Portrait von Ellen White
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Kapitel 31: Die Lebensaufgabe
Kapitel 31: Die Lebensaufgabe
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„Gleichwie mich der Vater gesandt hat,so sende ich euch.“Johannes 20,21. Ez.249 Teilen

Kapitel 32: Vorbereitung

„Befleißige dich, Gott dich zu erzeigen als einenrechtschaffenen und unsträflichen Arbeiter.“ Ez.249 Teilen

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Die erste Lehrerin des Kindes ist die Mutter. In den Jahren stärkster Empfänglichkeit und raschester Entwicklung liegt seine Erziehung großenteils in ihren Händen. Ihr bietet sich die erste Gelegenheit, den Charakter zum Guten oder zum Schlechten hin zu prägen. Sie sollte den Wert dieser Gelegenheit schätzen und mehr als jeder andere Lehrer dazu imstande sein, das Beste daraus zu machen. Es gibt jedoch niemand, an dessen Ertüchtigung man so wenig denkt wie an ihre. Zur Unterstützung der Mutter, deren erzieherischer Einfluß am stärksten und am weitestreichend ist, wendet man am wenigsten planmäßige Mühe auf. Ez.253.1 Teilen

Die Mütter, denen die Sorge für das Kleinkind anvertraut ist, verstehen zu oft gar nichts von seinen körperlichen Bedürfnissen; sie wissen wenig von den Gesundheitsgesetzen oder von den Grundlinien körperlicher Entwicklung, sind auch um nichts besser gerüstet, für das geistige und geistliche Wachstum des Kindes zu sorgen. Sie mögen fähig sein, Geschäfte abzuwickeln oder in Gesellschaft zu glänzen; sie mögen in Literatur und Wissenschaft Beachtliches aufzuweisen haben, aber von der Erziehung eines Kindes haben sie wenig Ahnung. Es ist hauptsächlich auf diesen Mangel zurückzuführen, besonders auf die frühe Vernachlässigung der körperlichen Entwicklung, dass ein so großer Teil der Menschheit bereits im Kindesalter stirbt und dass es unter denen, welche die Lebensreife erreichen, so viele gibt, denen das Leben nichts als eine unerträgliche Last ist. Ez.253.2 Teilen

Auf Vater und Mutter ruht eine Verantwortung für die frühe und auch für die spätere Erziehung des Kindes. Für beide Eltern erhebt sich gebieterisch die Forderung nach sorgfältiger und gründlicher Vorbereitung. Ehe Männer und Frauen das Wagnis einer Vater- bzw. Mutterschaft auf sich nehmen, sollten sie sich mit den Gesetzen der körperlichen Entwicklung vertraut machen: mit Physiologie und Hygiene, mit der Bedeutung vorgeburtlicher Einflüsse, mit den Vererbungsgesetzen, mit Gesundheitspflege und richtiger Bekleidung, mit Bewegungsübungen und der Behandlung von Krankheiten. Auch müßten sie die Grundregeln geistiger Entwicklung und sittlicher Schulung verstehen. Ez.253.3 Teilen

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Diese Erziehungsarbeit hält der ewige Gott für so wichtig, dass er Boten von seinem Throne zu einer werdenden Mutter sandte, um die Frage zu beantworten: „Welches soll des Knaben Weise und Werk sein?“ (Richter 13,12) und einen Vater über die Erziehung des verheißenen Sohnes zu belehren. Ez.254.1 Teilen

Niemals wird die Erziehung all das bewirken, was sie zustande bringen sollte, ehe nicht die Bedeutung der elterlichen Mitwirkung voll erkannt ist und die Eltern eine Ausbildung für ihre heilige Verantwortung erhalten haben. Ez.254.2 Teilen

Allgemein wird die Notwendigkeit einer vorbereitenden Schulung für den Lehrer bejaht, aber nur wenige sind sich über die Art der wesentlichsten Vorbereitung im klaren. Wer sich der Verantwortung, die die Jugenderziehung mit sich bringt, bewußt ist, wird erkennen, dass der Unterricht in naturwissenschaftlichen und literarischen Fächern allein nicht genügen kann. Der Lehrer sollte über eine umfassendere Ausbildung verfügen, als sie durch bloßes Bücherstudium erworben wird. Er muss nicht nur geistige Stärke, sondern auch geistige Weite besitzen. Mit ganzer Seele sollte er bei der Sache sein, aber auch mit einem warmen, weiten Herzen. Ez.254.3 Teilen

Gott allein, der den Verstand schuf und seine Gesetze bestimmte, kann seine Bedürfnisse voll und ganz verstehen und seine Entwicklung lenken. Die Erziehungsgrundsätze, die er niedergelegt hat, bieten die einzig sichere Führung. Es ist für jeden Lehrer wichtig, diese Grundsätze so gründlich zu kennen und sie zu bejahen, dass sie zu einer beherrschenden Macht in seinem Leben werden. Ez.254.4 Teilen

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Erfahrung in praktischen Dingen ist unerläßlich. Ordnung, Gründlichkeit, Pünktlichkeit, Selbstbeherrschung, Frohsinn, Ausgeglichenheit, Selbstaufopferung, Redlichkeit und Höflichkeit sind wesentliche Eigenschaften. Ez.255.1 Teilen

Da die Jugend von so vielen minderwertigen Charaktereigenschaften und viel Heuchelei umgeben ist, tut es um so mehr not, dass Haltung, Worte und Benehmen des Lehrers ein edles und wahrhaftes Menschentum verkörpern. Kinder durchschauen schnell jede Künstelei oder irgendwelche andere Schwächen und Mängel. Der Lehrer kann sich die Achtung seiner Schüler auf keine andere Weise erringen, als dass er in seinem eigenen Wesen die Grundsätze offenbart, die er ihnen einzuprägen sucht. Nur soweit er das in seinem täglichen Umgang mit ihnen verwirklicht, vermag er einen dauernden Einfluß zum Guten auf sie auszuüben. Ez.255.2 Teilen

Fast alle übrigen Eigenschaften, die den Erfolg des Lehrers bestimmen, hängen großenteils von seiner körperlichen Energie ab. Je besser seine Gesundheit ist, desto Besseres wird er leisten. Ez.255.3 Teilen

Seine verantwortungsvollen Aufgaben sind so aufreibend, dass er bewußt etwas unternehmen muss, um Kraft und Frische zu bewahren. Hirn und Herz werden ihm oft matt, und dann neigt er fast unwiderstehlich zu Niedergeschlagenheit, Gleichgültigkeit oder Reizbarkeit. Es ist seine Pflicht, solchen Stimmungen nicht nur nicht nachzugeben, sondern bereits die Ursachen abzustellen. Er soll sich ein reines, sanftes, vertrauenerweckendes und mitfühlendes Gemüt bewahren. Um immer ruhig, fest und heiter zu bleiben, muss er sich die Spannkraft von Gehirn und Nerven erhalten. Ez.255.4 Teilen

Da in seiner Arbeit Qualität viel wichtiger ist als Quantität, sollte er sich vor Überarbeitung hüten und in seinem eigenen Pflichtenkreis nicht zuviel in Angriff nehmen. Er darf auch nicht berufsfremde Verantwortlichkeiten auf sich laden, die ihn zu seiner eigentlichen Aufgabe untüchtig machen. Ferner hüte er sich davor, an solchen Vergnügungen und gesellschaftlichen Veranstaltungen teilzunehmen, die eher eine Erschöpfung als eine Erholung bedeuten. Ez.255.5 Teilen

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Bewegung im Freien, besonders bei nützlicher Arbeit, ist eines der besten Mittel zur Erholung von Körper und Geist. Durch das Beispiel des Lehrers werden seine Schüler zu körperlicher Arbeit angeregt und werden sie wertschätzen lernen. Ez.256.1 Teilen

Der Lehrer sollte in jeder Hinsicht die Gesundheitsregeln gewissenhaft beachten, und zwar nicht nur im Hinblick auf seine eigene Leistungsfähigkeit, sondern auch wegen der Wirkung auf seine Schüler. In allen Dingen sei er mäßig und gebe ein Beispiel in der Ernährung sowie in der Kleidung, Arbeit und Erholung. Ez.256.2 Teilen

Mit körperlicher Gesundheit und charakterlicher Rechtschaffenheit sollten sich hohe wissenschaftliche Fähigkeiten verbinden. Je mehr wirkliches Wissen der Lehrer besitzt, desto besser wird sein Werk ausfallen. Das Schulzimmer ist kein Ort für oberflächliche Arbeit. Ein Lehrer, der sich mit einem Halbwissen zufrieden gibt, wird es nie zu etwas Tüchtigem bringen. Ez.256.3 Teilen

Doch die Brauchbarkeit des Lehrers hängt nicht so sehr von der tatsächlichen Menge seiner Kenntnisse ab als von dem Ziel, nach dem er strebt. Der wahre Erzieher ist ein Feind schwerfälligen, trägen Denkens oder eines ungenauen Gedächtnisses; er trachtet beständig nach höheren Leistungen und nach besseren Methoden. Sein Leben ist ein unaufhörliches Wachstum. Im Wirken eines solchen Lehrers liegt eine frische und belebende Kraft, die seine Schüler aufmuntert und begeistert. Ez.256.4 Teilen

Der Lehrer muss sich für sein Werk als tauglich erweisen. Er muss die Weisheit und den Takt besitzen, die der Umgang mit Menschenseelen erfordert. Seine wissenschaftlichen Kenntnisse mögen noch so groß sein, seine Fähigkeiten auf anderen Gebieten noch so hervorragend: wenn er die Achtung und das Vertrauen seiner Schüler nicht gewinnt, ist all sein Mühen umsonst. Ez.256.5 Teilen

Es werden Lehrer gebraucht, die schnell jede Möglichkeit zum Gutestun erkennen und nutzen, Lehrer, die wahre Würde mit Begeisterung verbinden, die fähig sind zum Lehren und Leiten, die zum Denken anregen, die Tatkraft wecken und Mut und echtes Leben vermitteln können. Ez.256.6 Teilen

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Die Bildungsmöglichkeiten eines Lehrers mögen beschränkt gewesen sein, so dass er vielleicht nicht die hohen wissensmäßigen Voraussetzungen mitbringt, wie sie wünschenswert sind. Wenn er jedoch einen wirklichen Einblick in die menschliche Natur hat, wenn ihn eine echte Liebe zu seiner Arbeit, ein Gefühl für ihre Größe und die Entschlossenheit, immer Besseres zu leisten, erfüllen, wenn er gewillt ist, ernst und ausdauernd zu arbeiten, dann wird er verstehen, was seinen Schülern not tut. Er wird sie durch sein Einfühlungsvermögen und durch seinen beweglichen Geist zum Mitgehen begeistern, während er sie vorwärts und aufwärts zu führen sucht. Ez.257.1 Teilen

Die vom Lehrer betreuten Kinder und Jugendlichen unterscheiden sich stark in ihren Neigungen und Gewohnheiten und in ihrer Erziehung. Manche von ihnen haben kein bestimmtes Ziel oder keine festen Grundsätze. Man muss sie dahin bringen, dass sie sich ihrer Verantwortung und ihrer Möglichkeiten bewußt werden. Nur wenige Kinder sind von Haus aus richtig erzogen. Manche sind verwöhnte Lieblinge gewesen, deren ganze Erziehung oberflächlich verlief. Da sie ihrer Neigung folgen durften und Lasten und Verantwortungen aus dem Wege gehen konnten, fehlt es ihnen an Festigkeit, Ausdauer und Selbstverleugnung. Diese Kinder betrachten oft alle Zucht als unnötige Einengung. Andere wurden getadelt und entmutigt. Willkürliche Einschränkungen und Härte haben Widerspenstigkeit und Trotz in ihnen entwickelt. Sollen diese verbogenen Charaktere wieder umgeformt werden, so muss die Arbeit in den meisten Fällen durch den Lehrer geschehen. Um sie erfolgreich durchzuführen, muss er jenes Mitgefühl und jene Einsicht besitzen, die ihn befähigen, die offenbaren Fehler und Irrtümer in seinen Schülern auf ihren Ursprung zurückzuführen. Auch muss er Takt und Geschicklichkeit, Geduld und Festigkeit aufweisen, um jedem die notwendige Hilfe zu leisten: Die Unentschlossenen und Bequemen ermuntert und fördert er in einer Art, die sie zu Anstrengungen anspornt. In den Entmutigten weckt er durch ein verständnisvolles Wort der Anerkennung Vertrauen und macht schlummernde Kräfte frei. Ez.257.2 Teilen

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Lehrer versäumen es oft, genügend geselligen Umgang mit ihren Schülern zu pflegen. Sie legen zu wenig Teilnahme und Zartgefühl an den Tag und zuviel von der Würde eines strengen Richters. Der Lehrer muss zwar fest und entschieden sein, keinesfalls aber darf er überfordern und Zwang ausüben. Sich hart, streng und kühl seinen Schülern zeigen oder sie gleichgültig behandeln heißt: sich die letzten Zugänge versperren, durch die man sie zum Guten beeinflussen könnte. Ez.258.1 Teilen

Unter keinen Umständen sollte der Lehrer irgend jemanden vorziehen. Wenn er den liebenswerten, anziehenden Schüler begünstigt und sich gegen die, die am meisten der Ermutigung und der Hilfe bedürfen, kritisch, ungeduldig oder unfreundlich verhält, verrät er damit eine völlig falsche Auffassung von der Arbeit des Erziehers. Gerade im Umgang mit den Unvollkommenen, Schwererziehbaren wird der Charakter erprobt und erweist es sich, ob der Lehrer wirklich für sein Amt taugt. Ez.258.2 Teilen

Groß ist die Verantwortung derer, die es auf sich nehmen, eine Menschenseele zu leiten. Wahre Väter und Mütter sehen darin eine Vertrauensaufgabe, die für sie nie ganz erlischt. Das Kind fühlt vom ersten bis zum letzten Tag die Macht des Bandes, mit dem es an das Herz der Eltern geknüpft ist. Die Handlungen, die Worte, der bloße Blick der Eltern prägen es unaufhörlich zum Guten oder zum Bösen hin. Der Lehrer teilt diese Verantwortung; er muss sich daher ständig dieser heiligen Berufung bewußt sein und das Ziel seiner Arbeit im Auge behalten. Er soll nicht nur seine täglichen Pflichten erfüllen, seine Vorgesetzten befriedigen und den Ruf der Schule wahren; er muss vielmehr an das höchste Wohl seiner Schüler als Einzelmenschen denken und die Pflichten, die das Leben ihnen auferlegen wird, den Dienst, den es erfordert, und die dazu nötige Vorbereitung in Betracht ziehen. Die vom Lehrer tagtäglich verrichtete Arbeit übt auf seine Schüler und durch sie wiederum auf andere einen Einfluß aus, der sich bis zum Ende der Zeiten unaufhörlich verstärkt und ausweitet. Er muss an jenem großen Tag, da jedes Wort und jede Tat von Gott überprüft werden, für die Ergebnisse seines Lebenswerkes geradestehen. Ez.258.3 Teilen

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Der Lehrer, der sich darüber im klaren ist, wird nicht das Gefühl haben, dass seine Arbeit getan ist, wenn er seine täglichen Unterrichtsstunden „geleistet“ hat und die Schüler dann eine Zeitlang seiner unmittelbaren Fürsorge entrückt sind. Er wird diese Kinder und Jugendlichen auf dem Herzen tragen. Wie er sie auf die edelste Stufe menschlicher Entwicklung führen kann, wird sein stetes Forschen und Bemühen sein. Ez.259.1 Teilen

Wer die günstigen Gelegenheiten und Vorzüge seines Wirkens kennt, läßt sich durch nichts in seinem ernsten Ringen um Vervollkommnung hindern. Er spart keine Mühe, um den höchsten Grad der Vollendung zu erreichen. Er strebt danach, alles das zu sein, wozu er seine Schüler erziehen möchte. Ez.259.2 Teilen

Je tiefer das Verantwortungsgefühl des Lehrers ist, und je ernster seine Bemühungen um Vervollkommnung sind, desto klarer wird er die Mängel empfinden, die seine Brauchbarkeit beeinträchtigen, und desto heftiger wird er sie bedauern. Wenn er die Größe seines Werkes, seine Schwierigkeiten und Möglichkeiten ins Auge faßt, wird er innerlich oft seufzen: „Wer ist hierzu tüchtig?“ Mein Freund, wenn du dir in deinem Lehramt deines Bedürfnisses nach Kraft und Führung bewußt wirst eines Bedürfnisses, das aus keiner menschlichen Quelle gestillt werden kann, dann bitte ich dich: Denke an die Verheißungen Gottes, der da „heißt Wunderbar, Rat“. Er spricht: „Siehe, ich habe vor dir gegeben eine offene Tür, und niemand kann sie zuschließen.“ Offenbarung 3,8. „Rufe mich an, so will ich dir antworten.“ „Ich will dich unterweisen und dir den Weg zeigen, den du wandeln sollst; ich will dich mit meinen Augen leiten.“ Jeremia 33,3; Psalm 32,8. „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ Matthäus 28,20. Ez.259.3 Teilen

Als höchste Vorbereitung für dein Werk verweise ich dich auf die Worte, auf das Leben und die Arbeitsweise des Fürsten unter den Erziehern. Ich bitte dich, blicke auf ihn. Hier ist dein wahres Vorbild. Betrachte es, versenke dich darein, bis der Geist des göttlichen Lehrers von deinem Herzen und Leben Besitz ergreift. „Nun aber spiegelt sich in uns allen des Herrn Klarheit ... und wir werden verklärt in dasselbe Bild.“ 2.Korinther 3,18. Das ist das Geheimnis deiner Macht: Spiegle Christi Wesen wider! Ez.259.4 Teilen

Kapitel 33: Zusammenarbeit

„Untereinander ist einer des andern Glied.“ Ez.259 Teilen

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Bei der Bildung des Charakters wirkt kein Einfluß so stark wie der des Heimes. Die Arbeit des Lehrers sollte das Werk der Eltern ergänzen, aber nicht an dessen Stelle treten. In allem, was die Wohlfahrt des Kindes betrifft, müssen sich Eltern und Lehrer um Zusammenarbeit bemühen. Ez.260.1 Teilen

Das Zusammenspiel sollte schon im häuslichen Leben bei Vater und Mutter selbst beginnen. In der Erziehung ihrer Kinder tragen sie eine gemeinsame Verantwortung; sie müssen daher stets bemüht sein, einträchtig zu handeln. Sie sollten sich Gott übergeben und seine Hilfe suchen, um sich gegenseitig zu stützen. Ihre Kinder sollten sie lehren, Gott, den Grundsätzen und damit sich selbst und allen, mit denen sie verbunden sind, treu zu sein. So erzogen, werden sie, wenn man sie zur Schule schickt, nicht zu Störungen und zur Besorgnis Anlaß geben. Sie werden ihren Lehrern eine Hilfe und ihren Mitschülern ein Vorbild und eine Quelle der Ermutigung sein. Ez.260.2 Teilen

Eltern, die eine derartige Erziehung vermitteln, gehören wahrscheinlich nicht zu denen, die den Lehrer kritisieren. Sie haben ein echtes Gefühl dafür, dass beides, das Wohl ihrer Kinder und die Gerechtigkeit der Schule gegenüber, es erfordert, den Menschen, der ihre Verantwortung teilt, so weit wie möglich zu unterstützen und zu ehren. Hierin fehlen viele Eltern. Durch ihre voreilige, unbegründete Kritik wird der Einfluß des treuen, aufopfernden Lehrers oft fast völlig zunichte gemacht. Zahlreiche Eltern haben ihre Kinder durch Nachgiebigkeit verzogen und überlassen dem Lehrer die unangenehme Aufgabe, ihre Nachlässigkeit wiedergutzumachen; und dabei erschweren sie noch seine Arbeit durch ihre eigene Haltung fast bis zur Hoffnungslosigkeit. Ihre Kritik und ihr Nörgeln an der Handhabung des Unterrichts nährt in den Kindern die Unbotmäßigkeit und bestärkt sie in verkehrten Gewohnheiten. Ist es nötig, Kritik oder Anregungen an den Lehrer heranzutragen, dann sollte das vertraulich geschehen. Erweist sich dies als unwirksam, dann übergebe man die Angelegenheit der Schulleitung. Nichts sollte jedoch gesagt oder getan werden, was die Achtung der Kinder vor dem Menschen schmälert, von dem ihr späteres Wohl abhängt. Ez.260.3 Teilen

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Es wäre dem Lehrer eine Hilfe, wenn ihm die Eltern aus der genauen Kenntnis ihrer Kinder heraus mitteilen könnten, welchen Charakter und welche körperlichen Besonderheiten oder Gebrechen diese aufweisen. Bedauerlich ist es, dass so viele Leute dies nicht einsehen. Die meisten Eltern fühlen sich kaum genötigt, sich von den Fähigkeiten des Lehrers zu überzeugen oder mit ihm zusammenzuarbeiten. Ez.261.1 Teilen

Da sich die Eltern so selten mit dem Lehrer bekannt machen, ist es um so wichtiger, dass der Lehrer die Bekanntschaft der Eltern anstrebt. Er sollte die Heime seiner Schüler besuchen und die Einflüsse kennenlernen, die sie umgeben. Wenn er persönlich mit ihrem Zuhause und ihren Lebensumständen in Berührung kommt, kann er das Band festigen, das ihn mit seinen Schülern verbindet, und er lernt vielleicht, besser mit ihren Neigungen und Temperamenten fertig zu werden. Ez.261.2 Teilen

Wenn der Lehrer sich um die Erziehung im Heim kümmert, schafft er doppelten Nutzen. Viele Eltern, die ganz in Arbeit und Sorgen aufgehen, sind blind für die günstigen Gelegenheiten, das Leben ihrer Kinder zum Guten zu beeinflussen. Der Lehrer kann dann viel tun, um die Eltern auf ihre Möglichkeiten und Pflichten aufmerksam zu machen. Er wird wieder andere finden, denen das Wissen um ihre Verantwortung zur schweren Bürde wird: so sehr sind sie darauf bedacht, ihre Kinder zu guten, brauchbaren Männern und Frauen zu erziehen. Oft kann der Lehrer diesen Eltern ihre Last tragen helfen; durch gegenseitige Beratung werden beide, Eltern und Lehrer, ermutigt und gestärkt. Ez.261.3 Teilen

Für die Erziehung der Jugend im Heim ist der Grundsatz der Mitarbeit von unschätzbarem Wert. Die Kinder sollten von frühester Jugend an das Gefühl haben, dass sie einen Teil der Hausgemeinschaft bilden. Selbst die Kleinen muss man dazu anhalten, sich in die täglichen Pflichten einzuschalten, und ihnen das Gefühl geben, dass man ihre Hilfe braucht und schätzt. Die älteren Kinder sollten die Gehilfen ihrer Eltern sein, auf ihre Pläne eingehen und ihre Last und Verantwortung teilen. Väter und Mütter sollen sich Zeit nehmen, ihre Kinder zu belehren; sie müssen ihnen zeigen, dass ihre Hilfe etwas wert ist. Es gilt, um ihr Vertrauen zu werben und Freude an ihrer Gesellschaft zu haben. Dann werden die Kinder nicht zögern, darauf einzugehen. Damit wird nicht nur die Last der Eltern erleichtert und den Kindern eine praktische Schulung von unschätzbarem Wert zuteil: auch die häuslichen Bande werden gestärkt und die charakterlichen Grundlagen vertieft. Ez.261.4 Teilen

262

Zusammenarbeit sollte die Atmosphäre des Schulzimmers bestimmen und zum Lebensgesetz darin werden. Der Lehrer, der seine Schüler zur Mitarbeit gewinnt, sichert sich damit eine unschätzbare Hilfe zur Aufrechterhaltung der Ordnung. Beim Dienst im Schulzimmer fände so mancher Junge, dessen Ruhelosigkeit zu Störungen und zur Aufsässigkeit führt, ein Ventil für seine überschüssigen Kräfte. Die Älteren sollten die Jüngeren, die Starken die Schwachen unterstützen. Möglichst jeden Schüler soll man zu einer Betätigung auffordern, bei der er sich auszeichnet. Das wird seine Selbstachtung heben und den Wunsch in ihm wecken, sich nützlich zu machen. Ez.262.1 Teilen

Es wäre sowohl der Jugend wie auch den Eltern und Lehrern dienlich, wenn sie sich mit dem beschäftigten, was die Heilige Schrift über Zusammenarbeit lehrt. Unter den vielen Beispielen dafür betrachte man den Bau der Stiftshütte jenes Gleichnis für Charakterbildung, zu dem das ganze Volk sich vereinigte, „alle die ... gern und willig gaben“. 2.Mose 35,21. Ez.262.2 Teilen

Man lese, wie die Mauern Jerusalems von den heimgekehrten Gefangenen wieder errichtet wurden, und zwar inmitten von Armut, Beschwernis und Gefahr. Die große Aufgabe wurde erfolgreich durchgeführt, denn „das Volk gewann ein Herz zu arbeiten“. Nehemia 3,38; (4,6). Man denke daran, welche Rolle die Jünger bei jenem Wunder des Heilandes spielten, als er die Menge speiste. Die Nahrung vermehrte sich in den Händen Christi, seine zwölf Jünger aber nahmen die Brotlaibe entgegen und reichten sie der wartenden Schar. Ez.262.3 Teilen

263

„Untereinander ist einer des andern Glied.“ Römer 12,5. Da denn jeder eine Gabe erhalten hat, so „dienet einander, ein jeglicher mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes“. 1.Petrus 4,10. Das Wort, das von den Verfertigern von Götzenbildern vor alters galt, könnte sehr wohl, mit einer würdigeren Zielsetzung, zum Motto für die Charakterbildung heute gewählt werden: „Einer half dem andern und sprach zu seinem Nächsten: Sei getrost!“ Jesaja 41,6. Ez.263.1 Teilen

Kapitel 34: Rechte Zucht

„Strafe, drohe, ermahne mit aller Geduld und Lehre.“ Ez.263 Teilen

Gehorsam ist eine der ersten Tugenden, die ein Kind lernen muss. Ehe es alt genug ist, vernünftig zu urteilen, kann man es lehren zu gehorchen. Durch sanfte, aber beharrliche Bemühung sollte ihm diese Gewohnheit eingepflanzt werden. Damit kann man jenen späteren Auseinandersetzungen zwischen Wille und Autorität, die so viel Entfremdung und Bitterkeit gegenüber Eltern und Lehrern verursachen und so oft zum Widerstand gegen alle menschliche und göttliche Befehlsgewalt führen, in starkem Maße vorbeugen. Ez.263.2 Teilen

Ziel der Zucht ist es, das Kind zur Selbständigkeit heranzubilden. Es soll Selbstvertrauen und Selbstbeherrschung in sich entwickeln. Deshalb muss man seine Vernunft in den Dienst des Gehorsams stellen, sobald es Zusammenhänge verstehen kann. Die ganze Behandlung sollte dem Kinde zeigen, dass das Gehorchen recht und billig ist. Man bringe es zu der Einsicht, dass alle Dinge einer Gesetzlichkeit unterstehen und dass Ungehorsam am Ende zu Unheil und Leiden führt. Wenn Gott sagt: „Du sollst nicht“, dann warnt er uns in Liebe vor den Folgen der Unbotmäßigkeit, um uns vor Schaden und Verlust zu bewahren. Ez.263.3 Teilen

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Man verhelfe dem Kinde zu der Erkenntnis, dass Eltern und Lehrer die Stellvertreter Gottes und, soweit sie in Übereinstimmung mit ihm handeln, ihre Gesetze im Heim und in der Schule auch die seinen sind. Wie das Kind den Eltern und Lehrern Gehorsam schuldet, so haben diese Gott zu gehorchen. Ez.264.1 Teilen

Eltern und Lehrer sollten sich fragen, wie sie die Entwicklung des Kindes lenken können, ohne durch unangebrachtes Eingreifen hemmend zu wirken. Zu viele Erziehungsmaßnahmen sind ebenso schlimm wie zu wenige. Das Bemühen, den Willen eines Kindes zu brechen, stellt einen gewaltigen Mißgriff dar. Die Menschen sind ja doch verschieden veranlagt; während durch Gewalt eine äußere Unterwerfung erreicht werden mag, ist bei vielen Kindern das wirkliche Ergebnis eine um so entschiedenere innere Empörung. Selbst wenn die Eltern oder der Lehrer die angestrebte Herrschaft tatsächlich erzwingen, sind die Folgen für das Kind nicht weniger bedenklich. Die Erziehung eines Menschen, der ein vernünftiges Alter erreicht hat, sollte sich von der Aufzucht eines stummen Tieres unterscheiden. Das Vieh lehrt man bloße Unterwürfigkeit gegen seinen Gebieter; ihm ist der Herr Verstand, Urteil und Wille zugleich. Diese Methode, die manchmal auch bei der Erziehung von Kindern angewandt wird, macht sie zu nicht viel mehr als zu Automaten. Verstand, Wille und Gewissen stehen dann unter dem Zwang eines andern. Es ist nicht Gottes Absicht, dass irgendein Menschengeist so beherrscht werden sollte. Wer die Persönlichkeit schwächt oder zerstört, lädt eine Verantwortung auf sich, die nur Schlimmes zeitigen kann. Solange die Kinder noch unter einer Befehlsgewalt stehen, mögen sie sich wie gutgedrillte Soldaten ausnehmen. Wenn dann aber der Zwang aufhört, wird ihr Charakter einen Mangel an Stärke und Beharrlichkeit aufweisen. Da solche Jugendlichen nie gelernt haben, sich selbst zu beherrschen, erkennen sie außer den Forderungen der Eltern und Lehrer keine Einschränkung an. Sobald diese dann entfällt, wissen die jungen Menschen ihre Freiheit nicht zu gebrauchen und geben sich oft einem Genußleben hin, das ihnen zum Verderben wird. Ez.264.2 Teilen

265

Da es für manche Schüler sehr viel schwerer ist als für andere, ihren Willen zu beugen, sollte es der Lehrer ihnen so leicht wie möglich machen, seinen Forderungen zu gehorchen. Der Wille sollte gelenkt und geformt, nicht aber verneint oder unterdrückt werden. Man sollte die Kraft des Wollens erhalten, denn im Lebenskampf wird sie benötigt. Ez.265.1 Teilen

Jedes Kind sollte um die wahre Kraft des Willens wissen und sehen lernen, welch eine große Verantwortung in dieser Gabe liegt. Der Wille ist die beherrschende Macht in der menschlichen Natur; auf ihm beruht das Vermögen, zu wählen oder zu entscheiden. In jeder Lebenslage gilt für uns das Wort des Herrn: „Erwählet euch heute, wem ihr dienen wollt.“ Josua 24,15. Jeder Mensch kann sich mit seinem Willen auf die Seite des WilIens Gottes stellen und den Gehorsam ihm gegenüber erwählen. Er vermag also, wenn er sich auf diese Weise mit göttlichen Mächten verbindet, einen Standort zu beziehen, auf dem ihn niemand zum Bösestun zwingen kann. Jedem Jugendlichen, jedem Kind wohnt die Kraft inne, mit Gottes Hilfe einen redlichen Charakter zu entwickeln und ein nützliches Leben zu führen. Ez.265.2 Teilen

Die Eltern oder die Lehrer, die in dem Kinde durch solche Unterweisungen Selbstbeherrschung entwickeln, werden sich als die brauchbarsten und auf die Dauer erfolgreichsten Erzieher erweisen. Der oberflächliche Betrachter mag in ihrer Arbeit nicht sehr viel erblicken; vielleicht wird er sie nicht so hoch einschätzen wie die eines andern, der den Verstand und den Willen des Kindes unter seine absolute Herrschaft zwingt. Spätere Jahre werden jedoch durch das Ergebnis die bessere Erziehungsmethode rechtfertigen. Ez.265.3 Teilen

Der weise Erzieher wird bei der Behandlung seiner Schüler danach streben, ihr Vertrauen zu wecken und ihr Ehrgefühl zu stärken. Es ist für Kinder und Jugendliche gut, wenn man ihnen vertraut. Viele von ihnen, sogar kleine Kinder, haben ein starkes Ehrgefühl; alle aber möchten mit Vertrauen und Achtung behandelt werden, und das ist ihr gutes Recht. Sie sollten nicht unter dem Eindruck stehen, dass sie weder aus- noch eingehen können, ohne überwacht zu werden. Argwohn schadet, weil er gerade die Übel hervorruft, denen er vorzubeugen sucht. Lehrern, die mit ihren Schülern verbunden sind, werden, statt ständig zu lauern, als ob sie Böses vermuteten, das Spiel der ruhelosen Geister durchschauen und Einflüsse geltend machen, die dem Übel entgegenwirken. Laßt die Jugend spüren, dass man ihr vertraut, und nur wenige werden nicht versuchen, sich des Vertrauens würdig zu erweisen. Ez.265.4 Teilen

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Nach derselben Regel ist es besser zu bitten, als zu befehlen; der so Angesprochene hat dann Gelegenheit, seine Treue zu richtigen Grundsätzen darzutun. Sein Gehorsam entspringt eher der freien Wahl als dem Zwang. Ez.266.1 Teilen

Die im Schulzimmer herrschenden Regeln sollten nach Möglichkeit den Geist der Schule verkörpern. Jeder darin enthaltene Grundsatz muss dem Schüler so dargelegt werden, dass er von seiner Berechtigung überzeugt ist. Dann wird er sich auch verantwortlich fühlen, darauf zu achten, dass man die Regeln, die er selbst mit festgelegt hat, befolgt. Es sollte nur wenige, aber wohlüberlegte Verordnungen geben. Sind sie jedoch einmal erlassen, dann muss man ihnen auch Geltung verschaffen. Was unumstößlich ist, lernt der Verstand einsehen und befolgen. Doch die Möglichkeit eines Nachgebens ruft Wünsche, Hoffnungen und Ungewißheit hervor, und Unruhe, Reizbarkeit und Widersetzlichkeit sind die Folgen. Ez.266.2 Teilen

Es sollte klargestellt werden, dass der Herrscherwille Gottes keinen Vergleich mit dem Bösen eingeht. Ungehorsam darf man denn auch weder im Heim noch in der Schule dulden. Kein Elternteil oder Lehrer, dem das Wohl seiner Schützlinge am Herzen liegt, wird dem starren Eigenwillen, der der Autorität trotzt oder zu Ausflüchten und Vorwänden greift, um nicht gehorchen zu müssen, in etwas nachgeben. Wer sich in einen Handel mit dem Unrecht einläßt, wer durch Zureden und lockende Versprechungen Willfährigkeit zu erreichen sucht, handelt nicht aus Liebe, sondern aus Sentimentalität und gibt sich statt mit dem Geforderten schließlich mit einem Ersatz zufrieden. Ez.266.3 Teilen

267

„Die Narren treiben das Gespött mit der Sünde.“ Sprüche 14,9. Wir sollten uns hüten, die Sünde leicht zu nehmen. Sie hat eine furchtbare Gewalt über den Übeltäter. „Die Missetat des Gottlosen wird ihn fangen, und er wird mit dem Strick seiner Sünde gehalten werden.“ Sprüche 5,22. Das größte Unrecht, das man einem Kinde oder Jugendlichen antun kann, ist, zuzulassen, dass es sich in den Fesseln einer üblen Gewohnheit verfängt. Ez.267.1 Teilen

Der Jugend ist die Liebe zur Freiheit angeboren, sie wünscht Ungebundenheit; sie muss aber verstehen lernen, dass man sich dieser unschätzbaren Segnung nur im Gehorsam gegen Gottes Gebot erfreuen kann. Das Gesetz Gottes ist der Hüter wahrer Freiheit und Ungebundenheit. Es stellt heraus und verbietet das, was uns erniedrigt und versklavt. Damit bietet es dem Gehorsam Schutz vor der Macht des Bösen. Ez.267.2 Teilen

Der Psalmist sagt: „So werde ich wandeln auf freier Bahn; denn ich habe mich stets um deine Befehle gekümmert.“ „Ich habe Lust zu deinen Zeugnissen; die sind meine Ratsleute.“ Psalm 119,45 (Menge). Psalm 119,24. Ez.267.3 Teilen

Bei unseren Bemühungen, das Böse auszumerzen, sollten wir uns vor Tadelsucht und Krittelei hüten. Beständiger Tadel macht irre, doch er bessert nicht. Für viele Gemüter, und oft gerade für die empfindsamsten, erweist sich die Atmosphäre unfreundlicher Kritik als verhängnisvoll. Blumen entfalten sich nicht unter dem Hauch eines giftigen Windes. Ez.267.4 Teilen

Wenn ein Kind häufig wegen eines bestimmten Fehlers getadelt wird, betrachtet es ihn schließlich als eine Eigenheit, gegen die man vergeblich ankämpft. Dadurch kommt es zu Entmutigung und Hoffnungslosigkeit, die sich oft nur unter scheinbarer Gleichgültigkeit oder selbstsicherem Auftreten verbergen. Der eigentliche Zweck eines Verweises ist erst erreicht, wenn der Übeltäter seinen Fehler einsieht und seinen Willen zur Besserung aufbietet. Ist er dahin gekommen, dann weise ihn auf die Quelle der Kraft und der Vergebung hin. Suche seine Selbstachtung zu bewahren und ihm Mut und Hoffnung einzuflößen. Ez.267.5 Teilen

Das ist die heikelste und schwerste Aufgabe, die jemals menschlichen Wesen anvertraut wurde. Sie erfordert ein sehr feines Taktgefühl, ein äußerst zartes Empfinden, ein Wissen um die menschliche Natur, aber auch göttlich gewirkte Zuversicht und Geduld, die willens ist zu wirken, zu wachen und zu warten. Es gibt nichts Wichtigeres als diese Arbeit. Ez.267.6 Teilen

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Wer andere lenken will, muss sich zuerst selbst zügeln. Wenn man mit einem Kinde oder mit einem Jugendlichen unbeherrscht umgeht, wird nur Bitterkeit hervorgerufen. Lehrer oder Eltern, die ungeduldig werden und in Gefahr stehen, töricht zu reden, sollten stille werden. Im Schweigen liegt eine wunderbare Macht. Ez.268.1 Teilen

Der Lehrer muss darauf gefaßt sein, üblen Anlagen und verstockten Herzen zu begegnen. Aber bei ihrer Behandlung sollte er nie vergessen, dass er selbst einmal ein Kind war, das der Zucht bedurfte. Selbst jetzt noch, bei allen Vorteilen, die Alter, Erziehung und Erfahrung mit sich bringen, irrt er häufig und braucht Barmherzigkeit und Geduld. Wenn er junge Menschen aufzieht, sollte er berücksichtigen, dass er es mit Wesen zu tun hat, die ganz wie er zum Bösen neigen. Sie müssen fast noch alles lernen, und einigen von ihnen fällt das viel schwerer als den übrigen. Mit dem schwachen Schüler sollte der Lehrer Geduld haben und seine Unwissenheit nicht tadeln, sondern jede Gelegenheit benutzen, um ihn zu ermutigen. Mit empfindlichen, reizbaren Zöglingen muss er sehr feinfühlig umgehen. Das Gefühl der eigenen Unvollkommenheit sollte ihn ständig zu Mitgefühl und Nachsicht gegen die veranlassen, die ebenfalls mit Schwierigkeiten kämpfen. Ez.268.2 Teilen

Die Regel des Heilandes: „Wie ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, also tut ihnen gleich auch ihr“ (Lukas 6,31), sollte zum Leitsatz all derer werden, die die Erziehung von Jugendlichen und Kindern übernehmen. Bilden diese doch die jüngeren Glieder der Familie Gottes und sind mit uns Erben der lebenspendenden Gnade. Christi goldene Regel sollte den Jüngsten, Einfältigsten und Ungeschicktesten, ja selbst noch den Irrenden und Widerspenstigen gegenüber heilig ernst genommen werden. Ez.268.3 Teilen

Diese Regel wird den Lehrer davor bewahren, einen Fehler oder ein Vergehen seiner Schüler öffentlich anzuprangern. Er wird sich bemühen, Tadel und Strafe nicht in Gegenwart von andern auszuteilen. Er wird keinen Schüler von der Anstalt weisen, bis nicht alles zu seiner Besserung versucht ist. Wenn es sich aber herausstellt, dass der Betreffende dabei nichts mehr gewinnt, während sein Trotz und seine Mißachtung der Autorität die Schuldisziplin zu zersetzen drohen und sein Einfluß andere gefährdet, wird sein Ausscheiden notwendig. Doch bei vielen würde die Schande öffentlicher Entlassung nur zu völliger Bedenkenlosigkeit und zum Verderben führen. In den meisten Fällen, bei denen eine Entfernung unvermeidlich ist, braucht diese nicht öffentlich zu erfolgen. Der Lehrer sollte in gemeinsamer Beratung und im Zusammenwirken mit den Eltern die Entlassung des Schülers im stillen vornehmen. Ez.268.4 Teilen

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In dieser für die Jugend besonders gefahrvollen Zeit ist sie überall von Versuchungen umgeben. Während es leicht ist, sich treiben zu lassen, bedarf es der stärksten Anstrengung, um gegen den Strom zu schwimmen. Jede Schule sollte eine „Freistatt“ für die angefochtene Jugend sein: ein Ort, wo man geduldig und weise mit ihren Torheiten verfährt. Verantwortungsbewußte Lehrer werden aus ihrem Leben und aus ihrem Innern alles entfernen, was sie daran hindert, eigensinnige und unbotmäßige Schüler erfolgreich zu betreuen. Liebe und Zartgefühl, Geduld und Selbstbeherrschung werden allezeit ihre Rede bestimmen. Gerechtigkeit wird sich mit Barmherzigkeit und Mitleid verschmelzen. Ist ein Verweis vonnöten, so wird sich der Lehrer vor übermäßiger Schärfe hüten und selbst demütig bleiben. In Güte wird er dem Übeltäter seine Verfehlungen vorhalten und ihm helfen, sich wieder zurechtzufinden. Jeder echte Lehrer empfindet—sollte er je irren,—dass es besser ist, zur Barmherzigkeit als zur Strenge hin zu irren. Ez.269.1 Teilen

Viele Jugendliche, die man für unverbesserlich hält, sind im Innern nicht so verhärtet, wie es scheinen mag. Manche Irrende, deren Fall als hoffnungslos angesehen wird, könnte man durch weise Maßnahmen zurückgewinnen. Oft sind es gerade sie, die durch Freundlichkeit am schnellsten weich werden. Der Lehrer erwerbe sich das Vertrauen des angefochtenen Schülers: wenn er das Gute im Charakter seines Schützlings erkennt und entwickelt, kann er das Übel in den meisten Fällen beseitigen, ohne die Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Ez.269.2 Teilen

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Der göttliche Lehrer trägt die Irrenden bei all ihren Verkehrtheiten mit Geduld. Seine Liebe erkaltet nicht, seine Bemühungen, sie zu gewinnen, hören nicht auf. Mit ausgebreiteten Armen wartet er darauf, die Irrenden, die Widersetzlichen, ja sogar die Abgefallenen immer wieder willkommen zu heißen. Sein Herz ist von der Hilflosigkeit des kleinen, herumgestoßenen Kindes berührt. Nie verhallt der Schrei menschlicher Leiden, der an sein Ohr dringt, ungehört. Obwohl in seinen Augen alle Menschen kostbar sind, ziehen doch die rauhen, finsteren, halsstarrigen Naturen seine Teilnahme und Liebe am stärksten auf sich, denn er schließt von der Ursache auf die Wirkung. Wer am leichtesten versucht wird und am ehesten zum Fall neigt, dem gilt ganz besonders seine Sorge. Ez.270.1 Teilen

Alle Eltern und Lehrer sollten die Eigenschaften dessen pflegen, der die Sache der Betrübten, Leidenden und Angefochtenen zu seiner eigenen macht. Jeder Erzieher müßte ein Mensch sein, „der da könnte mitfühlen mit denen, die da unwissend sind und irren, dieweil er auch selbst umgeben ist mit Schwachheit“. Hebräer 5,2. Jesus behandelt uns weit besser, als wir es verdienen; und wie er mit uns umgeht, sollten wir mit andern verfahren. Eine Maßnahme der Eltern und Lehrer ist niemals zu rechtfertigen, wenn sie nicht der gleicht, die der Heiland unter ähnlichen Umständen auch ergreifen würde. Ez.270.2 Teilen

Über die Erziehung im Heim und in der Schule hinaus müssen alle Menschen die strenge Zucht des Lebens auf sich nehmen. Wie man das zu seinem Besten tut, ist ein Kapitel, das jedem Kind und jedem Jugendlichen klargemacht werden sollte. Es ist wahr, dass Gott uns liebt, dass er auf unser Glück hinwirkt und dass wir bei immerwährender Befolgung seines Gesetzes nie das Leid kennengelernt hätten; ebenso wahr ist es allerdings, dass auf dieser Welt eben infolge der Sünde jedes Leben von Schmerz, Mühsal und Belastungen heimgesucht wird. Wir können den Kindern und der Jugend eine lebenslange Wohltat erweisen, wenn wir sie lehren, diese Unannehmlichkeiten und Schwierigkeiten tapfer zu bestehen. Wir sollten ihnen zwar Mitgefühl zeigen, doch niemals so, dass sie sich selbst bemitleiden. Ansporn und Stärkung brauchen sie, aber keine Verhätschelung. Ez.270.3 Teilen

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Wir sollten unseren jungen Leuten klarmachen, dass diese Welt kein Paradeplatz, sondern ein Schlachtfeld ist. Sie alle sind berufen, als gute Soldaten Härten zu ertragen. Sie sollen stark sein und wie Männer ihre Schuldigkeit tun. Man sage ihnen, dass die Willigkeit, Lasten auf sich zu nehmen, den schwierigen Posten zu wählen, die Arbeit zu tun, die nun einmal getan werden muss, selbst wenn sie hier auf Erden weder Anerkennung noch Belohnung mit sich bringt, den wahren Prüfstein des Charakters darstellt. Ez.271.1 Teilen

Das richtige Verhalten in Prüfungen besteht nicht darin, dass man ihnen ausweicht, sondern dass man sie zu einem Segen macht. Dies trifft für die Erziehung der frühen wie auch der späteren Jahre zu. Vernachlässigung der Zucht beim Kleinkind und die daraus folgende Stärkung verkehrter Neigungen erschwert die spätere Erziehung und läßt jede erzieherische Maßnahme nur allzuoft zu einem schmerzhaften Vorgang werden. Schmerzhaft muss er freilich für die niedere Natur sein, weil er die natürlichen Wünsche und Neigungen durchkreuzt; doch vielleicht wird der Schmerz überstrahlt von einer höheren Freude. Ez.271.2 Teilen

Das Kind und der junge Mensch mögen lernen, dass jeder Fehler, jedes Vergehen und jede Schwierigkeit, die man überwindet, eine Stufe zu Besserem und Höherem verkörpert. Aus solchen Erfahrungen heraus haben alle, die jemals ihr Leben lebenswert gestalteten, Erfolge errungen. Ez.271.3 Teilen

„Zur Höhe, die die Großen einst erklommen,Gelangten niemals sie in schnellem Flug.Bei Nacht, mit Mühe wurde sie genommen,Als andre süß der Schlaf ins Traumland trug.Wir wachsen nur an dem, was wir bezwingen;Die Sucht, im Kampf gemeistert, schafft Gewinn.Indem wir Stolz und Lüste niederringen Und jedes Übel, reift der Edelsinn.Was heute und auch morgen mag geschehen,Was mit dem Augenblick entsteht, verrinnt,Des Alltags Freuden und die KummerwehenNur Stufen auf dem Weg zur Höhe sind.“ Ez.271.4 Teilen

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Wir sollen „nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig.“ 2.Korinther 4,18. Mit der Verleugnung selbstsüchtiger Wünsche und Neigungen tauschen wir das Wertlose, Vergängliche gegen das Wertvolle, Dauernde ein. Das ist kein Opfer, sondern unendlicher Gewinn. Ez.272.1 Teilen

„Besseres bieten“, so lautet das Losungswort aller Erziehung und zugleich das Gesetz aller echten Lebensführung. Wo immer uns Christus zum Verzicht auffordert, bietet er uns dafür etwas Besseres an. Oft hängt die Jugend Plänen, Beschäftigungen oder Freuden nach, die offenbar nicht schlecht sind und doch an den höchsten Wert nicht heranreichen. Sie lenken das junge Leben von seinem edelsten Ziel ab. Willkürliche Maßregeln oder scharfe Verweise mögen die Jugendlichen nicht dazu bringen, das aufzugeben, was ihnen teuer ist. Man muss sie auf etwas hinweisen, was besser ist als äußeres Gepränge, Ehrgeiz oder Befriedigung des eigenen Ichs. Bringt sie mit echter Schönheit, mit erhabenen Grundsätzen, mit einer edleren Lebenshaltung in Verbindung. Laßt sie den schauen, der „ganz lieblich“ ist. Wenn der Blick erst einmal auf ihm ruht, wird er zum Mittelpunkt des Lebens. Die Begeisterung, die verschwenderische Hingabe und der leidenschaftliche Eifer der Jugend finden hier ihr wahres Ziel. Die Pflicht wird zur Freude und das Opfer zum Vergnügen. Christus zu ehren, ihm gleich zu werden und für ihn zu wirken das ist des höchsten Strebens wert und bildet die größte Freude unseres Daseins. „Die Liebe Christi dringt uns also.“ 2.Korinther 5,14. Ez.272.2 Teilen

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