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Kapitel 25: Die Berufung am See
Kapitel 25: Die Berufung am See
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Auf der Grundlage von Matthäus 4,18-22; Markus 1,16-20; Lukas 5,1-11. DM.182 Teilen

Über dem galiläischen See brach ein neuer Tag an. Die Jünger Jesu hatten eine anstrengende, erfolglose Nachtarbeit hinter sich und waren müde. Sie befanden sich mit ihren Fischerbooten noch draußen auf dem See. Christus war gekommen, um eine ruhige Stunde am Wasser zu verbringen. Er hoffte in der Frühe des Tages auf eine Zeit der Stille; denn sonst folgte Ihm Tag für Tag eine große Menschenmenge. Doch bald sammelten sich auch hier am See immer mehr Menschen um Ihn, und die Zahl nahm so schnell zu, dass Er von allen Seiten bedrängt wurde. Inzwischen waren auch Seine Jünger an Land gekommen. Um dem Druck der Menge zu entgehen, trat Jesus zu Petrus ins Boot und bat ihn, ein wenig vom Ufer abzustoßen. So konnte Er besser von allen gesehen und gehört werden, und vom Boot aus unterrichtete Er die am Strand versammelte Menge. DM.182.1 Teilen

Welch ein Bild bot sich hier den Engeln! Ihr glorreicher Befehlshaber sitzt in einem Fischerboot, das von den ruhelosen Wellen hin- und herbewegt wird und verkündigt den zuhörenden Menschen, die auf das Seeufer zudrängen, die frohe Botschaft von der Rettung. Er, der vom Himmel Geehrte, verkündigte dem einfachen Volk im Freien die großen Tatsachen Seines Reiches. Er hätte jedoch keinen passenderen Hintergrund für Sein Wirken haben können. DM.182.2 Teilen

Der See, die Berge, die sich ausbreitenden Felder, das Sonnenlicht, das die Erde überflutete — sie alle lieferten Beispiele, um Seine Lehren zu veranschaulichen und dem Geist einzuprägen. Und keine Lehre Christi fiel auf steinigen Boden. Jede Botschaft von Seinen Lippen erreichte diese oder jene Menschenseele als ein Wort des ewigen Lebens. DM.182.3 Teilen

Ans Ufer strömten immer mehr Menschen; es kamen Greise, die sich mühsam am Stock vorwärts bewegten, kräftige Landleute aus den Bergen, Fischer, die ihre Arbeit auf dem See verlassen hatten, Kaufleute und Rabbiner, Reiche und Gelehrte, Alte und Junge; sie brachten ihre Kranken und Leidenden mit und drängten sich nach vorn, um die Worte des göttlichen Lehrers zu hören. Solchen Szenen wie dieser hatten die Propheten entgegengesehen, und sie schrieben: „Das Land Sebulon und das Land Naphthali, die Straße am See, das Land jenseits des Jordan, das heidnische Galiläa, das Volk, das in Finsternis saß, hat ein großes Licht gesehen; und die da saßen am Ort und Schatten des Todes, denen ist ein Licht aufgegangen“. Matthäus 4,15.16. DM.182.4 Teilen

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Seine Predigt richtete Jesus nicht nur an die Menschenmenge am Ufer des Sees Genezareth, sondern Er hatte auch eine andere Zuhörerschaft im Sinn. Indem Er die vor Ihm liegenden Zeitalter überblickte, sah Er Seine treuen Diener im Gefängnis und vor Gericht, in Versuchung, Einsamkeit und Leid. Jedes Bild der Freude, der Auseinandersetzung und der Ratlosigkeit sah Er vor sich. Die gleichen Worte, die Er zu den um Ihn herum Versammelten sprach, waren auch an diese anderen Menschen gerichtet, so dass sie in Zeiten der Prüfung Hoffnung, im Leid Trost und in der Finsternis himmlisches Licht empfingen. Durch den Heiligen Geist sollte jene Stimme, die vom Fischerboot auf dem See Genezareth aus sprach, zu hören sein — die Stimme, die bis zum Ende der Zeit menschlichen Herzen Frieden verheißt. DM.183.1 Teilen

Nach Seiner Rede wandte sich Jesus an Petrus und bat ihn, auf den See hinauszufahren und sein Netz zu einem Fang auszuwerfen. Aber Petrus war entmutigt, denn er hatte die ganze Nacht nichts gefangen. Während der einsamen Stunden hatte er an das Schicksal Johannes des Täufers gedacht, der allein in seinem Kerker schmachtete. Er hatte dann auch an die Zukunft Jesu und Seiner Nachfolger denken müssen und sich mit dem Misserfolg des Werkes in Judäa und mit der Bosheit der Priester und Rabbiner beschäftigt. Sogar im eigenen Beruf hatte er jetzt versagt; und während er neben sich auf die leeren Netze schaute, schien ihm die Zukunft dunkel und entmutigend. „Meister“, sagte er, „wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen; aber auf dein Wort will ich die Netze auswerfen“. Lukas 5,5. DM.183.2 Teilen

Die Nacht war die günstigste Zeit für den Fischfang mit Netzen in dem klaren Wasser des Sees; darum erschien es den Jüngern auch aussichtslos, am Tag das Netz auszuwerfen, nachdem sie nachts ohne Erfolg waren. Doch Jesus hatte es befohlen, und sie gehorchten aus Liebe zu ihrem Meister. DM.183.3 Teilen

Simon und sein Bruder warfen gemeinsam das Netz aus, und als sie es wieder einholen wollten, war es so voll mit Fischen, dass es zu zerreißen begann. Sie waren genötigt, Johannes und Jakobus zur Unterstützung herbeirufen. Als sie den Fang gesichert hatten, waren beide Boote so voll beladen, dass sie zu sinken drohten. Petrus jedoch achtete nun weder auf die Boote noch auf ihre Ladung; dieses Wunder offenbarte ihm mehr als alle vorherigen Erlebnisse die göttliche Macht Jesu. Er erkannte in Jesus den Gebieter über die ganze Schöpfung. Die Gegenwart des göttlichen Meisters machte ihm seine eigene Unwürdigkeit deutlich. Liebe zu seinem Herrn, Scham über seinen Unglauben, Dankbarkeit über die Herablassung Jesu und besonders das Bewusstsein seiner Unreinheit in der Gegenwart der unendlichen Reinheit überwältigten ihn. Während seine Begleiter die gefangene Beute in Sicherheit brachten, fiel Petrus dem Heiland zu Füßen und rief: „Herr, gehe von mir hinaus! Ich bin ein sündiger Mensch.“ Lukas 5,8. DM.183.4 Teilen

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Es war die gleiche Gegenwart göttlicher Heiligkeit, die den Propheten Daniel vor dem Engel Gottes wie tot zu Boden fallen ließ. Er sagte: „Jede Farbe wich aus meinem Antlitz, und ich hatte keine Kraft mehr.“ Daniel 10,8. DM.184.1 Teilen

Als Jesaja die Herrlichkeit des Herrn schaute, rief er aus: „Weh mir, ich vergehe! Denn ich bin unreiner Lippen und wohne unter einem Volk von unreinen Lippen; denn ich habe den König, den Herrn Zebaoth, gesehen mit meinen Augen.“ Jesaja 6,5. Dem Menschlichen mit seiner Schwachheit und Sünde stand die Vollkommenheit des Göttlichen gegenüber, und er fühlte sich äußerst unzulänglich und unwürdig. So ist es bei allen gewesen, die Gottes Größe und Erhabenheit schauen durften. DM.184.2 Teilen

Petrus rief: „Gehe von mir hinaus! Ich bin ein sündiger Mensch.“ Dennoch umklammerte er Jesu Füße, um nicht von ihm getrennt zu werden. Der Heiland antwortete: „Fürchte dich nicht! denn von nun an wirst du Menschen fangen.“ Lukas 5,10. So wurde einst auch dem Propheten Jesaja erst dann die göttliche Botschaft anvertraut, als er die Herrlichkeit Gottes und zugleich seine eigene Unwürdigkeit erkannt hatte. Erst als Petrus eingesehen hatte, wie wenig er sich auf sein eigenes Können und wie sehr er sich auf Gott verlassen konnte, wurde er berufen, für den Herrn zu wirken. Bis dahin hatte sich keiner der Jünger Jesus ganz als Mitarbeiter angeschlossen. Sie waren Zeugen vieler Seiner Wunder gewesen und hatten Ihm zugehört, als Er lehrte, doch ihren Beruf hatten sie noch nicht völlig aufgegeben. Die Gefangennahme von Johannes dem Täufer war für sie alle eine bittere Enttäuschung gewesen. DM.184.3 Teilen

Wenn das Endergebnis der Sendung des Täufers so aussehen sollte, dann konnten sie für ihren Meister nur wenig Hoffnung haben, wo doch alle religiö­sen Führer sich gegen Ihn verbündeten. Unter diesen Umständen war es für sie eine Erleichterung, für kurze Zeit wieder ihrer Tätigkeit als Fischer nachgehen zu können. Aber nun forderte Jesus von ihnen, ihr früheres Leben aufzugeben und Seine Belange zu ihren eigenen zu machen. Petrus hatte den Ruf angenommen. Als Jesus ans Ufer kam, forderte Er auch die drei anderen Jünger auf: „Folgt mir nach; ich will euch zu Menschenfischern machen“. Matthäus 4,19. Sogleich verließen sie alles und folgten Ihm. Ehe der Herr Petrus, Jakobus und Johannes aufforderte, ihre Netze und Boote zu verlassen, hatte Er ihnen die Zusicherung gegeben, dass Gott für ihre Bedürfnisse sorgen würde. Petrus war dafür reich entschädigt worden, dass er sein Boot für die Verkündigung des Evangeliums zur Verfügung gestellt hatte. „Derselbe Herr, reich für alle, die ihn anrufen“ (Römer 10,12), hat gesagt: „Gebt, so wird euch gegeben. Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überfließendes Maß wird man in euren Schoß geben“. Lukas 6,38. So hatte Jesus auch den Dienst von Petrus belohnt. Und jedes in Seinem Dienst gebrachte Opfer wird belohnt werden nach dem „überschwänglichen Reichtum seiner Gnade“. Epheser 2,7. DM.184.4 Teilen

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In jener traurigen Nacht auf dem See, in der die Jünger von Jesus getrennt waren, wurden sie durch Unglauben und Frust über die erfolglose Arbeit schwer bedrückt, aber Jesu Gegenwart erfrischte ihren Glauben und brachte ihnen Freude und Erfolg. So ist es auch mit uns! Getrennt von Christus ist unser Wirken erfolglos, und es ist dann leicht, misstrauisch zu sein und zu klagen. Ist Er aber in unserer Nähe und arbeiten wir unter Seiner Leitung, dann freuen wir uns der Gewissheit Seiner Macht. Satan will uns entmutigen, Christus aber stärkt uns mit Hoffnung und Glauben. DM.185.1 Teilen

Was der Heiland den Jüngern durch dieses Wunder mitteilen wollte, ist auch eine tiefere Lehre für uns: Er, dessen Machtwort selbst die Fische aus der Tiefe sammelte, kann auch die menschlichen Herzen beeinflussen und sie durch das Band Seiner Liebe zu sich ziehen, so dass Seine Diener „Menschenfischer“ werden. Diese Fischer von Galiläa waren einfache und ungelehrte Männer; doch Christus, das Licht der Welt, befähigte sie zur Erfüllung des Dienstes, zu dem Er sie berufen hatte. Er verachtete keineswegs eine gute Erziehung, die sich nur als segensreich erweisen kann, wenn sie unter göttlicher Leitung steht und für Seinem Dienst geweiht ist. Er ging aber an den Weisen Seiner Zeit vorüber, weil sie zu selbstbewusst waren, um mit den Leidenden Erbarmen haben und Mitarbeiter Gottes sein zu können. Diese Weisen verschmähten es in ihrem blinden, heuchlerischen Eifer, sich von Jesus belehren zu lassen. Der Heiland sucht die Mitarbeit derer, die offene Kanäle zur Mitteilung Seiner Gnade sein wollen. Das Erste, was alle lernen müssen, die mit Gott zusammenarbeiten wollen, ist das Misstrauen zu sich selbst. Dann sind sie vorbereitet, den Charakter Christi nahegebracht zu bekommen. Solch eine Ausbildung ist nicht auf wissenschaftlichen Schulen dieser Welt zu erreichen, sondern sie ist die Frucht jener Weisheit, die allein vom göttlichen Lehrer vermittelt wird. DM.185.2 Teilen

Jesus erwählte einfache Fischer, weil sie nicht in den Traditionen und falschen Sitten ihrer Zeit ausgebildet worden waren. Sie waren unverbildete Menschen mit bodenständigen Fähigkeiten, demütig und lernbegierig — das waren Männer, die Christus zu Seinem Dienst ausbilden konnte. So mancher einfache Mann, der treu und geduldig seine alltägliche Arbeit ausführt, ist sich der großen Kraft gar nicht bewusst, die er besitzt. Könnte er sie einsetzen, würde das ihn an die Seite hoch geehrter Männer stellen. Um diese schlummernden Fähigkeiten zu wecken, ist die Berührung einer geschickten Hand erforderlich. Solche Männer waren es, die Jesus zu Seinen Mitarbeitern berief. Er gewährte ihnen den Vorzug, mit Ihm in unmittelbarer Verbindung zu stehen. DM.185.3 Teilen

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Die großen Männer dieser Welt hatten keinen solchen Lehrer gehabt. Als die Jünger die Schule des Heilandes verließen, waren sie nicht mehr unwissend oder ungebildet. Sie waren an Gemüt und Charakter Ihm ähnlich geworden, woran ihre Verbindung mit Jesus von den Menschen erkannt wurde. DM.186.1 Teilen

Es ist nicht die höchste Aufgabe der Ausbildung, reines Wissen zu vermitteln, sondern vielmehr jene belebende Tatkraft weiterzugeben, die durch eine Verbindung von Herz zu Herz und von Seele zu Seele empfangen wird. Nur Leben kann auch Leben erzeugen. Welch ein Vorrecht war das für die Jünger, die drei Jahre lang täglich mit dem göttlichen Leben in unmittelbarer Verbindung standen, von dem jeder lebenspendende Impuls ausging, der die Welt gesegnet hat! Mehr als seine Gefährten gab sich Johannes, der geliebte Jünger, dem Einfluss jenes wunderbaren Lebens hin. Er sagte: „Das Leben ist erschienen, und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das Leben, das ewig ist, das beim Vater war und uns erschienen ist“. 1.Johannes 1,2. „Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.“ Johannes 1,16. DM.186.2 Teilen

Die Apostel Jesu Christi waren frei von jedem Selbstruhm. Sie schrieben den Erfolg ihrer Arbeit allein Gott zu und bekundeten dies allen Menschen. Das Leben dieser Männer, ihr Charakter, den sie entwickelten, und die riesige Aufgabe, die Gott durch sie vollbrachte, bezeugen deutlich, was Gott für alle jene tun will, die lernbegierig und Ihm gehorsam sind. DM.186.3 Teilen

Wer Christus am meisten liebt, wird auch am meisten Gutes tun. Es gibt keine Grenzen der Nützlichkeit für den, der das eigene Ich beiseite stellt, dem Wirken des Heiligen Geistes Raum gibt und ein Gott geweihtes Leben führt. Wer sich der notwendigen Zucht unterwirft, ohne zu klagen oder auf dem Weg zu verzagen, den wird Gott von Stunde zu Stunde und Tag für Tag unterweisen; denn Gott sehnt sich danach, Seine Gnade den Menschen weiterzugeben. Wenn Seine Kinder die Hindernisse aus dem Weg räumen, wird Er das Wasser des Heils in großen Strömen durch die menschlichen Kanäle fließen lassen. Wenn demütige Menschen ermutigt würden, so viel wie möglich Gutes zu tun und ihr Eifer nicht immer gebremst würde, dann wären hundert Mitarbeiter für den Herrn da, wo jetzt nur einer ist. DM.186.4 Teilen

Gott nimmt die Menschen, wie sie sind, und bildet sie zu Seinem Dienst aus, wenn sie sich Ihm überlassen. Der Geist Gottes belebt alle Fähigkeiten des Menschen, der Ihn aufgenommen hat. Und wenn sie sich bedingungslos Gott ergibt, wird sie sich unter der Leitung des Heiligen Geistes harmonisch entwickeln, und sie wird gestärkt werden, die Forderungen Gottes zu begreifen und zu erfüllen. So wird auch ein schwacher, schwankender Charakter stark und ausdauernd. Diese beständige Zuneigung lässt ein so inniges Verhältnis zwischen Jesus und Seinem Jünger entstehen, dass der Christ Ihm in seinem Wesen ähnlich wird. Durch die Verbindung mit dem Herrn wird sein Blickfeld weiter, sein Unterscheidungsvermögen schärfer und sein Urteil ausgewogener sein. Wen wirklich danach verlangt, Christus zu dienen, der wird durch die lebenspendende Kraft der „Sonne der Gerechtigkeit“ so gestärkt, dass er viel Frucht bringen kann zur Ehre Gottes. DM.186.5 Teilen

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Menschen mit bestmöglichster Ausbildung in den Künsten und den Wissenschaften haben wertvolle Lektionen von bescheidenen Christen bekommen, die von der Welt als ungebildet bezeichnet wurden. Doch diese unbedarften Jünger waren in der besten aller Schulen ausgebildet worden. Sie hatten zu den Füßen des Meisters gesessen, von dem es heißt, es habe „noch nie ein Mensch so geredet wie dieser“. Johannes 7,46. DM.187.1 Teilen

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