Portrait von Ellen White
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Kapitel 70: Gefahren und Pflichten der Prediger
Kapitel 70: Gefahren und Pflichten der Prediger
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Es wurde mir gezeigt, dass mehr erreicht werden kann an Orten, wo es bereits einige Gläubige gibt als in gänzlich neuen Feldern, es sei denn, der Beginn ist ausgesprochen gut. Ein paar Seelen in den verschiedenen Städten, die wirklich an die Wahrheit glauben, werden Einfluss ausüben und Fragen betreffs ihres Glaubens anregen. Ist ihr Leben beispielhaft, wird ihr Licht scheinen, und sie werden einen sammelnden Einfluss ausüben. Und doch wurden mir auch Plätze gezeigt, wo die Wahrheit noch nicht verkündigt wurde, die bald in Angriff genommen werden sollten. Doch das große Werk, das nun getan werden muss, ist, Gottes Volk dahin zu bringen, dass es mit der Arbeit beginnt und einen heiligen Einfluss ausübt. Alle sollten sich als Arbeiter betätigen. Mit Weisheit, Behutsamkeit und Liebe sollten sie für die Rettung ihrer Nachbarn und Freunde wirken. Es wird zu viel Zurückhaltung geübt. Das Kreuz wird nicht aufgenommen und getragen, wie es der Fall sein sollte. Alle sollten fühlen, dass sie ihres Bruders Hüter sind, dass sie in großem Maße für die Seelen in ihrer Umgebung verantwortlich sind. Die Geschwister irren, wenn sie dieses Werk gänzlich den Predigern überlassen. Die Ernte ist groß und wenige sind der Arbeiter. Diejenigen, die einen guten Ruf haben und deren Leben in Übereinstimmung mit ihrem Glauben ist, können Arbeiter sein. Sie können mit andern sprechen und ihnen die Wichtigkeit der Wahrheit nahe bringen. Sie müssen nicht auf die Prediger warten und eine deutliche Pflicht vernachlässigen, die Gott ihnen auferlegt hat. Z1.391.1 Teilen

Einige unserer Prediger sind wenig geneigt, die Last des Werkes Gottes auf sich zu nehmen und mit jener opferbereiten Wohltätigkeit zu wirken, die das Leben unseres göttlichen Herrn kennzeichnete. Im Allgemeinen sind unsere Gemeinden einigen der Prediger voraus. Sie haben den Zeugnissen geglaubt, die Gott gegeben hat, und haben danach gehandelt, während etliche der Prediger weit hintennach hinken. Sie geben vor, dem vorgebrachten Zeugnis zu glauben. Einige von ihnen richten Schaden an, indem sie es zur eisernen Regel für solche machen, die keine Erfahrung darin haben; aber sie versäumen, persönlich danach zu handeln. Ihnen wurden wiederholt Zeugnisse gesandt, die sie gänzlich unbeachtet ließen. Das Verhalten solcher ist nicht korrekt. Z1.391.2 Teilen

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Im Allgemeinen fühlen die Gemeindeglieder ein vereintes Interesse an der Verbreitung der Wahrheit. Freudig beteiligen sie sich am Unterhalt derer, die am Wort und der Lehre dienen. Ich sah, dass es die Pflicht derer ist, die über die Verwendung der Gelder wachen, darauf zu schauen, dass die Gaben der Gemeinde nicht vergeudet werden. Einige dieser freigebigen Geschwister haben jahrelang mit zerrütteten Nerven und niedergebrochener Konstitution, hervorgerufen durch Überarbeitung in der Vergangenheit, geschuftet, um Besitztum zu erlangen; und wenn sie jetzt freudig einen Teil ihrer Güter opfern, die ihnen so viel gekostet haben, ist es die Pflicht derer, die am Wort und der Lehre dienen, einen Eifer und eine Opferbereitschaft zu zeigen, die zumindest denen dieser Brüder entspricht. Z1.392.1 Teilen

Gottes Diener müssen frei sein. Sie müssen wissen, auf wen sie ihr Vertrauen setzen können. Es ist Macht in Christo und seiner Erlösung, sie zu freien Menschen zu machen. Und wenn sie nicht in ihm frei sind, können sie nicht seine Gemeinde aufbauen und Seelen einsammeln. Wird Gott einen Mann aussenden, Seelen aus den Schlingen Satans zu befreien, dessen eigene Füße im Netz gefangen sind? Gottes Diener dürfen nicht wanken. Wenn ihre eigenen Schritte gleiten, wie können sie zu furchtsamen Herzen sagen: „Seid stark!“? Gott möchte, dass seine Diener die lässigen Hände und die müden Knie wieder aufrichten. Solche, die nicht vorbereitet sind, dies zu tun, sollten besser zuerst an sich selbst arbeiten und beten, bis sie mit Kraft aus der Höhe angetan sind. Z1.392.2 Teilen

Gott missfällt der Mangel an Selbstverleugnung in einigen seiner Diener. Sie tragen nicht die Last des Werkes. Sie scheinen in tödlicher Erstarrung versunken zu sein. Die Engel Gottes sind erstaunt und beschämt über diesen Mangel an Selbstverleugnung und Ausdauer. Während der Urheber unseres Heils für uns arbeitete und litt, verleugnete er sich selbst. Sein ganzes Leben war von mühsamer Arbeit und Entbehrung gekennzeichnet. Er hätte seine Erdentage in Bequemlichkeit und Fülle zubringen und sich den Vergnügungen dieses Lebens bedienen können; aber er dachte nicht an sein eigenes Wohlergehen. Er litt, um andern Leiden zu ersparen. Er hielt bis zum Ende durch und vollendete das Werk, das ihm aufgetragen war. All dies tat er, um uns vor dem Untergang zu bewahren. Kann es sein, dass nun wir, die unwürdigen Empfänger solch großer Liebe, nach einem besseren Leben trachten, als es unserem Herrn zuteil wurde? Jeden Augenblick unseres Lebens nehmen wir teil an den Segnungen seiner unendlichen Liebe. Eben aus diesem Grund können wir nicht völlig ermessen, aus welchen Tiefen der Unwissenheit und des Elends wir gerettet wurden. Können wir auf ihn blicken, der um unserer Sünden willen durchbohrt wurde, und dann nicht willig sein, mit ihm den bitteren Kelch der Demütigung und des Leidens zu trinken? Können wir den gekreuzigten Christum betrachten und dann wünschen, auf andere Weise in sein Reich zu gelangen als durch viele Trübsale? Z1.392.3 Teilen

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Die Prediger sind nicht alle dem Werk Gottes ergeben, wie er es von ihnen fordert. Einige haben das Los eines Predigers als hart empfunden, weil sie von ihren Familien getrennt wurden. Sie vergessen, dass es früher sehr viel schwerer war zu arbeiten, als es heute ist. Einst gab es nur wenige Freunde der Wahrheit. Sie vergessen diejenigen, denen Gott in der Vergangenheit die Verantwortung für das Werk auferlegte. Es gab damals nur wenige, die als Resultat vieler Mühen die Wahrheit annahmen. Gottes erwählte Diener weinten und beteten um ein klares Verständnis der Wahrheit und erduldeten Entbehrungen und viel Selbstverleugnung, um sie andern zu vermitteln. Schritt für Schritt gingen sie voran, wie Gottes Vorsehung die Wege öffnete. Sie waren nicht auf ihre eigene Bequemlichkeit bedacht und schreckten nicht vor Schwierigkeiten zurück. Durch diese Männer bereitete Gott den Weg und machte jedem Aufrichtigen die Wahrheit verständlich. Alles liegt bereit für die Prediger, die seitdem die Wahrheit angenommen haben, und doch haben einige von ihnen versäumt, die Last des Werkes zu übernehmen. Sie trachten nach einem leichteren Los, einer Stellung, die weniger Selbstverleugnung erfordert. Diese Erde ist kein Ruheplatz für den Christen, viel weniger noch für den erwählten Diener Christi. Sie vergessen, dass Christus seine Reichtümer und die Herrlichkeit des Himmels verließ, auf diese Erde kam, um zu sterben, und dass er uns geboten hat, einander zu lieben, wie er uns geliebt hat. Sie vergessen diejenigen, deren die Welt nicht wert war, die umhergegangen sind in Schafpelzen und Ziegenfellen, mit Trübsal und Ungemach. Z1.393.1 Teilen

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Mir wurden die Waldenser gezeigt und was sie für ihre Religion erduldeten. Sie studierten gewissenhaft das Wort Gottes und lebten nach dem Licht, das ihnen schien. Sie wurden verfolgt und aus ihrem Heim vertrieben. Ihre Besitztümer, durch harte Arbeit erlangt, wurden ihnen geraubt und ihre Häuser verbrannt. Sie flohen in die Berge und erduldeten unglaubliches Ungemach. Sie erlitten Hunger, Strapazen, Kälte und Blöße. Die einzige Kleidung, die viele erlangen konnten, waren die Felle von Tieren. Und doch versammelten sich die Zerstreuten und Heimatlosen, um ihre Stimmen im Gesang zu vereinen und Gott zu preisen, dass sie würdig erachtet wurden, um Christi willen zu leiden. Sie ermutigten und erfreuten einander und waren selbst für ihre erbärmliche Bleibe dankbar. Viele ihrer Kinder erkrankten und starben durch Hunger und Kälte, und doch erwogen ihre Eltern nicht für einen Augenblick, ihre Religion aufzugeben. Sie schätzten die Liebe und Gunst Gottes höher als irdische Bequemlichkeit oder weltlichen Reichtum. Sie empfingen Trost von Gott und blickten freudig auf die künftige Belohnung voraus. Z1.394.1 Teilen

Wiederum wurde mir Martin Luther vor Augen geführt, den Gott erweckte, um ein besonderes Werk zu tun. Wie köstlich war ihm die im Worte Gottes offenbarte Erkenntnis der Wahrheit! Sein Gemüt hungerte nach etwas Sicherem, worauf er seine Hoffnung bauen konnte, dass Gott sein Vater und der Himmel sein Heim sein möchten. Das neue und kostbare Licht, das ihm beim Studium des Wortes Gottes aufging, war von unendlichem Wert. Er glaubte, dass er die Welt überzeugen könnte, wenn er damit hervortreten würde. Er erhob sich gegen den Zorn einer gefallenen Kirche und stärkte jene, die sich gleich ihm von den reichen Wahrheiten nährten, die im Worte Gottes enthalten waren. Luther war Gottes erwähltes Werkzeug, der päpstlichen Kirche den Schleier der Heuchelei zu entreißen und ihre Verderbtheit zu offenbaren. Er erhob eifrig seine Stimme, und in der Kraft des Heiligen Geistes tadelte er die bestehenden Sünden unter den Leitern des Volkes. Erlasse gingen aus, ihn zu töten, wo immer man ihn finden würde. Er schien der Barmherzigkeit eines abergläubischen Volkes überlassen zu sein, das dem Oberhaupt der römischen Kirche gehorchte. Aber er hielt sein Leben nicht für zu teuer. Luther wusste, dass er nirgendwo sicher war; aber er erzitterte nicht. Das Licht, das er sah, und wovon er sich nährte, war ihm von größerem Wert als alle Schätze der Erde. Er wusste, dass irdischer Reichtum vergehen würde; aber die reichen Wahrheiten, die sich seinem Verständnis öffneten, die an seinem Herzen wirkten, würden leben, und wenn er ihnen gehorchte, würden sie ihn zur Unsterblichkeit führen. Z1.394.2 Teilen

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Als er nach Augsburg beordert wurde, um sich seines Glaubens wegen zu verantworten, folgte er der Vorladung. Jener einsame Mann, der den Zorn von Priestern und Volk erregt hatte, wurde jenen gegenübergestellt, welche die Welt zum Zittern brachten — ein sanftes Lamm, umgeben von zornigen Löwen. Doch um Christi und der Wahrheit willen stand er unerschrocken da, in heiliger Beredsamkeit, die nur die Wahrheit mitteilen kann, und legte Zeugnis für die Gründe seines Glaubens ab. Seine Feinde versuchten auf verschiedene Art und Weise diesen kühnen Verteidiger der Wahrheit zum Schweigen zu bringen. Zunächst schmeichelten sie ihm und versprachen ihn zu erhöhen und zu ehren. Aber Leben und Ehre waren für ihn ohne Wert, wenn sie durch Aufopferung der Wahrheit erlangt werden sollten. Heller und klarer erleuchtete Gottes Wort seinen Verstand und ließ ihn die Irrtümer, die Verdorbenheit und die Heuchelei des Papsttums nur umso deutlicher erkennen. Dann versuchten seine Feinde, ihn einzuschüchtern und ihn zu veranlassen, seinem Glauben abzuschwören. Doch tapfer verteidigte er die Wahrheit. Er war bereit, für seinen Glauben zu sterben, falls Gott dies forderte, aber ihn aufgeben? Nie und nimmer! Gott bewahrte sein Leben. Er befahl Engeln, ihn zu begleiten und die Wut und die Absichten seiner Feinde in Zaum zu halten und ihn unbeschadet durch den stürmischen Kampf hindurch zu bringen. Z1.395.1 Teilen

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Die ruhige, würdevolle Macht Luthers demütigte seine Feinde und verpasste dem Papsttum einen furchtbaren Schlag. Die erhabenen, stolzen Machthaber meinten, sein Blut müsse für den Schaden sühnen, den er ihrer Sache zugefügt hatte. Sie legten ihre Pläne, aber ein Mächtigerer wachte über Luther. Sein Werk war noch nicht beendet. Die Freunde Luthers beschleunigten seine Abreise von Augsburg. Er verließ die Stadt bei Nacht, sitzend auf einem Pferd ohne Zügel, unbewaffnet und ohne Stiefel und Sporen. In großer Müdigkeit setzte er seine Reise fort, bis er unter Freunden war. Z1.396.1 Teilen

Wieder wurde der Unwille der Päpstlichen erregt. Sie waren entschlossen, diesem unerschrockenen Verteidiger der Wahrheit den Mund zu stopfen. Sie beorderten ihn nach Worms, völlig entschlossen, ihn für seine Torheit zur Verantwortung zu ziehen. Seine Gesundheit stand nicht zum Besten, doch er entschuldigte sich nicht. Er war sich sehr wohl der Gefahren bewusst, die ihm drohten. Er wusste, dass seine Feinde alle Maßnahmen ergreifen würden, ihn zum Schweigen zu bringen. Sie schrieen ebenso eifrig nach seinem Blut, wie die Juden Christi Blut forderten. Doch er setzte sein Vertrauen auf den Gott, der die drei Jünglinge im Feuerofen bewahrte. Seine Angst und Sorge galt nicht der eigenen Person. Er suchte nicht sein eigenes Wohlergehen. Seine große Sorge war, dass die Wahrheit, die ihm so köstlich war, nicht der Beleidigung der Ungöttlichen ausgesetzt werden möchte. Er wollte lieber sterben, als ihren Feinden zum Triumph zu verhelfen. Als er Worms erreicht hatte, drängten sich Tausende um ihn und folgten ihm. Kaiser und andere hohe Würdenträger wurden von keiner größeren Menschenmenge begleitet. Die Erregung war grenzenlos, und einer in der großen Menge stimmte mit schriller, durchdringender Stimme einen Grabgesang an, um Luther davor zu warnen, was seiner wartete. Aber der Reformator hatte den Preis erwogen und war bereit, sein Zeugnis mit seinem Blut zu besiegeln, wenn Gott es angeordnet hatte. Z1.396.2 Teilen

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Luther sollte nun vor einer der beeindruckendsten Versammlungen erscheinen, um sich seines Glaubens wegen zu verantworten, und er blickte im Glauben auf Gott um Kraft. Für kurze Zeit wurden sein Mut und sein Glaube auf die Probe gestellt. Gefahren jeder Art wurden ihm vor Augen gestellt. Er wurde traurig. Wolken umgaben ihn und verhüllten Gottes Angesicht vor ihm. Er wollte sicher sein, dass Gott mit ihm war. Er wollte sich nicht zufrieden geben, ehe er nicht in Gott geborgen war. Mit gebrochener Stimme sandte er sein inniges Gebet zum Himmel empor. Zu Zeiten schien sein Geist dem Zusammenbruch nahe, da sich die Zahl seiner Feinde in seiner Einbildung verdoppelte. Er zitterte vor seiner Gefahr. Ich sah, dass Gott ihn auf diese Weise in seiner Vorsehung vorbereitete, damit er nicht vergessen möchte, seine Zuversicht auf ihn zu setzen, und dass er sich nicht vermessen in Gefahr begäbe. Gott bereitete ihn als sein Werkzeug auf die große Aufgabe vor, die vor ihm lag. Z1.397.1 Teilen

Luthers Gebet wurde erhört. Sein Mut und sein Glaube kehrten zurück, als er seinen Feinden gegenüberstand. Sanft wie ein Lamm stand er da, umgeben von den großen Männern der Erde, die gleich zornigen Wölfen ihre Blicke auf ihn hefteten, hoffend, dass sie ihn durch ihre Macht und Größe einschüchtern würden. Aber er hatte die Kraft Gottes ergriffen und fürchtete sich nicht. Seine Worte wurden mit solcher Majestät und Macht gesprochen, dass seine Widersacher nichts gegen ihn ausrichten konnten. Gott sprach durch Luther. Er hatte die Machthaber und angeblich weisen Männer zusammengebracht, um öffentlich ihre Weisheit zuschanden zu machen, und dass alle die Stärke und Standhaftigkeit des schwachen Menschen sehen möchten, wenn er sich auf Gott, seinen ewigen Felsen stützt. Z1.397.2 Teilen

Das ruhige Betragen Luthers stand in scharfem Kontrast zu der Leidenschaft und der Wut, welche die so genannten großen Männer zum Ausdruck brachten. Sie konnten ihn nicht in Schrecken versetzen und zum Widerruf der Wahrheit veranlassen. In edler Bescheidenheit und ruhiger Standhaftigkeit stand er da wie ein Fels. Der Widerstand seiner Feinde, ihre Wut und ihre Drohungen umgaben ihn gleich einer mächtigen Wasserwoge, die harmlos vor seinen Füßen in sich zusammenbrach. Er blieb unbewegt. Sie waren ergrimmt, dass ihre Macht, die Könige und Edle erzittern ließ, so von einem einfachen Mann verachtet werden durfte. Sie verlangten danach, ihn ihren Zorn spüren zu lassen, indem sie ihn zu Tode folterten. Aber einer, der mächtiger ist als die Machthaber der Erde, trug Sorge um seinen furchtlosen Zeugen. Gott hatte ein Werk für ihn zu tun. Er musste noch um der Wahrheit willen leiden. Er musste sie noch durch blutige Verfolgung hindurchgehen sehen. Er musste sie in Säcke gehüllt und durch Fanatiker mit Schande bedeckt sehen. Er musste leben, um sie zu rechtfertigen und zu verteidigen, wenn die starken Mächte der Erde versuchen würden, sie niederzuringen. Er musste leben, um sie siegen zu sehen über die Irrlehren und den Aberglauben des Papsttums. Luther errang einen Sieg in Worms, der das Papsttum schwächte, dessen Nachricht sich in Königreichen und Nationen ausbreitete. Es war ein wirkungsvoller Schlag zugunsten der Reformation. Z1.397.3 Teilen

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Prediger, die heute die gegenwärtige Wahrheit verkündigen, wurden mir im Gegensatz zu den leitenden Männern der Reformation vorgeführt. Besonders wurde das geweihte, eifrige Leben Luthers dem Leben einiger unserer Prediger gegenübergestellt. Er bewies seine unsterbliche Liebe zur Wahrheit durch seinen Mut, seine ruhige Standhaftigkeit und seine Selbstverleugnung. Er begegnete Schwierigkeiten und Aufopferung, und zeitweilig erduldete er die tiefste Seelenpein während der Verteidigung der Wahrheit. Aber er murrte nicht. Er wurde gejagt wie ein wildes Tier. Doch um Christi willen erduldete er alles freudig. Z1.398.1 Teilen

Die letzte Gnadenbotschaft ist Gottes demütigen, treuen Dienern zu dieser Zeit anvertraut. Gott hat jene geführt, die nicht vor Verantwortung zurückschreckten, und hat ihnen Lasten auferlegt. Durch sie hat er seinem Volk einen Plan systematischer Wohltätigkeit vorgelegt, an dem sich alle beteiligen und harmonisch zusammenarbeiten können. Dieses System ist durchgeführt worden und hat wunderbar gewirkt. Es unterhält die Prediger und fördert das Werk in freigebiger Weise. Sobald die Prediger ihren Widerstand aufgaben und aus dem Weg gingen, beantworteten die Geschwister den Aufruf freudig und lobten das System. Alles ist für die Prediger bequem und leicht gemacht, damit sie arbeiten können, frei von jeder Verlegenheit. Unsere Geschwister haben willig den Plan angenommen und ein Interesse gezeigt, wie es bei keiner anderen Menschenklasse zu finden ist. Gottes Missfallen ruht auf Predigern, die sich jetzt beklagen und versäumen, ihre ganze Kraft in diesem überaus wichtigen Werk einzusetzen. Sie haben keine Entschuldigung. Doch einige sind betrogen und bilden sich ein, große Opfer zu bringen und eine schwere Zeit zu haben, wo sie doch in Wirklichkeit nichts von Leiden, Selbstverleugnung und Mangel wissen. Sie mögen oft müde sein. Das wären sie auch, wenn sie körperliche Arbeit für ihren Lebensunterhalt leisten müssten. Z1.398.2 Teilen

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Einige haben geglaubt, es wäre leichter für sie, mit ihren Händen zu arbeiten und haben auch diese Wahl, so zu tun, des Öfteren zum Ausdruck gebracht. Solche wissen nicht wovon sie reden. Sie täuschen sich selbst. Einige müssen für sehr anspruchsvolle Familien sorgen und ermangeln richtiger Verwaltung. Sie erkennen nicht, dass sie dem Werke Gottes für ihr Heim und alles, was sie haben, verpflichtet sind. Sie haben nicht überschlagen, was das Leben kostet. Würden sie handwerkliche Arbeiten annehmen, wären sie sicher von Ängsten und Ermüdung nicht frei. Um ihre Familien zu ernähren, könnten sie nicht mit gefalteten Händen neben dem Ofen sitzen. Einem Arbeiter, der für den Unterhalt einer Familie sorgen muss, sind nur wenige Stunden vergönnt, die er daheim mit seiner Familie verbringen kann. Einige Prediger sind nicht von fleißiger Arbeit erbaut, und sie lassen sich von einem Gefühl der Unzufriedenheit leiten, das sehr unvernünftig ist. Gott hat jeden unzufriedenen, mürrischen Gedanken und jedes Wort und Gefühl dieser Art bemerkt. Der Ausdruck solcher Schwäche und des Mangels an Hingabe an Gottes Werk ist eine Beleidigung für den Himmel. Z1.399.1 Teilen

Einige haben dem Versucher ein williges Ohr geliehen, ihrem Unglauben Ausdruck verliehen und das Werk verwundet. Satan hat Ansprüche an sie, weil sie sich nicht aus seiner Verstrickung gelöst haben. Sie haben sich wie Kinder gebärdet, die den Tücken des Versuchers gegenüber völlig unwissend sind. Sie haben genügend Erfahrung und hätten sein Wirken verstehen müssen. Er hat ihren Gemütern Zweifel eingeflößt. Anstatt ihn sofort zurückzuweisen, haben sie sich mit dem Erzbetrüger in Diskussionen und Gesprächen eingelassen und seinen Vernunftgründen gelauscht, als wären sie von der alten Schlange verzaubert. Einige wenige Schriftworte, die sie nicht zu ihrer eigenen Befriedigung erklären konnten, haben genügt, den ganzen Bau der Wahrheit zum Einsturz zu bringen und die deutlichsten Tatsachen des Wortes Gottes zu verdunkeln. Diese Männer sind irrende Sterbliche. Sie besitzen keine vollkommene Weisheit und Erkenntnis in allen Teilen der Heiligen Schrift. Einige Texte sind dem menschlichen Verstand verborgen, bis es Gott in der von ihm gewählten Zeit für richtig befindet, sie offen darzulegen. Einige wurden von Satan auf eine Spur geführt, die mit Sicherheit im Unglauben endet. Sie haben zugelassen, dass ihr Unglaube die harmonische, herrliche Kette der Wahrheit verdunkelt. Sie haben sich verhalten, als ob es ihre Aufgabe wäre, jede schwierige Schriftstelle zu erklären, und wenn unser Glaube sie nicht dazu befähigen würde, dann sei er eben falsch. Z1.399.2 Teilen

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Ich sah, dass jene mit einem bösen Herzen des Unglaubens zweifeln und denken werden, es sei ein edler und tugendhafter Charakterzug, Gottes Wort in Zweifel zu ziehen. Die es als Tugend ansehen, spitzfindig zu sein, können genügend Raum finden, der Inspiration und der Wahrheit des Wortes Gottes Unglauben entgegenzubringen. Sie können wählen, ob sie sich auf die Beweise verlassen wollen, die er gegeben hat, oder ob sie zweifeln, kritisieren und umkommen wollen. Z1.400.1 Teilen

Es wurde mir gezeigt, dass solche, die von Zweifel und Unglauben geplagt werden, nicht ausgehen und für andere arbeiten sollten. Das, was sich im Kopf befindet, drängt nach außen, und sie ahnen nicht, welche Wirkung eine Andeutung oder der geringste geäußerte Zweifel haben mag. Satan macht ihn zu einem Pfeil, mit Widerhaken versehen. Er wirkt wie ein schleichendes Gift, das, bevor das Opfer die Gefahr bemerkt, das ganze System beeinträchtigt, eine gute Konstitution unterminiert und schließlich zum Tode führt. Genauso wirkt das Gift des Zweifels und Unglaubens gegenüber den Tatsachen der Schrift. Jemand, der Einfluss besitzt, flößt andern das ein, was Satan ihm einflößte, nämlich, dass ein Schrifttext dem andern widerspreche. Auf diese Weise erfüllt er auf kluge Art Gemüter mit mitternächtlicher Finsternis, als habe er ein wunderbares Geheimnis entdeckt, das frommen Gläubigen und den Heiligen jeden Zeitalters der Welt bisher verborgen war. Sie verlieren ihren Geschmack an der Wahrheit, deren sie sich zuerst erfreuten, und werden zu Ungläubigen. All dies ist das Werk einiger geäußerter Worte, die eine verborgene Macht besaßen, weil sie in ein Geheimnis gehüllt schienen. Z1.400.2 Teilen

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Dies ist das Werk eines verschlagenen Feindes. Diejenigen, die mit Zweifeln zu kämpfen und die Schwierigkeiten haben, die sie nicht lösen können, sollten nicht noch andere schwache Seelen in die gleiche Verwirrung stürzen. Einige haben Andeutungen gemacht oder über ihren Unglauben gesprochen, ohne sich die Auswirkungen zu erträumen. In einigen Fällen haben die Samen des Unglaubens sofort Wirkung gezeigt, während andere für eine Zeit begraben lagen, bis die betreffende Person einen verkehrten Kurs einschlug und dem Feind nachgab. Das göttliche Licht wurde ihr entzogen, und sie fiel den machtvollen Versuchungen Satans zum Opfer. Dann geht der Same des Unglaubens, vor langer Zeit ausgestreut, auf. Satan nährt ihn, und er bringt Frucht. Alles, was von Predigern kommt, die im Licht stehen sollten, hat einen machtvollen Einfluss. Und wenn sie nicht im klaren Licht Gottes standen, hat Satan sie als seine Werkzeuge benutzt und hat durch sie seine feurigen Pfeile auf Gemüter gelenkt, die nicht vorbereitet waren, dem Widerstand zu leisten, was von ihren Predigern kam. Z1.401.1 Teilen

Ich sah, dass sowohl Prediger wie auch das Volk einen Kampf vor sich haben, Satan Widerstand zu leisten. Der vorgebliche Prediger Christi befindet sich in einer gefahrvollen Position, wenn er den Absichten des Feindes dient, indem er auf seine Einflüsterungen hört und ihm gestattet, vom Verstand Besitz zu ergreifen und die Gedanken zu lenken. Des Predigers schrecklichste Sünde besteht in Gottes Augen darin, seinen Unglauben auszusprechen und andere Gemüter in den gleichen dunklen Kanal zu lenken, wobei er Satan gestattet, eine zweifache Absicht zu erfüllen, indem er ihn versuchte. Er verwirrt die Sinne dessen, der seine Versuchungen durch sein Verhalten herausforderte, und dann verführt er diesen, die Gemüter vieler zu verwirren. Z1.401.2 Teilen

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Es ist an der Zeit, dass die Wächter auf den Mauern Zions die Verantwortlichkeit und Heiligkeit ihrer Mission verstehen. Sie sollten, fühlen, dass ein Wehe auf ihnen ruht, wenn sie das ihnen von Gott aufgetragene Werk nicht erfüllen. Wenn sie untreu werden, gefährden sie die Sicherheit der Herde Gottes, bringen die Sache der Wahrheit in Gefahr und setzen sie dem Spott unserer Feinde aus. Ach, was für ein Werk ist das! Es wird mit Sicherheit seinen Lohn empfangen. Einige Prediger wie auch die Geschwister bedürfen der Bekehrung. Sie müssen völlig zerbrechen und vollkommen neu gestaltet werden. Ihre Arbeit unter den Gemeinden ist ärger als umsonst. In ihrem gegenwärtigen schwachen, wankenden Zustand wäre es Gott angenehmer, wenn sie in ihrem Bemühen, andern zu helfen, aufhörten, und wenn sie mit ihren Händen arbeiteten, bis sie bekehrt sind. Dann könnten sie ihre Brüder stärken. Z1.402.1 Teilen

Die Prediger müssen sich aufmachen. Sie geben vor, Generäle im Heer des großen Königs zu sein, und zu gleicher Zeit sympathisieren sie mit dem großen Anführer der Rebellion und seinen Heerscharen. Einige haben das Werk Gottes und die heiligen Wahrheiten seines Wortes den Vorwürfen des empörerischen Heeres ausgesetzt. Sie haben einen Teil ihrer Rüstung abgelegt, und Satan hat seine vergifteten Pfeile abgeschossen. Sie haben die Hände der Leiter der Rebellion gestärkt, sich selbst geschwächt und Satan und seine höllische Sippschaft veranlasst, ihre Häupter im Triumph zu erheben und über den Sieg zu frohlocken, den sie ihm eingeräumt haben. Ach, welch ein Mangel an Weisheit! Welch eine Blindheit! Welch törichte Feldherrnkunst, vor ihren tödlichsten Feinden die schwächsten Stellen zu entblößen! Wie ungleich ist dieses Verhalten zu dem Verhalten Luthers! Er war bereit, lieber, wenn nötig sein Leben zu opfern, aber die Wahrheit niemals. Seine Worte lauten: „Lasst uns nur Sorge tragen, dass das Evangelium niemals dem Spott der Ungöttlichen ausgesetzt wird, und lasst uns eher in seiner Verteidigung unser Blut vergießen, als ihnen gestatten, zu triumphieren. Wer kann sagen ob mein Leben oder mein Tod mehr zum Heil meiner Brüder beitragen wird?“ Z1.402.2 Teilen

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Gott ist nicht von irgendeinem Menschen abhängig, wenn es um den Fortschritt seines Werkes geht. Er erweckt und befähigt Männer, der Welt die Botschaft zu bringen. Er kann seine Kraft in den Schwachen mächtig werden lassen. Die Macht ist Gottes. Schöne Worte, Beredsamkeit und große Talente werden nicht eine einzige Seele bekehren. Die Bemühungen am Rednerpult mögen Gemüter bewegen, deutliche Argumente mögen überzeugen; aber Gott gibt das Gedeihen. Göttliche Männer, treue, heilige Männer, die das, was sie predigen, in ihrem täglichen Leben in die Tat umsetzen, werden einen rettenden Einfluss ausüben. Eine machtvolle Ansprache vom Rednerpult mag Gemüter beeindrucken; aber ein wenig Unvorsichtigkeit vonseiten des Predigers außerhalb des Pultes, ein Mangel an Ernsthaftigkeit in Wort und wahrer Frömmigkeit, wird seinem Einfluss entgegenwirken und die guten Eindrücke, die er machte, auslöschen. Die Bekehrten werden ihm gehören, und in vielen Fällen werden sie nicht danach trachten, einen höheren Stand zu erreichen wie ihr Prediger. In ihnen wird kein Werk am Herzen stattfinden. Sie sind nicht zu Gott bekehrt. Das Werk ist oberflächlich, und ihr Einfluss wird sich zum Schaden derer auswirken, die aufrichtig den Herrn suchen. Z1.403.1 Teilen

Der Erfolg eines Predigers hängt viel von seinem Verhalten außerhalb des Rednerpultes ab. Wenn er zu predigen aufhört und das Pult verlässt, ist seine Aufgabe nicht beendet; sie hat gerade erst angefangen. Jetzt muss er in die Tat umsetzen, was er gepredigt hat. Er darf nicht kopflos einhergehen, sondern einen Wächter über sich setzen, damit nicht etwas, was er tut oder sagt dem Feind einen Vorteil bietet und Schande über die Sache Christi bringt. Prediger können nicht achtsam genug sein, besonders in Gegenwart junger Leute. Sie sollten keine leichtfertigen Reden führen, scherzen und spaßen, sondern daran denken, dass sie an Christi Statt stehen, dass sie durch ihr Beispiel das Leben Christi darstellen müssen. „Denn wir sind Gottes Mitarbeiter.“ 1.Korinther 3,9. „Wir ermahnen aber euch als Mithelfer, dass ihr nicht vergeblich die Gnade Gottes empfanget.“ 2.Korinther 6,1. Z1.403.2 Teilen

Es wurde mir gezeigt, dass die Brauchbarkeit junger Prediger, verheiratet oder ledig, oftmals durch die Aufmerksamkeit, die ihnen von jungen Frauen entgegengebracht wird, vernichtet wird. Solche Frauen erkennen nicht, dass andere Augen ihnen folgen, und dass ihr Verhalten dem Einfluss des Predigers schadet, dem sie so viel Aufmerksamkeit schenken. Würden sie die Anstandsregeln strikt einhalten, wäre es viel besser für sie und ihren Prediger. Es bringt ihn in eine unangenehme Stellung und veranlasst andere, ihn in einem falschen Licht zu sehen. Doch sah ich, dass die Verantwortung dafür auf den Predigern selbst ruht. Sie sollten zeigen, dass ihnen diese Dinge missfallen. Wenn sie sich so verhalten, wie es Gott von ihnen wünscht, werden sie nicht lange belästigt werden. Sie sollten allen bösen Schein meiden, und wenn junge Frauen sehr vertraulich sind, ist es ihre Pflicht, sie wissen zu lassen, dass ihnen dies nicht gefällt. Sie müssen diese Dreistigkeit zurückweisen, selbst wenn man sie für unhöflich hält. Solche Dinge müssen getadelt werden, um das Werk vor Schande zu bewahren. Junge Frauen, die zur Wahrheit und zu Gott bekehrt sind, werden den Verweis zu Herzen nehmen und sich reformieren. Z1.403.3 Teilen

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Die Prediger sollten ihrer öffentlichen Arbeit private Bemühungen folgen lassen. Wo immer sich eine Gelegenheit bietet, sollten sie persönlich für Seelen arbeiten, mit ihnen im häuslichen Kreis sprechen und sie einladen, nach solchen Dingen zu trachten, die zu ihrem Frieden dienen. Unsere Arbeit hier wird bald enden, und ein jeder wird belohnt werden nach seiner eigenen Arbeit. Es wurde mir die Belohnung der Heiligen gezeigt, das unvergängliche Erbe, und ich sah, dass diejenigen, die um der Wahrheit willen das meiste gelitten hatten, nicht denken werden, dass sie eine schwere Zeit durchgemacht haben. Sie werden den Himmel für billig genug erachten. Z1.404.1 Teilen

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