Portrait von Ellen White
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Weizen und Unkraut
Weizen und Unkraut
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Die heikelste Aufgabe, die Männern und Frauen je übertragen werden kann, ist der Umgang mit Jugendlichen. Größte Sorgfalt sollte auf die Erziehung der Jugend verwandt werden. Die angewandte Art der Unterweisung sollte darauf abzielen, höchste und vortrefflichste Geisteskräfte zu entfalten. Eltern und Lehrer, die selbst keine Selbstbeherrschung, Geduld, Langmut, Liebe sowie kein Wohlwollen gelernt haben, sind für richtige Kindererziehung bestimmt ungeeignet. Welche bedeutsame Stellung für Eltern, Lehrer und Erzieher! Es gibt nur sehr wenige Menschen, die in der Lage sind, sich in die grundlegenden geistigen Bedürfnisse hineinzudenken und zu entscheiden, wie der Verstand, die aufkommenden Gedanken und Gefühle der Jugend geleitet werden können. Z3.141.1 Teilen

Kinder- und Jugenderziehung haben ihre bestimmte Zeit, und es ist erforderlich, dass beides in der Schule in hohem Maße miteinander verbunden wird. Man kann Kinder für den Dienst an der Sünde oder für den Dienst an der Gerechtigkeit aufziehen. Die frühe Erziehung formt den Charakter der Jugend in ihrem weltlichen und religiösen Leben. Salomo sagt: „Wie man einen Knaben gewöhnt, so lässt er nicht davon, wenn er alt wird.“ Sprüche 22,6. Diese Worte sind unanfechtbar. Die uns von Salomo eingeschärften Erziehungsgrundsätze heißen lenken, erziehen und zur Entfaltung bringen. Damit Eltern und Lehrer dieser Aufgabe gewachsen sind, müssen sie selbst „den Weg“ kennen, den das Kind einschlagen soll. Das umschließt mehr als nur Bücherweisheit. Es gehört alles dazu, was gut, kraftvoll, rechtschaffen und heilig ist. Erziehung umfasst Mäßigkeit, Frömmigkeit, brüderliches Wohlwollen, die Liebe zu Gott und die Liebe untereinander. Um dieses Ziel zu erreichen, erfordert die körperliche, geistige, sittliche und religiöse Erziehung der Kinder besondere Aufmerksamkeit. Z3.141.2 Teilen

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Die Erziehung der Kinder zu Hause oder in der Schule gleiche nicht der Abrichtung unverständiger Tiere; denn auch Kinder verfügen über einen verständigen Willen, der zur Beherrschung aller ihrer Kräfte angeleitet werden soll. Unverständige Tiere müssen abgerichtet werden, weil sie weder Vernunft noch Verstand besitzen. Aber der menschliche Geist muss zur Selbstbeherrschung erzogen werden, um des Menschen Wesen zu leiten, während die Tiere von ihrem Herrn im Zaum gehalten werden. Sie sind abgerichtet, ihm zu gehorchen. Der Besitzer des Tieres handelt und urteilt für sein Geschöpf. In dieser Weise kann auch ein Kind erzogen werden, dass es, wie ein Tier, keinen eigenen Willen hat, dass seine Eigenständigkeit völlig in der seines Erziehers aufgeht und sein Wille ganz und gar dem Willen des Lehrers ergeben ist. Z3.142.1 Teilen

Kinder, die so erzogen werden, lassen, was ihre moralische Stärke und ihr Verantwortungsbewusstsein betrifft, manche Wünsche offen. Man lehrte sie nicht, nach Vernunft und Grundsatz zu handeln. Ihr Wille wird von einem anderen gelenkt, und der Verstand erhält keine Gelegenheit, zu reifen und sich durch Übung zu stärken. Ohne Berücksichtigung ihrer ihnen eigentümlichen körperlichen Verfassung und ihrer geistigen Fähigkeiten erzieht und leitet man diese jungen Menschen, die einmal ihre besten Kräfte einsetzen sollen, wenn es verlangt wird. Der Pflege der schwächeren Anlagen gelte die besondere Beachtung der Lehrer, damit alle vorhandenen Kräfte entwickelt werden können. Dann werden sie von einem Grad der Entwicklung zum andern heranwachsen, und das geistige Vermögen wird ein bestimmtes Niveau erreichen. Z3.142.2 Teilen

Es gibt viele Kinder, die den Eindruck einer guten Erziehung erwecken, solange sie sich unter Aufsicht befinden; wenn sie jedoch nicht mehr dazu angehalten werden, einem gewissen System von Regeln zu folgen, zeigen sie sich unfähig, selbständig zu denken, zu urteilen und zu handeln. Diese Kinder haben so lange unter dem Einfluss einer harten Erziehung gestanden, dass ihnen jetzt das Selbstvertrauen fehlt, um dem eigenen Urteilsvermögen zu folgen. Sie besitzen auch keine eigene Meinung; denn gerade in den Dingen, die dafür besonders geeignet waren, sich eine eigene Meinung zu bilden, durften sie nicht selbständig denken und handeln. Wenn sie schließlich ihre Eltern verlassen und auf sich selbst angewiesen sind, werden sie leicht durch das Urteil anderer in falsche Bahnen gelenkt. Ihnen fehlt Charakterfestigkeit. Man lässt sie nicht früh genug und sobald es ratsam erscheint auf eigenen Füßen stehen. Deshalb können ihre Verstandeskräfte nicht richtig reifen und sich entfalten. Die Kinder werden so lange von ihren Eltern beherrscht, bis sie schließlich vollständig von ihnen abhängig sind. Ihre Eltern ersetzen ihnen Verstand und Urteilskraft. Z3.142.3 Teilen

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Andererseits sollten die Kinder nicht völlig unabhängig vom Urteil ihrer Eltern und Lehrer denken und handeln. Sie sollten nicht nur belehrt werden, das Urteil erfahrener Menschen zu achten und sich der Führung ihrer Eltern und Lehrer anzuvertrauen, sondern auch so erzogen und angeleitet werden, dass sich ihre Wünsche mit denen ihrer Eltern und Lehrer decken und sie es als selbstverständlich ansehen, deren Rat zu befolgen. Wenn sie dann der leitenden Hand ihrer Eltern und Lehrer entwachsen sind, wird ihr Charakter gewiss nicht einem im Winde schwankenden Rohr gleichen. Z3.143.1 Teilen

An geistiger und sittlicher Kraft geschwächte Jugendliche sind meist das Produkt einer zu strengen Erziehung. Sie wurden nicht zum selbständigen Denken und Handeln entsprechend ihrer geistigen Verfassung angeleitet, um dadurch geistig zu wachsen, Selbstbewusstsein zu erlangen und Vertrauen zu ihrem eigenen Können zu gewinnen. Wenn sie sich dann im Lebenskampf bewähren müssen und nach eigenem Ermessen handeln sollen, zeigt es sich, dass sie wie Tiere abgerichtet, aber nicht erzogen sind. Ihr Wille ist durch die strenge Zucht der Eltern und Lehrer völlig unterjocht statt gelenkt worden. Z3.143.2 Teilen

Jene Eltern und Lehrer, die sich brüsten, sich die ihrer Obhut anvertrauten Kinder völlig gefügig gemacht zu haben, stellten ihre Großsprecherei ein, wenn sie das künftige Leben ihrer Kinder verfolgen könnten, deren Eigenständigkeit sie durch Zwang oder Furcht unterworfen und gebrochen haben. Diese Kinder sind beinahe gänzlich unvorbereitet, die unerbittlichen Verantwortlichkeiten des Lebens auf sich zu nehmen. Stehen diese Jugendlichen nicht mehr unter den Fittichen ihrer Eltern und Lehrer und werden sie dann selbständig denken und handeln müssen, lässt sich mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass diese Kinder in falsche Bahnen geraten und unter die Macht der Versuchung fallen. Ihr Leben bleibt ohne Erfolg, und die gleichen Mängel werden auch in ihrem religiösen Leben erkennbar. Könnten sich die Erzieher der Kinder und Jugendlichen das Ergebnis ihrer falschen Erziehungsweise genau vorstellen, änderten sie ihre Erziehungsmethoden. Die Lehrer, die Befriedigung empfinden, wenn sie den selbständigen Willen des Schülers nahezu vollständig ausgeschaltet haben, sind nicht die erfolgreichsten Lehrer, wenn auch der Anschein für eine Zeitlang erweckt werden mag. Z3.143.3 Teilen

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Gott hat niemals beabsichtigt, dass eines Menschen Wille unter der vollständigen Herrschaft eines anderen stehen soll. Wem darum zu tun ist, die Persönlichkeit seiner Schüler auszuschalten und für sie Verstand, Wille und Gewissen zu sein, der übernimmt eine schwerwiegende Verantwortung. Diese Schüler mögen bei bestimmten Gelegenheiten wie gut gedrillte Soldaten auftreten; ist jedoch aller Zwang aufgehoben, tritt ihre mangelnde Selbständigkeit, nach festen Grundsätzen zu handeln, zutage. Nur die Lehrer sind die brauchbarsten und anhaltend erfolgreichsten, die ihre Schüler zu charakterfesten Männern und Frauen heranbilden, die jeder Stellung im Leben gewachsen sind, und sie so erziehen, dass diese erkennen und empfinden, dass alle Kräfte in ihnen selbst liegen. Ihr Werk mag dem oberflächlichen Beobachter nichts besonders Vorteilhaftes zu zeigen haben. Auch mag ihr Wirken nicht so hoch bewertet werden wie die Tätigkeit des Lehrers, der das Denken und den Willen seiner Schüler durch seine autoritative Gewalt beherrscht. Das spätere Leben der Schüler wird jedoch die Früchte der besseren Erziehungsmethode offenbaren. Z3.144.1 Teilen

Die Gefahr besteht darin, dass Eltern und Lehrer zu viel vorschreiben und befehlen und dabei versäumen, mit ihren Kindern und Schülern in ein hinreichend persönliches Verhältnis zu kommen. Sie verhalten sich häufig zu reserviert und üben ihre Macht in einer kalten, gefühllosen Weise aus, die die Herzen ihrer Kinder und Schüler nicht zu gewinnen vermag. Wenn sie den Kindern näher stünden und ihnen zeigten, dass sie sie lieben und für alle ihre Bemühungen Verständnis haben, selbst für ihre Spiele, und sich selbst manchmal als Kind unter Kindern fühlten, machten sie die Kinder sehr glücklich und gewönnen ihre Liebe und ihr Vertrauen. Die Kinder liebten dann eher ihre Eltern und Erzieher und achteten ihre Autorität. Z3.144.2 Teilen

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Gewohnheiten und Grundsätze eines Lehrers sollten für wichtiger erachtet werden als seine wissenschaftliche Befähigung. Ist er ein aufrichtiger Christ, wird er die Notwendigkeit einsehen, der körperlichen, geistigen, sittlichen und religiösen Erziehung das gleiche Interesse zu widmen. Um den richtigen Einfluss auszuüben, sollte er sich selbst vollkommen beherrschen können. Sein Herz gehöre seinen Schülern. In seinen Gesten, Worten und Taten wird seine Liebe zum Ausdruck kommen. Charakterfestigkeit ist für ihn unerlässlich. Nur dann wird er imstande sein, den Charakter seiner Schüler zu formen und ihnen eine wissenschaftliche Bildung zu vermitteln. Im Allgemeinen legt die frühzeitige Erziehung der Kinder ihren Charakter für das ganze Leben fest. Wer mit Kindern umgehen muss, sollte bei der Entfaltung ihrer geistigen Fähigkeiten äußerst behutsam sein, um ihre Verstandeskräfte am nutzbringendsten einsetzen zu können. Z3.145.1 Teilen

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