Portrait von Ellen White
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Kapitel 43: Schranken werden niedergerissen
Kapitel 43: Schranken werden niedergerissen
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Auf der Grundlage von Matthäus 15,21-28; markus 7,24-30. DM.315 Teilen

Nach dem Zusammentreffen mit den Pharisäern zog sich Jesus von Kapernaum zurück, durchquerte Galiläa und kam zum Hügelland an der Grenze zu Phönizien. Richtung Westen konnte Er unten in der Ebene die alten Städte Tyrus und Sidon sehen mit ihren heidnischen Tempeln, ihren herrlichen Palästen, den Handelsmärkten und den vielen Schiffen im Hafen. Hinter dem Küstenstreifen dehnte sich die blaue Fläche des Mittelmeeres aus, über dessen Weite hinweg die Botschafter des Evangelium in die Zentren des Weltreiches tragen sollten. Aber die Zeit dazu war noch nicht gekommen. Zunächst musste Jesus die Jünger auf ihren Auftrag gut vorbereiten. Dort hoffte Er die dazu nötige Abgeschiedenheit zu finden, die Er in Bethsaida vergebens gesucht hatte. Doch das war nicht der einzige Grund Seiner Reise. DM.315.1 Teilen

„Siehe, eine kanaanäische Frau kam aus diesem Gebiet und schrie: Ach Herr, du Sohn Davids, erbarme dich meiner! Meine Tochter wird von einem bösen Geist übel geplagt.“ Matthäus 15,22. Die Menschen dort stammten aus dem alten Geschlecht der Kanaaniter. Sie waren Götzendiener und wurden von den Juden verachtet und gehasst. Zu diesen gehörte auch die Frau, die jetzt zu Jesus kam. Sie war eine Heidin und daher von den Vorzügen ausgeschlossen, deren sich die Juden täglich erfreuten. Damals lebten viele Juden unter den Phöniziern, und die Nachricht von Christi Wirken war bis in dieses Gebiet gedrungen. Einige Leute hatten Seinen Worten gelauscht und Seine wunderbaren Taten erlebt. Diese Frau hatte von dem Propheten gehört, von dem berichtet wurde, dass Er alle Krankheiten heile. Als sie von der großen Macht Jesu hörte, weckte das Hoffnung in ihrem Herzen. Von mütterlicher Liebe getrieben entschloss sie sich, dem Herrn die Angelegenheit ihrer Tochter vorzutragen. Sie war entschlossen, Ihm ihren Kummer zu bringen. Er musste ihr Kind heilen. Sie hatte bei den heidnischen Göttern Hilfe gesucht, aber ohne Erfolg. Manchmal war sie versucht zu denken: Was kann jener jüdische Lehrer schon für mich tun? Doch die Nachricht ging um, Er heile alle Krankheiten, ganz gleich, ob jene, die zu Ihm kamen, reich oder arm waren. Sie entschloss sich, ihre einzige Hoffnung nicht aufs Spiel zu setzen. Christus kannte die Situation dieser Frau. Er wusste auch von ihrem Verlangen, Ihn zu sehen, und stellte sich ihr in den Weg. Er tröstete die Frau und gab gleichzeitig eine lebendige Darstellung jener Lektion, die Er zu lehren beabsichtigte. Deshalb brachte Er Seine Jünger in diese Gegend. Jesus wollte, dass sie die große Unwissenheit sehen und erkennen, die in den Städten und Dörfern rings um Israel herrschte. Dieses Volk, dem jede Gelegenheit gegeben war, die Wahrheit zu verstehen, hatte keine Ahnung von den Nöten derer, die um sie herum lebten. Man bemühte sich auch nicht, diesen Menschen in ihrer Finsternis zu helfen. Die Trennwand, die jüdischer Stolz aufgerichtet hatte, hielt sogar das Mitleid der Jünger mit der heidnischen Welt zurück. Diese Hindernisse sollten niedergerissen werden. DM.315.2 Teilen

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Jesus reagierte nicht sofort auf die Bitte der Frau. Er empfing die Vertreterin eines verachteten Volkes in der gleichen Weise, wie es auch die Juden getan hätten. So wollte er Seinen Jüngern die kalte und herzlose Art der Juden in einem solchen Fall vorführen, um dann durch Seine erbarmende Liebe zu zeigen, wie sie dagegen mit solchen Unglücklichen umgehen sollten. DM.316.1 Teilen

Obwohl Jesus ihr nicht antwortete, verlor die Frau dadurch nicht ihren Glauben. Und als Er weiterlief, als hörte Er sie nicht, folgte sie Ihm und wiederholte wieder ihre Bitte. Die Jünger waren über diese Zudringlichkeit verärgert und baten ihren Herrn, die Frau wegschicken zu dürfen. Sie sahen ja, dass ihr Meister sich nicht mit der Frau beschäftigen wollte und meinten, dass Er das Vorurteil der Juden gegen die Kanaaniter teilte. Doch es war ein barmherziger Heiland, dem die Frau ihr Anliegen vortrug, und sagte zu seinen Jüngern: „Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.“ Matthäus 15,24. Obwohl diese Worte mit dem Vorurteil der Juden übereinzustimmen schienen, lag in ihnen in Wirklichkeit ein Tadel für die Jünger, den sie später auch verstanden, als sie sich daran erinnerten, was der Herr ihnen oft gesagt hatte: Er sei in die Welt gekommen, um alle zu erretten, die Ihn annehmen würden. DM.316.2 Teilen

Die Frau brachte ihre Bitte umso ernster vor, fiel zu Jesu Füßen nieder und rief: „Herr, hilf mir!“ Aber Jesus wandte sich offenbar abermals von ihren Bitten ab, wie es auch die gefühllosen Juden in ihrem Vorurteil getan haben würden, und antwortete: „Es ist nicht recht, dass man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde.“ Matthäus 15,25f. Dies kam im Grunde genommen der Behauptung gleich, dass es nicht richtig sei, die Segnungen, die Gottes auserwähltem Volk galten, an Fremde und Ausländer zu verschwenden. Diese Antwort hätte jeden weniger ernsthaft Suchenden sehr entmutigt. Aber die Frau sah, dass ihre Gelegenheit gekommen war. Auch in dieser scheinbar ablehnenden Antwort Jesu erkannte sie Sein Mitgefühl, das Er nicht verbergen konnte. „Da entgegnete sie: Ja, du hast recht, Herr! Aber selbst die Hunde bekommen von den Brotresten, die vom Tisch ihrer Herren fallen.“ Matthäus 15,27 (EÜ). Während die Kinder der Familie an des Vaters Tisch essen, bleiben nicht einmal die Hunde ungesättigt, denn sie haben ein Anrecht auf die Brotreste, die von der reich gedeckten Tafel fallen. Wenn Israel nun so viele Segnungen empfing, sollte es für diese Frau keinen Segen geben? Sie wurde als „Hund“ betrachtet. Hatte sie nicht dadurch wenigstens den Anspruch eines Hundes auf die Brotreste der göttlichen Barmherzigkeit? DM.316.3 Teilen

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Jesus hatte den Ort Seiner Tätigkeit gewechselt, weil die Schriftgelehrten und Pharisäer Ihm nach dem Leben trachteten. Sie hatten gemurrt und geklagt, hatten Unglauben und Bitterkeit bekundet und die ihnen so bereitwillig angebotene Erlösung verworfen. Hier trifft nun Christus eine Frau aus dem unglücklichen und verachteten Geschlecht der Kanaaniter, das nicht mit dem Licht aus Gottes Wort begünstigt ist. Dennoch überlässt sie sich gleich dem göttlichen Einfluss Christi und vertraut einfach Seiner Macht, ihre Bitte erfüllen zu können. Sie bettelt um die Brotreste, die vom Tisch des Herrn fallen! Wenn sie schon das Vorrecht eines Hundes haben darf, ist sie auch bereit, wie ein Hund angesehen zu werden. Sie kennt kein nationales oder religiöses Vorurteil, keinen Stolz, der ihr Handeln beeinflussen könnte. Sie anerkennt Jesus sofort als den Erlöser, der fähig ist, alles zu tun, worum sie Ihn bittet. DM.317.1 Teilen

Der Heiland ist zufrieden damit. Er hat ihren Glauben geprüft und durch Sein Verhalten ihr gegenüber gezeigt, dass sie, die man als eine Ausgestoßene betrachtete, nicht länger mehr ein Fremdling ist, sondern ein Kind in der Familie Gottes. Als Kind ist es ihr Vorrecht, an den Gaben des Vaters teilzuhaben. Christus erfüllt nun ihre Bitte und beendet damit die Belehrung der Jünger. Er blickt die Frau mitleids- und liebevoll an und sagt ihr: „Frau, dein Glaube ist groß. Dir geschehe, wie du willst!“ Matthäus 15,28. In dem Moment wurde ihre Tochter ganz gesund, und der Dämon plagte sie nicht mehr. Die Frau aber ging dankbar und frohen Herzens hinweg und bekannte Jesus als ihren Heiland. DM.317.2 Teilen

Dies war das einzige Wunder, das Jesus während dieser Reise wirkte. Nur um diese Tat ausführen zu können, war Er nach Tyrus und Sidon gegangen. Er wollte die betrübte Frau trösten und gleichzeitig ein Beispiel seiner Barmherzigkeit an einem Menschen eines verachteten Volkes zum Nutzen Seiner Jünger für die Zeit hinterlassen, wenn Er nicht mehr bei ihnen sein würde. Er wünschte, die Jünger aus ihrem jüdischen Exklusivitätsdenken herauszuführen und in ihnen die Freude am Dienst über die Grenzen des eigenen Volkes hinaus zu wecken. DM.317.3 Teilen

Jesus wollte gern die tiefen Geheimnisse der Wahrheit enthüllen, die jahrhundertelang verborgen geblieben waren, dass nämlich die Heiden mit den Juden Erben sein sollten, „Mitgenossen seiner Verheißung in Christus Jesus durch das Evangelium“. Epheser 3,6. Diese Wahrheit lernten die Jünger nur langsam, und der göttliche Lehrer gab ihnen eine Lektion nach der anderen. Als Er den Glauben des Hauptmanns von Kapernaum belohnte und den Bewohnern von Sychar das Evangelium predigte, hatte Er bereits gezeigt, dass Er die Intoleranz der Juden nicht teilte. Doch die Samariter hatten einige Gotteserkenntnis, und der Hauptmann war Israel freundlich gesonnen. Nun aber brachte Jesus die Jünger mit einer Heidin in Verbindung, die ihrer Meinung nach genauso wenig ein Recht habe, eine Gunst von Ihm zu erwarten, wie irgendjemand anders aus ihrem heidnischen Volk. Jesus wollte damit ein Beispiel geben, wie so ein Mensch zu behandeln sei. Die Jünger hatten gedacht, dass Er die Geschenke Seiner Gnade zu großzügig verteilte. Er wollte ihnen zeigen, dass Seine Liebe nicht auf eine Rasse oder Nation begrenzt sei. DM.317.4 Teilen

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Als Christus sagte: „Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel“ (Matthäus 15,24), erklärte Er die Wahrheit. In seinem Wirken für die Kanaanäterin erfüllte Er Seine Aufgabe. Diese Frau war eine dieser „verlorenen Schafe“, das von den Israeliten gerettet werden sollte, denn diese Aufgabe war ihnen aufgetragen worden — jenes Werk, das sie vernachlässigt haben und das Christus nun tat. Durch diese Tat erkannten die Jünger deutlicher als je die vor ihnen liegende Aufgabe an den Heiden. Sie erblickten ein weites Arbeitsfeld außerhalb Judäas. Sie sahen Menschen mit Sorgen beladen, die den mehr Bevorzugten unter ihnen unbekannt blieben. Unter denen, die zu verachten man sie gelehrt hatte, fanden sich Menschen, die sich nach der Hilfe des mächtigen Heilandes sehnten und nach dem Licht der Wahrheit hungerten, das den Juden so reichlich gegeben worden war. DM.318.1 Teilen

Später, als sich die Juden immer beharrlicher von den Jüngern abwandten, weil diese Jesus zum Retter der Welt erklärten, und als die trennende Wand zwischen Juden und Heiden durch den Tod Christi weggerissen war, übten diese und weitere ähnliche Lehren einen großen Einfluss auf die Nachfolger Christi aus, die auf das nicht durch Sitte und Zugehörigkeit zu einem Volk eingeschränkte Werk des Evangeliums hinwiesen und leiteten sie bei der Erfüllung ihrer Aufgabe. DM.318.2 Teilen

Der Besuch des Heilandes in Phönizien und das dort gewirkte Wunder, hatte noch einen weitreichenderen Zweck. Nicht allein für die betrübte Frau, und auch nicht nur für Seine Jünger und für alle, zu deren Wohl sie arbeiteten, hatte Er die Tat vollbracht, sondern auch, „damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen“. Johannes 20,31. Dieselben Mächte, die vor fast 2000 Jahren Menschen von Christus fernhielten, sind auch heute noch aktiv. Der Geist, der die trennende Wand zwischen Juden und Heiden aufrichtete, ist noch immer an der Arbeit. Stolz und Vorurteile haben starke Mauern zwischen den Menschen aufgerichtet. Christus und Seine Sendung missverstanden und viele empfinden, dass sie praktisch vom Dienst des Evangeliums ausgeschlossen sind. Lasst in ihnen aber nicht das Gefühl aufkommen, von Christus getrennt zu sein. Menschen oder Satan können keine Schranken aufrichten, die der Glaube nicht durchdringen kann. DM.318.3 Teilen

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Im Glauben durchbrach die Frau aus Phönizien die Schranken, die zwischen Juden und Heiden aufgerichtet waren. Ungeachtet der Entmutigung aufgrund sichtbarer Umstände, die sie hätten zu zweifeln veranlassen können, vertraute sie der Liebe des Heilandes. Der Heiland möchte, dass auch wir Ihm so vertrauen, denn die Segnungen der Erlösung gelten jedem persönlich. Nichts als nur die eigene Entscheidung kann den Menschen daran hindern, der Verheißungen Christi durch das Evangelium teilhaftig zu werden. DM.319.1 Teilen

Gott hasst soziale Unterschiede. Er alle Einrichtungen solcher Art. Vor Ihm sind alle Menschen gleich viel wert. Denn „Er hat aus einem Menschen das ganze Menschengeschlecht gemacht, damit sie auf dem ganzen Erdboden wohnen, und er hat festgesetzt, wie lange sie bestehen und in welchen Grenzen sie wohnen sollen, damit sie Gott suchen sollten, ob sie ihn wohl fühlen und finden könnten; und fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeden unter uns.“ Apostelgeschichte 17,26.27. DM.319.2 Teilen

Ohne Unterschied des Alters, der Stellung, der Nationalität oder religiöser Vorrechte sind alle eingeladen, zu Ihm zu kommen und zu leben. „Wer an ihn glaubt, der soll nicht zuschanden werden.“ Römer 9,33. „Hier ist kein Jude noch Grieche, hier ist kein Knecht noch Freier“. Galater 3,28. „Reiche und Arme begegnen einander; der Herr hat sie alle gemacht.“ Sprüche 22,2. „Er ist über alle derselbe Herr, reich für alle, die ihn anrufen. Denn, wer den Namen des Herrn anrufen wird, soll gerettet werden.“ Römer 10,12.13. DM.319.3 Teilen

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