Portrait von Ellen White
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Kapitel 11: Das Evangelium in Samaria
Kapitel 11: Das Evangelium in Samaria
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Auf Grundlage von Apostelgeschichte 8. DAp.69 Teilen

Nach dem Tod von Stephanus erhob sich gegen die Gläubigen in Jerusalem eine überaus unbarmherzige Verfolgung. „Alle zerstreuten sich in die Gebiete von Judäa und Samaria, ausgenommen die Apostel. ... Saulus aber verwüstete die Gemeinde, drang überall in die Häuser ein, schleppte Männer und Frauen fort und brachte sie ins Gefängnis.“ Apostelgeschichte 8,1.3. Von seinem Eifer in diesem grausamen Werk berichtete er später: „Ich habe zwar auch gemeint, ich müsste gegen den Namen Jesu, des Nazareners viel Feindseliges verüben, was ich auch in Jerusalem tat; und viele der Heiligen ließ ich ins Gefängnis schließen. ... Und in allen Synagogen wollte ich sie oft durch Strafen zur Lästerung zwingen, und über die Maßen wütend gegen sie, verfolgte ich sie sogar bis in die auswärtigen Städte.“ Dass Stephanus nicht der einzige war, der den Tod erleiden musste, geht aus Saulus‘ eigenen Worten hervor: „Und wenn sie getötet werden sollten, gab ich die Stimme dazu.“ Apostelgeschichte 26,9-11. DAp.69.1 Teilen

In dieser gefahrvollen Zeit trat Nikodemus hervor und bekannte furchtlos seinen Glauben an den gekreuzigten Heiland. Nikodemus, ein Mitglied des Hohen Rats, war mit anderen von Jesu Lehren ergriffen worden. Als er Zeuge der wunderbaren Werke Christi war, festigte sich in seinem Inneren die Überzeugung, dass dieser der von Gott Gesandte war. Zu stolz, seine Zuneigung zu dem galiläischen Lehrer öffentlich zu bekennen, hatte er eine geheime Unterredung mit Ihm gesucht. Bei dieser Gelegenheit hatte Jesus ihm den Heilsplan und Seine Mission in der Welt offenbart, doch noch immer hatte Nikodemus gezögert. Er hielt die Wahrheit in seinem Herzen verborgen, und drei Jahre lang zeigten sich kaum Ergebnisse. Doch während Nikodemus Jesus nicht öffentlich bekannte, so hatte er doch im Hohen Rat wiederholt die Pläne der Priester zu Seiner Vernichtung durchkreuzt. Als Jesus schließlich am Kreuz erhöht war, hatte Nikodemus sich der Worte erinnert, die Jesus während der nächtlichen Unterhaltung auf dem Ölberg zu ihm gesprochen hatte: „Wie Mose in der Wüste die Schlange erhöhte, so muss der Sohn des Menschen erhöht werden.“ Johannes 3,14. Und so erkannte er in Jesus den Welterlöser. DAp.69.2 Teilen

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Gemeinsam mit Josef von Arimathia hatte Nikodemus die Kosten für Jesu Bestattung getragen. Die Jünger waren zu furchtsam gewesen, sich öffentlich als Christi Nachfolger zu zeigen, doch Nikodemus und Josef kamen ihnen unerschrocken zur Hilfe. Und diese Hilfe von Seiten dieser reichen und geachteten Männer in jener dunklen Stunde war ihnen sehr wertvoll gewesen. Sie konnten auf diese Weise für ihren verstorbenen Meister das tun, was den armen Jüngern unmöglich gewesen wäre. Dazu hatten ihr Wohlstand und Einfluss sie in hohem Maße vor der Bosheit der Priester und Obersten geschützt. DAp.70.1 Teilen

Als die Juden nun versuchten, die junge Gemeinde zu vernichten, trat Nikodemus zu ihrer Verteidigung hervor. Nicht länger mehr vorsichtig und zögerlich stärkte er den Glauben der Jünger und verwendete seinen Besitz, um die Gemeinde in Jerusalem zu unterstützen und das Evangeliumswerk zu fördern. Jene, die ihn einst Ehrerbietung erwiesen hatten, verhöhnten und verfolgten ihn jetzt, und er wurde arm an irdischen Gütern. Dennoch ließ er sich nicht darin beirren, für seinen Glauben einzutreten. DAp.70.2 Teilen

Die Verfolgung, die über die Gemeinde in Jerusalem hereinbrach, erwies sich als ein starker Ansporn zur Missionsarbeit. Das Predigen des Wortes war dort erfolgreich gewesen, und es bestand somit die Gefahr, dass die Jünger dort zu lange verweilten und des Heilands Auftrag, in alle Welt zu gehen, unbeachtet lassen könnten. Indem sie vergaßen, dass die Kraft, dem Bösen zu widerstehen, am besten durch offensiven Dienst erlangt wird, meinten sie, dass es jetzt ihre wichtigste Aufgabe sei, die Gemeinde in Jerusalem gegen die Angriffe des Feindes in Schutz zu nehmen. Anstatt die Neubekehrten anzuleiten, das Evangelium denen zu bringen, die es noch nicht gehört hatten, standen sie in der Gefahr, einen Weg einzuschlagen, der alle dahin bringen musste, mit dem zufrieden zu sein, was sie bisher erreicht hatten. Gott ließ diese Verfolgung zu, damit Seine Vertreter sich über die bisherigen Grenzen hinaus zerstreuen würden, wo sie für andere wirken konnten. Aus Jerusalem vertrieben, gingen die Gläubigen überall hin „und predigten das Wort“. Apostelgeschichte 8,4. DAp.70.3 Teilen

Unter denen, die vom Heiland den Auftrag erhalten hatten: „Geht nun hin und macht zu Jüngern alle Völker...“, kamen viele aus bescheidenen Lebensverhältnissen — Männer und Frauen, die ihren Herrn lieben gelernt und sich entschlossen hatten, Seinem Beispiel des uneigennützigen Dienstes zu folgen. Matthäus 28,19. Diesen demütigen Leuten, wie auch den Jüngern, die mit dem Heiland während Seines Erdendienstes gewesen waren, wurde eine kostbare Aufgabe anvertraut: Sie sollten der Welt die frohe Botschaft von der Erlösung durch Jesus Christus bringen. DAp.70.4 Teilen

Als sie durch die Verfolgung zerstreut waren, gingen sie voller Missionseifer voran. Sie erkannten die Verantwortung ihrer Aufgabe und wussten, dass sie das Brot des Lebens für eine verhungernde Welt in den Händen hatten. Christi Liebe drang sie, dieses Brot mit allen zu brechen, die seiner bedurften. Der Herr wirkte durch sie. Wo immer sie hingingen, da wurden die Kranken geheilt und den Armen wurde das Evangelium verkündet. DAp.70.5 Teilen

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Philippus, einer der sieben Diakone, war unter den aus Jerusalem Vertriebenen. Er „kam hinab in eine Stadt von Samaria und verkündigte ihnen Christus. Und die Volksmenge achtete einmütig auf das, was Philippus sagte, als sie zuhörten und die Zeichen sahen, die er tat. Denn aus vielen, die unreine Geister hatten, fuhren diese mit großem Geschrei aus; es wurden aber auch viele Gelähmte geheilt und solche, die nicht gehen konnten. Und es herrschte große Freude in jener Stadt.“ Apostelgeschichte 8,5-8. DAp.71.1 Teilen

Christi Botschaft an die Samariterin, mit der Er sich am Jakobsbrunnen unterhielt, hatte Frucht getragen. Nachdem die Frau Seinen Worten zugehört hatte, war sie zu den Leuten der Stadt gegangen und hatte gesagt: „Kommt, seht einen Menschen, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe! Ob dieser nicht der Christus ist?“ Johannes 4,29. Sie gingen mit ihr, hörten Jesus zu und glaubten an Ihn. Und weil sie mehr von Ihm hören wollten, drängten sie Ihn, bei ihnen zu bleiben. Zwei Tage blieb Er bei ihnen, „und noch viel mehr Leute glaubten um Seines Wortes willen.“ Johannes 4,41. DAp.71.2 Teilen

Als Jesu Jünger nun aus Jerusalem vertrieben wurden, fanden einige von ihnen in Samaria einen sicheren Zufluchtsort. Die Samariter hießen die Botschafter des Evangeliums willkommen, und die Bekehrten aus den Juden brachten aus den Reihen derer eine kostbare Ernte ein, die einst ihre bittersten Feinde gewesen waren. DAp.71.3 Teilen

Philippus arbeitete in Samaria mit großem Erfolg, was ihn ermutigte, aus Jerusalem Unterstützung anzufordern. Jetzt erkannten die Apostel besser die Bedeutung der Worte Jesu: „Ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde!“ Apostelgeschichte 1,8. DAp.71.4 Teilen

Als Philippus noch in Samaria war, wies ein himmlischer Bote ihn an, „nach Süden auf der Straße, die von Jerusalem nach Gaza“ zu gehen. „Und er stand auf und machte sich auf den Weg.“ Apostelgeschichte 8,26f. Er bezweifelte den Ruf nicht und zögerte auch nicht zu gehorchen, denn er hatte gelernt, sich dem Willen Gottes anzupassen. DAp.71.5 Teilen

„Philippus ging und begegnete auf dem Weg dem Schatzmeister Äthiopiens, einem Eunuchen der äthiopischen Königin, der großen Einfluss hatte. Er war nach Jerusalem gekommen, um dort anzubeten, und befand sich nun auf dem Heimweg. Er saß in seinem Wagen und las im Buch des Propheten Jesaja.“ Apostelgeschichte 8,27f (NL). Dieser Äthiopier bekleidete eine hohe Stellung und übte einen weit reichenden Einfluss aus. Gott sah, dass dieser Mann, wenn er sich bekehrte, anderen das empfangene Licht mitteilen und einen starken Einfluss zugunsten des Evangeliums ausüben würde. Gottes Engel begleiteten diesen nach Licht Suchenden, und er wurde zum Heiland gezogen. Durch den Dienst des Heiligen Geistes brachte der Herr ihn mit jemandem in Kontakt, der ihn zu diesem Licht führen konnte. DAp.71.6 Teilen

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Philippus erhielt die Weisung, zu dem Äthiopier zu gehen und ihm die Prophezeiung, die er gerade las, auszulegen. „Da sprach der Geist zu Philippus: Tritt hinzu und halte dich zu diesem Wagen!“ Als er sich dem Eunuchen genähert hatte, fragte er ihn: „Verstehst du auch, was du liest? Er aber sprach: Wie kann ich denn, wenn mich nicht jemand anleitet? Und er bat Philippus, aufzusteigen und sich zu ihm zu setzen.“ Apostelgeschichte 8,29-31. Die Schriftstelle, welche er gerade las, war die Prophezeiung von Jesaja über Christus: Jesaja 53,7f. „Wie ein Schaf wurde er zur Schlachtung geführt, und wie ein Lamm vor seinem Scherer stumm ist, so tut er seinen Mund nicht auf. In seiner Erniedrigung wurde sein Gericht aufgehoben. Wer will aber sein Geschlecht beschreiben? Denn sein Leben wird von der Erde weggenommen!“ DAp.72.1 Teilen

„Da wandte sich der Kämmerer an Philippus und sprach: Ich bitte dich, von wem sagt der Prophet dies? Von sich selbst oder von einem anderen?“ Apostelgeschichte 8,32-34. Darauf hin erklärte Philippus ihm die großartige Wahrheit über die Erlösung und „predigte ihm“, von dieser Schriftstelle ausgehend, „das Evangelium von Jesus“. Apostelgeschichte 8,35. DAp.72.2 Teilen

Der Mann war von der Auslegung der Schrift innerlich gepackt, und als der Jünger geendet hatte, war er bereit, das ihm gegebene Licht anzunehmen. Er benutzte seine hohe Position in der Welt nicht als Vorwand, das Evangelium abzulehnen. „Als sie aber auf dem Weg weiterzogen, kamen sie zu einem Wasser, und der Kämmerer sprach: Siehe, hier ist Wasser! Was hindert mich, getauft zu werden? Da sprach Philippus: Wenn du von ganzem Herzen glaubst, so ist es erlaubt! Er antwortete und sprach: Ich glaube, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist! Und er ließ den Wagen anhalten, und sie stiegen beide in das Wasser hinab, Philippus und der Kämmerer, und er taufte ihn. DAp.72.3 Teilen

Als sie aber aus dem Wasser heraufgestiegen waren, entrückte der Geist des Herrn den Philippus, und der Kämmerer sah ihn nicht mehr; denn er zog voll Freude seines Weges. Philippus aber wurde in Asdod gefunden, und er zog umher und verkündigte das Evangelium in allen Städten, bis er nach Cäsarea kam.“ Apostelgeschichte 8,36-40. DAp.72.4 Teilen

Dieser Äthiopier vertritt eine große Menschengruppe, die von solchen Missionaren wie Philippus unterrichtet werden müssen — von Menschen, die auf Gottes Stimme hören und hingehen, wohin Er sie sendet. Viele lesen die Heilige Schrift und verstehen ihren wahren Sinn nicht. Auf der ganzen Welt blicken Männer und Frauen sehnsuchtsvoll zum Himmel. Gebete, Tränen und Fragen steigen von Menschen empor, die nach Licht, Gnade und dem Heiligen Geist verlangen. Viele stehen an der Schwelle des Reiches Gottes und warten nur darauf, hinein gebracht zu werden. DAp.72.5 Teilen

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Wie ein Engel Philippus zu jemanden führte, der nach Licht suchte und bereit war, das Evangelium anzunehmen, so leiten Engel auch heute die Schritte der Arbeiter, die vom Heiligen Geist ihre Zungen heiligen und ihre Herzen reinigen und veredeln lassen. Der zu Philippus gesandte Engel hätte selbst das Werk an dem Äthiopier ausrichten können, aber das ist nicht Gottes Handlungsweise. Es ist vielmehr Sein Plan, dass Menschen für andere wirken sollen. DAp.73.1 Teilen

An dem Vermächtnis, das den ersten Jüngern anvertraut wurde, haben zu jeder Zeit die Gläubigen Anteil gehabt. Jedem, der das Evangelium angenommen hat, sind heilige Wahrheiten anvertraut, die er der Welt mitzuteilen hat. Gott ergebene Menschen waren stets offensive Missionare, die ihre Mittel der Ehre Seines Namens weihten und ihre Gaben weise in Seinen Dienst stellten. DAp.73.2 Teilen

Das selbstlose Wirken von Christen früher sollte uns Vorbild und Ansporn sein. Die Glieder der Gemeinde Gottes müssen eifrig zu guten Werken und frei von weltlichem Ehrgeiz sein und in den Wegen dessen wandeln, der umherging und Gutes tat. vgl. Apg 10,38 Mit Herzen voller Anteilnahme und Mitleid sollen sie denen dienen, die Hilfe brauchen, und Sündern die Erkenntnis der Heilandsliebe bringen. Ein solches Werk erfordert mühsame Arbeit, bringt aber auch reichen Lohn. Wer sich aufrichtig diesem Dienst weiht, wird sehen, dass Menschen für den Heiland gewonnen werden, denn dem Einfluss, den die praktische Ausführung des göttlichen Auftrags begleitet, kann man nicht widerstehen. DAp.73.3 Teilen

Nicht nur auf den eingesegneten Prediger ruht die Pflicht, hinauszugehen und diesen Auftrag auszuführen, sondern jeder, der Christus angenommen hat, ist berufen, für das Heil seiner Mitmenschen zu wirken. „Und der Geist und die Braut sprechen: Komm! Und wer es hört, der spreche: Komm!“ Offenbarung 22,17. Die Aufforderung, diese Einladung weiterzugeben, ergeht an die ganze Gemeinde. Jeder, der die Einladung gehört hat, soll die Botschaft von Hügeln und Tälern widerhallen lassen und sagen: Komm! DAp.73.4 Teilen

Es ist ein verhängnisvoller Irrtum, anzunehmen, dass die Arbeit der Seelenrettung allein auf den Prediger ruhe. Der demütige, Gott geweihte Gläubige, dem der Herr des Weinbergs eine Last für Mitmenschen auferlegt hat, sollte von denen, die vom Herrn größere Verantwortung übertragen bekommen haben, ermutigt werden. Die Leiter der Gemeinde Gottes müssen erkennen, dass der Auftrag des Heilands allen gilt, die an Seinen Namen glauben. Gott wird viele in Seinen Weinberg senden, die nicht durch Handauflegung zum Predigtdienst berufen worden sind. DAp.73.5 Teilen

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Hunderte, ja Tausende, welche die Heilsbotschaft gehört haben, stehen noch untätig auf dem Markt herum, während sie in irgendeiner Weise im aktiven Dienst stehen könnten. Zu ihnen sagt Christus: „Warum steht ihr hier den ganzen Tag untätig?“, und Er fordert sie auf: „Geht auch ihr in den Weinberg.“ Matthäus 20,6f. Warum kommen nicht viel mehr Christen dieser Aufforderung nach? — Weil sie sich damit entschuldigen, dass sie nicht im Predigtdienst stehen. Mögen diese Menschen doch begreifen, dass es außer der Arbeit von der Kanzel noch ein großes Werk zu tun gibt, das Tausende geheiligter Laienglieder ausführen können und auch sollen. DAp.74.1 Teilen

Gott wartet schon lange darauf, dass der Geist des Dienens die ganze Gemeinde erfasst, damit jedes Glied seiner Fähigkeit gemäß für Ihn wirken kann. Wenn die Glieder der Gemeinde Gottes das ihnen aufgetragene Werk in den bedürftigen Feldern des In- und Auslands verrichteten und so den Evangeliumsauftrag ausführten, dann würde die ganze Welt bald gewarnt sein und der Herr Jesus könnte in Kraft und Herrlichkeit auf diese Erde zurückkehren. „Und dieses Evangelium vom Reich wird in der ganzen Welt verkündigt werden, zum Zeugnis für alle Heidenvölker, und dann wird das Ende kommen.“ Matthäus 24,14. DAp.74.2 Teilen

Kapitel 12: Vom Verfolger zum Jünger
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Auf Grundlage von Apostelgeschichte 9,1-18. DAp.75 Teilen

Unter den jüdischen Leitern, die über den Erfolg der Evangeliumsverkündigung tief beunruhigt waren, ragte Saulus von Tarsus hervor. Von Geburt ein römischer Bürger, war er dennoch seiner Abstammung nach ein Jude und in Jerusalem von den berühmtesten Rabbinern ausgebildet worden. Er war „aus dem Geschlecht Israel, vom Stamm Benjamin, ein Hebräer von Hebräern, im Hinblick auf das Gesetz ein Pharisäer, im Hinblick auf den Eifer ein Verfolger der Gemeinde, im Hinblick auf die Gerechtigkeit im Gesetz untadelig gewesen“. Philipper 3,5f. Die Rabbiner betrachteten ihn als einen viel versprechenden jungen Mann und setzten große Hoffnungen in ihn, als einen zukünftigen fähigen und eifrigen Verfechter des alten Glaubens. Seine Beförderung zum Mitglied des Hohen Rats brachte ihn in eine einflussreiche Stellung. DAp.75.1 Teilen

Saulus hatte an dem Verhör und der Verurteilung von Stephanus entscheidenden Anteil gehabt. Die auffallenden Beweise der Gegenwart Gottes bei dem Märtyrer hatten ihn jedoch an der Richtigkeit der von ihm betriebenen Verfolgung zweifeln lassen. In seinem Gemüt wurde er sehr aufgewühlt. In seiner Verlegenheit wandte er sich an jene, zu denen Weisheit und Urteil er volles Vertrauen hatte. Die Argumente der Priester und Obersten überzeugten ihn schließlich davon, dass Stephanus ein Gotteslästerer sowie Christus, den der als Märtyrer gestorbene Jünger gepredigt hatte, ein Betrüger sei und dass diejenigen, welche in heiligen Ämtern dienten, im Recht sein mussten. DAp.75.2 Teilen

Saulus kam nicht ohne heftige Anfechtung zu diesem Schuss, aber seine Ausbildung, sein Vorurteil, seine Achtung vor den einstigen Lehrern und sein Verlangen, die Volksgunst zu erlangen, veranlassten ihn schließlich, gegen die Stimme des Gewissens und gegen Gottes Gnade zu rebellieren. Sobald es jedoch für ihn feststand, dass die Priester und Schriftgelehrten im Recht waren, wurde er in seinem Widerstand gegen die von Jesu Jüngern verkündeten Lehren sehr heftig. Er veranlasste, dass gläubige Männer und Frauen vor die Richter geschleppt und dort einzig wegen ihres Glaubens an Jesu zur Gefängnisstrafe, ja einige zum Tod verurteilt wurden. Sein Wirken brachte Trauer und Finsternis über die neu organisierte Gemeinde und veranlasste viele, ihre Sicherheit in der Flucht zu suchen. Die durch diese Verfolgung aus Jerusalem Vertriebenen „zogen umher und verkündigten das Wort des Evangeliums“. Apostelgeschichte 8,4. Zu den Städten, wohin sie kamen, gehörte auch Damaskus, und hier bekannten sich viele zu dem neuen Glauben. DAp.75.3 Teilen

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Priester und Oberste hatten gehofft, die Ketzerei durch umsichtige Bemühungen und strenge Verfolgung unterdrücken zu können. Doch jetzt betrachteten sie es als notwendig, die entschiedenen Maßnahmen gegen die neue Lehre, die sie in Jerusalem anwandten, auch an anderen Orten zu ergreifen. Für dieses besondere Werk in Damaskus bot Saulus seine Dienste an: „Währenddessen wütete Saulus gegen die Anhänger des Herrn und setzte alles daran, sie zu vernichten. Er wandte sich an den Hohen Priester und bat ihn um Empfehlungsschreiben für die Synagogen in Damaskus. Damit wollte er alle, die dieser neuen Richtung angehörten, aufspüren, um sie zu verhaften und — gleichgültig, ob Mann oder Frau — in Ketten nach Jerusalem zurückzubringen.“ Apostelgeschichte 9,1f. Auf diese Weise „mit Vollmacht und Erlaubnis von den obersten Priestern“ ausgestattet, auf der Höhe seiner Kraft stehend und von falschem Eifer angefeuert, trat Saulus von Tarsus jene denkwürdige Reise an, deren seltsame Begebenheiten seinen ganzen Lebenslauf verändern sollten. DAp.76.1 Teilen

Als sich die ermatteten Reisenden am letzten Reisetag um die Mittagszeit Damaskus näherten, breiteten sich vor ihren Blicken weite Flächen fruchtbaren Landes, schöne Gartenanlagen und ertragreiche Obstgärten aus, die von den kühlen Wasserströmen der umliegenden Berge bewässert wurden. Nach der langen Reise durch wüste Einöden war der Anblick einer solchen Landschaft wirklich herzerquickend. Als Saulus und seine Begleiter auf die fruchtbare Ebene und die schöne Stadt schauten, umleuchtete ihn und seine Mitreisenden, wie er später berichtete „vom Himmel her ein Licht, heller als der Glanz der Sonne“, herrlicher als sterbliche Augen es ertragen konnten. Apostelgeschichte 26,13f. Geblendet und verwirrt fiel er kraftlos zu Boden. Während das Licht sie umleuchtete, hörte Saulus „eine Stimme auf hebräisch“ sagen, die sprach zu ihm: „Saul, Saul, warum verfolgst du mich? Es wird dir schwer fallen, gegen den Stachel auszuschlagen. Ich antwortete: Wer bist du, Herr? Der Herr sagte: Ich bin Jesus, den du verfolgst.“ Apostelgeschichte 26,14f (EÜ). DAp.76.2 Teilen

Furchterfüllt und durch die Helligkeit des Lichts beinahe blind hörten Sauls Begleiter zwar eine Stimme, sahen aber niemand. Saulus verstand jedoch die Worte, die gesprochen wurden, und ihm wurde der Sprechende offenbart, welcher der Sohn Gottes selbst war. In dem verherrlichten Wesen, das vor ihm stand, erkannte er den Gekreuzigten, und das Bild des Angesichtes Jesu prägte sich dem Inneren des getroffenen Juden für immer ein. Die Worte, die er vernahm, gingen ihm mit erschütternder Macht zu Herzen. In sein verdunkeltes Gemüt ergoss sich eine Flut von Licht und offenbarte ihm die Unwissenheit und Irrtümer seines früheren Lebens, sowie auch sein gegenwärtiges Bedürfnis, vom Heiligen Geist erleuchtet zu werden. DAp.76.3 Teilen

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Saulus sah jetzt, dass er mit der Verfolgung der Jünger Christi in Wirklichkeit Satans Werk betrieben hatte. Er erkannte, dass seine Überzeugung von Recht und Pflicht sich hauptsächlich auf sein bedingungsloses Vertrauen in die Priester und Obersten gegründet hatte. Er glaubte ihnen, als sie ihm sagten, dass die Geschichte von der Auferstehung eine schlaues Märchen der Jünger sei. Als nun Jesus selbst sich ihm offenbarte, wurde Saulus von der Wahrhaftigkeit der Behauptungen der Jünger überzeugt. DAp.77.1 Teilen

In jener Stunde himmlischer Erleuchtung arbeitete sein Geist mit bemerkenswerter Schnelligkeit. Die Prophetien der Heiligen Schrift wurden ihm verständlich. Er sah Jesu Verwerfung durch die Juden, Seine Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt, die von den Propheten vorher gesagt waren und den Beweis erbrachten, dass Er wirklich der verheißene Messias war. Die Predigt des Stephanus kurz vor seinem Märtyrertod kam Saulus lebhaft in Erinnerung, und es wurde ihm klar, dass der Märtyrer wirklich „die Herrlichkeit Gottes“ gesehen hatte, als er sagte: „Siehe, ich sehe den Himmel offen und den Sohn des Menschen zur Rechten Gottes stehen!“ Apostelgeschichte 7,55f. Die Priester hatten diese Worte als Gotteslästerung bezeichnet, aber Saulus wusste jetzt, dass es die Wahrheit war. DAp.77.2 Teilen

Welch eine Offenbarung war dies für den Verfolger! Jetzt wusste Saulus ganz sicher, dass der verheißene Messias als Jesus von Nazareth auf diese Erde herabgekommen und hier von denen verworfen und gekreuzigt worden war, die zu retten Er kam. Er wusste ferner, dass der Heiland siegreich dem Grab entstiegen und zum Himmel aufgefahren war. Er erinnerte sich in diesem Augenblick göttlicher Offenbarung erschreckt daran, dass Stephanus, der Zeugnis vom gekreuzigten und auferstandenen Heiland abgelegt hatte, mit seiner Zustimmung hingerichtet wurde und dass durch sein Wirken auch noch viele andere würdige Nachfolger Jesu in grausamer Verfolgung den Tod erlitten hatten. DAp.77.3 Teilen

Der Heiland hatte zu Saulus durch Stephanus gesprochen, dessen eindeutige Beweisführung man nicht widerlegt werden konnte. Der gelehrte Jude hatte gesehen, wie das Angesicht des Märtyrers das Licht der Herrlichkeit Christi widerspiegelte und „wie eines Engels Angesicht“ erschien. Apostelgeschichte 6,15. Er war Zeuge von der Langmut des Stephanus gegen seine Feinde und von seiner Bereitwilligkeit, ihnen zu vergeben. Auch hatte er die Standhaftigkeit und freudige Hingabe vieler Leute gesehen, die auf seine Veranlassung hin gefoltert und gequält wurden. Ja, er hatte auch gesehen, wie einige um ihres Glaubens willen sogar ihr Leben freudig hingegeben hatten. DAp.77.4 Teilen

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All dies hatte laut zu Saulus gesprochen und ihm zeitweise nahezu überwältigend die Überzeugung aufgedrängt, dass Jesus der verheißene Messias war. Dann hatte er nächtelang gegen diese Überzeugung angekämpft, diesem Kampf aber immer wieder dadurch eine Ende bereitet, dass er sich nur um so fester einredete: Jesus sei nicht der Messias und Seine Nachfolger seien nur betrogene Fanatiker. DAp.78.1 Teilen

Jetzt hatte Christus selbst zu Saulus gesprochen und gesagt: „Saul! Saul! Warum verfolgst du mich?“ Apostelgeschichte 9,4. Und die Frage: „Wer bist du, Herr?“ wurde von derselben Stimme beantwortet mit den Worten: „Ich bin Jesus, den du verfolgst.“ Apostelgeschichte 9,5. Christus stellt sich hier mit Seinen Nachfolgern auf eine Stufe — hat Saulus diese verfolgt, so hat er sich auch gegen den Herrn des Himmels selbst vergangen. Hat er sie fälschlich angeklagt und gegen sie gezeugt, so hat er dies dem Heiland der Welt angetan. DAp.78.2 Teilen

Saulus zweifelte nicht daran, dass der, welcher mit ihm redete, Jesus von Nazareth, der lang ersehnte Messias, der Trost und Erlöser Israels war. „Da sprach er mit Zittern und Schrecken: Herr, was willst du, dass ich tun soll? Und der Herr antwortete ihm: Steh auf und geh in die Stadt hinein, so wird man dir sagen, was du tun sollst!“ Apostelgeschichte 9,6. DAp.78.3 Teilen

Als die Herrlichkeit verschwunden war und Saulus sich vom Boden aufrichtete, merkte er, dass er nichts mehr sehen konnte. Der Glanz der Herrlichkeit Christi war für seine sterblichen Augen zu stark gewesen. Als nun dieser Glanz wich, umgab dunkle Nacht seine Augen. Er hielt diese Blindheit für eine Strafe von Gott für die Grausamkeit, mit der er die Anhänger Jesu verfolgt hatte. Er tappte in schrecklicher Finsternis umher. DAp.78.4 Teilen

Seine Begleiter, — von Furcht und Erstaunen erfüllt, — nahmen ihn nun „an der Hand und führten ihn nach Damaskus“. Apostelgeschichte 9,8. DAp.78.5 Teilen

Noch am Morgen dieses ereignisreichen Tages hatte Saulus sich Damaskus mit einem Gefühl der Selbstzufriedenheit genähert, weil die Hohepriester ein solch großes Vertrauen in ihn setzten. Im waren schwere Verantwortungen übertragen worden, wurde er doch beauftragt, das Interesse der jüdischen Religion zu fördern, indem er, wenn möglich, die Ausbreitung des neuen Glaubens in Damaskus verhinderte. Er war auch entschlossen gewesen, seinen Auftrag unter allen Umständen erfolgreich abzuschließen und sah ungeduldig jenen Erfahrungen entgegen, die ihm bevorstanden. DAp.78.6 Teilen

Wie ganz anders als er es erwartet hatte, war nun sein Einzug in die Stadt! Blind, hilflos, von Gewissensbissen geplagt, in Ungewissheit darüber, welcher Urteilsspruch ihm außerdem noch bevorstand, suchte er die Wohnung des Jüngers Judas auf, wo er dann zurückgezogen reichlich Gelegenheit zum Nachdenken und zum Beten hatte. DAp.78.7 Teilen

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Drei Tage konnte Saulus „nicht sehen und aß nicht und trank nicht“. Apostelgeschichte 9,9. Diese Tage der Seelenqual kamen ihm vor wie Jahre. Immer wieder rief er sich schmerzerfüllt seinen Anteil an den Qualen ins Gedächtnis zurück, die Stephanus auszustehen hatte. Mit Entsetzen dachte er an die Schuld, die er auf sich geladen hatte, indem er sich von der Bosheit und dem Vorurteil der Priester und Obersten leiten ließ — selbst dann noch, als das Angesicht des Stephanus bereits vom Glanz des Himmels erleuchtet wurde. In Trauer und Zerknirschung dachte er an die vielen Male zurück, als er seine Augen und Ohren den überzeugendsten Beweisen verschlossen und unbarmherzig auf die Verfolgung derer gepocht hatte, die an Jesus von Nazareth glaubten. DAp.79.1 Teilen

Diese Tage der strengsten Selbstprüfung und Demütigung des Herzens verbrachte er in vollständiger Abgeschlossenheit. Die Gläubigen waren vor Saulus und hinsichtlich des Zwecks seines Kommens nach Damaskus gewarnt worden und befürchteten, dass er sich nur verstelle, um sie desto leichter zu fangen. Darum hielten sie sich von ihm fern und versagten ihm ihre Anteilnahme. Er wiederum wollte sich auch nicht an die unbekehrten Juden wenden, mit denen er sich zur Verfolgung der Gläubigen zusammenschließen wollte, denn er wusste, dass sie seine Erfahrung nicht einmal anhören wollten. Auf diese Weise schien er von allem menschlichen Mitgefühl abgeschnitten zu sein. Seine einzige Hoffnung auf Hilfe beruhte auf einem barmherzigen Gott, und so wandte er sich zerschlagenen Herzens an Ihn. DAp.79.2 Teilen

Während der langen Stunden, die Saulus mit Gott allein verbrachte, dachte er an viele Schriftstellen, die sich auf Christi erstes Kommen bezogen. Ganz sorgfältig, und mit einem Gedächtnis, das durch seine neue Überzeugung geschärft war, ging er die Prophezeiungen nacheinander durch. Als er so über die Bedeutung dieser Weissagungen nachdachte, geriet er in Erstaunen über seine bisherige Blindheit in geistlichen Dingen, sowie über die Blindheit der Juden ganz allgemein, die sie zur Verwerfung Jesu als den verheißen Messias geführt hatte. Seinem erleuchteten Blick erschien jetzt alles klar. Er erkannte, dass Vorurteil und Unglaube so lange sein geistliches Wahrnehmungsvermögen umnachtet und ihn daran gehindert hatten, in Jesus von Nazareth den prophezeiten Messias zu erkennen. DAp.79.3 Teilen

Indem Saulus sich völlig der überführenden Macht des Heiligen Geistes auslieferte, sah er die Irrtümer in seinem Leben und erkannte die weitreichenden Forderungen des Gesetzes Gottes. Er, der ein stolzer Pharisäer war und sich dessen sicher war, dass er durch seine guten Werke gerechtfertigt sei, beugte sich jetzt vor Gott mit der Demut und Einfalt eines kleinen Kindes, bekannte seine Unwürdigkeit und flehte um die Zurechnung der Verdienste eines gekreuzigten und auferstandenen Heilands. Saulus sehnte sich nach vollkommener Übereinstimmung und Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn und brachte in seinem heißen Verlangen nach Vergebung und Anteilnahme innige Gebete vor dem Thron der Gnade dar. DAp.79.4 Teilen

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Die Gebete des reumütigen Pharisäers waren nicht vergebens. Die innigsten Gedanken und Regungen seines Herzens wurden durch die göttliche Gnade umgewandelt und seine edlen Fähigkeiten mit den ewigen Absichten Gottes in Übereinstimmung gebracht. Christus und Seine Gerechtigkeit galten ihm fortan mehr als die ganze Welt. DAp.80.1 Teilen

Die Bekehrung von Saulus ist ein eindrucksvoller Beweis für die Wunder wirkende Macht des Heiligen Geistes, um Menschen von der Sünde zu überführen. Saulus hatte wirklich geglaubt, dass Jesus von Nazareth Gottes Gesetz missachtet und Seine Jünger gelehrt habe, es sei nicht mehr gültig. Aber nach seiner Bekehrung erkannte er Jesus als denjenigen, der ausdrücklich dazu in die Welt kam, um dem Gesetz Seines Vaters Geltung zu verschaffen. Nun war er davon überzeugt, dass Jesus der Urheber des ganzen jüdischen Opfersystems war. Er sah, dass bei der Kreuzigung das Bildhafte zur Wirklichkeit geworden war und dass Jesus die Prophezeiungen des Alten Testaments über den Erlöser Israels erfüllt hatte. Im Bericht über die Bekehrung des Saulus werden wichtige Grundsätze mitgeteilt, die wir nie vergessen dürfen. Saulus wurde unmittelbar in die Gegenwart Jesu versetzt. Er war von Christus zu einem überaus wichtigen Werk ausersehen und sollte Ihm ein „auserwähltes Werkzeug“ sein. Apostelgeschichte 9,15. Dennoch teilte ihm der Herr nicht mit, welche Aufgabe ihm übertragen sei. Er hielt ihn nur in seinem Vorhaben auf und überzeugte ihn von seinen Sünden. Als Saulus aber fragte: „Was willst du, dass ich tun soll?“, da brachte der Heiland den fragenden Juden in Verbindung mit Seiner Gemeinde, um dort Gottes Willen für sich zu erfahren. Apostelgeschichte 9,6. DAp.80.2 Teilen

Das wunderbare Licht, das die Dunkelheit von Saulus erleuchtete, war Gottes Werk, doch es sollte auch etwas von Seiten der Jünger für ihn getan werden. Christus hatte sich ihm offenbart und ihn überzeugt. Jetzt war der Reumütige in der Verfassung, sich von denen belehren zu lassen, die Gott eingesetzt hatte, um Seine Wahrheit zu lehren. DAp.80.3 Teilen

Während Saulus allein im Haus von Judas betete und flehte, erschien der Herr „in Damaskus ein Jünger namens Ananias“ in einer Vision und sagte ihm, dass Saulus von Tarsus bete und Hilfe benötige. „Steh auf und geh in die Gasse, die man ‚die Gerade‘ nennt“, sagte der himmlische Bote, „und frage im Haus des Judas nach einem Mann namens Saulus von Tarsus. Denn siehe, er betet; und er hat in einem Gesicht einen Mann namens Ananias gesehen, der hereinkam und ihm die Hand auflegte, damit er wieder sehend werde.“ Apostelgeschichte 9,10-12. Ananias konnte die Worte des Engels kaum glauben, denn die Berichte über die grausame Verfolgung der Heiligen in Jerusalem durch Saulus waren weit verbreitet worden. Darum wandte er ein: „Herr, ich habe von vielen über diesen Mann gehört, wie viel Böses er deinen Heiligen in Jerusalem zugefügt hat. Und hier hat er Vollmacht von den obersten Priestern, alle, die deinen Namen anrufen, gefangen zu nehmen!“ Hierauf erhielt er kurz und bündig den Befehl: „Geh hin, denn dieser ist mir ein auserwähltes Werkzeug, um meinen Namen vor Heiden und Könige und vor die Kinder Israels zu tragen!“ Apostelgeschichte 9, 13-15. DAp.80.4 Teilen

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Indem er der Anweisung des Engels gehorchte, suchte Ananias den Mann auf, der noch vor Kurzem gegen all jene Drohungen ausgesprochen hatte, die an den Namen Jesu glaubten. Er legte seine Hände auf das Haupt des reuigen Dulders und sagte: „Bruder Saul, der Herr hat mich gesandt, Jesus, der dir erschienen ist auf der Straße, die du herkamst, damit du wieder sehend wirst und erfüllt wirst mit dem Heiligen Geist! Und sogleich fiel es wie Schuppen von seinen Augen, und er konnte augenblicklich wieder sehen und stand auf und ließ sich taufen.“ Apostelgeschichte 9,17f. DAp.81.1 Teilen

So bestätigte Jesus die Autorität Seiner organisierten Gemeinde und brachte Saulus in Kontakt mit den von Ihm auserwählten Dienern auf Erden. Christus hatte jetzt eine Gemeinde als Seine Stellvertreterin auf Erden. Ihre Aufgabe war es, dem reuigen Sünder auf den Weg des Lebens zu leiten. DAp.81.2 Teilen

Viele glauben, dass sie, unabhängig von Seinen anerkannten Nachfolgern auf Erden, Christus allein für Licht und Erfahrung verantwortlich sind. Jesus ist der Freund der Sünder und Sein Herz wird von ihrem Leid gerührt. Er hat alle Macht, sowohl im Himmel wie auf Erden, aber Er achtet die von Ihm zur Erleuchtung und Erlösung der Menschen verordneten Mittel und verweist daher die Sünder an die Gemeinde, die Er zu einem Kanal des Lichts für die Welt gemacht hat. DAp.81.3 Teilen

Als Saulus in seinem blinden Eifer und seinen Vorurteilen eine Offenbarung über den Christus erhielt, welchen er verfolgte, wurde er auch sogleich mit Seiner Gemeinde zusammen gebracht, die das Licht der Welt ist. In diesem Fall repräsentiert Ananias und auch Christi Diener auf Erden Christus, die an seiner Statt zu handeln beauftragt sind. An Christi Statt berührt Ananias die Augen von Saulus, damit sie wieder sehend werden. An Christi Statt legt er seine Hände auf ihn, und während er in Christi Namen betet, empfängt Saulus den Heiligen Geist. Alles geschieht im Namen und in der Kraft Christi. Christus ist die Quelle — die Gemeinde aber ist der Kanal der Übermittlung. DAp.81.4 Teilen

Kapitel 13: Tage der Vorbereitung
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Auf Grundlage von Apostelgeschichte 9,19-31. DAp.82 Teilen

Nach seiner Taufe beendete Paulus sein Fasten und blieb „etliche Tage bei den Jüngern in Damaskus. Und sogleich verkündigte er in den Synagogen Christus, dass dieser der Sohn Gottes ist.“ Apostelgeschichte 9,20. Mutig erklärte er, dass Jesus von Nazareth der lang erwartete Messias sei, der „für unsere Sünden gestorben ist, nach den Schriften, und dass er begraben worden ist und dass er auferstanden ist am dritten Tag, nach den Schriften, und dass er dem Kephas erschienen ist, danach den Zwölfen.“ 1.Korinther 15,3-5. Und Paulus fügte noch hinzu: „Zuletzt hat er sich auch mir gezeigt, der ich es am wenigsten verdient hatte.“ 1.Korinther 15,8 (HfA). Seine Beweisführungen auf Grund der Prophezeiungen waren so überzeugend und seine Anstrengungen so offenkundig von der Kraft Gottes begleitet, dass die Juden die Fassung verloren und unfähig waren, ihm zu antworten. DAp.82.1 Teilen

Die Nachricht über die Bekehrung von Paulus hatte die Juden sehr überrascht. Er, der ausgerüstet „mit Vollmacht und Erlaubnis von den obersten Priestern auch nach Damaskus“ gereist war, um die Gläubigen zu verfolgen, predigte jetzt das Evangelium von einem auferstandenen Heiland. Apostelgeschichte 26,12. Auch stärkte er die Hände derer, die schon Jünger waren und führte ständig neue Bekehrte dem Glauben zu, den er einst so heftig bekämpft hatte. DAp.82.2 Teilen

Zuvor galt Paulus als ein eifriger Verteidiger der jüdischen Religion und als unermüdlicher Verfolger der Anhänger Jesu. Mit seinem Mut, seiner Selbständigkeit und Beharrlichkeit hätten seine Gaben und seine Ausbildung ihn befähigt, auf vielen Gebieten erfolgreich zu sein. Er konnte außerordentlich scharf denken, und durch seinen beißenden Spott einen Gegner in ein ziemlich schlechtes Licht stellen. Nun sahen die Juden diesen zu außergewöhnlichen Erwartungen berechtigenden jungen Mann, wie er gemeinsam mit denen, die er zuvor verfolgt hatte, furchtlos den Namen Jesu predigte! DAp.82.3 Teilen

Ein in der Schlacht gefallener General ist für seine Armee verloren, sein Tod verleiht jedoch dem Feind keine größere Kraft. Verbindet sich aber ein fähiger Mensch mit dem Gegner, dann gehen nicht allein seine Dienste verloren, sondern jene, denen er sich anschließt, bekommen einen entscheidenden Vorteil. Wäre Saulus von Tarsus auf dem Weg nach Damaskus vom Herrn einfach erschlagen worden, so wäre der verfolgenden Macht viel Kraft entzogen worden. Gott aber verschonte in Seiner Vorsehung nicht nur das Leben von Saulus, sondern bekehrte ihn auch und versetzte dadurch einen Helden von der Seite des Feindes auf die Seite Christi. Paulus, ein gewandter Redner und strenger Kritiker mit festem Vorsatz und unerschrockenem Mut, besaß damit genau jene Fähigkeiten, welche die junge Gemeinde benötigte. DAp.82.4 Teilen

83

Als Paulus in Damaskus predigte, waren alle Zuhörer erstaunt und sprachen: „Ist das nicht der, welcher in Jerusalem die verfolgte,die diesen Namen anrufen, und der dazu hierher gekommen war, um sie gebunden zu den obersten Priestern zu führen?“ Apostelgeschichte 9,21. Paulus erklärte, dass sein Glaubenswechsel nicht durch Impulse geschah oder auf Fanatismus beruhe, sondern durch überwältigende Beweise herbeigeführt worden sei. In seiner Evangeliumsverkündigung versuchte er die Prophezeiungen, die auf Christi erstes Kommen hinwiesen, klar auszulegen und schlüssig nachzuweisen, dass diese Weissagungen sich buchstäblich in Jesus von Nazareth erfüllt hätten. Die Grundlage seines Glaubens war das sichere prophetische Wort. DAp.83.1 Teilen

Als Paulus fortfuhr, seine erstaunten Zuhörer aufzufordern, „sie sollten Buße tun und sich zu Gott bekehren, indem sie Werke tun, die der Buße würdig sind“, wurde er „noch mehr gestärkt und beunruhigte die Juden, die in Damaskus wohnten, indem er bewies, dass dieser der Christus ist“. Apostelgeschichte 26,20; 9,22. Aber viele verhärteten ihre Herzen und wollten auf seine Botschaft nicht hören, und bald verwandelte sich ihr Erstaunen über seine Bekehrung in denselben glühenden Hass, wie sie ihn schon gegenüber Jesus zeigten. DAp.83.2 Teilen

Der Widerstand entbrannte so heftig, dass es Paulus unmöglich wurde, seine Tätigkeit in Damaskus fortzusetzen. Ein Bote vom Himmel wies ihn an, den Ort für eine Weile zu verlassen, und er „ging weg nach Arabien“, wo er einen sicheren Zufluchtsort fand. Galater 1,17. DAp.83.3 Teilen

Hier in der Einsamkeit der Wüste hatte Paulus reichlich Gelegenheit zu ungestörtem Forschen und Nachdenken. Er ließ die vergangenen Erfahrungen in aller Ruhe an seinem Geist vorüberziehen und bekehrte sich gründlich zum Herrn. Auch suchte er Gott von ganzem Herzen und ruhte nicht eher, als bis er ganz sicher wusste, dass seine Reue angenommen und seine Sünden vergeben waren. Er sehnte sich nach der Gewissheit, dass Jesus ihm in seinem kommenden Dienst zur Seite stehen werde. Er machte sich von allen Vorurteilen und Traditionen frei, die bisher sein Leben gestaltet hatten und empfing Unterweisung aus der Quelle der Wahrheit. Jesus verkehrte mit ihm, gründete ihn im Glauben und verlieh ihm ein reiches Maß an Weisheit und Gnade. DAp.83.4 Teilen

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Wird der Geist des Menschen mit dem Geist Gottes in Verbindung gebracht, das Endliche mit dem Unendlichen, dann ist die Wirkung auf Körper, Seele und Geist unschätzbar. Die höchste Erziehung entsteht aus einer solchen Verbindung. Sie ist Gottes ureigene Methode der Entwicklung. „Mache dich doch mit ihm vertraut“ ist Seine Botschaft an die Menschheit. Hiob 22,21 (v. Ess). DAp.84.1 Teilen

Der besondere Auftrag, den Paulus bei seiner Unterredung mit Ananias erhalten hatte, lastete immer schwerer auf seinem Herzen. Als Paulus auf die Worte: „Bruder Saul, werde wieder sehend!“ zum ersten Mal in das Gesicht dieses frommen Mannes geblickt hatte, sprach Ananias unter der Eingebung des Heiligen Geistes zu ihm: „Der Gott unserer Väter hat dich vorherbestimmt, seinen Willen zu erkennen und den Gerechten zu sehen und die Stimme aus seinem Mund zu hören; denn du sollst bei allen Menschen ein Zeuge für ihn sein von dem, was du gesehen und gehört hast. Und nun, was zögerst du? Steh auf und lass dich taufen, und lass deine Sünden abwaschen, indem du den Namen des Herrn anrufst!“ Apostelgeschichte 22,13-16. DAp.84.2 Teilen

Diese Worte stimmten mit Jesu eigenen Worten überein, die Er zu Saulus gesprochen hatte, als Er sich ihm auf der Reise nach Damaskus in den Weg stellte und erklärte: „Denn dazu bin ich dir erschienen, um dich zum Diener und Zeugen zu bestimmen für das, was du gesehen hast und für das, worin ich mich dir noch offenbaren werde; und ich will dich erretten von dem Volk und den Heiden, unter die ich dich jetzt sende, um ihnen die Augen zu öffnen, damit sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht und von der Herrschaft des Satans zu Gott, damit sie Vergebung der Sünden empfangen und ein Erbteil unter denen, die durch den Glauben an mich geheiligt sind!“ Apostelgeschichte 26,16-18. DAp.84.3 Teilen

Als Paulus diese Worte in seinem Herzen bewegte, verstand er immer besser die Bedeutung seiner Berufung, ein „Apostel Jesu Christi durch Gottes Willen“ zu sein. 1.Korinther 1,1. Er war „nicht von Menschen, auch nicht durch einen Menschen, sondern durch Jesus Christus und Gott, den Vater“ berufen worden. Die Größe der vor ihm liegenden Aufgabe veranlasste ihn zum fleißigen Studium der Heiligen Schrift, damit er das Evangelium predigen konnte „nicht mit klugen Worten, damit nicht das Kreuz Christi zunichte werde, ... sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft“, damit der Glaube aller Zuhörenden „nicht stehe auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft.“ 1.Korinter 1,17; 2.4f DAp.84.4 Teilen

Als Paulus in der Heiligen Schrift forschte, erkannte er: „Nicht viele Weise [sind] nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Angesehene sind berufen. Sondern was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er die Weisen zuschanden mache; und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er zuschanden mache, was stark ist; und das Geringe vor der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt, das, was nichts ist, damit er zunichte mache, was etwas ist, damit sich kein Mensch vor Gott rühme.“ 1.Korinther 1,26-29. Und indem er auf diese Weise die Weisheit der Welt im Licht des Kreuzes betrachtete, beschloss er, nichts wissen zu wollen, „als nur Jesus Christus, und zwar als Gekreuzigten“. 1.Korinther 2,2. DAp.84.5 Teilen

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Während seines späteren Dienstes hat Paulus niemals die Quelle seiner Weisheit und Kraft aus den Augen verloren. Hören wir, wie er noch nach Jahren erklärt: „Christus ist mein Leben.“ Philipper 1,21. Und auch: „Ich achte alles für Schaden gegenüber der alles übertreffenden Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, um dessentwillen ich alles eingebüßt habe; und ich achte es für Dreck, damit ich Christus gewinne und in ihm erfunden werde, indem ich nicht meine eigene Gerechtigkeit habe, die aus dem Gesetz kommt, sondern die durch den Glauben an Christus, die Gerechtigkeit aus Gott aufgrund des Glaubens, um Ihn zu erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden.“ Philipper 3,8-10. DAp.85.1 Teilen

Von Arabien „kehrte [Paulus] wieder nach Damaskus zurück“ und „fuhr fort, unerschrocken im Namen des Herrn zu predigen“. Galater 1,17; Apostelgeschichte 9,28 (KJV). Unfähig, der Weisheit seiner Beweisführungen entgegenzutreten, „beschlossen die Juden miteinander, ihn umzubringen“. Die Tore der Stadt wurden Tag und Nacht sorgfältig bewacht, um jede Möglichkeit zum Fluchtversuch im Keim zu ersticken. Diese Krise veranlasste die Jünger, Gott ernst im Gebet zu suchen. Schließlich „nahmen ihn die Jünger bei Nacht und ließen ihn in einem Korb über die Mauer hinab“. Apostelgeschichte 9,25. DAp.85.2 Teilen

Als Paulus aus Damaskus entkommen war, reiste er nach Jerusalem. Seit seiner Bekehrung waren etwa drei Jahre vergangen. Der Hauptzweck seines Besuchs war, wie er später selbst erklärte, „um Petrus kennenzulernen“. Galater 1,18. Als er die Stadt erreicht hatte, wo er einst als „Saulus der Verfolger“ wohlbekannt war, „versuchte er, sich den Jüngern anzuschließen; aber sie fürchteten ihn alle, weil sie nicht glaubten, dass er ein Jünger sei“. Apostelgeschichte 9,26. Es fiel ihnen schwer zu glauben, dass ein so engstirniger Pharisäer, der so viel dazu beigetragen hatte, um die Gemeinde auszurotten, ein aufrichtiger Nachfolger Jesu werden könne. „Endlich nahm sich Barnabas seiner an. Er brachte ihn zu den Aposteln und berichtete dort, wie Saulus auf der Reise nach Damaskus den Herrn gesehen, dass Jesus zu ihm geredet habe und Saulus dann in Damaskus furchtlos den Namen des Herrn verkündigt hatte.“ Apostelgeschichte 9,27 (HfA). DAp.85.3 Teilen

Als die Jünger dies hörten, nahmen sie Paulus als einen der Ihren auf. Bald erhielten sie auch ausreichende Beweise von der Echtheit seiner christlichen Erfahrung. Der zukünftige Heidenapostel befand sich jetzt in der Stadt, in der viele seiner früheren Glaubensgenossen lebten, und er wünschte sich, diesen jüdischen Leitern die auf den Messias hinweisenden Weissagungen zu erklären, die sich mit dem Kommen des Heilands erfüllt hatten. Paulus war fest davon überzeugt, dass diese Lehrer in Israel, mit denen er einst so gut befreundet war, ebenso aufrichtig und ehrlich waren, wie er. Aber er hatte die Geisteshaltung seiner jüdischen Brüder falsch eingeschätzt, und die Hoffnung auf ihre baldige Bekehrung wurde bitter enttäuscht. Obwohl er „den Namen des Herrn unerschrocken predigte“ und „redete auch und befragte sich mit den Griechen“, weigerten sich die Leiter der jüdischen Gemeinde, ihm zu glauben, sondern „sie stellten ihm nach, um ihn zu töten“. Apostelgeschichte 9,27-29. Trauer erfüllte sein Herz. Wie gern hätte er sein Leben dafür gegeben, wenn er dadurch einige zur Erkenntnis der Wahrheit hätte bringen können. Vgl. Römer 9,3. Beschämt dachte er an seine aktive Rolle bei der Hinrichtung von Stephanus und verteidigte nun die Wahrheit, für die Stephanus gestorben war. Dabei tat er alles, um den Makel auszulöschen, der auf dem Namen dieses so fälschlich Angeklagten ruhte. DAp.85.4 Teilen

86

Als Paulus von Schmerz gebeugt um derer Willen, die nicht glauben wollten, im Tempel betete, erhielt er, wie er später selbst bezeugte, eine Vision, wobei ihm ein himmlischer Bote erschien und sagte: „Eile und geh schnell aus Jerusalem fort, denn sie werden dein Zeugnis über mich nicht annehmen!“ Apostelgeschichte 22,18. DAp.86.1 Teilen

Paulus war bereit, in Jerusalem zu bleiben und dort dem Widerstand zu begegnen. Es war in seinen Augen Feigheit, einfach zu fliehen, wenn er durch seinen Verbleib einige der halsstarrigen Juden von der Wahrheit der Evangeliumsbotschaft überzeugen könnte, selbst wenn es ihm das Leben kosten sollte. Deshalb antwortete er: „Herr, sie wissen selbst, dass ich die, welche an dich glaubten, ins Gefängnis werfen und in den Synagogen schlagen ließ, und dass auch ich dabeistand, als das Blut deines Zeugen Stephanus vergossen wurde, und seiner Hinrichtung zustimmte und die Kleider derer verwahrte, die ihn töteten.“ Apostelgeschichte 22,19f. Aber es war nicht nach dem Plan Gottes, dass sein Diener sein Leben unnötigerweise in Gefahr brachte. Deshalb erwiderte der himmlische Bote: „Geh hin, denn ich will dich in die Ferne zu den Heiden senden!“ Apostelgeschichte 22,21. DAp.86.2 Teilen

Als die Brüder von dieser Vision hörten, beschleunigten sie die heimliche Flucht von Paulus aus Jerusalem, denn sie befürchteten seine Ermordung. Sie „geleiteten ihn nach Cäsarea und schickten ihn weiter nach Tarsus“. Apostelgeschichte 9,30. Mit der Abreise von Paulus endete die Verfolgung durch die Juden für eine Zeitlang, und die Gemeinde erhielt eine Ruhepause, in der viele zur Zahl der Gläubigen hinzugetan wurden. DAp.86.3 Teilen

Kapitel 14: Ein Wahrheitssucher
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Auf Grundlage von Apostelgeschichte 9,32 bis Apostelgeschichte 11,18. DAp.87 Teilen

Der Apostel Petrus besuchte in seinem Predigtdienst auch die Gläubigen in Lydda. Hier heilte er Äneas, den die Gicht seit acht Jahren ans Bett gefesselt hatte. „Jesus der Christus macht dich gesund“, sagte der Apostel, „steh auf und mache dir dein Bett selbst!“ „Und sogleich stand er auf. Und alle, die in Lydda und Saron wohnten, sahen ihn; und sie bekehrten sich zu dem Herrn.“ Apostelgeschichte 9,34f. DAp.87.1 Teilen

In Joppe, nahe bei Lydda, wohnte eine Frau mit Namen Tabea, die wegen ihrer guten Werke sehr beliebt war. Sie war eine würdige Jüngerin Jesu und ihre Lebenszeit war mit Taten der Wohltätigkeit ausgefüllt. Sie wusste, wer unbedingt Kleidung und Anteilnahme bedurfte, und diente freiwillig den Armen und Sorgenbeladenen. Ihre geschickten Finger waren flinker als ihre Zunge. DAp.87.2 Teilen

„Und es geschah in jenen Tagen, dass sie krank wurde und starb.“ Die Gemeinde in Joppe vermisste sie sehr, und als die Gläubigen hörten, dass Petrus in Lydda war, sandten sie Boten, „zwei Männer zu ihm und baten ihn: Säume nicht, zu uns zu kommen! Petrus aber stand auf und kam zu ihnen. Und als er hingekommen war, führten sie ihn hinauf in das Obergemach, und es traten zu ihm alle Witwen, weinten und zeigten ihm die Röcke und Kleider; welche die Tabea gemacht hatte, als sie noch bei ihnen war.“ Apostelgeschichte 9,37-39. Weil Tabea ihr Leben in den Dienst für andere stellte, ist es nicht verwunderlich, dass die Menschen um sie trauerten und man Tränen um sie vergoss. DAp.87.3 Teilen

Das Herz des Apostels wurde von Mitleid bewegt, als er ihren Kummer mitbekam. Er hieß die weinenden Freunde das Zimmer zu verlassen, kniete nieder und betete innig zu Gott, der Tabea das Leben und die Gesundheit wiederzuschenken. Dann wandte er sich zu der Toten und sprach: „Tabea, stehe auf. Und sie tat ihre Augen auf; und da sie Petrus sah, setzte sie sich aufrecht.“ Apostelgeschichte 9,40. Tabea hatte der Gemeinde wertvolle Dienste erwiesen, und Gott hielt es für gut, sie aus Feindesland zurückzubringen, damit ihre Geschicklichkeit und Tatkraft auch weiterhin anderen zum Segen sein konnten und damit durch diese Bekundung Seiner Macht Gottes Werk gestärkt werden sollte. DAp.87.4 Teilen

88

Während sich Petrus noch in Joppe aufhielt, wurde er von Gott berufen, dem Kornelius in Cäsarea das Evangelium zu bringen. DAp.88.1 Teilen

Kornelius war ein römischer Hauptmann, wohlhabend und von edler Herkunft, der eine Vertrauens- und Ehrenstellung bekleidete. Seiner Geburt, Erziehung und Bildung nach ein Heide, hatte er durch Kontakt mit den Juden Gotteserkenntnis erlangt und diente Ihm nun mit ganzem Herzen, indem er die Aufrichtigkeit seines Glaubens durch Mitleid mit den Armen bewies. Er war aufgrund seiner Wohltätigkeit überall bekannt und stand bei Juden und Heiden wegen seines rechtschaffenen Lebenswandels in gutem Ruf. Auf alle, mit denen er in Kontakt kam, übte er einen segensreichen Einfluss aus. Die Heilige Schrift berichtet über ihn: „Er war ein gottesfürchtiger Mann, der mit allen in seinem Haus den Gott Israels achtete. Kornelius unterstützte die Bedürftigen und betete regelmäßig zu Gott.“ Apostelgeschichte 10,2 (NL). DAp.88.2 Teilen

Weil Kornelius an Gott als den Schöpfer Himmels und der Erde glaubte, ehrte er Ihn und anerkannte Seine Autorität, indem er Gottes Rat in allen Angelegenheiten seines Lebens suchte. In seinem Familienleben wie auch in seinen Dienstpflichten war er Jahwe gegenüber treu. Daheim hatte er Gott einen Altar errichtet, denn er wagte es nicht, ohne Gottes Hilfe seine Pläne auszuführen oder Verantwortungen zu tragen. DAp.88.3 Teilen

Obwohl Kornelius den Prophezeiungen glaubte und auf das Kommen des Messias wartete, wusste er nichts vom Evangelium, wie es sich im Leben und Sterben Christi zeigte. Er war kein Glied der jüdischen Gemeinde, und die Rabbiner würden ihn für einen Heiden und für unrein angesehen haben. Aber derselbe heilige Wächter, der von Abraham sagte: „Ich kenne ihn“, kannte auch Kornelius und sandte ihm eine direkte Botschaft vom Himmel. 1.Mose 18,19 (Zürcher). DAp.88.4 Teilen

Während er betete, erschien ihm der Engel des Herrn. Als der Hauptmann sich mit seinem Namen angesprochen hörte, fürchtete er sich, doch er wusste, dass der Botschafter von Gott kam und fragte: „Was ist, Herr?“ Der Engel antwortete: „Deine Gebete und deine Almosen sind hinaufgekommen vor Gott, so dass er ihrer gedacht hat! Und nun sende Männer nach Joppe und lass Simon holen mit dem Beinamen Petrus. Dieser ist zu Gast bei einem Gerber Simon, dessen Haus am Meer liegt.“ Apostelgeschichte 10,4-6. DAp.88.5 Teilen

Die Genauigkeit dieser Anweisung, in der sogar die Berufsbezeichnung jenes Mannes genannt wird, bei dem Petrus zu Gast war, beweist doch, dass der Himmel die Geschichte und Taten der Menschen in jedem Abschnitt ihres Lebens kennt. Gott ist ebenso gut mit den Erfahrungen und dem Wirken des einfachen Arbeiters vertraut, wie mit denen des Königs auf seinem Thron. DAp.88.6 Teilen

„Und nun sende Männer nach Joppe und lass Simon holen.“ Auf diese Weise bewies Gott seine Achtung vor dem Evangeliumsdienst und Seiner organisierten Gemeinde. Der Engel war nicht beauftragt, Kornelius die Geschichte des Kreuzes mitzuteilen. Ein Mensch, der wie der Hauptmann selbst, den menschlichen Schwächen und Versuchungen ausgesetzt war, sollte ihm vom gekreuzigten und auferstandenen Heiland erzählen. DAp.88.7 Teilen

89

Gott wählt zu seinen Vertretern unter den Menschen keine Engel, die nie gefallen sind, sondern menschliche Wesen mit den gleichen Schwachheiten, wie jene sie haben, die sie versuchen zu erretten. Christus selbst wurde Mensch, um die Menschheit erreichen zu können. Ein göttlich-menschlicher Heiland war nötig, um der Welt Erlösung zu bringen. Und nun ist Männern und Frauen die heilige Pflicht anvertraut, „den unausforschlichen Reichtum des Christus zu verkündigen“. Epheser 3,8. DAp.89.1 Teilen

In Seiner Weisheit bringt der Herr die nach Wahrheit Suchenden mit denen in Kontakt, die die Wahrheit kennen. Es ist der Plan des Himmels, dass diejenigen, die Licht empfangen haben, es denen weitergeben, die sich in Finsternis befinden. Menschen, die ihre Kraft aus der großen Quelle der Weisheit schöpfen, werden zu Werkzeugen gemacht, durch die das Evangelium seine umwandelnde Kraft auf Herz und Sinn ausübt. DAp.89.2 Teilen

Kornelius gehorchte der himmlischen Anweisung freudig. „Als nun der Engel, der mit Kornelius redete, hinweggegangen war, rief er zwei seiner Hausknechte und einen gottesfürchtigen Kriegsknecht von denen, die stets um ihn waren, und erzählte ihnen alles und sandte sie nach Joppe.“ Apostelgeschichte 10,7f. DAp.89.3 Teilen

Der Engel ging nach seiner Unterredung mit Kornelius auch zu Petrus in Joppe. Dieser befand sich zu der Zeit gerade im Gebet auf dem Dach jenes Hauses, wo er zu Gast war, und wir lesen von ihm: „Er hatte großen Hunger. Doch während das Essen zubereitet wurde, hatte er eine Vision.“ Apostelgeschichte 10,10 (NL). Petrus hungerte nicht nur nach leiblicher Speise, sondern als er vom Dach die Stadt Joppe mit ihrer Umgebung betrachtete, hungerte ihn auch nach der Erlösung seiner Landsleute. Er hatte ein brennendes Verlangen, ihnen die Prophezeiungen der Schrift bekannt zu machen, die auf das Leiden und Sterben Christi hinwiesen. DAp.89.4 Teilen

In der Vision sah Petrus „den Himmel geöffnet und ein Gefäß zu ihm herabkommen, wie ein großes, leinenes Tuch, das an vier Enden gebunden war und auf die Erde niedergelassen wurde; darin waren all die vierfüßigen Tiere der Erde und die Raubtiere und die kriechenden Tiere und die Vögel des Himmels. Und eine Stimme sprach zu ihm: Steh auf, Petrus, schlachte und iss! Petrus aber sprach: Keineswegs, Herr! denn ich habe noch nie etwas Gemeines oder Unreines gegessen! Und eine Stimme sprach wiederum, zum zweiten Mal, zu ihm: Was Gott gereinigt hat, das halte du nicht für gemein! Dies geschah dreimal, und dann wurde das Gefäß wieder in den Himmel hinaufgezogen“. Apostelgeschichte 10,11-16. DAp.89.5 Teilen

90

Diese Vision enthielt für Petrus sowohl Tadel als auch Unterweisung. Sie zeigte ihm Gottes Absicht: Dass durch Christi Tod die Heiden Miterben der Segnungen des Heils mit den Juden werden sollten. Bisher hatte keiner der Jünger den Heiden das Evangelium gepredigt. Im Denken der Jünger bestand immer noch diese Scheidewand, die doch durch Christi Tod niedergerissen war. Und so hatte sich ihr Wirken bisher allein auf die Juden beschränkt, während sie die Heiden als von den Segnungen des Evangeliums ausgeschlossen betrachteten. Jetzt aber versuchte der Herr, Petrus die weltweite Ausbreitung des göttlichen Plans zu zeigen. DAp.90.1 Teilen

Schon viele Heiden hatten den Predigten von Petrus und der anderen Apostel begierig zugehört, auch waren schon viele der griechischen Juden christusgläubig geworden, aber die Bekehrung von Kornelius sollte unter den Heiden die erste bedeutende sein. DAp.90.2 Teilen

Für die Gemeinde Christi war die Zeit für eine völlig neue Wirkungsphase gekommen. Nun sollte die Tür weit geöffnet werden, die viele der jüdischen Bekehrten den Heiden verschlossen hatten. Die Heiden, welche das Evangelium annahmen, sollten von nun an den jüdischen Jüngern gleichgestellt sein, ohne dazu gezwungen zu werden, sich beschneiden zu lassen. DAp.90.3 Teilen

Wie vorsichtig arbeitete der Herr, um das Vorurteil gegen die Heiden zu beseitigen, das sich infolge seiner jüdischen Erziehung so fest in das Gemüt von Petrus eingegraben hatte! Durch die Vision von dem Tuch mit seinem Inhalt versuchte Er das Denken des Apostels von diesem Vorurteil zu befreien und ihn die wichtige Wahrheit zu lehren, dass es im Himmel kein Ansehen der Person gibt, sondern Juden und Griechen vor Gott gleichviel wert sind und dass durch Christus auch die Heiden an den Segnungen und Vorrechte des Evangeliums werden teilhaben können. Während Petrus noch über die Bedeutung dieser Vision nachdachte, kamen die von Kornelius gesandten Männer in Joppe an und erschienen vor seiner Herberge. Da sprach der Geist zu ihm: „Siehe, drei Männer suchen dich! Darum steh auf, steige hinab und ziehe ohne Bedenken mit ihnen, denn ich habe sie gesandt!“ Apostelgeschichte 10,19f. DAp.90.4 Teilen

Dies war für Petrus kein angenehmer Befehl. Weil er es jedoch nicht wagte, ungehorsam zu sein, erfüllte er, nicht ohne bei jedem Schritt zu zögern, die ihm auferlegte Pflicht. Er stieg „zu den Männern hinab, die von Kornelius zu ihm gesandt worden waren, und sprach: Siehe, ich bin der, den ihr sucht. Was ist der Grund für euer Kommen?“ Apostelgeschichte 10,21. Darauf hin berichteten sie von ihrem ungewöhnlichen Auftrag: „Kornelius, der Hauptmann, ein gerechter und gottesfürchtiger Mann, der ein gutes Zeugnis hat bei dem ganzen Volk der Juden, hat von einem heiligen Engel die Weisung erhalten, dich in sein Haus holen zu lassen, um Worte von dir zu hören.“ Apostelgeschichte 10,22. DAp.90.5 Teilen

91

Der soeben von Gott empfangenen Anweisung gehorsam, versprach der Apostel, mit ihnen zu gehen. Am nächsten Morgen machte er sich in Begleitung von sechs seiner Brüder auf den Weg nach Cäsarea. Diese sollten Zeugen von allem sein, was Petrus während seines Besuchs bei den Heiden sagen oder tun würde, denn Petrus wusste wohl, dass er sich wegen einer so offenkundigen Übertretung der jüdischen Lehren zu verantworten hätte. DAp.91.1 Teilen

Als Petrus das Haus des Heiden betrat, begrüßte Kornelius ihn nicht wie einen gewöhnlichen Besucher, sondern wie einen vom Himmel Geehrten und von Gott Gesandten. Es ist orientalische Sitte, sich bei der Begrüßung von Fürsten und anderen hohen Würdenträgern zu verbeugen. Ebenso verbeugen sich Kinder vor ihren Eltern. Aber Kornelius, von Ehrfurcht vor dem ihm zur Unterweisung von Gott gesandten überwältigt, fiel dem Apostel zu Füßen und betete ihn an. Petrus, von Entsetzen ergriffen, richtete den Hauptmann auf und sprach: „Steh auf! Ich bin ein Mensch wie du!“ Apostelgeschichte 10,26. DAp.91.2 Teilen

Plötzlich wurde die Predigt durch das Herabkommen des Heiligen Geistes unterbrochen. „Während Petrus noch diese Worte redete, fiel der Heilige Geist auf alle, die das Wort hörten. Und alle Gläubigen aus der Beschneidung, die mit Petrus gekommen waren, gerieten außer sich vor Staunen, dass die Gabe des Heiligen Geistes auch über die Heiden ausgegossen wurde. Denn sie hörten sie in Sprachen reden und Gott hoch preisen. DAp.91.3 Teilen

Da ergriff Petrus das Wort: Kann auch jemand diesen das Wasser verwehren, dass sie nicht getauft werden sollten, die den Heiligen Geist empfangen haben gleichwie wir? Und er befahl, dass sie getauft würden im Namen des Herrn. Da baten sie ihn, etliche Tage zu bleiben.“ Apostelgeschichte 10,44-48. DAp.91.4 Teilen

Somit wurde das Evangelium denen gebracht, die „Fremdlinge und Gäste“ gewesen waren, um sie zu „Mitbürgern der Heiligen“ und zu „Gottes Hausgenossen“ zu machen. Epheser 2,19. Die Bekehrung von Kornelius und seiner Verwandtschaft war nur die Erstlingsfrucht einer Ernte, die reif zum Einholen war. Von diesem Heim aus nahm ein weit reichendes Gnadenwerk für diese heidnische Stadt seinen Anfang. DAp.91.5 Teilen

Noch heute sucht Gott nach Menschen unter den Hohen und Niedrigen. Es gibt viele, die wie Kornelius sind und die der Herr mit Seinem Werk in der Welt verbinden möchte. Sie sympathisieren mit dem Volk Gottes, aber ihre Bindungen an die Welt sind stark. Sie benötigen sittlichen Mut, damit sie ihre Stellung auf Christi Seite einnehmen. Für diese Menschen, die sich aufgrund ihrer Verantwortungen und Beziehungen in so großer Gefahr befinden, sollten besondere Bemühungen unternommen werden. DAp.91.6 Teilen

Gott sucht ernste, demütige Arbeiter, die den höheren Bevölkerungsschichten das Evangelium bringen. Es sollen noch Wunder in Form echter Bekehrungen geschehen — Wunder, wie man sie jetzt noch nicht erlebt hat. Selbst die Größten der Erde stehen nicht außerhalb des Machtbereichs eines Wunder wirkenden Gottes. Wenn Seine Mitarbeiter ihre Gelegenheiten wahrnähmen und ihre Pflicht unerschrocken und treu erfüllten, dann würde Gott gebildete und einflussreiche Menschen, in verantwortlichen Stellungen bekehren. Durch die Kraft des Heiligen Geistes würden viele die göttlichen Grundsätze annehmen. Zur Wahrheit bekehrt, würden sie in Gottes Hand Werkzeuge zur Verbreitung des Lichts werden. Sie empfänden auch eine besondere Last für andere aus dieser vernachlässigten Schicht. Zeit und Geld würden dem Werk des Herrn geweiht werden, und der Gemeinde kämen neue Wirksamkeit und Stärkung zu. DAp.91.7 Teilen

92

Weil Kornelius allen von Gott empfangenen Anweisungen gehorsam war, lenkte Gott die Ereignisse so, dass ihm mehr Wahrheit zuteil wurde. Ein Botschafter aus den himmlischen Höfen wurde sowohl zum römischen Offizier als auch zu Petrus gesandt, damit Kornelius mit jemanden in Kontakt käme, der ihn zu größerem Licht führen konnte. DAp.92.1 Teilen

Es gibt in unserer Welt viele, die dem Reich Gottes näher sind, als wir annehmen. Gott hat in dieser dunklen sündigen Welt viele kostbare Edelsteine, denen Er Seine Botschafter senden möchte. Überall befinden sich Menschen, die bereit sind, sich auf Christi Seite zu stellen. Viele werden die Wahrheit Gottes mehr achten, als jeden irdischen Vorteil und treue Lichtträger werden. Von Gottes Liebe gedrungen werden sie andere ermutigen, zu Ihm zu kommen. DAp.92.2 Teilen

Als die Gläubigen in Judäa erfuhren, dass Petrus das Haus eines Heiden betreten und den dort Versammelten das Evangelium gepredigt habe, waren sie überrascht und gekränkt. Sie befürchteten, dass solch ein Verhalten, das ihnen vermessen erschien, seiner Lehrtätigkeit hinderlich werden würde. Als sie Petrus das nächste Mal sahen, traten sie ihm mit strengem Tadel entgegen: „Du bist zu Männern gegangen, die nicht Juden sind, und hast mit ihnen gegessen!“ Apostelgeschichte 11,3. DAp.92.3 Teilen

Petrus erklärte ihnen die ganze Angelegenheit. Er erzählte seine Erfahrung bezüglich der Vision und wie er durch sie ermahnt worden sei, nicht länger mehr am zeremoniellen Unterschied zwischen Beschnittenen und Unbeschnittenen festzuhalten, noch die Heiden für unrein zu halten. Dann erzählte er ihnen von den an ihn ergangenen Befehl, zu den Heiden zu gehen, von dem Erscheinen der Boten, seiner Reise nach Cäsarea und von dem Zusammentreffen mit Kornelius. Er berichtete ihnen auch von dem Hauptinhalt seiner Unterredung mit dem Hauptmann, wobei dieser ihm von seiner Vision erzählt habe, in der er angewiesen wurde, Petrus holen zu lassen. DAp.92.4 Teilen

„Als ich aber zu reden anfing“, sprach er, „fiel der Heilige Geist auf sie, gleichwie auf uns am Anfang. Da dachte ich an das Wort des Herrn, wie er sagte: Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber sollt mit Heiligem Geist getauft werden. Wenn nun Gott ihnen die gleiche Gabe verliehen hat wie auch uns, nachdem sie an den Herrn Jesus Christus gläubig geworden sind, wer war ich denn, dass ich Gott hätte wehren können?“ Apostelgeschichte 11,15-17. DAp.92.5 Teilen

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Als die Gläubigen dies hörten, waren sie still und davon überzeugt, dass Petrus durch sein Verhalten nur Gottes Plan ausgeführt habe. Ihre Vorurteile und ihr Exklusivitätsdenken standen im schärfsten Gegensatz zum Geist des Evangeliums. Sie lobten Gott und sprachen: „So hat Gott auch den Heiden die Umkehr gegeben, die zum Leben führt!“ Apostelgeschichte 11,18. DAp.93.1 Teilen

Auf diese Weise wurde ohne Streit mit alten Vorurteilen gebrochen sowie dem seit Jahrhunderten bestehenden traditionellen Abnabelns ein Ende gemacht und gleichzeitig der Weg für die Verkündigung des Evangeliums unter den Heiden der Weg bereitet. DAp.93.2 Teilen

Kapitel 15: Aus dem Gefängnis befreit
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Auf Grundlage von Apostelgeschichte 12,1-23. DAp.94 Teilen

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Um jene Zeit aber „legte der König Herodes Hand an etliche von der Gemeinde, um sie zu misshandeln.“ Apostelgeschichte 12,1. Zu dieser Zeit regierte Judäa Herodes Agrippa, einem Untertan des römischen Kaisers Klaudius. Herodes bekleidete gleichzeitig die Stellung eines Vierfürsten von Galiläa. Er war angeblich ein zum jüdischen Glauben Übergetretener und zeigte großen Eifer in der Ausübung der Zeremonien des jüdischen Gesetzes. Um die Gunst der Juden zu erlangen und in der Hoffnung, sich dadurch Amt und Würden zu sichern, bemühte er sich, ihren Wünschen nachzukommen, indem er die Gemeinde Christi verfolgte, die Häuser und Güter der Gläubigen vernichtete und die leitenden Gemeindeglieder gefangen nahm. Er warf Jakobus, den Bruder des Johannes, ins Gefängnis und ließ ihn durch das Schwert des Scharfrichters töten, ebenso wie ein anderer Herodes den Propheten Johannes hatte enthaupten lassen. Als er sah, dass dieses Vorgehen den Juden gefiel, nahm er auch Petrus gefangen. DAp.95.1 Teilen

Diese Grausamkeiten geschah während des Passafestes. Während die Juden ihre Befreiung aus Ägypten feierten und großen Eifer für Gottes Gesetz vorgaben, übertraten sie gleichzeitig jeden Grundsatz des Gesetzes, indem sie die Christusgläubigen verfolgten und töteten. Der Tod von Jakobus verursachte unter den Gläubigen viel Kummer und Bestürzung, und als auch Petrus gefangen genommen wurde, fastete und betete die ganze Gemeinde für ihn. DAp.95.2 Teilen

Die Anordnung von Herodes, Jakobus zu töten, fand bei den Juden großen Beifall, obwohl viele sich über die heimliche Durchführung beklagten, weil sie meinten, dass eine öffentliche Hinrichtung der Gläubigen und all ihrer Sympathisanten nachhaltiger eingeschüchtert hätte. Deshalb verwahrte Herodes Petrus im Gefängnis, um die Juden durch eine öffentliche Hinrichtung noch mehr zufriedenzustellen. Man hegte jedoch Sicherheitsbedenken, den altgedienten Apostel vor allen in Jerusalem Versammelten hinzurichten und befürchtete, dass die Menge beim Anblick des Todeskandidaten von Mitleid ergriffen werden könnte. DAp.95.3 Teilen

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Auch befürchteten Priester und Älteste, Petrus könnte eine jener mächtigen Ansprachen halten, die schon oft das Volk veranlasst hatten, sich mit dem Leben und Charakter Jesu zu beschäftigen. Solche Predigten zu widerlegen, war ihnen trotz all ihrer Argumente unmöglich gewesen. Der Eifer, mit dem Petrus die Sache Christi verteidigte, hatte schon viele veranlasst, sich auf die Seite des Evangeliums zu stellen, und würde ihm jetzt eine erneue Gelegenheit gegeben werden, um seinen Glauben vor denen zu verteidigen, die gerade zum Gottesdienst in der Stadt weilten, so befürchteten die Obersten, dann würden sie vom König seine Freilassung fordern. DAp.96.1 Teilen

Während nun der Vollzug des Todesurteils an Petrus unter verschiedenen Vorwänden bis nach dem Passafest verschoben wurde, hatten die Gemeindeglieder Zeit zur gründlichen Herzensprüfung und ernstem Gebet. Sie flehten ohne Unterlass für Petrus, weil sie spürten, dass das Werk ihn nicht entbehren konnte. Auch erkannten sie, dass sie eine Phase erreicht hatten, in der die Gemeinde ohne die besondere Hilfe Gottes zugrunde gehen müsse. DAp.96.2 Teilen

Mittlerweile suchten Anbeter aus allen anderen Völkern den Tempel auf, welcher der Anbetung Gottes geweiht war. In seinem glänzenden Gold und den Edelsteinen bot er einen schönen und erhabenen Anblick. Aber Jahwe wohnte nicht länger mehr in diesem herrlichen Palast. Israel hatte sich als Volk von seinem Gott getrennt. Als Christus gegen Ende seines Erdendienstes zum letzten Mal auf das Innere des Tempels blickte, sagte Er: „Siehe, euer Haus wird euch verwüstet gelassen werden.“ Matthäus 23,38. Bis zu jenem Zeitpunkt hatte Er den Tempel als Haus Seines Vaters bezeichnet, doch als Gottes Sohn nun das letzte Mal aus seinen Toren hinausging, wurde dem Tempel, der zu Seiner Ehre erbaut worden war, Gottes Gegenwart für immer entzogen. DAp.96.3 Teilen

Der Todestag von Petrus war inzwischen festgelegt worden, aber die Gebete der Gläubigen stiegen noch immer zum Himmel empor, und während sie mit ihrer ganzen Kraft und Anteilnahme innig um Hilfe flehten, bewahrten Engel Gottes den gefangenen Apostel. DAp.96.4 Teilen

Sich des früheren Entkommens der Apostel aus dem Gefängnis bewusst, war Herodes bei dieser Gelegenheit doppelt vorsichtig gewesen. Um jede Möglichkeit auf Befreiung zu verhindern, hatte man ihn unter die Aufsicht von 16 Soldaten gestellt, die ihn, in verschiedene Wachen eingeteilt, Tag und Nacht beobachten mussten. In seiner Zelle lag er mit zwei Ketten gebunden zwischen zwei Soldaten, um deren Handgelenk jeweils eine der Ketten befestigt war, damit er sich nicht bewegen konnte, ohne dass die Soldaten es merkten. Da die Gefängnistüren fest verschlossen und eine starke Wache davor aufgestellt war, erschien die Möglichkeit einer Befreiung oder Flucht durch menschliche Hilfe völlig ausgeschlossen. Doch des Menschen Verlegenheit ist Gottes Gelegenheit. Petrus war in einer in Felsen gehauenen Zelle eingesperrt, deren Türen fest verschlossen und verriegelt waren. Die wachenden Soldaten waren für seine sichere Verwahrung verantwortlich. Doch Schlösser, Riegel und römische Wachen, welche die Möglichkeit menschlicher Hilfe ausschlossen, sollten Gottes Triumph bei der Befreiung von Petrus nur hervorheben. Herodes erhob seine Hand gegen den Allmächtigen und deshalb sollte er vollständig zuschanden werden. Gott wollte durch Seine mächtige Hand das kostbare Leben retten, welches die Juden planten zu vernichten. DAp.96.5 Teilen

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Die letzte Nacht vor der geplanten Hinrichtung war angebrochen. Ein mächtiger Engel wird vom Himmel gesandt, um Petrus dort herauszuholen. Die starken Tore, die Gottes Heiligen einschließen, öffnen sich ohne menschliche Hilfe. Der Engel des Allerhöchsten geht hindurch, und die Pforten schließen sich geräuschlos hinter ihm. Er betritt die Zelle: Dort liegt Petrus im friedvollen Schlaf vollkommenen Gottvertrauens. DAp.97.1 Teilen

Das den Engel umgebende Licht erleuchtet die Zelle, weckt jedoch den Apostel nicht auf. Erst als er die Berührung durch die Hand des Engels spürt und eine Stimme sagen hört: „Steh schnell auf!“, da erwacht er soweit, dass er seine Zelle von himmlischem Licht erleuchtet und einen Engel von großer Herrlichkeit stehend vor sich erkennen kann. Apostelgeschichte 12,7. Mechanisch gehorcht er dessen Worten, und als er beim Aufstehen die Hände bewegt, wird er sich kaum dessen bewusst, dass ihm die Ketten von seinen Handgelenken gefallen sind. DAp.97.2 Teilen

Wiederum gebietet ihm die Stimme des himmlischen Boten: „Umgürte dich und zieh deine Schuhe an!“, und wiederum gehorcht Petrus automatisch, während er verwundert seinen Besucher anstarrt und zu träumen oder in einer Vision zu sein glaubt. Abermals gebietet ihm der Engel: „Wirf deinen Mantel um und folge mir!“ Apostelgeschichte 12,8. Der Engel geht zur Tür, während ihm der sonst so gesprächige Petrus, stumm vor Erstaunen folgt. Sie steigen über die Wächter hinweg und erreichen die stark verriegelte Tür, die sich ihnen von selbst öffnet, sich aber auch sofort wieder nach ihnen schließt, während die Wachen drinnen wie draußen bewegungslos auf ihrem Posten verbleiben. DAp.97.3 Teilen

Sie erreichen die zweite, ebenfalls von innen und außen bewachte Tür. Auch diese öffnet sich wie die erste ohne ein Knarren der Angeln oder ein Geräusch der Riegel. Sie gehen hindurch, und ebenso geräuschlos schließt sie sich auch wieder. In gleicher Weise gelangen sie auch durch das Eingangstor und befinden sich jetzt auf offener Straße. Kein Wort wird gesprochen, kein Fußtritt ist zu hören. Der Engel, von einem blendend hellen Licht umgeben, geht voran, während Petrus verwirrt und sich noch immer in der Vorstellung, er träume, seinem Befreier folgt. So gehen sie durch eine Gasse, wo dann der Engel plötzlich verschwindet, weil er seinen Auftrag ausgeführt hat. Allmählich verschwindet das himmlische Licht, und Petrus befand sich in tiefer Dunkelheit, die sich erst aufhellte, als seine Augen sich daran gewöhnt hatten. Jetzt war er allein in der stillen Straße und kühle Nachtluft strich um seine Stirn. Nun begriff er, dass er frei war und sich in einem bekannten Stadtteil befand. Er erkannte die Gegend wieder, weil er sich häufig dort aufhielt und die er am kommenden Morgen zum letzten Male zu sehen erwartet hatte. DAp.97.4 Teilen

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Nun versuchte er, sich die Ereignisse der letzten Augenblicke ins Gedächtnis zu rufen. Er wusste, dass er zwischen zwei Soldaten liegend und an diese angekettet eingeschlafen war, nachdem er seine Sandalen und sein Obergewand ausgezogen hatte. Als er sich aber nun betrachtete, stellte er fest, dass er vollständig angekleidet und umgürtet war. Auch seine von den grausamen Schellen geschwollenen Handgelenke waren von ihren Fesseln befreit. Er erkannte, dass seine Freiheit keine Täuschung und weder Traum noch Vision, sondern freudige Wirklichkeit war. Am Morgen sollte er zur Hinrichtung geführt werden, aber siehe, ein Engel hatte ihn aus dem Gefängnis und vom Tod befreit. „Nun weiß ich wahrhaftig, dass der Herr seinen Engel gesandt und mich errettet hat aus der Hand des Herodes und von allem, was das jüdische Volk erhoffte!“ Apostelgeschichte 12,11. DAp.98.1 Teilen

Sofort begab sich der Apostel zu dem Haus, in dem seine Brüder versammelt waren, um gerade in jener Zeit innig für ihn zu beten. „Als nun Petrus an die Haustür klopfte, kam eine Magd namens Rhode herbei, um zu horchen. Und als sie die Stimme von Petrus erkannte, machte sie vor Freude die Türe nicht auf, sondern lief hinein und meldete, Petrus stehe vor der Tür. Sie aber sprachen zu ihr: Du bist nicht bei Sinnen! Aber sie bestand darauf, dass es so sei. Da sprachen sie: Es ist sein Engel! Petrus aber fuhr fort zu klopfen; und als sie öffneten, sahen sie ihn und erstaunten sehr. Er gab ihnen aber mit der Hand ein Zeichen, dass sie schweigen sollten, und erzählte ihnen, wie der Herr ihn aus dem Gefängnis geführt hatte. Er sprach aber: Meldet dies dem Jakobus und den Brüdern! Und er ging hinaus und zog an einen anderen Ort.“ Apostelgeschichte 12,13-17. Die Herzen der Gläubigen waren voller Lob und Freude, denn Gott hatte ihre Gebete erhört und Petrus aus den Händen des Herodes befreit. DAp.98.2 Teilen

Am Morgen versammelte sich eine große Volksmenge, um Augenzeugen der Hinrichtung des Apostels zu sein. Herodes sandte Offiziere, um Petrus holen zu lasen, der unter einem großen Aufgebot an Waffen und Wachen herbeigebracht werden sollte. Dadurch sollte nicht nur eine mögliche Flucht des Apostels verhindert werden, sondern dies geschah vor allem, um seine Sympathisanten einzuschüchtern und um die Macht des Königs zu zeigen. DAp.98.3 Teilen

Als die Torwachen entdeckten, dass Petrus entkommen war, wurden sie von Schrecken erfüllt. Es wurde ihnen ausdrücklich gesagt, dass sie für den ihnen anvertrauten Gefangenen mit ihrem Leben hafteten, weshalb sie besonders wachsam waren. Als die Beamten kamen, um Petrus zu holen, standen die Soldaten noch vor den Gefängnistüren. Schlösser und Riegel waren noch unversehrt, die Ketten waren noch um die Handgelenke der beiden Soldaten befestigt — doch der Gefangene war verschwunden. DAp.98.4 Teilen

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Als man Herodes die Nachricht über die Flucht von Petrus überbrachte, war er aufgeregt und sehr zornig. Dabei klagte er die Wachen der Treulosigkeit an und befahl, sie zu töten. Er wusste wohl, dass keine menschliche Macht Petrus gerettet hatte, aber er weigerte sich strikt, einzugestehen, dass eine göttliche Macht seinen Plan vereitelt hatte und lehnte sich trotzig gegen Gott auf. DAp.99.1 Teilen

Nicht lange nach der Befreiung des Petrus aus dem Gefängnis ging Herodes nach Cäsarea. Dort veranstaltete er ein großes Fest, um die Bewunderung des Volkes zu erregen und sich dessen Beifall zu sichern. Auf diesem Fest waren Vergnügungssüchtige aus allen Gegenden anwesend. Dabei wurde gefeiert und Wein getrunken. Mit großem Gepränge und viel Aufwand erschien Herodes vor seinen Gästen und hielt eine glänzende Rede. Mit einem von Silber und Gold verziertem Gewand bekleidet, dessen Faltenwurf die Sonnenstrahlen glitzernd widerspiegelte und die Augen des Betrachters blendete, sah er prachtvoll aus. Die Majestät seiner Persönlichkeit und Macht seiner gewählten Ausdrucksweise übten auf die Versammelten einen mächtigen Eindruck aus. DAp.99.2 Teilen

Ihre schon vom Festschmaus und Weingenuss entarteten Sinne wurden durch den Prunk des Herodes geblendet und durch sein Auftreten sowie seine Redegabe verwirrt, dass sie ihn in ihrer wilden Begeisterung mit Schmeicheleien überschütteten und erklärten, dass kein Sterblicher solch einen Anblick böte und über eine derart geniale Beredsamkeit verfüge. Schließlich erklärten sie, dass sie ihn schon immer als Fürsten geachtet hätten, sie ihn von nun an als einen Gott verehren wollten. DAp.99.3 Teilen

Einige, die jetzt lautstark zur Verherrlichung eines erbärmlichen Sünders beitrugen, hatten nur wenige Jahre zuvor geschrieen: „Hinweg mit diesem. ... Kreuzige, kreuzige ihn!“ Lukas 23,18.21. Die Juden hatten sich geweigert, Christus anzunehmen, dessen grobes, oft vom Reisestaub beflecktes Kleid ein Herz von göttlicher Liebe bedeckte. Ihre Augen hatten hinter dem bescheidenen Äußeren nicht den Herrn des Lebens und die Herrlichkeit erkennen können, obwohl Christi Macht sich vor ihnen in Werken bekundet hatte, die keiner vollbringen kann, der bloß ein Mensch ist. Stattdessen waren sie nun bereit, den hochmütigen König, dessen herrliche, mit Gold und Silber verzierte Kleider ein verdorbenes, grausames Herz verbargen, als einen Gott anzubeten. DAp.99.4 Teilen

Herodes wusste, dass er das Lob und die ihm dargebrachte Verehrung nicht verdiente. Dennoch nahm er die Vergötterung des Volkes an, als stehe sie ihm zu. Sein Herz sprang vor Freude, und sein Angesicht erglühte von befriedigendem Stolz, als der Ruf erschall: „Das ist die Stimme eines Gottes und nicht eines Menschen!“ Apostelgeschichte 12,22. Doch plötzlich ging eine schreckliche Veränderung in ihm vor: Sein Gesicht wurde totenbleich und schmerzverzerrt. Große Schweißtropfen traten aus all seinen Poren. Einen Augenblick stand er vor Schmerz und Schrecken wie versteinert da, dann wandte er sein leichenblasses Angesicht seinen entsetzten Freunden zu und schrie verzweifelt: Den ihr zum Gott erhoben habt, ist dem Tod verfallen! DAp.99.5 Teilen

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Unter schlimmsten Qualen wurde er vom Schauplatz der Schwelgerei und des Prunks weg getragen. Noch vor wenigen Augenblicken war er der Empfänger des Lobes und der Anbetung von einer großen Menschenmenge gewesen, doch jetzt musste er erkennen, dass er sich in den Händen eines Herrschers befand, der mächtiger war, als er. Von Gewissensbissen geplagt dachte er an die unbarmherzige Verfolgung der Anhänger Jesu; an seinen grausamen Befehl, den unschuldigen Jakobus hinzurichten; an seine Absicht, den Apostel Petrus zu töten, sowie an die grundlose Rache, die er aus Ärger und Wut über seine Enttäuschung an den Gefängniswachen geübt hatte. Er fühlte, dass er es jetzt mit Gott zu tun habe. Weder in seinen körperlichen Schmerzen noch in seinen seelischen Qualen trat eine Linderung ein, und er erwartete auch keine. DAp.100.1 Teilen

Herodes kannte Gottes Gesetz, das lautet: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben!“ 2. Mose 20,3 Und er wusste, dass er durch die Annahme der öffentlichen Verehrung das Maß seiner Bosheit gefüllt und den gerechten Zorn Jahwes auf sich geladen hatte. DAp.100.2 Teilen

Derselbe Engel, der vom Himmel gekommen war, um Petrus zu befreien, war auch der Bote des Zorns und Gerichts an Herodes. Der Engel schlug Petrus, um ihn vom Schlummer zu wecken, aber einen ganz anderen Schlag versetzte er dem gottlosen König, den er auf diese Weise demütigte und die Strafe des Allmächtigen an ihm vollzog. Herodes starb unter großen körperlichen und seelischen Qualen infolge des vergeltenden Gerichtes Gottes. DAp.100.3 Teilen

Diese Bekundung göttlicher Gerechtigkeit beeindruckte das Volk außerordentlich. Die Nachricht, dass Christi Apostel auf eine so wunderbare Weise von Gefängnis und Tod errettet wurde, während sein Verfolger der Fluch Gottes getroffen hatte, verbreitete sich überall hin und veranlasste damit viele, an Jesus Christus gläubig zu werden. DAp.100.4 Teilen

Die Erfahrung des Philippus, den ein Engel vom Himmel anwies, an einen Ort zu gehen, wo er einen Wahrheitssucher fand; das Erlebnis von Kornelius, den ein Engel mit einer göttlichen Botschaft besuchte; Petrus, der gefangen und zum Tod verurteilt, von einem Engel in Sicherheit gebracht wurde — dies alles zeigt uns, die enge Verbindung zwischen Himmel und Erde. DAp.100.5 Teilen

Gottes Arbeitern sollten diese Berichte über Besuche von Engeln Kraft und Mut verleihen. So gewiss wie zurzeit der Apostel durchziehen noch heute himmlische Boten die Erde, um die Bekümmerten zu trösten, die Reumütigen zu beschützen und Menschenherzen für Christus zu gewinnen. Sehen können wir sie zwar nicht persönlich, dennoch sind sie bei uns, um uns zu führen, zu unterweisen und zu beschützen. DAp.100.6 Teilen

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Der Himmel wird mit der Erde durch jene geheimnisvolle Leiter verbunden, deren Fuß fest auf der Erde verankert ist, während ihre oberste Sprosse den Thron des Ewigen berührt. Beständig steigen Engel auf dieser leuchtenden Leiter auf und nieder, tragen die Gebete der Bedürftigen und Bedrängten zum Vater empor, während sie Segen, Hoffnung, Mut und Hilfe zu den Menschenkindern herab bringen. Diese Engel des Lichts schaffen um den Menschen her eine himmlische Atmosphäre und heben ihn zu dem Unsichtbaren und Ewigen empor. Mit unseren natürlichen Augen können wir ihre Gestalt nicht wahrnehmen. Nur mit dem geistlichen Auge ist es möglich, himmlische Dinge zu erkennen. Ebenso können wir auch nur mit dem geistlichen Ohr die Harmonie der himmlischen Stimmen vernehmen. DAp.101.1 Teilen

„Der Engel des HERRN lagert sich um die her, die ihn fürchten, und er rettet sie.“ Psalm 34,8. Gott beauftragt Seine Engel, um Seine Auserwählten vor Unheil zu schützen, sie „vor der Pest, die im Finstern schleicht“ und „vor der Seuche, die am Mittag verderbt“ zu bewahren. Psalm 91,6. Immer wieder haben Engel mit Menschen geredet, wie jemand mit seinem Freund spricht, und haben sie in Sicherheit gebracht. Oft haben die ermutigenden Worte von Engeln den sinkenden Mut der treuen Gläubigen aufgerichtet, ihre Gedanken über das Irdische erhoben und es ihnen ermöglicht, im Glauben die weißen Kleider, Kronen und Siegespalmen zu schauen, welche die Überwinder empfangen, wenn sie den großen weißen Thron umgeben. DAp.101.2 Teilen

Es ist die Aufgabe der Engel, sich den Geprüften, Leidenden und Versuchten zu nahen. Unermüdlich arbeiten sie um derer willen, für die Christus starb. Wenn Sünder zum Heiland geführt werden, sich dem Heiland zu übergeben, dann tragen Engel diese Nachricht himmelwärts, und es herrscht unter den himmlischen Heerscharen große Freude. Es wird „Freude sein im Himmel über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die keine Buße brauchen!“ Lukas 15,7. Über jede erfolgreiche Bemühung unserseits zur Vertreibung der Finsternis und der Ausbreitung der Erkenntnis Christi wird im Himmel Bericht erstattet. Wenn eine solche Tat dem Vater berichtet wird, dann erfüllt Freude die gesamte himmlische Schar. DAp.101.3 Teilen

Die Fürsten und Gewaltigen des Himmels verfolgen den Kampf, den Gottes Diener unter anscheinend entmutigenden Umständen ausfechten. Wenn sich die Christen um das Banner ihres Erlösers scharen und sich aufmachen, den guten Kampf des Glaubens zu kämpfen, erringen sie neue Erfolge und bringen vermehrt Ehre ein. Alle Engel des Himmels stehen dem demütigen, gläubigen Volk Gottes zu Diensten, und so oft die Armee der Arbeiter des Herrn hier auf Erden seine Loblieder singt, stimmt der himmlische Chor mit ein, um Gott und Seinen Sohn zu preisen. DAp.101.4 Teilen

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Wir müssen die Aufgabe der Engel besser verstehen, als wir es heute tun. Es wäre gut, nie zu vergessen, dass jedes wahre Gotteskind mit den himmlischen Wesen zusammenarbeiten soll. Unsichtbare Heere des Lichts und der Kraft umgeben die Sanftmütigen und Demütigen, die den Verheißungen Gottes glauben und diese für sich beanspruchen. Cherubim und Seraphim sowie starke Engel stehen zur Rechten Gottes, „dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die das Heil ererben sollen“. Hebräer 1,14. DAp.102.1 Teilen

Kapitel 16: Das Evangelium in Antiochien
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Auf Grundlage von Apostelgeschichte 11.19-36; Apostelgeschichte 13,1-3. DAp.103 Teilen

Nachdem die Jünger durch Verfolgung aus Jerusalem vertrieben worden waren, breitete sich das Evangelium schnell in den Gebieten jenseits der Grenzen Palästinas aus, und in wichtigen Zentren bildeten sich viele kleine Gruppen von Gläubigen. Einige der Jünger „zogen bis nach Phönizien und Zypern und Antiochia und redeten das Wort“. Apostelgeschichte 11,19. Ihr Wirken beschränkte sich normalerweise auf die Hebräer und die griechischen Juden, von denen sich zu jener Zeit in fast allen Städten der Welt große Kolonien befanden. DAp.103.1 Teilen

Unter den Orten, wo nach der Schrift das Evangelium freudig aufgenommen wurde, befand sich auch Antiochien, die damalige Hauptstadt Syriens. Der ausgedehnte Handel, der von diesem reich bevölkerten Mittelpunkt aus betrieben wurde, brachte Menschen verschiedenster Nationalitäten in diese Stadt. Außerdem genoss Antiochien aufgrund seiner gesunden Lage, seiner schönen Umgebung und seines Wohlstands, seiner Kultur und seiner feinen Lebensart bei denen einen guten Ruf als Aufenthaltsort, die Bequemlichkeit und Vergnügen liebten. Zur Zeit der Apostel war Antiochien eine Stadt der Verschwendung und des Lasters geworden. DAp.103.2 Teilen

Das Evangelium wurde in Antiochien öffentlich von einigen Jüngern „aus Zypern und Kyrene“ gelehrt, die dorthin kamen „und predigten das Evangelium vom Herrn Jesus“. „Und die Hand des Herrn war mit ihnen“. Ihre ernsten Anstrengungen zeigten auch Früchte, denn: „eine große Zahl wurde gläubig und bekehrte sich zum Herrn.“ Apostelgeschichte 11,20f. DAp.103.3 Teilen

„Als die Gemeinde in Jerusalem erfuhr, was geschehen war, schickten sie Barnabas nach Antiochia.“ Apostelgeschichte 11,22 (NL). Als dieser in sein neues Arbeitsfeld kam und sah, was bereits durch die göttliche Gnade vollbracht worden war, „freute er sich und ermahnte alle, mit festem Herzen bei dem Herrn zu bleiben“. Apostelgeschichte 11,23. DAp.103.4 Teilen

Das Wirken des Barnabas in Antiochien war reich gesegnet, und viele wurden der Zahl der Gläubigen hinzugetan. Als das Werk sich ausbreitete, empfand Barnabas die Notwendigkeit geeigneter Hilfe, um die durch Gottes Vorsehung sich bietenden Gelegenheiten nutzen zu können. Deshalb ging er nach Tarsus, um Paulus zu suchen, der vor einiger Zeit Jerusalem verließ und in den „Gegenden von Syrien und Cilicien“ gewirkt und „den Glauben, den er einst zerstörte“, gepredigt hatte. Galater 1,21.23. Barnabas fand Paulus und konnte ihn davon überzeugen, mit ihm umzukehren und sein Mitarbeiter im Predigtdienst zu werden. DAp.103.5 Teilen

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In der bevölkerungsreichen Stadt Antiochien fand Paulus ein ausgezeichnetes Arbeitsfeld. Seine Gelehrsamkeit, Weisheit und sein Eifer übten einen machtvollen Einfluss auf die Einwohner und Besucher jener Kulturstadt aus und erwies sich gerade als die Hilfe, welche Barnabas brauchte. Ein Jahr lang wirkten die beiden Jünger einmütig und treu zusammen im Dienst des Herrn und brachten vielen die Erkenntnis über Jesus von Nazareth als den Welterlöser. DAp.104.1 Teilen

Hier in Antiochien wurden die Jünger zuerst Christen genannt. Dieser Name wurde ihnen deshalb gegeben, weil Christus der Hauptgegenstand ihrer Predigten, ihrer Lehre und Unterhaltung war. Immer wieder erzählten sie von den Begebenheiten, die sich während der Zeit seines Erdendienstes ereignet hatten, als Seine Jünger das Vorrecht Seiner persönlichen Gegenwart genossen. Sie verweilten unermüdlich bei Seinen Unterweisungen und Seinen Heilungswundern. Mit bebenden Lippen und unter Tränen sprachen sie von Seiner Seelenqual im Garten, Seinem Verrat, Seinem Verhör und Seiner Kreuzigung sowie von der Geduld und Demut, mit welcher Er die ihm von Seinen Feinden zugefügte Schmach und Pein ertrug, und von der göttlichen Barmherzigkeit, mit der Er für Seine Verfolger betete. Mit besonderer Freude verweilten sie bei Seiner Auferstehung und Himmelfahrt, sowie bei Seinem Werk im Himmel als Fürsprecher für eine gefallene Menschheit. Sie wurden mit Recht „Christen“ genannt, denn sie predigten Christus und sandten ihre Gebete durch Ihn zu Gott empor. DAp.104.2 Teilen

Gott selbst gab ihnen den Namen „Christen“ — einen königlichen Namen, der allen gegeben wird, die sich mit Christus verbinden. Von diesem Namen schrieb Jakobus später: „dabei sind es die Reichen, die euch unterdrücken und in Rechtsstreitigkeiten verwickeln. Sind sie es nicht, die Jesus Christus verspotten, dessen ehrenvollen Namen ihr tragt?“ Jakobus 2,6f (NL). Und Petrus erklärte: „Wenn er aber als Christ leidet, so soll er sich nicht schämen, sondern er soll Gott verherrlichen in dieser Sache! ... Glückselig seid ihr, wenn ihr geschmäht werdet um des Namens des Christus willen! Denn der Geist der Herrlichkeit, der Geist Gottes ruht auf euch.“ 1.Petrus 4,16.14. DAp.104.3 Teilen

Die Gläubigen in Antiochien erkannten, dass Gott in ihnen „beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen“ bewirken wollte. Philipper 2,13. Weil sie inmitten eines Volkes lebten, das sich nur wenig um ewige Dinge zu kümmern schien, versuchten sie die Aufmerksamkeit derer zu gewinnen, die aufrichtigen Herzens waren und ihnen gegenüber ein entschlossenes Zeugnis für denjenigen abzulegen, welchen sie liebten und dem sie dienten. In ihrem demütigen Dienst lernten sie, sich auf die Kraft des Heiligen Geistes zu verlassen, durch die das Wort des Lebens wirksam wird. Und so bezeugten sie täglich in den verschiedenen Lebenslagen ihren Glauben an Christus. DAp.104.4 Teilen

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Das Beispiel der Nachfolger Christi in Antiochien sollte allen Gläubigen zur Ermutigung dienen, die heute in einer großen Stadt leben. Während es der Gottes Ordnung entspricht, dass erwählte, geheiligte und begabte Arbeiter sich in wichtige, bevölkerungsreiche Städte niederlassen, um dort Öffentlichkeitsarbeit zu versehen, ist es ebenso Seine Absicht, dass jene Gemeindeglieder, die in diesen Städten wohnen, auch die ihnen von Gott gegebenen Gaben dazu benutzen, um für die Menschen zu wirken. Wenn sie dem Ruf Gottes vollständig folgen, warten reiche Segnungen auf sie. Wenn solche Arbeiter sich bemühen, Menschen für Christus zu gewinnen, werden sie erfahren, dass viele, die auf eine andere Weise nicht hätten erreicht werden können, sich verständnisvollen persönlichen Bemühungen nicht verschließen. Gottes Werk auf Erden benötigt heute Menschen, die die biblischen Wahrheiten in ihrem Leben darstellen. Die eingesegneten Prediger allein können die Großstädte nicht warnen. Gott fordert nicht nur Prediger sondern auch Ärzte, Krankenpfleger, Buchevangelisten, Bibelarbeiter und andere hingebungsvolle Laien, die verschiedene Gaben besitzen und Gottes Wort sowie die Macht Seiner Gnade kennen, dazu auf, den Bedürfnissen der ungewarnten Städte ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Die Zeit rast dahin, und es gibt noch viel zu tun. Jedes Mittel muss eingesetzt werden, um die gegenwärtigen Gelegenheiten weise zu nutzen. DAp.105.1 Teilen

Paulus wurde durch das gemeinsame Wirken mit Barnabas in Antiochien in seiner Überzeugung bestärkt, dass Gott ihn zu einem besonderen Werk unter den Heiden berufen habe. Zur Zeit seiner Bekehrung hatte der Herr gesagt, dass Er ihn zum Verkündiger unter den Heiden machen wollte, „um ihnen die Augen zu öffnen, damit sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht und von der Herrschaft des Satans zu Gott, damit sie Vergebung der Sünden empfangen und ein Erbteil unter denen, die durch den Glauben an mich geheiligt sind.“ Apostelgeschichte 26,18. Der Engel, welcher Ananias erschien, hatte von Paulus gesagt: „Dieser ist mir ein auserwähltes Werkzeug, um meinen Namen vor Heiden und Könige und vor die Kinder Israels zu tragen!“ Apostelgeschichte 9,15. Und Paulus selbst war später, als er im Tempel in Jerusalem betete, ein Engel vom Himmel erschienen, der ihm gebot: „Geh hin, denn ich will dich in die Ferne zu den Heiden senden!“ Apostelgeschichte 22,21. DAp.105.2 Teilen

Auf diese Weise hatte der Herr Paulus den Auftrag gegeben, in das weite Missionsfeld der Heidenwelt zu gehen. Um ihn auf diese umfangreiche und schwierige Arbeit vorzubereiten, hatte Gott ihn in eine enge Verbindung mit sich gebracht und ihn Visionen von der Schönheit und Herrlichkeit des Himmels schauen lassen. Ihm war der Dienst übertragen worden, „das Geheimnis, ... das seit ewigen Zeiten verschwiegen war“, zu offenbaren, nämlich „das Geheimnis seines Willens“, „das in früheren Generationen den Menschenkindern nicht bekannt gemacht wurde, wie es jetzt seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist geoffenbart worden ist, dass nämlich die Heiden Miterben und mit zum Leib Gehörige und Mitteilhaber seiner Verheißung sind in Christus durch das Evangelium“ (Römer 16,25; Epheser 1,9; 3,5f), als dessen Diener er sich bezeichnete. Über sich selbst berichtend, fuhr er fort: „Mir, dem allergeringsten unter allen Heiligen, ist diese Gnade gegeben worden, unter den Heiden den unausforschlichen Reichtum des Christus zu verkündigen, um alle darüber zu erleuchten, welches die Gemeinschaft ist, die als Geheimnis von den Ewigkeiten her in Gott verborgen war, der alles erschaffen hat durch Jesus Christus, damit jetzt den Fürstentümern und Gewalten in den himmlischen Regionen durch die Gemeinde die mannigfaltige Weisheit Gottes bekannt gemacht werde, nach dem Vorsatz der Ewigkeiten, den er gefasst hat in Christus Jesus, unserem Herrn.“ Epheser 3,8-11. DAp.105.3 Teilen

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Gott hatte das Wirken von Paulus und Barnabas während des Jahres reich gesegnet, als sie bei den Gläubigen in Antiochien verweilten. Bisher war aber noch keiner der beiden zum Predigtdienst eingesegnet worden. Nun waren sie in ihrer christlichen Erfahrung so weit gekommen, dass Gott ihnen die Ausführung eines schwierigeren Missionsunternehmens anvertrauen konnte, bei dem sie jede Hilfe benötigen würden, die ihnen durch die Gemeinde zuteil werden konnte. DAp.106.1 Teilen

„Und in Antiochia waren in der dortigen Gemeinde einige Propheten und Lehrer, nämlich Barnabas und Simeon, genannt Niger, und Lucius von Kyrene und Manahen ... und Saulus. Als sie nun dem Herrn dienten und fasteten, sprach der Heilige Geist: Sondert mir Barnabas und Saulus aus zu dem Werk, zu dem ich sie berufen habe!“ Apostelgeschichte 13,1f. Bevor nun diese Apostel als Heidenmissionare hinaus gesandt wurden, wurden sie unter Fasten und Gebet und durch Handauflegung feierlich Gott geweiht und auf diese Weise zugleich von der Gemeinde ermächtigt, nicht allein die Wahrheit zu lehren, sondern auch zu taufen und Gemeinden zu gründen, die mit aller geistlichen Vollmacht ausgestattet waren. DAp.106.2 Teilen

Die christliche Gemeinde trat damals in einen neuen, wichtigen Zeitabschnitt ein. Die Verkündigung des Evangeliums unter den Heiden sollte jetzt kraftvoll vorangehen, und infolge dessen sollte die Gemeinde durch eine große Seelenernte gestärkt werden. Es war aber zu erwarten, dass die zur Ausführung dieses Werkes bestimmten Apostel auf Misstrauen, Vorurteil und Neid stoßen werden. Durch ihre Lehren hinsichtlich der Niederreißung der „trennenden Scheidewand“ (Epheser 2,14, Menge), die Juden und Griechen so lange getrennt hatte, würden sie sich natürlicherweise dem Verdacht der Ketzerei aussetzen, und ihre Autorität als Prediger des Evangeliums würde von vielen streng gläubigen Juden infrage gestellt werden. Doch Gott sah die Schwierigkeiten voraus, denen Seine Knechte zu begegnen hätten. Darum unterwies Er die Gemeinde durch eine Offenbarung, diese Apostel für den Predigtdienst auszusondern, damit sie ungehindert wirken können. Ihre Einsegnung war somit eine öffentliche Anerkennung ihrer göttlichen Bestimmung, den Heiden die frohe Botschaft des Evangeliums zu bringen. DAp.106.3 Teilen

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Paulus und Barnabas hatten ihren Auftrag schon von Gott selbst empfangen. Somit bedeutete die Zeremonie des Handauflegens kein Hinzufügen irgendwelcher neuen Gnade oder Befähigung, sondern nur eine anerkannte Form der Amtsübertragung und eine Bestätigung der Vollmacht in diesem Amt. Auf diese Weise drückte die Gemeinde dem Werk Gottes ihr Siegel auf. DAp.107.1 Teilen

Für die Juden war diese Handlung bedeutungsvoll. Segnete ein jüdischer Vater seine Kinder, dann legte er ihnen ehrfurchtsvoll die Hände aufs Haupt. Wurde ein Tier zum Opfer bestimmt, dann musste der mit priesterlicher Vollmacht Ausgestattete dem Opfertier auch die Hand aufs Haupt legen. Indem nun die Diener der Gemeinde in Antiochien Paulus und Barnabas die Hände auflegten, baten sie Gott durch diese Handlung, den erwählten Aposteln Seinen Segen für dieses besondere Werk zu erteilen, zu dem sie bestimmt waren. DAp.107.2 Teilen

Später wurde der Ritus der Einsegnung durch Handauflegen sehr missbraucht. Dieser Handlung wurde eine nicht zu rechtfertigende Wichtigkeit beigemessen, als ob auf jene, die eine solche Einsegnung empfingen, sofort eine Kraft herabkäme, die sie für jedes geistliche Amt befähige. Es wird uns aber nichts davon berichtet, dass diesen beiden Aposteln bei ihrer Aussonderung durch das bloße Auflegen der Hände irgendeine Kraft übermittelt wurde. Es ist nur ein schlichter Bericht von ihrer Einsegnung sowie von deren Bedeutung für ihr zukünftiges Wirken. DAp.107.3 Teilen

Die Umstände hinsichtlich der Aussonderung von Paulus und Barnabas durch den Heiligen Geist zu einem bestimmten Dienst, zeigen deutlich, dass der Herr durch besonders berufene Werkzeuge in Seiner organisierten Gemeinde wirkt. Als der Heiland einige Jahre zuvor Paulus die göttliche Absicht mit ihm persönlich offenbarte, wurde Paulus anschließend sofort mit Gliedern der neu organisierten Gemeinde in Damaskus in Verbindung gebracht. Dazu wurde jene Ortsgemeinde über die persönliche Erfahrung des bekehrten Pharisäers nicht lange im Unklaren gelassen. Als nun der damals gegebene göttliche Auftrag umfangreicher ausgeführt werden sollte, beauftragte der Heilige Geist, indem er erneut bezeugte, dass Paulus ein auserwähltes Werkzeug zur Evangeliumsverbreitung unter den Heiden sei, die Gemeinde damit, ihn und seinen Mitarbeiter einzusegnen. Als die Leiter der Gemeinde in Antiochien „dem Herrn dienten und fasteten, sprach der Heilige Geist: Sondert mir Barnabas und Saulus aus zu dem Werk, zu dem ich sie berufen habe“. Apostelgeschichte 13,2. DAp.107.4 Teilen

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Gott hat Seine Gemeinde auf Erden zu einem Kanal des Lichts gemacht und will durch sie Seine Absichten und Seinen Willen mitteilen. Er gibt keinem Seiner Diener eine Erfahrung, die unabhängig von der Erfahrung der Gemeinde oder zu ihr im Widerspruch steht. Auch gibt Er nicht einem Menschen allein eine Erkenntnis Seines Willens für die ganze Gemeinde, während diese als Leib Christi im Dunkeln bleibt. In Seiner Vorsehung bringt Er Seine Diener in engen Kontakt mit Seiner Gemeinde, damit sie weniger Vertrauen zu sich selbst und mehr Vertrauen zu anderen haben, denen Er sich zur Förderung Seines Werkes bedient. DAp.108.1 Teilen

Es hat von jeher Leute in der Gemeinde gegeben, die ständig nach persönlicher Unabhängigkeit trachten. Sie wollen nicht einsehen, dass eine solche Unabhängigkeit des Geistes den Menschen leicht dazu verleitet, zuviel Vertrauen in sich selbst zu setzen und das eigene Urteil höher zu achten, als den Rat und das Urteil seiner Brüder — insbesondere derer, denen Gott die Leitung Seines Volkes übertragen hat. Gott hat Seine Gemeinde mit Autorität und Macht ausgestattet, die niemand gering zu schätzen noch zu verachten berechtigt ist. Wer dies tut, verachtet damit die Stimme Gottes. DAp.108.2 Teilen

Wer dazu neigt, sein Urteil für maßgebend zu halten, steht in großer Gefahr. Es ist Satans ausgemachtes Ziel, ihn von denen zu trennen, die Kanäle des Lichts sind und durch die Gott gewirkt hat, um Sein Werk auf Erden aufzubauen und auszubreiten. Jene gering zu schätzen oder gar zu verachten, die Gott dazu bestimmt hat, bei der Verbreitung der Wahrheit die Verantwortung der Leitung zu übernehmen, heißt das Mittel zu verwerfen, das Gott zur Unterstützung, Ermutigung und Stärkung Seines Volkes verordnet hat. Setzt sich ein Arbeiter im Werk des Herrn darüber hinweg, weil er meint, dass er das Licht auf keine andere Weise als direkt vom Herrn erhalten müsse, so nimmt er damit einen Standpunkt ein, der es dem Feind ermöglicht, ihn leicht zu verführen und zu überwinden. Der Herr hat es in seiner Weisheit so eingerichtet, dass durch die engen Beziehungen, die alle Gläubigen zueinander unterhalten sollten, Christ mit Christ und Gemeinde mit Gemeinde verbunden ist. Auf diese Weise wird es den Menschen ermöglicht, mit dem Himmel zusammen zu arbeiten. Dabei wird jede Kraft dem Heiligen Geist untergeordnet und alle Gläubigen werden zu geordneten und gut geleiteten Bestrebungen vereint, um der Welt die frohe Botschaft von der Gnade Gottes zu verkünden. DAp.108.3 Teilen

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Paulus betrachtete den Anlass seiner Einsegnung als Anfang eines neuen und wichtigen Zeitabschnitts in seinem Lebenswerk. In diese Zeit verlegte er rückblickend den Beginn seines Aposteldienstes in der Gemeinde Christi. DAp.109.1 Teilen

Während das Licht des Evangeliums in Antiochien helle leuchtete, wurde zugleich von den in Jerusalem verbliebenen Aposteln ein wichtiges Werk fortgeführt. Jedes Jahr kamen zu den Festtagen viele Juden aus allen Ländern nach Jerusalem, um dort im Tempel anzubeten. Einige dieser Pilger besaßen wahre Frömmigkeit und erforschten mit allem Ernst die Prophezeiungen. Sie erwarteten und ersehnten das Kommen des verheißenen Messias, der Hoffnung Israels. Während Jerusalem nun mit diesen Fremden angefüllt waren, predigten die Apostel mit unerschrockenen Mut Christus, wohl wissend, dass sie dadurch ständig ihr Leben in Gefahr brachten. Der Geist Gottes drückte ihrem Wirken das Siegel auf: Viele wurden zum Glauben bekehrt und streuten ihrerseits unter allen Völkern und Gesellschaftsgruppen den Samen der Wahrheit aus, wenn sie in ihre Heimat zurückkehrten. DAp.109.2 Teilen

Besonders die Apostel Petrus, Jakobus und Johannes gehörten zu denen, die sich dieser Arbeit widmeten, weil sie der festen Überzeugung waren, von Gott dazu bestimmt zu sein, ihren Landsleuten in der Heimat Christus zu predigen. Treu und weise bemühten sie sich, das zu bezeugen, was sie gesehen und gehört hatten, und auf das feste „prophetischen Wort“ (2.Petrus 1,19) zu verweisen, um „das ganze Haus Israel“ davon zu überzeugen, dass Gott diesen Jesus, den die Juden gekreuzigt hatten, „sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht hat“. Apostelgeschichte 2,36. DAp.109.3 Teilen

Kapitel 17: Boten des Evangeliums
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Auf Grundlage von Apostelgeschichte 13,4.52. DAp.110 Teilen

Als Paulus und Barnabas nach ihrer Einsegnung durch die Brüder in Antiochien „ausgesandt waren vom Heiligen Geist, kamen sie nach Seleuzia und von da zu Schiff nach Zypern.“ Apostelgeschichte 13,4. Damit begannen die Apostel ihre erste Missionsreise. DAp.110.1 Teilen

Zypern war eine jener Orte, wohin die Gläubigen wegen der Verfolgung, die dem Tod des Stephanus folgte, von Jerusalem aus geflohen waren. Von hier aus waren einige Männer nach Antiochien gekommen und hatten dort „das Evangelium von dem Herrn Jesus“ gepredigt. Apostelgeschichte 11,20. Barnabas selbst war „aus Zypern“ und besuchte jetzt in Begleitung von Johannes Markus, seinem Verwandten, mit Paulus diese Insel. Apostelgeschichte 4,36. DAp.110.2 Teilen

Die Mutter von Markus hatte sich zum christlichen Glauben bekehrt, und seitdem bildete ihr Heim in Jerusalem einen Zufluchtsort für die Jünger. Dort waren sie sich stets einer herzlichen Aufnahme und einer Gelegenheit zum Ausruhen sicher. Bei einem jener Apostelbesuche im Hause seiner Mutter bot sich Markus an, Paulus und Barnabas auf ihrer Missionsreise zu begleiten. Er spürte das Wirken der Gnade Gottes an seinem Herzen und hatte Verlangen danach, sich ganz für das Evangeliumswerk einzusetzen. DAp.110.3 Teilen

„Und als sie in Salamis angekommen waren, verkündigten sie das Wort Gottes in den Synagogen der Juden. ... Und als sie die Insel bis nach Paphos durchzogen hatten, trafen sie einen Zauberer und falschen Propheten an, einen Juden namens Bar-Jesus, der sich bei dem Statthalter Sergius Paulus aufhielt, einem verständigen Mann. Dieser ließ Barnabas und Saulus holen und wünschte das Wort Gottes zu hören. Doch Elymas, der Zauberer (denn so wird sein Name übersetzt), leistete ihnen Widerstand und suchte den Statthalter vom Glauben abzuhalten.“ Apostelgeschichte 13,5-8. DAp.110.4 Teilen

Nicht ohne Kampf lässt Satan den Aufbau des Reiches Gottes auf Erden vor sich gehen. Die Mächte des Bösen streiten unaufhörlich gegen jene, die zur Ausbreitung des Evangeliums vorgesehen sind. Und diese finsteren Mächte sind besonders aktiv, wenn die Wahrheit vor angesehenen und rechtschaffenen Menschen verkündet wird. So war es auch, als Sergius Paulus, der Statthalter Zyperns, das Evangelium vernahm. Der Statthalter hatte die Apostel zu sich kommen lassen, um in der Botschaft, die sie verkündeten, unterwiesen zu werden, doch nun waren die Mächte des Bösen durch den Zauberer Elymas am Wirken, um den Statthalter durch ihre negativen Einflüsterungen vom Glauben abzubringen und Gottes Absicht zu durchkreuzen. DAp.110.5 Teilen

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Auf diese Weise bemüht sich der gefallene Feind zu aller Zeit, um einflussreiche Menschen in seinen Reihen zu halten, die nach ihrer Bekehrung dem Werk Gottes gute Dienste leisten könnten. Der treue Evangeliumsarbeiter braucht jedoch durch den Feind keine Niederlage zu befürchten, denn es ist sein Vorrecht, mit der Kraft aus der Höhe ausgerüstet zu werden, um jedem satanischen Einfluss zu widerstehen. DAp.111.1 Teilen

Obwohl Paulus von Satan schwer bedrängt wurde, hatte er dennoch den Mut, denjenigen zu tadeln, durch den der Feind wirkte. Erfüllt vom Heiligen Geistes sah der Apostel ihn an „und sprach: O du Sohn des Teufels, voll von aller List und aller Bosheit, du Feind aller Gerechtigkeit, wirst du nicht aufhören, die geraden Wege des Herrn zu verkehren? DAp.111.2 Teilen

Und nun siehe, die Hand des Herrn kommt über dich, und du wirst eine Zeit lang blind sein und die Sonne nicht sehen! Augenblicklich aber fiel Dunkel und Finsternis auf ihn, und er tappte umher und suchte Leute, die ihn führen könnten. Als nun der Statthalter sah, was geschehen war, wurde er gläubig, betroffen von der Lehre des Herrn“. Apostelgeschichte 13,9-12. DAp.111.3 Teilen

Der Zauberer hatte den Beweisen der Evangeliumswahrheit die Augen verschlossen, und nun ließ der ihn in gerechtem Zorn seine natürlichen Augen verschließen und ihm das Tageslicht entziehen. Diese Blindheit war nicht dauerhaft, sondern zeitlich begrenzt und dazu gedacht, ihn zur Reue zu mahnen und zu veranlassen, bei Gott, den er so schwer beleidigt hatte, um Vergebung zu bitten. Die Verwirrung, in die er auf diese Weise geriet, machte seine gegen die Lehre Christi angewandten listigen Kunstgriffe wirkungslos. Dass er mit Blindheit geschlagen umhertappte, bewies allen, dass die von den Aposteln gewirkten und von Elymas als Taschenspielertricks hingestellten Wunder durch Gottes Kraft geschahen. Von der Wahrheit der durch die Apostel verkündeten Lehre überzeugt, nahm der Statthalter das Evangelium an. DAp.111.4 Teilen

Elymas war kein gebildeter, aber ein für Satans Werk besonders geeigneter Mann. Wer Gottes Wahrheit verkündet, wird dem listigen Feind in vielen verschiedenen Formen begegnen. Manchmal in der Person eines Gelehrten, doch häufiger in der unwissender Menschen, die Satan zu brauchbaren Werkzeugen herangebildet hat, um Menschen zu verführen. Der Diener Christi muss in der Furcht Gottes und in der Macht Seiner Stärke treu auf seinem Posten stehen. Auf diese Weise ist er in der Lage, unter Satans Heeren Verwirrung anzurichten und im Namen des Herrn den Sieg zu behalten. DAp.111.5 Teilen

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Paulus und seine Begleiter setzten ihre Reise fort und kamen nach Perge im Land Pamphylien. Der Weg dorthin war beschwerlich, sie litten unter Mühsalen und Entbehrungen und waren von allen Seiten von Gefahren umgeben. Die Gefahren lauerten sichtbar und unsichtbar in den Dörfern und Städten die sie durchstreiften, ja selbst auf den einsamen Landstraßen. Paulus und Barnabas hatten gelernt, auf Gottes befreiende Macht zu vertrauen. Ihre Herzen waren voller heißer Liebe zu den Verlorenen. Als treue Hirten auf der Suche nach den verlorenen Schafen dachten sie nicht an ihren eigenen Vorteil oder an Bequemlichkeit. Sich selbst vergessend wankten sie nicht, auch wenn sie ermüdet und hungrig waren oder vor Kälte zitterten. Sie hatten ihren Blick nur auf ein Ziel gerichtet: auf die Erlösung derer, die sich weit von der Herde verirrt hatten. DAp.112.1 Teilen

Hier war es nun, wo Markus eine Zeitlang wankend wurde, überwältigt von Furcht und Entmutigung in seiner Absicht, sich für das Werk des Herrn von ganzem Herzen einzusetzen. An Schwierigkeiten nicht gewöhnt, wurde er aufgrund der Gefahren und Entbehrungen auf dem Weg verzagt. Unter günstigeren Umständen hatte er erfolgreich gewirkt, doch jetzt — unter Schwierigkeiten und Gefahren, wie sie Bahnbrechern so oft begegnen, versagte er, sich im Erdulden von Beschwerden als ein guter Kämpfer unter dem Kreuz auszuweisen. Er musste erst noch lernen, Gefahren, Verfolgungen und Trübsalen mutig und tapfer zu begegnen. Als die Apostel weiter vorwärts drangen und noch größere Schwierigkeiten zu befürchten waren, ließ Markus sich einschüchtern. Er verlor den Mut, seine Gefährten weiter zu begleiten und kehrte nach Jerusalem zurück. DAp.112.2 Teilen

Diese Fahnenflucht veranlasste Paulus, den jungen Markus eine Zeitlang ungünstig, ja sogar streng zu beurteilen. Barnabas zeigte sich geneigt, dieses Verhalten mit dessen Unerfahrenheit zu entschuldigen. Es ging ihm darum, dass Markus den Predigtdienst nicht verließ, denn er sah in ihm Veranlagungen zu einem brauchbaren und nützlichen Diener Christi. Jahre später wurde ihm seine Besorgnis um Markus reichlich belohnt, denn der junge Mann übergab sich rückhaltlos dem Herrn und der Verkündigung des Evangeliums, selbst in schwierigen Gebieten. Durch Gottes Segen und unter der weisen Anleitung des Barnabas entwickelte er sich zu einem wertvollen Mitarbeiter. DAp.112.3 Teilen

Später söhnte sich Paulus mit Markus aus und nahm ihn als Mitarbeiter an. Er empfahl ihn den Kolossern als einen „Mitarbeiter für das Reich Gottes“, der ihm „zum Trost geworden“ war. Kolosser 4,11. Ein anderes Mal, nicht lange vor seinem Tod, sagte er über Markus, dass er ihm „sehr nützlich zum Dienst“ gewesen sei. 2.Timotheus 4,11. Nachdem Markus sie verlassen hatte, besuchten Paulus und Barnabas Antiochien in Pisidien, gingen dort am Sabbat in die Synagoge und setzten sich. „Und nach der Vorlesung des Gesetzes und der Propheten ließen die Obersten der Synagoge ihnen sagen: Ihr Männer und Brüder, wenn ihr ein Wort der Ermahnung an das Volk habt, so redet!“ Apostelgeschichte 13,15. Nachdem sie so zum Sprechen aufgefordert wurden, „stand Paulus auf und gab ein Zeichen mit der Hand und sprach: Ihr israelitischen Männer, und die ihr Gott fürchtet, hört zu!“ Apostelgeschichte 13,16. Darauf hin hielt er eine beeindruckende Rede und gab einen geschichtlichen Überblick über die Art und Weise, wie Gott mit den Juden umgegangen war seit der Zeit ihrer Befreiung aus der ägyptischen Knechtschaft, und wie er ihnen aus dem Samen Davids einen Heiland verheißen hatte, woraufhin er offen erklärte: „Von dessen Samen hat nun Gott nach der Verheißung für Israel Jesus als Retter erweckt, nachdem Johannes vor seinem Auftreten dem ganzen Volk Israel eine Taufe der Buße verkündigt hatte. Als aber Johannes seinen Lauf vollendete, sprach er: Wer meint ihr, dass ich sei? Ich bin es nicht; doch siehe, es kommt einer nach mir, für den ich nicht gut genug bin, die Schuhe von seinen Füßen zu lösen!“ Apostelgeschichte 13,23-25. So predigte er kraftvoll Jesus als den Heiland der Menschen, den Messias der Weissagung. DAp.112.4 Teilen

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Nach dieser Erklärung sagte Paulus: „Ihr Männer und Brüder, Söhne des Geschlechtes Abrahams, und die unter euch, die Gott fürchten, zu euch ist dieses Wort des Heils gesandt. Denn die, welche in Jerusalem wohnen, und ihre Obersten haben diesen nicht erkannt und haben die Stimmen der Propheten, die an jedem Sabbat gelesen werden, durch ihren Urteilsspruch erfüllt.“ Apostelgeschichte 13,26f. DAp.113.1 Teilen

Paulus zögerte nicht, die Wahrheit über die Verwerfung des Heilands durch die jüdischen Leiter ohne Umschweife anzusprechen: „Und obgleich sie keine Todesschuld fanden, verlangten sie doch von Pilatus, dass er hingerichtet werde. Und nachdem sie alles vollendet hatten, was von ihm geschrieben steht, nahmen sie ihn vom Holz herab und legten ihn in ein Grab. Gott aber hat ihn aus den Toten auferweckt. Und er ist mehrere Tage hindurch denen erschienen, die mit ihm aus Galiläa nach Jerusalem hinaufgezogen waren, welche seine Zeugen sind vor dem Volk.“ Apostelgeschichte 13,28-31. DAp.113.2 Teilen

Hierauf sprach er: „Und wir verkündigen euch das Evangelium, dass Gott die den Vätern zuteil gewordene Verheißung an uns, ihren Kindern, erfüllt hat, indem er Jesus erweckte, wie auch im zweiten Psalm geschrieben steht: Psalm 2,7. ‚Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt‘. Dass er ihn aber aus den Toten auferweckte, so dass er nicht mehr zur Verwesung zurückkehren sollte, hat er so ausgesprochen: Jesaja 55,3. ‚Ich will euch die heiligen Gnadengüter Davids geben, die zuverlässig sind‘. Darum spricht er auch an einer anderen Stelle: Psalm 16,10. ‚Du wirst nicht zulassen, dass dein Heiliger die Verwesung sieht‘“. Apostelgeschichte 13,32-35. DAp.113.3 Teilen

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Als Paulus in dieser Weise klar von der Erfüllung der bekannten Prophezeiungen über den Messias gesprochen hatte, predigte er ihnen Buße und Vergebung der Sünden durch die Verdienste Jesu, ihres Heilands: „so sollt ihr nun wissen, ihr Männer und Brüder, dass euch durch diesen Vergebung der Sünden verkündigt wird; und von allem, wovon ihr durch das Gesetz Moses nicht gerechtfertigt werden konntet.“ Apostelgeschichte 13,38f. DAp.114.1 Teilen

Gottes Geist war mit dem gesprochenen Worten und berührte die Herzen. Der Hinweis des Apostels auf alttestamentliche Weissagungen und seine Erklärung, dass sich diese im Dienst Jesu von Nazareth erfüllt hätten, überzeugten manch einen, der sich nach dem Kommen des verheißenen Messias sehnte. Dazu erfüllte die Zusicherung des Redners, dass die frohe Botschaft der Erlösung sowohl Juden als auch Heiden galt, auch jene mit Hoffnung und Freude, die der Abstammung nach nicht zu den Kindern Abrahams gezählt wurden. DAp.114.2 Teilen

„Als sie aber aus der Synagoge hinausgingen, baten die Leute, dass sie am nächsten Sabbat noch einmal von diesen Dingen redeten. Und als die Gemeinde auseinander ging, folgten viele Juden und gottesfürchtige Judengenossen dem Paulus und Barnabas. Diese sprachen mit ihnen und ermahnten sie, dass sie bleiben sollten in der Gnade Gottes.“ Apostelgeschichte 13,42f. DAp.114.3 Teilen

Das durch die Predigt des Paulus in Antiochien in Pisidien erweckte Interesse, brachte am nächsten Sabbat fast die ganze Stadt zusammen, „um das Wort Gottes zu hören. Als aber die Juden die Menge sahen, wurden sie neidisch und widersprachen dem, was Paulus sagte, und lästerten. DAp.114.4 Teilen

Paulus und Barnabas aber sprachen frei und offen: Euch musste das Wort Gottes zuerst gesagt werden; da ihr es aber von euch stoßt und haltet euch selbst nicht für würdig des ewigen Lebens, siehe, so wenden wir uns zu den Heiden. Denn so hat uns der Herr geboten: Jesaja 49,6. ‚Ich habe dich zum Licht der Heiden gemacht, damit du das Heil seist bis an die Enden der Erde.‘ Als das die Heiden hörten, wurden sie froh und priesen das Wort des Herrn, und alle wurden gläubig, die zum ewigen Leben bestimmt waren.“ Apostelgeschichte 13,44-48. Sie waren sehr froh, dass Christus sie als Kinder Gottes anerkannte und lauschten mit dankbaren Herzen auf das gepredigte Wort. Jene die glaubten, waren auch eifrig, die Evangeliumsbotschaft anderen mitzuteilen. „Auf diese Weise verbreitete sich die Botschaft des Herrn in der gesamten Region.“ Apostelgeschichte 13,49. DAp.114.5 Teilen

Schon Jahrhunderte zuvor hatten inspirierte Schreiber dieses Sammeln der Völker geschildert, aber solche Prophetien wurden kaum verstanden. So hatte Hosea gesagt: „Es wird aber die Zahl der Israeliten sein wie der Sand am Meer, den man weder messen noch zählen kann. Und es soll geschehen, anstatt dass man zu ihnen sagt: ‚Ihr seid nicht mein Volk‘, wird man zu ihnen sagen: ‚O ihr Kinder des lebendigen Gottes!‘ ... DAp.114.6 Teilen

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Und ich will sie mir im Land ansäen und mich über die ‚Unbegnadigte‘ erbarmen und zu ‚Nicht-mein-Volk‘ sagen: ‚Du bist mein Volk!‘, und es wird sagen: ‚Du bist mein Gott!‘“ Hosea 2,1.25. Der Heiland selbst sagte während Seines Erdendienstes die Ausbreitung des Evangeliums unter den Heiden voraus. Im Gleichnis von dem Arbeitern im Weinberg erklärte er den unbußfertigen Juden: „Das Reich Gottes wird von euch genommen und einem Volk gegeben werden, das dessen Früchte bringt.“ Matthäus 21,43. Nach Seiner Auferstehung beauftragte Er Seine Jünger, „zu allen Völkern“ zu gehen, „alle Menschen“ zu lehren und „das Evangelium der ganzen Schöpfung“ zu predigen, damit niemand ungewarnt bleibt. Matthäus 28,19 (EÜ); Markus 16,15. DAp.115.1 Teilen

Obwohl Paulus und Barnabas in Antiochien in Pisidien sich an die Heiden wandten, hörten sie dennoch nicht auf, für die Juden zu wirken, wenn sich ihnen eine günstige Gelegenheit bot, gehört zu werden. Später predigten Paulus und seine Mitarbeiter in Thessalonich, Korinth, Ephesus und anderen wichtigen Städten das Evangelium zu Juden und Heiden. Ihr Hauptaugenmerk richteten sie von nun an jedoch auf den Aufbau des Reiches Gottes in heidnischen Ländern unter jenen, die bisher nur wenig oder gar keine Kenntnis von dem wahren Gott und Seinem Sohn hatten. DAp.115.2 Teilen

Die Herzen des Paulus und seiner Mitarbeiter waren von Mitleid für jene erfüllt, die „ohne Christus ..., ausgeschlossen von der Bürgerschaft Israels und fremd den Bündnissen der Verheißung“ waren und daher „keine Hoffnung“ hatten und „ohne Gott in der Welt“ dastanden. Durch den unermüdlichen Dienst der Apostel unter den Heiden lernten die „Fremdlinge und Gäste“, welche „einst fern“ waren, dass sie nun „nahe gebracht worden [sind] durch das Blut des Christus“, und durch den Glauben an Sein versöhnendes Opfer „Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen“ werden konnten. Epheser 2,12.19.13.19. DAp.115.3 Teilen

Im Glauben vorangehend wirkte Paulus unermüdlich am Aufbau des Reiches Gottes unter denen, die von den Lehrern Israels vernachlässigt worden waren. Beständig erhob er Christus Jesus als den „König aller Könige und Herr aller Herren“ und ermahnte die Gläubigen, „verwurzelt und gegründet und fest im Glauben“ zu sein. 1.Timotheus 6,15; Kolosser 2,7. DAp.115.4 Teilen

Den Menschen, die glauben, ist Christus ein sicherer Grund. Auf diesen lebendigen Stein können Juden und Heiden in gleicher Weise bauen. Er ist für alle sowohl groß als auch stark genug, um das Gewicht und die Last der ganzen Welt zu tragen. Diese Tatsache hat Paulus klar erkannt. Als er sich kurz vor dem Abschluss seines Lehrdienstes an eine Gruppe Gläubiger aus den Heiden wandte, die in ihrer Liebe zur Evangeliumswahrheit fest geblieben waren, schrieb er: „So seid ihr ... erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist.“ Epheser 2,19f. DAp.115.5 Teilen

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Als sich die Evangeliumsbotschaft in Pisidien ausbreitete, wiegelten die ungläubigen Juden von Antiochien in ihrem blinden Vorurteil „die einflussreichen gottesfürchtigen Frauen, die in die Synagoge kamen, und die angesehenen Männer der Stadt auf, hetzten das Volk gegen Paulus und Barnabas und vertrieben sie aus der Stadt“. Apostelgeschichte 13,50. DAp.116.1 Teilen

Die Apostel ließen sich durch diese Behandlung nicht entmutigen. Sie dachten an die Worte ihres Meisters: „Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und lügnerisch jegliches böse Wort gegen euch reden um meinetwillen! Freut euch und jubelt, denn euer Lohn ist groß im Himmel; denn ebenso haben sie die Propheten verfolgt, die vor euch gewesen sind.“ Matthäus 5,11f. DAp.116.2 Teilen

Die Evangeliumsbotschaft schritt voran, und die Apostel hatten allen Grund, ermutigt zu sein. Ihr Wirken unter den Pisidiern zu Antiochien war reich gesegnet worden, und auch die Gläubigen, welche sie zurückließen, um die Arbeit eine Zeitlang allein fortzusetzen, „wurden von Freude und vom Heiligen Geist erfüllt“. Apostelgeschichte 13,52 (NL). DAp.116.3 Teilen

Kapitel 18: Evangeliumsverkündigung unter den Heiden
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Auf Grundlage von Apostelgeschichte 14,1-26. DAp.117 Teilen

Von Antiochien in Pisidien gingen Paulus und Barnabas nach Ikonion. Sie begannen dort, wie in Antiochien, ihr Werk in der Synagoge ihres eigenen Volkes. Dort hatten sie bemerkenswerten Erfolg, so „dass eine große Menge von Juden und Griechen gläubig wurde“. Apostelgeschichte 14,1. Aber in Ikonion, wie auch an anderen Wirkungsstätten der Apostel, fingen „die übrigen Juden, die sich nicht überzeugen lassen wollten, ... an, die nichtjüdische Bevölkerung der Stadt gegen die Christen aufzuhetzen.“ Apostelgeschichte 14,2 (GN). DAp.117.1 Teilen

Die Apostel ließen sich jedoch nicht von ihrer Mission abbringen, zumal viele das Evangelium Christi annahmen. Trotz Widerstand, Neid und Vorurteilen setzten sie ihr Werk fort „und lehrten freimütig im Vertrauen auf den Herrn, der dem Wort seiner Gnade Zeugnis gab und Zeichen und Wunder durch ihre Hände geschehen ließ“. Apostelgeschichte 14,3. Diese Beweise göttlichen Wohlwollens übten einen mächtigen Einfluss auf diejenigen aus, die sich in ihrem Inneren überzeugen ließen, und die Zahl der zum Evangelium Bekehrten nahm zu. DAp.117.2 Teilen

Das zunehmende allgemeine Interesse für die von den Aposteln gebrachte Botschaft erfüllte die ungläubigen Juden mit Neid und Hass. Deshalb beschlossen sie, dem Wirken von Paulus und Barnabas ein sofortiges Ende zu bereiten. Durch falsche und übertriebene Berichte erregten sie bei der Obrigkeit Befürchtungen, dass die ganze Stadt in Gefahr stünde, in einen Aufstand verwickelt zu werden. Sie erklärten, dass große Mengen sich den Aposteln anschlössen und gaben zu verstehen, diese beabsichtigten geheime und gefährliche Dinge. DAp.117.3 Teilen

Infolge dieser Anklage wurden die Apostel wiederholt vor die Obrigkeit geladen, aber ihre Verteidigung war so klar und vernünftig und der Bericht über ihre Lehren so ruhig und schlüssig, dass sich ein starker Einfluss zu ihren Gunsten bemerkbar machte. Obwohl die Behörden durch die Falschaussagen über die Apostel von Vorurteilen über diese erfüllt waren, wagten sie es aber nicht, sie zu verurteilen. Stattdessen mussten sie zugeben, dass die Lehren, die Paulus und Barnabas verkündeten, darauf ausgerichtet waren, die Menschen zu tugendhaften, gesetzestreuen Bürgern zu machen, und dass sich die Moral und Ordnung in der Stadt nur verbessern konnten, wenn die von den Aposteln gelehrten Wahrheiten angenommen würden. DAp.117.4 Teilen

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Durch den Widerstand, der den Jüngern begegnete, erlangte die Botschaft der Wahrheit ein großes öffentliches Interesse und die Juden sahen, dass ihre Bemühungen, das Wirken der neuen Lehrer zu durchkreuzen, nur dazu beitrugen, dem neuen Glauben mehr Anhänger zu vermitteln. „Aber die Volksmenge der Stadt teilte sich, und die einen hielten es mit den Juden, die anderen mit den Aposteln.“ Apostelgeschichte 14,4. DAp.118.1 Teilen

Die jüdischen Leiter wurden durch die Wendung der Dinge so wütend, dass sie beschlossen, ihr Ziel gewaltsam zu erreichen. Indem sie die schlimmsten Leidenschaften eines unwissenden, lärmenden Pöbels erweckten, gelang es ihnen, einen Aufruhr hervorzurufen, den sie als eine Folge der Lehren der Jünger bezeichneten. Durch diese falsche Anklage hofften sie die Hilfe der Behörden zur Ausführung ihrer Absichten zu gewinnen. Sie beschlossen, dass die Apostel keine Gelegenheit bekommen sollten, sich zu verteidigen, sondern dass der Mob dazwischenkommen und Paulus und Barnabas steinigen sollte, um so ihrem Wirken ein Ende zu bereiten. DAp.118.2 Teilen

Freunde der Apostel, und auch Ungläubige, warnten sie vor den böswilligen Absichten der Juden und drängten sie, sich nicht unnötigerweise der Wut des Pöbels auszusetzen, sondern lieber zu fliehen, um ihr Leben zu retten. Daraufhin verließen Paulus und Barnabas heimlich Ikonion. Sie überließen es dann den Gläubigen, das Werk eine Zeitlang alleine fortzusetzen. Sie nahmen jedoch keineswegs endgültig Abschied, sondern wollten wieder zurückzukehren, sobald sich die Aufregung gelegt haben würde, um dann das angefangene Werk zu vollenden. DAp.118.3 Teilen

Zu jeder Zeit und in jedem Land haben Gottes Boten erbitterten Widerstand von solchen erdulden müssen, die vorsätzlich das Licht vom Himmel verwarfen. Oft haben die Feinde des Evangeliums scheinbar triumphiert, wenn sie durch Entstellungen und Lügen Türen verschließen konnten, durch die Gottes Botschafter hätten Eingang gewinnen können. Doch das kann nicht für immer so bleiben, und dann hat der Herr oft mächtig für sie gewirkt, wenn Seine Diener nach einiger Zeit zur Wiederaufnahme ihrer Arbeit zurück kehrten, und sie dazu befähigt, Denkmäler zur Ehre Seines Namens aufzurichten. DAp.118.4 Teilen

Als die Apostel durch Verfolgung aus Ikonion vertrieben wurden, gingen sie nach Lystra und Derbe in Lykaonien. In diesen Städten wohnten hauptsächlich Heiden — abergläubische Leute, von denen einige jedoch bereit waren zuzuhören und das Evangelium anzunehmen. Hier und im Umland beschlossen die Apostel zu wirken, in der Hoffnung, den jüdischen Vorurteilen und deren Verfolgung zu entgehen. DAp.118.5 Teilen

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In Lystra gab es keine Synagoge, obwohl einige Juden in der Stadt wohnten. Viele Einwohner von Lystra beteten in einem Tempel an, der dem Jupiter geweiht war. Als Paulus und Barnabas in die Stadt kamen und die Einwohner Lystras um sich versammelten, um ihnen die schlichten Wahrheiten des Evangeliums zu erklären, versuchten viele, diese Lehren mit ihren abergläubischen Praktiken der Anbetung des Jupiter in Verbindung zu bringen. DAp.119.1 Teilen

Die Apostel bemühten sich, diesen Götzendienern eine Kenntnis von Gott, dem Schöpfer zu vermitteln, und Seinem Sohn, dem Heiland der Menschen. Sie lenkten ihre Aufmerksamkeit zuerst auf Gottes wunderbare Werke — auf Sonne, Mond und Sterne, auf die bewundernswerte Ordnung und Regelmäßigkeit in der Wiederkehr der Jahreszeiten, auf die mächtigen, Schnee bedeckten Berge, die hohen Bäume und auf verschiedene andere Naturwunder, die von einer Geschicklichkeit zeugten, die menschliche Vorstellungen übersteigt. Durch diesen Hinweis auf die Werke des Allmächtigen regten die Apostel die Gemüter der Heiden zum Nachdenken an über den großen Herrscher des Weltalls. DAp.119.2 Teilen

Nachdem die Apostel diese Grundwahrheiten über den Schöpfer erklärt hatten, erzählten sie den Leuten von Lystra vom Sohn Gottes, der vom Himmel auf unsere Erde kam, weil Er die Menschenkinder liebte. Sie sprachen von Seinem Leben und Wirken, von Seiner Verwerfung durch diejenigen, zu deren Rettung Er gekommen war. Sie erzählten von Seinem Verhör, Seiner Kreuzigung, Seiner Auferstehung und Seiner Himmelfahrt, um dort als Mittler für die Menschen zu wirken. So predigten Paulus und Barnabas im Geist und in der Kraft Gottes das Evangelium in Lystra. DAp.119.3 Teilen

Als Paulus wieder einmal dem Volk über Christi Heilungswundern an den Kranken und Leidenden erzählte, sah er unter seinen Zuhörern einen Lahmen, dessen Augen fest auf ihn gerichtet waren und der seine Worte im Glauben annahm. Paulus empfand tiefes Mitleid mit diesem Leidenden, dem er anmerkte, „dass er Glauben hatte, geheilt zu werden“. Apostelgeschichte 14,9. In Gegenwart der versammelten Götzendiener befahl er dem Lahmen, sich aufrecht auf seine Füße zu stellen. Bisher hatte der Leidende nur sitzen können, doch jetzt war er imstande, dem Befehl des Paulus sofort nachzukommen und zum ersten Mal in seinem Leben auf seinen Füßen zu stehen. Diese Glaubensausübung brachte ihm solche Kraft, dass er, der so lange lahm war, aufsprang und umherlief. DAp.119.4 Teilen

„Als aber die Volksmenge sah, was Paulus getan hatte, erhoben sie ihre Stimme und sprachen auf lykaonisch: Die Götter sind Menschen gleichgeworden und zu uns herabgekommen!“ Apostelgeschichte 14,11. Diese Behauptung war im Einklang mit einer ihrer Überlieferungen, nach der die Götter gelegentlich die Erde besuchten. Sie nannten Barnabas wegen seines ehrwürdigen Aussehens sowie seiner würdevollen Haltung und der Milde und Güte seines Gesichtsausdrucks Jupiter, den Göttervater. Paulus hielten sie für Merkur, „weil er das Wort führte“, eifrig und aktiv war und wortgewandt warnte und ermahnte. DAp.119.5 Teilen

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Voller Verlangen darüber, ihre Dankbarkeit zu beweisen, überredeten die Lystraner den Priester des Jupiter, die Apostel zu ehren. Und er „brachte Stiere und Kränze an die Tore und wollte samt dem Volk opfern.“ Apostelgeschichte 14,13. Paulus und Barnabas, die Zurückgezogenheit und Ruhe gesucht hatten, bemerkten diese Vorbereitungen nicht. Doch bald wurde ihre Aufmerksamkeit durch die Musik und das begeisterte Rufen einer großen Volksmenge erregt, die sich vor ihrer Unterkunft versammelt hatte. DAp.120.1 Teilen

Als die Apostel sich über die Ursache des Besuchs und der mit ihm zusammenhängenden großen Erregung im Klaren waren, „zerrissen sie ihre Kleider und sprangen unter das Volk“ in der Hoffnung, es von seinem Vorhaben abzubringen. Mit lauter, durchdringender Stimme, die das Rufen des Volkes noch übertönte, bat Paulus um ihre Aufmerksamkeit. Und als der Tumult plötzlich verebbte, sprach er: „Ihr Männer, was tut ihr da? Auch wir sind Menschen, von gleicher Art wie ihr, und verkündigen euch das Evangelium, dass ihr euch von diesen nichtigen Götzen bekehren sollt zu dem lebendigen Gott, der den Himmel und die Erde gemacht hat, das Meer und alles, was darin ist! Er ließ in den vergangenen Generationen alle Heiden ihre eigenen Wege gehen; und doch hat er sich selbst nicht unbezeugt gelassen; er hat uns Gutes getan, uns vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben und unsere Herzen erfüllt mit Speise und Freude.“ Apostelgeschichte 14,15-17. DAp.120.2 Teilen

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