Portrait von Ellen White
A-   A+
A-   A+
Bücher
Achtung, noch nicht 100% für das Handy optimiert.
Ich arbeite parallel an der APP.
Kapitel 41: „Es fehlt nicht viel ...“
Kapitel 41: „Es fehlt nicht viel ...“
283

Auf Grundlage von Apostelgeschichte 25,13-27; Apostelgeschichte 26. DAp.283 Teilen

Paulus hatte sich auf den Kaiser berufen, und Festus konnte nicht anders, als ihn nach Rom zu senden. Es verstrich jedoch noch geraume Zeit, bis sich ein passendes Schiff fand. Außerdem sollten mit Paulus noch andere Gefangene reisen, und die Untersuchung ihrer Fälle verzögerte ebenfalls die Abreise. Dadurch erhielt Paulus Gelegenheit, die Gründe seines Glaubens nicht nur vor den maßgebenden Männern von Cäsarea bekanntzumachen, sondern auch vor König Agrippa II., dem letzten der Herodianer. DAp.283.1 Teilen

„Nach einigen Tagen kamen König Agrippa und Berenike nach Cäsarea, Festus zu begrüßen. Und als sie mehrere Tage dort waren, legte Festus dem König die Sache des Paulus vor und sprach: Da ist ein Mann von Felix als Gefangener zurückgelassen worden; um dessentwillen erschienen die Hohenpriester und Ältesten der Juden vor mir, als ich in Jerusalem war, und baten, ich solle ihn richten lassen.“ Apostelgeschichte 25,13-15. Dann berichtete er, was den Gefangenen veranlasst hatte, sich auf den Kaiser zu berufen, erzählte von dem kürzlich erfolgten Verhör und sagte, dass die Juden keine Anklage gegen Paulus vorgebracht hätten, wie er sie erwartet habe, sondern nur „etliche Streitfragen wider ihn von ihrem Glauben und von einem verstorbenen Jesus, von welchem Paulus sagte, er lebe.“ Apostelgeschichte 25,19. DAp.283.2 Teilen

Als Festus diesen Bericht gab, hörte Agrippa aufmerksam zu und meinte: „Ich möchte den Menschen auch gerne hören.“ Um diesen Wunsch zu erfüllen, wurde für den nächsten Tag eine Zusammenkunft organisiert. „Und am andern Tage kamen Agrippa und Bernice mit großem Gepränge und gingen in das Richthaus mit den Hauptleuten und vornehmsten Männern der Stadt, und da es Festus befahl, ward Paulus gebracht.“ Apostelgeschichte 25,22f. DAp.283.3 Teilen

Bei dieser Gelegenheit war Festus darauf bedacht, zu Ehren seiner Besucher großen Prunk zu entfalten. Die kostbaren Gewänder des Landpflegers und seiner Gäste, die Schwerter der Soldaten und die glitzernden Harnische ihrer Befehlshaber verliehen dem Geschehen einen glanzvollen Rahmen. Paulus stand den Versammelten gegenüber, noch immer mit Fesseln an den Händen. Welch ein Gegensatz stellte sich hier dar! Agrippa und Bernice verfügten über Macht und Ansehen, und deshalb huldigte ihnen die Welt. Aber ihnen fehlten die Charakterzüge, die Gott schätzt. Sie waren Übertreter seines Gesetzes, verdorben in ihrem Herzen wie in ihrem Lebenswandel. Ihre Handlungsweise wurde im Himmel verabscheut. DAp.283.4 Teilen

284

Der an einen Wachsoldaten gekettete betagte Gefangene wies dagegen in seiner äußeren Erscheinung nichts auf, was die Welt hätte veranlassen können, ihn zu verehren. An dem Ergehen dieses Mannes, der ohne Freunde, Reichtum und Ansehen dastand und wegen seines Glaubens an den Sohn Gottes gefangengehalten wurde, nahm aber der ganze Himmel Anteil. Engel waren seine Begleiter. Wäre die Herrlichkeit auch nur eines der himmlischen Boten sichtbar geworden, dann hätte alle königliche Pracht und jeder königlicher Stolz verblassen müssen. Der König und die Höflinge wären zu Boden gestürzt wie einst die Hüter am Grab Christi. DAp.284.1 Teilen

Festus stellte nun Paulus den Versammelten mit den Worten vor: „König Agrippa und all ihr Männer, die ihr mit uns hier seid, da seht ihr den, um dessentwillen die ganze Menge der Juden in Jerusalem und auch hier in mich drang und schrie, er dürfe nicht länger leben. Als ich aber erkannte, dass er nichts getan hatte, das des Todes würdig war, und er auch selber sich auf den Kaiser berief, beschloss ich, ihn dorthin zu senden. Etwas Sicheres über ihn aber habe ich nicht, das ich meinem Herrn schreiben könnte. Darum habe ich ihn vor euch bringen lassen, vor allem aber vor dich, König Agrippa, damit ich nach geschehenem Verhör etwas hätte, was ich schreiben könnte. Denn es erscheint mir unsinnig, einen Gefangenen zu schicken und keine Beschuldigung gegen ihn anzugeben.“ Apostelgeschichte 25,24-27. DAp.284.2 Teilen

König Agrippa räumte darauf Paulus die Möglichkeit ein, in eigener Sache zu sprechen. Der Apostel ließ sich weder durch die Pracht noch durch den hohen Rang seiner Zuhörer einschüchtern. Er wusste, welch geringen Wert vergänglicher Reichtum und hohe Stellungen haben. Nicht einen Augenblick ließ er sich entmutigen oder seiner Selbstbeherrschung berauben. DAp.284.3 Teilen

„Es ist mir sehr lieb, König Agrippa“, begann er, „dass ich mich heute vor dir verantworten soll wegen all der Dinge, deren ich von den Juden beschuldigt werde, vor allem weil du alle Ordnungen und Streitfragen der Juden kennst. Darum bitte ich dich, mich geduldig anzuhören.“ Apostelgeschichte 26,2f. DAp.284.4 Teilen

Paulus berichtete nun von seiner Bekehrung, wie er von seinem verstockten Unglauben zum Glauben an Jesus von Nazareth, den Erlöser der Welt fand. Er beschrieb die himmlische Vision, die ihn zuerst mit unaussprechlichem Schrecken erfüllt, sich später aber als Quelle des Trostes erwiesen habe. In dieser Offenbarung himmlischer Herrlichkeit habe er im Mittelpunkt den thronen sehen, den er verachtet und gehasst hatte und dessen Nachfolger er eben noch zu vernichten versuchte. Von dieser Stunde an sei er, Paulus, durch die umwandelnde Macht der Gnade ein neuer Mensch, ein aufrichtiger und eifriger Bekenner Jesu geworden. DAp.284.5 Teilen

285

Klar und eindringlich beschrieb Paulus dann vor Agrippa die bedeutendsten Ereignisse, die mit dem Leben Jesu auf Erden verknüpft waren. Er wies nach, dass der geweissagte Messias in der Person Jesu von Nazareth bereits erschienen sei. Dann zeigte er, wie nach dem Zeugnis des Alten Testaments der Messias als ein Mensch unter Menschen erscheinen sollte und wie sich die durch Mose und die Propheten gegebenen Weissagungen im Leben Jesu bis in alle Einzelheiten erfüllt hätten. Um eine verlorene Welt zu erlösen, habe der heilige Gottessohn, die Schande nicht achtend, das Kreuz erduldet und sei danach als Sieger über Tod und Grab zum Himmel aufgefahren. DAp.285.1 Teilen

Warum, so führte Paulus weiter aus, solle es unglaublich erscheinen, dass Christus von den Toten auferstanden sei? Einst habe er das zwar auch gemeint, aber wie könnte er nach dem, was er inzwischen selbst gesehen und gehört habe, weiterhin daran zweifeln? Vor den Toren von Damaskus habe er den gekreuzigten und auferstandenen Christus mit eigenen Augen gesehen, denselben Christus, der auf den Straßen von Jerusalem gewandelt, auf Golgatha den Tod erlitten und, nachdem er des Todes Macht gebrochen, zum Himmel aufgefahren sei. Er habe ihn ebenso leibhaftig gesehen und mit ihm geredet wie Kephas, Johannes, Jakobus und andere Jünger. Und Jesu Stimme habe ihm befohlen, das Evangelium von einem auferstandenen Heiland zu verkündigen. Wie hätte er da ungehorsam sein können? In Damaskus, in Jerusalem, in ganz Judäa und selbst in weit entfernten Landesteilen habe er darum auch von Christus dem Gekreuzigten gezeugt und Menschen aller Gesellschaftsschichten ermahnt, „dass sie Buße täten und sich bekehrten zu Gott und täten rechtschaffene Werke der Buße“. Apostelgeschichte 26,20. DAp.285.2 Teilen

„Um deswillen“, fuhr Paulus fort, „haben mich die Juden im Tempel gegriffen und versuchten, mich zu töten. Aber mit Gottes Hilfe stehe ich da bis auf diesen Tag und gebe Zeugnis den Kleinen und Großen und sage nichts, als was die Propheten und Mose gesagt haben, dass es geschehen sollte: dass der Christus sollte leiden und der erste sein aus der Auferstehung von den Toten und verkündigen das Licht dem Volk und den Heiden.“ Apostelgeschichte 26,21-23. DAp.285.3 Teilen

Wie gebannt hatten die Anwesenden dem Erfahrungsbericht des Paulus gelauscht. Der Apostel verweilte bei seinem Lieblingsthema. Keiner seiner Zuhörer konnte an seiner Aufrichtigkeit zweifeln. Plötzlich wurde er in seiner überzeugenden Darlegung von Festus mit dem Ruf unterbrochen: „Paulus, du bist von Sinnen! Das große Wissen macht dich wahnsinnig.“ Apostelgeschichte 26,24. DAp.285.4 Teilen

286

Der Apostel antwortete darauf: „Edler Festus, ich bin nicht von Sinnen, sondern ich rede wahre und vernünftige Worte. Der König, zu dem ich frei und offen rede, versteht sich auf diese Dinge. Denn ich bin gewiss, dass ihm nichts davon verborgen ist; denn dies ist nicht im Winkel geschehen. Glaubst du, König Agrippa, den Propheten? Ich weiß, dass du glaubst.“ Apostelgeschichte 26,25-27. DAp.286.1 Teilen

Tief ergriffen vergaß Agrippa für Augenblicke seine Umgebung und auch die Würde seiner Stellung. Er dachte nur noch an die Wahrheit, die er soeben vernommen hatte und sah den bescheidenen Gefangenen als Gesandten Gottes vor sich stehen und antwortete unwillkürlich: „Es fehlt nicht viel, du wirst mich noch bereden und mich zum Christen machen.“ Apostelgeschichte 26,28. DAp.286.2 Teilen

Mit ganzem Ernst entgegnete der Apostel: „Ich wünschte vor Gott, es fehle nun viel oder wenig, dass nicht allein du, sondern alle, die mich heute hören, solche würden, wie ich bin“, dabei hob er seine gefesselten Hände empor und fügte hinzu, „ausgenommen diese Fesseln.“ Apostelgeschichte 26,29. DAp.286.3 Teilen

Eigentlich hätten Festus, Agrippa und Bernice die Fesseln tragen müssen, mit denen der Apostel gebunden war. Sie hatten sich alle schwerer Vergehen schuldig gemacht. Den Übertretern war an diesem Tag das Heil in Christus angeboten worden. Einer von ihnen wäre beinahe überredet worden, die angebotene Gnade und Vergebung anzunehmen. Doch auch er, Agrippa, schlug dieses Anerbieten aus und weigerte sich, das Kreuz eines gekreuzigten Erlösers auf sich zu nehmen. DAp.286.4 Teilen

Nun war die Neugierde des Königs befriedigt. Er erhob sich von seinem Sitz und gab damit das Zeichen, dass die Versammlung beendet sei. Während die Anwesenden sich trennten, sprachen sie noch miteinander und kamen zu dem Ergebnis: „Dieser Mensch hat nichts getan, was Tod oder Gefängnis verdient hätte.“ Apostelgeschichte 26,31. DAp.286.5 Teilen

Obwohl Agrippa ein Jude war, teilte er nicht den fanatischen Eifer und das blinde Vorurteil der Pharisäer. „Dieser Mensch“, sagte er zu Festus, „könnte freigelassen werden, wenn er sich nicht auf den Kaiser berufen hätte.“ Apostelgeschichte 26,32. Aber nun war dieser Fall einem höheren Gerichtshof überwiesen worden und unterstand nicht mehr der Gerichtsbarkeit des Festus oder des Agrippa. DAp.286.6 Teilen

6398
20649
Weiter zu "Kapitel 42: Seereise und Schiffbruch"
Stichwörter