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Kapitel 61: Zachäus
Kapitel 61: Zachäus
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Auf der Grundlage von Lukas 19,1-10. DM.436 Teilen

Auf dem Weg nach Jerusalem zog Jesus durch Jericho. Diese Stadt lag inmitten einer tropischen Vegetation von üppiger Schönheit, einige Kilometer vom Jordan entfernt am westlichen Rand des Tales, das sich hier zu einer Ebene ausweitete. Mit ihren Palmen und den von quellenden Brunnen bewässerten fruchtbaren Gärten leuchtete die von Hügeln und Schluchten eingefasste Ebene wie ein Edelstein. Viele Reisekaravanen nahmen den Weg zum Fest über Jericho. Ihre Ankunft leitete stets eine festliche Jahreszeit ein, doch diesmal bewegte das Volk von Jericho ein tieferes Interesse. Es wurde bekannt, dass sich der galiläische Rabbi, der kürzlich Lazarus auferweckt hatte, in der Menge befand. Obwohl Gerüchte von Anschlägen der Priester verbreitet waren, wollte das Volk ihm huldigen. DM.436.1 Teilen

Jericho gehörte zu den Städten, die einst den Priestern vorbehalten waren. Und auch jetzt noch wohnte viele von ihnen dort. Zudem lebte in dieser Stadt eine Bevölkerung von sehr unterschiedlichem Charakter. Jericho war ein großer Handelsmittelpunkt, in dem sich neben Fremden aus verschiedenen Gegenden römische Beamte und Soldaten aufhielten. Das Eintreiben des Zolls machte die Stadt zur Heimat vieler Zöllner. Ein Oberster der Zöllner, Zachäus, war Jude und wurde von seinen Landsleuten verachtet. Sein Rang und sein Wohlstand waren der Lohn für einen Beruf, den diese verabscheuten und der nur als eine andere Bezeichnung für Ungerechtigkeit und Wucher angesehen wurde. Dennoch war der reiche Zöllner nicht der gefühllose Betrüger, der er zu sein schien. Unter dem Deckmantel von Eigennutz und Hochmut schlug ein Herz, das durchaus für göttliche Einflüsse empfänglich war. Zachäus hatte von Jesus gehört. Überallhin waren Informationen von dem Einen gedrungen, der sich auch gegenüber den geächteten Menschenklassen freundlich und höflich verhielt. Im Herzen des Obersten der Zöllner war die Sehnsucht nach einem besseren Leben erwacht. Nur wenige Kilometer von Jericho entfernt hatte Johannes der Täufer am Jordan gepredigt, und dessen Bußruf hatte auch Zachäus vernommen. Die an die Zöllner gerichtete Anweisung: „Fordert nicht mehr, als euch vorgeschrieben ist“ (Lukas 3,13), war ihm zu Herzen gegangen, obwohl er sie äußerlich missachtete. Er kannte die heiligen Schriften und war davon überzeugt, dass er falsch gehandelt hatte. Als er nun die Worte hörte, die von dem großen Lehrer stammten, spürte er, dass er in Gottes Augen ein Sünder war. Doch was er von Jesus gehört hatte, ließ Hoffnung in seinem Herzen aufflammen. Zu bereuen und sein Leben zu reformieren, war selbst bei ihm möglich. War nicht einer aus dem engsten Jüngerkreis des neuen Lehrers auch ein Zöllner gewesen? Zachäus begann sofort der Überzeugung zu folgen, die ihn ergriffen hatte, und an jenen Menschen, die er geschädigt hatte, wiedergutzumachen. DM.436.2 Teilen

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Schon hatte er begonnen, seinen bisherigen Weg zurückzuverfolgen, als die Nachricht durch Jericho eilte, dass Jesus in die Stadt kommt. Zachäus wollte unbedingt den Herrn sehen. Gerade erst begann er zu begreifen, wie bitter die Früchte der Sünde schmecken und wie mühsam der Pfad ist, auf dem er versuchte, sich von dem Unrecht abzuwenden. Missverstanden zu sein und beim Bemühen, seine Fehler wiedergutzumachen, argwöhnisch betrachtet zu werden, das war schwer zu ertragen. Der Zöllner sehnte sich danach, den Einen anzusehen, dessen Worte sein Herz so hoffnungsfroh gemacht hatten. DM.437.1 Teilen

Die Straßen waren überfüllt, und Zachäus, von kleiner Statur, konnte nicht über die Köpfe der anderen hinwegsehen. Keiner würde ihm Platz machen. So rannte er ein wenig der Menge voraus zu einem Feigenbaum, dessen Äste sich über den Weg breiteten. Der reiche Zöllner kletterte zu einem Platz in den Zweigen, von wo aus er die Kolonne überblicken konnte, wenn sie unter ihm vorüberzog. Die Menge kam näher und schritt vorbei, während Zachäus versuchte, den zu erkennen, den er sehen wollte. DM.437.2 Teilen

Durch das Geschrei der Priester und Rabbiner und die Willkommensrufe der Menge hindurch fand das unausgesprochene Verlangen des Obersten der Zöllner Eingang in Jesu Herz. Plötzlich, gerade unter dem Feigenbaum, blieb eine Gruppe stehen; die ganze Begleitung stockte, und Jesus, dessen Blick in der Seele zu lesen schien, schaute nach oben. Der Mann auf dem Baum glaubte nicht recht zu hören, als er vernahm: „Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren“. Lukas 19,5. Die Menge gab den Weg frei, und Zachäus ging — wie in einem Traum — den Weg voran zu seinem Haus. Doch die Rabbiner blickten finster drein und murmelten unzufrieden und abschätzig: „Bei einem Sünder ist er eingekehrt“. Lukas 19,7. DM.437.3 Teilen

Zachäus war von der Liebe und Zuneigung, die Jesus ihm, dem Unwürdigen, entgegenbrachte, überwältigt und sehr verwundert, und er verstummte. Nur die Liebe und Ergebenheit gegenüber seinem neu gefundenen Meister öffneten ihm die Lippen. Er wollte sein Bekenntnis und seine Reue allen mitteilen. In Gegenwart der großen Volksmenge trat er „vor den Herrn und sprach: ‚Siehe, Herr, die Hälfte von meinem Besitz gebe ich den Armen, und wenn ich jemanden betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück.‘ Jesus aber sprach zu ihm: ‚Heute ist diesem Hause Heil widerfahren, denn auch er ist Abrahams Sohn‘“. Lukas 19,8f. DM.437.4 Teilen

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Als der reiche Jüngling von Jesus weggegangen war, hatten sich die Jünger über die Worte ihres Meisters gewundert: „Wie schwer ist‘s, dass die, so ihr Vertrauen auf Reichtum setzen, ins Reich Gottes kommen!“ Sie hatten einander gefragt. „Wer kann dann selig werden?“ Markus 10,24.26. Nun war ihnen die Wahrheit der Worte Christi demonstriert worden: „Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich“. Lukas 18,27. Sie erkannten, wie ein Reicher dank der Gnade Gottes in das Himmelreich kommen konnte. DM.438.1 Teilen

Ehe Zachäus Jesus persönlich begegnet war, hatte er das begonnen, was ihn als echten Bußfertigen auswies. Bevor er von Menschen beschuldigt wurde, hatte er seine Sünde bekannt. Er hatte sich dem Wirken des Heiligen Geistes überlassen und begonnen, die Lehren umzusetzen, die für das alte Israel ebenso geschrieben waren wie für uns heute. Gott hatte gesagt: „Wenn dein Bruder verarmt neben dir und sich nicht mehr halten kann, so sollst du ihm Hilfe leisten, er sei ein Fremdling oder Gast, damit er bei dir leben kann. Du sollst keinen Zins noch Wucher von ihm nehmen, sondern sollst dich fürchten vor deinem Gott, damit dein Bruder neben dir leben kann. Du sollst ihm dein Geld nicht auf Zins geben noch deine Nahrungsmittel um einen Wucherpreis“. 3.Mose 25,35-37. DM.438.2 Teilen

„So soll nun keiner seinen Nächsten übervorteilen; sondern du sollst dich fürchten vor deinem Gott; denn ich, der HERR, bin euer Gott!“ 3.Mose 25,17. Diese Worte hatte Christus selbst gesprochen, als Er in der Wolkensäule verhüllt Sein Volk führte. Und die Antwort des Zachäus auf die Liebe Jesu zeigte sich im Mitleid mit den Armen und Leidenden. DM.438.3 Teilen

Unter den Zöllnern herrschte ein geheimes Einverständnis, so dass sie das Volk unterdrücken und sich gegenseitig in ihren betrügerischen Handlungen unterstützen konnten. Bei ihren Erpressungen führten sie nur aus, was schon eine fast allgemein übliche Sitte geworden war. Sogar die Priester und Rabbiner, die sonst verächtlich auf die Zöllner herab schauten, bereicherten sich unter dem Deckmantel ihres heiligen Amtes auf unehrliche Weise. Doch kaum gab Zachäus dem Einfluss des Heiligen Geistes nach, als er sich auch schon von jedem unredlichen Handeln abwandte. Keine Reue ist echt, wenn sie nicht eine völlige Umkehr bewirkt. Die Gerechtigkeit Christi ist kein Mäntelchen, um Sünden darunter zu verbergen, die nicht bekannt und nicht aufgegeben wurden. Sie ist vielmehr ein Lebensprinzip, das den Charakter umwandelt und das Verhalten prüft. Heiligkeit bedeutet völliges Aufgehen in Gott, die vollständige Übergabe des Herzens und des Lebens an den Willen Gottes. DM.438.4 Teilen

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Der Christ sollte in seinem geschäftlichen Umgang der Welt zeigen, wie unser Herr handeln würde. Bei jedem Geschäftsabschluss gilt es zu zeigen, dass Gott unser Lehrer ist. In der Buchhaltung, auf Urkunden, Quittungen und Wechseln sollte „Heilig dem Herrn“ geschrieben stehen. Wer vorgibt, ein Nachfolger Christi zu sein, jedoch unredlich handelt, legt ein falsches Zeugnis ab von dem heiligen, gerechten und barmherzigen Wesen des Herrn. Jeder bekehrte Mensch wird, wie Zachäus, den Eingang Christi in sein Herz dadurch offenbaren, dass er alle ungerechte Handlungen aufgibt, die sein Leben bisher bestimmt haben. Wie der Oberste der Zöllner wird er seine Aufrichtigkeit dadurch bezeugen, dass er das Unrecht wiedergutmacht. DM.439.1 Teilen

Gott sagt: Wenn er aber sich bekehrt „von seiner Sünde und tut, was recht und gut ist, so dass der Gottlose das Pfand zurückgibt und erstattet, was er geraubt hat, und nach den Satzungen des Lebens wandelt und nichts Böses tut, so soll er am Leben bleiben und nicht sterben und all seiner Sünden, die er getan hat, soll nicht mehr gedacht werden, denn er hat nun getan, was recht und gut ist; darum soll er am Leben bleiben“. Hesekiel 33,14-16. Haben wir andere durch irgendeinen ungerechten Geschäftsabschluss geschädigt, haben wir einen Menschen übervorteilt oder betrogen, selbst wenn es nicht gegen die gesetzlichen Grenzen verstieß, so sollten wir unser Unrecht bekennen und es wiedergutmachen, soweit es in unserer Macht liegt. Es ist unsere Schuldigkeit, nicht nur das zurückzuerstatten, was wir genommen haben, sondern auch den Zins, um den es anwüchse, wenn es richtig und sinnvoll genutzt würde. DM.439.2 Teilen

Der Heiland sagte zu Zachäus: „Heute ist diesem Hause Heil widerfahren.“ Lukas 19,9. Nicht nur Zachäus selbst wurde gesegnet, sondern mit ihm seine ganze Familie. Christus ging in sein Heim, um ihn in der Wahrheit zu unterrichten und seine Familie in den Dingen des Reiches Gottes zu unterweisen. Durch die Verachtung der Rabbiner und der Gläubigen war Zachäus und seinen Angehörigen der Besuch der Synagoge verwehrt gewesen, doch jetzt versammelten sie sich als die bevorzugteste Familie in ganz Jericho in ihrem eigenen Haus um den göttlichen Lehrer und hörten aufmerksam den Worten des Lebens. DM.439.3 Teilen

Wer Christus als seinen persönlichen Heiland aufnimmt, der bekommt Erlösung. Zachäus beherbergte Jesus nicht nur als einen vorübergehenden Gast seines Hauses, sondern als den Einen, der ständig in seinem Herzen wohnen sollte. Die Schriftgelehrten und Pharisäer beschuldigten ihn, ein Sünder zu sein, und sie murrten gegen Jesus, weil er Zachäus besuchte. Doch der Heiland erkannte in diesem „Obersten der Zöllner“ einen Sohn Abrahams, denn „die aus dem Glauben sind, das sind Abrahams Kinder“. Galater 3,7. DM.439.4 Teilen

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