Portrait von Ellen White
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Kapitel 20: Bibelunterricht und Bibelstudium
Kapitel 20: Bibelunterricht und Bibelstudium
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„Mein Lieber, ich wünsche in allen Stücken,dass dir’s wohl gehe und du gesund seist, wie es denn deiner Seele wohl geht.“3.Johannes 2. Ez.177 Teilen

Kapitel 21: Das Studium der Physiologie

„Ich preise dich deshalb,dass ich so erstaunlich gemacht bin.“ Ez.177 Teilen

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Da Geist und Seele sich im Körper ausdrücken, hängt die geistige und geistliche Energie in hohem Maße von körperlicher Spannkraft und Betätigung ab. Was immer die leibliche Gesundheit fördert, begünstigt auch die Entwicklung eines starken Geistes und eines wohlausgeglichenen Charakters. Ohne Gesundheit kann niemand seine Verpflichtungen gegen sich selbst, seine Mitmenschen und seinen Schöpfer so recht verstehen oder vollständig erfüllen. Deshalb sollte sie ebenso gewissenhaft gehütet werden wie der Charakter. Eine Kenntnis der Physiologie und Hygiene muss die Grundlage aller erzieherischen Anstrengungen bilden. Ez.181.1 Teilen

Obwohl die physiologischen Tatsachen jetzt allgemein verstanden werden, herrscht doch eine erschreckende Gleichgültigkeit hinsichtlich der Gesundheitsgrundsätze. Sogar unter denen, die mit diesen Grundregeln bekannt sind, gibt es nur wenige, die sie anwenden. Man folgt der Neigung oder einem Einfall so blindlings, als ob das Leben eher vom bloßen Zufall beherrscht würde als von festen, unverbrüchlichen Gesetzen. Ez.181.2 Teilen

Die Jugend erkennt in ihrer Frische und Lebenskraft kaum den Wert ihrer übersprudelnden Energie. Diese ist ein Schatz, köstlicher als Gold, und für das Vorankommen wichtiger als Gelehrsamkeit oder Reichtum. Aber wie leichtfertig geht man mit ihr um, wie rasch wird sie verschleudert! Wie mancher Mensch, der seine Gesundheit im Ringen um Macht oder Reichtum dahingab, hat das Ziel seiner Wünsch beinahe erreicht, brach dann aber hilflos zusammen, während ein anderer, der mehr körperliche Ausdauer besaß, den ersehnten Preis davontrug. Wie viele sind durch krankhafte Zustände, die sich aus der Vernachlässigung der Gesundheitsgesetze ergaben, zu üblen Gewohnheiten verführt worden unter Preisgabe jeglicher Hoffnung für diese und für die künftige Welt! Ez.181.3 Teilen

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Beim Studium der Physiologie sollten die Schüler dahin geführt werden, dass sie den Wert körperlicher Kraft erkennen und lernen, wie diese erhalten und entwickelt werden kann, um im höchsten Grade zum Erfolg im Lebenskampf beizutragen. Ez.182.1 Teilen

Kinder sollte man schon früh durch einfache, leicht faßliche Lehrstücke in den Anfangsgründen der Physiologie und Hygiene unterrichten. Diese Unterweisung müßte von der Mutter im Heim begonnen und in der Schule gewissenhaft fortgeführt werden. Wenn die Schüler an Jahren zunehmen, sollte der Unterricht in diesem Fach weitergehen, bis sie fähig sind, für das Haus zu sorgen, das sie bewohnen. Sie sollten verstehen, wie wichtig es ist, jedes Organ lebenskräftig zu erhalten und sich damit vor Krankheit zu schützen. Auch muss man ihnen beibringen, wie man sich bei häufig vorkommenden Erkrankungen und Unfällen verhält. Jede Schule sollte Unterricht sowohl in Physiologie wie in Hygiene bieten und nach Möglichkeit mit Lehrmitteln versehen sein, die Aufbau, Zweck und Pflege des Körpers veranschaulichen. Ez.182.2 Teilen

Es gibt Dinge, die gewöhnlich nicht ins Studium der Physiologie miteinbezogen werden und doch Beachtung verdienten Dinge, die für den Schüler weit größeren Wert besitzen als viele Äußerlichkeiten, die gemeinhin beim Unterricht in diesem Fach vermittelt werden. Als Grundlage jeglicher Ausbildung in dieser Richtung sollte man der Jugend klarmachen, dass die Gesetze der Natur Gesetze Gottes darstellen und ebenso wahrhaft göttlich sind wie die Zehn Gebote. Die Gesetzmäßigkeiten, die unseren ganzen leiblichen Organismus regieren, hat Gott jedem Nerv, jedem Muskel und jeder Faser des Körpers aufgeprägt. Jeder fahrlässige oder willkürliche Verstoß gegen diese Regeln ist eine Sünde gegen unseren Schöpfer. Ez.182.3 Teilen

Wie notwendig ist es also, dass man eine gründliche Kenntnis dieser Gesetze vermittelt! Den Grundsätzen der Gesundheitslehre in ihrer Anwendung auf Ernährung, Leibesübungen, Kinderpflege, Krankenbehandlung und viele ähnliche Dinge sollte weit mehr Beachtung geschenkt werden, als für gewöhnlich geschieht. Man sollte sowohl den Einfluß des Geistes auf den Körper als auch den des Körpers auf den Geist betonen. Die elektrischen Ausstrahlungen des Gehirns, die durch geistige Tätigkeit stark gefördert werden, beleben unser ganzes System und tragen in unschätzbarer Weise zur Abwehr von Krankheiten bei. Dies gilt es zu zeigen. Ebenso muss man die Macht des Willens und die Wichtigkeit der Selbstbeherrschung sowohl für die Erhaltung als auch für die Wiederherstellung der Gesundheit vor Augen führen, ferner die niederdrückende oder gar zerstörerische Wirkung von Ärger, Unzufriedenheit, Selbstsucht oder Unreinheit auf der einen, dagegen die wunderbare lebenspendende Kraft, die in Heiterkeit, Selbstlosigkeit und Dankbarkeit verborgen liegt, auf der anderen Seite. Ez.182.4 Teilen

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Die Schrift enthält eine physiologische Wahrheit, die wir wohl beachten sollten: „Ein fröhlicher Sinn befördert die Genesung.“ Sprüche 17,22 (Menge). Ez.183.1 Teilen

Gott spricht: „... dein Herz behalte meine Gebote. Denn sie werden dir langes Leben und gute Jahre und Frieden bringen.“ „Denn sie sind das Leben denen, die sie finden, und gesund ihrem ganzen Leibe.“ Die Schrift erklärt, dass „die Reden des Freundlichen“ nicht nur die Seele trösten, sondern auch die Gebeine erfrischen. Sprüche 3,1.2; Sprüche 4,22; Sprüche 16,24. Ez.183.2 Teilen

Die Jugend muss die tiefe Wahrheit verstehen, die der biblischen Aussage zugrunde liegt, dass bei Gott „die Quelle des Lebens“ ist. Psalm 36,10. Er ist nicht nur der Urheber aller Dinge, sondern auch das Leben alles Lebendigen. Es ist sein Leben, das wir im Sonnenschein, in der reinen, milden Luft, in der Nahrung, die unseren Körper aufbaut und unsere Kraft erhält, in uns aufnehmen. Durch seinen Odem bestehen wir von Stunde zu Stunde, von Augenblick zu Augenblick. All seine Gaben zielen auf Leben, Gesundheit und Freude ab, wenn Sünde sie nicht ins Gegenteil verkehrt. Ez.183.3 Teilen

„Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit.“ Prediger 3,11 (Schlachter). Deshalb erwirbt man wahre Schönheit nicht dadurch, dass man Gottes Werk verdirbt, sondern indem man sich in Übereinstimmung bringt mit den Gesetzen des Schöpfers, der alle Dinge ins Dasein rief, und an ihrer Schönheit und Vollkommenheit Gefallen findet. Ez.183.4 Teilen

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Beim Studium des körperlichen Mechanismus sollte die Aufmerksamkeit auf die wunderbare Zweckmäßigkeit und auf das harmonische Zusammenwirken der sich ergänzenden Organe gelenkt werden. Hat man das Denken des Schülers auf diese Weise angeregt und ihn soweit gebracht, dass er die Wichtigkeit einer gesunden Lebensweise einsieht, dann kann der Lehrer viel zu einer angemessenen Entwicklung und zur Bildung vernünftiger Gewohnheiten beitragen. Ez.184.1 Teilen

Was zuerst mit angestrebt werden sollte, ist eine einwandfreie Haltung beim Sitzen und Stehen. Gott schuf den Menschen aufrecht, und er wünscht, dass wir nicht nur den körperlichen, sondern auch den geistlich-sittlichen Segen davon haben die Anmut und Würde und das Selbstbewußtsein, den Mut und das Selbstvertrauen, die eine gerade Haltung so sehr fördert. Der Lehrer möge durch Beispiel und Vorschrift in dieser Richtung wirken. Man zeige, was eine richtige Haltung ist, und bestehe darauf, dass sie eingenommen und beibehalten wird. Ez.184.2 Teilen

Auf die richtige Haltung folgen der Wichtigkeit nach Atmung und Stimmpflege. Wer aufrecht sitzt und steht, atmet wahrscheinlich eher richtig als andere. Doch der Lehrer sollte seinen Schülern außerdem die Notwendigkeit tiefen Luftholens einschärfen. Man lege dar, wie die gesunde Tätigkeit der Atmungsorgane den Blutkreislauf unterstützt und das ganze System belebt, den Appetit anregt, die Verdauung fördert und einen sanften, süßen Schlummer bewirkt. Auf diese Weise wird nicht nur der Körper erfrischt, sondern auch der Geist besänftigt und beruhigt. Wenn man die Bedeutung des Tiefatmens unterstreicht, sollte es auch unbedingt durchgeführt werden. Man nehme Übungen vor, die es begünstigen, und sehe zu, dass es zur festen Gewohnheit wird. Ez.184.3 Teilen

Die Stimmbildung nimmt einen wichtigen Platz in der Körperkultur ein, da sie eine Weitung und Stärkung der Lungen bewirkt und dadurch Krankheiten fernhält. Um einen richtigen Vortrag beim Lesen und Sprechen zu gewährleisten, sorge man dafür, dass die Bauchmuskeln beim Atmen vollen Spielraum haben und die Atmungsorgane nicht eingeengt sind. Die Bauchmuskeln sollen angestrengt werden und nicht die Stimmbänder. Auf diese Weise kann man Ermüdungserscheinungen und ernsthafte Erkrankungen des Kehlkopfs und der Lungen verhüten. Man sollte bewußt auf eine deutliche Aussprache, weiche, klangvolle Töne und eine nicht zu rasche Vortragsweise hinstreben. Das wird nicht nur die Gesundheit fördern, sondern auch die Arbeit des Schülers bedeutend angenehmer gestalten und seine Leistung steigern. Ez.184.4 Teilen

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Die Belehrung über diese Dinge bietet eine wertvolle Gelegenheit, darauf hinzuweisen, wie töricht und schädlich Gewohnheiten sind, die die Tätigkeit lebenswichtiger Organe behindern. Eine fast endlose Kette von Krankheiten ist die Folge ungesunder Moden; diese Zusammenhänge gilt es gründlich aufzuhellen. Man betone den Schülern gegenüber die Gefahr, das Gewicht der Kleidung auf den Hüften ruhen zu lassen oder irgendein Organ des Körpers zusammenzupressen. Die Kleidung sollte so beschaffen sein, dass man voll atmen und die Arme ohne Schwierigkeit über den Kopf erheben kann. Das Zusammendrücken der Lungen hält nicht nur ihr Wachstum auf, sondern hemmt auch den Verdauungsvorgang und den Blutkreislauf und schwächt schließlich den ganzen Körper. Solche Mißstände zehren an der physischen und geistigen Kraft, hindern so den Schüler am Fortschritt und vereiteln oft seinen Erfolg. Ez.185.1 Teilen

Beim Studium der Hygiene wird der verantwortungsbewußte Lehrer jede Gelegenheit nützen, um zu zeigen, wie notwendig vollkommene Reinlichkeit in persönlichen Gewohnheiten und in der ganzen Umgebung eines Menschen ist. Man sollte nachdrücklich den Wert des täglichen Badens herausstellen, das die Gesundheit fördert und zu geistiger Tätigkeit anregt. Auch auf die Durchsonnung und Durchlüftung, auf die Sauberhaltung des Schlafzimmers und der Küche gilt es zu achten. Man lehre die Schüler, dass ein gelüfteter Schlafraum, eine blitzblanke Küche und ein geschmackvoll hergerichteter, mit bekömmlichen Speisen gedeckter Tisch das Glück der Familie und die Anerkennung von seiten aller vernünftigen Gäste eher gewährleisten als noch so viel teure Möbel im Wohnzimmer. Dass „das Leben ... mehr denn die Speise, und der Leib mehr denn die Kleidung“ (Lukas 12,23) sei, ist ein Erfahrungssatz, der heute nicht weniger Beachtung heischt als vor neunzehnhundert Jahren, da ihn der göttliche Lehrmeister aussprach. Ez.185.2 Teilen

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Dem Physiologieschüler sollte nahegebracht werden, dass das Ziel seines Studiums nicht bloß darin besteht, sich Kenntnisse von Tatsachen und Grundsätzen anzueignen. Diese allein würden sich als wenig nutzbringend erweisen. Er mag die Bedeutung der guten Durchlüftung begreifen, sein Zimmer mag mit reiner Luft versorgt sein; wenn er aber seine Lungen nicht richtig füllt, wird er unter den Folgen schlechter Atmung zu leiden haben. So mag man auch die Notwendigkeit peinlichster Sauberkeit erkennen und mit allerlei brauchbaren Einrichtungen versehen sein; das alles hat jedoch keinen Wert, wenn es nicht angewandt wird. Es kommt beim Lehren dieser Grundsätze sehr darauf an, dem Schüler ihre Wichtigkeit so tief einzuprägen, dass er sie gewissenhaft in die Tat umsetzt. Ez.186.1 Teilen

In einem sehr schönen und eindrucksvollen Bild zeigt die Heilige Schrift den Wert, den Gott unserem leiblichen Organismus beimißt, und die Verantwortung, die auf uns ruht, ihn im besten Zustand zu erhalten: „Wisset ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des heiligen Geistes ist, der in euch ist, welchen ihr habt von Gott, und seid nicht euer selbst?“ „So jemand den Tempel Gottes verderbt, den wird Gott verderben; denn der Tempel Gottes ist heilig, der seid ihr.“ 1.Korinther 6,19; 1.Korinther 3,17. Ez.186.2 Teilen

Die Schüler sollen unter dem Bewußtsein erschauern, dass der Leib ein Tempel ist, in dem Gott wohnen möchte; dass er rein erhalten werden muss als Behausung hoher und edler Gedanken. Wenn sie beim Studium der Physiologie erkennen, dass sie in der Tat „so erstaunlich wunderbar gemacht“ (Psalm 139,14 v. Ess) sind, werden sie mit Ehrfurcht erfüllt werden. Statt Gottes Werk zu verunstalten, werden sie alles daran setzen, das Bestmögliche aus sich selbst zu machen, um den herrlichen Plan des Schöpfers zu verwirklichen. So werden sie auch die Beobachtung der Gesundheitsgesetze nicht als ein Opfer oder als Selbstkasteiung ansehen, sondern als eine unschätzbare Gnade und als einen Segen, was er auch in Wirklichkeit ist. Ez.186.3 Teilen

Kapitel 22: Mäßigkeit und gesunde Lebensweise

„Jeder aber, der sich am Wettkampf beteiligen will,legt sich strenge Enthaltsamkeit auf.“ Ez.186 Teilen

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Jeder Lernende muss um die Beziehung zwischen einfacher Lebensweise und hoher Denkungsart wissen. Es liegt an uns persönlich, zu entscheiden, ob der Geist oder der Körper unsere Lebensführung bestimmen soll. Jeder einzelne Jugendliche muss für sich selbst die Wahl treffen, die sein Leben formt. Deshalb sollte keine Mühe gespart werden, ihn zur Erkenntnis der Mächte zu führen, denen er gegenübersteht, und zum Verständnis der Einflüsse, die Charakter und Schicksal prägen. Ez.187.1 Teilen

Die Unmäßigkeit ist ein Feind, vor dem sich alle hüten müßten. Die rasche Zunahme dieses Übels sollte jeden, der seine Mitmenschen liebt, zum Kampf dagegen aufrütteln. Es ist ein Schritt in der rechten Richtung, wenn man in den Schulen Unterricht über Mäßigkeitsthemen abhält. In diesem Fach sollte man überhaupt in jeder Schule und in jedem Heim Belehrung erteilen. Jugendliche und Kinder müßten die Wirkung des Alkohols, des Tabaks und ähnlicher Gifte kennen, die den Körper zugrunde richten, den Verstand umnebeln und die Seele versinnlichen. Man sollte klar herausstellen, dass keiner, der solche Dinge gebraucht, die volle Stärke seiner körperlichen, geistigen oder sittlichen Fähigkeiten lange bewahren kann. Ez.187.2 Teilen

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Aber um die Unmäßigkeit an der Wurzel zu packen, müssen wir tiefer gehen als bis zum Genuß von Alkohol oder Tabak. Müßiggang, Ziellosigkeit oder schlechte Gesellschaft können die wegbereitende Ursache sein. Zum andern findet man sie oft an der heimischen Tafel, in Familien, die sich streng enthaltsam dünken. Alles, was die Verdauung in Unordnung bringt, das Denken übermäßig erregt oder in irgendeiner Weise den Organismus beeinträchtigt, indem es das Gleichgewicht der geistigen und leiblichen Kräfte stört, schwächt auch die Herrschaft des Geistes über den Körper und begünstigt die Unmäßigkeit. Der Zusammenbruch manches versprechenden jungen Menschen könnte auf unnatürliche Begierden zurückgeführt werden, die die Folge einer ungesunden Kost sind. Ez.188.1 Teilen

Tee und Kaffee, Gewürze, Süßigkeiten und Tortengebäck sind starke Ursachen für eine schlechte Verdauung. Auch Fleischnahrung ist schädlich. Ihre naturgegebene Reizwirkung sollte schon einen überzeugenden Grund gegen ihre Verwendung darstellen; der fast allgemein gewordene krankhafte Zustand der Tiere aber macht sie doppelt verdächtig. Fleischgenuß führt leicht zu einer Überreizung der Nerven und zur Erregung der Leidenschaften. Dadurch gewinnen die niederen Neigungen die Oberhand. Ez.188.2 Teilen

Wer sich an eine reichhaltige, stark anregende Kost gewöhnt, findet nach einiger Zeit, dass der Magen mit einfacher Nahrung nicht mehr zufrieden ist. Er verlangt nach immer stärker gewürzten, schärferen und aufpeitschenderen Dingen. Wenn die Nerven angegriffen sind und der Organismus geschwächt ist, scheint auch dem Willen die Kraft zu fehlen, gegen das unnatürliche Begehren anzukämpfen. Die zarte Schleimhaut des Magens wird gereizt und entzündet, bis die anregendste Kost keine Befriedigung mehr gewährt. Es entsteht ein Durst, den nur starkes Getränk löschen kann. Ez.188.3 Teilen

Gerade vor den Anfängen des Übels sollte man sich hüten. Im Unterricht müssen der Jugend die Folgen kleiner Abweichungen vom rechten Weg sehr deutlich gemacht werden. Der Schüler soll lernen, wie wertvoll eine einfache, gesunde Ernährung ist, um dem Verlangen nach unnatürlichen Reizmitteln vorzubeugen. Es gilt, sich früh an Selbstbeherrschung zu gewöhnen und den Jugendlichen den Gedanken einzuprägen, dass sie Meister und nicht Sklaven sein sollen. Gott hat sie zu Herrschern über das Königreich ihrer Seele gesetzt, und sie haben ihr vom Himmel verordnetes Königtum auszuüben. Wenn solche Weisungen gewissenhaft erteilt werden, werden sie sich weit über die Jugend hinaus auswirken. Einflüsse werden sich geltend machen, die Tausende von Männern und Frauen vom Rande des Verderbens zurückreißen. Ez.188.4 Teilen

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Auf die Beziehung zwischen Ernährung und geistiger Entwicklung sollte man weit mehr als bisher achten. Verworrenes Denken und geistige Trägheit sind oft das Ergebnis von Diätfehlern. Ez.189.1 Teilen

Man besteht immer wieder darauf, dass bei der Auswahl der Nahrung der Appetit ein sicherer Führer sei. Wären die Gesundheitsgesetze immer befolgt worden, so würde dies zutreffen. Aber der Appetit hat sich durch falsche Gewohnheiten, die sich von Geschlecht zu Geschlecht fortpflanzten, so ins Unnatürliche verkehrt, dass er dauernd auf schädliche Genüsse aus ist. Man kann sich ihm nicht mehr anvertrauen. Ez.189.2 Teilen

Beim Studium der Gesundheitslehre sollten die Schüler den Nährwert verschiedener Speisen kennenlernen. Man sollte die Wirkung einer konzentrierten, anregenden Kost und andererseits der Lebensmittel, denen die Nährstoffe abgehen, klarlegen. Tee und Kaffee, Feinmehlbrot, Essiggurken, gröbere Gemüsearten, Zuckerwerk, Gewürze und Pasteten bilden nicht die richtige Nahrung. So mancher Schüler ist bei solchen Speisen zusammengebrochen. Manches schwächliche Kind, das zu kräftigen Körper- oder Geistesanstrengungen unfähig ist, ist das Opfer einer unzulänglichen Kost. Getreide, Früchte, Nüsse und Gemüse enthalten bei geeigneter Zusammenstellung alle Nährstoffe. Wenn sie richtig zubereitet werden, bilden sie die Nahrung, die die körperliche und geistige Spannkraft am besten fördert. Ez.189.3 Teilen

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Nicht nur auf die Eigenschaften der Nahrungsmittel kommt es an, sondern auch auf die Bekömmlichkeit für den betreffenden Verbraucher. Oft muss eine Speise, die körperlich arbeitende Personen ohne weiteres essen können, von dem in der Hauptsache geistig Schaffenden gemieden werden. Man sollte auch auf die richtige Zusammenstellung der einzelnen Speisen achten. Geistig Arbeitende und sitzend Beschäftigte dürfen bei einer Mahlzeit nur wenige Speisearten zu sich nehmen. Ez.190.1 Teilen

Auch vor dem Überessen muss man sich selbst bei der gesündesten Nahrung hüten. Die Natur kann nicht mehr verarbeiten, als zum Aufbau der verschiedenen Körperorgane erforderlich ist; was darüber hinaus ist, verstopft den Organismus. Von manchem Schüler glaubte man, dass er durch übertriebenes Studium zusammengebrochen sei, während die wirkliche Ursache übertriebenes Essen war. Werden die Gesundheitsgesetze gebührend beachtet, birgt geistige Anspannung wenig Gefahren in sich. Doch in vielen Fällen sogenannten geistigen Versagens ist es die Überbürdung des Magens, die den Körper müde macht und die Denkfähigkeit herabmindert. Ez.190.2 Teilen

In den meisten Fällen sind zwei Mahlzeiten am Tag besser als drei. Ein frühes Abendbrot stört die Verdauung des vorhergegangenen Mahles. Wird das Abendessen später eingenommen, dann ist es nicht vor der Schlafenszeit verdaut, und der Magen kommt nicht zu seiner gebührenden Ruhe. Der Schlaf ist gestört, Gehirn und Nerven sind ermüdet, der Appetit für das Frühstück ist gemindert, der ganze Organismus ohne Frische und für die Pflichten des Tages nicht vorbereitet. Ez.190.3 Teilen

Man sollte die Bedeutung regelmäßiger Essens- und Schlafenszeiten nicht übersehen. Da der Aufbau des Körpers während der Ruhestunden erfolgt, ist ein regelmäßiger, reichlicher Schlaf besonders in der Jugend vonnöten. Ez.190.4 Teilen

Hastiges Essen sollten wir möglichst vermeiden. Je kürzer die Zeit für ein Mahl ist, desto weniger dürfen wir essen. Es ist besser, eine Mahlzeit auszulassen, als ungenügend zu kauen. Ez.190.5 Teilen

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Die Essenszeit sollte eine Stunde geselliger Unterhaltung und Erquickung sein. Alles Bedrückende oder Erregende sei verbannt. Man pflege Vertrauen, Freundlichkeit und Dankbarkeit gegen den Geber alles Guten, dann wird die Unterhaltung fröhlich sein, ein heiterer Gedankenflug, der erhebt, ohne zu ermüden. Ez.191.1 Teilen

Die Beobachtung der Mäßigkeit und Ordnung in allen Stücken erweist sich als wunderbar segenskräftig. Mehr als Umstände oder natürliche Gaben wird sie zur Förderung jener liebenswerten und heiteren Gemütsart beitragen, die so viel zur Ebnung des Lebensweges vermag. Gleichzeitig wird sich herausstellen, dass die so gewonnene Selbstbeherrschung zu dem wertvollsten Rüstzeug gehört, das wir für ein erfolgreiches Bestehen der harten Anforderungen, die jedes menschliche Wesen erwarten, benötigen. Ez.191.2 Teilen

Die Wege der Weisheit „sind liebliche Wege, und alle ihre Steige sind Friede“. Sprüche 3,17. Jeder junge Mensch in unserem Lande, der zu Höherem bestimmt sein kann als gekrönte Häupter, denke über die Worte des weisen Mannes nach: „Wohl dir, Land,... dessen Fürsten zu rechter Zeit speisen, zur Stärke und nicht zur Lust!“ Prediger 10,17. Ez.191.3 Teilen

Kapitel 23: Erholung

„Alles hat seine Zeit.“ Ez.191 Teilen

Es besteht ein Unterschied zwischen Erholung und Vergnügen. Erholung im wahren Sinne des Wortes bewirkt Stärkung und Kräfteaufbau. Indem sie uns aus unserer Alltagssorge und -beschäftigung herausreißt, erfrischt sie gleicherweise Körper und Geist. Dadurch befähigt sie uns, mit neuer Kraft zu den ernsten Lebensaufgaben zurückzukehren. Das Vergnügen dagegen sucht man um des Genusses willen und gibt sich ihm oft bis zum Übermaß hin. Es zehrt die Kräfte auf, die zu nützlicher Arbeit erforderlich sind, und erweist sich als Hindernis für den wahren Lebenserfolg. Ez.191.4 Teilen

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Der ganze Körper ist zur Tätigkeit bestimmt. Wenn die physischen Kräfte nicht durch rege Übung gesund erhalten werden, kann man die geistigen Fähigkeiten nicht lange zu Höchstleistungen anspannen. Die körperliche Untätigkeit, die im Verein mit anderen ungesunden Voraussetzungen im Schulzimmer fast unvermeidlich erscheint, macht dieses zu einem Ort der Qual für Kinder, besonders für schwächlich veranlagte. Oft ist die Lüftung unzureichend. Schlechtgebaute Sitze leisten unnatürlicher Körperhaltung Vorschub und hemmen dadurch die Tätigkeit von Lunge und Herz. Hier müssen kleine Kinder drei bis fünf Stunden am Tage zubringen und eine durch und durch verunreinigte, vielleicht durch Krankheitskeime vergiftete Luft einatmen. Kein Wunder, dass im Schulzimmer so oft der Grund zu lebenslanger Krankheit gelegt wird. Das Gehirn, das empfindlichste aller Leibesorgane, von dem die Nervenkraft des ganzen Organismus abhängt, erleidet den größten Schaden. Wenn es zu verfrühter oder übermäßiger Tätigkeit gezwungen wird dazu unter gesundheitswidrigen Bedingungen, erfährt es eine Schwächung, und oft sind die üblen Folgen von Dauer. Ez.192.1 Teilen

Kinder sollten nicht lange innerhalb der vier Wände eingesperrt werden, noch sollte man von ihnen eine völlige Hingabe an das Lernen verlangen, bis eine gute Grundlage für ihre körperliche Entwicklung geschaffen ist. Für die ersten acht oder zehn Jahre eines jungen Lebens ist das Feld oder der Garten der beste Schulraum, die Mutter die beste Lehrerin, die Natur das beste Lehrbuch. Selbst wenn das Kind alt genug ist, um die Schule zu besuchen, sollte seine Gesundheit schwerer wiegen als alle Bücherweisheit. Man biete ihm die Lebensbedingungen, die für sein körperliches und geistiges Wachstum am günstigsten sind. Ez.192.2 Teilen

Nicht allein das Kind ist durch Mangel an Luft und Bewegung gefährdet. Ebenso wie in den Volksschulen werden auch in den höheren Lehranstalten diese Haupterfordernisse der Gesundheit noch allzuoft vernachlässigt. So mancher Schüler sitzt Tag für Tag in einem geschlossenen Raum über seine Bücher gebeugt. Sein Brustkasten ist so zusammengedrückt, dass er keinen vollen, tiefen Atemzug tun kann; sein Blut fließt träge, die Füße sind kalt, der Kopf heiß. Da der Körper nicht genügend Aufbaustoffe erhält, werden die Muskeln geschwächt. Der ganze Organismus erkrankt und verliert seine Spannkraft. Oft werden solche Schüler zu lebenslangen Invaliden. Sie hätten die Schule mit vermehrten Körper- und Verstandeskräften verlassen können, wenn sie ihre Studien unter geeigneten Bedingungen, bei regelmäßiger Bewegung in frischer Luft und Sonnenschein, betrieben hätten. Ez.192.3 Teilen

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Der Schüler, der mit bemessener Zeit und beschränkten Mitteln darum ringt, sich eine Bildung anzueignen, sollte sich bewußt sein, dass die auf körperliche Übung verwandten Stunden nicht verloren sind. Wer beständig über seinen Büchern brütet, wird sehr bald spüren, dass der Geist seine Frische verloren hat. Die Schüler, die der körperlichen Entwicklung rechte Beachtung schenken, werden auch auf geistigem Gebiet größere Fortschritte erzielen, als wenn sie ihre ganze Zeit dem Studium widmeten. Ez.193.1 Teilen

Wenn man einseitig eine Gedankenrichtung verfolgt, tritt oft eine geistige Unausgeglichenheit ein. Dagegen kommt es zu einem gleichmäßigen Gebrauch jeder Fähigkeit, wenn die geistigen und körperlichen Kräfte gleich stark beansprucht werden und die Gegenstände des Denkens wechseln. Ez.193.2 Teilen

Körperliche Untätigkeit verringert nicht nur die geistige, sondern auch die sittliche Kraft. Die Gehirnnerven, die in den ganzen Organismus ausstrahlen, bilden das Durchgangsfeld, über das der Himmel mit dem Menschen Umgang pflegt und sein innerstes Leben beeinflußt. Was immer den Fluß des Spannungsstroms im Nervensystem hemmt und damit die Lebenskräfte des Menschen schwächt und seine geistige Aufnahmebereitschaft verringert, stumpft zugleich auch sein sittliches Empfinden ab. Ez.193.3 Teilen

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Übermäßiges Studium steigert überdies den Blutzufluß zum Gehirn und verursacht eine krankhafte Reizbarkeit, die die Kraft der Selbstbeherrschung verringert und nur zu oft plötzlichen Einfällen und Launen die Zügel schießen läßt. Damit wird sittlicher Unreinheit Tür und Tor geöffnet. Der Mißbrauch oder die Nichtanwendung der körperlichen Kräfte ist weitgehend verantwortlich zu machen für die Flut der Entsittlichung, die sich über die Welt ergießt. „Hoffart, Brot in Fülle und sorglose Ruhe“ (Hesekiel 16,49, Menge) sind in diesem Geschlecht ebenso tödliche Feinde menschlichen Fortschritts wie einst, da sie zur Zerstörung Sodoms führten. Ez.194.1 Teilen

Lehrer sollten diese Zusammenhänge verstehen und ihre Zöglinge in die rechten Bahnen lenken. Man zeige den Schülern, dass richtige Lebensweise auf richtigem Denken beruht und dass körperliche Tätigkeit für Reinheit der Gedanken wesentlich ist. Ez.194.2 Teilen

Oft stehen Lehrer der Frage nach passender Erholung für ihre Schützlinge ratlos gegenüber. In vielen Schulen erfüllen Turnübungen einen nützlichen Zweck, doch werden sie ohne sorgfältige Überwachung vielfach übertrieben. In der Turnhalle haben sich manche junge Leute durch ihre gewagten Kraftproben einen lebenslangen Schaden zugezogen. Ez.194.3 Teilen

Die Übungen in der Turnhalle können, so gut sie auch durchgeführt sein mögen, die Erholung im Freien nicht ersetzen. Für diese sollten unsere Schulen bessere Möglichkeiten schaffen. Kräftige körperliche Bewegung müssen die Schüler zweifellos haben. Kaum ein Übel ist mehr zu fürchten als Trägheit und Ziellosigkeit. Doch gibt die Entwicklungsrichtung aller Sportarten jenen ernsthaft zu denken, denen das Wohl der Jugend am Herzen liegt. Es beunruhigt die Lehrer, wenn sie die Auswirkung dieses Sportbetriebs auf den schulischen Fortschritt des Schülers und auf seinen späteren Lebenserfolg beobachten. Die Spiele, die ihm so viel Zeit rauben, lenken den Geist vom Studium ab. Sie tragen nicht dazu bei, die Jugend für praktische, ernsthafte Arbeit im Leben vorzubereiten. Ihr Einfluß bestärkt nicht gutes Benehmen, Großmut oder echte Männlichkeit. Ez.194.4 Teilen

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Einige der volkstümlichsten Vergnügungssportarten, wie american football und Boxen, sind zu Schulen der Roheit ausgeartet. Sie entwickeln die gleichen Merkmale wie die Spiele des alten Rom. Der Machtrausch, der Stolz auf die bloße ungehobelte Kraft, die unbekümmerte Mißachtung des Lebens üben auf die Jugend einen entsittlichenden Einfluß aus, der erschreckend ist. Ez.195.1 Teilen

Andere athletische Spiele sind, obwohl sie nicht so sehr verrohen, kaum weniger anfechtbar, da sie bis zum Übermaß betrieben werden. Sie fördern die Sucht zum Vergnügen und zum Sinnenkitzel und nähren so den Widerwillen gegen nützliche Arbeit, den Hang, praktischen Pflichten und Verantwortlichkeiten aus dem Wege zu gehen. Sie zerstören leicht den Sinn für die nüchterne Wirklichkeit des Lebens und für seine stilleren Freuden. So öffnet sich die Pforte zu Ausschweifung und Ungesetzlichkeit mit ihren schrecklichen Folgen. Ez.195.2 Teilen

Gesellschaftliche Veranstaltungen stellen so, wie sie gewöhnlich durchgeführt werden, ein Hindernis für echte geistige und charakterliche Entwicklung dar. Leichtsinnige Bekanntschaften, verschwenderische, genießerische und nicht selten ausschweifende Gewohnheiten bilden sich heraus, die das ganze Leben auf das Böse ausrichten. Eltern und Lehrer können viel tun, um für gesunde und lebenspendende Ausspannung zu sorgen, die an die Stelle solcher Belustigungen tritt. Ez.195.3 Teilen

Hier wie in allen sonstigen Angelegenheiten, die unser Wohlbetreffen, hat göttliche Inspiration den Weg gewiesen. In früheren Zeiten gestaltete sich bei den Menschen, die unter Gottes Führung standen, das Dasein einfach. Sie lebten nahe dem Herzen der Natur. Die Kinder beteiligten sich an der Arbeit der Eltern und studierten die Schönheiten und Geheimnisse im Schatzhaus der Schöpfung. In Feld- und Waldesstille dachten sie über jene tiefen Wahrheiten nach, die als heiliges Vermächtnis von Geschlecht zu Geschlecht überliefert wurden. Solche Erziehung formte starke Männer. Ez.195.4 Teilen

In unserer Zeit ist das Leben naturfremd geworden, und die Menschen sind entartet. Zwar können wir nicht ganz zu den einfachen Sitten der Frühzeit zurüchkehren, doch mögen wir daran lernen, unsere Erholung zu dem zu machen, was in dem Begriff liegt zu Zeiten echter Erquickung für Körper, Geist und Seele. Ez.195.5 Teilen

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Mit dem Erholungsproblem ist die Umgebung des Heimes und der Schule aufs engste verknüpft. Bei der Wahl einer Wohnstätte oder des Baugrundes für eine Schule sollte dies berücksichtigt werden Wer dem geistigen und körperlichen Wohl größere Bedeutung beimißt als dem Gelde oder den Ansprüchen und Gewohnheiten der Gesellschaft, müßte für seine Kinder die Vorteile des Anschauungsunterrichts inmitten der Natur erstreben und auch die Erholung, die sie bietet. Es würde der erzieherischen Arbeit sehr viel nützen, wenn jede Schule so angelegt werden könnte, dass sie den Schülern Land zur Bebauung böte und Zutritt zu Feld und Wald ermöglichte. Ez.196.1 Teilen

Bei der Erholung für den Schüler wird man die besten Ergebnisse durch die persönliche Einwirkung des Lehrers erzielen. Wenige Gaben kann der echte Erzieher seinen Schutzbefohlenen vermitteln, die so wertvoll sind wie seine Kameradschaft. Es gilt schon für Männer und Frauen und wie viel mehr für Jugendliche und Kinder: dass wir sie nur dann verstehen, wenn wir ihnen durch freundliche Teilnahme nahekommen. Und verstehen müssen wir sie, um ihnen am besten nützen zu können. Kaum etwas festigt das freundschaftliche Band zwischen Lehrer und Schüler mehr als der gesellige Umgang miteinander außerhalb des Schulzimmers. In manchen Schulen weilt der Lehrer in den Stunden der Erholung stets bei seinen Schützlingen. Er nimmt an ihren Beschäftigungen teil, begleitet sie auf ihren Ausflügen und macht sich scheinbar zu einem der ihren. Es wäre gut für unsere Anstalten, wenn dies noch weit mehr eine allgemeine Regel wäre. Das vom Lehrer geforderte Opfer wäre groß, aber der Lohn seiner Mühen entsprechend reich. Ez.196.2 Teilen

Eine Erholung, die nur den Kindern und Jugendlichen selbst zugute kommt, wird nie so segensreich sein wie eine solche, die sie zum Dienst für andere ertüchtigt. Von Natur begeisterungsfähig und beeinflußbar, geht die Jugend bereitwillig auf Anregungen ein. Wenn über den Anbau von Pflanzen beraten wird, suche der Lehrer ein Interesse an der Verschönerung des Schulgrundstückes und des Klassenzimmers zu wecken. Ein doppelter Nutzen wird daraus erwachsen. Die Schüler werden es nicht dulden, dass man verdirbt oder entstellt, was sie zu verschönern suchen. Ein verfeinerter Geschmack, Ordnungsliebe und Achtsamkeit werden dadurch gefördert. Der kameradschaftliche Geist der Zusammenarbeit wird sich für die Schüler lebenslang als Segen erweisen. Ez.196.3 Teilen

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So kann man auch der Gartenarbeit oder dem Ausflug in Wald und Feld neue Anziehungskraft verleihen, wenn man die Kinder veranlaßt, an jene Mitmenschen zu denken und die Herrlichkeiten der Natur an sie heranzutragen, die selbst keine Möglichkeit haben, solch schöne Orte aufzusuchen. Ez.197.1 Teilen

Der aufmerksame Lehrer wird viele Gelegenheiten finden, seine Schüler zu tatkräftiger Hilfe anzuleiten. Besonders kleine Kinder blicken mit fast unbegrenztem Vertrauen und voller Achtung zum Lehrer auf. Was er auch vorschlagen mag sei es die kleine Handreichung daheim, die treue Erfüllung täglicher Pflichten, der Dienst an Kranken und Armen, es wird fast immer etwas fruchten. Und dadurch ist wiederum ein doppelter Gewinn gesichert. Die freundliche Anregung wird auf ihren Urheber zurückwirken. Dankbarkeit und Verständnis seitens der Eltern wird die Bürde des Lehrers erleichtern und seinen Weg erhellen. Ez.197.2 Teilen

Wenn man der Erholung und der körperlichen Ertüchtigung Beachtung schenkt, wird zweifellos der regelmäßige Gang der Schule bisweilen unterbrochen; doch diese Unterbrechung wird sich nicht als wirkliches Hindernis erweisen. Hundertfach wird sich der Aufwand an Zeit und Mühe bezahlt machen: durch die Kräftigung von Seele und Leib, durch die Pflege einer selbstlosen Gesinnung, im Zusammenschluß von Schüler und Lehrer durch die Bande gemeinsamen Interesses und froher Geselligkeit. Jener unsteten Energie, die so oft zur Gefahrenquelle für die Jugend wird, bietet sich ein segensreicher Weg ins Freie. Die Beschäftigung des Geistes mit dem Guten bedeutet einen besseren Schutz gegen das Böse als zahllose Zuchtmaßnahmen und Gesetzesschranken. Ez.197.3 Teilen

Kapitel 24: Ausbildung der Handfertigkeit

„Arbeitet mit euren eigenen Händen!“ Ez.197 Teilen

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Bei der Schöpfung wurde die Arbeit zum Segen gesetzt. Sie bedeutete Entfaltung, Stärke, Glücksempfinden. Der Fluch der Sünde veränderte den Zustand der Erde. Das hat auch einen Wechsel in den Arbeitsbedingungen mit sich gebracht. Doch wenn unsere Arbeit jetzt auch mit Sorge, mit Ermüdung und mit Unbehagen verbunden ist, bleibt sie immer noch ein Born des Glücks und dient unserer Entwicklung. Auch bildet sie einen Schutz gegen die Versuchung. Durch die erforderliche Zucht wird dem Sich-gehen-Lassen entgegengewirkt, und Fleiß, Reinheit und Festigkeit werden gefördert. So wird die Arbeit bei dem großen göttlichen Plan zu unserer Wiederaufrichtung vom Fall mit benutzt. Ez.198.1 Teilen

Man sollte die Jugend dahin bringen, dass sie die wahre Würde der Arbeit erkennt. Zeigt ihr, dass Gott ständig tätig ist. In der Natur verrichten alle Dinge das ihnen zugewiesene Werk. Die ganze Schöpfung ist von tätigem Wirken durchdrungen, und auch wir müssen uns rühren, um unsere Sendung zu erfüllen. Ez.198.2 Teilen

Bei unserer Arbeit sollten wir mit Gott zusammenwirken. Er gibt uns die Erde und ihre Schätze, doch wir müssen sie uns nutzbar und unserer Bequemlichkeit dienstbar machen. Er läßt die Bäume wachsen; wir aber bereiten das Bauholz zu und errichten das Haus. Er hat in der Erde Gold und Silber, Eisen und Kohle verborgen; doch nur durch mühevolle Arbeit können wir sie erlangen. Zeigt, dass Gott zwar alle Dinge geschaffen hat und sie beständig überwacht, uns aber auch mit Fähigkeiten ausgestattet hat, die den seinen nicht ganz unähnlich sind. Uns ist eine gewisse Herrschaft über die Naturkräfte verliehen worden. Wie Gott die Erde in ihrer Pracht aus dem Chaos hervorrief, so können auch wir aus einem Wirrwarr Ordnung und Schönheit schaffen. Obgleich heutzutage alles vom Bösen gezeichnet ist, durchströmt uns nach vollbrachtem Werk ein Hochgefühl, das der Freude Gottes verwandt ist, als er auf die schöne Erde schaute und sie für „sehr gut“ erklärte. Ez.198.3 Teilen

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In der Regel ist für die Jugend nützliche Beschäftigung am segensreichsten. Das kleine Kind findet Ablenkung und Entfaltungsmöglichkeit im Spiel, und seine Spiele sollten nicht nur das körperliche, sondern auch das geistige und geistliche Wachstum fördern. Wenn es kräftiger und verständiger wird, besteht seine beste Erholung in irgendeinem nutzbringenden Bemühen. Was die Hand zur Hilfeleistung ausbildet und die Jugend lehrt, ihren Anteil an der Bürde des Lebens zu tragen, ist für die Entwicklung des Geistes und des Charakters am förderlichsten. Ez.199.1 Teilen

Man muss der Jugend einschärfen, dass das Leben ernste Arbeit, Verantwortung und Umsicht bedeutet. Sie bedarf einer Schulung, die sie zu Männern und Frauen der Praxis macht, zu Menschen, die sich in jeder Notlage zu helfen wissen. Es sollte ihr klargemacht werden, dass die Zucht planvoller, wohlgeordneter Arbeit notwendig ist, nicht nur als Sicherung gegen die Wechselfälle des Lebens, sondern auch als ein Mittel zu allseitiger Entwicklung. Ez.199.2 Teilen

Trotz allem, was über die Würde der Arbeit gesagt und geschrieben worden ist, herrscht doch das Gefühl vor, dass sie entehre. Junge Männer sind ängstlich bemüht, Lehrer, Buchhalter, Kaufleute, Ärzte oder Rechtsanwälte zu werden oder irgendeinen andern Platz auszufüllen, der keine körperliche Anstrengung erfordert. Junge Frauen scheuen die Hausarbeit und suchen anderweitig eine Ausbildung. Sie alle müssen lernen, dass sich weder Mann noch Frau durch ehrliche Arbeit erniedrigen. Was wirklich entwürdigt, das sind Trägheit und selbstsüchtiges Schmarotzertum. Müßiggang fördert die Genußsucht, und daraus ergibt sich ein leeres, unfruchtbares Leben ein Ackerfeld, auf dem jede Sünde emporsprießen kann. „Denn die Erde, die den Regen trinkt, der oft über sie kommt, und nützliches Kraut trägt denen, die sie bauen, empfängt Segen von Gott. Welche aber Dornen und Disteln trägt, die ist untüchtig und dem Fluch nahe, dass man sie zuletzt verbrennt.“ Hebräer 6,7.8. Ez.199.3 Teilen

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Viele Lehrfächer, die die kostbare Zeit des Schülers verschlingen, tragen weder zu seiner Ertüchtigung noch zu seinem Glück wesentlich bei. Wichtig für jeden Jugendlichen ist es aber, mit den Pflichten des Alltags gründlich vertraut zu sein. Zur Not kann ein junges Mädchen ohne die Kenntnis des Französischen und der Algebra, ja selbst ohne Klavierspiel auskommen; unerläßlich ist jedoch, dass es lernt, zuträgliches Brot zu backen, gut sitzende Kleidung anzufertigen und die vielen Pflichten, die ein Haushalt mit sich bringt, zuverlässig zu erfüllen. Ez.200.1 Teilen

Nichts ist für die Gesundheit und das Glück der ganzen Familie erforderlicher als Klugheit und Geschick auf seiten der Köchin. Durch schlecht zubereitete, ungesunde Nahrung kann sie die Leistungsfähigkeit des Erwachsenen und die Entwicklung des Kindes beeinträchtigen oder gar völlig untergraben. Sie kann aber auch, indem sie für Speisen sorgt, die den Bedürfnissen des Körpers entsprechen und dabei einladend und schmackhaft sind, ebensoviel nach der guten Seite hin bewerkstelligen wie sonst in der falschen Richtung. So hängt das Lebensglück in mannigfacher Weise mit der Treue in alltäglichen Pflichten zusammen. Ez.200.2 Teilen

Da sich Mann und Frau an der Gestaltung des Heimes beteiligen, sollten Knaben ebensogut wie Mädchen häusliche Pflichten kennenlernen. Ein Bett machen, ein Zimmer in Ordnung bringen, Geschirr abspülen, eine Mahlzeit zubereiten, die eigene Kleidung waschen und ausbessern das sind Handlungen, die keinem Jungen in seiner Männlichkeit Abbruch tun; sie machen ihn glücklicher und brauchbarer. Wenn die Mädchen andererseits lernten, wie man ein Pferd anschirrt und lenkt, wie man mit Säge und Hammer oder auch mit Rechen und Harke umgeht, würden sie den Anforderungen des Lebens besser gewappnet sein.*(Diese Beispiele zeigen, wie zeit- und wirklichkeitsnah E.G. White gedacht hat. Sicherlich spräche sie heute von Auto- und Traktorfahren sowie von Motorenkenntnissen) Ez.200.3 Teilen

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Die Kinder und Jugendlichen sollten aus der Bibel entnehmen, wie sehr Gott das stille, alltägliche Mühen schätzt. Man weise sie auf die „Kinder der Propheten“ (2.Könige 6,1-7) hin. Das waren Schüler, die für sich selbst ein Haus bauten und für die ein Wunder gewirkt wurde, damit die entliehene Axt nicht verlorenginge. Laßt die jungen Menschenkinder etwas über Jesus, den Zimmermann, und Paulus, den Zeltmacher, lesen, die mit der Arbeit des Handwerkers den höchsten menschlich-göttlichen Dienst verbanden. Laßt sie lesen von dem Knaben, dessen fünf Brotlaibe der Heiland bei jener herrlichen Wundertat zur Speisung der Menge verwendete; von Tabea, der Näherin, die vom Tode erweckt wurde, damit sie weiterhin Kleider für die Armen verfertigen könne; von der klugen Frau, die in den Sprüchen beschrieben wird: „Sie geht mit Wolle und Flachs um und arbeitet gern mit ihren Händen ... Sie gibt Speise ihrem Hause und Essen ihren Dirnen,... pflanzt einen Weinberg ... und stärkt ihre Arme ... Sie breitet ihre Hände aus zu dem Armen und reicht ihre Hand dem Dürftigen ... Sie schaut, wie es in ihrem Hause zugeht, und ißt ihr Brot nicht mit Faulheit.“ Sprüche 31,13-27. Ez.201.1 Teilen

Von einer solchen Frau sagt Gott: „Sie wird gerühmt werden von den Früchten ihrer Hände, und ihre Werke werden sie loben in den Toren.“ Sprüche 31,31. Ez.201.2 Teilen

Das Heim sollte für das Kind die erste Gewerbeschule sein, und jede Erziehungsstätte müßte nach Möglichkeit im Lehrplan Vorkehrungen für den Werkunterricht treffen. Eine solche Ausbildung würde die Turnhalle weitgehend ersetzen und hätte außerdem den Vorteil, wesentlich zur Selbstzucht beizutragen. Ez.201.3 Teilen

Die Erziehung zur Handfertigkeit verdient viel mehr Beachtung, als ihr zuteil geworden ist. Man sollte Anstalten errichten, die mit der höchsten geistig-sittlichen Bildung die bestmöglichen Voraussetzungen zu körperlicher Ertüchtigung und gewerblicher Schulung bieten. Es wäre Unterricht zu erteilen im Ackerbau, in handwerklichen Verrichtungen wobei eine möglichst große Zahl der nützlichsten Gewerbe berücksichtigt werden müßte, desgleichen in Haushaltsführung, in gesundheitsgemäßem Kochen, im Nähen, im Anfertigen zweckdienlicher Kleidung, in der Krankenpflege und in ähnlichen Dingen. Man sollte Gärten, Werkstätten und Behandlungsräume schaffen und die Betätigung in allen Sparten von tüchtigen Lehrern überwachen lassen. Ez.201.4 Teilen

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Jede Arbeit soll ein bestimmtes Ziel haben und gründlich verrichtet werden. Einige Kenntnisse sollte jeder von den verschiedensten Handwerken haben, aber in wenigstens einem gut bewandert sein. Jeder junge Mann sollte sich beim Verlassen der Schule in irgendeinem Beruf oder Gewerbe gründlich auskennen, mit dem er notfalls seinen Lebensunterhalt verdienen kann. Ez.202.1 Teilen

Der häufigste Einwand gegen die gewerbliche Schulung in den Erziehungsstätten betrifft den finanziellen Aufwand, der damit verbunden ist. Aber das Ziel lohnt die Kosten. Keine andere unserer Aufgaben kommt der Jugenderziehung an Wichtigkeit gleich, und alles, was für ihre richtige Durchführung ausgegeben wird, ist gut angelegtes Kapital. Ez.202.2 Teilen

Selbst vom finanziellen Standpunkt her vertragen sich die Ausgaben für die handwerkliche Ausbildung der Schüler mit der Forderung strengster Wirtschaftlichkeit. Ungezählte junge Burschen würden damit vom Herumlungern an den Straßenecken und in Kneipen abgehalten. Die Ausgaben für Gärten, Werkstätten und Bäder machen sich mehr als bezahlt durch die Einsparungen an Krankenhäusern und Besserungsanstalten. Und die Jugend selbst wer kann ermessen, was sie der Gesellschaft und der Nation bedeutet, wenn sie an fleißige Arbeit gewöhnt ist und sich auf ein nützliches, werteschaffendes Handwerk versteht? Ez.202.3 Teilen

Eine Beschäftigung im Freien, die dem ganzen Körper Bewegung verschafft, bietet die beste Entspannung vom Studium. Zur handwerklichen Schulung eignet sich nichts so sehr wie der Ackerbau. Man sollte sich mehr bemühen, eine Vorliebe für Landarbeit zu wecken und zu pflegen. Der Lehrer weise auf die Aussagen der Bibel über den Ackerbau hin: dass Gott für den Menschen die Bebauung der Erde geplant hatte; dass dem ersten Menschen, dem Beherrscher der ganzen Erde, ein Garten zur Pflege übergeben wurde und dass viele der größten Männer der Welt, die wahren Edelnaturen, den Boden bestellt haben. Man zeige, welche Möglichkeiten ein solches Leben bietet. Der weise Mann sagt: „... ein Vorteil für ein Land ist ... ein König, der dem Ackerbau ergeben ist.“ Prediger 5,8. Ez.202.4 Teilen

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Und von dem, der den Boden bestellt, kündet die Bibel: „Also unterwies ihn sein Gott zum Rechten und lehrte ihn.“ Und wiederum: „Wer seinen Feigenbaum bewahrt, der ißt Früchte davon.“ Jesaja 28,26; Sprüche 27,18. Wer seinen Lebensunterhalt durch Ackerbau verdient, entgeht vielen Versuchungen und genießt zahllose Segnungen, auf die der verzichten muss, dessen Wirkungsbereich in den großen Städten liegt. Und heute, in den Tagen der großen Konzerne und der geschäftlichen Konkurrenz, erfreuen sich nur wenige Menschen einer so echten Unabhängigkeit und eines so sicheren Ertrags ihrer Arbeit wie der Landmann. Ez.203.1 Teilen

Beim Studium der Landwirtschaft sollten die Schüler nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch ausgebildet werden. Schon während sie lernen, was die Wissenschaft über die Bodenarten und Bestellungsformen, den Wert verschiedener Getreidesorten und die besten Erzeugungsmethoden zu sagen weiß, lasse man sie ihre Kenntnisse anwenden. Der Lehrer teile sich mit den Schülern die Arbeit und zeige ihnen dabei, was man durch geschickte, kluge Bemühungen erreichen kann. So wird echtes Interesse geweckt werden, der starke Wunsch, die Arbeit in der bestmöglichen Weise zu verrichten. Solches Streben ruft im Verein mit den Kraftspendern Bewegung, Sonnenschein und frischer Luft eine Liebe zur Landarbeit hervor, die bei manchem jungen Mann in der Berufswahl den Ausschlag geben wird. Dadurch könnten sich Einflüsse geltend machen, die die jetzt so stark flutende Abwanderung in die Großstädte erfolgreich zurückdämmen. Auf solche Art könnten unsere Schulen auch bei der Senkung der arbeitslosen Massen mithelfen. Tausende von hilflosen und hungernden Kreaturen, deren Zahl täglich die Reihen der Verbrecher erhöhen, würden sich in einem glücklichen gesunden, unabhängigen Leben selbst unterhalten, wenn man sie zu geschickter, fleißiger Arbeit auf dem Felde anhielte. Ez.203.2 Teilen

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Auch wer einen geistigen Beruf ausübt, kann auf den Vorteil einer handwerklichen Ausbildung nicht verzichten. Ein Mann mag einen glänzenden Verstand und eine rasche Auffassungsgabe besitzen; sein Wissen und Geschick mögen ihm Zugang zu dem Beruf seiner Wahl verschaffen, und doch mag er noch lange nicht die Eignung für seine Anforderungen aufweisen. Eine Ausbildung, die in der Hauptsache aus Büchern erlangt ist, führt zu oberflächlichem Denken. Praktische Arbeit dagegen bringt genaue Beobachtung und einen unabhängigen Geist mit sich. Wenn sie richtig getan wird, entwickelt sie leicht jene sachliche Weisheit, die wir als gesunden Menschenverstand bezeichnen. Sie bildet die Fähigkeit heraus, Pläne zu legen und durchzuführen, stärkt den Mut und die Ausdauer und verlangt auch den Einsatz von Takt und Geschicklichkeit. Ez.204.1 Teilen

Der Arzt, der durch praktischen Dienst im Krankenzimmer den Grund für sein Berufswissen gelegt hat, wird über einen schnellen Blick, umfassende Kenntnis und die Fähigkeit, in dringenden Fällen die rechte Hilfe zu leisten, verfügen. Diese wichtigen Eigenschaften kann man sich nur durch eine praktische Schulung so völlig aneignen. Ez.204.2 Teilen

Der Prediger, der Missionar, der Lehrer wird einen viel größeren Einfluß auf die Menschen ausüben, wenn sich zeigt, dass er für die Forderungen des Alltags die nötige Kenntnis und Geschicklichkeit besitzt. Oft hängt der Erfolg, vielleicht sogar das Leben des Missionars, von seinem Wissen um praktische Dinge ab. Ob er versteht, ein Essen zuzubereiten, Unfälle und Notlagen zu meistern, Krankheiten zu behandeln, ein Haus oder, wenn es not tut, eine Kapelle zu bauen das entscheidet oft über den Erfolg oder den Mißerfolg in seinem Lebenswerk. Ez.204.3 Teilen

Viele Schüler könnten sich während ihrer Ausbildung höchst vorteilhaft schulen, wenn sie Studienkosten und Lebensunterhalt selbst verdienten. Statt Schulden zu machen oder mit der Selbstverleugnung der Eltern zu rechnen, sollten junge Männer und Frauen auf sich selbst gestellt sein. So lernen sie den Wert des Geldes, der Zeit, der Kraft und der Gelegenheit kennen und sind viel weniger versucht, der Trägheit und Verschwendung zu verfallen. Wenn ihnen dann Sparsamkeit, Fleiß, Selbstverleugnung, praktische Geschäftsführung und beharrliche Zielstrebigkeit in Fleisch und Blut übergegangen sind, werden sich diese als höchst wichtiges Rüstzeug im Lebenskampf erweisen. Auch würde die angewandte Selbsthilfe der Schüler die Lehranstalten weitgehend vor der Schuldenlast bewahren, unter der sich so manche Schule abmüht und die ihren praktischen Nutzen so sehr beeinträchtigt. Ez.204.4 Teilen

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Man präge den jungen Leuten ein, dass Erziehung sie nicht lehren will, den unangenehmen Aufgaben und den schweren Bürden des Lebens auszuweichen, sondern dass sie bezweckt, die Arbeit durch Hinweis auf bessere Methoden und höhere Ziele zu erleichtern. Sie müssen erkennen, dass es nicht der wahre Sinn des Lebens ist, sich selbst den größtmöglichen Gewinn zu sichern, sondern ihren Schöpfer dadurch zu ehren, dass sie ihren Anteil an der großen Weltaufgabe miterfüllen und Schwächeren und Unwissenderen eine helfende Hand reichen. Ez.205.1 Teilen

Ein Hauptgrund, weshalb man auf körperliche Arbeit so herabsieht, ist die nachlässige, gedankenlose Art, in der sie so oft verrichtet wird. Man tut sie aus Notwendigkeit, nicht aus freier Wahl. Der Arbeiter ist nicht mit dem Herzen bei der Sache und bewahrt deshalb weder seine Selbstachtung, noch gewinnt er die Achtung anderer. Der Werkunterricht müßte diesen Fehler berichtigen. Er sollte die Gewöhnung an Genauigkeit und Gründlichkeit entwickeln. Die Schüler müssen lernen, systematisch und anpassungsfähig zu arbeiten und Zeit und Handgriffe zu sparen. Man sollte sie nicht nur in den besten Methoden unterrichten, sondern sie auch mit dem Wunsche beseelen, immer tüchtiger zu werden Ihr Ziel sei, die Arbeit so vollkommen zu verrichten, wie Menschenhirn und -hand es nur eben vermögen. Ez.205.2 Teilen

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Solche Schulung wird die jungen Menschen zu Herren und nicht zu Sklaven der Arbeit machen. Sie wird das Los des schwer Schaffenden leichter gestalten und selbst die niedrigste Beschäftigung adeln. Wer die Arbeit freilich als bloße Plackerei betrachtet und sich mit selbstgefälliger Geistesträgheit an sein Werk begibt, ohne den Willen zur Vervollkommnung, wird sie tatsächlich als eine Last empfinden. Wer sich andererseits darüber klar ist, dass auch die bescheidenste Arbeit eine Wissenschaft für sich darstellt, wird auch ihren Adel und ihre Schönheit sehen und Freude daran haben, sie gewissenhaft und erfolgreich auszuführen. Ez.206.1 Teilen

Ein so geschulter junger Mensch wird seinen Posten nutzbringend und ehrenvoll ausfüllen, ganz gleich, welchen Beruf er auch ausübt, sofern es sich nur um eine ehrliche Arbeit handelt. Ez.206.2 Teilen

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