild gegen die Verblendung. Satan steht bereit, das Verlangen des Herzens zu stillen, und er setzt seine Täuschungen an die Stelle der Wahrheit. Auf diese Weise gewann das Papsttum seine Macht über die Menschen, und durch die Verwerfung der Wahrheit, weil diese ein Kreuz einschließt, gehen die Protestanten den gleichen Weg. Alle, die das Wort Gottes vernachlässigen, um Bequemlichkeit und Klugheit zu studieren, damit sie sich nicht von der Welt unterscheiden, werden verdammungswürdige Ketzereien für religiöse Wahrheit empfangen. Jede erdenkliche Form des Irrtums wird von denen angenommen werden, die die Wahrheit vorsätzlich verwerfen. Wer mit Schrecken auf eine Täuschung sehen mag, wird eine andere willig annehmen. Der Apostel Paulus spricht von Menschen, welche „die Liebe zur Wahrheit nicht haben angenommen, auf dass sie selig würden“, und sagt von ihnen: „Darum wird ihnen Gott kräftige Irrtümer senden, dass sie glauben der Lüge, auf dass gerichtet werden alle, die der Wahrheit nicht glauben, sondern haben Lust an der Ungerechtigkeit.“ 2.Thessalonicher 2,10-12. Mit solcher Warnung vor Augen ziemt es uns, bezüglich der Lehren, die wir annehmen, auf der Hut zu sein. GK.526.2 Teilen

527

Zu den erfolgreichsten Werkzeugen des großen Betrügers gehören die trügerischen Lehren und lügenhaften Wunder des Spiritismus. Sich zu einem Engel des Lichts verstellend, wirft er seine Netze aus, wo es am wenigsten vermutet wird. Möchten die Menschen doch das Buch Gottes unter ernstem Gebet durchforschen, um seine Lehren zu verstehen, so blieben sie nicht in der Finsternis und nähmen keine falschen Lehren an. Weil sie aber die Wahrheit verwerfen, fallen sie Täuschungen zum Opfer. GK.527.1 Teilen

Ein anderer gefährlicher Irrtum ist die Lehre, die die Gottheit Christi leugnet und behauptet, dass er vor seinem Kommen in diese Welt nicht existiert habe. Diese Ansicht wird von vielen, die angeblich an die Bibel glauben, günstig aufgenommen; dennoch widerspricht sie den eindeutigen Erklärungen unseres Heilandes über seinen göttlichen Charakter und sein Vordasein sowie über seine Verwandtschaft zum Vater. Man kann diese Ansicht nicht aufrechterhalten, ohne die Heilige Schrift auf die unverantwortlichste Weise zu verdrehen. Sie erniedrigt nicht nur unsere menschliche Vorstellung vom Erlösungswerk, sondern untergräbt auch den Glauben an die Bibel als einer Offenbarung Gottes. Je gefährlicher sie dadurch wird, desto schwieriger ist es, ihr entgegenzutreten. Verwerfen die Menschen das Zeugnis der von Gott eingegebenen Heiligen Schrift über die Gottheit Christi, so wird man darüber vergebens mit ihnen sprechen, denn kein noch so zwingender Beweis wird sie überzeugen können. „Der natürliche Mensch aber vernimmt nichts vom Geist Gottes; es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen; denn es muss geistlich gerichtet sein.“ 1.Korinther 2,14. Wer in diesem Irrtum befangen ist, kann weder von dem Charakter und dem Werk Christi noch von dem großen Plane Gottes zur Erlösung der Menschen eine rechte Vorstellung haben. GK.527.2 Teilen

Noch ein anderer geschickt angelegter und unheilvoller Irrtum liegt in der sich schnell verbreitenden Auffassung, Satan sei kein persönliches Wesen; diese Bezeichnung werde in der Bibel nur gebraucht, um die bösen Gedanken und Begierden der Menschen zu veranschaulichen. GK.527.3 Teilen

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Die von volkstümlichen Kanzeln herab so weithin ertönende Lehre, dass die Wiederkunft Christi darin bestehe, dass er zu jedem einzelnen bei dessen Tode komme, ist eine Erfindung, die die Gedanken der Menschen von seinem persönlichen Erscheinen in den Wolken des Himmels ablenken soll. Jahrelang hat Satan auf diese Weise gesagt: „Siehe, er ist in der Kammer“ (Matthäus 24,23-36) und viele Seelen sind verlorengegangen, weil sie diese Täuschung angenommen haben. GK.528.1 Teilen

Auch lehrt weltliche Weisheit, das Gebet sei nicht wesentlich. Männer der Wissenschaft behaupten, dass es keine wirkliche Antwort auf ein Gebet geben könne; dass dies eine Verkehrung der Gesetze, ein Wunder wäre, und dass es keine Wunder gebe. Das Weltall, sagen sie, wird von feststehenden Gesetzen regiert, und Gott selbst tut nichts, was diesen Gesetzen entgegen ist. So stellen sie Gott dar, als ob er durch seine eigenen Gesetze gebunden sei; als ob das Wirken göttlicher Gesetze die göttliche Freiheit ausschlösse. Solche Lehre ist dem Zeugnis der Heiligen Schrift zuwider. Wurden nicht durch Christus und seine Apostel Wunder gewirkt? Derselbe erbarmungsvolle Heiland lebt heute noch, und er ist jetzt ebenso bereit, auf die Gebete des Glaubens zu hören, wie damals, als er sichtbar unter den Menschen wandelte. Das Natürliche wirkt zusammen mit dem Übernatürlichen. Es ist ein Teil des Planes Gottes, uns in Erhörung des im Glauben dargebrachten Gebetes das zu gewähren, was er uns nicht gewähren würde, wenn wir nicht in dieser Weise zu ihm beteten. GK.528.2 Teilen

Unzählbar sind die irrtümlichen Lehren und die überspannten Vorstellungen in den Kirchen der Christenheit. Es ist unmöglich, die üblen Folgen abzuschätzen, die durch die Verrückung auch nur einer der durch das Wort Gottes festgesetzten Grenzen entstehen. Nur wenige von denen, die dies zu tun wagen, bleiben bei der Verwerfung einer Wahrheit stehen; die Mehrheit fährt fort, einen Grundsatz der Wahrheit nach dem andern zu verwerfen, bis sie tatsächlich ungläubig wird. GK.528.3 Teilen

Die Irrtümer der allgemein verbreiteten theologischen Auffassungen haben manchen Menschen, der sonst bibelgläubig hätte werden können, der Zweifelsucht in die Arme getrieben. Es ist ihm unmöglich, Lehren anzunehmen, die seinen Auffassungen von Gerechtigkeit, Gnade und Güte Gewalt antun; und wenn solche Auffassungen als Lehren der Bibel hingestellt werden, weigert er sich, sie als Gottes Wort anzuerkennen. GK.528.4 Teilen

529

Das ist es, was Satan zu erreichen sucht. Nichts wünscht er mehr, als das Vertrauen zu Gott und seinem Wort zu zerstören. Satan steht an der Spitze des großen Heeres der Zweifler, und er arbeitet mit größter Anstrengung, um Menschen in seine Reihen zu ziehen. Das Zweifeln fängt an, Mode zu werden. Zahlreiche Menschen sehen das Wort Gottes aus demselben Grunde mit Mißtrauen an wie seinen Urheber, weil es die Sünde straft und verurteilt. Die nicht willens sind, seinen Anforderungen zu gehorchen, versuchen seine Autorität über den Haufen zu werfen. Sie lesen die Bibel oder lauschen deren Lehren, wie sie von der Kanzel herab verkündigt werden, nur um an der Heiligen Schrift oder an der Predigt etwas Tadelnswertes zu finden. Nicht wenige werden ungläubig, um sich für die Vernachlässigung ihrer Pflicht zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Andere nehmen aus Stolz und Trägheit zweifelhafte Grundsätze an. Zu sehr für ein bequemes Leben eingenommen, um irgend etwas zu vollbringen, was der Ehre wert wäre oder was Anstrengung und Selbstverleugnung erforderte, streben sie danach, sich einen Ruf höherer Weisheit zu verschaffen, indem sie die Bibel bekritteln. Es gibt darin vieles, was der von der göttlichen Weisheit unerleuchtete Verstand einfach nicht verstehen kann; auf diese Weise finden sie Anlaß zum Kritisieren. Viele scheinen anzunehmen, dass es eine Tugend sei, auf der Seite des Unglaubens und des Zweifels zu stehen. Aber man wird feststellen, dass solche Menschen unter einem Anschein von Aufrichtigkeit nur von Selbstvertrauen und Stolz angetrieben werden. Viele machen sich das größte Vergnügen daraus, etwas in der Heiligen Schrift zu finden, das andere in Verlegenheit bringt. Etliche kritisieren und diskutieren auf der Seite des Unrechts, nur aus Liebe zum Wortstreit. Sie werden nicht gewahr, dass sie sich auf diese Weise selbst in den Schlingen des Voglers verstricken. Da sie aber offen ihrem Unglauben Ausdruck gegeben haben, glauben sie, ihre Stellung behaupten zu müssen. Dadurch verbinden sie sich mit den Gottlosen und verbauen sich den Weg in das Paradies. GK.529.1 Teilen

Gott hat in seinem Wort genügend Beweise von dessen göttlichen Ursprung gegeben. Die großen Wahrheiten, die sich auf unsere Erlösung beziehen, sind klar dargelegt. Mit Hilfe des Heiligen Geistes, der allen verheißen ist, die aufrichtig darum bitten, vermag jeder diese Wahrheiten zu verstehen. Gott hat den Menschen einen starken Grund verliehen, auf den sie ihren Glauben stützen können. GK.529.2 Teilen

530

Doch der begrenzte Verstand der Menschen ist unzureichend, um die Pläne und Ratschlüsse des ewigen Gottes völlig zu erfassen. Wir können Gott nie durch Forschen ergründen. Wir dürfen es nicht wagen, mit vermessener Hand den Vorhang zu lüften, mit dem er seine Majestät verhüllt. Der Apostel ruft aus: „Wie gar unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege!“ Römer 11,33. Wir können seine Handlungsweise mit uns und die ihn leitenden Beweggründe so weit begreifen, dass wir unbegrenzte Liebe und Barmherzigkeit, verbunden mit unendlicher Macht, erkennen können. Unser himmlischer Vater ordnet alles in Weisheit und Gerechtigkeit, und wir dürfen nicht unzufrieden oder mißtrauisch sein, sondern müssen uns in ehrfurchtsvoller Demut beugen. Er wird uns soviel von seinen Absichten enthüllen, wie zu unserem Besten dient; darüber hinaus müssen wir dem vertrauen, der allmächtig und dessen Herz voller Liebe ist. GK.530.1 Teilen

Während Gott dem Glaubenden genügend Beweise gibt, wird er niemals alles beseitigen, was den Unglauben entschuldigen könnte. Wer nach irgendeiner Stütze für seinen Zweifel sucht, wird sie auch finden. Wer sich weigert, Gottes Wort anzunehmen und zu befolgen, bis jeder Einwand beseitigt ist, so dass nicht länger Anlaß zum Zweifeln besteht, wird nie zum Licht kommen. GK.530.2 Teilen

Das Mißtrauen gegen Gott ist eine natürliche Folge des nicht erneuerten Herzens, das Gott feind ist. Der Glaube wird von dem Heiligen Geist eingegeben und gedeiht, wenn er gepflegt wird. Niemand kann ohne entschlossenes Bemühen im Glauben wachsen. Der Unglaube verstärkt sich, je nachdem er ermutigt wird; und wenn Menschen zweifeln und kritteln, statt sich mit den Beweisen zu beschäftigen, die Gott zur Befestigung ihres Glaubens gegeben hat, werden sie ihre Zweifel immer mehr bestätigt finden. GK.530.3 Teilen

Die an Gottes Verheißungen zweifeln und den Versicherungen seiner Gnade mißtrauen, entehren ihn. Ihr Einfluß neigt dazu, andere von Christus zu trennen, statt sie zu ihm zu ziehen. Sie sind unfruchtbare Bäume, die ihre dürren Zweige weit ausbreiten und dadurch andern Pflanzen das Sonnenlicht wegnehmen, so dass diese in dem kalten Schatten verwelken und absterben. Ihr Lebenswerk wird unaufhörlich gegen sie zeugen. Sie säen den Samen des Zweifels und des Unglaubens, der unausbleiblich seine Ernte bringen wird. GK.530.4 Teilen

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Für diejenigen, die aufrichtig danach trachten, von Zweifeln frei zu werden, gibt es nur einen Weg: statt das anzuzweifeln und zu bekritteln, was sie nicht verstehen, müssen sie auf das ihnen bereits scheinende Licht achtgeben, dann werden sie größeres Licht empfangen. Erfüllen sie jede Aufgabe, die sie klar erkannt haben, dann werden sie fähig, auch jene Aufgaben zu verstehen und auszuführen, über die sie jetzt noch im Zweifel sind. GK.531.1 Teilen

Satan vermag Fälschungen zu entwerfen, die der Wahrheit so gleichen, dass Seelen getäuscht werden, die das von der Wahrheit geforderte Opfer und die Selbstverleugnung umgehen möchten, und die willig sind, sich täuschen zu lassen. Es ist ihm jedoch unmöglich, eine Seele unter seiner Macht zu halten, die aufrichtig wünscht — koste es, was es wolle —, die Wahrheit zu erkennen. Christus ist die Wahrheit und „das wahrhaftige Licht, welches alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen“. Johannes 1,9. Der Geist der Wahrheit ist gesandt worden, um die Menschen in alle Wahrheit zu leiten. Und mit Vollmacht des Sohnes Gottes steht geschrieben: „Suchet, so werdet ihr finden.“ „So jemand will des (Vaters) Willen tun, der wird innewerden, ob diese Lehre von Gott sei.“ Matthäus 7,7; Johannes 7,17. GK.531.2 Teilen

Die Nachfolger Christi wissen wenig von den Anschlägen, die Satan und seine Scharen gegen sie schmieden. Aber der im Himmel thront, wird alle diese Absichten zur Erfüllung seiner unerforschlichen Pläne lenken. Der Herr läßt es zu, dass seine Kinder in die Feuerprobe der Versuchung geraten, nicht weil er an ihren Leiden und an ihrer Trübsal Freude empfindet, sondern weil dieses Verfahren zu ihrem endgültigen Sieg wesentlich ist. Er kann sie nicht entsprechend seiner eigenen Herrlichkeit vor der Versuchung schützen; denn es ist gerade der Zweck der Prüfung, sie zuzubereiten, allen bösen Lockungen widerstehen zu können. GK.531.3 Teilen

Weder gottlose Menschen noch Teufel können Gottes Werk hindern oder seinem Volk Gottes Gegenwart entziehen, wenn es gebeugten, reuigen Herzens seine Sünde bekennt und läßt und im Glauben seine Verheißungen beansprucht. Jeder Versuchung, jedem widerstreitenden Einfluß, ob offen oder geheim, kann man erfolgreich widerstehen, „nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist ... spricht der Herr Zebaoth“. Sacharja 4,6. GK.531.4 Teilen

532

„Die Augen des Herrn merken auf die Gerechten und seine Ohren auf ihr Gebet ... Und wer ist, der euch schaden könnte, so ihr dem Guten nachkommt?“ 1.Petrus 3,12.13. Als Bileam, verlockt durch das Versprechen einer großen Belohnung, Zauberformeln gegen Israel anwandte und durch dem Herrn dargebrachte Opfer einen Fluch über Gottes Volk zu bringen versuchte, wandte Gottes Geist das Übel ab, das ausgesprochen werden sollte, und Bileam sah sich gezwungen auszurufen: „Wie soll ich dem fluchen, dem Gott nicht flucht? Wie soll ich den verwünschen, den der Herr nicht verwünscht? ... Möchte meine Seele des Todes der Gerechten sterben und mein Ende werden wie ihr Ende!“ Als abermals geopfert worden war, erklärte der gottlose Prophet: „Siehe, zu segnen bin ich beauftragt, und hat Er gesegnet, so kann ich’s nicht abwenden! Man schaut kein Unheil in Jakob und sieht keine Beschwerde in Israel. Jehova, sein Gott, ist mit ihm, und Königsjubel erschallt in ihm ... So hilft denn keine Zauberei gegen Jakob und keine Wahrsagerei wider Israel. Zu seiner Zeit wird man von Jakob sagen: Wie Großes hat Gott getan!“ 4.Mose 23,8.10.20.21.23; 4; 4.Mose 24,9 (Schlachter). Dennoch wurden zum drittenmal Altäre errichtet, und abermals versuchte Bileam einen Fluch auszusprechen. Durch die unwilligen Lippen des Propheten erklärte der Geist Gottes jedoch das Gedeihen seiner Auserwählten und strafte die Torheit und Bosheit ihrer Feinde: „Gesegnet sei, wer dich segnet, und verflucht sei, wer dir flucht!“ GK.532.1 Teilen

Zu dieser Zeit waren die Kinder Israel Gott treu, und solange sie seinem Gesetz treu blieben, konnte keine Macht der Erde oder der Hölle sie überwältigen. Aber schließlich gelang es Bileam doch, den Fluch, den er nicht über Gottes Volk aussprechen durfte, über dieses Volk zu bringen, indem er es zur Sünde verleitete. Als es Gottes Gebote übertrat, trennte es sich von ihm und musste die Macht des Verderbers fühlen. Satan ist sich bewußt, dass die schwächste Seele, die in Christus bleibt, den Scharen der Finsternis überlegen ist, und dass man, zeigt er sich offen, ihm begegnen und widerstehen wird. Deshalb versucht er die Streiter des Kreuzes aus ihrer gewappneten Stellung herauszulocken, während er mit seinen Streitkräften im Hinterhalt liegt, bereit, alle zu verderben, die sich auf sein Gebiet wagen sollten. Nur in demütigem Vertrauen auf Gott und im Gehorsam gegen alle seine Gebote können wir sicher sein. GK.532.2 Teilen

533

Niemand ist auch nur einen Tag oder eine Stunde lang sicher ohne das Gebet. Wir sollten den Herrn besonders um Weisheit bitten, sein Wort zu verstehen. Hier werden die Anschläge des Versuchers offenbart sowie auch die Mittel, durch die er zurückgeschlagen werden kann. Satan ist sehr sachkundig, wenn es gilt, Bibelstellen anzuführen, denen er seine eigene Auslegung beifügt, um uns zu Fall zu bringen. Wir müssen die Bibel mit demütigem Herzen erforschen und dürfen nie unsere Abhängigkeit von Gott aus den Augen verlieren. Während wir vor den Anschlägen Satans beständig auf der Hut sein müssen, sollten wir ohne Unterlaß im Glauben beten: „Führe uns nicht in Versuchung.“ Matthäus 6,13. GK.533.1 Teilen

Kapitel 33: Die erste große Täuschung
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Von der frühesten Geschichte des Menschen an begann Satan seine Bemühungen, unser Geschlecht zu verführen. Der im Himmel Empörung angestiftet hatte, wollte die Bewohner der Erde veranlassen, sich mit ihm in dem Streit gegen die Regierung Gottes zu verbinden. Adam und Eva lebten im Gehorsam gegen das Gesetz Gottes vollkommen glücklich, und diese Tatsache war ein beständiges Zeugnis gegen die Behauptung, die Satan im Himmel vorgebracht hatte, dass Gottes Gesetz seine Geschöpfe knechte und ihrem Glück entgegenstehe. Auch war durch die schöne, dem sündlosen Paar bereitete Heimat Satans Neid gereizt worden. Er beschloß daher, die Menschen zu Fall zubringen, um dann, nachdem er sie von Gott getrennt und unter seine eigene Macht gebracht hätte, die Erde einzunehmen und hier, dem Allerhöchsten zum Trotz, sein Reich aufzurichten. GK.534.1 Teilen

Hätte er seinen wahren Charakter offenbart, so wäre er ohne weiteres zurückgewiesen worden; denn Gott hatte Adam und Eva vor diesem gefährlichen Feind gewarnt. Doch Satan wirkte im Verborgenen und verhüllte seine Absicht, um sein Ziel um so sicherer zu erreichen. Die Schlange, damals eine Kreatur von anziehendem Äußeren, als Werkzeug benutzend, wandte er sich an Eva: „Ja, sollte Gott gesagt haben: Ihr sollt nicht essen von allerlei Bäumen im Garten?“ 1.Mose 3,1. Hätte sich Eva nicht auf ein Gespräch mit dem Versucher eingelassen, so wäre sie bewahrt geblieben; doch sie wagte es, mit ihm zu sprechen und fiel seinen listigen Anschlägen zum Opfer. So werden noch immer viele Menschen überwunden. Sie bezweifeln und erwägen Gottes Anforderungen und nehmen, statt den göttlichen Geboten zu gehorchen, menschliche Theorien an, die nur die Pläne Satans verdecken. GK.534.2 Teilen

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„Da sprach das Weib zur Schlange: Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten; aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Esset nicht davon, rühret’s auch nicht an, dass ihr nicht sterbet. Da sprach die Schlange zum Weibe: Ihr werdet mitnichten des Todes sterben; sondern Gott weiß, dass, welches Tages ihr davon esset, so werden eure Augen aufgetan, und werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.“ 1.Mose 3,2-5. Satan erklärte, dass sie würden wie Gott, begabt mit größerer Weisheit als zuvor und zu einer höheren Daseinsstufe befähigt. Eva gab der Versuchung nach, und durch ihren Einfluß wurde auch Adam zur Sünde verführt. Sie glaubten den Worten der Schlange, dass Gott nicht meinte, was er sagte, sie mißtrauten ihrem Schöpfer und bildeten sich ein, dass er ihre Freiheit beschränke, dass sie aber große Weisheit und eine hohe Stellung erlangen könnten, wenn sie sein Gesetz übertreten würden. GK.535.1 Teilen

Doch welchen Sinn fand Adam, nachdem er gesündigt hatte, hinter den Worten: „Welches Tages du davon issest, wirst du des Todes sterben?“ 1.Mose 2,17. Fand er ihre Bedeutung dementsprechend, was Satan ihn glauben gemacht hatte, dass er in eine erhabenere Daseinsstufe versetzt werden sollte? Dann wäre in der Tat durch die Übertretung ein großer Gewinn zu erzielen, und Satan erwiese sich als der Wohltäter unseres Geschlechts. Aber Adam stellte fest, dass dies keineswegs der Sinn des göttlichen Ausspruchs war. Gott hatte erklärt, dass der Mensch als Strafe für die Sünde wieder zu Erde werden müsse, von der er genommen war: „Du bist Erde und sollst zu Erde werden.“ 1.Mose 3,19. Die Worte Satans: „So werden eure Augen aufgetan“, erwiesen sich als wahr nur in einem Sinne; denn nachdem Adam und Eva Gott ungehorsam waren, wurden ihnen die Augen geöffnet, damit sie ihre Torheit einsähen; sie erkannten das Böse und kosteten die bittere Frucht der Übertretung. GK.535.2 Teilen

In der Mitte des Gartens wuchs der Baum des Lebens, dessen Frucht die Kraft hatte, das Leben immerwährend zu erhalten. Wäre Adam Gott gehorsam geblieben, so hätte er sich stets des freien Zugangs zu diesem Baum erfreuen dürfen und würde ewig gelebt haben. Als er aber sündigte, trennte Gott ihn von dem Baum des Lebens und unterwarf ihn dem Tode. Der göttliche Urteilsspruch: „Du bist Erde und sollst zu Erde werden“ deutet auf eine gänzliche Austilgung des Lebens hin. GK.535.3 Teilen

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Die dem Menschen unter der Bedingung des Gehorsams verheißene Unsterblichkeit war durch die Übertretung verwirkt worden. Adam konnte seiner Nachkommenschaft nichts überlassen, was er selbst nicht besaß, und es hätte keine Hoffnung für die gefallene Menschheit gegeben, wenn Gott den Menschen durch die Hingabe seines Sohnes nicht den Weg zur Unsterblichkeit gewiesen hätte. Während „der Tod zu allen Menschen durchgedrungen“ ist, „dieweil sie alle gesündigt haben“, hat Christus „das Leben und ein unvergänglich Wesen ans Licht gebracht durch das Evangelium“. Römer 5,12; 2.Timotheus 1,10. Durch Christus allein kann Unsterblichkeit erlangt werden. Jesus sagte: „Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben. Wer dem Sohn nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen.“ Johannes 3,36. Jeder Mensch kann diesen unschätzbaren Segen erlangen, wenn er die Bedingungen erfüllt. Alle, „die mit Geduld in guten Werken trachten nach dem ewigen Leben“, empfangen „Preis und Ehre und unvergängliches Wesen“. Römer 2,7. GK.536.1 Teilen

Der große Betrüger versprach Adam Leben im Ungehorsam. Die Erkärung, die die Schlange der Eva im Paradiese gab — „Ihr werdet mitnichten des Todes sterben!“ —, war die erste über die Unsterblichkeit der Seele gehaltene Predigt. Und doch hallt diese Erklärung, die auf der Autorität Satans beruht, von den Kanzeln der Christenheit wider und wird von der Mehrzahl der Menschen ebenso bereitwillig angenommen, wie sie von unseren ersten Eltern angenommen worden ist. Der göttliche Richterspruch: „Welche Seele sündigt, die soll sterben“ (Hesekiel 18,20) wird danach gedeutet: Die Seele, die sündigt, soll nicht sterben, sondern ewig leben. Wir können uns nur wundern über die seltsame Verblendung, die die Menschen hinsichtlich der Worte Satans so leichtgläubig und bezüglich der Worte Gottes so ungläubig macht. GK.536.2 Teilen

Hätte der Mensch nach seinem Fall freien Zugang zu dem Baum des Lebens gehabt, so würde er ewig gelegt haben, und auf diese Weise wäre die Sünde unsterblich geworden. Aber „Cherubim mit dem bloßen hauenden Schwert“ bewahrten „den Weg zu dem Baum des lebens“ (1.Mose 3,24), und keinem aus der Familie Adams war es gestattet worden, die Schranke zu überschreiten und von der lebenspendenden Frucht zu genießen. Deshalb gibt es keinen unsterblichen Sünder. GK.536.3 Teilen

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Nach dem Fall gebot Satan seinen Engeln, besondere Anstrengungen zu machen, dem Menschen den Glauben an seine natürliche Unsterblichkeit einzuschärfen. Wenn sie das Volk zur Annahme dieses Irrtums verleitet hätten, sollten sie es zu der Schlußfolgerung führen, dass der Sünder ewig im Elend leben würde. Der Fürst der Finsternis stellt durch seine Diener Gott als einen rachsüchtigen Tyrannen dar und erklärt, dieser verstoße alle, die ihm nicht gefallen, in die Hölle, wo er sie auf ewig seinen Zorn fühlen lasse, und ihr Schöpfer blicke, während sie unaussprechliche Qualen erdulden und sich in den ewigen Flammen vor Schmerzen krümmen, mit Befriedigung auf sie nieder. GK.537.1 Teilen

Auf diese Weise bekleidet der Erzfeind den Schöpfer und Wohltäter des Menschengeschlechts mit den Eigenschaften, die er selbst besitzt. Grausamkeit ist satanisch. Gott ist die Liebe, und alles, was er schuf, war rein, heilig und lieblich, bis durch den ersten großen Empörer die Sünde hereingebracht wurde. Satan selbst ist der Feind, der den Menschen zur Sünde verführt und ihn dann womöglich vernichtet. Hat er sein Opfer sicher, frohlockt er über das Verderben, das er bewirkte. Könnte er, wie er wollte, so würde er das ganze Menschengeschlecht in sein Netz einfangen. Legte sich nicht die göttliche Macht ins Mittel, ihm würde nicht ein Sohn, nicht eine Tochter Adams entrinnen. GK.537.2 Teilen

Satan sucht die Menschen heute zu überwinden, wie er unsere ersten Eltern überwand, indem er ihr Vertrauen zu dem Schöpfer erschüttert und sie verleitet, die Weisheit seiner Regierung und die Gerechtigkeit seiner Gesetze anzuzweifeln. Satan und seine Sendlinge stellen Gott schlimmer dar, als sie selbst sind, um ihre eigene Bosheit und Empörung zu rechtfertigen. Der große Betrüger versucht, seinen schrecklich grausamen Charakter unserem himmlischen Vater unterzuschieben, damit er selbst als ein Wesen erscheine, dem durch die Verstoßung aus dem Himmel ein großes Unrecht zugefügt wurde, da er sich einem so ungerechten Herrscher nicht unterwerfen wollte. Er führt der Welt die Freiheit vor Augen, der sie sich unter seiner milden Herrschaft erfreuen könnte, im Gegensatz zu der durch die strengen Erlasse Gottes auferlegten Knechtschaft. Auf diese Weise gelingt es ihm, Seelen von ihrer Treue zu Gott abwendig zu machen. GK.537.3 Teilen

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Wie unvereinbar mit jeder Regung von Liebe und Barmherzigkeit, ja selbst mit unserem Sinn von Gerechtigkeit ist die Lehre, dass die gottlosen Toten mit Feuer und Schwefel in einer ewig brennenden Hölle gepeinigt werden, dass sie für die Sünden in einem kurzen irdischen Leben leiden müssen, solange Gott lebt! Und doch ist dies allgemein gelehrt worden, und diese Lehre findet sich noch heute in vielen Glaubensbekenntnissen der Christenheit. Ein angesehener Theologe sagte: „Der Anblick der Höllenqualen wird die Glückseligkeit der heiligen für immer erhöhen. Wenn sie sehen, wie andere, gleicher Natur wie sie und unter den gleichen Umständen geboren, in solches Elend verstoßen sind, während sie selbst erhaben dastehen, werden sie innewerden, wie glücklich sie sind.“ Ein anderer sprach folgendes: „Während der Verdammungsbefehl ewig an den Gefäßen des Zornes ausgeübt wird, wird der Rauch ihrer Qual ewiglich vor den Gefäßen der Gnade aufsteigen, und diese werden, statt an dem Schicksal dieser Elenden Anteil zu nehmen, sagen: Halleluja! Lobt den Herrn!“ GK.538.1 Teilen

Wo finden sich im Worte Gottes solche Lehren? Werden die Erlösten im Himmel für alle Gefühle des Mitleids und des Erbarmens, ja selbst für die Empfindungen gewöhnlicher Menschlichkeit unzugänglich sein? Sollen diese gegen den Gleichmut des Stoikers oder die Grausamkeit des Wilden eingetauscht werden? — Nie und nimmer! Solches lehrt das Wort Gottes nicht! Männer, welche die in jenen Zitaten dargelegten Ansichten verkündigen, mögen Gelehrte und sogar aufrichtige Menschen sein, aber sie sind durch die Sophistereien Satans betrogen. Er verleitet sie, wichtige Ausdrücke der Heiligen Schrift zu entstellen und dem Wortlaut eine Färbung zur Bitterkeit und Bosheit hin zu geben, die ihm selbst, aber nicht unserem Schöpfer eigen ist. „So wahr als ich lebe, spricht der Herr Herr, ich habe keinen Gefallen am Tode des Gottlosen, sondern dass sich der Gottlose bekehre von seinem Wesen und lebe. So bekehret euch doch nun von eurem bösen Wesen. Warum wollt ihr sterben?“ Hesekiel 33,11. GK.538.2 Teilen

Könnte es zu Gottes Gunsten sein, wenn wir zugeben wollten, dass er sich beim Anblick unaufhörlicher Qualen ergötze, dass er erquickt werde durch das Stöhnen, das Geschrei und die Verwünschungen der leidenden Geschöpfe, die er in den Flammen der Hölle gefangenhält? Können diese entsetzlichen Töne Musik sein in den Ohren unendlicher Liebe? Es wird behauptet, dass die Verhängung endlosen Elends über die Gottlosen den Haß Gottes gegen die Sünde bekunde, die den Frieden und die Ordnung im Weltall zerstöre. O schreckliche Gotteslästerung! Als ob Gottes Haß gegen die Sünde ein Grund sei, sie zu verewigen! Denn nach den Lehren dieser Theologen macht die fortgesetzte Qual ohne Hoffnung auf Erbarmen ihre elenden Opfer rasend; und da sich ihre Wut in Flüchen und Gotteslästerungen äußert, vergrößern sie ständig ihre Schuldenlast. Gottes Herrlichkeit wird nicht erhöht durch eine solche endlose Verewigung der beständig zunehmenden Sünde. GK.538.3 Teilen

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Es liegt außerhalb der Fähigkeit des menschlichen Geistes das Übel abzuschätzen, das durch die falsche Lehre von der ewigen Qual geschaffen worden ist. Die Religion der Bibel, die voller Liebe und Güte und überaus reich an Erbarmen ist, wird durch den Aberglauben verfinstert und in Schrecken gehüllt. Ist es verwunderlich, dass unser gnadenreicher Schöpfer gefürchtet, gescheut und sogar gehaßt wird, wenn wir bedenken, in welchen falschen Farben Satan das Wesen Gottes gemalt hat? Die entsetzlichen Vorstellungen von Gott, wie sie durch jene Lehren von der Kanzel herunter über die Welt verbreitet wurden, haben Tausende, ja Millionen von Zweiflern und Ungläubigen hervorgerufen. GK.539.1 Teilen

Die Ansicht von einer ewigen Qual ist eine der falschen Lehren, die zu dem Greuelwein des geistlichen Babylons gehören, mit dem es die Völker trunken macht. Offenbarung 14,8; Offenbarung 17,2. Wie Diener Christi diese falsche Lehre annehmen und sie von geweihter Stätte herab verkündigen konnten, ist in der Tat unverständlich. Sie empfingen sie, wie auch den falschen Sabbat, von Rom. Wohl haben große und gute Männer diese Lehre auch gepredigt; aber ihnen war darüber nicht die Erkenntnis geworden wie uns heute. Sie waren nur für das Licht verantwortlich, das zu ihrer Zeit schien; wir müssen Rechenschaft ablegen über das Licht, das in unserer Zeit scheint. Wenden wir uns von dem Zeugnis des Wortes Gottes ab und nehmen wir falsche Lehren an, weil unsere Väter sie verbreiteten, so fallen wir unter die über Babylon ausgesprochene Verdammnis; wir trinken von dem Wein ihrer Greuel. GK.539.2 Teilen

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Sehr viele Menschen, denen die Lehre von einer ewigen Qual anstößig ist, werden zu dem entgegengesetzten Irrtum getrieben. Sie sehen, dass die Heilige Schrift Gott als ein Wesen der Liebe und der Barmherzigkeit darstellt, und sie können nicht glauben, dass er seine Geschöpfe dem verzehrenden Feuer einer ewig brennenden Hölle überlassen werde. GK.540.1 Teilen

Durch die Behauptung, dass die Seele an und für sich unsterblich sei, kommen sie zu dem Schluß, dass alle Menschen schließlich gerettet werden. Die Drohungen der Bibel sind, nach ihrer Auffassung, nur dazu bestimmt, die Menschen durch Furcht zum Gehorsam zu bringen, aber nicht um buchstäblich erfüllt zu werden. Auf diese Weise kann der Sünder in selbstsüchtigem Vergnügen dahinleben, die Anforderungen Gottes mißachten und doch erwarten, schließlich in Gnaden angenommen zu werden. Eine solche Lehre, die auf Gottes Gnade pocht, aber seine Gerechtigkeit unbeachtet läßt, gefällt dem fleischlichen Herzen und macht die Gottlosen kühn in ihrer Ungerechtigkeit. GK.540.2 Teilen

Um zu zeigen, wie die an eine allgemeine Erlösung glaubenden Menschen die Bibel verdrehen, um ihre seelenverderbenden Lehrsätze zu unterstützen, braucht man nur ihre eigenen Aussprüche anzuführen. Beim Begräbnis eines ungläubigen jungen Mannes, der durch einen Unfall plötzlich getötet worden war, wählte ein universalistischer Geistlicher als Text die auf David bezogene Aussage der Bibel: „Er hatte sich getröstet über Amnon, dass er tot war.“ 2.Samuel 13,39. GK.540.3 Teilen

„Man fragt mich häufig“, sagte der Sprecher, „was das Schicksal jener sein werde, die in Sünden die Welt verlassen, die vielleicht in trunkenem Zustand sterben, mit den unabgewaschenen Scharlachflecken des Verbrechens an ihren Kleidern, oder die dahinfahren wie dieser junge Mann, ohne je nach Religion gefragt oder ihren Segen erfahren zu haben. Wir sind zufrieden mit der Heiligen Schrift; ihre Antwort soll die schwierige Aufgabe lösen. Amnon war überaus sündig; er war unbußfertig, er wurde trunken gemacht und in diesem Zustand umgebracht. David war ein Prophet Gottes; er muss gewußt haben, ob Amnon es in der zukünftigen Welt schlecht oder gut haben werde. Was waren die Äußerungen seines Herzens? ‚Er hatte sich getröstet über Amnon, dass er tot war.‘ GK.540.4 Teilen

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Welchen Schluß könne wir aus diesen Worten ziehen? Ist es nicht dieser, dass die endlose Qual keinen Teil seines religiösen Glaubens ausmachte? So denken wir; und hier entdecken wir einen trefflichen Beweis als Stütze der angenehmeren, erleuchtenderen, wohltätigeren Annahme einer letzten allgemeinen Reinheit und eines dauernden Friedens. Er war getröstet darüber, dass sein Sohn tot war. Und warum? Weil sein prophetisches Auge vorwärts in die herrliche Zukunft blicken und sehen konnte, dass sein Sohn, nachdem er — von allen Versuchungen weit entfernt, der Knechtschaft entbunden, von der Verderbtheit der Sünde gereinigt — hinreichend geheiligt und erleuchtet worden war, in die Versammlung zum Himmel aufgefahrener, frohlockender Geister aufgenommen wurde. Sein einziger Trost war, dass sein geliebter Sohn, entrückt aus dem gegenwärtigen Zustand der Sünde und des Leidens, dorthin versetzt sei, wo die erhabensten Einflüsse des Heiligen Geistes sich in seine verfinsterte Seele ergießen würden, wo sein Gemüt der Weisheit des Himmels und dem süßen Entzücken unsterblicher Liebe geöffnet würde und er, auf diese Weise ausgerüstet mit einem geheiligten Wesen, die Ruhe und die Gemeinschaft des himmlischen Erbes genießen könne. GK.541.1 Teilen

In diesen Gedanken möchten wir so verstanden werden, dass wir glauben, die Seligkeit des Himmels hängt von nichts ab, was wir in diesem Leben tun können, weder von einer gegenwärtigen Veränderung des Herzens noch von dem jetzigen Glauben oder einem gegenwärtigen Religionsbekenntnis.“ GK.541.2 Teilen

Auf diese Weise wiederholte der angebliche Diener Christi die von der Schlange im Paradies ausgesprochene Lüge: „Ihr werdet mitnichten des Todes sterben ... Welches Tages ihr davon esset, so werden eure Augen aufgetan, und werdet sein wie Gott.“ Er erklärte, dass der gröbste Sünder, ob Mörder, Dieb oder Ehebrecher, nach dem Tode vorbereitet wird, um in unsterbliche Wonne einzugehen. GK.541.3 Teilen

Und woraus zieht dieser Verfälscher der Heiligen Schrift seine Schlüsse? Aus dem einzigen Satz, der Davids Unterwerfung unter die Fügung der Vorsehung ausdrückt. „David stand davon ab, auszuziehen wider Absalom; denn er hatte sich getröstet über Amnon, dass er tot war.“ Nachdem die Heftigkeit seines Schmerzes mit der Zeit nachgelassen hatte, wandten sich seine Gedanken von dem toten zu dem lebendigen Sohn, der aus Furcht vor der gerechten Bestrafung seines Verbrechens freiwillig in die Verbannung gegangen war. Und das wäre der Beweis, dass der blutschänderische, betrunkene Amnon unmittelbar nach dem Tode an den Ort der Wonne entrückt wurde, um dort gereinigt und zubereitet zu werden für die Gemeinschaft sündloser Engel! Eine angenehme Fabel in der Tat, wohl geeignet, das fleischliche Herz zufriedenzustellen! Dies ist Satans eigene Lehre, und sie wirkt erfolgreich für sein Werk. Dürfen wir uns wundern, dass bei solcher Belehrung die Gottlosigkeit überhandnimmt? GK.541.4 Teilen

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Das Verfahren dieses falschen Lehrers veranschaulicht das vieler anderer. Einige wenige Worte der Heiligen Schrift werden aus dem Zusammenhang gerissen, der in vielen Fällen zeigen würde, dass ihr Sinn gerade entgegengesetzt ist. Dann werden diese zerstückelten Stellen verdreht und als Beweis von Lehren gebraucht, die im Worte Gottes keine Grundlage haben. Das als Beweis angeführte Zeugnis, dass der betrunkene Amnon im Himmel sei, ist nichts als eine Schlußfolgerung, der die deutliche und bestimmte Erklärung der Heiligen Schrift, dass kein Trunkenbold das Reich Gottes ererben kann (1.Korinther 6,10), direkt widerspricht. Auf diese Weise verwandeln Zweifler, Ungläubige und Skeptiker die Wahrheit Gottes in eine Lüge; viele sind durch solche Sophistereien getäuscht und in fleischliche Sicherheit gewiegt worden. GK.542.1 Teilen

Wenn es wahr wäre, dass die Seelen aller Menschen bei ihrem Tod sofort in den Himmel gingen, dann möchten wir wohl eher den Tod begehren als das Leben. Viele sind durch diesen Glauben dazu verleitet worden, ihrem Dasein ein Ende zu machen. Von Sorgen, Schwierigkeiten und Enttäuschungen überwältigt, scheint es ein leichtes zu sein, den schwachen Lebensfaden zu zerreißen und sich zur Wonne der ewigen Welt aufzuschwingen. GK.542.2 Teilen

Gott hat in seinem Wort entschiedene Beweise dargelegt, dass er die Übertreter seines Gesetzes strafen will. Wer annimmt, dass Gott zu barmherzig sei, um an dem Sünder Gerechtigkeit zu üben, braucht nur auf das Kreuz von Golgatha zu schauen. Der Tod des makellosen Sohnes Gottes bezeugt, dass der Tod der Sünde Sold ist, dass jede Übertretung des Gesetzes Gottes ihre gerechte Vergeltung erfahren muss. Christus, der ohne Sünde war, wurde um unsertwillen zur Sünde gemacht. Er trug die Schuld der Übertretung; seines Vaters Angesicht war vor ihm verhüllt, bis sein Herz brach und das Leben in ihm erstickte. Dies Opfer wurde gebracht, damit Sünder erlöst werden könnten. Auf keine andere Weise war es möglich, den Menschen von der Strafe der Sünde frei zu machen. Jede Seele, die sich weigert, an der so teuer erkauften Versöhnung teilzuhaben, muss selbst die Schuld und Strafe der Übertretung tragen. GK.542.3 Teilen

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Wir wollen betrachten, was die Bibel weiter über die Gottlosen und Unbußfertigen lehrt, die der Universalist als heilige, glückliche Engel in den Himmel versetzt. GK.543.1 Teilen

„Ich will dem Durstigen geben von dem Brunnen des lebendigen Wassers umsonst.“ Diese Verheißung gilt nur denen, die dürsten. Nur die nach dem Wasser des Lebens verlangen und es unter allen Umständen suchen, werden es erhalten. „Wer überwindet, der wird es alles ererben, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein.“ Offenbarung 21,6.7. Hier werden ebenfalls Bedingungen aufgestellt. Um alles zu ererben, müssen wir der Sünde widerstehen und sie überwinden. GK.543.2 Teilen

Der Herr erklärt durch den Propheten Jesaja: „Prediget von den Gerechten, dass sie es gut haben ... Weh aber den Gottlosen! denn sie haben es übel, und es wird ihnen vergolten werden, wie sie es verdienen.“ Jesaja 3,10.11. „Ob ein Sünder hundertmal böses tut und lange lebt, so weiß ich doch, dass es wohl gehen wird denen, die Gott fürchten, die sein Angesicht scheuen. Aber dem Gottlosen wird es nicht wohl gehen“, sagt Salomo. Prediger 8,12.13. Und Paulus bezeugt, dass der Gottlose sich selbst häufe „Zorn auf den Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes, welcher geben wird einem jeglichen nach seinen Werken ... denen, die da zänkisch sind und der Wahrheit nicht gehorchen, gehorchen aber der Ungerechtigkeit, Ungnade und Zorn“. Römer 2,5.6.8. GK.543.3 Teilen

„Das sollt ihr wissen, dass kein Hurer oder Unreiner oder Geiziger, welcher ist ein Götzendiener, Erbe hat in dem Reich Christi und Gottes.“ Epheser 5,5. „Jaget nach — dem Frieden gegen jedermann und der Heiligung, ohne welche wird niemand den Herrn sehen.“ Hebräer 12,14. „Selig sind, die seine Gebote halten, auf dass sie Macht haben an dem Holz des Lebens und zu den Toren eingehen in die Stadt. Denn draußen sind die Hunde und die Zauberer und die Hurer und die Totschläger und die Abgöttischen und alle, die liebhaben und tun die Lüge.“ Offenbarung 22,14.15. GK.543.4 Teilen

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Gott hat den Menschen sein Wesen und seine Verfahrensweise mit der Sünde beschrieben: „Herr, Herr, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue! der da bewahret Gnade in tausend Glieder und vergibt Missetat, Übertretung und Sünde, und vor welchem niemand unschuldig ist.“ 2.Mose 34,6.7. „Der Herr ... wird vertilgen alle Gottlosen.“ „Die Übertreter werden vertilgt miteinander, und die Gottlosen werden zuletzt ausgerottet.“ Psalm 145,20; Psalm 37,38. Wohl wird die Macht und Autorität der göttlichen Regierung angewandt, um die Empörung niederzuschlagen, dennoch werden alle Bekundungen der vergeltenden Gerechtigkeit vollkommen mit dem Charakter Gottes, der barmherzig, langmütig und gütig ist, übereinstimmen. GK.544.1 Teilen

Gott zwingt niemandes Willen oder Urteil. Er hat kein Gefallen an sklavischem Gehorsam. Er wünscht, dass seine Geschöpfe ihn lieben, weil er der Liebe wert ist. Er will, dass sie ihm gehorchen, weil sie seine Weisheit, Gerechtigkeit und Großmut würdigen können. Wer eine richtige Vorstellung von diesen Eigenschaften hat, wird ihn lieben, weil er in Bewunderung seines Wesens zu ihm gezogen wird. GK.544.2 Teilen

Die Grundsätze der Freundlichkeit, Barmherzigkeit und Liebe, wie sie von unserem Heiland gelehrt und ausgelebt wurden, sind ein Abbild des Willens und Wesens Gottes. Christus erklärte, dass er nichts gelehrt habe, was er nicht von seinem Vater empfangen hätte. Die Grundsätze der göttlichen Regierung stimmen vollkommen mit dem Gebot des Heilandes überein: „Liebet eure Feinde!“ Gott läßt den Bösen Gerechtigkeit widerfahren zum Besten des Weltalls, ja selbst zum Besten derer, die von seinen Gerichten heimgesucht werden. Er würde sie glücklich machen, wenn er dies in Übereinstimmung mit den Gesetzen seiner Regierung und der Gerechtigkeit seines Wesens tun könnte. Er umgibt sie mit Zeichen seiner Liebe, er schenkt ihnen die Kenntnis seines Gesetzes und geht ihnen nach mit dem Anerbieten seiner Gnade; aber sie verachten seine Liebe, übertreten sein Gesetz und verwerfen seine Gnade. Während sie beständig seine Gaben empfangen, entehren sie den Geber. Sie hassen Gott, weil sie wissen, dass er ihre Sünden verabscheut. Der Herr hat lange Geduld mit ihrer Bosheit; aber die Stunde wird schließlich doch kommen, da ihr Schicksal entschieden werden muss. Wird er dann die Empörer an sich ketten? Wird er sie zwingen, seinen Willen zu tun? GK.544.3 Teilen

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Seelen, die Satan zu ihrem Führer erwählten und sich von seiner Macht beherrschen ließen, sind nicht vorbereitet, in die Gegenwart Gottes zu treten. Stolz, Trug, Ausschweifung, Grausamkeit haben sich in ihrem Herzen eingewurzelt. Können sie in den Himmel eingehen, um ewig mit denen zusammenzuleben, die sie auf Erden verachteten und haßten? Die Wahrheit wird einem Lügner nie angenehm sein; Sanftmut kann Eigendünkel und Stolz nicht befriedigen, Reinheit wird von dem Verderbten nicht angenommen, und selbstlose Liebe erscheint dem Selbstsüchtigen nicht anziehend. Welche Freuden könnte der Himmel denen bieten, die hier völlig in irdischen und selbstsüchtigen Interessen aufgehen? GK.545.1 Teilen

Könnten die Menschen, die ihr Leben in Empörung gegen Gott zugebracht haben, plötzlich in den Himmel versetzt werden und den hohen und heiligen Zustand der Vollkommenheit ertragen, der stets dort herrscht, wo jede Seele mit Liebe erfüllt ist, jedes Angesicht vor Freude strahlt; wo klangvolle Melodien zur Ehre Gottes und des Lammes ertönen und Ströme des Lichts, die ausgehen vom Angesicht dessen, der auf dem Stuhl sitzt, unaufhörlich über die Erlösten hinwegfluten? Könnten Seelen, deren Herzen mit Haß gegen Gott, gegen Wahrheit und Heiligkeit erfüllt sind, sich unter die himmlische Schar mischen und in ihren Lobgesang mit einstimmen? Könnten sie die Herrlichkeit Gottes und des Lammes ertragen? Nimmermehr! Jahre der Gnadenzeit waren ihnen gewährt, damit sie einen Charakter für den Himmel heranbildeten, aber sie haben sich nie darin geübt, das Reine zu lieben, haben niemals die Sprache des Himmels gelernt — nun ist es zu spät. Ein Leben der Empörung gegen Gott hat sie für den Himmel untauglich gemacht. Seine Reinheit, seine Heiligkeit und sein Friede wäre ihnen eine Qual, die Herrlichkeit Gottes ein verzehrendes Feuer. Sie würden sich danach sehnen, von jenem heiligen Orte zu fliehen. Sie heißen den Untergang willkommen, damit sie vor dem Angesicht Jesu, der starb, um sie zu erlösen, verborgen wären. Das Schicksal der Gottlosen wird durch ihre eigene Wahl besiegelt. Ihren Ausschluß aus dem Himmel haben sie freiwillig herausgefordert; von seiten Gottes ist er gerecht und barmherzig. GK.545.2 Teilen

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Gleich den Wassern der Sintflut verkünden die Feuer des großen Tages das Urteil Gottes, dass die Gottlosen unheilbar sind. Sie wollen sich der göttlichen Autorität nicht unterwerfen. Ihr Wille hat sich in Empörung geübt, und wenn das Leben zu Ende ist, wird es zu spät sein, ihre Gedanken in die entgegengesetzte Richtung zu lenken, zu spät, um sich von der Übertretung zum Gehorsam, vom Haß zur Liebe zu bekehren. GK.546.1 Teilen

Indem Gott den Mörder Kain am Leben erhielt, zeigte er der Welt, welche Folgen eintreten, wenn der Sünder am Leben bleibt und seinen Wandel in zügelloser Bosheit weiterführt. Durch den Einfluß von Kains Lehren und Beispiel wurden Tausende seiner Nachkommen zur Sünde verleitet, bis „der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar ... Die Erde war verderbt vor Gottes Augen und voll Frevels“. 1.Mose 6,5.11. GK.546.2 Teilen

Weil er mit der Erde Erbarmen hatte, vertilgte Gott ihre verderbten Bewohner zurzeit Noahs. Aus Barmherzigkeit vernichtete er die gottlosen Einwohner Sodoms. Durch die trügerische Macht Satans erlangen die Übeltäter Mitgefühl und Bewunderung und führen dadurch beständig andere zur Empörung. So war es in Kains und in Noahs Tagen, zurzeit Abrahams und Lots; so ist es auch heute. Aus Erbarmen mit dem Weltall wird Gott die Verwerfer seiner Gnade vernichten. GK.546.3 Teilen

„Der Tod ist der Sünde Sold; aber die Gabe Gottes ist das ewige Leben in Christo Jesu, unserm Herrn.“ Römer 6,23. Während Leben das Erbe der Gerechten ist, wird Tod das Teil der Gottlosen sein. Mose erklärte Israel: „Siehe, ich habe dir heute vorgelegt das Leben und das Gute, den Tod und das Böse.“ 5.Mose 30,15. Der in dieser Schriftstelle erwähnte Tod ist nicht der über Adam ausgesprochene Tod, denn alle Menschen erleiden die Strafe der Übertretung, sondern es ist der „zweite Tod“, der dem ewigen Leben gegenübergestellt wird. GK.546.4 Teilen

Der Tod ist infolge der Sünde Adams auf das ganze menschliche Geschlecht gekommen. Alle ohne Unterschied sinken ins Grab. Durch die Einsetzung des Erlösungsplanes werden alle wieder aus ihren Gräbern hervorgehen. Es gibt eine zukünftige „Auferstehung der Toten, der Gerechten und Ungerechten“. Apostelgeschichte 24,15. „Denn gleichwie sie in Adam alle sterben, also werden sie in Christo alle lebendig gemacht werden.“ 1.Korinther 15,22. Dennoch wird ein Unterschied bestehen zwischen den beiden Klassen, die aus den Gräbern hervorgehen werden. „Alle, die in den Gräbern sind, werden seine Stimme hören, und werden hervorgehen, die da Gutes getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber Übles getan haben, zur Auferstehung des Gerichts.“ Johannes 5,28.29. Die der Auferstehung des Lebens würdig befunden wurden, sind „selig ... und heilig ... Über solche hat der andere Tod keine Macht“. Offenbarung 20,6. Die Menschen hingegen, die nicht durch Buße und Glauben Vergebung erlangt haben, müssen die Strafe für ihre Übertretung, „der Sünde Sold“, erdulden. Sie erleiden Pein nach ihren Werken, unterschiedlich in Dauer und Stärke, die mit dem andern Tod endet. Da es Gott in Übereinstimmung mit seiner Gerechtigkeit und Gnade unmöglich ist, den Sünder in seinen Sünden zu erretten, muss dieser sein Leben lassen, das er durch seine Übertretungen verwirkt hat und dessen er sich unwürdig erwies. Der Psalmist sagt: „Es ist noch um ein kleines, so ist der Gottlose nimmer; und wenn du nach seiner Stätte sehen wirst, wird er weg sein.“ Psalm 37,10. Ein anderer erleuchteter Schreiber erklärt: Sie „sollen sein, als wären sie nie gewesen“. Obadja 16. Mit Schande bedeckt, versinken sie in hoffnungslose, ewige Vergessenheit. GK.546.5 Teilen

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So wird der Sünde mit allem Weh und Verderben, die aus ihr hervorgegangen sind, ein Ende gemacht. Der Psalmist sagt: „Du ... bringst die Gottlosen um; ihren Namen vertilgst du immer und ewiglich ... ihr Gedächtnis ist umgekommen samt ihnen.“ Psalm 9,6.7. In der Offenbarung hört Johannes, indem er auf den ewigen Zustand vorausblickt, einen allgemeinen Lobgesang, der von keinem einzigen Mißklang gestört wird. Alle Kreatur im Himmel und auf Erden gibt Gott die Ehre. Offenbarung 5,13. Es gibt keine verlorenen Seelen mehr, die Gott lästern, während sie sich unter Qualen krümmen; keine elenden Geschöpfe der Hölle werden ihre Schmerzensschreie mit den Gesängen der Erlösten vermischen. GK.547.1 Teilen

Auf dem Grundirrtum der natürlichen Unsterblichkeit beruht die Lehre von dem Bewußtsein im Tode — eine Lehre, die gleich der von der ewigen Qual den Lehren der Heiligen Schrift, den Eingebungen der Vernunft und unsern Gefühlen der Menschlichkeit widerstrebt. Nach allgemein verbreiteter Auffassung sind die Erlösten im Himmel mit allem vertraut, was auf Erden stattfindet, besonders mit dem Leben der Freunde, die sie zurückgelassen haben. Wie könnte es aber für die Toten eine Quelle der Glückseligkeit sein, die Widerwärtigkeiten der Lebenden zu kennen, die von ihren Lieben begangenen Sünden wahrzunehmen und zu sehen, wie sie Leiden, Enttäuschungen und die Sorgen des Lebens erdulden? Wieviel würden jene, deren Gedanken bei ihren Freunden auf Erden verweilen, von der Wonne des Himmels genießen? Und wie außerordentlich empörend ist ferner der Glaube, dass die Seele des Unbußfertigen den Flammen der Hölle übergeben werde, sobald der Odem den Leib verläßt! Welch tiefe Angst mussten die Menschen erleiden, die ihre Freunde unvorbereitet ins Grab sinken sehen, um eine Ewigkeit der Pein und der Sünde anzutreten! Viele sind durch diesen qualvollen Gedanken zum Wahnsinn getrieben worden. GK.547.2 Teilen

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Was sagt die Heilige Schrift über diese Dinge? David erklärt, dass der Tote kein Bewußtsein besitzt: „Des Menschen Geist muss davon, und er muss wieder zu Erde werden, alsdann sind verloren alle seine Anschläge.“ Psalm 146,4. Salomo bezeugt das gleiche: „Die Lebendigen wissen, dass sie sterben werden; die Toten aber wissen nichts, sie haben auch keinen Lohn mehr — denn ihr Gedächtnis ist vergessen, dass man sie nicht mehr liebt noch haßt noch neidet — und haben kein Teil mehr auf der Welt an allem, was unter der Sonne geschieht ... Denn bei den Toten, dahin du fährst, ist weder Werk, Kunst, Vernunft noch Weisheit.“ Prediger 9,5.6.10. GK.548.1 Teilen

Als Hiskias Leben, in Erfüllung seines Gebets, um fünfzehn Jahre verlängert wurde, huldigte der dankbare König Gott mit Lob und Preis für seine große Barmherzigkeit. In diesem Lobgesang nennt er den Grund seiner Freude: „Denn die Hölle lobt dich nicht; so rühmt dich der Tod nicht, und die in die Grube fahren, warten nicht auf deine Wahrheit; sondern allein, die da leben, loben dich, wie ich jetzt tue.“ Jesaja 38,18.19. Die allgemeine Theologie sagt von den gerechten Toten, dass sie im Himmel seien, wo sie, in Wonne lebend, Gott mit unsterblicher Zunge preisen; aber Hiskia konnte im Tode keine solche herrliche Erwartung sehen. Mit seinen Worten stimmt das Zeugnis des Psalmisten überein: „Im Tode gedenkt man dein nicht; wer will dir bei den Toten danken?“ „Die Toten werden dich, Herr, nicht loben, noch die hinunterfahren in die Stille.“ Psalm 6,6; Psalm 115,17. GK.548.2 Teilen

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Petrus sagte am Pfingsttag von dem Erzvater David. „Er ist gestorben und begraben, und sein Grab ist bei uns bis auf diesen Tag ... Denn David ist nicht gen Himmel gefahren.“ Apostelgeschichte 2,29.34. Die Tatsache, dass David bis zur Auferstehung im Grabe bleibt, beweist: Die Gerechten gehen beim Tode nicht in den Himmel ein. Nur durch die Auferstehung und kraft der Tatsache, dass Christus auferstanden ist, kann David schließlich zur Rechten Gottes sitzen. GK.549.1 Teilen

Paulus erklärte: „So die Toten nicht auferstehen, so ist Christus auch nicht auferstanden. Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube eitel, so seid ihr noch in euren Sünden. So sind auch die, so in Christo entschlafen sind, verloren.“ 1.Korinther 15,16-18. Wären 4000 Jahre lang die Gerechten beim Tode sofort in den Himmel aufgenommen worden, wie hätte Paulus dann sagen können, dass, wenn es keine Auferstehung gäbe, „auch die, so in Christo entschlafen sind, verloren“ seien? Es wäre dann überhaupt keine Auferstehung nötig. GK.549.2 Teilen

Der Märtyrer Tyndale sagte über den Zustand der Toten: „Ich gestehe offen, ich bin nicht davon überzeugt, dass sie schon in der Herrlichkeit leben, wie Christus und die erwählten Engel Gottes. Auch ist diese Lehre kein Artikel meines Glaubensbekenntnisses; denn wenn dem so wäre, sähe ich die Predigt von der Auferstehung des Leibes als ganz vergeblich an.“ 1 GK.549.3 Teilen

Es ist eine unleugbare Tatsache, dass die Hoffnung, beim Tode sofort in unsterbliche Seligkeit versetzt zu werden, zu einer weitverbreiteten Vernachlässigung der biblischen Lehre über die Auferstehung geführt hat. Dr. Adam Clarke stellte dies fest und sagte: „Die Auferstehungslehre scheint unter den ersten Christen von weit größerer Bedeutung gewesen zu ein, als es heute der Fall ist. Wie kommt das? Die Apostel betonten sie beständig und ermahnten durch sie die Gotteskinder zu Fleiß, Gehorsam und Freudigkeit. Ihre Nachfolger in der Gegenwart erwähnen sie nur selten! So predigten die Apostel und so glaubten die ersten Christen; so predigen wir, und so glauben unsere Zuhörer. Es gibt keine Lehre im Evangelium, auf die mehr Nachdruck gelegt wird, und es findet sich keine Lehre in der gegenwärtigen theologischen Verkündigung, die mehr vernachlässigt wird.“ (Clarke, „Commentary on the New Testament“, Bd. II, über 1.Korinther 15). GK.549.4 Teilen

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Dies hat angedauert, bis die herrliche Wahrheit von der Auferstehung beinahe gänzlich verdunkelt und von der christlichen Welt fast völlig aus den Augen verloren worden ist. Ein führender religiöser Schriftsteller sagt in seinen Anmerkungen zu den Worten des Apostels Paulus in 1.Thessalonicher 4,13-18: „Für alle praktischen Zwecke des Trostes nimmt die Lehre von der seligen Unsterblichkeit der Gerechten für uns die Stelle irgendeiner zweifelhaften Lehre von dem zweiten Kommen Christi ein. Bei unserem Tode kommt der Herr für uns. Darauf sollen wir harren, dafür wachen. Die Toten sind bereits in die Herrlichkeit eingegangen. Sie warten nicht auf die Posaune, ihr Urteil und ihre Seligkeit zu erlange.“ GK.550.1 Teilen

Aber als Jesus im Begriff stand, seine Jünger zu verlassen, sagte er ihnen nicht, dass sie bald zu ihm kommen würden. „Ich gehe hin“, sprach er, „euch die Stätte zu bereiten. Und wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, so will ich wiederkommen und euch zu mir nehmen.“ Johannes 14,2.3. Und Paulus sagt uns weiter, dass „er selbst, der Herr, wird mit einem Feldgeschrei und der Stimme des Erzengels und mit der Posaune Gottes herniederkommen vom Himmel, und die Toten in Christo werden auferstehen zuerst. Darnach wir, die wir leben und übrig bleiben, werden zugleich mit ihnen hingerückt werden in den Wolken, dem Herrn entgegen in der Luft, und werden also bei dem Herrn sein allezeit.“ Außerdem fügt er hinzu: „So tröstet euch nun mit diesen Worten untereinander.“ 1.Thessalonicher 4,16-18. Wie groß ist der Unterschied zwischen diesen Worten des Trostes und jenen eben angeführten Bemerkungen des Universalistenpredigers! Dieser tröstete die trauernden Freunde mit der Versicherung, dass der Tote, wie sündig er auch gewesen sein mag, unter die Engel aufgenommen worden sei, sobald er sein Leben hier auf Erden ausgehaucht hatte. Paulus weist seine Brüder auf das zukünftige Kommen des Herrn hin, da die Fesseln des Grabes gebrochen und „die Toten in Christo“ zu ewigen Leben auferweckt werden sollen. GK.550.2 Teilen

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Bevor irgendwelche Seelen die Wohnungen der Seligen betreten können, muss jeder Fall untersucht, müssen ihr Charakter und ihre Werke von Gott beurteilt werden. Alle werden nach den in den Büchern aufgezeichneten Berichten gerichtet; alle werden den Lohn empfangen nach ihren Werken. Dieses Gericht findet nicht beim Tode statt. Man beachte die Worte des Paulus: „Darum dass er einen Tag gesetzt hat, an welchem er richten will den Kreis des Erdbodens mit Gerechtigkeit durch einen Mann, in welchem er’s beschlossen hat und jedermann vorhält den Glauben, nachdem er ihn hat von den Toten auferweckt.“ Apostelgeschichte 17,31. Hier erklärt der Apostel deutlich, dass für das Gericht eine bestimmte, damals zukünftige Zeit festgesetzt sei. GK.551.1 Teilen

Judas verweist auf denselben Zeitpunkt: „Die Engel, die ihr Fürstentum nicht bewahrten, sondern verließen ihre Behausung, hat er behalten zum Gericht des großen Tages mit ewigen Banden in der Finsternis.“ Ferner führt er die Worte Henochs an: „Siehe, der Herr kommt mit vielen tausend Heiligen, Gericht zu halten über alle.“ Judas 6.14.15. Johannes erklärt, dass er „sah die Toten, beide, groß und klein, stehen vor Gott ... Und die Toten wurden gerichtet nach der Schrift in den Büchern, nach ihren Werken.“ Offenbarung 20,12. GK.551.2 Teilen

Wenn sich aber die Toten bereits der Wonne des Himmels erfreuen oder sich in den Flammen der Hölle winden, wozu ist dann noch ein künftiges Gericht notwendig? Die Lehren des Wortes Gottes über diese wichtigen Fragen sind weder dunkel noch widersprechend, sie können von einfachen Leuten verstanden werden. Welches aufrichtige Gemüt kann aber in der üblichen Lehre Weisheit oder Gerechtigkeit sehen? Sollen die Gerechten nach der Untersuchung ihrer Fälle im Gericht das Lob empfangen: „Ei du frommer und getreuer Knecht ... gehe ein zu deines Herrn Freude!“ (Matthäus 25,21), wenn sie vielleicht schon jahrhundertelang in seiner Gegenwart verweilt haben? Sollen die Gottlosen von dem Ort der Qual weggerufen werden, um von dem Richter der ganzen Erde das Urteil zu vernehmen: „Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer“? Matthäus 25,41. Welch ein Spott! Welch schändliche Anklage gegen die Weisheit und Gerechtigkeit Gottes! GK.551.3 Teilen

Die Theorie von der Unsterblichkeit der Seele war eine der falschen Lehren, die Rom dem Heidentum entlehnte und mit der christlichen Religion vermengte. Martin Luther reihte sie „den zahllosen Ausgeburten des römischen Misthaufens der Dekretalen an“. Petavel, „The Problem of Immortality“ 2551 In seinen Anmerkungen zu den Worten Salomos im Prediger, dass die Toten nichts wissen, sagt der Reformator. „Ein weiterer Beweis, dass die Toten bewußtlos sind. Salomo denkt deshalb, die Toten schliefen gänzlich, und dächten an nichts. Sie liegen, ohne Tage oder Jahre zu rechnen; doch wenn sie aufwachen, wird es ihnen vorkommen, als ob sie nur einen Augenblick geschlafen hätten.“ 1 GK.551.4 Teilen

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Nirgends in der Heiligen Schrift ist die Erklärung zu finden, dass die Gerechten ihre Belohnung oder die Gottlosen ihre Strafe beim Tode erhalten. Die Erzväter und Propheten haben keine solche Zusicherung hinterlassen. Christus und seine Apostel haben nichts Derartiges angedeutet. Die Bibel lehrt deutlich, dass die Toten nicht unmittelbar in den Himmel eingehen, sondern bis zur Auferstehung schlafen. (1.Thessalonicher 4,14; Hiob 14,10-12.) An demselben Tage, an dem der „silberne Strick“ wegkommt und die „goldene Schale“ zerbricht (Prediger 12,6), werden des Menschen Gedanken zunichte. Die in das Grab hinunterfahren, verharren in Schweigen. Sie wissen nichts mehr von allem, was unter der Sonne geschieht. Hiob 14,21. Selige Ruhe für die müden Gerechten! Die Zeit, sei sie kurz oder lang, ist nur ein Augenblick für sie! Sie entschlafen und werden durch die Posaune Gottes zu einer herrlichen Unsterblichkeit auferweckt. „Denn es wird die Posaune schallen, und die Toten werden auferstehen unverweslich ... Denn dies Verwesliche muss anziehen die Unverweslichkeit, und dies Sterbliche muss anziehen die Unsterblichkeit. Wenn aber dies Verwesliche wird anziehen die Unverweslichkeit, und dies Sterbliche wird anziehen die Unsterblichkeit, dann wird erfüllt werden das Wort, das geschrieben steht. >Der Tod ist verschlungen in den Sieg.“ 1.Korinther 15,52-55. Wenn sie aus ihrem tiefen Schlummer herausgerufen werden, fangen sie gerade da an zu denken, wo sie seinerzeit aufhörten. Das letzte Gefühl war die Todesangst, der letzte Gedanke, dass sie der Macht des Grabes anheimfielen. Nun, da sie auferstanden sind, wird ihr erster froher Gedanke in dem frohlockenden Ruf ausbrechen: „Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg?“ 1.Korinther 15,52-55. GK.552.1 Teilen

Kapitel 34: Der Spiritismus
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Der Dienst der heiligen Engel, wie ihn das Wort Gottes darstellt, ist für jeden Nachfolger Christi eine besonders trostreiche und köstliche Wahrheit. Aber die biblische Lehre darüber ist durch die Irrtümer einer im Volke beliebten Theologie verdunkelt und verfälscht worden. Die Lehre von einer natürlichen Unsterblichkeit, anfangs der heidnischen Philosophie entlehnt und in der Finsternis des großen Abfalls mit dem christlichen Glauben verbunden, hat die in der Heiligen Schrift so deutlich gelehrte Wahrheit, dass die Toten nichts wissen, verdrängt. Sehr viele Menschen glauben heute, dass „dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit“ (Hebräer 1,14), Geister der Toten seien, obgleich die heilige Schrift das Dasein himmlischer Engel und ihre Verbindung mit der Geschichte des Menschen bezeugt, ehe noch ein menschliches Wesen gestorben war. GK.553.1 Teilen

Die Lehre von dem Bewußtsein des Menschen im Tode, insbesondere die Überzeugung, dass die Geister der Verstorbenen zurückkehren, um den Lebenden zu dienen, hat dem modernen Spiritismus den Weg bereitet. Wenn die Toten in die Gegenwart Gottes und der heiligen Engel treten dürfen und mit weit mehr Erkenntnis begünstigt werden, als sie vorher besaßen, warum sollten sie dann nicht auf diese Erde zurückkehren, um die Lebenden zu erleuchten und zu unterweisen? Wenn die Geister der Toten, wie von den volkstümlichen Theologen gelehrt wird, ihre Freunde auf Erden umschweben, warum sollten sie dann nicht mit ihnen verkehren dürfen, um sie vor der Sünde zu warnen oder sie in ihrem Kummer zu trösten? Wie können Seelen, die an ein bewußtes Fortleben des Menschen nach dem Tode glauben, das verwerfen, was verklärte Geister ihnen als göttliches Licht mitteilen? Hier ist ein als heilig betrachtetes Mittel, durch das Satan auf das Erreichen seiner Absichten hinwirkt. Die gefallenen Engel, die seine Befehle ausführen, erscheinen als Boten aus der Geisterwelt. Unter dem Deckmantel, die Lebenden mit den Toten zu verbinden, übt der Fürst des Bösen seinen bestrickenden Einfluß auf ihre Gemüter aus. GK.553.2 Teilen

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Er hat die Macht, den Menschen die Erscheinung ihrer abgeschiedenen Freunde vor Augen zu führen. Die Nachahmung ist vollkommen; das bekannte Aussehen, die Worte, die Stimme werden mit unglaublicher Deutlichkeit wiedergegeben. Viele werden durch die Versicherung getröstet, dass ihre Lieben die Wonne des Himmels genießen, und schenken, ohne Gefahr zu argwöhnen, den „verführerischen Geistern und Lehren der Teufel“ (1.Timotheus 4,1) Gehör. GK.554.1 Teilen

Sind sie dann verleitet worden zu glauben, dass die Toten tatsächlich zurückkommen, um mit ihnen zu verkehren, so läßt Satan Menschen erscheinen, die unvorbereitet starben. Diese behaupten jetzt, im Himmel glücklich zu sein und dort sogar gehobene Stellungen einzunehmen. Auf diese Weise wird die irrige Auffassung verbreitet, dass zwischen den Gerechten und den Gottlosen kein Unterschied gemacht werde. Die angeblichen Besucher aus der Geisterwelt äußern zuweilen Warnungen und Mahnungen zur Vorsicht, die sich als richtig erweisen. Haben sie dann Vertrauen gewonnen, bringen sie Lehren vor, die den Glauben an die Heilige Schrift geradezu untergraben. Mit dem Anschein großer Anteilnahme an der Wohlfahrt ihrer Freunde auf Erden flößen sie ihnen die gefährlichsten Irrtümer ein. Die Tatsache, dass sie einige Wahrheiten darlegen und zuweilen imstande sind, zukünftige Ereignisse vorauszusagen, gibt ihren Aussagen einen Anschein von Zuverlässigkeit. Ihre falschen Lehren werden von der Menge so bereitwillig angenommen und so blind geglaubt, als seien es die heiligsten Wahrheiten der Bibel. Das Gesetz Gottes wird beiseite geschoben, der Geist der Gnade verachtet, das Blut des Bundes als etwas Unheiliges angesehen. Die Geister verleugnen die Gottheit Christi und stellen sich sogar mit dem Schöpfer auf die gleiche Stufe. So führt der große Empörer unter einer neuen Maske weiterhin seinen Kampf gegen Gott, den er im Himmel begonnen und beinahe 6000 Jahre auf Erden fortgesetzt hat. GK.554.2 Teilen

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Viele bemühen sich, die spiritistischen Bekundungen dadurch zu erklären, dass sie diese gänzlich als Betrug hinstellen oder sie den Kunstgriffen des Mediums zuschreiben. Während es zwar wahr ist, dass Taschenspielerkünste oft als echte Offenbarungen ausgegeben werden, hat man auch außerordentliche Kundgebungen übernatürlicher Kräfte wahrgenommen. Das geheimnisvolle Klopfen, womit der moderne Spiritismus begann, war nicht das Ergebnis menschlicher Kunstgriffe oder Geschicklichkeit, sondern das unmittelbare Werk böser Engel, die auf diese Weise eine der erfolgreichsten seelenverderbenden Täuschungen einführten. Viele werden verstrickt durch die Annahme, dass der Spiritismus eine rein menschliche Betrügerei sei; werden sie aber Bekundungen gegenübergestellt, die sie nur als übernatürlich betrachten können, dann werden sie verblendet und verführt, sie als die große Macht Gottes anzunehmen. GK.555.1 Teilen

Diese Leute übersehen das Zeugnis der heiligen Schrift über die durch Satan und seine Engel gewirkten Wunder. Durch satanische Hilfe waren Pharaos Zauberer fähig, das Werk Gottes nachzuahmen. Paulus bezeugt, dass vor der Wiederkunft Christi ähnliche Offenbarungen der satanischen Macht stattfinden werden. Dem Kommen des Herrn muss die „Wirkung des Satans mit allerlei lügenhaftigen Kräften und Zeichen und Wundern und mit allerlei Verführung zur Ungerechtigkeit“ (2.Thessalonicher 2,9.10) vorausgehen. Der Apostel Johannes beschreibt die Wunder wirkende Macht, die in den letzten Tagen offenbart werden wird, mit folgenden Worten: „Und tut große Zeichen, dass es auch macht Feuer vom Himmel fallen vor den Menschen; und verführt, die auf Erden wohnen, um der Zeichen willen, die ihm gegeben sind zu tun.“ Offenbarung 13,13.14. Keine bloßen Betrügereien sind hier vorhergesagt. Die Menschen werden verführt durch die Wunder, die Satans Helfer ausüben können und nicht etwa nur vorgeben auszuüben. GK.555.2 Teilen

Der Fürst der Finsternis, der so lange die Kräfte seines gewaltigen Geistes Täuschungen geweiht hat, paßt seine Versuchungen den Menschen aller Klassen und Stände geschickt an. Den Gebildeten stellt er den Spiritismus in seinen verfeinerten und verstandesmäßigen Gesichtspunkten dar, wodurch es ihm gelingt, viele in sein Netz zu ziehen. Die Weisheit, die der Spiritismus verleiht, ist, wie der Apostel Jakobus sagt, „nicht die Weisheit, die von obenherab kommt, sondern irdisch, menschlich und teuflisch“. Jakobus 3,15. Dies verbirgt der große Betrüger jedoch, wenn die Verstellung seinen Absichten am besten dient. Der in der Wüste der Versuchung vor Christus im Glanz der himmlischen Seraphim erscheinen konnte, kommt zu den Menschen in einer außerordentlich anziehenden Weise als ein Engel des Lichts. Er wendet sich an den Verstand, indem er gewichtige Themen vorbringt; er entzückt die Einbildungskraft durch hinreißende Darstellungen und erwirbt sich die Zuneigung durch beredte Schilderungen der Liebe und Menschenfreundlichkeit. Er reizt die Phantasie zu einem himmelstürmenden Aufschwung und verleitet die Menschen zu einer so hohen Meinung von ihrer Weisheit, dass sie in ihren Herzen den Ewigen verachten. Jenes mächtige Wesen, das den Erlöser der Welt auf einen sehr hohen Berg nehmen und ihm alle Reiche der Erde und ihre Herrlichkeit zeigen konnte, wird mit seinen Versuchungen den Menschen in einer Weise nahen, dass aller Sinne verwirrt werden, die nicht unter dem Schutz der göttlichen Macht stehen. GK.555.3 Teilen

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Satan beeinflußt jetzt die Menschen, wie er Eva in Eden beeinflußte, indem er ihnen schmeichelt, in ihnen das Verlangen nach verbotenen Kenntnissen weckt und ein ehrgeiziges Streben nach Selbsterhebung erregt. Weil er sich selbst diesen bösen Begierden hingab, kam er zu Fall, und nun versucht er, durch sie die Menschen ins Verderben zu stürzen. Ihr „werdet sein wie Gott“, erklärte er, „und wissen, was gut und böse ist“. 1.Mose 3,5. Der Spiritismus lehrt: „Der Mensch sei ein Geschöpf des Fortschritts; von Geburt an sei seine Bestimmung, sich zur Gottheit hinzuentwickeln bis in die Ewigkeit.“ Und abermals: „Jeder Geist wird sich selbst richten, und nicht ein anderer ... Das Gericht wird ein richtiges sein, denn es ist ein Selbstgericht ... Der Thron ist in dir selber.“ Ein spiritistischer Lehrer sagte, als das „geistige Bewußtsein“ in ihm erwachte: „Alle meine Mitmenschen waren nichtgefallene Halbgötter.“ Ein anderer behauptete: „Jedes gerechte und vollkommene Wesen ist Christus.“ GK.556.1 Teilen

So hat Satan an die Stelle der Gerechtigkeit und Vollkommenheit des ewigen Gottes, dem allein Anbetung gebührt, und an die Stelle der vollkommenen Gerechtigkeit seines Gesetzes, des wahren Maßstabes menschlichen Strebens, die sündhafte, irrende Natur des Menschen gesetzt, der die Verehrung gebühre, die die einzige Richtschnur des Gerichts sei, der einzige Maßstab des Charakters. Dies ist der Fortschritt, aber nicht aufwärts, sondern abwärts. GK.556.2 Teilen

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Es ist ein Gesetz der geistigen wie auch der geistlichen Natur, dass wir, indem wir uns mit einer Sache näher beschäftigen, umgewandelt werden. Das Gemüt paßt sich allmählich den Dingen an, bei denen man es verweilen läßt. Es wird dem ähnlich, was zu lieben und zu verehren ihm Gewohnheit geworden ist. Der Mensch wird nie über den von ihm gesetzten Maßstab von Reinheit, Güte oder Wahrheit hinauskommen. Ist das eigene Ich sein höchstes Ideal, so wird er niemals etwas Erhabeneres erreichen. Im Gegenteil, er wird beständig tiefer sinken. Die Gnade Gottes allein hat die Macht, den Menschen zu erheben. Bleibt er sich selbst überlassen, so muss sein Lauf unvermeidlich abwärts führen. GK.557.1 Teilen

Den ihren Leidenschaften nachgehenden, vergnügungssüchtigen, sinnlichen Menschen tritt der Spiritismus unter einer weniger feinen Maske entgegen als den Gebildeten und Geistreichen; denn sie finden in seinen gröberen Formen gerade das, was mit ihren Neigungen im Einklang steht. Satan studiert jedes Anzeichen einer Gebrechlichkeit der menschlichen Natur, er merkt sich die Sünden, die zu begehen jeder einzelne geneigt ist, und gibt dann acht, dass es nicht an Gelegenheiten fehlt, die Neigung zum Bösen zu befriedigen. Er verleitet die Menschen, zu übertreiben, was an und für sich recht und gut ist, so dass sie durch Unmäßigkeit die körperliche, geistige und sittliche Kraft schwächen. Er verdarb und verdirbt Tausende durch die Befriedigung der Leidenschaften, wodurch die ganze Natur des Menschen auf die Stufe des Tieres absinkt. Um sein Werk zu vervollständigen, behauptet er durch die Geister, dass die wahre Erkenntnis den Menschen über alle Gesetze erhaben mache; dass alles, was bestehe, recht sei; dass Gott nicht verdamme und dass alle Sünden, die begangen werden, harmlos seien. Wenn Menschen auf diese Weise verleitet werden zu glauben, dass die Lust das höchste Gesetz sei, dass Freiheit vollständige Ungebundenheit bedeute und dass er nur sich selbst Rechenschaft zu geben habe, ist es dann verwunderlich, dass sich überall Verderbtheit und sittliche Verkommenheit breitmacht? Tausende nehmen begierig die Lehren an, die ihnen die Freiheit geben, den Neigungen des fleischlichen Herzens zu willfahren. Die Zügel der Selbstbeherrschung werden der Lust überlassen, die Kräfte des Geistes und der Seele den tierischen Neigungen unterworfen, und Satan treibt frohlockend Tausende in sein Netz, die angeblich Nachfolger Christi sein wollen. GK.557.2 Teilen

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Niemand braucht durch die lügenhaften Ansprüche des Spiritismus getäuscht zu werden. Gott hat der Welt hinreichend Licht gegeben, die Schlinge entdecken zu können. Wie bereits dargelegt wurde, steht die Lehre, die die eigentliche Grundlage des Spiritismus bildet, in schroffem Widerspruch zu den deutlichsten Aussagen der Heiligen Schrift. Die Bibel lehrt, dass die Toten nichts wissen, dass ihre Gedanken dahin sind, dass sie keinen Teil haben an irgend etwas, das unter der Sonne geschieht, und nichts wissen von den Freuden und Schmerzen derer, die ihnen auf Erden am teuersten waren. GK.558.1 Teilen

Ferner hat Gott ausdrücklich jeden angeblichen Verkehr mit den abgeschiedenen Geistern verboten. Unter den Hebräern gab es Leute, die wie die Spiritisten heutzutage behaupteten, Umgang mit den Toten zu haben. Aber die „Wahrsagegeister“, wie man diese Besucher aus der andern Welt nannte, werden von der Bibel als „Geister der Teufel“ bezeichnet. Vgl. 4.Mose 25,1-3; Psalm 106,28; 1.Korinther 10,20; Offenbarung 16,14. Mit Wahrsagegeistern zu verkehren, wurde vom Herrn als Greuel angesehen und unter Todesstrafe feierlich verboten. 3.Mose 19,31; 3.Mose 20,27. Schon der Name „Zauberei“ wird jetzt verachtet. Die Behauptung, dass Menschen mit bösen Geistern in Verbindung stehen können, wird als eine mittelalterliche Fabel betrachtet. Der Spiritismus aber, der seine Anhänger nach Hunderttausenden, ja nach Millionen zählt, der sich seinen Weg in wissenschaftliche Kreise gebahnt, sich in Kirchen gedrängt hat, der in gesetzgebenden Körperschaften, ja sogar an den Höfen der Könige günstig aufgenommen wurde — diese Riesentäuschung ist nur eine Wiederbelebung der vor alters verdammten und verbotenen Zauberei in einem neuen Gewande. GK.558.2 Teilen

Selbst wenn es kein anderes Kennzeichen für den wahren Charakter des Spiritismus gäbe, sollte es für den Christen genügen, dass die Geister keinen Unterschied zwischen Gerechtigkeit und Sünde, zwischen den edelsten und reinsten Aposteln Christi und den verkommensten Dienern Satans machen. Indem Satan die schlechtesten Menschen in den Himmel versetzt und sie in dort gehobener Stellung darstellt, erklärt er der Welt: Gleichviel, wie gottlos ihr auch seid, ob ihr Gott und der Bibel glaubt oder nicht — lebt, wie es euch gefällt; der Himmel ist eure Heimat. GK.558.3 Teilen

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Die spiritistischen Lehrer behaupten tatsächlich: „‚Wer Böses tut, der gefällt dem Herrn, und zu solchen hat er‘, oder: ‚Wo ist der Gott, der da strafe?‘“ Maleachi 2,17. Gottes Wort aber sagt: „Weh denen, die Böses gut und Gutes böse heißen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen!“ Jesaja 5,20. GK.559.1 Teilen

Diese Lügengeister stellen die Apostel so hin, als widersprächen sie dem, was sie unter Eingebung des Heiligen Geistes schrieben, als sie noch auf Erden waren. Sie leugnen den göttlichen Ursprung der Bibel, vernichten dadurch die Grundlage der Hoffnung des Christen und löschen das Licht aus, das den Weg zum Himmel offenbart. Satan macht die Welt glauben, dass die Bibel nur ein erdichtetes oder wenigstens ein nur für unsere Vorfahren passendes Buch sei, das jetzt geringgeschätzt oder als veraltet beiseite geworfen werden sollte. Als Ersatz für das Wort Gottes weist er auf spiritistische Offenbarungen hin. Hier ist ein Weg, der völlig unter seiner Herrschaft steht; hierdurch kann er die Welt glauben machen, was er will. Das Buch, das ihn und seine Nachfolger richten wird, stellt er in den Schatten, wohin er es haben will; den Heiland der Welt würdigt er zu einem gewöhnlichen Menschen herab. Und wie die römischen Wachen, die das Grab Jesu bewachten, das lügenhafte Gerücht verbreiteten, das ihnen die Priester und Ältesten in den Mund gelegt hatten, um Christi Auferstehung zu widerlegen, so versuchen die Anhänger spiritistischer Offenbarungen den Anschein zu erwecken, dass an dem Leben unseres Heilandes nichts Wunderbares sei. Nachdem sie auf diese Weise versucht haben, Jesus in den Hintergrund zu drängen, lenken sie die Aufmerksamkeit ihrer Opfer auf ihre eigenen Wunder und erklären, dass diese die Werke Christi bei weitem übertreffen. GK.559.2 Teilen

Wohl verändert der Spiritismus jetzt seine Form, verbirgt einige seiner verwerflicheren Züge und hängt sich ein christliches Mäntelchen um. Doch seine Aussprüche in öffentlichen Reden und in der Presse sind dem Volke schon seit Jahren bekannt; in ihnen offenbart sich sein wirklicher Charakter. Diese Lehren können weder geleugnet noch verborgen werden. GK.559.3 Teilen

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Selbst in der gegenwärtigen Form ist die Täuschung weit davon entfernt, der Duldung würdiger zu sein als früher; in Wirklichkeit ist sie gefährlicher, weil sie weit verfänglicher ist. Während sie früher Christus und die Bibel verwarf, gibt sie nun vor, beide anzunehmen. Doch wird die Bibel in einer Weise ausgelegt, die dem nicht erneuerten Herzen gefällt, während ihre ernstesten und wichtigsten Wahrheiten als wertlos hingestellt werden. Man spricht von der Liebe als der Haupteigenschaft Gottes, erniedrigt sie aber zu einer schwachen Gefühlsseligkeit, die wenig Unterschied macht zwischen dem Guten und dem Bösen. Gottes Gerechtigkeit, seine Verdammung der Sünde, die Forderungen seines heiligen Gesetzes werden nicht beachtet. Das Volk wird gelehrt, die Zehn Gebote als toten Buchstaben zu betrachten. Angenehme, bezaubernde Fabeln nehmen die Sinne gefangen und veranlassen die Menschen, die Heilige Schrift als Grundlage ihres Glaubens zu verwerfen. Christus wird ebenso verleugnet wie ehemals; aber Satan hat die Augen der Menschen so geblendet, dass sie die Täuschung nicht wahrnehmen. GK.560.1 Teilen

Es gibt nur wenige, die eine richtige Vorstellung haben von der täuschenden Macht des Spiritismus und von der Gefahr, seinem Einfluß zu unterliegen. Viele beschäftigen sich damit, nur um ihre Neugierde zu befriedigen. Sie glauben nicht wirklich daran und würden zurückschrecken vor dem Gedanken, sich unter die Herrschaft der Geister zu stellen. Sie wagen sich auf verbotenes Gebiet, und der gewaltige Verderber übt gegen ihren Willen seine Macht auf sie aus. Sind sie einmal bewogen worden, sich von ihm leiten zu lassen, so hält er sie gefangen. Es ist ihnen unmöglich, sich aus eigener Kraft von diesem bezaubernden, verlockenden Bann loszureißen. Nichts außer der Macht Gottes kann diese verstrickten Seelen in Erhörung eines ernsten, im Glauben gesprochenen Gebetes befreien. GK.560.2 Teilen

Die sündhaften Neigungen frönen oder vorsätzlich einer bewußten Sünde nachgehen, fordern dadurch die Versuchungen Satans heraus. Sie trennen sich von Gott und der Fürsorge seiner Engel; tritt der Böse dann mit Täuschungen an sie heran, sind sie schutzlos und fallen ihm leicht zum Opfer. Die sich auf diese Weise in seine Macht begeben, ahnen kaum, wo ihr Leben enden wird. Nachdem der Versucher sie gestürzt hat, bedient er sich ihrer, um andere ins Verderben zu locken. GK.560.3 Teilen

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Der Prophet Jesaja sagt: „Wenn sie aber zu euch sagen: Ihr müsset die Wahrsager und Zeichendeuter fragen, die da flüstern und murmeln (so sprecht): Soll nicht ein Volk seinen Gott fragen, oder soll man die Toten für die Lebendigen fragen? Ja, nach dem Gesetz und Zeugnis! Werden sie das nicht sagen, so werden sie die Morgenröte nicht haben.“ Jesaja 8,19.20. Hätten die Menschen die in der Heiligen Schrift so deutlich dargelegte Wahrheit über die Natur des Menschen und den Zustand der Toten angenommen, so würden sie in den Behauptungen und Bekundungen des Spiritismus Satans Wirken mit Macht und Zeichen und betrügerischen Wundern erblicken. Aber statt die dem fleischlichen Herzen so angenehme Ungebundenheit aufzugeben und sich von den liebgewordenen Sünden loszureißen, verschließen viele ihre Augen vor dem Licht und wandeln unbekümmert um alle Warnungen weiter, während Satan ihnen Schlingen legt, denen sie zum Opfer fallen. „Dafür dass sie die Liebe zur Wahrheit nicht haben angenommen, ... wird ihnen Gott kräftige Irrtümer senden, dass sie glauben der Lüge.“ 2.Thessalonicher 2,10.11. GK.561.1 Teilen

Die sich den Lehren des Spiritismus widersetzen, greifen nicht nur Menschen, sondern auch den Teufel und seine Engel an. Sie haben den Kampf aufgenommen mit Fürsten und Gewaltigen und mit den bösen Geistern unter dem Himmel. Satan wird auch nicht einen Zollbreit seines Bereiches preisgeben, es sei denn, dass er durch die Macht himmlischer Boten zurückgetrieben wird. Gottes Volk sollte imstande sein, ihm mit den gleichen Worten zu begegnen, mit denen unser Heiland ihm entgegentrat: „Es steht geschrieben.“ Matthäus 4,4.7.10. Wie in den Tagen Christi führt Satan auch heute Schriftstellen an und verdreht ihre Aussagen, um seine Täuschungen zu unterstützen. Wer in dieser Zeit der Gefahr standhalten möchte, muss das Zeugnis der Heiligen Schrift verstehen. GK.561.2 Teilen

Viele werden Geistern der Teufel gegenübergestellt, die in Gestalt lieber Verwandter oder Freunde erscheinen und die gefährlichsten Irrlehren verkünden. Diese Besucher werden unsere zärtlichsten Gefühle berühren und Wunder wirken, um ihren Behauptungen Nachdruck zu verleihen. Wir müssen bereit sein, ihnen mit der Bibelwahrheit entgegenzutreten, dass die Toten nichts wissen und dass alle, die auf diese Weise erscheinen, Geister der Teufel sind. Die „Stunde der Versuchung, die kommen wird über den ganzen Weltkreis“ (Offenbarung 3,10), steht unmittelbar bevor. Alle, deren Glaube nicht fest auf das Wort Gottes gegründet ist, werden hintergangen und überwunden werden. Satan wirkt „mit allerlei Verführung“, um die Menschenkinder unter seine Herrschaft zu bringen; seine Täuschungen nehmen ständig zu. Er kann jedoch sein Ziel nur erreichen, wenn die Menschen freiwillig auf seine Versuchungen eingehen. Wer ernsthaft nach der Erkenntnis der Wahrheit sucht und bestrebt ist, seine Seele durch Gehorsam zu läutern, und auf diese Weise alles in seinen Kräften Stehende tut, um sich auf den Kampf vorzubereiten, der wird in dem Gott der Wahrheit eine sichere Schutzwehr finden. „Dieweil du hast bewahrt das Wort meiner Geduld, will ich auch dich bewahren“ (Offenbarung 3,10), lautet die Verheißung Jesu. Er würde eher alle Engel des Himmels senden, sein Volk zu beschützen, als einen, der ihm vertraut, preiszugeben, damit Satan ihn überwinde. GK.561.3 Teilen

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Der Prophet Jesaja weist auf die furchtbare Täuschung hin, die über die Gottlosen kommen wird, so dass sie sich vor den Gerichten Gottes sicher fühlen: „Wir haben mit dem Tod einen Bund und mit der Hölle einen Vertrag gemacht; wenn eine Flut dahergeht, wird sie uns nicht treffen; denn wir haben die Lüge zu unsrer Zuflucht und Heuchelei zu unserm Schirm gemacht.“ Jesaja 28,15. Zu der hier beschriebenen Menschenklasse gehören alle, die sich in hartnäckiger Unbußfertigkeit mit der Versicherung trösten, dass es keine Strafe für den Sünder geben wird, dass alle Menschen, wie verderbt sie auch sein mögen, in den Himmel erhoben werden sollen, um den Engeln Gottes gleich zu werden. Weit mehr aber verbinden sich diejenigen mit dem Tode und mit der Hölle, welche die Wahrheiten, die der Himmel als Schutzwehr für die Gerechten in den Tagen der Trübsal vorgesehen hat, verwerfen und zu den von Satan angebotenen Lügen, den betrügerischen Vorspiegelungen des Spiritismus, ihre Zuflucht nehmen. GK.562.1 Teilen

Über alle Maßen erstaunlich ist die Blindheit des gegenwärtigen Menschengeschlechts. Tausende verwerfen das Wort Gottes als unglaubhaft und nehmen mit eifrigem Vertrauen die Täuschungen Satans an. Zweifler und Spötter verhöhnen den blinden Eifer derer, die für den Glauben der Propheten und Apostel kämpfen, und belustigen sich damit, die ernsten Erklärungen der Heiligen Schrift über Christus, den Erlösungsplan und die Wiedervergeltung, die alle Verwerfer der Wahrheit heimsuchen soll, ins Lächerliche zu ziehen. Sie heucheln, großes Mitleid mit denen zu haben, die so beschränkt, schwach und abergläubisch sind, Gottes Ansprüche anzuerkennen und den Anforderungen seines Gesetzes zu gehorchen. Sie legen eine solche Gewißheit an den Tag, als hätten sie in der Tat einen Bund mit dem Tode und einen Vertrag mit der Hölle gemacht, ja als hätten sie eine unübersteigbare, undurchdringliche Schranke zwischen sich und der Rache Gottes aufgerichtet. Nichts kann ihre Furcht erwecken. So völlig haben sie sich dem Versucher hingegeben, so innig sind sie mit ihm verbunden, so gründlich von seinem Geist erfüllt, dass sie weder die Kraft noch die Neigung haben, sich aus seinen Schlingen zu befreien. GK.562.2 Teilen

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Lange hat sich Satan auf seine letzte Anstrengung, die Täuschung der Welt, vorbereitet. Die Grundlage zu seinem Werk wurde bereits durch die der Eva im Paradies gegebene Versicherung gelegt: „Ihr werdet mitnichten des Todes sterben ... welches Tages ihr davon esset, so werden eure Augen aufgetan, und werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.“ 1.Mose 3,4.5. Nach und nach hat er die Vorbereitungen für sein Meisterstück des Betruges in der Entwicklung des Spiritismus getroffen. Er hat sein Ziel noch nicht völlig erreicht, seine Bemühungen werden aber in der allerletzten Zeit von Erfolg gekrönt sein. Der Prophet sagt: „Und ich sah ... drei unreine Geister, ... gleich den Fröschen; denn es sind Geister der Teufel, die tun Zeichen und gehen aus zu den Königen auf dem ganzen Kreis der Welt, sie zu versammeln in den Streit auf jenen großen Tag Gottes.“ Offenbarung 16,13.14. Mit Ausnahme derer, die durch die Macht Gottes im Glauben an sein Wort bewahrt bleiben, wird die ganze Welt diesem Blendwerk in die Arme getrieben werden. Die Menschen werden in eine gefährliche Sicherheit eingelullt und erst durch die Ausgießung des Zornes Gottes aufgeweckt. GK.563.1 Teilen

Gott der Herr sagt: „Ich will das Recht zur Richtschnur und die Gerechtigkeit zum Gewicht machen; so wird der Hagel die falsche Zuflucht wegtreiben, und Wasser sollen den Schirm wegschwemmen, dass euer Bund mit dem Tode los werde und euer Vertrag mit der Hölle nicht bestehe. Und wenn eine Flut dahergeht, wird sie euch zertreten.“ Jesaja 28,17.18. GK.563.2 Teilen

Kapitel 35: Bestrebungen des Papsttums
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Die Protestanten stehen gegenwärtig den Erscheinungsformen der römisch-katholischen Welt wohlwollender gegenüber als in den früheren Jahren. In den Ländern, in denen der Katholizismus nicht im Zunehmen begriffen ist und die Päpstlichen eine versöhnliche Haltung einnehmen, um Einfluß zu gewinnen, herrscht eine wachsende Gleichgültigkeit gegenüber den Lehren, die die protestantischen Kirchen von der päpstlichen Hierarchie trennen. Es setzt sich immer mehr die Ansicht durch, dass wir in den wichtigsten Punkten nicht so weit auseinandergehen, wie vermutet wurde, und dass uns ein geringes Zugeständnis in ein besseres Verhältnis zu Rom bringen werde. Es gab eine Zeit, da die Protestanten hohen Wert auf die Gewissensfreiheit legten, die so teuer erkauft worden war. Sie lehrten ihre Kinder, das Papsttum zu verabscheuen und waren der Auffassung, dass es der Untreue gegen Gott gleichkäme, nach Übereinstimmung mit Rom zu streben. Wie weit weicht die Gesinnung davon ab, die sich heute kundtut. GK.564.1 Teilen

Die Verteidiger des Papsttums erklären, dass ihre Kirche verleumdet worden sei; und die protestantische Welt ist geneigt, diese Erklärung anzunehmen. Viele machen geltend, dass es ungerecht sei, die römische Kirche der Neuzeit nach den Greueln und Absurditäten zu richten, die ihre Herrschaft während der Jahrhunderte der Unwissenheit und der Finsternis kennzeichneten. Sie entschuldigen ihre entsetzliche Grausamkeit mit der Roheit der Zeiten und behaupten, dass die Einflüsse der modernen Kultur ihre Gesinnung gewandelt hätten. GK.564.2 Teilen

Haben diese Menschen den Anspruch auf Unfehlbarkeit vergessen, der 800 Jahre lang von dieser anmaßenden Macht geltend gemacht wurde? Weit davon entfernt, diesen Anspruch fahren zu lassen, wurde er im 19. Jahrhundert mit größerer Bestimmtheit bestätigt als je zuvor. Wenn Rom behauptet, dass die Kirche nie geirrt habe und auf Grund der Heiligen Schrift nie irren werde, (Siehe Anm. 053) 1 wie kann es sich dann von den Grundsätzen lossagen, die in vergangenen Zeiten sein Verhalten bestimmten? GK.564.3 Teilen

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Die päpstliche Kirche wird ihren Anspruch auf Unfehlbarkeit nie aufgeben. Sie besteht darauf, in allem, was sie bei den Verfolgungen derer, die ihre Glaubenssätze verwarfen, getan hat, recht gehandelt zu haben; und würde sie nicht die gleichen Taten wiederholen, falls sich Gelegenheit dazu bieten sollte? Beseitigte man die jetzt von weltlichen Mächten auferlegten Schranken und setzte man Rom wieder in seine frühere Machtstellung ein, dann würde sich sofort eine Wiederbelebung seiner Gewaltherrschaft und Verfolgung zeigen. GK.565.1 Teilen

Ein bekannter Geschichtsschreiber äußert sich über die Haltung der päpstlichen Priesterherrschaft zu der Gewissensfreiheit und den Gefahren, die ganz besonders den Vereinigten Staaten drohen, wenn sie ihre Pläne durchsetzen kann: GK.565.2 Teilen

„Es gibt viele, die geneigt sind, irgendwelche Furcht vor dem römischen Katholizismus in den Vereinigten Staaten als engherzig oder kindisch hinzustellen. Sie sehen eben in dem Charakter und der Stellung der römisch-katholischen Erscheinungswelt nichts, was unseren freien Einrichtungen gegenüber feindlich ist, oder finden nichts Unheilverkündendes in ihrem Wachstum. Wir wollen deshalb zuerst etliche der Grundregeln unserer Regierung mit denen der katholischen Kirche vergleichen. GK.565.3 Teilen

Die Verfassung der Vereinigten Staaten sichert Gewissensfreiheit zu. Nichts ist teurer oder wesentlicher. Papst Pius IX. sagte in seiner Enzyklika vom 15. August 1854: ‚Die abgeschmackten und irrigen Lehren oder Faseleien zur Verteidigung der Gewissensfreiheit sind ein außerordentlich verderblicher Irrtum — eine Pest, die vor allem andern in einem Staat am meisten zu fürchten ist.‘ Derselbe Papst spricht in seiner Enzyklika vom 8. Dezember 1864 den Bannfluch aus über ‚diejenigen, die die Freiheit des Gewissens und des Glaubens behaupten‘, wie auch über ‚alle solche, die darauf bestehen, dass die Kirche nicht Gewalt üben dürfe‘. GK.565.4 Teilen

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