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Kapitel 53: Der Lieblingsjünger Johannes
Kapitel 53: Der Lieblingsjünger Johannes
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Johannes wird im Vergleich zu den anderen Aposteln als der Jünger hervorgehoben, „den Jesus liebhatte“. Johannes 21,20. Er scheint sich offensichtlich besonders der Freundschaft Jesu erfreut zu haben. Viele Zeichen des Vertrauens ...und der Liebe des Heilandes hatte er empfangen. Er war einer von den dreien, die Zeugen der Herrlichkeit Christi auf dem Verklärungsberg und des Seelenkampfes in Gethsemane sein durften. Und in den letzten Stunden seines Leidens am Kreuz hatte der Herr gerade ihm die Sorge für seine Mutter übertragen. DAp.355.1 Teilen

Die besondere Zuneigung des Heilandes zu seinem geliebten Jünger war mit der ganzen Kraft begeisterter Hingabe erwidert worden. Johannes klammerte sich so fest an Christus, wie die Weinranke den stützenden Pfosten umrankt. Trotz der Gefahren war er seinem Meister bis in die Gerichtshalle gefolgt und hatte selbst am Kreuz bei ihm ausgehalten. Auf die Kunde, dass Christus auferstanden sei, war er so schnell zum Grab geeilt, dass er sogar den ungestümen Petrus überholte. DAp.355.2 Teilen

Die vertrauende Liebe und die selbstlose Hingabe, die sich im Leben und Charakter des Johannes zeigten, enthalten für die christliche Gemeinde unschätzbare Lehren. Johannes hatte nicht von Natur aus das liebenswürdige Wesen, das sich in seinem späteren Leben zeigte. Anfangs wies er bedenkliche Charakterfehler auf. Er war nicht nur stolz, geltungssüchtig und ehrgeizig, sondern auch hitzig und empfindlich, wenn er beleidigt wurde. Er und sein Bruder wurden deshalb „Donnerskinder“ genannt. Der geliebte Jünger hatte ein aufbrausendes Temperament, war rachsüchtig und kritisierte gerne. Doch der göttliche Lehrer entdeckte unter all diesen Fehlern ein brennendes, aufrichtiges und liebevolles Herz. Jesus tadelte die Selbstsucht des Johannes, zerbrach seinen Ehrgeiz und stellte seinen Glauben auf die Probe. Gleichzeitig aber offenbarte er ihm das, wonach sich sein Herz sehnte — nämlich die Schönheit der Heiligkeit, die umwandelnde Macht der Liebe. DAp.355.3 Teilen

Die Mängel im Charakter des Johannes traten bei verschiedenen Gelegenheiten des gemeinsamen Lebens mit dem Heiland stark hervor. Christus sandte einmal Boten in ein Dorf der Samariter, um die Einwohner zu bitten, eine Erfrischung für ihn und seine Jünger vorzubereiten. Als er sich aber dem Ort näherte, sah es so aus, als wolle er nach Jerusalem weiterreisen. Das erregte den Neid der Samariter, und anstatt ihn zum Bleiben einzuladen, erwiesen sie ihm nicht einmal das Entgegenkommen, das sie sonst jedem beliebigen Reisenden gegeben hätten. Jesus drängt seine Gegenwart niemandem auf, und den Samaritern ging der Segen verloren, der ihnen geschenkt geworden wäre, wenn sie Jesus als Gast aufgenommen hätten. DAp.355.4 Teilen

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Die Jünger wussten, dass Christus die Samariter durch seinen Besuch hatte segnen wollen. Deshalb waren sie angesichts dieser Kälte, Eifersucht und Unhöflichkeit überrascht und empört. Vor allem Jakobus und Johannes ärgerten sich sehr darüber. Dass ihr Meister, den sie hoch verehrten, so behandelt wurde, war nach ihrer Ansicht ein so großes Unrecht, dass es sofort bestraft werden musste. In ihrem Eifer fragten sie: „Herr, willst du, so wollen wir sagen, dass Feuer vom Himmel falle und verzehre sie, wie auch Elia tat.“ Dabei bezogen sie sich auf die Vernichtung der samaritischen Hauptleute und Soldaten, die seinerzeit ausgesandt worden waren, um den Propheten Elia festzunehmen. Erstaunt stellten die Jünger fest, dass ihre Worte Jesus kränkten. Noch mehr aber waren sie über seine Zurechtweisung überrascht: „Wisst ihr nicht, welches Geistes Kinder ihr seid? Des Menschen Sohn ist nicht gekommen, der Menschen Seelen zu verderben, sondern zu erhalten!“ Lukas 9,54-56. DAp.356.1 Teilen

Es ist nicht Teil des Auftrages Christi, Menschen zu zwingen, ihn aufzunehmen. Aber Satan und die Menschen, die von seinem Geist beherrscht werden, versuchen dagegen, Zwang auf das Gewissen auszuüben. Unter dem Vorwand, für die Gerechtigkeit zu eifern, bringen diese Menschen, die mit bösen Engeln im Bunde stehen, zuweilen Leiden über ihre Mitmenschen, um ihnen ihre religiösen Anschauungen aufzunötigen. Christus jedoch erweist sich stets barmherzig. Er versucht immer, Menschen dadurch zu gewinnen, dass Er ihnen Seine Liebe offenbart. Er kann keinem Rivalen Raum in der Seele lassen noch sich mit einem halben Dienst begnügen. Doch Er möchte freiwilligen Dienst, die willige Übergabe des Herzens aus Liebe. DAp.356.2 Teilen

Bei einer anderen Gelegenheit hatten Jakobus und Johannes durch ihre Mutter die Bitte an Christus gerichtet, ihnen in Seinem Reich die höchsten Ehrenstellen einzuräumen. Ungeachtet der wiederholten Aussagen Jesu über das Wesen Seines Reiches hegten diese jungen Nachfolger Jesu immer noch die Hoffnung auf einen Messias, dessen Reich und königliche Macht den menschlichen Vorstellungen entsprach. Die Mutter, die sich nun Ehrenplätze für ihre Söhne erbat, hatte gesagt: „Lass diese meine zwei Söhne sitzen in deinem Reich, einen zu deiner Rechten und den andern zu deiner Linken.“ DAp.356.3 Teilen

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Der Heiland entgegnete: „Ihr wisset nicht, was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde, und euch taufen lassen mit der Taufe, mit der ich getauft werde?“ Obwohl sie sich seiner geheimnisvollen Worte über die ihm bevorstehenden Prüfungen und Leiden erinnerten, antworteten sie zuversichtlich: „Ja, das können wir.“ Matthäus 20,21f. Sie würden, so dachten sie, es sich zur höchsten Ehre anrechnen, ihre Treue dadurch zu beweisen, dass sie alles, was ihrem Herrn zustoßen sollte, mit Ihm teilen könnten. DAp.357.1 Teilen

„Ihr werdet ... den Kelch trinken, den ich trinke, und getauft werden mit der Taufe, mit der ich getauft werde“ (Matthäus 10,39), erklärte ihnen Jesus daraufhin, denn nicht ein Thron, sondern ein Kreuz wartete auf ihn, zwei Übeltäter als Gefährten zu seiner Rechten und zu seiner Linken. Jakobus und Johannes sollten aber teilhaben an den Leiden ihres Meisters. Auf den einen wartete der Tod durch das Schwert, der andere sollte von allen Jüngern am längsten unter Schmach und Verfolgung im Dienst seines Herrn ausharren. Jesus fuhr fort: „Aber das Sitzen zu meiner Rechten und Linken zu geben, steht mir nicht zu, sondern denen es bereitet ist von meinem Vater.“ Matthäus 20,23. DAp.357.2 Teilen

Jesus wusste, welche Beweggründe die beiden Jünger zu dieser Bitte veranlasst hatten. Deshalb tadelte Er ihren Stolz und Ehrgeiz mit den Worten: „Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten und die Mächtigen ihnen Gewalt antun. So soll es nicht sein unter euch; sondern wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener; und wer unter euch der Erste sein will, der sei euer Knecht, so wie der Menschensohn nicht gekommen ist, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele.“ Matthäus 20,25-28. DAp.357.3 Teilen

Im Reich Gottes werden wichtige Positionen nicht durch Begünstigung erlangt. Man kann sie weder verdienen, noch werden sie willkürlich verliehen. Sie sind vielmehr die Frucht des Charakters. Die Krone und der Thron sind Zeichen einer erfüllten Voraussetzung — Zeichen der Selbstüberwindung durch die Gnade unseres Herrn Jesus Christus. Lange danach, als Johannes wie Christus durch Leiden gegangen war und ihn verstehen gelernt hatte, offenbarte ihm der Herr Jesus, unter welcher Voraussetzung man Teilhaber Seines Reiches wird. „Wer überwindet“, sagte Er, „dem will ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie ich überwunden habe und mich gesetzt mit meinem Vater auf seinen Thron.“ Offenbarung 3,21. Der wird Christus am nächsten stehen, wer am meisten von Jesu selbstaufopfernder Liebe in sich aufgenommen hat. Diese Liebe „prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf; sie ist nicht unanständig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu“. 1.Korinther 13,4f. Das ist eine Liebe, die den Jünger ebenso wie seinen Herrn dazu bewegt, für die Rettung der Menschheit alles hinzugeben, dafür zu leben, zu wirken und selbst das Leben einzusetzen. DAp.357.4 Teilen

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Ein anderes Mal — es war während der ersten Zeit ihres Verkündigungsdienstes — begegneten Jakobus und Johannes einem Mann, der im Namen Jesu Teufel austrieb, obwohl er nicht zum Jüngerkreis gehörte. Die beiden Jünger untersagten ihm das und meinten, sie hätten ein Recht dazu. Als sie aber die Angelegenheit Christus unterbreiteten, wies Er sie zurecht: „Ihr sollt‘s ihm nicht verbieten. Denn niemand, der ein Wunder tut in meinem Namen, kann bald übel von mir reden.“ Markus 9,39. Niemand sollte zurückgestoßen werden, der sich in irgendeiner Weise freundlich gegen Christus verhielt. Die Jünger sollten weder engherzig noch überheblich gesinnt sein, sondern dasselbe großzügige Verständnis bekunden, das sie von ihrem Meister kannten. Jakobus und Johannes hatten gedacht, für die Ehre ihres Herrn eintreten zu müssen, als sie diesem Mann Einhalt geboten. Nun aber erkannten sie, dass sie es aus Selbstsucht getan hatten. Sie sahen ihren Irrtum ein und nahmen die Zurechtweisung an. DAp.358.1 Teilen

Die Unterweisung Christi, dass Sanftmut, Geduld und Liebe wesentliche Voraussetzungen für ein Wachstum in der Gnade und für die Brauchbarkeit in seinem Dienst sind, war für Johannes von höchstem Wert. Sorgfältig prägte er sie sich ein und trachtete beständig danach, dass sein Leben dem göttlichen Vorbild ähnlich werde. Johannes hatte zu erkennen angefangen, worin die Herrlichkeit Christi besteht — nicht in weltlicher Pracht und Macht, auf die zu hoffen er gelehrt worden war, sondern dass es sich um „eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit“ (Johannes 1,14) handelt. DAp.358.2 Teilen

Die innige Zuneigung des Johannes zu seinem Meister hatte nicht Christi Liebe zu ihm zur Folge, sondern war das Ergebnis seiner Liebe. Johannes wünschte Jesus ähnlich zu werden, und unter dem umwandelnden Einfluss der Liebe Christi wurde er sanftmütig und demütig. Sein Ich war in Jesus verborgen. Mehr als alle seine Mitjünger ordnete sich Johannes der Macht jenes wunderbaren Lebens unter. DAp.358.3 Teilen

Er konnte sagen: „Das Leben ist erschienen, und wir haben gesehen ... das Leben.“ 1.Johannes 1,2. „Und von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.“ Johannes 1,16. Johannes kannte den Heiland aus persönlicher Erfahrung. Die Lehren seines Meisters waren ihm ins Herz geschrieben. Wenn er von der Gnade des Heilandes sprach, dann verlieh die Liebe, die sein ganzes Wesen durchdrang, seinen Worten Vollmacht. DAp.358.4 Teilen

Diese innige Liebe zu Jesus ließ Johannes immer danach trachten, in seiner Nähe zu bleiben. Wohl liebte der Heiland alle Zwölf, doch keiner von ihnen war innerlich so aufgeschlossen wie Johannes. Er war jünger als die anderen und hatte mit der Treuherzigkeit eines Kindes sein Herz dem Herrn geöffnet. So kam er in immer innigere Übereinstimmung mit Christus, und durch ihn teilte der Erlöser seine tiefsten geistlichen Lehren seinem Volk mit. DAp.358.5 Teilen

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Jesus liebt alle, die den himmlischen Vater recht darstellen, und Johannes konnte von der Liebe des Vaters reden wie kein anderer Jünger. Er bezeugte seinen Mitmenschen, was er in seinem Innern empfand, und offenbarte in seinem Charakter die Eigenschaften Gottes. Die Herrlichkeit des Herrn fand Ausdruck in seinem Angesicht. Die Schönheit, die der Heiligkeit entspringt, und die ihn umgewandelt hatte, ließ sein Angesicht wie Christi Antlitz strahlen. In Anbetung und Liebe blickte er auf den Heiland, bis er nur noch den einen Wunsch hatte: Christus ähnlich zu sein und Gemeinschaft mit ihm zu haben, so dass sich in seinem Leben das Wesen des Meisters widerspiegelte. DAp.359.1 Teilen

„Seht“, schrieb er, „welch eine Liebe hat uns der Vater erzeiget, dass wir Gottes Kinder sollen heißen! ... Meine Lieben, wir sind nun Gottes Kinder; und es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden. Wir wissen aber, wenn es erscheinen wird, dass wir ihm gleich sein werden; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.“ 1.Johannes 3,1f. DAp.359.2 Teilen

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