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Kapitel 38: Paulus als Gefangener
Kapitel 38: Paulus als Gefangener
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Auf Grundlage von Apostelgeschichte 21,17 bis Apostelgeschichte 23,35. DAp.262 Teilen

„Als wir nun nach Jerusalem kamen, nahmen uns die Brüder gerne auf. Am nächsten Tag aber ging Paulus mit uns zu Jakobus und es kamen die Ältesten alle dorthin.“ Apostelgeschichte 21,17f. DAp.262.1 Teilen

Bei dieser Gelegenheit überreichten Paulus und seine Begleiter den Leitern des Werkes zu Jerusalem die Spende, die sie von den Christen aus den Heidenländern zur Unterstützung der Armen unter den jüdischen Brüdern erhalten hatten. Die Sammlung dieser Beträge hatte den Apostel und seine Mitarbeiter viel Zeit, sorgfältige Überlegung und mühevolle Arbeit gekostet. Die Summe, die die Erwartungen der Ältesten zu Jerusalem weit übertraf, zeugte von vielen Opfern und großen Entbehrungen seitens der nichtjüdischen Gläubigen. DAp.262.2 Teilen

Diese freiwilligen Gaben bezeugten die Treue der Bekehrten aus dem Heidentum zum Werk Gottes in der ganzen Welt und hätten von allen mit dankbarer Anerkennung angenommen werden sollen. Trotzdem bemerkten Paulus und seine Gefährten deutlich, dass selbst unter den Gläubigen, vor denen sie jetzt standen, manche nicht imstande waren, den Geist der brüderlichen Liebe recht zu schätzen, der diese Gaben erst möglich gemacht hatte. DAp.262.3 Teilen

Schon in den Anfangsjahren des Evangeliumsdienstes unter den Nichtjuden hatten einige der leitenden Brüder von Jerusalem, die noch an alten Vorurteilen und Denkgewohnheiten festhielten, nicht so bereitwillig mit dem Apostel und seinen Gefährten Hand in Hand gearbeitet. In ihrem Bestreben, gewisse bedeutungslose Formen und Bräuche zu bewahren, hatten sie die Segnungen aus dem Auge verloren, die ihnen wie auch der ganzen Sache, die sie liebten, zuteil geworden wären, wenn sie sich bemüht hätten, alle Bereiche des Werkes des Herrn zusammenzufassen. DAp.262.4 Teilen

Wenn sie auch auf das Wohl der christlichen Gemeinde bedacht waren, so hatten sie es doch versäumt, den sich ihnen durch Gottes Fügungen eröffnenden Gelegenheiten entsprechend voranzugehen, und hatten in ihrer menschlichen Weisheit versucht, den Arbeitern im Werk Gottes unnötige Beschränkungen aufzuerlegen. So bildete sich eine Gruppe von Männern, denen die wechselnden Verhältnisse und besonderen Bedürfnisse der Arbeit in den entfernten Feldern nicht persönlich bekannt waren, die sich aber dennoch anmaßten, den Brüdern draußen genau vorzuschreiben, wie sie arbeiten sollten. Sie meinten, die Evangeliumsverkündigung müsse in Übereinstimmung mit ihrer Auffassung ausgeführt werden. DAp.262.5 Teilen

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Mehrere Jahre waren bereits vergangen, seit die Brüder in Jerusalem gemeinsam mit den Vertretern anderer führender Gemeinden sorgsam über die schwierigen Fragen beraten hatten, die sich aus der Arbeitsweise derer ergeben hatten, die unter den Nichtjuden wirkten. Als Ergebnis dieses Konzils hatten sich die Brüder dahin geeinigt, den Gemeinden klare Anweisungen über gewisse Formen und Bräuche einschließlich der Beschneidung zu erteilen. Bei dieser Gelegenheit hatten die Brüder ferner einmütig beschlossen, den christlichen Gemeinden Barnabas und Paulus als Arbeiter zu empfehlen, die des vollen Vertrauens eines jeden Gläubigen würdig waren. DAp.263.1 Teilen

Unter denen, die bei dieser Versammlung zugegen gewesen waren, hatte es einige gegeben, die zunächst die Arbeitsweise der Apostel scharf kritisierten, auf denen die Hauptlast der Verkündigung des Evangeliums unter den Heiden ruhte. Aber noch während der Beratung war ihr Blick für Gottes Ratschluss geweitet worden, und sie hatten gemeinsam mit den Brüdern weise Beschlüsse gefasst, die den Zusammenschluss aller Gläubigen zu einer großen Gemeinschaft möglich machten. DAp.263.2 Teilen

Als sich dann später herausstellte, dass die Zahl der Gemeindeglieder aus den Nichtjuden rasch zunahm, erhoben einzelne leitende Brüder in Jerusalem erneut ihre Vorurteile gegenüber der Arbeitsweise des Paulus und seiner Gefährten. Diese Voreingenommenheit hatte sich mit den Jahren immer mehr vertieft, bis schließlich einige leitende Männer beschlossen, dass die Evangeliumsverkündigung künftig nur noch in Übereinstimmung mit ihren eigenen Vorstellungen zu geschehen habe. Wenn Paulus sich in seinem Wirken an die von ihnen festgelegten Richtlinien hielte, wollten sie seine Arbeit anerkennen und unterstützen, andernfalls sahen sie sich gezwungen, ihm gegenüber eine abweisende Haltung einzunehmen und ihm jede weitere Unterstützung zu entziehen. DAp.263.3 Teilen

Diese Männer hatten die Tatsache aus den Augen verloren, dass Gott selbst der Lehrer seines Volkes ist, dass seinem Willen nach jeder Mitarbeiter in seinem Werk zu einer persönlichen Erfahrung in der Nachfolge des göttlichen Führers gelangt und nicht von Menschen geführt zu werden erwartet und dass seine Diener nicht nach menschlichen Vorstellungen, sondern nach dem Bild Gottes zubereitet und gestaltet werden sollen. DAp.263.4 Teilen

Paulus hatte in seinem Predigtdienst die Leute „nicht mit überredenden Worten menschlicher Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft“ (1.Korinther 2,4) belehrt. Durch den Heiligen Geist war ihm die Wahrheit offenbart worden, die er verkündigte; „denn der Geist erforscht alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit. Denn welcher Mensch weiß, was im Menschen ist, als allein der Geist des Menschen, der in ihm ist? So weiß auch niemand, was in Gott ist, als allein der Geist Gottes.“ 1.Korinther 2,10.11. Paulus erklärte: „Davon reden wir auch nicht mit Worten, wie sie menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der Geist lehrt, und deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen.“ 1.Korinther 2,13. DAp.263.5 Teilen

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Während seiner Tätigkeit als Predigt hatte Paulus stets auf Gott geschaut und sich von ihm führen lassen. Zugleich war er aber auch sehr darauf bedacht, in Übereinstimmung mit den Beschlüssen des Konzils in Jerusalem zu handeln, und so „wurden die Gemeinden im Glauben befestigt und nahmen täglich zu an Zahl“. Apostelgeschichte 16,5. Als ihm jetzt einige wenig Verständnis entgegenbrachten, tröstete ihn das Bewusstsein, seine Pflicht getan zu haben, hatte er doch die durch ihn Bekehrten zu Treue, Freigebigkeit und brüderlicher Liebe ermutigt. Die ansehnlichen Geldbeträge, die er den jüdischen Ältesten überreichen konnte, zeigten das deutlich. DAp.264.1 Teilen

Nachdem Paulus die Spenden übergeben hatte, „erzählte er eins nach dem andern, was Gott unter den Heiden durch seinen Dienst getan hatte“. Apostelgeschichte 21,19. Durch den Bericht dieser Tatsachen wurden alle, selbst die Zweifler, davon überzeugt, dass der Segen des Himmels sein Wirken begleitet hatte. „Da sie aber das hörten, lobten sie Gott.“ Apostelgeschichte 21,20. Sie erkannten, dass der Himmel die Arbeit des Apostels bestätigt hatte. Die vor ihnen liegenden freiwilligen Gaben bekräftigten das Zeugnis des Apostels über die Treue der unter den Nichtjuden gegründeten neuen Gemeinden. Die Männer, die zu den Verantwortlichen des Werkes in Jerusalem gehörten und die gefordert hatten, den Apostel durch willkürliche Maßnahmen zu überwachen, sahen seine Tätigkeit nun in einem ganz neuen Licht. Sie kamen zu der Überzeugung, dass der von ihnen eingeschlagene Weg falsch gewesen war und dass sie an jüdische Sitten und Überlieferungen gebunden waren und dadurch den Fortgang des Evangeliumswerkes stark behindert hatten. Sie hatten nämlich nicht erkannt, dass die Scheidewand zwischen Juden und Nichtjuden durch den Tod Christi niedergerissen worden war. DAp.264.2 Teilen

Das war für alle leitenden Brüder eine besonders günstige Gelegenheit, ganz offen zu bekennen, dass Gott durch Paulus gewirkt habe und sie sich durch die Berichte seiner Feinde zu Eifersucht und Vorurteilen gegen ihn hatten verleiten lassen. Anstatt aber gemeinsam dem von ihnen Geschädigten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, gaben sie ihm einen Rat, der durchblicken ließ, dass sie immer noch der Gedanke beherrschte, Paulus sei selbst schuld an dem bestehenden Vorurteil. Statt großmütig für ihn einzutreten und den Unzufriedenen ihr Unrecht nachzuweisen, wollten sie dadurch einen Ausgleich herbeiführen, dass sie ihm einen Weg einzuschlagen rieten, auf dem nach ihrer Meinung alle Missverständnisse beseitigt werden könnten. DAp.264.3 Teilen

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„Bruder, du siehst“, erwiderten sie auf sein Zeugnis, „wie viel tausend Juden gläubig geworden sind, und sind alle Eiferer für das Gesetz; ihnen ist aber berichtet worden über dich, dass du alle Juden, die unter den Heiden wohnen, lehrest von Mose abfallen und sagest, sie sollen ihre Kinder nicht beschneiden, auch nicht nach jüdischer Weise leben. Was nun? Auf jeden Fall werden sie hören, dass du gekommen bist. So tu nun dies, was wir dir sagen. Wir haben vier Männer, die haben ein Gelübde auf sich; die nimm zu dir und lasse dich reinigen mit ihnen und trage die Kosten für sie, dass sie ihr Haupt scheren können; so werden alle erkennen, dass es nicht so sei, wie ihnen über dich berichtet ist, sondern dass du selber auch nach dem Gesetz lebst und es hältst. Denn nur den Gläubigen aus den Heiden haben wir geschrieben und beschlossen, dass sie sich bewahren sollen vor dem Götzenopfer, vor Blut, vor Ersticktem und vor Unzucht.“ Apostelgeschichte 21,20-25. DAp.265.1 Teilen

Die Brüder hofften, dass Paulus auf diese Weise die falschen Berichte über ihn eindeutig widerlegen würde. Sie versicherten ihm darüber hinaus, dass der Beschluss des allgemeinen Konzils zu Jerusalem über die bekehrten Nichtjuden und das Zeremonialgesetz immer noch in Kraft sei. Aber ihr jetziger Rat ließ sich mit jener Entscheidung nicht vereinbaren. Gottes Geist hatte diese Anweisung nicht gegeben, sie war eine Frucht der Feigheit. Die Leiter der Gemeinde in Jerusalem wussten nur zu gut, dass sich die Christen durch Nichtbeachtung des Zeremonialgesetzes den Hass der Juden zuziehen und Verfolgungen aussetzen würden. Der Hohe Rat tat alles, um den Fortschritt des Evangeliums aufzuhalten. Er beauftragte Männer, die den Aposteln, besonders aber Paulus, auf den Fersen bleiben und sich ihrem Wirken auf jede nur mögliche Weise widersetzen sollten. Konnten nun Christusgläubige dem Hohen Rat als Gesetzesübertreter überantwortet werden, dann würden sie als Abgefallene vom jüdischen Glauben sofort schwer bestraft werden. DAp.265.2 Teilen

Viele Juden, die das Evangelium angenommen hatten, besaßen noch eine sehr hohe Achtung vor dem Zeremonialgesetz und waren nur allzu bereit, unkluge Zugeständnisse zu machen. Sie hofften dadurch das Vertrauen ihrer Landsleute zu gewinnen, deren Vorurteile zu beseitigen und sie für den Glauben an Christus als den Welterlöser zu gewinnen. Dem Paulus war klar, dass viele der leitenden Glieder der Gemeinde in Jerusalem auch weiterhin darauf hinarbeiten würden, seinen Einfluss zu untergraben, solange sie gegen ihn voreingenommen waren. Er dachte, dass ein großes Hindernis für den Erfolg des Evangeliums an anderen Orten beseitigt werden konnte, wenn er sie durch irgendein annehmbares Zugeständnis für die Wahrheit gewinnen würde. Gott hatte ihn jedoch nicht dazu ermächtigt, so weit zu gehen, wie sie es von ihm forderten. DAp.265.3 Teilen

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Wenn wir an den Herzenswunsch des Apostels Paulus denken, mit seinen Brüdern übereinzustimmen, an seine Rücksichtnahme auf die Schwachen im Glauben, seine Achtung vor den Aposteln, die mit Christus gewesen waren, besonders vor Jakobus, dem Bruder des Herrn, und an seinen Vorsatz, jedem soweit wie möglich entgegenzukommen, ohne dabei Grundsätze aufzugeben, — wenn wir das alles bedenken, dann überrascht es uns weniger, dass er sich drängen ließ, von dem festen, sicheren Weg abzuweichen, den er bisher so entschieden gegangen war. Anstatt dem ersehnten Ziel näherzukommen, beschleunigte er durch sein Bemühen um Ausgleich nur die Entscheidung. Die Folge war, dass die vorhergesagten Leiden schneller über ihn hereinbrachen, zu einer Trennung von seinen Brüdern führten, die Gemeinde um einen ihrer stärksten Pfeiler beraubte und die Christen in allen Ländern mit Kummer erfüllte. DAp.266.1 Teilen

Am folgenden Tag begann Paulus den Rat der Ältesten auszuführen. Er ging mit den vier Männern, die das Gelübde des Gottgeweihten auf sich genommen hatten, dessen vorgesehene Zeit fast abgelaufen war, „in den Tempel und zeigte an, dass die Tage der Reinigung vollendet seien, sobald für einen jeglichen unter ihnen das Opfer gebracht wäre“. Apostelgeschichte 21,26. Doch noch mussten bestimmte kostspielige Reinigungsopfer gebracht werden. DAp.266.2 Teilen

Die Paulus geraten hatten, diesen Schritt zu tun, bedacht aber nicht, welcher großen Gefahr sie ihn dadurch aussetzten. Zu dieser Zeit weilten in Jerusalem Gottesdienstbesucher aus vielen Ländern. Paulus hatte entsprechend dem Auftrag Gottes das Evangelium den Nichtjuden gebracht und dabei viele der größten Städte der Welt besucht. So war er Tausenden von Festteilnehmern, die von auswärts nach Jerusalem gekommen waren, gut bekannt. Unter ihnen befanden sich Männer, deren Herzen von bitterem Hass ihm gegenüber erfüllt waren. Daher war das Betreten des Tempels bei solch einem öffentlichen Anlass für ihn lebensgefährlich. Einige Tage konnte er anscheinend unbemerkt unter den Anbetern aus- und eingehen, aber als er kurz vor Schluss der angesetzten Frist gerade mit einem Priester über das darzubringende Opfer sprach, wurde er von einigen Juden aus Asien erkannt. DAp.266.3 Teilen

Mit teuflischer Wut stürzten sie sich auf ihn und schrien: „Ihr Männer von Israel, helft! Dies ist der Mensch, der alle Menschen an allen Enden lehrt wider unser Volk, wider das Gesetz und wider diese Stätte.“ DAp.266.4 Teilen

Als die Leute auf diesem Hilferuf herbeieilten, fügten sie eine weitere Begründung hinzu: „Dazu hat er auch Griechen in den Tempel geführt und diese heilige Stätte entweiht.“ Apostelgeschichte 21,28. DAp.266.5 Teilen

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Dem jüdischen Gesetz nach war es ein todeswürdiges Verbrechen, wenn ein Unbeschnittener die inneren Vorhöfe des heiligen Bauwerkes betrat. Paulus war in der Stadt in Begleitung des Trophimus, eines Ephesers, gesehen worden, und man vermutete, dass er ihn in den Tempel gebracht habe. Das hatte er jedoch nicht getan, und da er selbst ein Jude war, hatte er durch das Betreten des Tempels keineswegs das Gesetz übertreten. Obwohl diese Anklage völlig falsch war, genügte sie doch, das Vorurteil des Volkes zu erregen. Als der Ruf erscholl und die Tempelhöfe erfüllte, geriet die dort versammelte Menge in Empörung. Schnell verbreitete sich die Nachricht durch Jerusalem, „und die ganze Stadt wurde erregt und es entstand ein Auflauf des Volkes.“ Apostelgeschichte 21,30a. DAp.267.1 Teilen

Dass ein Abtrünniger Israelit es wagte, den Tempel zu entweihen in einer Zeit, da Tausende aus allen Teilen der Welt zur Anbetung hingekommen waren, entzündete die Leidenschaften der Volksmassen überaus heftig. „Sie ergriffen aber Paulus und zogen ihn zum Tempel hinaus. Und sogleich wurden die Tore zugeschlossen.“ Apostelgeschichte 21,30b. DAp.267.2 Teilen

„Als sie ihn aber töten wollten, kam die Nachricht hinauf vor den Oberst der Abteilung, dass ganz Jerusalem in Aufruhr sei.“ Apostelgeschichte 21,31. Klaudius Lysias, der die aufrührerischen Elemente, mit denen er es zu tun hatte, wohl kannte, „nahm sogleich Soldaten und Hauptleute und lief hinunter zu ihnen. Als sie aber den Oberst und die Soldaten sahen, hörten sie auf, Paulus zu schlagen.“ Apostelgeschichte 21,32. Der römische Hauptmann kannte nicht die Ursache der Aufregung, er sah nur, dass die Wut der Menge sich gegen Paulus richtete, und hielt ihn für einen ägyptischen Aufrührer, von dem er zwar gehört hatte, der aber bis dahin der Gefangennahme entkommen konnte. So „nahm er ihn fest und ließ ihn fesseln mit zwei Ketten und fragte, wer er wäre und was er getan hätte“. Apostelgeschichte 21,33. Sogleich erhoben sich viele Stimmen in lauter, zorniger Anklage. „Einer aber rief dies, der andre das im Volk. Da er aber nichts Gewisses erfahren konnte wegen des Getümmels, ließ er ihn in die Burg führen. Und als er an die Stufen kam, mussten ihn die Soldaten tragen wegen des Ungestüms des Volkes; denn die Menge folgte und schrie: Weg mit ihm!“ Apostelgeschichte 21,34-36. DAp.267.3 Teilen

Inmitten dieses Aufruhrs blieb der Apostel ruhig und gefasst. Seine Gedanken waren auf Gott gerichtet, wusste er doch, dass ihn Engel vom Himmel umgaben. Es gefiel ihm nur nicht, dass er den Tempel verlassen sollte, ohne den Versuch gemacht zu haben, seinen Landsleuten die Wahrheit darzulegen. Gerade als er in die Burg geführt werden sollte, fragte er den Oberhauptmann: „Darf ich mit dir reden?“ Lysias erwiderte: „Kannst du Griechisch? Bist du nicht der Ägypter, der vor diesen Tagen einen Aufruhr gemacht hat und führte in die Wüste hinaus viertausend Meuchelmörder?“ Paulus antwortete: „Ich bin ein jüdischer Mann von Tarsus, ein Bürger einer namhaften Stadt in Cilizien. Ich bitte dich, erlaube mir, zu reden zu dem Volk.“ Apostelgeschichte 21,37-39. Die Bitte wurde ihm gewährt, und so trat Paulus „auf die Stufen und winkte dem Volk mit der Hand“. Durch diese Geste fesselte er die Aufmerksamkeit der Juden, und sein Verhalten gebot ihnen Achtung. „Da nun eine große Stille ward, redete er zu ihnen auf hebräisch und sprach: Ihr Männer, liebe Brüder und Väter, hört mir zu, wenn ich mich jetzt vor euch verantworte.“ Beim Klang der wohlbekannten hebräischen Worte „wurden sie noch stiller“. In dem allgemeinen Schweigen fuhr er fort: „Ich bin ein jüdischer Mann, geboren in Tarsus in Zilizien, aufgewachsen aber in dieser Stadt und mit aller Sorgfalt unterwiesen im väterlichen Gesetz zu Füßen Gamaliels, und war ein Eiferer für Gott, wie ihr es heute alle seid.“ Apostelgeschichte 21,40; Apostelgeschichte 22,1-3. Niemand konnte die Darlegung des Apostels leugnen, denn die Tatsachen, auf die er hinwies, waren vielen gut bekannt, die noch in Jerusalem wohnten. Er sprach auch davon, mit welchem Eifer er einst die Jünger Christi bis in den Tod verfolgt hatte. Ausführlich schilderte er seinen Zuhörern die Umstände bei seiner Bekehrung, und wie sein stolzes Herz sich schließlich vor dem gekreuzigten Nazarener gebeugt hatte. Hätte er versucht, sich mit seinen Gegnern in eine Diskussion einzulassen, so hätten sie sich hartnäckig geweigert, seinen Worten zuzuhören. Aus dem Bericht seiner Erfahrung aber klang eine überzeugende Kraft, die zunächst ihre Herzen besänftigte und überwand. DAp.267.4 Teilen

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Dann versuchte er ihnen zu erklären, dass er seinen Dienst unter den Nichtjuden nicht aus eigener Entscheidung aufgenommen habe. Sein Wunsch sei es gewesen, unter seinem eigenen Volk zu wirken, aber hier im Tempel habe Gott in einem Gesicht mit ihm geredet und ihn angewiesen: „Ich will dich in die Ferne zu den Heiden senden!“ Apostelgeschichte 22,17.18.21. DAp.268.1 Teilen

Bis dahin hatten die Juden mit gespannter Aufmerksamkeit zugehört. Als Paulus in seinem Bericht aber davon sprach, dass er berufen wurde, Botschafter Christi unter den Nichtjuden zu sein, brach ihre Wut erneut aus. Sie waren es gewöhnt, sich selbst für das einzige von Gott auserwählte Volk zu halten. Darum waren sie nicht bereit, den verachteten Nichtjuden zuzugestehen, dass auch sie an den Gnadengaben Gottes Anteil haben sollten, die sie bisher als ausschließlich ihnen gehörend angesehen hatten. Mit schriller Stimme übertönten sie den Apostel: „Hinweg mit diesem von der Erde! Denn er darf nicht mehr leben. Als sie aber schrien und ihre Kleider abwarfen und Staub in die Luft wirbelten, befahl der Oberst, ihn in die Burg zu führen und sagte, dass man ihn geißeln und verhören sollte, um zu erfahren, aus welchem Grund sie sich so gegen ihn stellten. DAp.268.2 Teilen

Als man ihn aber zum Geißeln festband, sprach Paulus zu dem Hauptmann, der dabeistand: Ist es erlaubt bei euch, einen Menschen, der römischer Bürger ist, ohne Urteil zu geißeln? Als das der Hauptmann hörte, ging er zu dem Oberst und berichtete ihm und sprach: Was willst du tun? Dieser Mensch ist römischer Bürger. Da kam der Oberst zu ihm und fragte ihn: Sage mir, bist du römischer Bürger? Er aber sprach: Ja. Da sagte der Oberst: Ich habe dies Bürgerrecht für viel Geld erworben. Paulus aber sprach: Ich aber bin schon als römischer Bürger geboren. Da ließen sogleich von ihm ab, die ihn verhören sollten. Und der Oberst fürchtete sich, als er vernahm, dass es ein römischer Bürger war, den er hatte festbinden lassen. DAp.268.3 Teilen

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Am nächsten Tag wollte er genau erkunden, warum Paulus von den Juden verklagt wurde. Er ließ ihn von den Ketten lösen und befahl den Hohenpriestern und dem ganzen Hohen Rat zusammenzukommen und führte Paulus hinab und stellte ihn vor sie.“ Apostelgeschichte 22,22-30. DAp.269.1 Teilen

Paulus sollte jetzt vor dem gleichen Gerichtshof verhört werden, dessen Mitglied er selbst vor seiner Bekehrung war. Gelassen stand er vor den jüdischen Führern, seine Gesichtszüge zeugten von dem Frieden Christi. „Paulus aber sah den Hohen Rat an und sprach: Ihr Männer, liebe Brüder, ich habe mein Leben mit gutem Gewissen vor Gott geführt bis auf diesen Tag.“ Apostelgeschichte 23,1. Als sie diese Worte hörten, entbrannte der Hass neu auf und der Hohepriester Ananias „befahl denen, die um ihn standen, ihn auf den Mund zu schlagen“. Auf diesen rohen Befehl erwiderte Paulus: „Gott wird dich schlagen, du getünchte Wand! Sitzt du da und richtest mich nach dem Gesetz und lässt mich schlagen gegen das Gesetz? Aber die dabeistanden, sprachen: Schmähst du den Hohenpriester Gottes? Und Paulus sprach: Liebe Brüder, ich wusste es nicht, dass er der Hohepriester ist. Denn es steht geschrieben: 2.Mose 22,27. ‚Dem Obersten deines Volkes sollst du nicht fluchen.‘ Als aber Paulus erkannte, dass ein Teil Sadduzäer war und der andere Teil Pharisäer, rief er im Rat: ‚Ihr Männer, liebe Brüder, ich bin ein Pharisäer und ein Sohn von Pharisäern. Ich werde angeklagt um der Hoffnung und um der Auferstehung der Toten willen‘. Als er aber das sagte, entstand Zwietracht zwischen Pharisäern und Sadduzäern und die Versammlung spaltete sich. Denn die Sadduzäer sagen, es gebe keine Auferstehung noch Engel und Geister; die Pharisäer aber lehren beides.“ Apostelgeschichte 23,2-8. Die beiden Parteien fingen an, sich nun untereinander zu streiten, und damit war die Macht ihres Widerstandes gegen Paulus gebrochen. „Einige Schriftgelehrte von der Partei der Pharisäer standen auf, stritten und sprachen: Wir finden nichts Böses an diesem Menschen; vielleicht hat ein Geist oder ein Engel mit ihm geredet.“ Apostelgeschichte 23,9. DAp.269.2 Teilen

In dem nun folgenden Durcheinander setzten die Sadduzäer alles daran, den Apostel in ihre Gewalt zu bekommen, um ihn zu töten; ebensosehr bemühten sich die Pharisäer, ihn zu beschützen. Der oberste Hauptmann befürchtete schließlich, „sie könnten Paulus zerreißen, und ließ Soldaten hinabgehen und Paulus ihnen entreißen und in die Burg führen.“ Apostelgeschichte 23,10. DAp.269.3 Teilen

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Als Paulus später über die schlimme Erfahrung dieses Tages nachdachte, überkam ihn Furcht, dass Gott seine Handlungsweise nicht bejahen konnte. Hatte er einen Fehler begangen, dass er überhaupt Jerusalem besuchte? Hatte sein sehnlicher Wunsch nach einem guten Einvernehmen mit den dortigen Brüdern zu solch einem unheilvollen Ergebnis geführt? DAp.270.1 Teilen

Wie sich die Juden als vorgebliches Gottesvolk vor einer ungläubigen Welt verhielten, verursachte dem Apostel heftige innere Not. Was mochten wohl die heidnischen Offiziere jetzt von ihnen denken? Die Juden gaben vor, als Anbeter des lebendigen Gottes zu heiligem Dienst berufen zu sein, und ließen sich dennoch von blindem, ungerechtfertigtem Zorn hinreißen. Sie versuchten sogar ihre Brüder umzubringen, die in Fragen des Glaubens anderer Meinung zu sein wagten, und wandelten eine heilige Ratsversammlung in einen Schauplatz des Streites und wilder Verwirrung um. Paulus empfand, dass der Name Gottes in den Augen der Heiden geschändet worden war. DAp.270.2 Teilen

Er aber lag nun im Gefängnis und wusste, dass seine Feinde in ihrem unsinnigen Hass nichts unversucht lassen würden, um seinen Tod herbeizuführen. War es möglich, dass seine Arbeit für die Gemeinden schon abgeschlossen sein sollte und dass nun reißende Wölfe eindringen würden? DAp.270.3 Teilen

Christi Sache lag dem Apostel sehr am Herzen, und mit tiefer Besorgnis dachte er an die Gefahren, die den zerstreuten Gemeinden durch die Verfolgung durch die Männer drohte, denen er im Hohen Rat begegnet war. Vor Kummer und Entmutigung weinte und betete er. DAp.270.4 Teilen

Doch auch in dieser dunklen Stunde vergaß der Herr seinen Diener nicht. Er hatte ihn vor der mörderischen Menge im Tempelhof bewahrt, war vor dem Hohen Rat mit ihm gewesen und würde ihn auch jetzt in der Festung nicht verlassen. Und als Antwort auf das ernste Flehen des Apostels um Führung offenbarte Gott sich ihm. „In der folgenden Nacht aber stand der Herr bei ihm und sprach: Sei getrost! Denn wie du für mich in Jerusalem Zeuge warst, so musst du auch in Rom Zeuge sein.“ Apostelgeschichte 23,11. DAp.270.5 Teilen

Schon lange hatte sich Paulus mit dem Gedanken getragen, Rom zu besuchen. Auch dort wollte er gern für Christus wirken, hatte aber wegen der Feindseligkeit der Juden bisher davon absehen müssen. Daher konnte er es kaum fassen, dass er gerade jetzt als Gefangener dorthin kommen sollte. DAp.270.6 Teilen

Während der Herr seinen Diener ermutigte, trachteten seine Feinde wutentbrannt danach, ihn umzubringen. „Als es aber Tag wurde, rotteten sich einige Juden zusammen und verschworen sich, weder zu essen noch zu trinken, bis sie Paulus getötet hätten. Es waren aber mehr als vierzig, die diese Verschwörung machten.“ Apostelgeschichte 23,12f. Das war ein Fasten, wie es der Herr durch Jesaja verurteilt hatte: „Wenn ihr fastet, hadert und zankt ihr und schlagt mit gottloser Faust drein.“ Jesaja 58,4. DAp.270.7 Teilen

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Die Verschwörer „gingen zu den Hohenpriestern und Ältesten und sprachen: Wir haben uns durch einen Eid gebunden, nichts zu essen, bis wir Paulus getötet haben. So wirkt nun ihr mit dem Hohen Rat bei dem Oberst darauf hin, dass er ihn zu euch herunterführen lässt, als wolltet ihr ihn genauer verhören; wir aber sind bereit, ihn zu töten, ehe er vor euch kommt.“ Apostelgeschichte 23,14f. DAp.271.1 Teilen

Anstatt diesen grausamen Anschlag zurückzuweisen, stimmten ihm die Priester und Obersten sofort zu. Paulus hatte die Wahrheit gesprochen, als er Ananias mit einer getünchten Wand verglich. DAp.271.2 Teilen

Doch Gott griff ein, um das Leben Seines Dieners zu retten. Als der Sohn der Schwester des Paulus von dem Anschlag der Meuchelmörder hörte, „ging er und kam in die Burg und berichtete es Paulus. Paulus aber rief einen von den Hauptleuten zu sich und sprach: Führe diesen jungen Mann zu dem Oberst, denn er hat ihm etwas zu sagen. Der nahm ihn und führte ihn zum Oberst und sprach: Der Gefangene Paulus hat mich zu sich rufen lassen und mich gebeten, diesen jungen Mann zu dir zu führen, der dir etwas zu sagen hat.“ Apostelgeschichte 23,16-18. DAp.271.3 Teilen

Freundlich empfing Klaudius Lysias den Jüngling, nahm ihn beiseite und fragte ihn: „Was ist‘s, das du mir zu sagen hast? Er aber sprach: Die Juden sind übereingekommen, dich zu bitten, dass du Paulus morgen vor den Hohen Rat hinunterbringen lässt, so als wollten sie ihn genauer verhören. Du aber traue ihnen nicht; denn mehr als vierzig Männer von ihnen lauern ihm auf; die haben sich verschworen, weder zu essen noch zu trinken, bis sie ihn getötet hätten; und jetzt sind sie bereit und warten auf deine Zusage. Da ließ der Oberst den jungen Mann gehen und gebot ihm, niemandem zu sagen, dass er ihm das eröffnet hätte.“ Apostelgeschichte 23,19-22. DAp.271.4 Teilen

Lysias beschloss daraufhin, Paulus der Gerichtsbarkeit des Landpflegers Felix zu überweisen. Die Juden waren leicht erregbar, und so kam es oft zu Ausschreitungen unter ihnen. Die ständige Anwesenheit des Apostels in Jerusalem hätte für die Stadt gefährliche Folgen nach sich ziehen können, aber auch für den Kommandanten selbst. Deshalb rief er „zwei Hauptleute zu sich und sprach: Rüstet zweihundert Soldaten, dass sie nach Cäsarea ziehen, und siebzig Reiter und zweihundert Schützen für die dritte Stunde der Nacht; und haltet Tiere bereit, Paulus draufzusetzen und wohlverwahrt zu bringen zum Statthalter Felix.“ Apostelgeschichte 23,23f. DAp.271.5 Teilen

Wollte man Paulus wegbringen, so durfte man keine Zeit verlieren. „Die Soldaten nahmen Paulus, wie ihnen befohlen war, und führten ihn in der Nacht nach Antipatris.“ Apostelgeschichte 23,31. Von dort zogen die Reiter mit dem Gefangenen weiter nach Cäsarea, während die vierhundert Soldaten nach Jerusalem zurückkehrten. DAp.271.6 Teilen

272

Der Befehlshaber der Abteilung übergab den Gefangenen an Felix und überreichte ihm gleichzeitig einen Brief, den der Oberhauptmann ihm anvertraut hatte: „Klaudius Lysias dem edlen Statthalter Felix: Gruß zuvor! Diesen Mann hatten die Juden ergriffen und wollten ihn töten. Da kam ich mit Soldaten dazu und entriss ihnen den und erfuhr, dass er ein römischer Bürger ist. Da ich aber erkunden wollte, weshalb sie ihn anklagten, führte ich ihn hinunter vor ihren Hohen Rat. Da fand ich, dass er beschuldigt wird wegen Fragen ihres Gesetzes, aber keine Anklage gegen sich hatte, auf die Tod oder Gefängnis steht. Und als vor mich kam, dass ein Anschlag gegen den Mann geplant sei, sandte ich ihn sogleich zu dir und wies auch die Kläger an, vor dir zu sagen, was sie gegen ihn hätten.“ Apostelgeschichte 23,26-30. DAp.272.1 Teilen

Als Felix diese Mitteilung gelesen hatte, fragte er, aus welcher Provinz der Gefangene stamme, und als er hörte, dass er aus Cilizien sei, sprach er: „Ich will dich verhören, wenn deine Ankläger auch da sind. Und er ließ ihn in Gewahrsam halten im Palast des Herodes.“ Apostelgeschichte 23,35. DAp.272.2 Teilen

Das war nicht das erste Mal, dass ein Diener des Herrn bei Nichtjuden vor der Bosheit derer eine Zuflucht fand, die sich als Gottesvolk ausgaben. In ihrer Wut gegen Paulus hatten die Juden der dunklen Liste der Geschichte ihres Volkes ein weiteres Verbrechen hinzugefügt. Ihre Herzen hatten sie noch mehr gegen die Wahrheit verhärtet und besiegelten damit ihr Schicksal um so sicherer. DAp.272.3 Teilen

Nur wenige erfassen die volle Bedeutung der Worte, die Jesus in der Synagoge von Nazareth sprach, als er sich selbst als den Gesalbten zu erkennen gab. Er bezeichnete es als seine Aufgabe, die Betrübten und Sündenbeladenen zu trösten, glücklich zu machen und zu erretten. Als er aber sah, wie Stolz und Unglauben die Herzen seiner Zuhörer beherrschten, erinnerte er sie daran, dass Gott sich in vergangenen Zeiten von Seinem auserwählten Volk abgewandt habe, weil es voll Unglaubens und Empörung war, und dass Er sich in den Heidenländern denen offenbart habe, die das göttliche Licht nicht verwarfen. Die Witwe zu Zarpath und Naeman, der Syrer, hatten nach dem ihnen zuteil gewordenen Licht gelebt und seien deshalb gerechter erfunden worden als Gottes auserwähltes Volk, das von Ihm abgefallen war und um Bequemlichkeit und irdischer Ehre willen Seine Grundsätze preisgegeben hatte. DAp.272.4 Teilen

Jesus sagte den Juden in Nazareth eine erschreckende Wahrheit, als er ihnen erklärte, dass der treue Gottesbote im abgefallenen Israel nicht sicher leben könne. Sie würden weder seinen Wert schätzen noch seine Arbeit anerkennen. Während die jüdischen Oberen vorgaben, sich mit großem Eifer für Gottes Ehre und das Wohl des Volkes einzusetzen, waren sie beider Feinde. Durch ihr Beispiel und ihre Vorschriften führten sie das Volk immer weiter vom Gehorsam Gott gegenüber ab und brachten es schließlich so weit, dass der Herr ihnen in der Zeit der Not keine Zuflucht mehr sein konnte. DAp.272.5 Teilen

273

Des Heilands Worte des Tadels, die den Männern von Nazareth galten, trafen im Falle des Apostels Paulus nicht nur auf die Ungläubigen Juden, sondern auch auf seine eigenen Glaubensbrüder zu. Hätten die Leiter der Gemeinde ihre Gefühle der Verbitterung gegen Paulus überwunden und ihn als den anerkannt, der von Gott berufen war, das Evangelium unter die Nichtjuden zu bringen, dann würde der Herr ihnen Seinen Knecht erhalten haben. Es entsprach nicht der Absicht Gottes, dass die Arbeit des Apostels Paulus so schnell zum Abschluss kommen sollte. Er vollbrachte aber auch kein Wunder, um dem entgegenzutreten, was von den Leitern der Gemeinde in Jerusalem durch ihr Verhalten ausgelöst worden war. DAp.273.1 Teilen

Derselbe Geist führt immer noch zu den gleichen Folgen. Die Gemeinde hat sich selbst schon mancher Segnung beraubt, weil sie versäumte, Gottes Gnade wahrzunehmen und sich zunutze zu machen. Wie oft hätte der Herr die Wirksamkeit treuer Diener verlängert, wenn deren Arbeit geschätzt worden wäre! Lässt die Gemeinde es aber zu, dass der Seelenfeind die Worte und Handlungen des Dieners Christi entstellt und verkehrt auslegt und wagt sie es, sich ihm hindernd in den Weg zu stellen und sein Wirken zu beeinträchtigen, dann entzieht der Herr ihr manchmal den verliehenen Segen. DAp.273.2 Teilen

Satan wirkt ständig durch seine Werkzeuge, um diejenigen zu entmutigen und zu verderben, die Gott erwählt hat, ein bedeutendes und gutes Werk zu tun. Selbst wenn sie bereit sind, für die Sache Christi ihr Leben hinzugeben, so wird der Erzbetrüger versuchen, ihren Brüdern Zweifel einzuflößen, und falls ihnen Möglichkeit gegeben wird, das Vertrauen in ihre Rechtschaffenheit zu untergraben und so ihr Wirken beeinträchtigen. Nur zu oft gelingt es Satan, den Dienern Christi durch ihre eigenen Brüder solche Herzensnot zu bereiten, dass Gott in Seiner Barmherzigkeit eingreifen muss, um Seinen verfolgten Knechten Ruhe zu geben. Erst wenn deren Hände über der regungslosen Brust gefaltet liegen und ihre warnende und ermutigende Stimme verstummt ist, mögen die Verstockten schließlich aufgerüttelt werden und erkennen, welche wertvollen Segnungen sie von sich gewiesen haben. Vielleicht wird der Tod solcher Diener das bewirken, was ihnen im Leben versagt geblieben ist. DAp.273.3 Teilen

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