Portrait von Ellen White
A-   A+
A-   A+
Bücher
Achtung, noch nicht 100% für das Handy optimiert.
Ich arbeite parallel an der APP.
Kapitel 15: Auf der Hochzeit zu Kana
Kapitel 15: Auf der Hochzeit zu Kana
102

Auf der Grundlage von Johannes 2,1-11. DM.102 Teilen

Seinen Dienst begann Jesus nicht mit großen Taten vor dem Hohen Rat, .sondern bei einer Familienfeier in einem kleinen galiläischen Dorf, und .zwar anlässlich der Hochzeit zu Kana. Hier offenbarte Er Seine Macht und bewies dadurch Seine Anteilnahme am menschlichen Erleben. Er wollte dazu beitragen, das Leben der Menschen froher und glücklicher zu machen. In der Wüste hatte Er selbst den Leidenskelch getrunken. Nun kam Er, um den Menschen den Segenskelch zu reichen und durch Seinen Segen auch die verwandtschaftlichen Beziehungen im Leben der Menschen zu heiligen. DM.102.1 Teilen

Vom Jordan aus war Jesus nach Galiläa zurückgekehrt. In Kana, nicht weit von Nazareth entfernt, sollte eine Hochzeit stattfinden. Die Ausrichter waren Verwandte von Josef und Maria. Weil Jesus von dieser Familienzusammenkunft wusste, ging Er nach Kana und war mit Seinen Jüngern zum Fest eingeladen. DM.102.2 Teilen

Hier traf Er Seine Mutter nach längerer Trennung wieder. Maria hatte von den Ereignissen am Jordan und Seiner Taufe gehört. Berichte waren bis nach Nazareth gedrungen und hatten ihre Erinnerungen an jene Erlebnisse wieder wachgerufen, die in ihrem Herzen so lange verborgen waren. Wie ganz Israel war auch sie durch die Sendung von Johannes dem Täufer aufgerüttelt worden. Sie erinnerte sich gut an die Verheißungen, die bei dessen Geburt gegeben worden waren. Jetzt wurden ihre Hoffnungen durch dessen Verbindung mit Jesus wieder belebt. Aber sie erreichten auch Nachrichten von Jesu seltsamem Verschwinden in die Wüste, weshalb sie von beunruhigenden Ahnungen erfüllt war. DM.102.3 Teilen

Von dem Tag an, als Maria die Ankündigung des Engels in ihrem Heim zu Nazareth gehört hatte, war Maria jeder Hinweis darauf wertvoll, dass Jesus der Messias sei. Sein reines, selbstloses Leben gab ihr Gewissheit, dass Er niemand anders als der von Gott Gesandte war. Dennoch kamen in ihr Zweifel und Enttäuschungen auf, und sie sehnte sich nach der Zeit, wenn Seine Herrlichkeit sichtbar werden würde. Joseph, der mit ihr das Geheimnis der Geburt Jesu geteilt hatte, war ihr durch den Tod entrissen worden. Nun hatte sie niemand, dem sie sich mit ihren Hoffnungen und Befürchtungen anvertrauen konnte. Die vergangenen zwei Monate waren für sie recht traurig gewesen. Sie war von Jesus getrennt gewesen, dessen Mitgefühl ihr stets den besten Trost gegeben hatte, und hatte viel über die Worte Simeons nachdenken müssen: „Auch durch deine Seele wird ein Schwert dringen“. Lukas 2,35. Die drei Tage schwerer Seelenangst rief sie sich in Erinnerung, an denen sie meinte, Jesus für immer verloren zu haben, und mit sorgenvollem Herzen erwartete sie nun Seine Rückkehr. DM.102.4 Teilen

103

Auf der Hochzeit zu Kana trifft sie Jesus wieder — denselben liebevollen, pflichtbewussten Sohn. Dennoch ist Jesus nicht derselbe geblieben. Sein Aussehen hat sich verändert. Es trug die Spuren Seines seelischen Ringens in der Wüste, und ein bis dahin unbekannter Ausdruck von Würde und Macht wiesen auf Seine himmlische Sendung hin. Um Ihn war eine Schar junger Männer, deren Augen Ihm ehrfürchtig folgten und die Ihn „Meister“ nannten. Diese Begleiter berichten nun Maria, was sie bei Jesu Taufe und auch bei anderen Gelegenheiten gesehen und gehört haben. Sie schließen mit der Erklärung: „Wir haben den gefunden, von welchem Mose im Gesetz und die Propheten geschrieben haben“. Johannes 1,45. DM.103.1 Teilen

Während sich die Gäste versammeln, scheinen viele mit einer wichtigen Sache beschäftigt zu sein. Eine verheimlichte Erregung beherrscht die Anwesenden. In Gruppen stehen sie zusammen und unterhalten sich lebhaft, aber leise blicken sie fragend auf den Sohn von Maria. Als Maria das Zeugnis der Jünger über Jesus gehört hatte, war sie von der freudigen Gewissheit erfüllt, dass ihre lang gehegten Hoffnungen nicht vergeblich waren. Doch sie stünde über der Menschheit, wenn sich in die heilige Freude nicht auch der natürliche Stolz einer liebenden Mutter gemischt hätte. Als sie die vielen auf Jesus gerichteten Blicke bemerkte, sehnte sie sich danach, dass ihr Sohn der Gesellschaft einen Beweis gäbe, dass Er wirklich der Geehrte Gottes wäre. Sie hoffte, es fände sich für Ihn eine Gelegenheit, vor ihnen ein Wunder zu wirken. DM.103.2 Teilen

Nach damaligen Brauch dauerte eine Hochzeitsfeier normalerweise mehrere Tage. Bei diesem Fest stellte sich heraus, dass der Vorrat an Wein nicht reichte, und dies wiederum verursachte Sorge und Bedauern. Es war üblich, bei festlichen Gelegenheiten reichlich Wein zur Verfügung zu stellen, und ein Mangel daran hätte auch ein Mangel an Gastfreundschaft bedeutet. Als Verwandte des Brautpaars hatte Maria bei den Vorbereitungen zum Fest mitgeholfen und sagte nun zu Jesus: „Sie haben keinen Wein mehr.“ Diese Worte sollten ein Hinweis für Ihn sein, um dem Mangel abzuhelfen. Aber Jesus sprach: „Frau, was habe ich mit dir zu tun? Meine Stunde ist noch nicht gekommen“. Johannes 2,3.4. Diese uns schroff erscheinende Antwort drückte keine Kälte oder Unhöflichkeit aus. Die vom Erlöser gewählte Form, Seiner Mutter zu antworten, entsprach der damaligen orientalischen Gepflogenheit. Man benutzte diese Anrede bei Leuten, denen man Achtung erweisen wollte. Jede Handlung Christi auf Erden entsprach dem von Ihm selbst gegebenen Gebot: „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren!“ 2.Mose 20,12. Bei Seinem letzten fürsorglichen Akt gegenüber Seiner Mutter sprach Er sie am Kreuz genauso an, als Er sie der Obhut Seines Lieblingsjüngers Johannes anbefahl. Auf der Hochzeit zu Kana und auch am Kreuz erklärte die Liebe, die in Seinem Tonfall, Seinem Blick und Seinem Verhalten zum Ausdruck kommt, die Bedeutung Seiner Worte. DM.103.3 Teilen

104

Bei Seinem Besuch als Jugendlicher im Tempel, als das Geheimnis Seiner Lebensaufgabe sich Ihm enthüllte, hatte Christus zu Maria gesagt: „Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist?“. Lukas 2,49. Diese Worte enthüllen den Grundgedanken Seines ganzen Lebens und Wirkens. Alles musste sich Seiner Aufgabe unterordnen — dem großen Werk der Erlösung zu dessen Durchführung Er in die Welt gekommen war. Jetzt wiederholte Er diese Lehre. Die Gefahr lag nahe, dass Maria durch ihre Verwandtschaft mit Jesus ein besonderes Anrecht auf Ihn geltend machen wollte und den Anspruch, Ihn in Seiner Mission bis zu einem gewissen Grad zu leiten. 30 Jahre lang war Er ihr ein liebender und gehorsamer Sohn gewesen, und Seine Liebe zu ihr war unverändert, doch nun musste Er das Werk Seines himmlischen Vaters beginnen. Als Sohn des Allerhöchsten und als Heiland der Welt durften Ihn keine irdischen Banden bei der Erfüllung Seiner Aufgabe abhalten, noch Sein Verhalten beeinflussen. Er musste bei der Ausübung des Willens Gottes frei sein. Diese Lektion gilt auch uns: Gottes Ansprüche stehen höher als die Bindungen menschlicher Verwandtschaft. Keine irdische Verlockung darf unsere Füße von jenem Pfad abwenden, den Gott uns gehen heißt. DM.104.1 Teilen

Die einzige Hoffnung auf Erlösung für die gefallene Menschheit liegt in Christus. Auch Maria konnte nur durch das Lamm Gottes Erlösung finden. Sie besaß in sich keinerlei Verdienste. Ihre Verbindung mit Jesus brachte sie in keine andere geistliche Beziehung zu Ihm als irgendeine andere menschliche Person. Das wird auch in den Worten Jesu deutlich. Er machte einen Unterschied in Seinem Verhältnis zu ihr als Menschensohn und als Sohn Gottes. Das Band irdischer Verwandtschaft rückte sie keineswegs auf die gleiche Stufe mit Ihm. DM.104.2 Teilen

Die Worte „Meine Zeit ist noch nicht gekommen“ betonen, dass jede Handlung Christi auf Erden in Erfüllung des Planes geschah, der schon von Ewigkeit her bestanden hatte. Bevor Jesus zur Erde kam, lag der ganze Plan in allen Details vor Ihm. Als er aber unter den Menschen wandelte, wurde Er Schritt für Schritt durch den Willen Seines Vaters geleitet. Er zögerte nicht, zur festgelegten Zeit zu handeln. Mit derselben Unterordnung wartete Er auch, bis Seine Zeit gekommen war. Indem Jesus zu Maria sagte, dass Seine Zeit noch nicht gekommen sei, antwortete Er auf ihren unausgesprochenen Gedanken — auf die Erwartung, die sie gemeinsam mit ihrem Volk hegte. Sie hoffte, Er würde sich als Messias offenbaren und den Thron in Israel einnehmen. Doch die Zeit war dafür noch nicht gekommen. Nicht als König, sondern als „Mann der Schmerzen und vertraut mit Krankheit“ (Jesaja 53,3, Zürcher) hatte Jesus das Schicksal der Menschheit angenommen. DM.104.3 Teilen

105

Obwohl Maria von Christi Aufgabe keine richtige Vorstellung hatte, vertraute sie Ihm einfach. Auf diesen Glauben hin reagierte Jesus. Das erste Wunder wurde vollbracht, um Marias Vertrauen und den Glauben Seiner Jünger zu stärken. Die Jünger mussten zahlreichen und großen Versuchungen zum Unglauben begegnen. Ihnen hatten es die Prophezeiungen unzweifelhaft klar gemacht, dass Jesus der Messias war. Sie erwarteten, dass die religiösen Führer Ihn mit noch größerem Vertrauen aufnehmen würden als sie selbst. Sie erzählten im Volk die wunderbaren Werke Christi und sprachen von ihrem eigenen Glauben an Seine Sendung, doch sie waren über den Unglauben, das tiefsitzende Vorurteil und die Feindschaft gegen Jesus, welche die Priester und Rabbiner zeigten, überrascht und bitter enttäuscht. Die ersten Wunder des Heilandes ermutigten die Jünger, diesem Widerstand entschlossen zu begegnen. DM.105.1 Teilen

Durch Jesu Worte überhaupt nicht entmutigt, sagte Maria zu den Dienern am Tisch: „Was er euch sagt, das tut.“ Johannes 2,5. Damit tat sie alles, was sie konnte, um den Weg für das Werk Christi vorzubereiten. DM.105.2 Teilen

An der Tür standen sechs große steinerne Wasserkrüge, und Jesus wies die Diener an, diese mit Wasser zu füllen. Es geschah. Dann, weil der Wein dringend gebraucht wurde, sagte Jesus: „Schöpft nun und bringt‘s dem Speisemeister!“ Johannes 2,8. Statt des Wassers, womit die Krüge gefüllt worden waren, floss Wein heraus. Weder der Gastgeber noch die Gäste hatten überhaupt einen Mangel bemerkt. Als aber der Speisemeister den Wein probierte, den die Diener ihm brachten, fand er ihn wesentlich besser als jeden Wein, den er jemals getrunken hatte, und ganz anders als der bisher ausgeschenkte. Er wandte sich an den Bräutigam und sagte: „Jeder bietet zuerst den guten Wein an! Und erst später, wenn alle schon genug getrunken haben, kommt der billigere Wein auf den Tisch. Aber du hast den besten Wein bis jetzt zurückgehalten.“ Johannes 2,10 (HfA). DM.105.3 Teilen

Wie die Menschen zuerst den besten Wein servieren und danach den minderwertigeren, so macht es die Welt mit ihren Gaben. Was sie anbietet, mag dem Auge gefallen und die Sinne faszinieren, aber es erweist sich als unbefriedigend. Der Wein verwandelt sich in Bitterkeit, die Fröhlichkeit in Trübsinn. Was mit Gesang und Heiterkeit begann, endet in Müdigkeit und Abscheu. Doch die Gaben Jesu sind immer frisch und neu. Das Fest, welches Er der Seele bereitet, hört nie auf, Befriedigung und Freude zu schenken. Jede neue Gabe vergrößert die Fähigkeit des Empfängers, die Segnungen des Herrn zu schätzen und zu genießen. Er gibt Gnade um Gnade. Daran wird kein Mangel sein. Wenn du in Ihm bleibst, verbürgt dir die Tatsache, dass du heute eine reiche Gabe erhältst, für morgen ein noch wertvolleres Geschenk. Die Worte Jesu an Nathanael verdeutlichen die Gesetzmäßigkeit des Handelns Gottes mit den Kindern des Glaubens. Mit jeder neuen Offenbarung Seiner Liebe erklärt Er dem empfänglichen Herzen: „Du glaubst ... du wirst noch Größeres als das sehen“. Johannes 1,50. DM.105.4 Teilen

106

Christi Gabe zum Hochzeitsfest war ein Sinnbild. Das Wasser stellte die Taufe in Seinen Tod dar, der Wein das Vergießen Seines Blutes für die Sünden der Welt. Das Wasser zum Füllen der Krüge wurde von menschlichen Händen gebracht, aber nur das Wort Christi konnte ihm die lebenspendende Eigenschaft geben. So ist es auch mit den Bräuchen, die auf den Tod des Heilands hinweisen: Nur durch die Kraft Christi, die durch den Glauben wirkt, sind sie in der Lage, die Seele zu ernähren. Christi Wort trug reichlich zum Gelingen für das Hochzeitsfest bei. Ebenso reichlich ist die Versorgung mit Seiner Gnade, um alle Sünden auszutilgen und die Seele zu erneuern und zu stärken. DM.106.1 Teilen

Auf dem ersten Fest, das Christus mit Seinen Jüngern besuchte, reichte Er ihnen den Kelch, der Sein Werk für ihre Rettung darstellte. Bei dem letzten Abendessen gab Er ihn wieder, der bei der Einsetzung jener heiligen Handlung, durch den Sein Tod verkündet werden soll, „bis er kommt“. 1.Korinther 11,26. DM.106.2 Teilen

Der Schmerz der Jünger bei der Trennung von ihrem Herrn wurde durch die Verheißung einer Wiedervereinigung gemildert. Jesus sagte deshalb: „Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, an dem ich von neuem davon trinken werde mit euch in meines Vaters Reich.“ Matthäus 26,29. Der Wein, mit welchem der Herr die Gäste versorgte, und jener, den Er den Jüngern als Sinnbild Seines Blutes gab, war reiner Traubensaft. Darauf bezieht sich der Prophet Jesaja, wenn er vom „Saft in der Traube“ spricht und sagt: „Verdirb es nicht, denn es ist ein Segen darin!“ Jesaja 65,8. DM.106.3 Teilen

Es war Christus, der Israel im Alten Testament die Warnung gab: „Der Wein macht Spötter, und starkes Getränk macht wild; wer davon taumelt, wird niemals weise.“ Sprüche 20,1. Und Er selbst besorgte auch kein solches Getränk. Satan versucht die Menschen, sich der Befriedigung hinzugeben, die den Verstand verdunkelt und die geistliche Wahrnehmungsfähigkeit betäubt, doch Christus lehrt uns, die niedere Natur zu beherrschen. Sein ganzes Leben war ein Beispiel der Selbstverleugnung. Um die Macht des Appetits zu brechen, erlitt Er an unserer Statt die schwerste Prüfung, welche die menschliche Natur ertragen konnte. Es war Christus, der Johannes den Täufer anwies, weder Wein noch andere Alkoholika zu trinken. Auch war Er es, der der Frau von Manoah eine ähnliche Enthaltsamkeit vorschrieb. Und Er sprach einen Fluch über den Menschen aus, der seinem Nächsten die Flasche an die Lippen hebt. Christus widerspricht nicht Seiner eigenen Lehre. Der unvergorene Wein, den Er für die Hochzeitsgäste bereitete, war ein gesundes und erfrischendes Getränk. Es wirkte so, dass der Geschmackssinn mit einem gesunden Appetit in Übereinstimmung gebracht wurde. DM.106.4 Teilen

107

Als die Gäste auf dem Fest über die Qualität des Weines sprachen, wurden Nachforschungen angestellt. Von den Dienern erfuhr man von dem Wunder. Die Hochzeitsgesellschaft war eine Zeitlang viel zu überrascht, um an den zu denken, der dieses wunderbare Werk vollbracht hatte. Als sie schließlich nach ihm suchten, stellte es sich heraus, dass Er sich so still zurückgezogen hatte, dass es sogar von Seinen Jüngern unbemerkt geblieben war. DM.107.1 Teilen

Die Aufmerksamkeit der Gesellschaft richtete sich nun auf die Jünger. Zum ersten Mal hatten sie Gelegenheit, ihren Glauben an Jesus zu bekennen. Sie erzählten, was sie am Jordan gesehen und gehört hatten, und in vielen Herzen wurde die Hoffnung lebendig, dass Gott seinem Volk einen Befreier gesandt hatte. Die Nachricht von dem Wunder breitete sich in der ganzen Gegend aus und wurde auch nach Jerusalem getragen. Mit neuem Interesse durchforschten die Priester und Ältesten die Prophezeiungen, die auf Christi Kommen hinwiesen. Mit großem Verlangen wollte man etwas über die Mission dieses neuen Lehrers erfahren, der unter dem Volk in einer so unauffälligen Weise erschien. DM.107.2 Teilen

Der Dienst Christi stand in auffälligem Gegensatz zu dem der jüdischen Ältesten. Ihre Hochachtung vor der Tradition und dem Formalismus hatte die wahre Freiheit im Denken und Handeln zerstört, selbst zu denken und zu handeln. Sie lebten ständig in Angst, sich zu verunreinigen. Um die Berührung mit dem „Unreinen“ zu vermeiden, hielten sie sich nicht nur von Heiden fern, sondern auch von den meisten Menschen ihres eigenen Volkes. Weder versuchten sie, ihnen zum Segen zu sein, noch, sie als Freunde zu gewinnen. Indem sie ständig bei diesen Dingen verweilten, ließen sie ihren Geist verkümmern und engten ihren Lebensbereich ein. Ihr Beispiel ermutigte aber Menschen aller Schichten zum Egoismus und zur Intoleranz. DM.107.3 Teilen

Jesus begann das Werk der Reformation, indem Er mit der Menschheit in engen Kontakt kam. Während Er dem Gesetz Gottes größte Ehrfurcht erwies, tadelte Er die überhebliche Frömmelei der Pharisäer und versuchte, das Volk von den sinnlosen Vorschriften zu befreien, die sie banden. Er trachtete danach, die Schranken niederzureißen, welche die verschiedenen Gesellschaftsgruppen voneinander trennten, um alle Menschen als Kinder einer einzigen Familie zusammenzubringen. Seine Teilnahme an dem Hochzeitsfest sollte ein Schritt dahin sein. DM.107.4 Teilen

108

Gott hatte Johannes den Täufer angewiesen, in der Wüste zu leben, damit er vor dem Einfluss der Priester und Rabbiner bewahrt und auf seine besondere Aufgabe vorbereitet würde. Aber an der Askese und Abgeschiedenheit seines Lebens sollte sich das Volk kein Beispiel nehmen. Johannes hatte seine Zuhörer nicht aufgefordert, ihre bisherige Tätigkeit aufzugeben. Er verlangte von ihnen den Beweis ihrer Reue an dem Platz, an den Gott sie gerufen hatte. DM.108.1 Teilen

Jesus tadelte die Genusssucht in allen ihren Formen, dennoch hatte Er ein geselliges und umgängliches Wesen. Er nahm die Gastfreundschaft aller Volksschichten an und besuchte die Heime der Armen und Reichen, der Gelehrten und Ungebildeten und versuchte ihre Gedanken vom Alltäglichen auf Fragen des geistlichen und ewigen Lebens zu lenken. Er verurteilte ein ausschweifendes Leben, und kein Schatten weltlichen Leichtsinns verunreinigte sein Verhalten. Doch Er freute sich am harmlosen Vergnügen und durch Seine Gegenwart rechtfertigte Er auch geselliges Beisammensein. Eine jüdische Hochzeit bot dazu eine beeindruckende Gelegenheit, und eine solche Fröhlichkeit bereitete auch dem Menschensohn Freude. Durch Seine Teilnahme an diesem Fest ehrte Jesus die Ehe als eine göttliche Einrichtung. DM.108.2 Teilen

Im Alten wie auch im Neuen Testament wird die eheliche Beziehung als Gleichnis für die zärtliche und heilige Verbindung zwischen Christus und Seinem Volk benutzt. Jesu Gedanken wurden durch die Fröhlichkeiten der Hochzeitsfeier auf die Freude jenes Tages vorwärts gerichtet, an dem Er Seine Braut zum Vaterhaus führen wird und die Erlösten sich mit Ihrem Erlöser zum Hochzeitsmahl des Lammes versammeln werden. Er sagt: „Wie sich ein Bräutigam freut über die Braut, so wird sich dein Gott über dich freuen.“ „Man soll dich nicht mehr nennen ‚Verlassene‘ ..., sondern du sollst heißen ‚Meine Lust‘...; denn der Herr hat Lust an dir.“ „Er wird sich über dich freuen und dir freundlich sein, er wird dir vergeben in seiner Liebe und wird über dich mit Jauchzen fröhlich sein.“ Jesaja 62,5.4; Zephanja 3,17. Als dem Apostel Johannes ein Blick auf das Geschehen im Himmel gewährt wurde, schrieb er: „Und ich hörte etwas wie eine Stimme einer großen Schar und wie eine Stimme großer Wasser und wie eine Stimme starker Donner, die sprachen: Halleluja! Denn der Herr, unser Gott, der Allmächtige, hat das Reich eingenommen! Lasst uns freuen und fröhlich sein und ihm die Ehre geben, denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und seine Braut hat sich bereitet!“ „Selig sind, die zum Hochzeitsmahl des Lammes berufen sind“. Offenbarung 19,6.7.9. DM.108.3 Teilen

Jesus sah in jedem Menschen jemanden, an den der Ruf ergehen muss, in Sein Reich zu kommen. Er erreichte die Herzen der Menschen, indem Er sich als einer unter sie mischte und sich danach sehnte, ihnen Gutes zu tun. Er suchte sie auf den Straßen, in ihren Heimen, auf den Booten, in der Synagoge, am Seeufer und auf dem Hochzeitsfest. Er traf sie bei ihrer täglichen Arbeit und interessierte sich für ihre weltlichen Angelegenheiten. Er trug seine Lehre in die Haushalte, in denen Er die Familien in ihren Heimen unter den Einfluss Seiner göttlichen Gegenwart brachte. Seine starke persönliche Anteilnahme half Ihm, Herzen zu gewinnen. Er zog sich oft zum stillen Gebet ins Gebirge zurück, doch dies war eine Vorbereitung für Sein Wirken unter Menschen, die im aktiven Leben standen. Von diesen Gebetszeiten kehrte Er zurück, um den Kranken Linderung zu bringen, die Unwissenden zu unterweisen und die Ketten der von Satan Gefangenen zu brechen. DM.108.4 Teilen

109

Jesus unterrichtete Seine Jünger durch Freundschaft und persönlichen Kontakt. Manchmal lehrte Er sie, indem Er mitten unter ihnen am Bergeshang saß; manchmal offenbarte Er die Geheimnisse des Reiches Gottes am See oder bei den gemeinsamen Wanderungen. Er hielt keine langen Predigten, wie es Menschen heute tun. Wo immer Herzen geöffnet waren, um die göttliche Botschaft aufzunehmen, entfaltete Er die Wahrheiten über den Weg der Erlösung. Er verlangte von Seinen Jüngern nicht, dies oder das zu tun, sondern sagte nur: „Folge mir nach.“ Auf seinen Reisen durch Land und Städte nahm Er sie mit sich, damit sie sehen könnten, wie Er die Menschen belehrte. Er verknüpfte ihre Interessen mit den Seinen, und sie vereinten sich mit Ihm in der Arbeit. DM.109.1 Teilen

Das Beispiel Christi, sich die Interessen der Menschen anzueignen, sollte von allen befolgt werden, die Sein Wort predigen und die das Evangelium Seiner Gnade empfangen haben. Wir dürfen uns einem geselligen Umgang nicht entziehen und sollen uns nicht von anderen absondern. Um alle Menschen zu erreichen, müssen wir sie dort aufsuchen, wo sie sind. Selten werden sie von selbst auf uns zukommen. Nicht nur von der Kanzel aus werden Menschenherzen von der göttlichen Wahrheit berührt. Es gibt noch ein anderes Arbeitsfeld, das zwar einfacher ist, aber ebenso viel versprechend. Man findet es im Heim der Niedrigen und in den Villen der Reichen, an der gastfreundlichen Tafel und auch bei harmlosen geselligen Zusammenkünften. DM.109.2 Teilen

Als Jünger Christi sollen wir uns nicht aus Liebe zum Vergnügen unter die Welt mischen, um mit ihr an denselben Torheiten teilzuheben. Solche Gesellschaft kann uns nur schaden. Wir sollen Sünde niemals durch unsere Worte oder Taten, durch unser Stillschweigen oder unsere Gegenwart gutheißen. Wohin wir auch gehen, müssen wir Jesus mit uns nehmen und den anderen zeigen, wie wertvoll uns der Heiland geworden ist. Doch wer versucht, seinen Glauben dadurch zu verheimlichen, indem er ihn hinter Steinmauern versteckt, verliert viele wertvolle Gelegenheiten, um Gutes zu tun. Durch gesellschaftliche Kontakte kommen Christen mit der Welt in Berührung. Jeder, der vom göttlichen Licht berührt wurde, soll auch versuchen, den Pfad jener zu erhellen, die noch nichts vom Licht des Lebens wissen. DM.109.3 Teilen

110

Wir alle sollten Zeugen für Jesus werden. Unser gesellschaftlicher Einfluss, geheiligt durch die Gnade Christi, muss kultiviert werden, um Menschen für den Heiland zu gewinnen. Lasst die Welt sehen, dass wir nicht selbstsüchtig in unseren eigenen Interesse aufgehen, sondern danach verlangen, unsere Segnungen und Vorrechte mit anderen zu teilen. Sie sollen sehen, dass unsere Religion uns nicht unfreundlich oder streng macht. Mögen alle, die bekennen, Christus gefunden zu haben, ebenso wie Er dem Wohl der Menschen dienen. Wir sollten der Welt nie den falschen Eindruck geben, dass Christen schwermütige, unglückliche Menschen sind. Wenn unsere Augen auf Jesus gerichtet sind, werden wir einen mitfühlenden Erlöser sehen und Licht von Seinem Angesicht empfangen. Wo immer Sein Geist regiert, wird Friede sein. Und auch Freude wird es geben, denn es herrscht ein ruhiges, heiliges Vertrauen auf Gott. DM.110.1 Teilen

Christus freut sich über Seine Nachfolger, wenn sie trotz ihres Menschseins zeigen, dass sie Teilhaber der göttlichen Natur sind. Sie sind keine Statuen, sondern lebendige Männer und Frauen. Ihre Herzen, erfrischt vom Tau der göttlichen Gnade, öffnen und weiten sich hin zur Sonne der Gerechtigkeit. Das Licht, das auf sie scheint, lassen sie durch Taten, die von der Liebe Christi leuchten, auf andere zurückstrahlen. DM.110.2 Teilen

7079
29064
Weiter zu "Kapitel 16: In seinem Tempel"
Stichwörter