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Kapitel 28: Levi Matthäus
Kapitel 28: Levi Matthäus
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Auf der Grundlage von Matthäus 9,9-17; Markus 2,14-22; Lukas 5,27-39. DM.207 Teilen

Von den römischen Beamten in Palästina waren keine verhasster als die Zöllner. Die Tatsache, dass die Steuern von einer fremden Macht auferlegt wurden, war für die Juden ein ständiges Ärgernis und erinnerte sie immer wieder daran, dass sie ihre Unabhängigkeit verloren hatten. Hinzu kam, dass die Steuereintreiber nicht nur die Werkzeuge römischer Unterdrückung waren, sondern Erpresser zum eigenen Vorteil, die sich auf Kosten des Volkes bereicherten. Ein Jude, der dieses Amt aus der Hand der Römer annahm, galt als Verräter der Ehre seiner Nation. Als Abtrünniger wurde er verachtet und zu den Schlimmsten der Gesellschaft gezählt. Levi Matthäus gehörte zu dieser Gruppe. Nach den vier Jüngern am See Genezareth berief Christus ihn als nächsten in Seinen Dienst. Die Pharisäer hatten Matthäus nur nach seinem Beruf beurteilt, Jesus dagegen sah das Herz dieses Menschen, das bereit war, die Wahrheit anzunehmen. Matthäus hatte den Lehren des Heilandes zugehört. Als der Geist Gottes in ihm das Bewusstsein der Sündhaftigkeit weckte, sehnte er sich danach, Hilfe bei Christus zu suchen. Er war aber so sehr daran gewöhnt, dass die Rabbiner Abstand zu ihm hielten, dass ihm überhaupt nicht der Gedanke kam, dieser große Lehrer könnte ihn beachten. DM.207.1 Teilen

Eines Tages saß der Zöllner an seinem Zollhäuschen und sah Jesus kommen. Sehr erstaunt vernahm er die an ihn gerichteten Worte: „Folge mir nach!“ Matthäus „verließ alles, stand auf und folgte ihm nach“. Lukas 5,27.28. Er zögerte nicht; auch hinterfragte er nicht. Ihm kam auch nicht der Gedanke, nun das einträgliche Geschäft gegen Armut und Not tauschen zu sollen. Ihm genügte es, bei Jesus zu sein, seinen Worten zu lauschen und mit ihm zusammen zu wirken. So war es schon mit den zuvor berufenen Jüngern geschehen. Als Jesus Petrus und seine Gefährten aufforderte, Ihm nachzufolgen, verließen sie gleich ihre Boote und Netze. Einige dieser Jünger hatten für Verwandte zu sorgen. Sie zögerten jedoch nicht, als sie vom Heiland eingeladen wurden, und fragten auch nicht, wovon sie leben und ihre Familie ernähren würden. Sie gehorchten einfach der Aufforderung. Als Jesus sie später fragte: „Als ich euch ausgesandt habe ohne Geldbeutel, ohne Tasche und ohne Schuhe, habt ihr da je Mangel gehabt?“, konnten sie antworten: „Niemals.“ Lukas 22,35. Sowohl Matthäus in seinem Wohlstand als auch Petrus und Andreas in ihrer Armut standen vor der gleichen Entscheidung — jeder traf sie mit der gleichen Hingabe. Angesichts des Erfolges, als die Netze mit Fischen zum Zerreißen voll und die Anreize des bisherigen Lebens am stärksten waren, forderte Jesus die Jünger am See auf, dies alles für die Evangeliumsarbeit aufzugeben. So wird ein jeder geprüft, was stärker in ihm ist: Sein Verlangen nach weltlichen Gütern oder nach der Gemeinschaft mit Christus. DM.207.2 Teilen

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Grundsätze sind immer anspruchsvoll. So kann im Dienst Gottes keiner erfolgreich sein, der nicht sein ungeteiltes Herz mit einbringt und „erachte[t] ... alles für Schaden gegenüber der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu“. Philipper 3,8. Wer irgendetwas in seinem Leben zurückhält, kann kein Jünger Jesu sein, noch viel weniger Sein Mitarbeiter. Menschen, die das große Erlösungswerk schätzen, werden in ihrem Leben jene Selbstaufopferung offenbaren, die auch im Leben Jesu sichtbar war. Wohin Er immer geht, sie werden Ihm freudig folgen. DM.208.1 Teilen

Der Ruf an Matthäus, Jesus nachzufolgen, brachte große Empörung mit sich. Es war ein Verstoß gegen die religiösen, gesellschaftlichen und nationalen Bräuche, wenn ein Glaubenslehrer einen Zöllner in seinen engsten Kreis aufnahm. Die Pharisäer hofften, die bestehende Beliebtheit Jesu beim Volk durch geschicktes Ausnutzen der Vorurteile der Menschen verändern zu können. DM.208.2 Teilen

Unter den Zöllnern entstand großes Interesse an Jesus. Ihre Herzen wurden zu dem göttlichen Lehrer hingezogen. Aus Freude an seiner neuen Jüngerschaft wollte Matthäus seine früheren Kollegen unbedingt zu Jesus bringen. Deshalb veranstaltete er ein Fest in seinem Haus und lud dazu seine Verwandten und Freunde ein. Es kamen nicht nur Zöllner, sondern auch viele andere Leute von zweifelhaftem Ruf, die von ihren „besseren“ Nachbarn geächtet wurden. DM.208.3 Teilen

Die Feier wurde Jesus zu Ehren gegeben, und Er zögerte nicht, auf die höfliche Geste einzugehen. Ihm war schon klar, dass dies im Lager der Pharisäer Anstoß erregen und Ihn zugleich in den Augen des Volkes bloßstellen würde. Doch „diplomatische“ Rücksichtnahme konnte Sein Verhalten nicht beeinflussen. Bei Ihm galten äußerliche Unterschiede nichts. Sein Herz sprach Menschenseelen an, die nach dem Lebenswasser dürsteten. DM.208.4 Teilen

Jesus saß als Ehrengast zwischen den Zöllnern an der Tafel. Durch Sein Wohlwollen und Sein umgängliches Wesen zeigte Er ihnen, dass Er die Würde des Menschen achtete, deshalb wollten sie sich gerne Seines Vertrauens würdig erweisen. In ihre durstigen Herzen fielen Seine Worte mit beglückender, lebenspendender Kraft. Neue Impulse wurden geweckt, und diesen Ausgestoßenen der Gesellschaft eröffnete sich die Möglichkeit, ein neues Leben zu beginnen. Bei solchen Treffen wurden nicht wenige von den Lehren des Heilandes beeindruckt. Sie bekannten sich aber erst nach Seiner Himmelfahrt zu Ihm. Als der Heilige Geist ausgegossen wurde und sich an einem Tag 3000 Menschen bekehrten, waren viele darunter, die die Wahrheit zuerst an der Tafel der Zöllner gehört hatten. Einige davon wurden Boten des Evangeliums. Für Matthäus selbst war das Verhalten Jesu auf dem Fest eine stete Belehrung. Der verachtete Zöllner wurde zu einem der hingebungsvollsten Evangelisten, der sich in seinem Dienst genau nach dem Beispiel Seines Meisters richtete. DM.208.5 Teilen

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Als die Rabbiner von der Teilnahme Jesu am Fest von Matthäus erfuhren, nutzten sie die Gelegenheit, Ihn anzuklagen; sie hatten jedoch vor, es mit Hilfe der Jünger zu tun. Indem sie ihre alten Vorurteile wieder zum Leben erweckten, hofften sie, die Jünger ihrem Meister entfremden zu können. Christus bei den Jüngern und die Jünger bei Christus zu beschuldigen, das war ihr Plan. Dabei richteten sie ihre Pfeile auf die empfindlichsten Stellen. Seit dem Streit im Himmel hat Satan immer wieder diese Methode verwendet. Und alle, die Uneinigkeit und Entfremdung verursachen, werden von seinem Geist getrieben. So stellten die neidischen Rabbiner den Jüngern eine Frage: „Warum isst euer Meister mit den Zöllnern und Sündern?“ Matthäus 9,11. Jesus wartete nicht auf die Antwort Seiner Jünger, sondern erwiderte selbst: „Die Starken bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken. Geht aber hin und lernt, was das heißt: ‚Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkeit und nicht am Opfer.‘ Ich bin gekommen, die Sünder zu rufen und nicht die Gerechten“. Matthäus 9,12.13; Hosea 6,6. DM.209.1 Teilen

Die Pharisäer behaupteten, geistlich gesund zu sein und deshalb keinen Arzt zu brauchen, während sie die Zöllner und Heiden als diejenigen betrachteten, die an der Krankheit ihrer Seele schließlich sterben würden. War es dann nicht Jesu Aufgabe als Arzt, gerade jenen nachzugehen, die umso mehr Seine Hilfe brauchten? Obwohl die Pharisäer viel von sich hielten, waren sie tatsächlich aber in einem viel schlimmeren Zustand als diejenigen, die sie verachteten. Die Zöllner waren nicht so frömmlerisch und hochmütig und deshalb der Wahrheit gegenüber viel aufgeschlossener. Jesus sprach zu den Rabbinern: „Geht aber hin und lernt, was das heißt: ‚Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkeit und nicht am Opfer.‘“ Damit zeigte Er ihnen: Ihr behauptet zwar, das Wort Gottes auslegen zu können, von Seinem Geist aber habt ihr nichts verstanden. Für einen Moment waren die Pharisäer zwar zum Schweigen gebracht, in ihrer Feindseligkeit aber wurden sie um so entschlossener. Als nächstes machten sie die Jünger Johannes des Täufers ausfindig und versuchten, sie gegen den Erlöser aufzustacheln. DM.209.2 Teilen

Diese Pharisäer hatten den göttlichen Auftrag des Täufers nicht anerkannt. Mit Verachtung hatten sie auf seine enthaltsame Lebensführung, seine Anspruchslosigkeit und einfache Kleidung hingewiesen und ihn zum Fanatiker erklärt. Sie hatten sich seiner Verkündigung widersetzt und versucht, das Volk gegen ihn aufzuwiegeln, weil er ihre Heuchelei öffentlich verurteilt hatte. Obwohl der Geist Gottes die Herzen dieser Verächter bewegt und sie ihrer Sünden überführt hatte, lehnten sie Gottes Rat ab und erklärten sogar, Johannes sei von einem bösen Geist besessen. Als Jesus nun auftrat, sich unter das Volk mischte und an dessen Tischen aß und trank, beschuldigten sie ihn, „ein Fresser und Weinsäufer“ zu sein. Matthäus 11,19. Ausgerechnet diejenigen, die diese Anklage vorbrachten, machten sich deren selbst schuldig. Genau wie Satan Gott falsch darstellt und Ihm seine eigenen Charakterzüge unterschiebt, so handelten diese boshaften Leute an den Boten des Herrn. DM.209.3 Teilen

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Die Pharisäer wollten nicht wahrhaben, dass Jesus mit Zöllnern und Sündern aß, um ihnen — die in der Finsternis lebten — das Licht des Himmels zu bringen. Sie wollten nicht eingestehen, dass jedes von dem göttlichen Lehrer gesprochene Wort wie ein Same war, der zur Verherrlichung Gottes keimte und Frucht hervorbrachte. Sie hatten sich also entschlossen, das Licht nicht anzunehmen. Obwohl sie sich dem Dienst des Täufers widersetzt hatten, wollten sie jetzt um die Freundschaft seiner Jünger werben und hofften, sich ihrer Mithilfe gegen Jesus versichern zu können. Sie stellten es so dar, dass Jesus sich über die alten Überlieferungen hinwegsetze, und verglichen die ernste Frömmigkeit des Täufers mit dem Verhalten Jesu, der mit Zöllnern und Sündern Feste feierte. DM.210.1 Teilen

Gerade damals befanden sich die Jünger von Johannes in großer Bedrängnis. Das war, ehe Johannes sie mit seiner Botschaft zu Jesus sandte. Ihr geliebter Lehrer saß im Kerker, und sie brachten ihre Tage mit Klagen zu. Jesus unternahm nichts, um Johannes zu befreien. Ja, Er schien sogar dessen Lehre in Misskredit zu bringen. Weshalb schlugen Jesus und Seine Jünger einen so erheblich anderen Weg ein, wenn Johannes von Gott gesandt war? DM.210.2 Teilen

Die Jünger von Johannes hatten kein klares Verständnis vom Wirken Christi. Sie meinten, es müsse wohl einige Gründe für die Anklagen der Pharisäer geben. Auch sie hielten viele Vorschriften der Rabbiner und hofften sogar, durch Gesetzeswerke gerechtfertigt zu werden. Fasten galt bei den Juden als verdienstvolle Tat, und die strengsten unter ihnen fasteten in jeder Woche an zwei Tagen. Die Jünger von Johannes fasteten gerade gemeinsam mit den Pharisäern, als sie sich mit der Frage an Jesus wandten: „Warum fasten wir und die Pharisäer so viel und deine Jünger fasten nicht?“ Matthäus 9,14. DM.210.3 Teilen

Jesus antwortete ihnen sehr behutsam. Er versuchte nicht, ihre falsche Vorstellung vom Fasten zu korrigieren; nur in Bezug auf Seine eigene Sendung wollte Er sie aufklären. Er benutzte dazu dasselbe Bild, das auch der Täufer in seinem Zeugnis von sich und Jesus gebraucht hatte. Johannes hatte gesagt: „Wer die Braut hat, der ist der Bräutigam; der Freund des Bräutigams aber, der dabeisteht und ihm zuhört, freut sich sehr über die Stimme des Bräutigams. Diese meine Freude ist nun erfüllt“. Johannes 3,29. Die Jünger des Johannes konnten sich an diese Worte ihres Lehrers gut erinnern, als Jesus dieses Bild verwendete und erwiderte: „Wie können die Hochzeitleute fasten, während der Bräutigam bei ihnen ist?“ Markus 2,19. DM.210.4 Teilen

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Der Fürst des Himmels befand sich unter Seinem Volk. Gottes größte Gabe war der Welt geschenkt worden. Wohl den Armen, denn Jesus war gekommen, um sie zu Erben Seines Reiches zu machen. Wohl den Reichen, denn Er lehrte sie, wie sie sich ewige Reichtümer sichern könnten. Wohl den Einfältigen, Er würde sie klug zur Seligkeit machen. Wohl den Gelehrten, Jesus wollte ihnen tiefere Geheimnisse offenbaren, als sie je ergründet hatten. Wahrheiten, die seit der Gründung der Welt verborgen gewesen waren, sollten durch das Wirken des Erlösers den Menschen verständlich werden. Johannes der Täufer hatte sich gefreut, den Heiland zu sehen. Was für eine Gelegenheit zur Freude war es doch für die Jünger, die mit der himmlischen Majestät wandeln und sprechen durften! Wie sollten sie da klagen und fasten! Sie mussten ihre Herzen für das Licht seiner Herrlichkeit öffnen, damit sie über alle, die in der Finsternis und im Schatten des Todes lebten, dieses Licht verbreiten konnten. DM.211.1 Teilen

Die Worte Christi skizzierten ein wunderschönes Bild, doch über dem lag ein großer Schatten, den nur Seine Augen wahrnehmen konnten. Er sagte: „Es wird aber die Zeit kommen, dass der Bräutigam von ihnen genommen wird; dann werden sie fasten, an jenem Tage“. Markus 2,20. DM.211.2 Teilen

Wenn sie dann ihren verratenen und gekreuzigten Herrn sähen, dann würden die Jünger klagen und fasten. In Seinen letzten Worten, die Er nach dem Abendmahl an sie richtete, heißt es: „Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet weinen und klagen, aber die Welt wird sich freuen; ihr werdet traurig sein, doch eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden“. Johannes 16,19.20. Sobald der Herr aus dem Grab hervorkäme, würde sich ihre Traurigkeit in Freude verwandeln. Nach Seiner Himmelfahrt könnte Er zwar nicht persönlich bei ihnen sein, durch den Tröster würde Er sie jedoch ständig begleiten. Deshalb sollten sie ihre Zeit nicht mit Trauern zubringen. Das war, was Satan erreichen wollte. Er wünschte, dass sie der Welt den Eindruck vermittelten, betrogen und enttäuscht worden zu sein. DM.211.3 Teilen

Im Glauben sollten sie jedoch zum himmlischen Heiligtum aufschauen, wo Jesus für sie sein priesterliches Amt ausübte. Sie sollten dem Heiligen Geist, Seinem Stellvertreter, ihre Herzen öffnen und sich am Glanz Seiner Gegenwart erfreuen. Doch Tage der Anfechtung und Schwierigkeiten würden über sie kommen, wenn der Kampf mit den Herrschern dieser Welt und den Anführern des Reiches der Finsternis ausbrechen würde. Wenn Christus dann nicht mehr persönlich bei ihnen wäre, sie aber versäumten, den Tröster zu erkennen, dann allerdings würde es besser passen, zu fasten. DM.211.4 Teilen

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Die Pharisäer versuchten durch eine strenge Einhaltung religiöser Formen sich selbst aufzuwerten, während ihre Herzen mit Neid und Streitsucht erfüllt waren. In der Schrift heißt es: „Siehe, wenn ihr fastet, hadert und zankt ihr und schlagt mit gottloser Faust drein. Ihr sollt nicht so fasten, wie ihr jetzt tut, wenn eure Stimme in der Höhe gehört werden soll. Soll das ein Fasten sein, an dem ich Gefallen habe, ein Tag, an dem man sich kasteit, wenn ein Mensch seinen Kopf hängen lässt wie Schilf und in Sack und Asche sich bettet? Wollt ihr das ein Fasten nennen und einen Tag, an dem der Herr Wohlgefallen hat?“ Jesaja 58,4.5. Wahres Fasten ist nicht nur ein äußerlicher Dienst. Die Schrift bezeichnet als gottgewolltes Fasten: „Lass los, die du mit Unrecht gebunden hast, lass ledig, auf die du das Joch gelegt hast! Gib frei, die du bedrückst, reiß jedes Joch weg!“ Lass „den Hungrigen dein Herz finden“ und sättige „den Elenden“. Jesaja 58,6.10. Darin wird der wahre Geist und Charakter des Dienstes Christi deutlich. Sein ganzes Leben war ein freiwilliges Opfer zur Rettung der Welt. Ob Er in der Wüste am Ort der Versuchung fastete oder mit den Zöllnern beim Fest von Matthäus aß, Er gab Sein Leben für die Rettung Verlorener. Wahre Frömmigkeit zeigt sich nicht in unnützem Trauern, leiblicher Erniedrigung und zahlreichen Opfern, sondern in der Hingabe des Ichs an einen bereitwilligen Dienst für Gott und die Menschen. DM.212.1 Teilen

Jesus ergänzte Seine Antwort an die Jünger von Johannes mit einem Gleichnis: „Niemand setzt einen Lappen von einem neuen Kleid auf ein altes Kleid; denn sonst zerreißt er auch das neue, und der Lappen vom neuen passt nicht zu dem alten“. Lukas 5,36. Die Botschaft Johannes des Täufers sollte nicht mit Überlieferung und Aberglauben durchsetzt werden. Ein Versuch, die Anmaßung der Pharisäer mit der Frömmigkeit von Johannes zu vermischen, ließe die Kluft zwischen ihnen nur noch klarer hervortreten. DM.212.2 Teilen

Auch die Prinzipien der Lehren Christi konnten mit dem Formengeist des Pharisäertums nicht in Übereinstimmung gebracht werden. Christus sollte die Lücke nicht schließen, die durch die Lehren von Johannes entstanden war; vielmehr wollte Er das Trennende zwischen dem Alten und dem Neuen verdeutlichen. Diese Tatsache veranschaulichte Jesus mit den Worten: „Niemand füllt neuen Wein in alte Schläuche; denn sonst wird der neue Wein die Schläuche zerreißen, und er wird verschüttet, und die Schläuche verderben.“ Lukas 5,37. Man benutzte Lederschläuche zur Aufbewahrung des neuen Weines. Nach einer gewissen Zeit wurden sie trocken und spröde. Es war sinnlos, sie weiterhin für den gleichen Zweck zu verwenden. Mit diesem alltäglichen Beispiel verglich Jesus den Zustand der jüdischen Führer. Priester, Schriftgelehrte und Oberste steckten in dem alten Trott von Überlieferungen und Zeremonien. Ihre Herzen waren hart geworden wie die ausgedörrten Weinschläuche, mit denen der Herr sie verglich. Da sie sich mit einer Gesetzesreligion begnügten, konnten sie unmöglich Gefäße der lebendigen, himmlischen Wahrheit werden. Sie hielten ihre eigene Gerechtigkeit für völlig ausreichend und wünschten nicht, dass ihrer Religion auch nur ein neues Element hinzugefügt werde. Die guten Absichten Gottes für die Menschen nahmen sie für sich selbst als eine Selbstverständlichkeit hin. Sie brachten sie mit ihrem eigenen Verdienst in Verbindung — mit ihren eigenen guten Werken. Der Glaube, der durch Liebe tätig ist und das Herz reinigt, fand keinen Platz in der Religion der Pharisäer, denn diese Religion bestand aus frommen Zeremonien und menschlichen Anordnungen. Alle Bemühungen, die Lehren Jesu mit der überlieferten Religion zu vereinen, mussten fehlschlagen. Die lebendige göttliche Wahrheit würde, wie der gärende Wein, die alten, verrotteten Schläuche pharisäischer Überlieferung zum Bersten bringen. DM.212.3 Teilen

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Die Pharisäer hielten sich für zu weise, um belehrt zu werden, für zu gerecht, um Erlösung zu empfangen, für zu sehr geehrt, um Ehre zu benötigen, die von Jesus Christus kommt. Der Heiland wandte sich deshalb von ihnen ab, um andere zu suchen, die die Botschaft des Himmels annehmen würden. In den ungebildeten Fischern, dem Zöllner am Markt, der Frau aus Samaria und in dem einfachen Volk, das Ihm freudig zuhörte, fand Er Seine neuen Gefäße für den neuen Wein. Werkzeuge im Dienst der Evangeliumsverkündigung sind jene Menschen, die gerne das ihnen von Gott gesandte Licht aufnehmen. Sie sind Seine Botschafter, die der Welt die Wahrheit mitteilen sollen. Wenn Menschen durch Christi Gnade zu neuen Gefäßen werden, wird Er sie mit neuem Wein füllen. Obwohl die Predigt Christi mit neuem Wein verglichen wurde, war sie doch keine neue Lehre, sondern nur die Offenbarung dessen, was von Anfang an verkündigt worden war. Doch für die Pharisäer hatte Gottes Wahrheit ihre ursprüngliche Bedeutung und Schönheit verloren. Daher war Christi Lehre für sie in fast jeder Hinsicht neu. Sie wurde weder anerkannt noch beherzigt. DM.213.1 Teilen

Jesus wies auf den Einfluss falscher Lehre hin, die imstande ist, die Wertschätzung der Wahrheit und das Verlangen nach ihr zu zerstören. „Niemand“, so sagte Er, „der vom alten Wein trinkt, will neuen; denn er spricht: Der alte ist milder.“ Lukas 5,39. Die ganze Wahrheit, die der Welt durch die Patriarchen und Propheten gegeben wurde, leuchtete in neuer Schönheit aus den Worten Christi heraus. Die Schriftgelehrten und Pharisäer hatten jedoch kein Verlangen nach dem kostbaren neuen Wein. Bevor sie sich nicht der alten Überlieferungen, Gewohnheiten und Bräuche entledigten, war für die Lehren Christi weder in ihrem Herzen noch in ihrem Verstand Platz. Sie klammerten sich an tote Formen und wandten sich von der lebendigen Wahrheit und der Kraft Gottes ab. Dies zeigte den Verfall des jüdischen Volkes, und auch in unserer Zeit bestätigt es das Scheitern vieler Menschen. Tausende machen denselben Fehler wie die Pharisäer, die von Christus am Fest von Matthäus getadelt wurden. Viele widersetzten sich der Wahrheit, die vom Vater des Lichts herab kommt, statt eine liebgewonnene Idee aufzugeben oder den Götzen ihrer vorgefassten Meinung zu stürzen. Sie vertrauen dem eigenen Ich, verlassen sich auf ihre eigene Weisheit und erkennen ihre geistliche Armut nicht. Sie bestehen darauf, dass sie durch die Ausführung irgendeines bedeutenden Werkes erlöst werden. Wenn sie feststellen, dass sie sich keineswegs in das Werk einbringen können, weisen sie die Erlösung zurück. DM.213.2 Teilen

214

Ein gesetzlicher Glaube kann niemals Menschen zu Christus führen, denn er ist ohne Liebe und ohne Christus. In Gottes Augen sind Fasten und Beten, in selbstgerechtem Geist geübt, ein Gräuel. Die feierliche gottesdienstliche Versammlung, der Ablauf der religiösen Handlungen, die zur Schau gestellte Demut und die großartige Opfergabe spricht davon, dass der Täter dieser Werke sich selbst für gerecht hält und einen Anspruch auf das Himmelreich hat. Welch eine Täuschung! Mit unseren eigenen Werken können wir uns niemals die Seligkeit erkaufen. Heutzutage ist es genau wie in den Tagen Christi. Die Pharisäer kennen ihre geistliche Not nicht. Doch an sie ergeht die folgende Botschaft: „Du sprichst: Ich bin reich und habe genug und brauche nichts! und weißt nicht, dass du elend und jämmerlich bist, arm, blind und bloß. Ich rate dir, dass du Gold von mir kaufst, das mit Feuer geläutert ist, damit du reich werdest, und weiße Kleider, dass du dich anziehst und die Schande deiner Blöße nicht offenbar werde“. Offenbarung 3,17.18. Glaube und Liebe sind das im Feuer geläuterte Gold. Für viele büßte das Gold jedoch seinen Glanz ein, und der reiche Vorrat ging verloren. Ihnen bedeutet die Gerechtigkeit Christi soviel wie ein ungetragenes Kleid und eine ungenutzte Quelle. Ihnen wird gesagt: „Ich habe gegen dich, dass du die erste Liebe verlässt. So denke nun daran, wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke! Wenn aber nicht, werde ich über dich kommen und deinen Leuchter wegstoßen von seiner Stätte, wenn du nicht Buße tust“. Offenbarung 2,4.5. DM.214.1 Teilen

„Die Opfer, die Gott gefallen, sind ein zerbrochener Geist, ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst du, o Gott, nicht verachten.“ Psalm 51,19. Bevor jemand im eigentlichen Sinn des Wortes ein an Christus Gläubiger sein kann, muss er von seinem Ich befreit werden. Nur aus einem Menschen, der dem Ich entsagt hat, kann der Herr eine neue Kreatur schaffen. Neue Schläuche können dann mit neuem Wein gefüllt werden. So belebt die Liebe Christi den Gläubigen mit neuem Leben. In jedem, der auf den Anfänger und Vollender unseres Glaubens sieht, wird das Wesen Christi sichtbar werden. DM.214.2 Teilen

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