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Kapitel 18: „Er muss wachsen ...“
Kapitel 18: „Er muss wachsen ...“
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Auf der Grundlage von Johannes 3,22-36; Markus 1,14. DM.129 Teilen

Der Einfluss des Täufers auf das Volk war zeitweise größer als der seiner Herrscher, Priester oder Fürsten. Hätte er sich als Messias ausgegeben und einen Aufstand gegen Rom angezettelt — die Priester und das Volk wären in Scharen seinem Ruf gefolgt. Jedes Ansinnen, auf das der Ehrgeiz von Welteroberern anspricht, hielt Satan für Johannes den Täufer wie eine Nötigung bereit. Aber sich seiner Vollmacht bewusst, widerstand Johannes unerschütterlich dem verlockenden Angebot. Stattdessen lenkte er die ihm zugedachte Aufmerksamkeit auf einen anderen. DM.129.1 Teilen

Nun sah er, wie sich die Woge der Volksgunst von ihm ab, und dem Erlöser zuwandte. Täglich wurde die Menge um Johannes kleiner. Als Jesus von Jerusalem in die Gegend des Jordans kam, sammelten sich viele Menschen, um Ihn zu hören. Die Anzahl Seiner Nachfolger wuchs ständig. Viele kamen, um sich taufen zu lassen. Da Christus selbst nicht taufte, erlaubte Er seinen Jüngern, die Taufhandlung durchzuführen. Damit bestätigte Er die göttliche Sendung seines Vorläufers. DM.129.2 Teilen

Doch die Jünger von Johannes blickten eifersüchtig auf die wachsende Beliebtheit Jesu. Sie brauchten auf eine Gelegenheit nicht lange zu warten, sein Wirken zu kritisieren. Zwischen ihnen und den Juden kam die Frage auf, ob die Taufe eine Reinigung des Menschen von der Sünde vollbringen könne. Sie waren der Meinung, dass sich die Jesustaufe erheblich von der Johannestaufe unterscheide. Bald darauf gerieten sie mit den Jüngern Jesu in eine Auseinandersetzung darüber, welche zu sprechende Formel bei der Taufe die richtige sei, und letztlich stritten sie Christus das Recht zu taufen ab. DM.129.3 Teilen

Die Jünger von Johannes kamen mit ihren Klagen zu ihm und sprachen: „Meister, der bei dir war jenseits des Jordans, von dem du zeugtest, siehe, der tauft, und jedermann kommt zu ihm“. Johannes 3,26. Durch diese Worte wollte Satan Johannes versuchen. Obwohl seine Aufgabe fast beendet schien, wäre es dem Täufer doch noch möglich gewesen, das Wirken Christi zu behindern. Hätte er sich selbst bemitleidet und Sorge und Enttäuschung darüber geäußert, jetzt überflüssig zu sein, dann hätte er Zwietracht gesät, Neid und Eifersucht genährt und den Fortgang des Evangeliums ernsthaft behindert. Johannes besaß von Natur aus Fehler und Schwächen wie alle Menschen auch, doch die Berührung durch die göttliche Liebe hatte ihn umgewandelt. Er lebte in einer Atmosphäre — unberührt von Selbstsucht und Ehrgeiz und völlig erhaben über ansteckende Eifersucht. Er zeigte für die Unzufriedenheit seiner Jünger kein Verständnis sondern ließ vielmehr erkennen, wie ungetrübt er seine Beziehung zum Messias verstand und wie freudig er den Einen willkommen hieß, dessen Weg er geebnet hatte. DM.129.4 Teilen

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Er sprach: „Ein Mensch kann nichts nehmen, wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben ist. Ihr selbst seid meine Zeugen, dass ich gesagt habe: Ich bin nicht der Christus, sondern vor ihm her gesandt. Wer die Braut hat, der ist der Bräutigam; der Freund des Bräutigams aber, der dabeisteht und ihm zuhört, freut sich sehr über die Stimme des Bräutigams“. Johannes 3,27-29. DM.130.1 Teilen

Johannes stellte sich als Freund vor, der die Rolle eines Boten zwischen den Verlobten — Braut und Bräutigam — spielte und den Wegb für die Hochzeit ebnete. Sobald die Braut dem Bräutigam zugeführt war, hatte der Freund seinen Auftrag erfüllt. Er hatte die Verbindung der beiden gefördert und freute sich ihres Glücks. Genauso sah Johannes seine Berufung darin, das Volk zu Jesus zu geleiten, und es freute ihn, ein Zeuge des erfolgreichen Wirkens des Erlösers zu sein. Er sagte: „Diese meine Freude ist nun erfüllt. Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen!“ Johannes 3,29.30. DM.130.2 Teilen

Johannes blickte im Glauben auf den Heiland, so dass er den Gipfel der Selbstverleugnung erklimmen konnte. Er versuchte nicht, Menschen an sich zu binden, sondern wollte ihre Gedanken höher und höher führen, bis sie beim Lamm Gottes Ruhe fänden. Er selbst war nur eine Stimme, ein lauter Ruf in der Wüste gewesen. Jetzt nahm er freudig Schweigen und Vergessenwerden in Kauf, damit alle Augen auf das Licht des Lebens schauten. DM.130.3 Teilen

Boten Gottes, die treu zu ihrer Berufung stehen, werden keine eigene Ehre suchen. Die Liebe zu sich selbst geht auf in der Liebe zu Christus. Kein konkurrierendes Denken wird die köstliche Sache der Evangeliumsarbeit beeinträchtigen. Wie Johannes der Täufer haben sie den Sinn ihres Wirkens erkannt und verkündigen: „Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt!“ Joh. 1,29 Sie werden Jesus erhöhen und mit Ihm wird die Menschheit erhöht. „Denn so spricht der Hohe und Erhabene, der ewig wohnt, dessen Name heilig ist: Ich wohne in der Höhe und im Heiligtum und bei denen, die zerschlagenen und demütigen Geistes sind, auf dass ich erquicke den Geist der Gedemütigten und das Herz der Zerschlagenen“. Jesaja 57,15. Die von aller Selbstsucht freie Seele des Propheten war von göttlichem Licht erfüllt. Als er sein Zeugnis zur Verherrlichung des Erlösers ablegte, waren seine Worte geradezu ein Gegenstück zu jenem Gespräch, das Christus selbst mit Nikodemus geführt hatte. Johannes sagte: „Der von oben her kommt, ist über alle. Wer von der Erde ist, der ist von der Erde und redet von der Erde. Der vom Himmel kommt, der ist über alle ... Denn welchen Gott gesandt hat, der redet Gottes Worte; denn Gott gibt den Geist nicht nach dem Maß“. Johannes 3,31.34. Christus konnte von sich sagen: „Ich suche nicht meinen Willen, sondern den Willen des, der mich gesandt hat“. Johannes 5,30. Ihm wird erklärt: „Du hast geliebt die Gerechtigkeit und gehasst die Ungerechtigkeit; darum hat dich, o Gott, gesalbt dein Gott mit dem Öl der Freude wie keinen andern neben dir.“ Hebräer 1,9. Der Vater „gibt den Geist ohne Maß“. Johannes 3,34. Genauso ist es mit den Nachfolgern Christi. Wir können das Licht des Himmels nur in dem Maß empfangen, in dem wir bereit sind, unserem Ich zu entsagen. Wir können weder das Wesen Gottes erkennen noch Christus im Glauben annehmen — es sei denn, wir „nehmen gefangen alle Gedanken unter den Gehorsam Christi“. 2.Korinther 10,5. Wer dies tut, erhält den Heiligen Geist reichlich. In Christus „wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig, und ihr habt diese Fülle in ihm“. Kolosser 2,9.10. DM.130.4 Teilen

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Die Jünger von Johannes hatten erklärt, dass alle zu Christus kamen, aber Johannes sah klarer und sagte: „Sein Zeugnis nimmt niemand an“. Johannes 3,32. So wenige waren bereit, Jesus als den Erretter von Sünde anzunehmen. „Wer es [sein Zeugnis] aber annimmt, der besiegelt, dass Gott wahrhaftig ist“. Johannes 3,33. „Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben“. Johannes 3,36. Der Streit ist müßig, ob die Christus- oder die Johannestaufe von Sünden reinige. Allein die Gnade Christi verleiht der Seele Leben. Ohne Christus ist die Taufe, wie jede andere religiöse Handlung, eine wertlose Form. „Wer dem Sohn nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen.“ Johannes 3,36. DM.131.1 Teilen

Von dem Erfolg des Wirkens Christi, den der Täufer mit solcher Freude anerkannte, wurde auch den Behörden in Jerusalem berichtet. Priester und Rabbiner waren auf den Einfluss des Johannes eifersüchtig gewesen, als sie mit ansehen mussten, wie das Volk die Synagogen verließ und in die Wüste strömte. Aber hier war Einer, der mit noch größerer Macht die Massen anzog. Diese Obersten in Israel waren nicht bereit, mit Johannes zu sagen: „Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen“. Johannes 3,30. Fest entschlossen fingen sie an, jenem Werk ein Ende zu setzen, das ihnen das Volk abspenstig machte. DM.131.2 Teilen

Jesus wusste, sie würden keine Anstrengung scheuen, um eine Spaltung zwischen Seinen und den Jüngern des Johannes herbeizuführen. Ebenso spürte er, dass der Sturm sich bereits zusammenballte, der einen der größten Propheten, der je in diese Welt gesandt worden war, hinweg fegen würde. Weil Er alle Missverständnisse oder Unstimmigkeiten vermeiden wollte, beendete Er unauffällig Seine Tätigkeit in Judäa und zog sich nach Galiläa zurück. Auch wir sollten, der Wahrheit in Treue zugetan, alles vermeiden, was zu Misstönen und Missverständnissen führen könnte; denn immer, wenn das geschieht, werden Menschen dabei verloren gehen. Wenn Umstände eintreten, die eine Spaltung verursachen könnten, sollten wir dem Beispiel Jesu und Johannes des Täufers folgen. DM.131.3 Teilen

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Johannes war dazu berufen, als Reformator voranzugehen. Deshalb standen seine Jünger in der Gefahr, ihre Aufmerksamkeit auf ihn zu richten, weil sie meinten, dass der Erfolg seines Werkes von seinen Bemühungen abhinge. Dabei konnten sie aber leicht die Tatsache übersehen, dass er nur ein Werkzeug war, durch das Gott wirkte. Das Werk von Johannes reichte jedoch für die Gründung der christlichen Gemeinde nicht aus. Nachdem er seinen Auftrag ausgeführt hatte, musste eine andere Arbeit ausgeführt werden, die durch sein Zeugnis nicht zustande kommen konnte. Das verstanden aber seine Jünger nicht. Als sie nun sahen, wie Jesus auftrat und das Werk fortführte, waren sie eifersüchtig und unzufrieden. DM.132.1 Teilen

Die gleichen Gefahren bestehen auch heute noch. Gott ruft jemand in eine bestimmte Arbeit. Hat dieser sie dann seiner Befähigung entsprechend ausgeführt, ersetzt der Herr ihn durch andere, um durch sie das Werk noch weiter zu führen. Aber wie die Jünger von Johannes meinen viele, dass der Erfolg vom ersten Arbeiter abhängt. Die Aufmerksamkeit ist auf das Menschliche fixiert und nicht auf das Göttliche, Eifersucht entsteht, und Gottes Werk nimmt Schaden. Derjenige, der so zu unverdienter Ehre gelangt, steht in der Versuchung, Selbstvertrauen zu hegen. Er vergegenwärtigt sich nicht seine Abhängigkeit von Gott. Das Volk wird unterwiesen, sich auf menschliche Führung zu verlassen. Auf diese Weise machen sie Fehler und driften ab von Gott. DM.132.2 Teilen

Damit Gottes Werk nicht Bild oder Aufschrift des Menschen trägt, lässt der Herr von Zeit zu Zeit verschiedene Kräfte wirksam werden, durch die sich seine Absichten am Besten erfüllen. Selig sind jene, die bereit sind, Demütigungen hinzunehmen und mit Johannes dem Täufer zu sprechen: „Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen.“ Johannes 3,30. DM.132.3 Teilen

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