Portrait von Ellen White
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Enttäuscht, aber nicht verlassen
Enttäuscht, aber nicht verlassen
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Aber noch einmal sollten sie enttäuscht werden. Der erwartete Zeitpunkt ging vorüber, und ihr Erlöser erschien nicht. Mit unerschütterlichem Vertrauen hatten sie seinem Kommen entgegengesehen. Jetzt empfanden sie genauso wie Maria, als sie das leere Grab vorfand und weinend ausrief: „Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.“ Johannes 20,13. GE.358.2 Teilen

Ein Gefühl heiliger Scheu und die Angst, die Botschaft könnte doch wahr sein, hatten die ungläubige Welt eine Zeitlang in Schranken gehalten. Auch als die Zeit überschritten war, hielt dies noch eine Zeitlang an. Man wagte nicht, über die Enttäuschten zu triumphieren. Doch als kein Anzeichen des Zornes Gottes erkennbar wurde, erholten sie sich von ihren Ängsten und begannen wieder mit ihren Vorhaltungen und ihrem Spott. Eine große Anzahl, die sich zum Glauben an das baldige Kommen des Herrn bekannt hatte, gab ihren Glauben auf. Der Stolz einiger Menschen, die sehr zuversichtlich gewesen waren, war so tief verletzt, dass sie am liebsten der Welt entflohen wären. Wie Jona klagten sie Gott an und wollten lieber sterben als leben. Alle, die ihren Glauben auf die Meinung anderer Menschen und nicht auf Gottes Wort gegründet hatten, waren schnell bereit, ihre Ansichten erneut zu ändern. Die Spötter zogen die Schwachen und Feigen auf ihre Seite. Sie schlossen sich zusammen und erklärten, jetzt sei nichts mehr zu befürchten oder zu erwarten. Die Zeit sei vorbeigegangen, der Herr nicht gekommen, und die Welt würde noch Jahrtausende so bleiben. GE.358.3 Teilen

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Die ernsthaften, aufrichtigen Gläubigen hatten alles für Christus aufgegeben und seine Nähe verspürt wie nie zuvor. Sie hatten, wie sie glaubten, der Welt die letzte Warnung gegeben und erwartet, bald in die Gemeinschaft des göttlichen Meisters und der himmlischen Engel aufgenommen zu werden. Größtenteils hatten sie sich von den Ungläubigen zurückgezogen und voller Verlangen gebetet: „Komm, Herr Jesus, komme bald!“ Aber er war nicht gekommen. Die schwere Last der Sorgen und Schwierigkeiten des Lebens jetzt wieder auf sich zu nehmen und den Spott und Hohn der Welt zu ertragen, war in der Tat eine schreckliche Glaubens- und Geduldsprüfung. GE.359.1 Teilen

Dennoch war diese Enttäuschung nicht so groß wie die der Jünger zurzeit Christi. Als Jesus im Triumphzug in Jerusalem einritt, waren seine Nachfolger fest davon überzeugt, dass er den Thron Davids besteigen und Israel von seinen Unterdrückern befreien würde. Mit großen Hoffnungen und freudiger Erwartung wetteiferten sie miteinander, ihren König zu ehren. Viele breiteten ihre Mäntel wie einen Teppich vor ihm aus oder streuten grüne Palmzweige auf seinen Weg. Begeistert schlossen sie sich in dem freudigen Ruf: „Hosianna dem Sohn Davids!“ an. GE.359.2 Teilen

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Als die Pharisäer, beunruhigt und wütend über diesen Freudenausbruch, von Jesus verlangten, seine Jünger dafür zu tadeln, erwiderte er: „Wenn diese schweigen werden, so werden die Steine schreien.“ Lukas 19,40. Die Prophezeiung musste erfüllt werden. Die Jünger führten Gottes Absicht aus, mussten aber dennoch eine bittere Enttäuschung erleben. Nur wenige Tage später wurden sie Augenzeugen seines qualvollen Todes und mussten ihn ins Grab legen. Nicht in einem einzigen Punkt hatten sich ihre Erwartungen erfüllt. Ihre Hoffnungen starben mit Jesus. Erst nachdem er sieghaft aus dem Grab hervorgegangen war, konnten sie begreifen, dass alles durch die Prophetie vorhergesagt worden war und „Christus leiden und von den Toten auferstehen“ musste. Apostelgeschichte 17,3. In gleicher Weise erfüllten sich die Prophezeiungen durch die erste und zweite Engelsbotschaft. Sie wurden zur rechten Zeit gepredigt und erfüllten die Aufgabe, die Gott durch sie verwirklichen wollte. GE.360.1 Teilen

Die Welt hatte erwartet, die ganze Lehre des Adventismus würde aufgegeben, falls die Zeit vorüberginge und Christus nicht käme. Aber während viele auf Grund dieser großen Herausforderung ihren Glauben aufgaben, blieben einige wenige treu und standhaft. Sie konnten keinen Fehler in ihren Berechnungen der prophetischen Zeitabschnitte entdecken. Auch ihre fähigsten Widersacher konnten die Berechnungen und Auslegungen nicht umstoßen. Es war richtig, dass das erwartete Ereignis nicht stattgefunden hatte; doch selbst das konnte ihren Glauben an das Wort Gottes nicht erschüttern. GE.360.2 Teilen

Gott verließ sein Volk nicht. Sein Geist wohnte immer noch bei denen, die das Licht nicht voreilig verleugneten, das sie empfangen hatten, und die Adventbewegung nicht verurteilten. Der Apostel Paulus, der alle Jahrhunderte durchschaut hatte, schrieb Worte der Ermutigung und Warnung für die Geprüften und Wartenden in dieser schwierigen Lage. „Darum werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat. Geduld aber habt ihr nötig, damit ihr den Willen Gottes tut und das Verheißene empfangt. Denn nur noch eine kleine Weile, so wird kommen, der da kommen soll, und nicht verziehen. Der Gerechte aber wird des Glaubens leben. Wer aber weichen wird, an dem wird meine Seele kein Gefallen haben. Wir aber sind nicht von denen, die zurückweichen und verdammt werden, sondern von denen, die glauben und die Seele erretten.“ Hebräer 10,35-39. GE.360.3 Teilen

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Ihre einzige Sicherheit bestand darin, das Licht, das sie bereits von Gott empfangen hatten, zu bewahren, an seinen Verheißungen festzuhalten, im Schriftstudium fortzufahren und geduldig zu warten und zu wachen, um weiteres Licht zu empfangen. GE.361.1 Teilen

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Die Grundlage und der Hauptpfeiler des Adventglaubens war vor allen anderen Schriftstellen die Erklärung in Daniel 8,14: „Bis 2300 Abende und Morgen vergangen sind; dann wird das Heiligtum wieder gereinigt werden.“ Daniel 8,14. Für alle, die an das baldige Kommen Christi glaubten, waren dies vertraute Worte. Von Tausenden war diese Weissagung als Losungswort ihres Glaubens freudig wiederholt worden. Alle empfanden, dass ihre größten Erwartungen und Hoffnungen mit den hier gezeigten Ereignissen verbunden waren. Diese prophetischen Tage gingen im Herbst 1844 zu Ende. Zusammen mit der übrigen christlichen Welt glaubten die Adventisten, dass die Erde oder ein Teil davon das Heiligtum sei und die Reinigung des Heiligtums die Reinigung der Erde durch das Feuer des großen letzten Tages bedeuten würde. Sie nahmen an, dies würde beim zweiten Kommen Christi stattfinden. Daraus entstand die Schlußfolgerung, Christus würde im Jahre 1844 zur Erde zurückkehren. GE.362.1 Teilen

Aber die festgesetzte Zeit kam, und der Herr erschien nicht. Da die Gläubigen wußten, dass das Wort Gottes nicht irrt, musste der Fehler in ihrer Auslegung der Prophetie liegen. Aber wo? Viele spalteten übereilt den schwierigen Knoten, indem sie leugneten, dass die 2300 Tage im Jahre 1844 endeten. Außer der Tatsache, dass Christus nicht zur erwarteten Zeit gekommen war, konnte kein Grund für diesen Standpunkt angeführt werden. Wenn die prophetischen Tage im Jahre 1844 zu Ende gegangen wären, so behaupteten sie, wäre Christus gekommen, um das Heiligtum zu weihen durch die Reinigung der Erde mit Feuer. Da er nicht gekommen war, konnten auch die prophetischen Tage nicht zu Ende sein. GE.362.2 Teilen

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Obwohl die meisten Adventisten ihre vorherige Berechnung der prophetischen Zeiten verwarfen und als Folge die Richtigkeit der Grundlage für diese Bewegung in Frage stellten, waren einige nicht bereit, ihren Glauben und ihre Erfahrungen aufzugeben, die durch die Heilige Schrift und das bestimmte Zeugnis des Geistes Gottes gestützt wurden. Sie glaubten, dass sie die Weissagungen richtig ausgelegt hatten und es ihre Pflicht war, an den bereits gewonnenen Wahrheiten festzuhalten und das biblische Studium fortzusetzen. Mit ernstem Gebet prüften sie ihre Auffassungen und forschten in der Heiligen Schrift, um ihren Fehler zu finden. Da sie bei der Berechnung der prophetischen Zeiten keinen Irrtum entdecken konnten, fühlten sie sich veranlaßt, den Gegenstand des Heiligtums näher zu untersuchen. GE.363.1 Teilen

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