Portrait von Ellen White
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Kapitel 4: Das Verhältnis der Erziehung zur Erlösung
Kapitel 4: Das Verhältnis der Erziehung zur Erlösung
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„Was zuvor geschrieben ist,das ist uns zur Lehre geschrieben.“Römer 15,4. Ez.26 Teilen

Kapitel 5: Die Erziehung Israels

„Er umfing ihn und hatte acht auf ihn;er behütete ihn wie seinen Augapfel.“ Ez.26 Teilen

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Den Schwerpunkt des in Eden eingeführten Erziehungssystems bildete die Familie. Adam war ein Sohn Gottes (Lukas 3,38), und der, von dem die Kinder des Höchsten Belehrung empfingen, war ihr Vater. Sie hatten im wahrsten Sinne des Wortes eine Familienschule. Ez.29.1 Teilen

Im göttlichen Erziehungsplan, wie er sich dem Zustand des Menschen nach dem Sündenfall anpaßt, erscheint Christus als der Stellvertreter des Vaters, als das Bindeglied zwischen Gott und Mensch. Er ist der große Lehrer der Menschheit. Und er verordnet auch, dass Männer und Frauen wiederum seine Stellvertreter sein sollen. Die Familie verkörpert die Lehranstalt, und die Eltern sind die Lehrkräfte. Ez.29.2 Teilen

In den Tagen der Erzväter war die Familie Träger der Erziehung. Für die Lehrstätten, die so zustande kamen, schuf Gott die günstigsten Voraussetzungen zur Entwicklung des Charakters. Die Menschen unter seiner Führung befolgten noch immer die Lebensrichtlinie, die er im Anfang aufgestellt hatte. Die, welche sich von Gott trennten, bauten sich Städte, und indem sie sich dort eng zusammenschlossen, frohlockten sie in dem Glanze, in der Verschwendung und in dem Laster, welche die Metropolen bis heute zum Stolz und Fluch der Welt machen. Die Menschen aber, die an Gottes Lebensgrundsätzen festhielten, lebten inmitten von Feldern und Hügeln. Sie waren Ackersleute und Besitzer von Groß- und Kleinviehherden; bei diesem freien, unabhängigen Leben mit seinen Gelegenheiten zur Arbeit, zum Studium und zur Besinnung lernten sie von Gott und lehrten ihre Kinder seine Werke und Wege. Ez.29.3 Teilen

Das war die Erziehungsmethode, die Gott in Israel einzuführen wünschte. Aber nach dem Auszug aus Ägypten waren unter den Israeliten nur wenige darauf vorbereitet, bei der Ertüchtigung ihrer Kinder mit ihm zusammenzuwirken. Den Eltern selbst tat Belehrung und Erziehung not. Als die Opfer lebenslanger Sklaverei waren sie unwissend, ungeschult und verkommen. Sie besaßen nur wenig Gotteserkenntnis und ein geringes Gottvertrauen. Falsche Lehren hatten sie verwirrt, und durch die lange Berührung mit dem Heidentum waren sie innerlich verdorben worden. Gott wollte sie auf eine höhere sittliche Stufe emporziehen, und zu diesem Zweck suchte er ihnen eine Erkenntnis seiner selbst zu vermitteln. Ez.29.4 Teilen

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In seiner ganzen Verfahrensweise mit den Wüstenwanderern, ob er sie hin und her ziehen ließ, sie dem Hunger und Durst, der Müdigkeit und der Gefahr von seiten heidnischer Widersacher aussetzte oder ihnen seine helfende Fürsorge kundtat, kurz, immer wieder suchte Gott ihren Glauben zu stärken, indem er ihnen die unaufhörlich zu ihrem Besten wirkende Macht offenbarte. Und nachdem er sie dazu erzogen hatte, seiner Liebe und Stärke zu vertrauen, war es seine Absicht, ihnen in den Verordnungen des Gesetzes die charakterliche Norm vor Augen zu halten, die sie durch seine Gnade erreichen sollten. Ez.30.1 Teilen

Unschätzbar waren die Lehren, die Israel während seines Aufenthaltes am Sinai empfing. Dies war eine Zeit besonderer Schulung für die Inbesitznahme Kanaans. Die Umgebung dort begünstigte die Ausführung der göttlichen Absicht. Auf dem Gipfel des Sinai ruhte die Wolkensäule, die den Zug angeführt hatte, und überschattete nun die Ebene, in der das Volk seine Zelte aufschlug. Als Feuersäule bei Nacht verbürgte sie ihnen den göttlichen Schutz, und während der Schlummer sie umfing, fiel das Himmelsbrot auf die Lagerstatt hernieder. Rings zeugten weitgestreckte, zerklüftete Berggipfel in ihrer feierlichen Großartigkeit von ewiger Dauer und Majestät. Den Menschen überkam ein Gefühl der Unwissenheit und Schwäche in der Gegenwart dessen, der da „wägt die Berge mit einem Gewicht und die Hügel mit einer Waage“. Jesaja 40,12. Hier suchte Gott durch die Offenbarung seiner Herrlichkeit Israel die Heiligkeit seines Charakters und seiner Forderungen sowie das überaus Schuldhafte der Übertretung eindringlich nahezubringen. Ez.30.2 Teilen

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Aber das Volk war langsam im Lernen seiner Lektion. Ihm, das in Ägypten an sinnlich wahrnehmbare Darstellungen der Gottheit, und zwar an solche erniedrigendster Art, gewöhnt gewesen war, fiel es schwer, das Dasein oder das Wesen des Unsichtbaren zu erfassen. Aus Mitleid mit seinem Unvermögen gab Gott ihm ein Sinnbild seiner Gegenwart. „Und sie sollen mir ein Heiligtum machen“, sagte er, „dass ich unter ihnen wohne.“ 2.Mose 25,8. Ez.31.1 Teilen

Bei der Errichtung des Heiligtums zu einer Wohnstätte für Gott wurde Mose angewiesen, alles nach dem Muster der himmlischen Dinge zu gestalten. Der Herr rief ihn auf den Berg und offenbarte ihm diese. Nach ihrem Vorbilde wurde dann die Stiftshütte mit all ihrem Zubehör angefertigt. Ez.31.2 Teilen

So enthüllte Gott dem Volk Israel, das er zu seiner Wohnstatt machen wollte, sein herrliches Charakterideal. Das Musterbild wurde den Israeliten bei der Verkündigung des Gesetzes vom Sinai vorgeführt, als Gott an Mose vorüberzog und ausrief: „Herr, Herr, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue!“. 2.Mose 34,6. Ez.31.3 Teilen

Aber sie waren unfähig, dieses Ideal aus sich selbst heraus zu verwirklichen. Die Offenbarung am Sinai konnte sie nur zutiefst von ihrem Mangel und ihrer Hilflosigkeit überzeugen. Eine andere Lehre sollte ihnen die Stiftshütte durch ihren Opferdienst erteilen: die Lehre von der Vergebung der Sünden und von der Kraft des Gehorsams zum ewigen Leben, die durch den Erlöser vermittelt wird. Ez.31.4 Teilen

Durch Christus sollte der Vorsatz zur Ausführung gebracht werden, den die Stiftshütte versinnbildete. In jenem prächtigen Zeltbau spiegelten die goldgleißenden Wände die Vorhänge mit den eingewirkten Cherubim in Regenbogenfarben wider, während der Duft ständig brennenden Weihrauchs das Ganze durchzog. In makelloses Weiß waren die Priester gekleidet, und im tiefen Geheimnis des innersten Raumes thronte über dem Gnadenstuhl, zwischen den Figuren der gebeugten anbetenden Engel, die Herrlichkeit des allerheiligsten Wesens. Gott wünschte, dass sein Volk aus alledem sein Vorhaben mit der Menschenseele herauslesen sollte. Es handelte sich um dieselbe Absicht, die lange danach durch den Apostel Paulus aufgezeigt wurde, als dieser sagte: „Wisset ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? So jemand den Tempel Gottes verderbt, den wird Gott verderben; denn der Tempel Gottes ist heilig, der seid ihr.“ 1.Korinther 3,16.17. Ez.31.5 Teilen

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Groß war die Gnade und groß die Ehre, die Israel mit der Zubereitung des Heiligtums zuerkannt wurden, groß war freilich auch die Verantwortung. Ein Volk, das eben erst der Sklaverei entronnen war, wollte in der Wüste ein Gebäude von außerordentlicher Pracht errichten, das zu seiner Erstellung das kostbarste Material und höchstes künstlerisches Geschick erforderte, eine erstaunliche Aufgabe, wie es schien. Ez.32.1 Teilen

Doch der den Plan für das Haus geliefert hatte, verbürgte sich zur Mitarbeit mit den Bauleuten. „Und der Herr redete mit Mose und sprach: Siehe, ich habe mit Namen berufen Bezaleel, den Sohn Uris, des Sohnes Hurs, vom Stamme Juda, und habe ihn erfüllt mit dem Geist Gottes, mit Weisheit und Verstand und Erkenntnis und mit allerlei Geschicklichkeit ... Und siehe, ich habe ihm zugegeben Oholiab, den Sohn Ahisamachs, vom Stamme Dan; und habe allerlei Weisen die Weisheit ins Herz gegeben, dass sie machen sollen alles, was ich dir geboten habe.“ 2.Mose 31,1-6. Welch ein Werkunterricht war das dort in der Wüste, wo Christus und seine Engel Lehrer waren! Ez.32.2 Teilen

Bei der Zubereitung des Heiligtums und seiner Innenausstattung sollte das ganze Volk mithelfen. Da gab es Arbeit für Kopf und Hand. Man benötigte eine Menge verschiedenartigen Baumaterials, und alle wurden aufgefordert, je nach Eingebung ihres Herzens beizusteuern. Ez.32.3 Teilen

So wurden die Israeliten dazu erzogen, bei der Arbeit und beim Geben mit Gott und ihresgleichen zusammenzuwirken. Auch bei der Aufrichtung des geistlichen Hauses des Tempels Gottes in der Seele sollten sie gemeinsam zu Werke gehen. Ez.32.4 Teilen

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Schon seit dem Beginn des Auszugs aus Ägypten hatten sie Hinweise in Bezug auf ihre Ausbildung und Erziehung empfangen. Sogar noch ehe sie Ägypten verließen, hatte man eine vorläufige Organisation durchgeführt; das Volk war in Abteilungen gegliedert worden, die bestimmten Führern unterstanden. Am Sinai wurden die organisatorischen Einrichtungen vervollständigt. Die in allen Werken Gottes so augenfällig hervortretende Ordnung offenbarte sich deutlich in dem hebräischen Staatswesen. Bei Gott lag das Schwergewicht der Herrschaftsgewalt und der Regierung. Mose als sein Stellvertreter hatte die Gesetze in seinem Namen zu verwalten. Dann folgten der Rat der Siebzig, ferner die Priester und Fürsten, unter diesen „Häupter über 1000, über 100, über 50 und über 10“ (4.Mose 11,16; 5.Mose 1,15) und schließlich Beamte mit einem besonderen Aufgabenkreis. Das Lager war genau geordnet: In der Mitte befand sich die Stiftshütte, der Wohnort Gottes, und ringsumher standen die Zelte der Priester und Leviten. Außerhalb dieser lagerte jeder Stamm unter seinem eigenen Panier. Ez.33.1 Teilen

Durchgreifende hygienische Verordnungen traten in Kraft. Diese wurden dem Volke nicht nur als eine gesundheitliche Notwendigkeit eingeschärft, sondern auch als Voraussetzung für die Gegenwart des Heiligen in seiner Mitte. Kraft göttlicher Autorität erklärte Mose: „Denn der Herr, dein Gott, wandelt unter deinem Lager, dass er dich errette ... Darum soll dein Lager heilig sein.“ 5.Mose 23,15. Ez.33.2 Teilen

Die Erziehung der Israeliten schloß ihre sämtlichen Lebensgewohnheiten mit ein. Alles, was ihr Wohlergehen betraf, war Gegenstand göttlicher Sorge und fiel in den Bereich göttlicher Gesetzgebung. Auch in der Vorsorge für ihre Nahrung suchte Gott ihr Bestes. Das Manna, mit dem er sie in der Wüste speiste, war dazu angetan, ihre körperliche, geistige und sittliche Kraft zu erhöhen. Obgleich sich so viele von ihnen gegen die Einschränkung in der Ernährung auflehnten und nach jenen Tagen zurückverlangten, da sie, wie sie sagten, „bei den Fleischtöpfen saßen und hatten die Fülle Brot zu essen“ (2.Mose 16,3), wurde doch die weise Auswahl Gottes auf eine Art gerechtfertigt, die niemand bestreiten konnte: trotz der Entbehrungen ihres Wüstenlebens gab es nicht einen einzigen Schwächling unter all ihren Stämmen. Ez.33.3 Teilen

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Auf allen Wanderungen sollte die Bundeslade, die das Gesetz Gottes enthielt, voranziehen. Der Lagerplatz wurde durch das Herniederschweben der Wolkensäule angezeigt. Solange die Wolke über der Stiftshütte ruhte, lagerten die Israeliten. Wenn sie sich hob, setzten sie ihre Wanderung fort. Der Zeitpunkt des Haltens wie der des Abmarsches war durch eine feierliche Anrufung gekennzeichnet. „Und wenn die Lade zog, so sprach Mose: Herr, stehe auf! laß deine Feinde zerstreut ... werden ... Und wenn sie ruhte, so sprach er: Komm wieder, Herr, zu der Menge der Tausende Israels!“ 4.Mose 10,35.36. Ez.34.1 Teilen

Als das Volk durch die Wüste zog, wurden ihm viele wertvolle Lehren durch Gesang ins Herz geprägt. Bei seiner Errettung vor dem Heere Pharaos hatte die ganze Menge Israels mit in den Triumphgesang eingestimmt. Weit über Wüste und Meer war der frohe Kehrreim erschollen, und die Berge hatten von den Klängen des Lobgesangs widergehallt: „Laßt uns dem Herrn singen, denn er hat eine herrliche Tat getan.“ 2.Mose 15,21. Oft wurde dieses Lied auf der Wanderung wiederholt. Es stimmte die Herzen der Pilger froh und entfachte ihren Glauben. Die Gebote, wie sie vom Sinai herab gegeben worden waren, nebst den Verheißungen der göttlichen Gunst und Berichten über Gottes wunderbare Befreiungstaten wurden unter göttlicher Anleitung in Lieder gefaßt. Man trug sie zu den Klängen instrumentaler Musik vor; dabei hielt das Volk Schritt, wenn sich seine Stimmen im Lobgesang vereinigten. Ez.34.2 Teilen

Auf diese Weise wurden seine Gedanken von den Prüfungen und Schwierigkeiten des Weges nach oben gelenkt, der ruhelose, ungezügelte Geist wurde besänftigt und gestillt, die Grundregeln der Wahrheit prägten sich dem Gedächtnis ein, und der Glaube erstarkte. Gemeinsames Wirken erzog das Volk zu Ordnung und Einigkeit. Außerdem wurden die Menschen dadurch in engere Berührung mit Gott und mit ihresgleichen gebracht. Ez.34.3 Teilen

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Über den Weg Gottes mit Israel während der vierzig Jahre Wüstenwanderung äußerte Mose: „Dass der Herr, dein Gott, dich gezogen hat, wie ein Mann seinen Sohn zieht“, „auf dass er dich demütigte und versuchte, dass kund würde, was in deinem Herzen wäre, ob du seine Gebote halten würdest oder nicht.“ 5.Mose 8,5.2. „Er fand ihn in der Wüste, in der dürren Einöde, da es heult. Er umfing ihn und hatte acht auf ihn; er behütete ihn wie seinen Augapfel. Wie ein Adler ausführt seine Jungen und über ihnen schwebt, breitete er seine Fittiche aus und nahm ihn und trug ihn auf seinen Flügeln. Der Herr allein leitete ihn, und kein fremder Gott war mit ihm.“ 5.Mose 32,10-12. Ez.35.1 Teilen

„Denn er gedachte an sein heiliges Wort, das er Abraham, seinem Knechte, hatte geredet. Also führte er sein Volk aus in Freuden und seine Auserwählten in Wonne und gab ihnen die Länder der Heiden, dass sie die Güter der Völker einnahmen, auf dass sie halten sollen seine Rechte und seine Gesetze bewahren. Halleluja!“ Psalm 105,42-45. Ez.35.2 Teilen

Gott stattete Israel mit allen Vorteilen aus, gab ihm jede erdenkliche Möglichkeit, seinem Namen zur Ehre und den umliegenden Völkern zum Segen zu gereichen. Er verhieß ihm, dass er es „zum höchsten machen werde“ und dass es „gerühmt, gepriesen und geehrt“ würde „über alle Völker, die er gemacht hat“, wenn es auf den Pfaden des Gehorsams wandelte. „Alle Völker auf Erden werden sehen“, sagte er, „dass du nach dem Namen des Herrn genannt bist, und werden sich vor dir fürchten.“ Nationen, die all die Gebote vernähmen, würden sagen: „Ei, welch weise und verständige Leute sind das und ein herrlich Volk!“ 5.Mose 26,19; 5.Mose 28,10; 5.Mose 4,6. Ez.35.3 Teilen

In den dem Volk anvertrauten Gesetzen war ausdrückliche Weisung betreffs der Erziehung gegeben. Gott hatte sich Mose auf dem Sinai offenbart als „barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue“. 2.Mose 34,6. Diese in seinem Gesetz verkörperten Grundzüge sollten die Väter und Mütter in Israel ihren Kindern einprägen. Mose erklärte ihnen auf Grund göttlicher Weisung: „Diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du zu Herzen nehmen und sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Hause sitzest oder auf dem Wege gehst, wenn du dich niederlegst oder aufstehst.“ 5.Mose 6,6.7. Ez.35.4 Teilen

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Nicht als trockene Theorie sollten diese Dinge gelehrt werden. Wer Wahrheit vermitteln will, muss selbst ihre Grundsätze ausleben. Andere kann man nur dann beeindrucken, wenn sich in der Rechtschaffenheit, im Adel und in der Selbstlosigkeit des eigenen Lebens der göttliche Charakter widerspiegelt. Ez.36.1 Teilen

Wahre Erziehung bedeutet nicht, einem unvorbereiteten und unempfänglichen Gemüt Belehrung aufzwingen. Die Geisteskräfte müssen geweckt, das Interesse muss angeregt werden. Dafür ist in Gottes Lehrmethode Vorkehrung getroffen. Der den Verstand schuf und seine Gesetze festlegte, sorgt auch für dessen Entwicklung im Einklang mit diesen. In Heim und Heiligtum, bei der Arbeit und bei Festlichkeiten, durch Natur und Kunst, im geweihten Bauwerk und Gedenkstein, durch unzählige Ordnungen, Bräuche und Sinnbilder erteilte Gott Israel Lehren, die seine Wesensgrundsätze veranschaulichten und das Gedächtnis seiner wunderbaren Werke bewahrten. Wenn da ein Fragen einsetzte, prägte sich die gegebene Unterweisung tief in Herz und Sinn. Ez.36.2 Teilen

In den Anweisungen für die Erziehung des auserwählten Volkes wird offenbar, dass ein Leben mit Gott im Mittelpunkt ein vollkommenes Dasein ist. Für jedes Bedürfnis, das er in uns hineingelegt hat, schafft er auch Befriedigung; jede verliehene Gabe sucht er zu entfalten. Ez.36.3 Teilen

Als Urheber aller Schönheit, der selbst das Ansprechende liebt, sorgte Gott dafür, dass die Liebe zum Schönen in seinen Kindern zu ihrem Recht komme. Auch für ihre gesellschaftlichen Bedürfnisse traf er Vorkehrung, für herzliche, die Hilfsbereitschaft fördernde Geselligkeit, die so viel zur Pflege des Mitgefühls beiträgt und das Leben durchsonnt und verschönt. Ez.36.4 Teilen

Die Feste Israels nahmen als Mittel zur Erziehung einen wichtigen Platz ein. Im gewöhnlichen Leben war die Familie beides zugleich: Schule und Gemeinde, wobei die Eltern in weltlichen und religiösen Fächern unterrichteten. Aber dreimal im Jahre waren gewisse Zeiten für gesellschaftliche und gottesdienstliche Veranstaltungen vorgesehen. Zuerst fanden diese Zusammenkünfte in Silo, später in Jerusalem statt. Nur die Anwesenheit der Väter und Söhne war gefordert; aber niemand wollte die Gelegenheiten dieser Feste versäumen. Nach Möglichkeit war die ganze Hausgemeinschaft zugegen, und der Fremdling, der Levit und der Arme genossen ihre Gastfreundschaft. Ez.36.5 Teilen

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Die Reise nach Jerusalem im einfachen patriarchalischen Stil zurzeit der Frühlingspracht, in hochsommerlicher Fülle oder im reifen Glanz des Herbstes war ein freudiger Anlaß. Mit Dankopfern kamen sie vom weißhaarigen Mann bis zum kleinen Kind, um Gott in seiner heiligen Wohnung zu begegnen. Ez.37.1 Teilen

Auf der Reise wurden die Geschehnisse der Vergangenheit, die Geschichten, die heute noch bei alt und jung so beliebt sind, den hebräischen Kindern wiedererzählt. Man sang die Lieder, die die Wüstenwanderung froh belebt hatten. Gottes Gebote wurden im Liede vorgetragen. In Verbindung mit dem segensreichen Einfluß, den Natur und freundlicher Umgang mit Menschen ausübten, prägten sie sich dem Gedächtnis manches Kindes und Jugendlichen für immer ein. Ez.37.2 Teilen

All die feierlichen Handlungen, deren Zeuge man anläßlich der Passahfeier in Jerusalem wurde, waren dazu angetan, die Einbildungskraft zu erregen und das Gemüt zu beeindrucken: die nächtliche Versammlung, die Männer mit gegürteten Lenden, mit Schuhen an den Füßen und dem Stab in der Hand, die hastige Mahlzeit, das Lamm, ungesäuertes Brot und bittere Kräuter; dazu in der feierlichen Stille die Wiederholung der Geschichte von der Blutbesprengung, vom Würgeengel und vom großen Auszug aus dem Lande der Knechtschaft. Ez.37.3 Teilen

Beim Laubhütten oder Erntedankfest wurden Gaben aus dem Obstgarten und vom Felde dargebracht; man wohnte eine Woche lang in den Laubhütten, hatte gesellschaftliche Zusammenkünfte, einen heiligen Gedächtnisgottesdienst und übte eine herzliche Gastfreundschaft gegen die Mitarbeiter im Werke Gottes, die am Heiligtum dienenden Leviten, sowie an seinen Kindern, den Fremdlingen und Armen. Das erhob alle Herzen in Dankbarkeit gegen den, der „das Jahr mit seinem Segen krönte“ und dessen „Pfade von Fett triefen“. Ez.37.4 Teilen

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Von den Frommen in Israel wurde jedes Jahr insgesamt ein ganzer Monat auf diese Weise verbracht. Es war eine Zeit, frei von Sorgen und Mühen und im wahrsten Sinne des Wortes fast ausschließlich Erziehungszwecken gewidmet. Ez.38.1 Teilen

Beim Austeilen des Erbes an sein Volk war es Gottes Absicht, ihm und durch es späteren Geschlechtern richtige Grundsätze betreffs Landbesitz zu vermitteln. Das Land Kanaan wurde unter dem ganzen Volk aufgeteilt; nur die Leviten als Diener am Heiligtum erhielten keinen Grund und Boden. Obwohl jemand sein Besitztum für gewisse Zeit verkaufen konnte, durfte er doch das Erbe seiner Kinder nicht verschachern. Ihm stand frei, es jederzeit zurückzukaufen, sofern er dazu imstande war. Die Schulden wurden jedes siebente Jahr erlassen, und im fünfzigsten, dem Jubeljahr, fiel aller Grundbesitz an den ursprünglichen Eigentümer zurück. Auf diese Weise war der Besitz jeder Familie gesichert und übergroßem Reichtum und äußerster Armut ein Riegel vorgeschoben. Ez.38.2 Teilen

Durch die Verteilung des Landes unter das Volk vermittelte ihm Gott gleich den Bewohnern Edens die Beschäftigung, die der Entwicklung am förderlichsten war: die Pflege von Pflanze und Tier. Eine weitere Erziehungsmaßnahme war die Aussetzung der Feldarbeit in jedem siebenten Jahr. Das Land lag dann brach, und seine wildwachsenden Erzeugnisse wurden den Armen überlassen. Damit ergab sich Gelegenheit zu ausgiebigem Studium, zu gesellschaftlichem Verkehr und gottesdienstlichen Übungen; auch für Mildtätigkeit, die so oft durch die Sorgen und Mühen des Lebens verdrängt wird, war dann die nötige Musse. Ez.38.3 Teilen

Wie anders stünde es um die Menschen, wenn man die Richtlinien der göttlichen Gesetze über Besitzverteilung heute in der Welt befolgte! Eine Beobachtung dieser Grundregeln würde den schrecklichen Übeln vorbeugen, die zu allen Zeiten der Bedrückung der Armen durch die Reichen und dem Haß der Besitzlosen gegen die Besitzenden entsprungen sind. Einerseits würde dadurch die Aufhäufung großer Reichtümer verhindert, zum andern die Unwissenheit und Herabwürdigung Zehntausender verhütet, deren schlecht bezahlte Dienste zum Ansammeln jener riesigen Vermögenswerte benötigt werden. Das trüge zu einer friedlichen Lösung jener Probleme bei, die die Welt jetzt mit Anarchie und Blutvergießen zu erfüllen drohen. Ez.38.4 Teilen

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Ein Zehntel aller Erträge wurde Gott geweiht, ob sie nun dem Fruchtgarten oder dem Erntefeld, den Groß- und Kleinviehherden oder geistiger und körperlicher Arbeit entstammten. Ein weiteres Zehntel widmete man der Unterstützung der Armen und anderen wohltätigen Zwecken. Dadurch sollte beim Volk die Wahrheit lebendig erhalten werden, dass alles Gottes Eigentum ist und dass wir Segnungen empfangen, um sie weiterzugeben. Diese Erziehungsmaßnahme war dazu geeignet alle kleinliche Selbstsucht abzutöten und einen großzügigen, edlen Charakter zu entwickeln. Ez.39.1 Teilen

Erkenntnis Gottes, Gemeinschaft mit ihm beim Studium und in der Arbeit, Charakterähnlichkeit mit ihm: damit waren Quelle Weg und Ziel der Erziehung Israels vorgezeichnet der Erziehung nämlich, die Gott den Eltern zuteil werden ließ und die diese an ihre Kinder weitergeben sollten. Ez.39.2 Teilen

Kapitel 6: Die Prophetenschulen

„Sie werden sich setzen zu deinen Füßenund werden lernen von deinen Worten.“ Ez.39 Teilen

Überall, wo in Israel der Erziehungsplan Gottes durchgeführt wurde, zeugten die Ergebnisse von seinem Urheber. Aber in sehr vielen Häusern war die vom Himmel verordnete Schulung ebenso selten wie die dadurch entwickelten Charaktere. Gottes Entwurf wurde nur teilweise und unvollkommen ausgeführt. Durch Unglauben und durch Mißachtung der Anordnungen des Herrn setzten sich die Israeliten Versuchungen aus, denen nur wenige widerstehen konnten. Bei ihrer Ansiedlung in Kanaan „vertilgten sie die Völker nicht, wie sie doch der Herr geheißen hatte; sondern sie vermengten sich unter die Heiden und lernten derselben Werke und dienten ihren Götzen; die wurden ihnen zum Fallstrick“. Psalm 106,34-36. Ihr Herz war nicht auf Gott gerichtet, und sie „hielten nicht treulich an seinem Bunde. Er aber war barmherzig und vergab die Missetat und vertilgte sie nicht und wandte oft seinen Zorn ab ... Denn er gedachte, dass sie Fleisch sind, ein Wind, der dahinfährt und nicht wiederkommt.“ Psalm 78,37-39. Väter und Mütter in Israel wurden gleichgültig in ihrer Verpflichtung Gott gegenüber, gleichgültig in ihrer Verantwortung für ihre Kinder. Untreue im Heim und götzendienerische Einflüsse von außen brachten es mit sich, dass viele hebräische Jugendliche eine ganz andere als die von Gott vorgezeichnete Erziehung erhielten. Sie lernten die Sitten und Gebräuche der Heiden kennen. Ez.39.3 Teilen

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Um diesem wachsenden Übel zu begegnen, sah Gott als Hilfe für die Erziehungsarbeit der Eltern andere Mittel vor. Schon von uralter Zeit her waren Propheten als gottgesandte Lehrer anerkannt worden. Im höchsten Sinn war der Prophet einer, der, unmittelbarer Eingebung folgend, redete und dem Volke die Botschaften mitteilte, die er von Gott empfangen hatte. Aber die Bezeichnung „Prophet“ wurde auch denen verliehen die, obwohl nicht so unmittelbar vom Geist getrieben, doch von Gott berufen waren, die Leute über das Tun und Handeln Gottes zu unterrichten. Zur Ausbildung eines solchen Lehrerstandes gründete Samuel auf Anordnung des Herrn die Prophetenschulen. Ez.40.1 Teilen

Diese Schulen waren dazu bestimmt, einen Damm gegen die um sich greifende Verderbnis zu bilden, für das geistige und geistliche Wohl der Jugend zu sorgen und das Gedeihen der Nation dadurch zu fördern, dass sie sie mit Männern versahen, die in der Furcht Gottes als Führer und Ratgeber tätig sein konnten. Zu diesem Zweck brachte Samuel Gruppen von Jünglingen zusammen, die fromm, klug und fleißig waren. Sie wurden die Kinder der Propheten genannt. Beim Studium der Worte und Werke Gottes entfachte seine lebenspendende Kraft ihre geistigen und seelischen Energien, und die Lernenden empfingen Weisheit aus der Höhe. Ihre Lehrer waren nicht nur in der göttlichen Wahrheit bewandert; sie hatten auch eine Begegnung mit Gott erlebt und die besondere Gabe seines Geistes erhalten. Wegen ihrer Gelehrsamkeit und auch wegen ihrer Frömmigkeit besaßen sie die Achtung und das Vertrauen des Volkes. In den Tagen Samuels gab es zwei solcher Schulen: eine zu Rama, der Heimat des Propheten, und die andere zu Kirjath Jearim. Später wurden noch weitere gegründet. Ez.40.2 Teilen

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Die Zöglinge dieser Schulen unterhielten sich durch eigene Arbeit, die in Ackerbau oder in irgendeiner handwerklichen Beschäftigung bestand. In Israel hielt man dies nicht für sonderbar oder herabwürdigend; es wurde vielmehr als eine Sünde betrachtet, wenn man Kinder in Unkenntnis nützlicher Arbeit aufwachsen ließ. Jeden Jugendlichen ob seine Eltern nun reich oder arm waren lehrte man ein Handwerk. Auch wenn er zu heiligem Dienste erzogen wurde, bestand die Ansicht, dass eine Kenntnis des praktischen Lebens wesentlich für höchste Brauchbarkeit sei. Selbst viele von den Lehrern unterhielten sich durch ihrer Hände Arbeit. Ez.41.1 Teilen

Sowohl in der Schule als auch im Heim wurde großenteils mündlich unterrichtet; aber die Jugendlichen lernten auch die hebräischen Urkunden lesen, und die Pergamentrollen der alttestamentlichen Schriften waren ihrem Studium zugänglich. Die wichtigsten Unterrichtsfächer in diesen Schulen waren das Gesetz Gottes mit den Mose erteilten Vorschriften, heilige Geschichte, geistliche Musik und Dichtkunst. In den Berichten der heiligen Geschichte verfolgte man die Spuren Jahves. Die großen Wahrheiten, die in den Sinnbildern des Heiligtumsdienstes dargestellt waren, wurden ins Blickfeld gerückt; der Glaube erfaßte das Herzstück dieses ganzen Systems: das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnehmen sollte. Man pflegte einen Geist der Frömmigkeit. Die Schüler wurden nicht nur zum Gebet angehalten; man lehrte sie auch, wie sie beten, wie sie sich ihrem Schöpfer nahen und Glauben üben sollten und wie schließlich die Eingebungen seines Geistes zu verstehen und zu befolgen seien. Geheiligtes Denken förderte aus dem Schatzhaus Gottes Altes und Neues zutage, und der Geist des Herrn tat sich in prophetischer Rede und geistlichen Liedern kund. Ez.41.2 Teilen

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Diese Schulen erwiesen sich als eines der wirksamsten Mittel zur Förderung der Gerechtigkeit, die ein Volk erhöht. Sprüche 14,34. In nicht kleinem Maße trugen sie dazu bei, die Grundlage für jenen unglaublichen Wohlstand zu schaffen, der die Regierungszeit Davids und Salomos auszeichnete. Ez.42.1 Teilen

Die in den Prophetenschulen gelehrten Grundsätze waren dieselben, die Davids Charakter formten und sein Leben gestalteten. Das Wort Gottes war sein Lehrmeister. „Dein Wort macht mich klug“, sagte er ... „Ich neige mein Herz, zu tun nach deinen Rechten.“ Psalm 119,104-112. Das war es, was den Herrn veranlaßte, David als „einen Mann nach meinem Herzen“ (Apostelgeschichte 13,22) zu bezeichnen, als er ihn in jugendlichem Alter auf den Thron berief. Ez.42.2 Teilen

In der Frühzeit Salomos sind die Früchte der göttlichen Erziehungsweise ebenfalls zu beobachten. Salomo folgte in seiner Jugend dem Beispiel Davids. Vor allen irdischen Gütern erbat er von Gott ein weises und verständiges Herz. Und der Herr gab ihm nicht nur, was er suchte, sondern auch, was er nicht erstrebt hatte: Reichtum und Ehre zugleich. Seine hohe Verstandeskraft, sein umfassendes Wissen und der Glanz seiner Herrschaft setzten die Welt in Erstaunen. Ez.42.3 Teilen

Unter der Herrschaft Davids und Salomos erreichte Israel den Gipfel seiner Größe. Die dem Abraham gegebene und durch Mose wiederholte Verheißung hatte sich erfüllt: „Denn wo ihr diese Gebote alle werdet halten, die ich euch gebiete, dass ihr darnach tut, dass ihr den Herrn, euren Gott, liebet und wandelt in allen seinen Wegen und ihm anhanget, so wird der Herr alle diese Völker vor euch her ausstoßen, dass ihr größere und stärkere Völker vertreibet, denn ihr seid. Alle Örter, darauf eure Fußsohle tritt, sollen euer sein; von der Wüste an und von dem Berge Libanon und von dem Wasser Euphrat bis ans Meer gegen Abend soll eure Grenze sein. Niemand wird euch widerstehen können.“ 5.Mose 11,22-25. Ez.42.4 Teilen

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Aber inmitten des Wohlstandes lauerte Gefahr. Obwohl die Sünde aus Davids späteren Jahren aufrichtig bereut und schwer gesühnt wurde, machte sie das Volk keck im Übertreten der Gebote Gottes. Und Salomos Leben verdüsterte sich nach einem sehr verheißungsvollen Morgen durch seinen Abfall. Der Wunsch nach politischer Macht und Selbsterhöhung führte zum Bündnis mit heidnischen Völkern. Das Silber von Tharsis und das Gold aus Ophir wurden durch Preisgabe der Redlichkeit erkauft durch Verrat an den heiligen Vermächtnissen. Umgang mit Götzenverehrern, Ehebündnisse mit heidnischen Frauen unterhöhlten den Glauben. Die Schutzschranken, die Gott für die Sicherheit seines Volkes errichtet hatte, wurden damit niedergerissen, und Salomo gab sich der Verehrung falscher Götter hin. Auf der Höhe des Ölbergs, dem Tempel Jahves gerade gegenüber, errichtete man riesige Standbilder und Altäre zum Dienst an den heidnischen Gottheiten. Da Salomo seine Bindung an Gott löste, verlor er die Herrschaft über sich selbst. Sein feines Empfinden wurde abgestumpft. Der gewissenhafte, besonnene Geist seiner ersten Regierungsjahre schwand dahin. Stolz, Ehrgeiz, Verschwendung und Nachgiebigkeit reiften zu Grausamkeit und Erpressung. Er, der ein gerechter, leutseliger und gottesfürchtiger Herrscher gewesen war, wurde zum Tyrannen und Bedrücker. Er, der bei der Einweihung des Tempels für sein Volk gebetet hatte, dass es sein Herz ungeteilt dem Herrn übergebe, wurde ihm zum Verführer. Salomo entehrte sich selbst, bereitete Israel Schande und brachte Gott um seinen Ruhm. Ez.43.1 Teilen

Die Nation, deren Stolz er gewesen war, folgte seiner Führung. Obgleich er späterhin Buße tat, verhinderte seine Reue doch nicht das Aufgehen der bösen Saat, die er ausgestreut hatte. Die Erziehung und Schulung, die Gott für Israel verordnete, sollten dazu führen, dass es sich in seiner ganzen Lebensweise von den anderen Völkern unterschied. Diese Eigenart, die als besondere Gnade und als Segen hätte angesehen werden müssen, war ihm nicht genehm. Es suchte die zur höchsten Entfaltung notwendige Einfachheit und Selbstbeschränkung gegen das Gepränge und die Zügellosigkeit heidnischer Völker einzutauschen. Sein Ehrgeiz bestand darin, zu sein „wie alle Heiden“. 1.Samuel 8,5. Gottes Erziehungsplan wurde beiseite gesetzt, sein Herrschaftsanspruch geleugnet. Ez.43.2 Teilen

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Mit der Verwerfung der Wege Gottes zugunsten menschlicher Praktiken begann der Niedergang Israels. Er vollendete sich folgerichtig, bis das jüdische Volk eine Beute eben jener Nationen wurde, deren Beispiel es nachgeeifert hatte. Ez.44.1 Teilen

Als Volk konnten die Kinder Israel nicht die Wohltaten empfangen, die Gott für sie bereithielt. Sie würdigten seine Absicht nicht oder wirkten nicht an deren Durchführung mit. Doch ob sich Einzelmenschen und Völker auf solche Weise von ihm trennen, sein Vorsatz bleibt für die Gläubigen unverändert. „Alles, was Gott tut, das besteht immer.“ Prediger 3,14. Ez.44.2 Teilen

Wohl gibt es verschiedene Stufen der Entwicklung und verschiedene Offenbarungen göttlicher Macht, um den Bedürfnissen der Menschen in den einzelnen Zeitabschnitten zu entsprechen, doch bleibt sich Gottes Werk jederzeit gleich. Der Lehrmeister ist derselbe. Gottes Wesen und sein Plan wandeln sich nicht. Bei ihm „ist keine Veränderung noch Wechsel des Lichts und der Finsternis“. Jakobus 1,17. Ez.44.3 Teilen

Die Erfahrungen Israels wurden uns zur Lehre aufgezeichnet. „Solches alles widerfuhr jenen zum Vorbilde; es ist aber geschrieben uns zur Warnung, auf welche das Ende der Welt gekommen ist.“ 1.Korinther 10,11. Wie bei Israel vor alters, so hängt auch bei uns der Erfolg der Erziehung von der Treue ab, mit der wir den Plan des Schöpfers ausführen. Das Festhalten an den Grundsätzen des Wortes Gottes wird uns ebenso großen Segen bringen, wie es ihn dem hebräischen Volk vermittelt haben würde. Ez.44.4 Teilen

Kapitel 7: Aus dem Leben großer Männer

„Die Frucht des Gerechten ist ein Baum des Lebens.“ Ez.44 Teilen

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Die biblische Geschichte bietet manches Beispiel für den Erfolg wahrer Erziehung. Sie weist viele vorbildliche Menschen auf, deren Charakter unter göttlicher Anleitung geformt wurde. Es waren Männer, deren Leben ihren Mitmenschen zum Segen gereichte und die Gott ehrenvoll auf Erden vertraten. Joseph und Daniel befinden sich darunter, Mose, Elisa und Paulus — die größten Staatsmänner, der weiseste Gesetzgeber, einer der gewissenhaftesten Reformatoren und — abgesehen von dem, der redete wie nie ein Mensch — der berühmteste Lehrer, den diese Welt gekannt hat. Ez.45.1 Teilen

Schon früh im Leben, gerade beim Übergang vom Jugend zum Mannesalter, wurden Joseph und Daniel aus ihren Heimen gerissen und als Gefangene in heidnische Länder gebracht. Besonders Joseph war den Versuchungen ausgesetzt, die große Wechselfälle des Geschicks begleiten. Daheim bei seinem Vater das zärtlich gehegte Kind, im Hause Potiphars ein Sklave, dann der Vertraute und Gefährte, der durch Studium, Beobachtung und Umgang mit Menschen gebildete Verwalter, in Pharaos Kerker ein zu Unrecht verurteilter Staatsgefangener ohne Hoffnung auf Rechtfertigung, ohne Aussicht auf Entlassung, in einer schweren Notzeit dann zum Führer der Nation berufen wie konnte er bei allem seine Redlichkeit bewahren? Ez.45.2 Teilen

Niemand kann gefahrlos auf stolzer Höhe stehen. Gleich dem Gewittersturm, der die Blume des Tales unversehrt läßt und den Baum auf dem Gipfel des Berges entwurzelt, überfallen den, der hohe Erfolgs und Ehrenstellungen in der Welt einnimmt, heftige Versuchungen, die den Niedrigstehenden unberührt lassen. Aber Joseph bestand die Probe der Widerwärtigkeiten ebenso wie die des Glückes. Er bewies im Palast der Pharaonen die gleiche Treue wie in der Gefängniszelle. Ez.45.3 Teilen

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In seiner Kindheit war Joseph die Liebe zu Gott und die Ehrfurcht vor ihm eingeprägt worden. Oft hatte man ihm im Zelte seines Vaters, unter dem syrischen Sternenhimmel, von der nächtlichen Vision bei Bethel erzählt von der Himmelsleiter, von den auf und niedersteigenden Engeln und von dem, der sich von dem Throne aus der Höhe Jakob offenbarte. Man hatte ihm auch von der kämpferischen Begegnung am Jabbok berichtet, aus der Jakob durch den Verzicht auf bisher gehegte Sünden als Überwinder hervorgegangen war und dann den Titel eines Fürsten Gottes erhalten hatte. Ez.46.1 Teilen

Das reine und einfache Leben des Hirtenknaben, der die Herden seines Vaters hütete, hatte bei Joseph die Entwicklung seiner körperlichen und geistigen Fähigkeiten günstig beeinflußt. Die Begegnung mit Gott durch die Natur und durch das Studium der großen Wahrheiten, die als heiliges Vermächtnis vom Vater auf den Sohn übergingen, verlieh ihm Stärke des Geistes und Grundsatzfestigkeit. Ez.46.2 Teilen

In der größten Krise seines Lebens, als er jene schreckliche Reise von der Stätte seiner Kindheit in Kanaan nach dem Diensthause, das seiner in Ägypten wartete, machte und den Hügeln, die die Zelte seiner Angehörigen verbargen, einen letzten Blick zuwarf, da erinnerte sich Joseph an den Gott seines Vaters. Die Lehren der Kindheit fielen ihm wieder ein, und seine Seele durchbebte der Entschluß, sich als treu zu erweisen, ja, immer so zu handeln, wie es einem Untertan des himmlischen Königs geziemt. Ez.46.3 Teilen

Joseph teilte dann das bittere Los eines Sklaven und Fremdlings. Er sah und hörte alle Äußerungen des Lasters, erlebte alle Verlockungen eines heidnischen Götzendienstes, der sich mit allen Reizen der Kultur und des Reichtums und mit königlichem Pomp umgab. Dennoch blieb er standhaft. Er hatte gelernt, was Pflichttreue bedeutet. Durch Gewissenhaftigkeit in jeder Stellung — von der niedrigsten bis zur gehobensten reiften all seine Anlagen zu höchster Verwendungsfähigkeit. Ez.46.4 Teilen

Zu der Zeit, als er an den Hof Pharaos gerufen wurde, war Ägypten die berühmteste aller Nationen. In Kultur, Kunst und Gelehrsamkeit war sie unübertroffen. Joseph lenkte die Staatsgeschäfte in einer Zeit äußerster Schwierigkeit und Gefahr; doch er tat dies auf eine Weise, die ihm das Vertrauen des Königs und des Volkes verschaffte. Pharao machte ihn zum „Herrn über sein Haus, zum Herrscher über alle seine Güter dass er seine Fürsten unterwiese nach seiner Weise und seine Ältesten Weisheit lehrte“. Psalm 105,21.22. Höhere Eingebung hat uns das Lebensgeheimnis Josephs kundgetan. Als Jakob den Segen über seine Kinder aussprach äußerte er in Worten von göttlicher Kraft und Schönheit folgendes über seinen liebsten Sohn: Ez.46.5 Teilen

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„Joseph wird wachsen,Er wird wachsen wie ein Baum an der Quelle,Dass die Zweige emporsteigen über die Mauer.Und wiewohl ihn die Schützen erzürnen und wider ihn kriegen und ihn verfolgen,So bleibt doch sein Bogen festUnd die Arme seiner Hände starkDurch die Hände des Mächtigen in Jakob ...Von deines Vaters Gott ist dir geholfen,Und von dem Allmächtigen bist du gesegnetMit Segen oben vom Himmel herab,Mit Segen von der Tiefe, die unten liegt ...Die Segen deines Vaters gehen stärkerDenn die Segen meiner VorelternNach Wunsch der Hohen in der Welt,Und sollen kommen auf das Haupt JosephsUnd auf den Scheitel des Geweihten unter seinenBrüdern.“ 1.Mose 49,22-26. Ez.47.1 Teilen

Treue zu Gott, Glaube an den Unsichtbaren hierin war Josephs Leben verankert, hier lag das Geheimnis seiner Kraft: Ez.47.2 Teilen

... Und die Arme seiner Hände stark durch die Hände des Mächtigen in Jakob ... Ez.47.3 Teilen

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Daniel und seine Gefährten zu Babylon waren in ihrer Jugend offenbar mehr vom Glück begünstigt als Joseph in den ersten Jahren seines Aufenthalts in Ägypten. Doch sie wurden kaum weniger harten Charakterproben unterworfen. Aus der verhältnismäßig schlichten Umgebung ihrer judäischen Heimat wurden diese jungen Leute aus königlichem Geschlecht in die prächtigste aller Städte, an den Hof des größten Monarchen versetzt. Man suchte sie aus, um sie zu besonderem Dienst beim König auszubilden. Schwer waren die Versuchungen, die sie an jenem lasterhaften und verschwenderischen Hofe umgaben. Die Tatsache, dass sie, die Anbeter Jahwes Gefangene Babels waren, dass man die Gefäße aus dem Hause Gottes in den Tempel der babylonischen Götter gebracht hatte, dass sich der König von Israel selbst als Gefangener in den Händen der Babylonier befand, wurde protzig von den Siegern als Beweis dafür angeführt, dass ihre Religion und ihr Brauchtum dem Glauben und den Sitten der Hebräer überlegen seien. Unter solchen Umständen: durch eben die Demütigungen, die Israels Abweichen von den Geboten heraufbeschworen hatte, hindurch, bezeugte Gott Babylon seine Oberherrschaft, die Heiligkeit seiner Forderungen und die unausbleibliche Frucht des Gehorsams. Dieses Zeugnis gab er, wie es einzig und allein geschehen konnte, durch die Menschen, die immer noch an ihrer Treue zu ihm festhielten. Ez.48.1 Teilen

Gleich zu Anfang ihrer Laufbahn kam es für Daniel und seine Gefährten zu einer entscheidenden Probe. Die Anweisung, dass ihre Nahrung vom königlichen Tisch geliefert werden sollte, war ein Ausdruck der Gunst des Königs und seiner Besorgtheit um ihr Wohlergehen. Da jedoch ein Teil der Gerichte den Götzen dargebracht wurde, war die Speise von des Königs Tisch der Abgötterei geweiht. Durch die Entgegennahme der königlichen Gunst hätten diese jungen Leute den Anschein erweckt, als ob sie sich seiner Huldigung falscher Götter anschlössen. Die Treue zu Jahve verbot ihnen, an solcher Ehrenbezeigung teilzunehmen. Auch wagten sie es nicht, sich den entnervenden Folgen von Schwelgereien und Zerstreuungen für ihre körperliche, geistige und seelische Entwicklung auszusetzen. Daniel und seine Gefährten waren in den Grundsätzen des Wortes Gottes gewissenhaft unterrichtet worden. Sie hatten gelernt, das Irdische dem Göttlichen zu opfern und die höchsten Güter zu erstreben. Und sie ernteten auch den Lohn. Ihre ständig geübte Mäßigkeit und ihr Sinn für ihre Verantwortung als Beauftragte Gottes führten zu edelster Entfaltung der körperlichen, geistigen und seelischen Anlagen. Nach Abschluß ihrer Ausbildung, als sie mit weiteren Anwärtern geprüft wurden, ob sie einer Ehrenstellung im Königreich würdig wären, „ward unter allen niemand gefunden, der Daniel, Hananja, Misael und Asarja gleich wäre“. Daniel 1,19. Ez.48.2 Teilen

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Am Hofe zu Babylon waren Vertreter aller Länder versammelt, Männer von auserlesenstem Talent, Leute, die sehr reich mit natürlichen Gaben ausgestattet waren und über die höchste Bildung verfügten, die diese Welt verleihen konnte; doch unter ihnen allen fanden die hebräischen Gefangenen nicht ihresgleichen. An körperlicher Kraft und Schönheit, an Geistesschärfe und Gelehrsamkeit nahm es niemand mit ihnen auf. „Und der König fand sie in allen Sachen, die er sie fragte, zehnmal klüger und verständiger denn alle Sternseher und Weisen in seinem ganzen Reich.“ Daniel 1,20. Ez.49.1 Teilen

Daniel wankte nicht in seiner Treue Gott gegenüber und war unnachgiebig in der Beherrschung des eigenen Ichs. So gewannen ihm sein edles Auftreten und seine höfliche Ehrerbietung schon in jungen Jahren die „Gunst“ und „Gnade“ des heidnischen Beamten, unter dessen Obhut er sich befand. Dieselben Züge prägten auch sein ganzes Leben. Rasch rückte er in die Stellung des ersten Ministers im Königreich auf. Während der Regierungszeit aufeinanderfolgender Monarchen, während des Niedergangs der Nation und der Gründung eines Rivalenreiches offenbarte er solch große Weisheit und staatsmännische Kunst, so viel Takt, Höflichkeit und echte Herzensgüte, die sich mit Grundsatztreue paarten, dass sogar seine Feinde gestehen mussten, „dass man keine Schuld noch Übeltat an ihm finden mochte“, „denn er war treu“. Daniel 6,5. Ez.49.2 Teilen

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Während Daniel sich mit unerschütterlichem Vertrauen an Gott klammerte, kam der Geist der Prophetie über ihn. Von Menschen wurde er ausgezeichnet, indem man ihm die Verantwortlichkeiten des Hofes übertrug und ihn in die Staatsgeheimnisse einweihte. Gott aber ehrte ihn als seinen Gesandten und befähigte ihn, die Rätsel kommender Zeitalter zu deuten. Heidnische Monarchen sahen sich durch den Umgang mit dem Botschafter des Himmels gezwungen, den Gott Daniels anzuerkennen. „Es ist kein Zweifel“, erklärte Nebukadnezar, „euer Gott ist ein Gott über alle Götter und ein Herr über alle Könige, der da kann verborgene Dinge offenbaren.“ Und Darius pries in seiner öffentlichen Botschaft an „alle Völker, Leute und Zungen auf der ganzen Erde ... den Gott Daniels“ als den „lebendigen Gott, der ewiglich bleibt, und sein Königreich ist unvergänglich, und seine Herrschaft hat kein Ende“, der „ein Erlöser und Nothelfer“ ist und „Zeichen und Wunder“ tut „im Himmel und auf Erden“. Daniel 2,47; Daniel 6,26-28. Ez.50.1 Teilen

Durch ihre Weisheit und Gerechtigkeit, durch die Reinheit und den wohltätigen Einfluß ihres täglichen Lebens, durch ihr eifriges Bedachtsein auf das Wohl der Menschen, die ihrerseits ja Götzen anbeteten, bewiesen Joseph und Daniel ihre Treue zu den Grundsätzen ihrer früheren Erziehung und zu Gott, dessen Vertreter sie waren. Sowohl in Ägypten als auch in Babylon ehrte eine ganze Nation diese Männer; das betreffende heidnische Volk und all die andern Völkerschaften, mit denen es in Verbindung stand, erlebten an ihnen beispielhaft die Güte und Barmherzigkeit Gottes und auch die Liebe Christi. Ez.50.2 Teilen

Welch ein Lebenswerk vollbrachten doch diese edlen Hebräer! Wie wenig ahnten sie von ihrer hohen Bestimmung, als sie ihrem Vaterhause Lebewohl sagten! Treu und standhaft unterstellten sie sich der göttlichen Führung, so dass Gott seine Absicht durch sie erfüllen konnte. Ez.50.3 Teilen

Dieselben machtvollen Wahrheiten, die durch diese Männer enthüllt wurden, möchte Gott so gerne durch die Jugendlichen und Kinder unserer Tage offenbaren. Die Geschichte Josephs und Daniels ist ein Beispiel dafür, was er für jene tun will, die sich ihm übergeben und von ganzem Herzen seine Pläne auszuführen suchen. Ez.50.4 Teilen

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Was die Welt am nötigsten braucht, das sind Männer, Männer, die sich nicht kaufen noch verkaufen lassen, Männer von innerster Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit, Männer, die sich nicht fürchten, die Sünde bei ihrem rechten Namen zu nennen, Männer, deren Gewissen so genau zur Pflicht steht wie die Magnetnadel zum Pol, Männer, die für das Recht eintreten und ob auch der Himmel einstürzte. Ez.51.1 Teilen

Aber ein solcher Charakter ist nicht das Ergebnis des Zufalls; man verdankt ihn nicht einer besonderen Gunst oder Gabe der Vorsehung. Ein edler Charakter ist die Frucht der Selbstbeherrschung, der Unterwerfung unserer niederen Natur unter die höhere, der Übergabe des eigenen Ichs zum Dienst der Liebe an Gott und Menschen. Ez.51.2 Teilen

Der Jugend muss die Wahrheit eingeprägt werden, dass ihre Gaben nicht ihr eigen sind. Kraft, Zeit und Verstand sind nur geliehene Schätze. Sie gehören Gott, und jeder Jugendliche sollte entschlossen sein, sie zu höchstem Nutzen einzusetzen; stellt er doch einen Zweig dar, von dem Gott Frucht erwartet; einen Haushalter, dessen Kapital Erträge abwerfen muss; ein Licht, das die dunkle Welt erleuchten soll. Ez.51.3 Teilen

Jeder junge Mensch, jedes Kind hat zur Ehre Gottes und zur Hebung der Menschheit eine Aufgabe zu erfüllen. Ez.51.4 Teilen

Der Prophet Elisa verbrachte seine Jugend in der Stille ländlichen Lebens, wo Gott und die Natur seine Lehrer waren und nützliche Arbeit ihn in zuchtvolle Bahnen lenkte. In einer Zeit fast allgemeinen Abfalls gehörte seine väterliche Familie zu der Zahl derer, die ihre Knie nicht vor Baal gebeugt hatten. Sie nannte ein Heim ihr eigen, wo Gott geehrt wurde und wo Pflichttreue selbstverständlich war. Ez.51.5 Teilen

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Als Sohn eines wohlhabenden Bauern hatte Elisa die Tätigkeit ergriffen, die am nächsten lag. Obgleich er Führerfähigkeiten besaß, wurde er dazu angehalten, alle vorkommenden Arbeiten zu verrichten. Um weise anleiten zu können, musste er Gehorsam lernen. Durch Treue im Kleinen bereitete er sich für gewichtige Verantwortungen vor. Ez.52.1 Teilen

Elisa war demütigen und sanften Gemüts, aber er besaß auch Energie und Standhaftigkeit. Liebe zu Gott und Ehrfurcht vor ihm galten ihm viel, und durch die schlichte Erfüllung seiner täglichen Pflichten bildeten sich Zielstrebigkeit und Seelenadel bei ihm heraus. Dabei nahm er zu an göttlicher Gnade und Erkenntnis. Während er dem Vater bei seinem Tagewerk half, lernte er gleichzeitig, mit Gott zusammenzuwirken. Ez.52.2 Teilen

Der Ruf zum Propheten erreichte Elisa, während er mit den Knechten seines Vaters auf dem Felde pflügte. Als Elia, der unter der Leitung Gottes nach einem Nachfolger ausschaute, seinen Mantel über die Schultern des jungen Mannes warf, verspürte Elisa den Ruf und gehorchte. Er „folgte Elia nach und diente ihm“. 1.Könige 19,21. Zunächst war es nichts Großes, was von Elisa erwartet wurde; noch musste er sich belanglosen Alltagsmühen unterziehen. Es wird von ihm berichtet, dass er Wasser auf die Hände Elias, seines Meisters, goß. Als persönlicher Begleiter des Propheten erwies er sich weiterhin treu in kleinen Dingen, während er sich mit wachsender Zielstrebigkeit dem Auftrag hingab, der ihm von Gott geworden war. Ez.52.3 Teilen

Gleich bei seiner Berufung war seine Entschlossenheit auf die Probe gestellt worden. Als er sich umwandte, um Elia zu folgen, hatte ihm der Prophet befohlen, nach Hause zurückzukehren. Er sollte die Kosten überschlagen und für sich selbst entscheiden, ob er den Ruf annahm oder zurückwies. Doch Elisa begriff die Bedeutung der Stunde. Um keines weltlichen Vorteils willen wollte er die Möglichkeit, ein Bote Gottes zu werden, drangeben oder auf das Vorrecht verzichten, mit des Herrn Diener Seite an Seite zu wirken. Ez.52.4 Teilen

Als die Zeit verging und Elia auf die Entrückung vorbereitet wurde, wurde auch Elisa als Nachfolger ausgerüstet. Und wieder wurden sein Glaube und seine Entschlossenheit geprüft. Während er Elia bei dessen Prophetendiensten begleitete und wußte, dass der Wechsel bald eintreten werde; wurde er wiederholt von dem Mann Gottes aufgefordert, umzukehren. „Bleib doch hier“, sagte Elia, „denn der Herr hat mich gen Bethel gesandt.“ Aber Elisa hatte bei seiner früheren Arbeit am Pflug gelernt, weder zu versagen noch aufzugeben; und nun, da er in einem anderen Sinne die Hand an den Pflug gelegt hatte, wollte er sich nicht von seinem Vorsatz abbringen lassen. Sooft die Aufforderung an ihn erging, umzukehren, war seine Antwort: „So wahr der Herr lebt und deine Seele, ich verlasse dich nicht.“ 2.Könige 2,2. Ez.52.5 Teilen

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„Und gingen die beiden miteinander; ... aber die beiden standen am Jordan. Da nahm Elia seinen Mantel und wickelte ihn zusammen und schlug ins Wasser; das teilte sich auf beide Seiten, dass die beiden trocken hindurchgingen. Und da sie hinüberkamen, sprach Elia zu Elisa: Bitte, was ich dir tun soll ehe ich von dir genommen werde. Elisa sprach: Dass mir werde ein zwiefältig Teil von deinem Geiste. Er sprach: Du hast ein Hartes gebeten. Doch, so du mich sehen wirst, wenn ich von dir genommen werde, so wird’s ja sein; wo nicht, so wird’s nicht sein. Und da sie miteinander gingen und redeten, siehe, da kam ein feuriger Wagen mit feurigen Rossen, die schieden die beiden voneinander; und Elia fuhr also im Wetter gen Himmel. Ez.53.1 Teilen

Elisa aber sah es und schrie: Mein Vater, mein Vater, Wagen Israels und seine Reiter! und sah ihn nicht mehr. Und er faßte seine Kleider und zerriß sie in zwei Stücke und hob auf den Mantel Elia’s, der ihm entfallen war, und kehrte um und trat an das Ufer des Jordans und nahm den Mantel Elia’s, der ihm entfallen war, und schlug ins Wasser und sprach: Wo ist nun der Herr, der Gott Elia’s ? und schlug ins Wasser; da teilte sich’s auf beide Seiten, und Elisa ging hindurch. Und da ihn sahen der Propheten Kinder, die gegenüber zu Jericho waren, sprachen sie: Der Geist Elia’s ruht auf Elisa; und gingen ihm entgegen und fielen vor ihm nieder zur Erde.“ 2.Könige 2,6-15. Ez.53.2 Teilen

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Fortan nahm Elisa die Stelle Elias ein. Und er, der im Geringsten treu gewesen war, erwies sich auch im Großen treu. Elia, der Mann der Stärke, war Gottes Werkzeug bei der Beseitigung ungeheurer Übelstände gewesen. Die Abgötterei, die, von Ahab und der heidnischen Isebel gefördert, das Volk verführt hatte, war ausgerottet worden. Baals Propheten hatte der Tod ereilt. Das ganze Volk Israel war tief aufgewühlt worden, und viele wandten sich wieder der Anbetung Gottes zu. Als Nachfolger Elias tat jemand not, der Israel in sorgfältiger, geduldiger Unterweisung sicher leiten konnte. Elisas frühe gottgelenkte Erziehung hatte ihn für dieses Werk vorbereitet. Ez.54.1 Teilen

Wir alle können daraus lernen. Keiner kann wissen, was Gott mit ihm vorhat, wenn er ihn in seine Schule nimmt; aber jeder mag sicher sein, dass Treue im Kleinen den Beweis dafür liefert, dass man größeren Verantwortungen gewachsen ist. Jede Handlung im Leben offenbart den Charakter, und nur den, der sich in kleinen Pflichten als ein „rechtschaffener und unsträflicher Arbeiter“ erweist, ehrt Gott, indem er ihn mit Schwererem betraut. Ez.54.2 Teilen

Jünger als Joseph oder Daniel war Mose, als er der schützenden Obhut seines Elternhauses entzogen wurde; doch schon hatten dieselben Mächte, die das Leben jener gestalteten, dem seinen die Form gegeben. Nur zwölf Jahre verbrachte er bei seinen hebräischen Angehörigen; aber während dieser Zeit wurde der Grund zu seiner Größe gelegt, und zwar durch die Hand einer Person, von der das Ruhmesblatt nicht viel zu berichten weiß. Ez.54.3 Teilen

Jochebed war Frau und Sklavin. Ein bescheidenes Los fiel ihr im Leben zu, ihre Bürde wog schwer. Doch mit Ausnahme Marias von Nazareth hat die Welt durch keine Frau größeren Segen erfahren. Da sie wußte, dass sie ihr Kind bald aus ihrer Pflege in die Vormundschaft derer, die Gott nicht kannten, übergeben musste, bemühte sie sich um so mehr, seine Seele mit dem Himmel zu verbinden. Sie suchte Liebe und Treue zu Gott in sein Herz einzupflanzen. Und dieses Werk wurde auch gewissenhaft zu Ende geführt. Kein späterer Einfluß konnte Mose dazu bewegen, den Wahrheitsgrundsätzen abzusagen, die seiner Mutter ein erzieherisches Anliegen waren und die sie selbst vorlebte. Ez.54.4 Teilen

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Aus dem bescheidenen Heim in Gosen kam der Sohn Jochebeds in den Palast des Pharao, zu der ägyptischen Prinzessin, die ihn als lieben und werten Sohn willkommen hieß. In den Schulen Ägyptens erhielt Mose die höchste Ausbildung für Frieden und Krieg. Er übte große, persönliche Anziehungskraft aus, war edel in Aussehen und Gestalt, legte einen gebildeten Geist und fürstliches Gebaren an den Tag und zeichnete sich als militärischer Führer aus; er war der Stolz der Nation. Der König von Ägypten war auch zugleich Priester, und Mose wurde, obwohl er sich weigerte, an dem heidnischen Gottesdienst teilzunehmen, in alle Geheimnisse der ägyptischen Religion eingeweiht. Da Ägypten zu jener Zeit die mächtigste und höchstzivilisierte aller Nationen war, hatte Mose als der zukünftige Herrscher die Anwartschaft auf die höchsten Würden, die diese Welt verleihen konnte. Aber er traf eine edlere Wahl. Um der Ehre bei Gott und der Befreiung seines geknechteten Volkes willen gab Mose alle Ehren Ägyptens daran. Daraufhin übernahm Gott in einem besonderen Sinn seine Erziehung. Ez.55.1 Teilen

Denn noch war Mose für sein Lebenswerk nicht vorbereitet. Noch musste er es lernen, sich ganz auf göttliche Kraft zu verlassen. Er hatte Gottes Absicht mißverstanden und hoffte Israel durch Waffengewalt zu befreien. Dafür setzte er alles ein, und es mißlang ihm. Niederlage und Enttäuschung machten ihn zum Flüchtigen und Verbannten auf fremder Erde. Ez.55.2 Teilen

In der Wüste Midian verbrachte Mose vierzig Jahre als Schafhirte. Er schien für immer von seinem Lebensauftrag abgeschnitten zu sein und erhielt doch die notwendige Erziehung, um ihn zu erfüllen. Die Weisheit zur Lenkung einer unwissenden und undisziplinierten Menge musste durch Selbstbeherrschung erworben werden. Indem er für die Schafe und die zarten Lämmer sorgte, sollte er sich die Erfahrung aneignen, die ihn zum treuen, langmütigen Hirten Israels machen konnte. Um in der Vollmacht Gottes zu handeln, musste er von diesem lernen. Ez.55.3 Teilen

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Die Einflüsse, die ihn in Ägypten umgeben hatten: die Zuneigung seiner Pflegemutter, seine eigene Stellung als Enkel des Königs, die Verschwendung und das Laster, das in tausenderlei Gestalt lockte, die überfeinerte, ausgeklügelte Lebensweise und das Geheimnisvolle einer falschen Religion hatten ihren Eindruck auf seinen Geist und Charakter hinterlassen. In der strengen Einfachheit der Wildnis verflüchtigte sich das alles. Ez.56.1 Teilen

Inmitten der feierlich majestätischen Bergeinsamkeit war Mose mit Gott allein. Überall stieß er auf die Spuren des Schöpfers. Es schien Mose, als ob er sich in Gottes Gegenwart befände und von seiner Macht überschattet sei. Hier schwand jegliche Selbstherrlichkeit. In der Gegenwart des Unendlichen erkannte er, wie schwach, wie unvermögend, wie kurzsichtig doch der Mensch ist. Ez.56.2 Teilen

Hier erlangte Mose etwas, was ihn in all den Jahren seines mühevollen und sorgenbeladenen Lebens nie wieder verließ, das Bewußtsein der persönlichen Gegenwart des Allmächtigen. Er sah nicht nur über die Jahrhunderte hinweg dem im Fleisch geoffenbarten Christus entgegen; er erschaute ihn auch, wie er das Heer Israels auf all seinen Zügen begleitete. Als man ihn selbst mißverstand und mißdeutete, als er Vorwürfen und Beleidigungen oder der Gefahr und dem Tod ausgesetzt war, konnte er das alles ertragen, „als sähe er ihn“, „den er nicht sah“. Hebräer 11,27. Ez.56.3 Teilen

Mose dachte nicht nur an Gott, er sah ihn auch. Beständig schwebte ihm das Bild des Höchsten vor der Seele. Unablässig blickte er zu ihm empor. Ez.56.4 Teilen

Für Mose war der Glaube kein Mutmaßen, er war für ihn Wirklichkeit. Er glaubte, dass Gott sein Leben in besonderer Weise lenkte, und bejahte sein Wirken in jedem Einzelfall. Er vertraute auf den Herrn, dass er ihm Kraft geben würde, allen Versuchungen zu widerstehen. Ez.56.5 Teilen

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Ihn verlangte danach, das ihm zugewiesene große Werk im höchsten Sinne zum Erfolg zu führen, und er setzte daher sein ganzes Vertrauen auf die göttliche Macht. Er fühlte, dass ihm Hilfe not tat, betete darum, ergriff sie im Glauben und schritt in der Gewißheit, über tragende Kräfte zu verfügen, voran. Ez.57.1 Teilen

Das war das Ergebnis seiner vierzigjährigen Schulung in der Wüste. Die unendliche Weisheit erachtete weder die Zeit für zu lang noch den Preis für zu hoch, um ein derartiges Erfahrungswissen mitzuteilen. Ez.57.2 Teilen

Die Auswirkung dieser Erziehung und der dabei erteilten Lehren ist nicht nur unzertrennlich mit der Geschichte Israels verflochten, sondern auch mit allem, was seit jenen Tagen bis heute an Fortschritt unter der Menschheit zu verzeichnen ist. Die höchste Bezeugung der Größe Moses liegt in dem Urteil, das als Offenbarungswort über sein Leben gefällt wurde: „Und es stand hinfort kein Prophet in Israel auf wie Mose, den der Herr erkannt hätte von Angesicht zu Angesicht.“ 5.Mose 34,10. Ez.57.3 Teilen

Zum Glauben und der Erfahrung der galiläischen Jünger, die Jesus begleitet hatten, gesellten sich im Werk der Evangeliumsverkündigung der feurige Schwung und die Verstandeskraft eines Rabbis von Jerusalem. Als römischer Bürger war er in einer heidnischen Stadt geboren; Jude war er nicht nur durch Abstammung, sondern auch auf Grund lebenslanger Schulung, patriotischen Eifers und religiöser Einstellung; in Jerusalem hatte ihn der hervorragendste Rabbi erzogen und in allen Gesetzen und Überlieferungen der Väter unterwiesen. So teilte Saulus von Tarsus denn weitestgehend den Stolz und die Vorurteile seiner Nation. Schon als junger Mann wurde er ein angesehenes Mitglied des Hohen Rates. Man hielt ihn für einen vielversprechenden Menschen, für einen eifrigen Verfechter des überkommenen Glaubens. Ez.57.4 Teilen

In den theologischen Schulen Judäas war das Wort Gottes zugunsten menschlicher Spekulationen beiseite gesetzt worden. Die Auslegungen und Überlieferungen der Rabbiner hatten es seiner Kraft beraubt. Ehrgeiz, Herrschsucht, eifersüchtige Rechthaberei, Blindgläubigkeit und verächtlicher Stolz waren die Triebfedern und hervorstechenden Züge bei diesen Lehrern. Nicht nur den Angehörigen anderer Nationen, sondern auch der Masse ihres eigenen Volkes gegenüber taten sich die Rabbis etwas auf ihre Überlegenheit zugute. In ihrem wilden Haß gegen die römischen Unterdrücker waren sie fest entschlossen, die nationale Oberhoheit mit Waffengewalt wieder zu erlangen. Die Nachfolger Jesu, deren Friedensbotschaft ihren ehrgeizigen Machenschaften so entgegenstand, haßten und töteten sie. Bei dieser Verfolgung tat sich Saulus durch besondere Härte und Unerbittlichkeit hervor. Ez.57.5 Teilen

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In den Kriegsschulen Ägyptens war Mose das Gesetz der Gewalt gelehrt worden. Dieser Unterricht hatte einen solch starken Einfluß auf seinen Charakter ausgeübt, dass es vierzig Jahre der Ruhe und der Gemeinschaft mit Gott und der Natur bedurfte, um ihn dazu fähig zu machen, Israel durch das Gesetz der Liebe zu führen. Paulus nun hatte die gleiche Schule zu durchlaufen. Ez.58.1 Teilen

Vor den Toren von Damaskus bekam sein ganzes Leben durch die Erscheinung des Gekreuzigten eine andere Richtung. Aus dem Verfolger wurde ein Jünger, aus dem Lehrer ein Lernender. Die lichtlosen Tage, die er in der Abgeschlossenheit zu Damaskus verbrachte, dünkten ihn in seinem Erleben wie Jahre. Er durchforschte die in seinem Gedächtnis aufgespeicherten Schriftabschnitte des Alten Testaments, und Christus war dabei sein Lehrer. Auch ihm wurde die Einsamkeit der Natur zu einer Schule. Er zog sich in die Wüste Arabiens zurück, um dort die Schrift zu erforschen und von Gott zu lernen. Er befreite sein Inneres von den Vorurteilen und Überlieferungen, die sein Leben gestaltet hatten, und Belehrung floß ihm vom Urquell der Wahrheit zu. Ez.58.2 Teilen

Sein späteres Leben war einzig von dem Grundsatz der Selbstaufopferung, von dienender Liebe, durchdrungen. Er sagte: „Ich bin ein Schuldner der Griechen und der Ungriechen, der Weisen und der Unweisen.“ „Denn die Liebe Christi dringt uns also.“ Römer 1,14; 2.Korinther 5,14. Ez.58.3 Teilen

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Obwohl Paulus der größte irdische Lehrer war, bequemte er sich ebenso zum niedrigsten Dienst wie zum höchsten. Er erkannte, dass die körperliche Arbeit ebenso notwendig ist wie die geistige, und verdiente sich mit einem Handwerk seinen Unterhalt. Er ging seiner Zeltmacherarbeit nach und predigte dabei täglich das Evangelium in den großen Kulturzentren. „Denn ihr wisset selber“, sagte er beim Abschied von den Ältesten zu Ephesus, „dass mir diese Hände zu meiner Notdurft und derer, die mit mir gewesen sind, gedient haben.“ Apostelgeschichte 20,34. Ez.59.1 Teilen

Paulus besaß hohe Geistesgaben, aber sein Leben zeugte außerdem von einer noch selteneren Weisheit. Grundwahrheiten von tiefster Bedeutung, fundamentale Leitsätze, über die die größten Geister seiner Zeit nichts wußten, durchziehen seine Lehren und durchwalten sein Leben. Er besaß jene höchste Weisheit, die Schärfe des Blicks und Einfühlungsvermögen verleiht, die die Verbindung von Mensch zu Mensch schafft, die dazu befähigt, das bessere Ich in den anderen zu wecken und sie für ein höheres Leben zu begeistern. Ez.59.2 Teilen

Man lausche nur seinen Worten vor den heidnischen Bewohnern Lystras, wie er auf den in der Natur geoffenbarten Gott, auf die Quelle alles Guten hinwies, die uns „vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben“ und „unsere Herzen erfüllt“ hat „mit Speise und Freude“. Apostelgeschichte 14,17. Ez.59.3 Teilen

Man sehe ihn im Kerker zu Philippi, wo sein Loblied die Mitternachtsstille durchbrach, obwohl ihn körperlicher Schmerz peinigte. Nachdem das Erdbeben die Tore des Gefängnisses gesprengt hatte, vernahm man aufs neue seine Stimme, wie sie den heidnischen Kerkermeister mit freundlichen Worten ermutigte: „Tu dir nichts Übles; denn wir sind alle hier“ (Apostelgeschichte 16,28), und jedermann blieb an seinem Platze, zurückgehalten durch die Gegenwart eines Mitgefangenen. Und der Kerkermeister, vom Wirklichkeitsgehalt des Glaubens überzeugt, der Paulus aufrecht erhielt, fragte nach dem Weg des Heils und trat mit seinem ganzen Hause zur verfolgten Schar der Jünger Christi über. Ez.59.4 Teilen

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Man vergegenwärtige sich Paulus in Athen vor der Ratsversammlung auf dem Areopag, wie er der Wissenschaft mit Wissenschaft, der Logik mit Logik, der Philosophie mit Philosophie entgegentrat. Man beachte, wie er mit aus göttlicher Liebe geborenem Takt auf Jahve als den „unbekannten Gott“ hinwies, den seine Hörer unwissentlich angebetet hatten. In Worten, die einem ihrer Poeten entnommen sind, schilderte er ihn als einen Vater, dessen Kinder sie waren. Man höre ihn, wie er im Zeitalter des Kastengeistes, da die Menschenrechte völlig unbeachtet blieben, die große Wahrheit von der brüderlichen Verbundenheit aller Menschen aufzeigte. Erklärte er doch, dass Gott gemacht hat, „dass von einem Blute aller Menschen Geschlechter auf dem ganzen Erdboden wohnen“. Dann zeigte er, wie das ganze Handeln Gottes mit den Menschen seine Gnadenabsicht und Barmherzigkeit einem goldenen Faden gleich durchzieht. Er „hat Ziel gesetzt und vorgesehen, wie lange und wie weit sie wohnen sollen; dass sie den Herrn suchen sollten, ob sie doch ihn fühlen und finden möchten; und fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeglichen unter uns“. Apostelgeschichte 17,23.26.27. Ez.60.1 Teilen

Man höre ihn am Hofe des Festus, wo der König Agrippa, von der Wahrheit des Evangeliums überzeugt, ausrief: „Es fehlt nicht viel, du überredest mich, dass ich ein Christ würde.“ Mit welch zarter Höflichkeit antwortete Paulus doch, indem er auf seine Kette deutete: „Ich wünschte vor Gott, es fehle nun an viel oder wenig, dass nicht allein du, sondern alle, die mich heute hören, solche würden, wie ich bin, ausgenommen diese Bande.“ Apostelgeschichte 26,28.29. Ez.60.2 Teilen

So ging sein Leben dahin, wie er es mit eigenen Worten beschrieb: „Ich bin oft gereist, ich bin in Gefahr gewesen durch die Flüsse, in Gefahr durch die Mörder, in Gefahr unter den Juden, in Gefahr unter den Heiden, in Gefahr in den Städten, in Gefahr in der Wüste, in Gefahr auf dem Meer, in Gefahr unter den falschen Brüdern; in Mühe und Arbeit, in viel Wachen, in Hunger und Durst, in viel Fasten, in Frost und Blöße.“ 2.Korinther 11,26.27. Ez.60.3 Teilen

„Man schilt uns“, sagte er, „so segnen wir; man verfolgt uns, so dulden wir’s; man lästert uns, so flehen wir“; „als die Traurigen, aber allezeit fröhlich; als die Armen, aber die doch viele reich machen; als die nichts innehaben, und doch alles haben.“ 1.Korinther 4,12; 2.Korinther 6,10. Ez.60.4 Teilen

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Am Dienen fand er seine Freude, und als er am Schlusse eines mühevollen Lebens auf seine Kämpfe und Triumphe zurückblickte, konnte er sagen: „Ich habe einen guten Kampf gekämpft.“ 2.Timotheus 4,7. Ez.61.1 Teilen

Diese Charakterbilder sind von lebenswichtigem Interesse. Für niemand haben sie eine tiefere Bedeutung als für die Jugend. Mose verzichtete auf ein Königreich, das ihm winkte, Paulus auf Reichtum und Ehre unter seinem Volk mit allen Vorteilen um eines verantwortungsschweren Lebens willen im Dienste Gottes. Vielen erscheint das Dasein dieser Männer als ein einziger Verzicht und als ständiges Opfer. War das wirklich so? Mose achtete die Schmach Christi für höheren Reichtum als die Schätze Ägyptens. Er sah sie so an, weil das den Tatsachen entsprach. Paulus erklärte: „Aber was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden geachtet. Ja, ich achte es noch alles für Schaden gegen die überschwengliche Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, um welches willen ich alles habe für Schaden gerechnet und achte es für Kot, auf dass ich Christum gewinne.“ Philipper 3,7.8. Er war mit seiner Wahl zufrieden. Ez.61.2 Teilen

Mose wurde der Palast des Pharao und der Thron des Monarchen angeboten; doch an diesen vornehmen Höfen herrschten die sündigen Freuden, die die Gedanken an Gott aus der Menschenseele verdrängen. Er wählte statt dessen „währendes Gut und Gerechtigkeit“. Sprüche 8,18. Statt sich mit Ägyptens Größe zu verbinden, brachte er sein Leben mit Gottes Absicht in Einklang. Statt dass er Ägypten Gesetze gab, erließ er auf göttliche Anordnung Gesetze für die ganze Welt. Er wurde zum Werkzeug Gottes, indem er den Menschen Grundsätze vermittelte, die den Bestand von Familie und Gesellschaft gewährleisten, die den Eckstein völkischen Gedeihens bilden, und Richtlinien, die heutzutage von den Großen der Welt als die Grundlage alles Bewährten in der politischen Führung anerkannt werden. Ez.61.3 Teilen

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Die Größe Ägyptens liegt im Staube. Seine Macht und seine Kultur sind vergangen. Aber das Werk des Mose kann niemals untergehen. Die erhabenen Grundpfeiler der Gerechtigkeit, die er aufrichten durfte, sind von ewiger Dauer. Ez.62.1 Teilen

Moses Leben voll Mühe und niederdrückender Sorge war durchstrahlt von der Gegenwart dessen, der „auserkoren“ ist „unter vielen Tausenden“ und der „ganz lieblich“ ist. Hohelied 5,10.16. Mit Christus zog er durch die Wüste, mit ihm weilte er auf dem Berg der Verklärung, bei Christus wohnt er in den himmlischen Hallen. So war ihm ein segensreiches und gesegnetes Leben vergönnt, das in himmlischen Ehren seine Krönung erfuhr. Ez.62.2 Teilen

Auch Paulus wurde in vielerlei Mühsal durch die kraftspendende Gegenwart Christi aufrechterhalten. Er sagte: „Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus.“ „Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Fährlichkeit oder Schwert? ... Aber in dem allem überwinden wir weit um des willen, der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiß, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch keine andere Kreatur mag uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserm Herrn.“ Philipper 4,13; Römer 8,35-39. Ez.62.3 Teilen

Doch es gibt eine zukünftige Freude, der Paulus als Lohn seiner Mühen entgegensah, dieselbe Seligkeit, um deretwillen Christus das Kreuz erduldete und der Schmach nicht achtete, die Freude, die Frucht seines Wirkens schauen zu dürfen. „Denn wer ist unsere Hoffnung oder Freude oder Krone des Ruhms?“ schrieb er an die Bekehrten zu Thessalonich. „Seid nicht auch ihr es vor unserm Herrn Jesus Christus zu seiner Zukunft? Ihr seid ja unsere Ehre und Freude.“ 1.Thessalonicher 2,19.20. Ez.62.4 Teilen

Wer kann die Wirkung des Lebenswerkes des Paulus auf die Welt ermessen? Wieviel von all den wohltätigen Einflüssen, die das Leiden lindern, den Traurigen trösten und das Böse zurückdämmen, die die Seele aus Selbstsucht und Sinnlichkeit emporreißen und sie mit dem Hoffnungsstrahl der Unsterblichkeit durchglühen, sind den Bemühungen des Apostels Paulus und seiner Mitarbeiter zu verdanken, die mit dem Evangelium des Sohnes Gottes in aller Stille ihre Reise von Asien nach den Küsten Europas unternahmen? Ez.62.5 Teilen

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Wie glücklich ist jeder Mensch zu schätzen, der von Gott zur Verbreitung solch segensreicher Einflüsse gebraucht wurde! Wie köstlich wird es in der Ewigkeit sein, die Früchte einer derartigen Lebensarbeit schauen zu dürfen! Ez.63.1 Teilen

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