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Kapitel 10: Die Stimme in der Wüste
Kapitel 10: Die Stimme in der Wüste
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Auf der Grundlage von Lukas 1,5-23, 57-80; Lukas 3,1-18; Matthäus 3,1-12; Markus 1,1-8. DM.61 Teilen

Aus der Mitte der gläubigen Israeliten, die sehnsüchtig auf das Kommen des Messias warteten, erschien der Vorläufer Christi. Zacharias, ein betagter Priester, und seine Frau Elisabeth waren „beide fromm vor Gott“. Lukas 1,6. Ihr stilles und frommes Leben offenbarte das Licht des Glaubens. Wie ein Stern leuchtete es in der geistlichen Finsternis jener Zeit. Dieses gottesfürchtige Paar empfing die Verheißung eines Sohnes, der vor dem Herrn hergehen und Ihm den Weg bereiten sollte. DM.61.1 Teilen

Zacharias wohnte „auf dem ... Gebirge Judäas“ (Lukas 1,65), aber er war nach Jerusalem hinaufgegangen, um eine Woche lang im Tempel zu dienen. Die Priester jeder Ordnung waren verpflichtet, dies zweimal im Jahr zu tun. „Und es begab sich, als Zacharias den Priesterdienst vor Gott versah, da seine Ordnung an der Reihe war, dass ihn nach dem Brauch der Priesterschaft das Los traf, das Räucheropfer darzubringen; und er ging in den Tempel des Herrn.“ Lukas 1,8.9. DM.61.2 Teilen

Er stand vor dem goldenen Altar im Heiligen. 2. Mose 25,2-27 Die Weihrauchwolke mit den Gebeten Israels stieg zu Gott empor. Plötzlich wurde er sich der Gegenwart eines göttlichen Wesens bewusst. Ein Engel des Herrn „stand an der rechten Seite des Räucheraltars“. Lukas 1,11. Die Stellung des Engels war ein besonderes Zeichen, doch Zacharias beachtete es nicht. Schon viele Jahre hatte er um das Kommen des Erlösers gebetet; nun endlich sandte Gott einen Boten mit der Nachricht, dass seine Gebete Erhörung finden sollten. Aber diese Gnade erschien Zacharias zu groß, um an sie glauben zu können; Furcht und Selbstvorwürfe erfüllten ihn. DM.61.3 Teilen

Er wurde jedoch mit der frohen Zusicherung begrüßt: „Fürchte dich nicht, Zacharias, denn dein Gebet ist erhört, und deine Frau Elisabeth wird dir einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Johannes geben“. Lukas 1,13.14. „Denn er wird groß sein vor dem Herrn; Wein und starkes Getränk wird er nicht trinken und wird ... erfüllt werden mit dem heiligen Geist. Und er wird vom Volk Israel viele zu dem Herrn, ihrem Gott, bekehren. Und er wird vor ihm hergehen im Geist und in der Kraft Elias, zu bekehren die Herzen der Väter zu den Kindern und die Ungehorsamen zu der Klugheit der Gerechten, zuzurichten dem Herrn ein Volk, das wohl vorbereitet ist. Und Zacharias sprach zu dem Engel: Woran soll ich das erkennen? Denn ich bin alt, und meine Frau ist betagt.“ Lukas 1,15-18. Zacharias wusste sehr gut, wie Abraham noch in hohem Alter ein Kind geschenkt wurde, weil dieser dem aufrichtig vertraute, der es verheißen hatte. Doch der betagte Priester denkt einen Augenblick über die Schwachheit des Menschengeschlechts nach. Er vergisst, dass Gott das, was Er verheißen hat, auch erfüllen kann. Welch ein Gegensatz zwischen diesem Unglauben und dem reinen kindlichen Glauben Marias, jenes Mädchens aus Nazareth, das dem Engel auf seine wunderbare Ankündigung antwortete: „Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast.“ Lukas 1,38. DM.61.4 Teilen

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Die Geburt des Sohnes von Zacharias soll, genauso wie die Geburt des Sohnes von Abraham und des Kindes von Maria, uns eine große geistliche Wahrheit vermitteln: eine Lehre, die wir nur langsam lernen und so schnell wieder vergessen. Wir sind unfähig, aus uns selbst etwas Gutes hervorzubringen; doch was wir nicht tun können, wird durch die Macht Gottes in jeder demütigen und gläubigen Seele bewirkt. Durch den Glauben wurde das Kind der Verheißung gegeben; durch den Glauben wird auch geistliches Leben geboren, und wir werden befähigt, Werke der Gerechtigkeit zu tun. DM.62.1 Teilen

Auf die Frage von Zacharias erwiderte der Engel: „Ich bin Gabriel, der vor Gott steht, und bin gesandt, um mit dir zu reden und dir diese frohe Botschaft zu bringen“. Lukas 1,19 (Zürcher). 500 Jahre zuvor hatte Gabriel Daniel den prophetischen Zeitabschnitt mitgeteilt, der sich bis zum Kommen Christi erstrecken sollte. Das Bewusstsein, dass das Ende dieses Zeitabschnitts bevorstand, hatte Zacharias veranlasst, um die Ankunft des Messias zu beten. Und jetzt gerade war der Bote, der die Prophezeiung ausgesprochen hatte, gekommen, um deren Erfüllung anzukündigen. DM.62.2 Teilen

Die Worte des Engels: „Ich bin Gabriel, der vor Gott steht“ (Lukas 1,19) weisen darauf hin, dass er in den himmlischen Höfen eine hohe Stellung einnimmt. Als er mit einer Botschaft zu Daniel kam, sagte er: „Es ist keiner, der mir hilft gegen jene, außer eurem Engelsfürsten Michael [Christus].“ Daniel 10,21. Von Gabriel spricht der Heiland in der Offenbarung, indem er sagt: „Er [Christus] hat sie durch seinen Engel gesandt und gedeutet seinem Knecht Johannes.“ Offenbarung 1,1. Und Johannes gegenüber erklärte der Engel: „Ich bin dein Mitknecht und deiner Brüder, der Propheten.“ Offenbarung 22,9. Welch ein wunderbarer Gedanke: Der Engel, der dem Sohn Gottes an Ansehen am nächsten steht, ist es, der berufen wurde, Gottes Absichten sündhaften Menschen zu offenbaren! DM.62.3 Teilen

Zacharias hatte hinsichtlich der Worte des Engels Zweifel geäußert. Er sollte deshalb schweigen, bis sie erfüllt würden. „Siehe“, sagte der Engel, „du wirst verstummen ... bis auf den Tag, da dies geschehen wird, darum, dass du meinen Worten nicht geglaubt hast, welche sollen erfüllt werden zu ihrer Zeit.“ Lukas 1,20. Es war die Pflicht der Priester, in ihrem Dienst um Vergebung für allgemeine und nationale Sünden und für die Ankunft des Messias zu beten; doch als Zacharias dies tun wollte, brachte er kein Wort heraus. DM.62.4 Teilen

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Er erschien, um das Volk zu segnen, „und er winkte ihnen und blieb stumm“. Lukas 1,22. Sie hatten lange gewartet und schon befürchtet, er sei von Gottes Gericht getroffen worden. Doch als er aus dem Heiligen heraustrat, leuchtete auf seinem Antlitz die Herrlichkeit Gottes, „und sie merkten, dass er eine Erscheinung gehabt hatte im Tempel“. Lukas 1,22. Zacharias übermittelte, was er gesehen und gehört hatte, und „da die Zeit seines Dienstes um war, ging er heim in sein Haus“. Lukas 1,23. DM.63.1 Teilen

Bald nach der Geburt des verheißenen Kindes konnte er wieder sprechen, „und er fing an, Gott zu loben. Ehrfürchtiges Staunen erfasste die Menschen in der ganzen Gegend. Die Nachricht von diesen Ereignissen verbreitete sich überall im Bergland von Judäa. Alle, die davon erfuhren, dachten darüber nach und fragten sich: ‚Was wohl aus diesem Kind werden wird?‘“ Lukas 1,64-66 (NL). Alles das lenkte die Aufmerksamkeit auf die Ankunft des Messias, für den Johannes den Weg bereiten sollte. DM.63.2 Teilen

Der Heilige Geist ruhte auf Zacharias, und in folgenden wunderschönen Worten weissagte er von der Bestimmung dessen Sohnes: „Du, Kindlein, wirst ein Prophet des Höchsten heißen. Denn du wirst dem Herrn vorangehen, dass du seinen Weg bereitest und Erkenntnis des Heils gebest seinem Volk in der Vergebung ihrer Sünden, durch die herzliche Barmherzigkeit unsres Gottes, durch die uns besuchen wird das aufgehende Licht aus der Höhe, damit es erscheine denen, die da sitzen in Finsternis und Schatten des Todes, und richte unsre Füße auf den Weg des Friedens“. Lukas 1,76-79. DM.63.3 Teilen

„Und das Kindlein wuchs und wurde stark im Geist. Und er war in der Wüste bis zu dem Tag, an dem er vor das Volk Israel treten sollte.“ Lukas 1,80. Vor der Geburt von Johannes hatte der Engel gesagt: „Er wird groß sein vor dem Herrn; Wein und starkes Getränk wird er nicht trinken und wird ... erfüllt werden mit dem heiligen Geist.“ Lukas 1,15. Gott hatte den Sohn von Zacharias zu einer großen Aufgabe berufen, zu der größten, die je einem Menschen anvertraut wurde. Damit Johannes diese Aufgabe ausführen konnte, musste der Herr mit ihm zusammenarbeiten. Und der Geist Gottes wollte bei ihm sein, wenn er den Anweisungen des Engels nachkäme. DM.63.4 Teilen

Johannes sollte als ein Bote Gottes hinausgehen und das göttliche Licht zu den Menschen bringen. Es galt, die Gedanken der Menschen in eine neue Richtung zu lenken und ihnen die Heiligkeit der Forderungen Gottes einzuprägen, sowie aufzuzeigen, dass sie Seine vollkommene Gerechtigkeit benötigen. Wer solch ein Botendienst ausführen wollte, musste selbst heilig sein — ein Tempel des Geistes Gottes. Um seine Aufgabe erfüllen zu können, brauchte er einen starken und gesunden Körper sowie große seelische und geistige Stärke. Deshalb war es für ihn nötig, seine Neigungen und Leidenschaften zu beherrschen. Er musste sich so in der Gewalt haben, dass er unter den Menschen genauso von den umgebenden Verhältnissen ungerührt bestehen könnte wie die Felsen und Berge in der Wildnis. DM.63.5 Teilen

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Zur Zeit von Johannes dem Täufer waren Habsucht und Liebe zu Luxus und Pomp weit verbreitet. Sinnliche Vergnügen, Schwelgereien und Trinkgelage lösten körperliche Krankheit und Entartung aus, schwächten das geistliche Wahrnehmungsvermögen und verminderten die Fähigkeit, die Sünde als sündhaft zu empfinden. Johannes sollte ein Reformator sein. Durch sein asketisches Leben und seine einfache Kleidung sollte er die Ausschweifungen seiner Zeit tadeln. Darum wurden den Eltern von Johannes durch einen Engel vom himmlischen Thron die entsprechenden Anweisungen gegeben und eine Lektion bezüglich der Mäßigkeit erteilt. DM.64.1 Teilen

In Kindheit und Jugend ist der Charakter am besten zu formen. Die Fähigkeit, sich zu beherrschen, sollte in jener Zeit erlernt werden. Im häuslichen Kreis und am Familientisch wird ein Einfluss ausgeübt, dessen Auswirkungen bis in die Ewigkeit reichen. Die Gewohnheiten, die in den frühen Kinderjahren angenommen werden, entscheiden mehr als irgendeine natürliche Begabung darüber, ob ein Mensch im Lebenskampf siegen oder unterliegen wird. Die Jugend ist die Zeit des Säens. Sie bestimmt darüber, welcher Art die Ernte sein wird, sowohl in diesem als auch im zukünftigen Leben. DM.64.2 Teilen

Als Prophet sollte Johannes „die Herzen der Väter zu den Kindern [bekehren] und die Ungehorsamen zu der Klugheit der Gerechten, zuzurichten dem Herrn ein Volk, das wohl vorbereitet ist“. Lukas 1,17. Indem er den Weg für Christi erstes Kommen bahnte, ist er allen jenen ein Vorbild, die ein Volk auf die Wiederkunft unseres Herrn vorbereiten sollen. Die Welt hat sich der Zügellosigkeit verschrieben. Es gibt jede Menge von Irrlehren und Unwahrheiten. Satans Tricks, um Menschenseelen zugrunde zu richten, haben sich vervielfacht. Alle Menschen, die in der Furcht Gottes heilig werden wollen, müssen Enthaltsamkeit und Selbstbeherrschung lernen. Die Lüste und Leidenschaften sollten den höheren Kräften des Geistes unterworfen bleiben. Diese Selbstdisziplin ist lebenswichtig, wenn wir die geistige Kraft und die geistliche Erkenntnis erhalten wollen, die uns befähigen, die geheiligten Wahrheiten des Wortes Gottes zu verstehen und in die Tat umzusetzen. Deshalb ist bei der Vorbereitung auf die Wiederkunft Christi die Mäßigkeit geboten. DM.64.3 Teilen

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Normalerweise wäre der Sohn des Zacharias als Priester ausgebildet worden. Aber die Ausbildung in den Schulen der Rabbiner hätte ihn für seine Aufgabe untauglich gemacht. Gott sandte ihn nicht zu den Lehrern der Theologie, um die Auslegung der Schrift zu lernen. Er rief ihn in die Wüste, damit er von der Natur und dem Gott der Natur lerne. DM.65.1 Teilen

Er fand seinen Wohnplatz in einer einsamen Gegend inmitten von kahlen Hügeln, wilden Schluchten und felsigen Höhlen. Er beschloss freiwillig, auf die Freuden und den Luxus des Lebens zugunsten der harten Schulung in der Wüste zu verzichten. Dort begünstigte die Umgebung das einfache Leben und die Selbstverleugnung. Da er vom Lärm der Welt nicht gestört wurde, konnte er dort die Lehren der Natur, der Offenbarung und der Vorsehung studieren. Seine gottesfürchtigen Eltern hatten ihm die an seinen Vater gerichteten Worte des Engels oft wiederholt. Schon von seiner Kindheit an war ihm seine Aufgabe erklärt worden, und er hatte den besonderen Auftrag angenommen. Für ihn war die Einsamkeit der Wüste eine willkommene Zuflucht vor einer Gesellschaft, die fast ganz von Misstrauen, Unglaube und Unanständigkeit beherrscht war. Er vertraute nicht auf seine eigene Kraft, um der Versuchung zu widerstehen. Er schreckte vor der anhaltenden Berührung mit der Sünde zurück, damit er nicht das Bewusstsein ihrer außerordentlichen Sündhaftigkeit verliere. DM.65.2 Teilen

Johannes war von Geburt an ein Nasiräer, ein Gottgeweihter. Er hatte sich selbst später für sein ganzes Leben dem Herrn geweiht. Seine Kleidung glich derjenigen der alten Propheten: ein Gewand aus Kamelhaaren, gehalten von einem ledernen Gürtel. Er aß Johannisbrot und wilden Honig (Matthäus 3,4) — das, was er in der Wüste fand. Dazu trank er das klare Wasser, das von den Hügeln herabfloss. DM.65.3 Teilen

Er verbrachte sein Leben nicht in Untätigkeit, in asketischem Trübsinn oder in selbstsüchtiger Abgeschiedenheit. Von Zeit zu Zeit ging er hinaus unter die Menschen, und beobachtete aufmerksam, was in der Welt vorging. Von seinem stillen Zufluchtsort aus verfolgte er, wie sich die Ereignisse entwickelten. Mit einem durch göttlichen Geist erleuchteten geistigen Sehvermögen studierte er die Charaktere der Menschen, um besser zu verstehen, wie er ihre Herzen mit der Botschaft des Himmels erreichen könnte. Er spürte die Last seines Auftrages und versuchte, sich in der Einsamkeit durch tiefes Nachdenken und durch das Gebet für sein vor ihm liegendes großes Lebenswerk innerlich vorzubereiten. DM.65.4 Teilen

Obwohl er in der Wüste lebte, blieb er nicht frei von Versuchungen. Soweit wie möglich verschloss er Satan jeden Zugang, ohne jedoch dessen Angriffe verhindern zu können. Sein geistliches Empfinden aber war rein; er hatte Charakterstärke und Entschiedenheit gelernt und war mit Hilfe des Heiligen Geistes in der Lage, die Schleichwege Satans aufzuspüren und der teuflischen Macht zu widerstehen. DM.65.5 Teilen

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In der Wüste fand Johannes seine Schule und seinen Tempel. Er war genauso von der Gegenwart Gottes eingeschlossen und von den Beweisen seiner Macht umgeben wie einst Mose von den Hügeln Midians. Es war ihm nicht vergönnt, sich wie Israels großer Führer mitten in der erhabenen Majestät der einsamen Bergwelt aufzuhalten; doch vor ihm, auf der anderen Seite des Jordans, lagen die Höhen Moabs. Sie sprachen zu ihm von dem, der die Berge gegründet hat mit Stärke. Was in seiner Wildnis düster und schrecklich aussah, veranschaulichte ihm auf lebendige Weise den Zustand Israels. Der fruchtbare Weinberg des Herrn war eine trostlose Einöde geworden. Aber über der Wüste strahlte das klare, schöne Firmament. Der Regenbogen der Verheißung wölbte sich über die finsteren Wolken, die sich zum Gewitter sammelten. Genauso strahlte über der Erniedrigung Israels die verheißene Herrlichkeit der Herrschaft des Messias. Die Wolken des Zorns waren umspannt von dem Regenbogen seiner verheißenen Gnade. DM.66.1 Teilen

In der Stille der Nacht las er die Verheißungen Gottes an Abraham, dessen Nachkommen zahllos sein sollten wie die Sterne. Und die ersten Lichtstrahlen der Morgendämmerung, die das Gebirge Moab vergoldeten, erinnerten ihn an den, von dem gesagt ist, dass Er sei „wie das Licht des Morgens, wenn die Sonne aufgeht, am Morgen ohne Wolken“. 2. Samuel 23,4 DM.66.2 Teilen

Der helle Mittag verkündigte ihm den Glanz der Offenbarung Gottes; „denn die Herrlichkeit des Herrn soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander wird es sehen ...“. Jesaja 40,5. DM.66.3 Teilen

Ehrfürchtig und doch mit Begeisterung forschte er in den prophetischen Schriftrollen nach den Offenbarungen über das Kommen des Messias — des verheißenen Samens, der der Schlange den Kopf zertreten sollte; des Helden und Friedensbringers, der erscheinen sollte, ehe ein König aufhören würde, auf dem Thron Davids zu regieren. Jetzt war diese Zeit gekommen. Ein römischer Herrscher regierte im Palast auf dem Berg Zion. Nach dem zuverlässigen Wort des Herrn war der Christus bereits geboren. DM.66.4 Teilen

Jesajas glanzvolle Darstellung der Herrlichkeit des Messias war Tag und Nacht seine Lektüre. Immer wieder las er über den Zweig von der Wurzel Isais, von dem König, der in Gerechtigkeit regieren würde und ein „... rechtes Urteil sprechen den Elenden im Lande“ (Jesaja 11,4), der „... ein Schutz vor dem Platzregen, ... der Schatten eines großen Felsens im trockenen Lande“ (Jesaja 32,2) wäre. Israel sollte nicht länger „die Verlassene“ heißen noch sein Land „Einsame“, sondern es sollte vom Herrn genannt werden „meine Lust“ und sein Land „liebes Weib“. Jesaja 62,4. Das einsame Herz des Täufers war erfüllt von diesem großartigen Bild. Er sah den König in seiner Schönheit und vergaß sich dabei selbst. Er erblickte die Majestät der messianischen Heiligkeit und fühlte sich selbst kraftlos und unwürdig. Er war bereit, als Bote des Himmels hinauszugehen, ohne Scheu vor irdischen Dingen; denn er hatte das Göttliche geschaut. Er konnte aufrecht und ohne Furcht vor weltlichen Königen stehen; denn er hatte sich vor dem König aller Könige gebeugt. DM.66.5 Teilen

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Johannes verstand das Wesen des messianischen Reiches nicht völlig. Er erwartete, dass Israel als Staat von seinen Feinden befreit würde; das Kommen eines Königs, der gerecht regieren würde, und die Aufrichtung Israels als eine heilige Nation waren seine große Hoffnung. Er glaubte, dass auf diese Weise die bei seiner Geburt gegebene Prophezeiung erfüllt werden würde: „Und [er wird] gedenken an seinen heiligen Bund ..., dass wir, erlöst aus der Hand unsrer Feinde, ihm dienten ohne Furcht unser Leben lang in Heiligkeit und Gerechtigkeit.“ Lukas 1,72-75. DM.67.1 Teilen

Er sah sein Volk betrogen, selbstzufrieden und in seinen Sünden eingeschlafen. Er sehnte sich danach, es zu einem heiligeren Leben aufzuwecken. Die Botschaft, die Gott ihm gegeben hatte, sollte die Israeliten aus ihrer Trägheit aufschrecken und sie dazu bewegen, wegen ihrer großen Bosheit zu zittern. Bevor der Same des Evangeliums Platz finden konnte, musste erst der Herzensboden aufgebrochen werden. Bevor sie bei Jesus Heilung suchten, mussten sie sich ihrer gefährlichen Lage durch die Wunden der Sünde bewusst werden. DM.67.2 Teilen

Gott schickt Seine Boten nicht aus, um dem Sünder zu schmeicheln. Er sendet keine Friedensbotschaft, um die Ungeheiligten in tödliche Sicherheit zu wiegen. Er legt schwere Lasten auf das Gewissen des Missetäters und durchdringt die Seele mit Pfeilen, die ihm die Sünde bewusst machen. Die Engel weisen ihn auf die schrecklichen Gottesgerichte hin, um ihn erkennen zu lassen, dass er Hilfe braucht und ihn zu dem Ausruf zu bewegen: „Was muss ich tun, um gerettet zu werden?“ Dann wird dieselbe Hand, die bis in den Staub demütigte, den Bußfertigen erhöhen. Die Stimme, die die Sünde tadelte und den Stolz und das selbstsüchtige Streben als unwürdig verurteilte, fragt nun mit liebevollster Anteilnahme: „Was willst du, dass ich dir tue?“ DM.67.3 Teilen

Als Johannes mit seiner Aufgabe begann, befand sich das ganze Volk in einem Zustand der Aufregung und der Unzufriedenheit, der an Aufruhr grenzte. Mit der Amtsenthebung von Archelaus war Judäa unmittelbar unter die Herrschaft Roms gekommen. Die Tyrannei und Erpressung der römischen Statthalter und ihre entschlossenen Anstrengungen, heidnische Symbole und Sitten einzuführen, hatten Aufstände ausgelöst, die im Blut von Tausenden der Mutigsten in Israel erstickt worden waren. All dies verstärkte den nationalen Hass gegen Rom und erhöhte die Sehnsucht, von der Gewalt der Römer frei zu werden. Inmitten von Uneinigkeit und Streit hörte man eine Stimme aus der Wüste, erschreckend und ernst, aber voller Hoffnung: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“ Matthäus 3,2. Diese Stimme bewegte das Volk mit einer neuen, erstaunlichen Kraft. Die Propheten hatten die Ankunft des Messias als ein Ereignis vorhergesagt, das noch in weiter Ferne läge; nun aber wurde angekündigt, dass das große Ereignis nahe bevorstehe. Die eigenartige Erscheinung des Täufers lenkte die Gedanken der Zuhörer zu den alten Sehern. Er ähnelte in seinem Auftreten und in seiner Kleidung dem Propheten Elia, in dessen Geist und Kraft er auch das allgemeine Verderben ankündigte und die vorherrschenden Sünden verdammte. Seine Worte waren klar, treffend und überzeugend. Viele meinten, er sei einer der alten Propheten und auferstanden von den Toten. Das Volk war aufgerüttelt; scharenweise zog es hinaus in die Wüste. DM.67.4 Teilen

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Johannes verkündete das Kommen des Messias und rief die Menschen zur Umkehr auf. Als Symbol der Reinigung von Sünde taufte er die Gläubigen im Jordan. So erklärte er anschaulich, dass jene, die sich Gottes auserwähltes Volk nannten, mit Sünde beschmutzt waren und ohne Reinigung des Herzens keinen Anteil am Reich des Messias haben können. DM.68.1 Teilen

Fürsten und Rabbiner, Soldaten, Zöllner und Bauern kamen, um den Propheten zu hören. Vorübergehend beunruhigte sie die ernste Warnungsbotschaft Gottes. Viele bereuten ihre Sünden und ließen sich taufen. Menschen aus allen Schichten unterwarfen sich den Forderungen des Täufers, um an dem Königreich teilzuhaben, das er ankündigte. DM.68.2 Teilen

Viele Schriftgelehrte und Pharisäer kamen, bekannten ihre Sünden und baten um die Taufe. Sie hatten sich für besser gehalten als andere Menschen und das Volk dazu gebracht, von ihrer Frömmigkeit eine hohe Meinung zu haben; jetzt aber wurde die geheime Schuld ihres Lebens aufgedeckt. Doch Johannes wurde durch den Heiligen Geist gezeigt, dass viele von diesen Männern sich ihrer Sünde nicht wirklich bewusst waren. Sie waren nur Opportunisten. Sie hofften, dass sie als Freunde des Propheten Vorteile beim Kommen des Fürsten haben würden. Und durch die Taufe dieses beliebten, jungen Lehrers würde sich ihr Einfluss auf das Volk vergrößern. DM.68.3 Teilen

Johannes konfrontierte sie mit der alles durchdringenden Frage: „Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gewarnt, vor dem kommenden Zorn zu fliehen? Seht zu, bringt rechtschaffene Frucht der Buße! Denkt nur nicht, dass ihr bei euch sagen könntet: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott vermag dem Abraham aus diesen Steinen Kinder zu erwecken.“ Matthäus 3,7-9. Gott hatte Israel verheißen: „So spricht der Herr, der die Sonne dem Tage zum Licht gibt und den Mond und die Sterne der Nacht zum Licht bestellt; der das Meer bewegt, dass seine Wellen brausen — Herr Zebaoth ist sein Name: Wenn jemals diese Ordnungen vor mir ins Wanken kämen, spricht der Herr, so müsste auch das Geschlecht Israels aufhören, ein Volk zu sein vor mir ewiglich. So spricht der Herr: Wenn man den Himmel oben messen könnte und den Grund der Erde unten erforschen, dann würde ich auch verwerfen das ganze Geschlecht Israels für all das, was sie getan haben, spricht der Herr.“ Jeremia 31,35-37. Diese Verheißung ewiger Gunst hatten die Juden falsch ausgelegt. Sie betrachteten ihre natürliche Herkunft von Abraham als Anspruch auf diese Verheißung. Doch sie übersahen die Bedingungen, die Gott gestellt hatte. Bevor Er ihnen die Verheißung gab, hatte Er gesagt: „... Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein, ... denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.“ Jeremia 31,33.34. DM.68.4 Teilen

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Einem Volk, in dessen Herzen Gottes Gesetz geschrieben steht, ist sein Wohlwollen sicher. Es ist eins mit Ihm. Aber die Juden hatten sich von Gott getrennt. Wegen ihrer Sünden litten sie unter den Strafgerichten Gottes. Deshalb gerieten sie auch unter die Knechtschaft einer heidnischen Nation. Ihre Sinne wurden durch Übertretung verdunkelt, und weil der Herr ihnen in der Vergangenheit solch große Gunst erwiesen hatte, entschuldigten sie ihre Sünden damit. Sie bildeten sich ein, dass sie besser seien als andere Menschen und so Gottes Segnungen verdienten. DM.69.1 Teilen

„Es ist aber geschrieben uns zur Warnung, auf die das Ende der Zeiten gekommen ist.“ 1.Korinther 10,11. Wie oft interpretieren wir die Segnungen Gottes falsch und bilden uns ein, dass wir auf Grund unserer inneren Güte begünstigt werden! Gott kann für uns nicht das tun, was Er gerne tun möchte. Seine Gaben werden dazu benutzt, unsere Selbstzufriedenheit zu vergrößern und auch unsere Herzen in Unglaube und Sünde zu verhärten. DM.69.2 Teilen

So erklärte Johannes den Lehrern Israels, dass sie sich durch ihren Stolz, ihre Selbstsucht und Grausamkeit als Schlangenbrut ausgewiesen hätten — als tödlichen Fluch für das Volk, statt Kinder des gerechten und gehorsamen Abraham zu sein. Angesichts des Lichtes, das sie von Gott erhalten hatten, waren sie noch schlimmer als die Heiden, über die sie sich so erhaben fühlten. Sie hatten den Felsen vergessen, aus dem sie gehauen, und der Grube, aus der sie ausgegraben worden waren. Gott war nicht auf sie angewiesen, um Seine Absicht zu verwirklichen. Wie er Abraham aus einem heidnischen Volk herausgerufen hatte, so konnte Er auch andere zu Seinem Dienst berufen. Ihre Herzen mochten jetzt so leblos erscheinen wie die Steine in der Wüste, aber Sein Geist wäre imstande, sie neu zu beleben, dass sie nach Seinem Willen handelten und die Erfüllung Seiner Verheißung erlebten. DM.69.3 Teilen

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„Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt“, sagte der Prophet. „Darum, welcher Baum nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen.“ Matthäus 3,10. Der Wert eines Baumes wird nicht nach seinem Namen bestimmt, sondern nach seinen Früchten. Wenn die Früchte nichts wert sind, dann kann der Name den Baum nicht davor bewahren, umgehauen zu werden. Johannes verkündete den Juden, dass ihr Ansehen vor Gott durch ihren Charakter und ihr Leben bestimmt würde. Ein Bekenntnis allein war wertlos. Wenn ihr Leben und ihr Charakter nicht mit Gottes Gesetz übereinstimmten, dann waren sie auch nicht Sein Volk. DM.70.1 Teilen

Durch seine Herz durchdringenden Worte wurden seine Zuhörer überführt. Sie kamen zu ihm und fragten: „Was sollen wir denn tun?“ Lukas 3,10. Er antwortete: „Wer zwei Röcke hat, der gebe einen davon dem ab, der keinen hat; und wer zu essen hat, mache es ebenso.“ Lukas 3,11. Und er warnte die Zöllner, ungerecht zu handeln, und die Soldaten, gewalttätig zu sein. DM.70.2 Teilen

Er sagte, dass alle, die im Reich Christi leben wollten, dies durch Glauben und Buße bekunden müssten. In ihrem Lebenswandel müssten Güte, Rechtschaffenheit und Treue erkennbar werden. Solche Gläubigen würden sich um Bedürftige kümmern und Gott ihre Gaben darbringen. Sie würden die Wehrlosen beschützen und ihrer Umgebung ein Beispiel praktischer Nächstenliebe sein. So werden auch die wahren Nachfolger Jesu von der verändernden Macht des Heiligen Geistes Zeugnis geben. In ihrem täglichen Leben kann man Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und göttliche Liebe erkennen; andernfalls glichen sie der Spreu, die dem Feuer übergeben werden wird. DM.70.3 Teilen

Johannes sagte: „Ich taufe euch mit Wasser zur Buße; der aber nach mir kommt, ist stärker als ich, und ich bin nicht genug, ihm die Schuhe abzunehmen; der wird euch mit dem heiligen Geist und mit Feuer taufen.“ Matthäus 3,11. Der Prophet Jesaja hatte erklärt, der Herr werde sein Volk „durch den Geist, der richten und ein Feuer anzünden wird“, von seinen Übertretungen reinigen. DM.70.4 Teilen

Das Wort Gottes an Israel lautete: „Und will meine Hand wider dich kehren und wie mit Lauge ausschmelzen, was Schlacke ist, und all dein Zinn ausscheiden.“ Jesaja 4,4; 1,25. Für die Sünde ist „unser Gott ... ein verzehrend Feuer“ (Hebräer 12,29), ganz gleich, wo sie vorgefunden wird. In allen, die sich ihm unterwerfen, wird der Geist Gottes die Sünde verzehren. Aber wenn Menschen an der Sünde festhalten, identifizieren sie sich mit ihr. Dann wird die Herrlichkeit Gottes, welche die Sünde vernichtet, sie selbst vernichten. Jakob rief nach der Nacht des Ringens mit dem Engel: „Ich habe Gott von Angesicht gesehen, und doch wurde mein Leben gerettet.“ 1.Mose 32,31. Jakob hatte sich an Esau schwer versündigt; doch er hatte es bereut. Seine Übertretung war vergeben und seine Sünde gesühnt; deshalb konnte er die Offenbarung der Gegenwart Gottes ertragen. Überall wo Menschen vor Gott traten, während sie absichtlich an Bösem festhielten, mussten sie sterben. Beim zweiten Kommen Christi werden die sündigen Menschen verzehrt werden „mit dem Hauch seines Mundes“, und er wird mit ihnen „ein Ende machen durch seine Erscheinung, wenn er kommt“. 2.Thessalonicher 2,8. Das Licht der göttlichen Herrlichkeit, das dem Gerechten Leben gibt, wird die Sünder töten. DM.70.5 Teilen

71

Zur Zeit Johannes‘ des Täufers sollte Jesus als jemand erscheinen, der das Wesen Gottes offenbart. Schon durch Seine Gegenwart würden die Menschen ihrer Sünden bewusst werden. Aber nur, wer auch bereit war, sich von seiner Sündhaftigkeit reinigen zu lassen, konnte in Seine Gemeinschaft aufgenommen werden. Nur wer reinen Herzens war, vermochte in Seiner Gegenwart zu bestehen. DM.71.1 Teilen

So erklärte der Täufer die Botschaft Gottes an Israel. Viele achteten auf seine Lehre. Sie opferten alles, um der Botschaft gehorsam zu sein. Viele Menschen folgten Johannes von Ort zu Ort; es waren sogar einige unter ihnen, die hofften, dass er der Messias sei. Als Johannes bemerkte, dass sich die Herzen seiner Zuhörer ihm zuwandten, nutzte er jede Gelegenheit, ihren Glauben auf den hin zu lenken, der noch kommen sollte. DM.71.2 Teilen

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