Portrait von Ellen White
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Kapitel 48: Wer ist der Größte?
Kapitel 48: Wer ist der Größte?
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Auf der Grundlage von Matthäus 17,22-27; Matthäus 18,1-20; Markus 9,30-50; Lukas 9,43-45. DM.343 Teilen

Als Jesus nach Kapernaum zurückkehrte, begab Er sich nicht zu den schon bekannten Orten, wo Er das Volk gelehrt hatte, sondern suchte mit Seinen Jüngern unauffällig das Haus auf, das vorübergehend Sein Heim werden sollte. Während Seines restlichen Aufenthalts in Galiläa war es Sein Ziel, lieber Seine Jünger zu unterweisen, statt unter der Menge zu wirken. Auf Seiner Reise durch Galiläa hatte Jesus erneut versucht, Seine Jünger auf die Ereignisse, die Ihm bevorstanden, seelisch vorzubereiten. Er erzählte ihnen, dass Er nach Jerusalem gehen müsse, um dort zu sterben und aufzuerstehen. Dann fügte Er seltsam und ernst hinzu, dass Er an Seine Feinde verraten werden sollte. Die Jünger verstanden Seine Worte auch jetzt noch nicht. Obwohl große Sorge sie überschattete, waren ihre Herzen mehr mit Rivalitäten erfüllt. Sie stritten sich untereinander, wer im künftigen Reich als der Größte gelten solle. Diesen Streit aber versuchten sie vor Jesus zu verbergen. Deshalb gingen sie nicht wie gewöhnlich dicht an Seiner Seite, sondern schlenderten hinter Ihm her, so dass Er ihnen voraus ging, als sie in Kapernaum eintrafen. Jesus durchschaute ihre Gedanken und wollte ihnen Rat und Belehrung erteilen. Dazu wartete Er aber eine stille Stunde ab, bis ihre Herzen für Seine Worte aufgeschlossen sein würden. DM.343.1 Teilen

Bald nachdem sie die Stadt erreicht hatten, kam der Steuerbeamte, der die Tempelabgaben einsammelte, zu Petrus und fragte: „Pflegt euer Meister nicht den Tempelgroschen zu geben?“ Matthäus 17,24. Es handelte sich dabei nicht um eine bürgerliche Steuer, sondern um einen Betrag, den jeder Jude jährlich für den Unterhalt des Tempels zu zahlen hatte. Die Weigerung, diesen Beitrag zu entrichten, galt als Untreue dem Tempel gegenüber, und das war in den Augen der Rabbiner eine besonders schwere Sünde. Die Einstellung des Heilandes zu den Gesetzen der Rabbiner und Seine deutlichen Tadel an die Verteidiger der Tradition lieferte einen Vorwand für die Anschuldigung, Er trachte danach, den Tempeldienst zu stürzen. Nun sahen Seine Feinde eine günstige Gelegenheit, Ihn beschuldigen zu können. In dem Mann, der die Tempelsteuer einsammelte, fanden sie einen bereitwilligen Verbündeten. DM.343.2 Teilen

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Petrus hielt die Frage des Steuereinnehmers für eine Unterstellung, die Christi Treue zum Tempel berührte. Eifrig auf die Ehre seines Meisters bedacht, antwortete er rasch, ohne erst zu fragen, dass Jesus die Steuer bezahlen werde. DM.344.1 Teilen

Petrus begriff jedoch nur teilweise die Absicht des Fragestellers. Es gab nämlich einige im Volk, die von der Tempelsteuer befreit waren. Als zurzeit Moses die Leviten zum Dienst am Heiligtum ausgesondert wurden, erhielten sie unter dem Volk kein Erbteil. Der Herr sagte: „Darum werden die Leviten weder Anteil noch Erbe haben mit ihren Brüdern. Denn der Herr ist ihr Erbteil.“ 5.Mose 10,9. Zur Zeit Christi galten die Priester und Leviten immer noch als besonders geweiht für den Tempeldienst und brauchten deshalb keinen Jahresbeitrag für den Unterhalt des Tempels zu entrichten. Auch die Propheten waren davon befreit. Indem die Rabbiner nun den Tempelgroschen von Jesus forderten, übergingen sie Seinen Anspruch, ein Prophet oder Lehrer zu sein und behandelten Ihn wie jeden anderen Menschen auch. Hätte Er sich geweigert, die Steuer zu entrichten, so hätte man das als Untreue dem Tempel gegenüber ausgelegt, während andererseits die Bezahlung der Steuer als Rechtfertigung dafür gegolten hätte, dass sie Jesus als Prophet ablehnten. DM.344.2 Teilen

Erst kurz zuvor war Jesus von Petrus als Sohn Gottes anerkannt worden, nun aber hatte dieser eine günstige Gelegenheit verpasst, das Wesen Seines Meisters darzustellen. Durch seine Antwort an den Steuerbeamten, dass Jesus den Beitrag bezahlen werde, hatte er in der Tat die falsche Vorstellung von Ihm bekräftigt, die Priester und Oberste in Umlauf setzen wollten. DM.344.3 Teilen

Als Petrus zurück kam, spielte der Heiland nicht auf das an, was vorgefallen war, sondern fragte ihn: „Was meinst du, Simon? Von wem nehmen die Könige auf Erden Zoll oder Steuer: von ihren Kindern oder von den Fremden?“ Petrus antwortete: „Von den Fremden.“ Jesus entgegnete ihm: „So sind die Kinder frei.“ Matthäus 17,25f. Während die Bürger eines Landes für den Lebensunterhalt ihres Königs Steuern zahlen müssen, sind die Kinder des Monarchen davon befreit. Genauso sollte Israel, das bekenntliche Volk Gottes, seinen Dienst unterhalten. Jesus aber war als Sohn Gottes dazu nicht verpflichtet. Wenn Priester und Leviten wegen ihrer Bindung an den Tempel von der Zahlung befreit waren, wie viel mehr erst Jesus, für den der Tempel das Haus Seines Vaters war. DM.344.4 Teilen

Hätte Jesus die Steuer widerspruchslos gezahlt, dann würde Er die Richtigkeit der Forderung anerkannt und dadurch seine Göttlichkeit geleugnet haben. Obwohl Er es für richtig hielt, dieser Forderung nachzukommen, leugnete Er die Behauptung, auf der sie basierte. Dadurch, wie Er mit der Zahlung umging, wies Er auf Seine Göttlichkeit hin. Er machte deutlich, dass Er mit Gott eins war. Da Er somit kein Untertan des Reiches war, brauchte Er auch nichts zu zahlen. „Geh hin an den See“, wies Jesus Petrus an, „und wirf die Angel aus, und den ersten Fisch, der heraufkommt, den nimm; und wenn du sein Maul aufmachst, wirst du ein Zweigroschenstück finden; das nimm und gib‘s ihnen für mich und dich.“ Matthäus 17,27. DM.344.5 Teilen

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Obwohl Christus Seine Gottheit in ein menschliches Gewand gehüllt hatte, offenbarte Er durch dieses Wunder Seine Herrlichkeit. Es war deutlich, dass Er es war, der durch David erklärt hatte: „Alles Wild im Walde ist mein und die Tiere auf den Bergen zu Tausenden. Ich kenne alle Vögel auf den Bergen; und was sich regt auf dem Felde, ist mein. Wenn mich hungerte, wollte ich dir nicht davon sagen; denn der Erdkreis ist mein und alles, was darauf ist.“ Psalm 50,10-12. DM.345.1 Teilen

Als Jesus deutlich machte, dass Er nicht verpflichtet war, die Steuer zu bezahlen, ließ Er sich deswegen nicht auf einen Streit mit den Juden ein. Sie hätten doch nur Seine Worte falsch ausgelegt und gegen Ihn gerichtet. Um dadurch, dass Er nicht zahlte, keinen Anstoß zu erregen, tat Er das, was von Rechts wegen nicht von Ihm verlangt werden konnte. Diese Lektion sollte für Seine Jünger von großem Wert sein. Bald würde ein deutlicher Wandel in ihrer Beziehung zum Tempeldienst eintreten und Christus lehrte sie, sich nicht unnötig gegen die bestehende Ordnung zu wenden. Soweit wie möglich sollten sie keinerlei Anlass bieten, ihren Glauben zu missdeuten. Obwohl Christen keinen einzigen Grundsatz der Wahrheit aufgeben dürfen, sollten sie jedoch möglichst jedem Streit aus dem Weg gehen. Während Petrus zum See ging, blieb Christus mit den übrigen Jüngern allein im Haus. Er rief sie zusammen und fragte: „Worüber habt ihr denn auf dem Weg gesprochen?“ Markus 9,33 (NL). Die Anwesenheit Jesu und Seine Frage ließen die Angelegenheit, über die sie sich auf dem Weg gestritten hatten, in einem völlig anderen Licht erscheinen als zuvor. So schwiegen sie aus Scham und Schuldgefühl. Jesus hatte ihnen mitgeteilt, dass Er ihretwegen sterben müsste. Ihr selbstsüchtiger Ehrgeiz stand jetzt in schmerzlichem Gegensatz zu Seiner selbstlosen Liebe. DM.345.2 Teilen

Als Jesus ihnen sagte, dass Er sterben und wieder auferstehen werde, versuchte Er dadurch, mit ihnen ein Gespräch über die bevorstehende große Glaubensprüfung anzuknüpfen. Wären sie bereit gewesen, das anzunehmen, was Er ihnen mitteilen wollte, so wären ihnen bittere Not und Verzweiflung erspart geblieben. Seine Worte hätten sie in der Stunde der Verlassenheit und Enttäuschung getröstet. Obwohl Er so deutlich über das gesprochen hatte, was Ihn erwartete, entfachte die Erwähnung darüber, dass Er bald nach Jerusalem ziehen müsse, in den Jüngern erneut die Hoffnung, dass die Aufrichtung des Reiches unmittelbar bevorstehe. Dies hatte zu der Frage geführt, wer dann die höchsten Ämter einnehmen sollte. Als Petrus vom See zurückgekehrt war, erzählten ihm die Jünger, was der Heiland sie gefragt hatte. Schließlich wagte es einer, Jesus zu fragen: „Wer ist doch der Größte im Himmelreich?“ Matthäus 18,1. Der Heiland scharte die Jünger um sich und sagte: „Wenn jemand will der Erste sein, der soll der Letzte sein von allen und aller Diener.“ Markus 9,35. In diesen Worten lagen ein Ernst und ein Nachdruck, die den Jüngern unverständlich waren. Von dem, was Christus wahrnahm, konnten sie nichts sehen. Sie verstanden auch das Wesen des Reiches Christi nicht, und diese Unkenntnis war die offensichtliche Ursache ihres Streites. Der wahre Grund lag jedoch noch tiefer. Indem Er die Art des Reiches erklärte, konnte Christus ihren Streit vorübergehend schlichten, doch dessen eigentliche Ursache aber wurde nicht berührt. Selbst nachdem sie über alles Bescheid wussten, hätte jede Rangfrage den Streit wieder aufleben lassen können. Nach Christi Weggang wäre dadurch Unheil über die Gemeinde hereingebrochen. Im Streit um den ersten Platz bekundete sich der gleiche Geist, mit dem der große Kampf im Himmel begonnen hatte und der auch Christus vom Himmel auf die Erde gebracht hatte, um dort zu sterben. Vor Jesus erstand das Bild Luzifers, der „Sohn der Morgenröte“, der an Herrlichkeit alle Engel überstrahlte, die den Thron Gottes umgaben, und der durch die engsten Bande mit dem Sohn Gottes verbunden war. Luzifer hatte gesagt: „Ich will ... gleich sein dem Allerhöchsten.“ Jesaja 14,14. Dieser Wunsch nach Selbsterhöhung hatte Streit in die himmlischen Höfe gebracht und viele der Heerscharen Gottes aus seiner Gegenwart verbannt. Hätte Luzifer dem Allerhöchsten wirklich gleich sein wollen, dann würde er nie den ihm zugewiesenen Platz verlassen haben, denn die Gesinnung des Allerhöchsten zeigt sich in selbstlosem Dienen. Luzifer wollte zwar die Macht Gottes, aber nicht dessen Charakter. Für sich erstrebte er den höchsten Platz, und jeder, der von dem gleichen Geist beseelt ist, wird sich wie Luzifer verhalten. Auf diese Weise werden Entfremdung, Uneinigkeit und Streit unvermeidlich sein. Die Herrschaft fällt dem Stärksten zu. Das Reich Satans ist ein Reich der Machtentfaltung. Jeder sieht im andern ein Hindernis für das eigene Vorwärtskommen oder eine Stufenleiter, auf der er eine höhere Position ergattern kann. DM.345.3 Teilen

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Während Luzifer es für ein erstrebenswertes Ziel hielt, Gott gleich zu sein, wurde Christus, der Erhöhte „sondern er entäußerte sich selbst, nahm die Gestalt eines Knechtes an und wurde wie die Menschen; und in seiner äußeren Erscheinung als ein Mensch erfunden, erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz.“ Phil. 2,7f Jetzt stand Ihm das Kreuz unmittelbar bevor, Seine Jünger aber waren so voller Selbstsucht — dem eigentlichen Prinzip des Reiches Satans —, dass sie mit ihrem Herrn weder übereinstimmten noch Ihn verstanden, als Er zu ihnen von Seiner Erniedrigung sprach. DM.346.1 Teilen

Sehr sanft und dennoch mit ernstem Nachdruck versuchte Jesus dieses Übel zu korrigieren. Er zeigte auf, welches Prinzip im Himmel herrscht und worin nach dem Maßstab des Himmels wahre Größe besteht. Wen Stolz und Ehrsucht antreiben, der denkt nur an sich selbst und an den Lohn, der ihm zustünde, nicht aber daran, wie er Gott die empfangenen Gaben zurückgeben könne. Ins Himmelreich kämen solche Menschen nicht, da man sie den Reihen Satans zuordnen würde. DM.346.2 Teilen

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Der Ehre geht die Erniedrigung voraus. Um vor den Menschen eine hohe Stellung einzunehmen, wählt der Himmel denjenigen aus, der sich — wie Johannes der Täufer — vor Gott demütigt. Der Jünger, der einem Kind am ähnlichsten ist, leistet für Gott die beste Arbeit. Die himmlischen Wesen können mit denen zusammenwirken, der sich nicht selbst erhöht, sondern Menschenseelen retten will. Wem am meisten bewusst ist, wie dringend er Gottes Hilfe benötigt, der wird darum beten, und der Heilige Geist wird seinen Blick auf Jesus lenken. Das wird ihn stärken und wieder aufrichten. So eins geworden mit Christus wird er alles tun, Menschen für Ihn zu gewinnen, die sonst in ihren Sünden umkommen müssten. Er ist zu seinem Dienst berufen und hat selbst dort noch Erfolg, wo viele gelehrte und weise Männer scheitern. DM.347.1 Teilen

Wenn sich Menschen aber selbst erhöhen und meinen, für den Erfolg des großen Planes Gottes unersetzlich zu sein, dann sorgt der Herr dafür, dass sie beiseite gesetzt werden. Dadurch wird deutlich, dass der Herr von ihnen nicht abhängig ist. Das Werk kommt deswegen nicht zum Stillstand, weil sie davon ausgeschlossen sind, sondern es geht sogar mit größerer Kraft voran. DM.347.2 Teilen

Es genügte nicht, dass die Jünger Jesu über das Wesen seines Reiches unterrichtet wurden. Was sie brauchten, war eine Herzensänderung, damit sie mit den in diesem Reich herrschenden Prinzipien übereinstimmten. Jesus rief deshalb ein kleines Kind zu sich, stellte es mitten unter sie, nahm es liebevoll in Seine Arme und sagte: „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.“ Matthäus 18,2f. Die Schlichtheit, Selbstvergessenheit und vertrauende Liebe eines kleinen Kindes sind jene Eigenschaften, die der Himmel schätzt. Es sind Merkmale wahrer Größe. DM.347.3 Teilen

Wieder erklärte Jesus den Jüngern, dass die Eckpunkte Seines Reiches nicht irdische Würde und Prachtentfaltung sind. Zu Seinen Füßen sind alle diese Unterschiede vergessen. Reiche und Arme, Gelehrte und Unwissende sind dann vereint und denken nicht mehr an Standesunterschiede oder weltliche Rangstellungen. Alle sind als bluterkaufte Seelen versammelt und hängen in gleicher Weise von dem Einen ab, der sie mit Gott versöhnt hat. Ein aufrichtiges und reumütiges Herz ist in Gottes Augen kostbar. Er drückt den Menschen Sein Siegel auf, nicht auf Grund ihres Ranges, ihres Reichtums oder ihrer geistigen Größe, sondern wegen ihres Einsseins mit Christus. Der Herr der Herrlichkeit ist mit jenen zufrieden, die von Herzen sanftmütig und bescheiden sind. Schon David sagte: „Du gibst mir den Schild deines Heils ..., und deine Huld macht mich groß.“ Psalm 18,36. „Wer dies Kind aufnimmt in meinem Namen“, sagte Jesus, „der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat.“ Lukas 9,48. „Der Himmel ist mein Thron und die Erde der Schemel meiner Füße! ... Ich will aber den ansehen, der demütig und zerbrochenen Geistes ist und der zittert vor meinem Wort.“ Jesaja 66,1.2. DM.347.4 Teilen

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Die Worte des Heilands riefen in den Jüngern ein Gefühl des Misstrauens sich selbst gegenüber hervor. Auf keinen von ihnen zielte Jesu Antwort. Dennoch veranlasste sie Johannes zu der Frage, ob er in einem besonderen Fall richtig gehandelt habe. In kindlichem Geist trug er Jesus die Angelegenheit vor: „Meister, wir sahen einen, der uns nicht nachfolgt, in deinem Namen Dämonen austreiben, und wir wehrten es ihm, weil er uns nicht nachfolgt.“ Markus 9,38. DM.348.1 Teilen

Jakobus und Johannes meinten für die Ehre ihres Herrn einzutreten, als sie diesem Mann dies verwehrten. Doch nun wurde ihnen bewusst, dass sie auf ihre eigene Ehre bedacht gewesen waren. Sie erkannten ihren Fehler und nahmen Jesu Tadel hin: „Ihr sollt‘s ihm nicht verbieten. Denn niemand, der ein Wunder tut in meinem Namen, kann so bald übel von mir reden.“ Markus 9,39. Niemand, der in irgendeiner Weise Jesus freundlich begegnete, sollte einfach abgewiesen werden. Es gab viele, die durch das Wesen und Wirken Christi tief berührt waren und deren Herzen sich Ihm im Glauben auftaten. Die Jünger, die die Motive der Menschen nicht kannten, sollten sich daher hüten, diese Menschen zu entmutigen. Wenn Jesus nicht mehr persönlich unter ihnen weilte und das Werk ihren Händen anvertraut wäre, dann sollten sie sich nicht engherzig verhalten und andere ausschließen, sondern dasselbe umfassende Mitgefühl bekunden, das sie bei ihrem Meister gesehen hatten. DM.348.2 Teilen

Die Tatsache, dass jemand nicht auf allen Gebieten mit unseren persönlichen Vorstellungen oder Meinungen übereinstimmt, berechtigt uns noch lange nicht dazu, ihm die Arbeit für Gott zu verbieten. Christus ist der große Lehrer. Es ist nicht unsere Aufgabe, zu richten oder zu befehlen, sondern demütig sollte jeder von uns zu Jesu Füßen sitzen und von Ihm lernen. Jedes Menschenherz, das von Gott willig gemacht wurde, ist ein Kanal, durch das Christus Seine vergebende Liebe weitergeben will. Wie vorsichtig sollten wir deshalb sein, um ja keine Lichtträger Gottes zu entmutigen und dadurch die Strahlen zu unterbrechen, mit denen Er die Welt erleuchten möchte! Die Härte oder Kälte, mit der ein Jünger Jesu jemandem gegenübertritt, den Christus zu sich zieht, entspricht dem Verhalten des Johannes, der einen Mann daran hinderte, Wunder im Namen Christi zu tun. Das kann dazu führen, dass der Zurückgewiesene den Weg des Feindes einschlägt und verloren geht. Ehe jemand so etwas täte, „dem wäre es besser, dass ihm ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er ins Meer geworfen würde“, sagte Jesus. Er fügte noch hinzu: „Wenn dich aber deine Hand zum Abfall verführt, so haue sie ab! Es ist besser für dich, dass du verkrüppelt zum Leben eingehst, als dass du zwei Hände hast und fährst in die Hölle, in das Feuer, das nie verlöscht. Wenn dich dein Fuß zum Abfall verführt, so haue ihn ab! Es ist besser für dich, dass du lahm zum Leben eingehst, als dass du zwei Füße hast und wirst in die Hölle geworfen.“ Markus 9,42-45. DM.348.3 Teilen

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Weshalb diese ernste Sprache, die deutlicher nicht sein kann? Weil „der Menschensohn ... gekommen [ist], selig zu machen, was verloren ist“. Matthäus 18,11. Sollen sich Seine Jünger weniger um ihre Mitmenschen kümmern als die Majestät des Himmels? Jede Seele hat einen unendlichen Preis gekostet. Wie schlimm ist somit die Sünde, einen Menschen zur Abkehr von Christus zu bewegen und damit für sie die Liebe, die Erniedrigung und den Todeskampf des Erlösers vergeblich zu machen! DM.349.1 Teilen

„Weh der Welt der Verführungen wegen! Es müssen ja Verführungen kommen.“ Matthäus 18,7. Die Welt wird sich unter Satans Einfluss ganz sicher den Nachfolgern Christi entgegenstellen und versuchen, deren Glauben zu zerstören. Wehe aber demjenigen, der Christi Namen angenommen hat und dennoch Satans Werk ausführt! Unserem Herrn wird von denen Schmach zugefügt, die Ihm zu dienen behaupten, dabei aber Sein Wesen entstellen, so dass Tausende getäuscht und auf den falschen Weg geführt werden. DM.349.2 Teilen

Jede Gewohnheit oder Handlung, die zur Sünde führt und Schande über Christus bringt, sollten wir unbedingt ablegen, wie groß das Opfer auch sein mag. Was Gott entehrt, kann dem Menschen nicht zum Segen sein. Der Segen des Herrn kann auf niemandem ruhen, der die ewigen Grundsätze des Rechts verletzt. Schon eine einzige gehegte Lieblingssünde reicht aus, den Charakter zu verderben und andere Menschen in die Irre zu führen. Wenn man die Hand oder den Fuß abhacken oder das Auge ausreißen sollte, um den Körper vor dem Tod zu bewahren, wie viel mehr sollte man da eine Sünde ablegen, deren Folge der ewige Tod ist! DM.349.3 Teilen

Beim alttestamentlichen Gottesdienst wurde jedem Opfer Salz hinzugefügt. Dieser Brauch, wie auch das Darbringen von Weihrauch bedeutete, dass nur die Gerechtigkeit Christi diesen Dienst für Gott annehmbar machen konnte. Auf diesen Brauch bezog sich Christus: „Jedes Opfer [wird] mit Salz gesalzen ... Habt Salz in euch und haltet Frieden untereinander!“ Markus 9,49.50. Alle, die sich selbst darbringen wollen als ein „Opfer, das da lebendig, heilig und Gott wohlgefällig ist“ (Römer 12,1), müssen das rettende Salz erhalten, nämlich die Gerechtigkeit unseres Heilandes. Dann erst werden sie zum „Salz der Erde“ und halten das Übel von den Menschen fern, so wie auch das Salz vor dem Verderben schützt. Wenn aber „das Salz nicht mehr salzt“ (Matthäus 5,13), wenn die Frömmigkeit nur Formsache ist und die Liebe Christi fehlt, dann fehlt es an Kraft zum Guten. So ein Leben kann auf die Welt keinen rettenden Einfluss mehr ausüben. Eure Kraft und Tüchtigkeit beim Aufbau meines Reiches, sagt Jesus, hängen davon ab, dass ihr von meinem Geist erfüllt werdet. Ihr müsst an meiner Gnade teilhaben, um ein „Geruch des Lebens zum Leben“ zu sein. 2.Korinther 2,16. Dann wird es keine Rivalität, keine Selbstsucht und kein Streben nach der höchsten Stelle mehr geben. Ihr werden dann von der Liebe erfüllt sein, die nicht das ihre sucht, sondern das Wohl des andern. DM.349.4 Teilen

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Möchte doch der reumütige Sünder aufschauen zu „Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt“! Johannes 1,29. Durch Anschauen wird er verwandelt werden. Seine Furcht wird sich in Freude, seine Zweifel in Hoffnung wandeln, und Dankbarkeit wird in ihm aufblühen. Sein steinernes Herz wird zerbrechen. Eine Flut der Liebe ergießt sich in seine Seele. Christus wird in ihm zu einem Brunnen des Wassers, der „in das ewige Leben quillt“. Johannes 4,14. Wenn wir Jesus sehen: einen Mann, der mit Leiden und Kummer beladenen der für die Rettung der Verlorenen wirkt — verschmäht, verachtet, verhöhnt, getrieben von Stadt zu Stadt, bis Seinen Auftrag erfüllt war, wenn wir Ihn in Gethsemane erblicken, wo Sein Schweiß in großen Blutstropfen herabfällt, und am Kreuz, wo Er im Todeskampf stirbt, — wenn wir das sehen, wird unser Ich nicht mehr nach Anerkennung schreien. Ein Blick auf Jesus beschämt uns wegen unserer Gemütskälte, Trägheit und Selbstsucht. Wir sind dann bereit, alles oder nichts zu sein, damit wir unserem Meister von ganzem Herzen dienen können. Freudig werden wir Jesus unser Kreuz nachtragen und Versuchung, Schande oder Verfolgung um Seinetwillen ertragen. DM.350.1 Teilen

„Wir aber, die wir stark sind, sollen das Unvermögen der Schwachen tragen und nicht Gefallen an uns selber haben.“ Römer 15,1. Niemand, der an Christus glaubt, sollte gering geschätzt werden, mag sein Glaube auch schwach sein und seine Schritte unsicher wie die eines kleinen Kindes. Durch all das, wodurch wir anderen gegenüber im Vorteil sind — sei es Erziehung, Bildung, Charaktergröße, christliches Verhalten oder religiöse Erfahrung —, sind wir Schuldner der weniger Begünstigten. Soweit es in unserer Macht steht, sollen wir ihnen dienen. Sind wir stark, dann sollen wir die Hände der Schwachen stützen. Engel der Herrlichkeit, die jederzeit das Antlitz des Vaters im Himmel schauen, freuen sich, diesen „Kleinen“ dienen zu dürfen. Ängstliche Menschen, die noch unangenehme Wesenszüge an sich haben, sind ihnen besonders anvertraut worden. Die Engel sind immer dort, wo sie am meisten gebraucht werden, bei denen, die am härtesten gegen das eigene Ich kämpfen müssen und deren Umgebung am trostlosesten ist. An diesem Dienst sollen wahre Nachfolger Christi teilhaben. DM.350.2 Teilen

Falls sich einer dieser Kleinen dazu hinreißen lässt, dir Unrecht zuzufügen, dann ist es deine Aufgabe, ihn wieder auf den rechten Weg zu bringen. Warte nicht, bis er den ersten Versuch zur Versöhnung unternimmt. „Was meint ihr“, fragt Jesus, „wenn ein Mensch hundert Schafe hätte und eins unter ihnen sich verirrte: lässt er nicht die neunundneunzig auf den Bergen, geht hin und sucht das verirrte? Und wenn es geschieht, dass er‘s findet, wahrlich, ich sage euch: Er freut sich darüber mehr als über die neunundneunzig, die sich nicht verirrt haben. So ist‘s auch nicht der Wille bei eurem Vater im Himmel, dass auch nur eines von diesen Kleinen verloren werde.“ Matthäus 18,12-14. DM.350.3 Teilen

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Im Geist der Sanftmut, darauf achtend, „dass du nicht auch versucht werdest“ (Galater 6,1), geh zu dem Irrenden und „weise ihn zurecht zwischen dir und ihm allein“. Matthäus 18,15. Setze ihn nicht dadurch der Schande aus, dass du anderen seine Fehler ausbreitest. Verunehre Christus nicht dadurch, dass du die Sünde oder den Irrtum eines Menschen, der den Namen Christi trägt, öffentlich mitteilst. Oft muss man dem Irrenden deutlich die Wahrheit sagen und er muss dahin geführt werden, seinen Fehler einzusehen, damit er sich ändern kann. Du bist aber nicht dazu berufen, ihn zu richten oder zu verdammen. Versuche auch nicht, dich selbst zu rechtfertigen, sondern setze dich für seine Wiederherstellung ein. Seelische Wunden müssen besonders rücksichtsvoll und äußerst sensibel behandelt werden. Nur eine Liebe, wie sie von dem Leidensmann auf Golgatha ausstrahlt, kann hier helfen. Voller Mitleid soll der Bruder mit dem Bruder umgehen, und er darf wissen, dass er im Falle des Erfolges eine „Seele vom Tode erretten und ... die Menge der Sünden“ (Jakobus 5,20) bedecken konnte. DM.351.1 Teilen

Doch auch diese Mühe mag nutzlos sein. In solchem Fall, sagte Jesus, „nimm noch einen oder zwei zu dir“. Matthäus 18,16. Möglicherweise haben sie gemeinsam dort Erfolg, wo der Einzelne erfolglos geblieben war. Da sie in der Auseinandersetzung neutral sind, werden sie wahrscheinlich auch unparteiisch entscheiden. Dadurch erhält ihr Rat bei dem Irrenden größeres Gewicht. DM.351.2 Teilen

Will er jedoch auch auf sie nicht hören, dann, aber auch erst dann, soll die Angelegenheit der Gesamtheit der Gläubigen vorgelegt werden. Die Gemeindeglieder, als Beauftragte Christi, sollen sich im Gebet vereinen und in aller Liebe darum bitten, dass der Missetäter umkehren möge. Der Heilige Geist wird durch Seine Diener reden und den Irrenden bitten, zu Gott zurückzukehren. Der Apostel Paulus sagt im Auftrag Gottes: „Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi Statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!“ 2.Korinther 5,20. DM.351.3 Teilen

Wer diese gemeinsamen Einigungsversuche ablehnt, der hat das Band zerrissen, das ihn mit Christus verknüpfte, und sich von der Gemeinde losgesagt. Christus sagt: „So sei er für dich wie ein Heide und Zöllner“. Matthäus 18,17. Man soll ihn aber damit nicht als von der Gnade Gottes abgeschnitten betrachten. Seine bisherigen Brüder sollen ihn nicht verachten oder vernachlässigen, sondern ihn mit Sanftmut und echtem Mitgefühl behandeln — wie eins von den verlorenen Schafen, die Christus immer noch versucht, zu Seiner Herde zurückzuführen. Christi Anweisungen, wie man Irrende behandeln soll, wiederholt in besonderer Form die Unterweisung, die Israel durch Mose erteilt wurde: „Du sollst deinen Bruder nicht hassen in deinem Herzen, sondern du sollst deinen Nächsten zurechtweisen, damit du nicht seinetwegen Schuld auf dich lädst.“ 3.Mose 19,17. Das heißt, dass jemand, der die von Christus eingeschärfte Pflicht vernachlässigt, Irrende und Sünder auf den rechten Weg zu bringen, an ihrer Sünde teilhat. An Übeltaten, die wir hätten verhindern können, sind wir genauso mitschuldig, als hätten wir sie selbst begangen. DM.351.4 Teilen

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Nur dem Übeltäter selbst sollen wir sein Unrecht klar machen. Wir dürfen es nicht zu einem Thema der Diskussion und des Tadels machen. Selbst dann, wenn die Angelegenheit bereits der Gemeinde unterbreitet wurde, ist es uns nicht erlaubt, sie andern gegenüber zu wiederholen. Erfahren ungläubige Menschen von den Fehlern der Christen, dann geraten sie dadurch lediglich ins Straucheln, und wenn wir uns immer wieder bei diesen Vorfälle aufhalten, so werden sie uns nur schaden, denn durch Anschauen werden wir verwandelt. Versuchen wir, das Fehlverhalten eines Bruders zu bessern, so wird uns Christi Geist dazu führen, ihn möglichst vor der Kritik seiner Mitbrüder und noch weit mehr vor dem Urteil der Ungläubigen zu schützen. Auch wir sind fehlerhaft und benötigen Christi Barmherzigkeit und Vergebung. Wie wir von Ihm behandelt werden wollen, so sollen wir nach Seinem Wunsch auch miteinander umgehen. DM.352.1 Teilen

„Was ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel gelöst sein.“ Matthäus 18,18. Ihr handelt als Botschafter des Himmels, und die Folgen eures Handelns reichen in die Ewigkeit hinein. Doch wir brauchen diese große Verantwortung nicht allein zu tragen. Christus weilt überall dort, wo Menschen Seinem Wort mit aufrichtigem Herzen gehorchen. Er ist nicht nur in den Versammlungen der Gemeinde gegenwärtig, sondern wo immer sich Seine Jünger in Seinem Namen versammeln, wie wenige es auch sein mögen, da wird Er ebenfalls sein. Er sagt: „Wenn zwei unter euch eins werden auf Erden, worum sie bitten wollen, so soll es ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel.“ Matthäus 18,19. DM.352.2 Teilen

Jesus spricht von Seinem Vater im Himmel, weil Er Seine Jünger daran erinnern möchte, dass Er durch sein Menschsein mit ihnen verbunden ist, an ihren Versuchungen teilhat und mit ihren Leiden mitempfindet, während er durch Seine Göttlichkeit mit dem Thron des Unendlichen verbunden ist. DM.352.3 Teilen

Welch herrliche Verheißung! Die himmlischen Wesen vereinen sich voller Mitgefühl mit den Menschen und arbeiten für die Errettung der Verlorenen. Die ganze Macht des Himmels vereint sich mit den Fähigkeiten der Menschen, um Menschenseelen zu Christus zu ziehen. DM.352.4 Teilen

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