Portrait von Ellen White
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Kapitel 5: Am Kreuze
Kapitel 5: Am Kreuze
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Seine sich sorgenden Jünger folgten ihm in einiger Entfernung von der wütenden Menge. Er wurde ans Kreuz genagelt und hing so zwischen Himmel und Erde. Ihre Herzen zersprangen vor Schmerzen, als sie ihren geliebten Lehrer wie einen Schwerverbrecher leiden sahen. Nahe am Kreuz standen die blinden, fanatischen und treulosen Priester und Ältesten, die ihn verspotteten, sich über ihn lustig machten und ihn verhöhnten: „Der du den Tempel abbrichst und baust ihn auf in drei Tagen, hilf dir selber, wenn du Gottes Sohn bist, und steig herab vom Kreuz! Desgleichen spotteten auch die Hohenpriester mit den Schriftgelehrten und Ältesten und sprachen: Andern hat er geholfen und kann sich selber nicht helfen. Ist er der König von Israel, so steige er nun vom Kreuz herab. Dann wollen wir an ihn glauben. Er hat Gott vertraut; der erlöse ihn nun, wenn er Gefallen an ihm hat; denn er hat gesagt: Ich bin Gottes Sohn!“ Matthäus 27,40-43. LC.36.1 Teilen

Jesus entgegnete all diesem mit keinem einzigen Wort. Sogar als die Nägel durch seine Hände geschlagen wurden und die Schweißtropfen des Todeskampfes aus seiner Haut perlten, kam von den Lippen des unschuldig Leidenden ein Gebet der Fürbitte für seine Mörder: „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!“ Lukas 23,34. Der ganze Himmel betrachtete mit tiefem Interesse diese Szene. Der verherrlichte Erlöser einer verlorenen Welt ertrug die Strafe des Menschen für dessen Übertretung des Gesetzes Gottes. Er kaufte in diesem Augenblick sein Volk mit seinem Blut frei. Er zahlte die gerechten Forderungen des heiligen Gesetzes Gottes. Dies war der Weg, durch den letztendlich der Sünde und dem Satan ein Ende gemacht und seine schmutzige Gesellschaft besiegt wurde. LC.36.2 Teilen

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Oh, gab es je größere Leiden oder größere Schmerzen als die, die durch den sterbenden Erlöser ertragen wurden! Es war das Bewußtsein des Mißfallens des Vaters, das diesen Kelch so bitter werden ließ. Es waren nicht die körperlichen Schmerzen, die dem Leben Christi am Kreuz von Golgatha ein so schnelles Ende bereiteten. Es war das erdrückende Gewicht der Sünden der Welt und das Bewußtsein des Zornes des Vaters, das sein Herz brach. Die Herrlichkeit und die stärkende Gegenwart des Vaters hatten ihn verlassen, und Verzweiflung drückte ihr schweres Gewicht der Finsternis auf ihn; dies führte zu dem angsterfüllten Ausruf, der von seinen bleichen und zitternden Lippen kam: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Matthäus 27,46. LC.37.1 Teilen

Jesus hatte gemeinsam mit dem Vater die Welt erschaffen. Angesichts dieser schrecklichen Leiden des Sohnes Gottes bleiben nur blinde und irregeleitete Menschen gefühllos. Die Hohenpriester und Ältesten verschmähten Gottes geliebten Sohn in seinem unvergleichlichen Todeskampf. Die Erde zitterte; die Sonne beleuchtete die Szenerie nicht mehr, und der Himmel verdunkelte sich. Engel waren Zeugen der Leidensszenen, bis sie nicht mehr länger zuschauen konnten und ihre Gesichter von dem schrecklichen Bild abwandten. Christus ist am Verzweifeln! Er stirbt! Das anerkennende Lächeln des Vaters war verschwunden; den Engeln war es nicht erlaubt, das Dunkel dieser schrecklichen Stunde zu erhellen. Mit Verwunderung konnten sie lediglich ihren geliebten Anführer betrachten, der die Strafe des Menschen für dessen Übertretung des Gesetzes des himmlischen Vaters auf sich genommen hatte. LC.37.2 Teilen

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Sogar Zweifel bestürmten den sterbenden Sohn Gottes. Er konnte nicht durch die Tore des Grabes schauen. Es erfüllte ihn keine große Hoffnung, dass er als Sieger aus dem Grab hervorkommen und der Vater sein Opfer annehmen würde. Das Mißfallen des Vaters der Sünde gegenüber und seine Strafe dafür, die Tod bedeutete, waren alles, was er in dieser schrecklichen Finsternis erkennen konnte. Er wurde versucht zu befürchten, dass die Sünde so schrecklich aus der Sicht des Vaters ist, dass der Vater nicht mit seinem Sohn versöhnt werden konnte. Die schreckliche Versuchung, dass sein eigener Vater ihn für immer verlassen hatte, ließen diesen alles durchdringenden Schrei vom Kreuz hören: „mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Matthäus 27,46. LC.38.1 Teilen

Die Gefühle Jesu waren in manchem den Gefühlen der Sünder entsprechend, wenn die Plagen des lauteren Zorns des Allmächtigen über sie ausgegossen werden. Düstere Verzweiflung wird dann wie ein schwarzes Leichentuch ihre schuldige Seele umnachten, und dann werden sie die Sündhaftigkeit ihrer Übertretung in ihrem ganzen Umfange erfahren. Durch die Leiden und den Tod Jesu ist das Heil für sie erkauft worden. Sie könnten es besitzen, wenn sie es willig und freudig angenommen hätten; aber niemand wird gezwungen, dem göttlichen Gesetz zu gehorchen. Wenn sie die himmlischen Wohltaten zurückweisen, wenn sie die Genüsse und den Betrug der Sünde vorziehen, so steht ihnen die Wahl frei. Am Ende wird ihnen aber der Lohn zuteil, der in dem Zorn Gottes und dem Tode besteht. Sie werden für immer von der Gegenwart des Erlösers getrennt, dessen Opfer sie verachtet haben. Sie werden ein seliges Leben und ewige Herrlichkeit um der kurzen Vergnügungen der Sünde willen verscherzt haben. LC.38.2 Teilen

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Glaube und Hoffnung zagten in dem Todeskampfe Jesu, weil der Vater die Versicherung, welche er bisher seinem geliebten Sohn betreffs seiner Billigung und Annahme hatte zuteil werden lassen, ihm entzogen hatte. Der Welterlöser verließ sich nun auf die Beweise, die ihn bisher gestärkt hatten, dass sein Vater sein Wirken angenommen und mit seinem Werk zufrieden war. In seinem Todeskampf, als er sein köstliches Leben dahingab, musste er sich allein im Glauben auf den verlassen, dem er von jeher mit Freuden gehorsam gewesen war. Es erfreuten ihn keine klaren, hellen Hoffnungsstrahlen, weder zur Rechten noch zur Linken. Alles um ihn her war in eine erdrückende Düsterheit gehüllt. Inmitten der schaurigen Dunkelheit, die sogar von der teilnehmenden Natur mitempfunden wurde, musste der Erlöser den geheimnisvollen Kelch bis zum letzten Tropfen leeren. LC.39.1 Teilen

Indem ihm sogar die strahlende Hoffnung und das Vertrauen in seinen baldigen Triumph versagt war, rief er mit lauter Stimme: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!“ Er war vertraut mit dem Charakter seines Vaters, mit seiner Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und unendlichen Liebe. In völliger Unterwerfung vertraute er sich der Obhut seines Vaters an. Während selbst die Natur bebte und schwankte, hörten die erstaunten Zuschauer die Sterbensworte des göttlichen Dulders: „Es ist vollbracht!“ Johannes 19,30. LC.39.2 Teilen

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Selbst die Natur nahm Anteil an den Leiden ihres Schöpfers. Die schwankende Erde, die berstenden Felsen und die schaurige Finsternis verkündeten, dass der Sohn Gottes gestorben war. Ein gewaltiges Erdbeben folgte. Der Vorhang im Tempel wurde entzwei gerissen. Schrecken bemächtigte sich der Kriegsknechte und der Zuschauer, als sie sahen, wie die Sonne sich in Dunkelheit hüllte, als sie das Wanken des Bodens unter sich fühlten und hörten, wie die Felsen zerbarsten. Spott und Hohn der Priester und Obersten verstummten, als der Sohn seinen Geist in die Hände seines Vaters befahl. Die erschreckte Menge fing an sich zu verziehen und tastete ihren Weg in der Dunkelheit nach der Stadt zurück. Sie schlugen sich beim Weggehen an die Brust und sprachen leise und voll Schrecken zueinander: „Fürwahr, eine unschuldige Person ist hingerichtet worden. Wenn er nun aber doch seiner Behauptung gemäß der Sohn Gottes gewesen ist?“ Matthäus 27,54; Lukas 23,47.48. LC.40.1 Teilen

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