Portrait von Ellen White
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Besuch in Oregon
Besuch in Oregon
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Sonntag, den 10. Juni, an dem wir unsere Reise nach Oregon antreten wollten, wurde ich durch eine Herzattacke niedergeworfen. Meine Freunde dachten, es grenze an Vermessenheit, wenn ich den Dampfer nehme. Ich aber dachte, ich könnte an Bord des Schiffes ruhen. Ich traf Vorsorge, dass ich während der Reise eine Menge schriftlicher Arbeiten tun konnte. Z4.313.1 Teilen

In Begleitung einer Freundin und Bruder J.N. Loughborough verließ ich am Nachmittag San Francisco auf dem Dampfer „Oregon“. Kapitän Conner, unter dessen Obhut dieses vorzügliche Schiff stand, war seinen Passagieren gegenüber sehr aufmerksam. Als wir durch den „Golden Gate“ ins offene Meer hinausfuhren, war es sehr rau. Der Wind war gegen uns. Das Schiff schwankte fürchterlich, während der Ozean vom Wind gepeitscht wurde. Ich beobachtete den bewölkten Himmel und die turmhohen Wellen, deren Gischt die Farben des Regenbogens widerspiegelten. Der Anblick war furchteinflößend grandios, und ich wurde von Ehrfurcht erfüllt, als ich die Geheimnisse der Tiefe betrachtete. Sie ist schrecklich in ihrem Zorn. Es liegt eine schreckliche Schönheit darin, wie sie mit Getöse ihre stolzen Wellen empor wirft und dann wieder mit einem traurigen Seufzer in sich zusammenfällt. In den Bewegungen der ruhelosen Wasser, stöhnend unter der Tätigkeit unbarmherziger Winde, welche die Wellen hochwarfen, wie von Qual gepeinigt, erkannte ich die Ausübung göttlicher Macht. Z4.313.2 Teilen

Wir befanden uns in einem schönen Schiff, das der Unbarmherzigkeit ruheloser Wellen ausgesetzt war. Doch sie wurden von einer unsichtbaren Macht in Schranken gehalten. Gott allein hat die Macht, das Wasser in den ihm zugewiesenen Grenzen zu halten. Er kann es halten wie in seiner hohlen Hand. Die Tiefe wird der Stimme ihres Schöpfers gehorchen: „Bis hierher sollst du kommen und nicht weiter; hier sollen sich legen deine stolzen Wellen.“ Hiob 38,11. Z4.313.3 Teilen

Welch ein Gegenstand des Nachdenkens war dieser unendliche Stille Ozean! In seiner Erscheinung war er alles andere als still; er gebärdete sich wahnsinnig und wütend. Als wir die Oberfläche des Wassers betrachteten, schien nichts so völlig unkontrollierbar, so ohne Gesetz oder Ordnung wie die gewaltige Tiefe. Aber der Ozean gehorcht Gottes Gesetz. Er hält das Wasser im Gleichgewicht und hat sein Bett festgelegt. Als ich den Himmel über mir und das Wasser unter mir betrachtete, stellte ich mir die Frage: „Wo bin ich? Wohin gehe ich? Um mich ist nichts als endloses Wasser. Wie viele haben sich dem Wasser anvertraut und nie mehr die grünen Felder und ihr glückliches Heim gesehen! Sie versanken im Wasser wie ein Körnchen Sand, und so endete ihr Leben.“ Z4.313.4 Teilen

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Während ich auf die weiß schäumenden, wütenden Wellen schaute, wurde ich an die Szene im Leben Christi erinnert, nachdem die Jünger auf Befehl ihres Meisters ihre Boote bestiegen, um ans jenseitige Ufer zu gelangen. Ein schrecklicher Sturm brach über sie herein. Ihre Schiffe wollten nicht ihrem Willen gehorchen. Sie wurden hin und her getrieben, bis sie verzweifelt ihre Ruder zur Seite legten. Sie erwarteten, dort zu verderben. Aber während der Sturm und die Wellen Tod verkündeten, erschien ihnen Christus, den sie an der anderen Seite zurückgelassen hatten, ruhig auf den ungestümen, schaumgekrönten Wellen wandelnd. Durch die Nutzlosigkeit ihrer Anstrengungen und die scheinbare Hoffnungslosigkeit ihres Falles waren sie verwirrt worden und hatten sich verloren gegeben. Als sie Jesum vor sich auf dem Wasser sahen, hatte das nur ihre Furcht vermehrt. Sie legten diese Erscheinung als sicheren Vorboten ihres bevorstehenden Todes aus. Sie schrien vor Furcht. Doch anstatt dass sein Erscheinen die Gegenwart des Todes verkündete, kam er als ein Bote des Lebens. Seine Stimme erhob sich über den Aufruhr der Elemente: „Seid getrost, ich bin‘s, fürchtet euch nicht!“ Markus 6,50. Wie rasch verändert sich in der Gegenwart des geliebten Meisters nun die Szene von der Furcht der Verzweiflung zur Freude des Glaubens und der Hoffnung. Jetzt empfanden die Jünger keine Todesfurcht mehr, denn Christus war bei ihnen. Z4.314.1 Teilen

Wollen wir uns weigern, der Quelle aller Macht zu gehorchen, dessen Gesetz selbst das Meer und die Wellen Gehorsam zollen? Darf ich mich fürchten, mich dem Schutz dessen anzuvertrauen, der gesagt hat, dass kein Sperling zur Erde fällt, ohne dass unser himmlischer Vater es bemerkt? Z4.314.2 Teilen

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Nachdem alle ihre Kabinen aufgesucht hatten, blieb ich noch an Deck. Der Kapitän hatte mich mit einem Liegestuhl und Decken ausgerüstet zum Schutz gegen die Kälte. Ich wusste, dass ich in der Kabine krank werden würde. Die Nacht brach herein, Dunkelheit bedeckte das Meer, und die Sturzwellen warfen das Schiff schrecklich hin und her. Dieses große Schiff war auf dem unbarmherzigen Wasser wie eine Nussschale. Aber himmlische Engel hielten es bei Kurs, von Gott beauftragt, seinem Befehl zu folgen. Wäre dies nicht der Fall gewesen, hätten wir in der Zeit von einem Augenblick verschlungen werden können, und es wäre keine Spur von diesem hervorragenden Schiff zurückgeblieben. Doch Gott, der den Raben Speise gibt und die Haare auf unserm Haupt gezählt hat, vergisst uns nicht. Z4.315.1 Teilen

Der Kapitän dachte, es wäre zu kalt für mich, wenn ich an Deck bliebe. Ich sagte ihm, dass ich, was meine Sicherheit anbetraf, lieber die ganze Nacht auf Deck verbringen würde als in meine Kabine zu gehen, wo zwei Frauen seekrank zu Bett lagen und wo ich der frischen Luft beraubt wäre. Er antwortete: „Es wird nicht von Ihnen verlangt, in Ihre Kabine zu gehen. Ich werde für einen guten Platz sorgen, wo Sie schlafen können.“ Eine Stewardess führte mich in einen Salon, wo eine Haarmatratze auf den Boden gelegt wurde. Obgleich alles so rasch wie möglich hergerichtet wurde, war ich inzwischen sehr krank geworden. Ich legte mich auf mein Bett und konnte es nicht mehr verlassen bis zum nächsten Donnerstagmorgen. Während der ganzen Zeit aß ich nur einmal, ein paar Löffel Bouillon und Zwieback. Z4.315.2 Teilen

Während der vier Reisetage wagte sich der eine oder andere gelegentlich auf Deck, bleich, schwach und auf wackeligen Beinen. Jedes Angesicht war von Elend gekennzeichnet. Das Leben schien nicht mehr wünschenswert. Wir alle verlangten nach Ruhe, die wir nicht fanden. Wir sehnten uns nach etwas, das stillstand. Niemand kam sich mehr so wichtig vor. Hier können wir eine Lektion von des Menschen Nichtigkeit lernen. Z4.315.3 Teilen

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Unsere Reise verlief weiterhin recht stürmisch, bis wir uns der Hafeneinfahrt näherten und unser Schiff seine Fahrt auf dem Columbia River fortsetzte, der so glatt wie Glas dalag. Man half mir aufs Deck. Es war ein wunderschöner Morgen, und die Passagiere strömten gleich einem Bienenschwarm an Deck. Zuerst schauten alle recht sorgenvoll drein; aber die belebende frische Luft und der frohe Sonnenschein, nach Wind und Sturm, erweckten bald Freude und Fröhlichkeit. Z4.316.1 Teilen

Während der letzten Nacht, die wir auf dem Schiff verbrachten, empfand ich große Dankbarkeit gegenüber meinem himmlischen Vater. Ich lernte dort eine Lektion, die ich nie vergessen werde. Gott hatte im Sturm, inmitten der Wellen, und in der nachfolgenden Stille zu mir gesprochen. Sollten wir ihm nicht Anbetung zollen? Darf der Mensch seinen Willen dem Willen Gottes entgegenstellen? Dürfen wir den Geboten eines so mächtigen Herrschers ungehorsam sein? Dürfen wir es wagen, mit dem Allerhöchsten, der die Quelle aller Kraft ist, zu hadern, dessen Herz von unendlicher Liebe und von Segen für die Geschöpfe unter seiner Fürsorge überfließt? Z4.316.2 Teilen

Mein Besuch in Oregon war von besonderem Interesse. Nach einer vierjährigen Trennung begegnete ich hier meinen lieben Freunden, Bruder und Schwester Van Horn, die wir als unsere Kinder betrachteten. Bruder Van Horn hatte über seine Arbeit nicht so umfassend und günstig berichtet, wie er es von Rechts wegen hätte tun dürfen. So war ich etwas erstaunt, aber sehr erfreut, das Werk Gottes in Oregon in einem so gedeihlichen Zustand vorzufinden. Durch die unermüdlichen Bemühungen dieser treuen Missionare war eine Vereinigung der Siebenten-Tags-Adventisten ins Leben gerufen worden, und verschiedene Prediger wirkten in dem großen Feld. Z4.316.3 Teilen

Am Dienstagabend, den 18. Juni, traf ich mit einer guten Anzahl von Sabbathaltern in diesem Staat zusammen. Mein Herz wurde durch Gottes Geist besänftigt. Ich legte mein Zeugnis für Jesum ab und brachte meine Dankbarkeit für das große Vorrecht zum Ausdruck, dass wir seiner Liebe vertrauen und seine Macht beanspruchen dürfen, damit sie sich mit unsern Bemühungen, Sünder vom Verderben zu retten, vereine. Wenn wir sehen wollen, dass Gottes Werk gedeiht, muss Christus in uns wohnen. Wir müssen Christi Werke tun. Wohin wir auch schauen mögen, sehen wir reifende Felder; aber der Arbeiter sind so wenige. Mein Herz war vom Frieden Gottes und von Liebe zu seinem teuren Volk erfüllt, als ich zum ersten Mal mit diesen Geschwistern in der Anbetung vereint war. Z4.316.4 Teilen

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Am Sonntag, den 23. Juni, sprach ich in der Methodistenkirche zu Salem über die Mäßigkeit. Der Besuch war ungewöhnlich zahlreich, und ich konnte frei über mein Lieblingsthema sprechen. Ich wurde gebeten, am Sonntag nach der Lagerversammlung am gleichen Ort noch einmal zu sprechen. Ich wurde jedoch durch Heiserkeit daran gehindert. Am nächsten Dienstagabend sprach ich in der gleichen Kirche. Ich erhielt viele Einladungen, in verschiedenen Städten und Orten in Oregon über Mäßigkeit zu sprechen. Mein Gesundheitszustand erlaubte aber nicht, diesen Bitten Folge zu leisten. Durch fortwährendes Sprechen und Klimawechsel hatte ich mir eine zeitweilige, aber hartnäckige Heiserkeit zugezogen. Z4.317.1 Teilen

Mit Gefühlen tiefsten Interesses gingen wir zur Lagerversammlung. Der Herr verlieh mir Kraft und Gnade, als ich vor der Versammlung stand. Als ich auf die verständige Zuhörerschaft schaute, brach mir das Herz vor Gott. Dies war die erste Lagerversammlung, die unsere Geschwister in diesem Staat abhielten. Ich versuchte zu sprechen, konnte es aber nicht, weil ich weinen musste. Wie sehr war ich in Sorge gewesen wegen des schlechten Gesundheitszustandes meines Mannes. Während ich sprach, sah ich lebendig eine Versammlung in der Kirche von Battle Creek vor meinem geistigen Auge. Mein Mann befand sich in ihrer Mitte. Ein sanftes Licht vom Herrn ruhte auf ihm und umgab ihn. Sein Angesicht trug die Zeichen von Gesundheit, und er war augenscheinlich sehr glücklich. Z4.317.2 Teilen

Ich versuchte, den Anwesenden die Dankbarkeit vor Augen zu führen, die wir für das zärtliche Mitleid und die große Liebe Gottes empfinden sollten. Seine Güte und Herrlichkeit beeindruckten mein Gemüt auf bemerkenswerte Weise. Ich wurde überwältigt von einem Gefühl seiner beispiellosen Barmherzigkeit und für das Werk, das er verrichtete, nicht allein in Oregon, Kalifornien und Michigan, wo unsere wichtigen Einrichtungen stationiert sind, sondern auch in fernen Ländern. Ich kann anderen niemals das Bild darstellen, das sich bei jener Gelegenheit so lebendig meinem Gemüt einprägte. Einen Augenblick lang stand mir die Ausdehnung des Werkes vor Augen. Meine Umgebung, die Veranstaltung und die Zuhörerschaft entschwanden meinen Sinnen. Licht, kostbares Licht vom Himmel, schien in hellem Glanz auf diese Einrichtungen, die mit dem feierlichen und erhabenen Werk befasst sind, die Lichtstrahlen widerzuspiegeln, die der Himmel ihnen sandte. Z4.317.3 Teilen

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Während dieser ganzen Lagerversammlung schien der Herr mir sehr nahe zu sein. Als sie zum Abschluss kam, war ich sehr erschöpft, aber frei im Herrn. Es war eine Zeit nutzbringender Arbeit und stärkte die Gemeinde, im Kampf für die Wahrheit voranzugehen. Unmittelbar vor Eröffnung der Lagerversammlung wurden mir viele Dinge des Nachts im Gesicht offenbart. Doch musste ich zunächst Stillschweigen bewahren und durfte die Sache gegenüber niemand erwähnen. Nach der Versammlung erfuhr ich während der Nacht eine weitere bemerkenswerte Offenbarung der Macht Gottes. Z4.318.1 Teilen

Am Sonntag nach der Lagerversammlung sprach ich am Nachmittag an einem öffentlichen Platz. Gottes Liebe erfüllte mein Herz, und ich verweilte bei der Einfachheit der Evangeliumsreligion. Mein eigenes Herz war besänftigt und floss von Jesu Liebe über. Ich wünschte ihn so darzustellen, dass alle von der Lieblichkeit seines Charakters entzückt sein möchten. Z4.318.2 Teilen

Während meines Aufenthaltes in Oregon besuchte ich in Begleitung von Bruder und Schwester Carter und Schwester Jordan das Gefängnis in Salem. Als die Zeit für den Gottesdienst gekommen war, wurden wir in die Kapelle geführt, die durch gute Beleuchtung und von reiner, frischer Luft erfüllt, angenehm wirkte. Beim Glockenton öffneten zwei Männer das große eiserne Tor, und die Gefangenen strömten herein. Hinter ihnen wurden die Türen wieder sorgfältig abgeschlossen; und ich befand mich zum ersten Mal in meinem Leben hinter Kerkermauern. Z4.318.3 Teilen

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Ich hatte erwartet, einer Schar widerwillig dreinblickender Männer zu begegnen. Darin wurde ich enttäuscht. Viele von ihnen schienen intelligent, einige schienen Männer von Fähigkeit zu sein. Sie waren mit der rauen, aber sauberen Anstaltsuniform bekleidet, ihre Haare ordentlich gekämmt und ihre Schuhe geputzt. Während ich die verschiedenen Gesichter vor mir betrachtete, dachte ich: „Einem jeden dieser Männer wurden besondere Gaben oder Talente verliehen, um sie zur Verherrlichung Gottes und zum Nutzen der Welt zu benutzen; aber sie haben diese Gaben des Himmels verschmäht, missbraucht und falsch angewandt.“ Als ich auf die jungen Männer von 18 bis 20 oder 30 Jahre blickte, musste ich an ihre unglücklichen Mütter denken und an den Kummer und die Bitterkeit, die deren Los war. Die Herzen vieler dieser Mütter waren durch das gottlose Verhalten ihrer Kinder zerbrochen. Aber hatten sie ihre Pflicht an ihren Kindern erfüllt? Hatten sie ihnen nicht ihren Willen gelassen und versäumt, sie Gottes Gebote und seine Anforderungen an sie zu lehren? Z4.319.1 Teilen

Nachdem alle Platz genommen hatten, verlas Bruder Carter ein Lied. Alle hatten Gesangbücher und beteiligten sich von Herzen am Gesang. Einer von ihnen war ein ausgebildeter Musiker und spielte die Orgel. Dann eröffnete ich die Versammlung mit Gebet, und wieder sangen alle. Ich sprach über die Worte im Johannesbrief: „Sehet, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeigt, dass wir Gottes Kinder sollen heißen! Darum kennt euch die Welt nicht; denn sie kennt ihn nicht. Meine Lieben, wir sind nun Gottes Kinder; und es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden. Wir wissen aber, wenn es erscheinen wird, dass wir ihm gleich sein werden; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.“ 1.Johannes 3,1.2. Z4.319.2 Teilen

Ich erhöhte vor ihnen das unendliche Opfer, dass der Vater in der Dahingabe seines geliebten Sohnes für den gefallenen Menschen gebracht hatte, damit sie durch Gehorsam umgestaltet und anerkannte Söhne Gottes werden können. Die Gemeinde und die Welt sind aufgerufen, eine Liebe, die das menschliche Begriffsvermögen weit übersteigt und selbst die Engel des Himmels in Erstaunen versetzt, anzuschauen und zu bewundern. Diese Liebe ist so tief, so breit und so hoch, dass der inspirierte Apostel, weil er keine Worte finden kann, sie zu beschreiben, die Gemeinde und die Welt aufruft, sie zu betrachten — sie zum Gegenstand des Nachsinnens und der Bewunderung zu machen. Z4.319.3 Teilen

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Ich führte meinen Zuhörern die Sünde Adams in der Übertretung des ausdrücklichen Gebotes des Vaters vor Augen. Gott erschuf den Menschen aufrichtig, vollkommen heilig und glücklich. Aber er verlor die göttliche Gunst und vernichtete sein eigenes Glück durch Ungehorsam gegenüber des Vaters Gesetz. Die Sünde Adams stürzte die menschliche Rasse in hoffnungsloses Elend und Verzweiflung. Doch Gott in seiner wunderbaren, mitleidsvollen Liebe ließ die Menschen nicht in ihrem hoffnungslosen, gefallenen Zustand untergehen. Er gab seinen geliebten Sohn zu ihrer Errettung dahin. Christus kam in diese Welt. Er umkleidete seine Göttlichkeit mit der menschlichen Gestalt. Er betrat das Kampffeld, wo Adam gefallen war. Er bestand die Prüfung, in der Adam versagt hatte. Er überwand jede Versuchung Satans und büßte damit Adams schmähliches Versagen und dessen Fall. Z4.320.1 Teilen

Dann verwies ich auf Christi langes Fasten in der Wüste. Die Sünde der Nachgiebigkeit gegenüber der Esslust und ihre Macht über die menschliche Natur kann nie richtig erkannt werden, ehe nicht das lange Fasten Christi, als er auf sich allein gestellt mit dem Fürsten der Mächte der Finsternis rang, studiert und verstanden wird. Des Menschen Erlösung hing in der Schwebe. Würde Satan oder der Erlöser der Welt den Sieg davontragen? Wir können nicht ermessen, mit welch tiefem Interesse die Engel Gottes die Prüfung ihres geliebten Gebieters überwachten. Z4.320.2 Teilen

Jesus wurde allenthalben versucht gleichwie wir, damit er jenen beistehen kann, die versucht werden. Sein Leben ist unser Vorbild. Er zeigte durch seinen willigen Gehorsam, dass der Mensch Gottes Gesetz halten kann und dass Übertretung des Gesetzes ihn in Knechtschaft bringt, nicht aber der Gehorsam. Der Heiland war voller Mitleid und Liebe. Er verstieß niemals den wahrhaft Reumütigen, wie groß seine Schuld auch war. Doch verurteilte er streng jede Art von Heuchelei. Er ist bekannt mit den Sünden der Menschen. Er weiß all ihre Handlungen und liest ihre geheimsten Beweggründe, und dennoch wendet er sich nicht von ihnen ab wegen ihrer Ungerechtigkeit. Er bittet den Sünder, rechtet mit ihm, und in gewissem Sinne stellt er sich mit ihm auf die gleiche Stufe — indem er die Schwachheit der Menschen auf sich genommen hat. „So kommt denn und lasst uns miteinander rechten, spricht der Herr. Wenn eure Sünde gleich blutrot ist, soll sie doch schneeweiß werden; und wenn sie gleich ist wie Scharlach, soll sie doch wie Wolle werden.“ Jesaja 1,18. Z4.320.3 Teilen

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Der Mensch, der durch ein verdorbenes Leben Gottes Ebenbild aus seiner Seele gelöscht hat, kann nicht aus eigenem Bemühen eine radikale Änderung in seinem Leben bewirken. Er muss die Vorkehrungen des Evangeliums akzeptieren. Er muss durch Gehorsam gegenüber Gottes Gesetz und durch Glauben an Jesum Christum mit Gott versöhnt werden. Sein Leben muss fortan von neuen Grundsätzen beherrscht werden. Durch Reue, Glauben und gute Werke kann er einen gerechten Charakter entwickeln und durch die Verdienste Christi die Vorrechte der Kinder Gottes beanspruchen. Die Prinzipien göttlicher Wahrheit, von Herzen angenommen und gehegt, werden uns zu einer Höhe moralischer Vorzüglichkeit führen, die wir nicht für möglich gehalten hätten. „Meine Lieben, wir sind nun Gottes Kinder; und es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden. Wir wissen aber, wenn es erscheinen wird, dass wir ihm gleich sein werden; denn wir werden ihn sehen, wie er ist. Und ein jeglicher, der solche Hoffnung hat zu ihm, der reinigt sich, gleichwie er auch rein ist.“ 1.Johannes 3,2.3. Z4.321.1 Teilen

Hier ist ein Werk, das der Mensch zu tun hat. Er muss in den Spiegel schauen, Gottes Gesetz, um die Fehler in seinem sittlichen Charakter zu entdecken. Dann muss er seine Sünden aufgeben und seinen Charakter im Blute des Lammes waschen. Neid, Stolz, Bosheit, Falschheit, Streit und Verbrechen — alles wird aus dem Herzen fortgewaschen, das Christi Liebe empfängt und die Hoffnung hegt, ihm gleich zu werden, wenn wir ihn sehen werden, wie er ist. Die Religion Christi läutert und veredelt ihren Besitzer, in welchen Lebensverhältnissen er sich auch befinden mag. Menschen, die erleuchtete Christen werden, erheben sich über das Niveau ihres früheren Charakters und entwickeln größere geistige und moralische Kraft. Menschen, wie tief sie auch in Sünden und Verbrechen gefallen sein mögen, können durch die Verdienste des Heilandes zu einer Stellung gelangen, die nur wenig niedriger ist als die der Engel. Z4.321.2 Teilen

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Die Hoffnung des Evangeliums wird den Sünder jedoch nie zu dem Gedanken veranlassen, die Erlösung Christi als freie Gnadengabe zu betrachten, während er in einem Leben der Übertretung des Gesetzes Gottes fortfährt. Wenn das Licht der Wahrheit seinen Sinn erhellt, wenn er die Anforderungen Gottes völlig versteht und das Ausmaß seiner Übertretungen erkennt, wird er sein Verhalten reformieren und durch die von seinem Erlöser erlangte Kraft Gott gehorsam sein und ein neues und reineres Leben führen. Z4.322.1 Teilen

Während meines Aufenthaltes in Salem machte ich die Bekanntschaft mit Bruder und Schwester Donaldson, die den Wunsch äußersten, dass ihre Tochter mit uns nach Battle Creek zurückkehren und dort die Schule besuchen sollte. Sie war von schwacher Gesundheit, und es kostete die Eltern viel Überwindung, sich von ihrer einzigen Tochter zu trennen. Doch die geistlichen Vorteile, die sie dort genießen könnte, ließen sie dieses Opfer bringen. Wir sind glücklich, hier berichten zu können, dass dieses liebe Kind während der kürzlichen Lagerversammlung in Battle Creek getauft wurde. Das ist ein weiterer Beweis, wie wichtig es ist, dass Siebenten-Tags-Adventisten ihre Kinder zu unserer Schule schicken, wo sie direkt unter einen rettenden Einfluss gebracht werden. Z4.322.2 Teilen

Unsere Reise von Oregon verlief ebenfalls stürmisch, aber ich war nicht so krank wie auf der Hinfahrt. Unser Schiff, die „Idaho“, stampfte nicht, sondern schlingerte. Wir wurden auf dem Schiff sehr freundlich behandelt. Wir machten manch angenehme Bekanntschaft und verteilten an einige Leute unsere Literatur, was zu nützlicher Unterhaltung führte. Als wir in Oakland ankamen, sahen wir, dass das Zelt aufgerichtet war und dass eine Anzahl von Leuten die Wahrheit durch die Arbeit von Bruder Healey bereits angenommen hatte. Wir sprachen einige Male im Zelt. Am Sabbat und am ersten Wochentag versammelten sich die Gemeinden von San Francisco und Oakland gemeinsam, und wir hatten interessante und nutzbringende Versammlungen. Z4.322.3 Teilen

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Zu gerne hätte ich der Lagerversammlung in Kalifornien beigewohnt. Aber ich war dringend ersucht worden, die östlichen Lagerversammlungen zu besuchen. Da der Zustand im Osten mir vorgeführt worden war, wusste ich, dass mein Zeugnis für unsere Geschwister in der Neu-England Vereinigung notwendig war, so fühlte ich mich nicht frei, länger in Kalifornien zu bleiben. Z4.323.1 Teilen

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