Portrait von Ellen White
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In der Bibel vorausgesagt
In der Bibel vorausgesagt
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Weil William Tyndale (1484-1536) die erste englische Bibel druckte, wurde er von einem Freund verraten. Er starb, damit andere das Leben kennenlernen konnten. Und da ist John Knox, der sich vor niemandem fürchtete, nicht einmal vor der schottischen Königin, die unzählige Christen hatte töten lassen. Er hatte Erfolg und gewann Schottland für Gott. Auch John (1703-1791) und Charles Wesley (17071788) sowie George Whitefield [sprich: Wittfield] (1714-1769) werden erwähnt.. DGK.206.1 Teilen

Während Luther dem deutschen Volk die Bibel erschloss, wurde Tyndale vom Geist Gottes bewegt, das Gleiche für England zu tun. Wiklifs Bibel war aus dem lateinischen Text übersetzt worden, der viele Fehler enthielt. Man hatte sie nie gedruckt, und der Preis eines geschriebenen Exemplars war so hoch, dass sich außer den Reichen oder Adligen nur wenige sie kaufen konnten. Da die Kirche sie zudem aufs Schärfste geächtet hatte, war diese Ausgabe nur verhältnismäßig wenig verbreitet. Im Jahre 1516, ein Jahr vor Luthers Thesenanschlag, hatte Erasmus seine griechische und lateinische Fassung des Neuen Testaments veröffentlicht, und damit wurde das Wort Gottes zum ersten Mal in der Ursprache gedruckt. In diesem Werk sind viele Fehler der früheren Versionen berichtigt und der Sinn deutlicher wiedergegeben worden. Dies führte viele gebildete Menschen zu einem besseren Verständnis der Wahrheit und gab dem Werk der Reformation neuen Auftrieb. Doch den meisten Menschen aus dem normalen Volk war das Wort Gottes noch immer unzugänglich. Tyndale sollte Wiklifs Werk vollenden und seinen Landsleuten die Bibel geben. DGK.206.2 Teilen

Als eifriger Schüler, der ernsthaft nach Wahrheit suchte, hatte er das Evangelium aus dem griechischen Neuen Testament des Erasmus erhalten. Furchtlos predigte er seine Überzeugung und legte Wert darauf, alle Lehren durch das Wort Gottes zu prüfen. Auf die päpstliche Behauptung, dass die Bibel von der Kirche kommt, und sie diese allein erklären könne, sagte Tyndale: „Wer hat denn den Adler gelehrt, seine Beute zu finden? Derselbe Gott lehrt seine hungrigen Kinder, ihren Vater in seinem Wort zu finden. Nicht ihr habt uns die Schrift gegeben, vielmehr habt ihr sie uns vorenthalten; ihr seid es, die solche verbrennen, die sie predigen, ja ihr würdet die Schrift selbst verbrennen, wenn ihr könntet.“ D‘Aubigne, „Gesch. der Reformation“, 18.Buch, 4.Abschnitt DGK.206.3 Teilen

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Tyndales Predigten machten großen Eindruck: Viele nahmen die Wahrheit an. Aber die Priester passten auf, und sobald er das Feld verlassen hatte, versuchten sie mit ihren Drohungen und Entstellungen sein Werk zu vernichten. Nur zu oft gelang es ihnen. „Was soll ich tun?“, rief Tyndale aus. „Während ich hier säe, reißt der Feind dort wieder alles aus, wo ich gerade herkomme. Ich kann nicht überall zugleich sein. Oh, dass die Christen die Heilige Schrift in ihrer Sprache besäßen, so könnten sie den Sophisten selbst widerstehen! Ohne die Bibel ist es unmöglich, die Laien in der Wahrheit zu gründen.“ D‘Aubigne, „Geschichte der Reformation“, 18.Buch, 4.Abschnitt DGK.207.1 Teilen

Ein neuer Vorsatz reifte jetzt in ihm. Er sagte: „In Israels eigener Sprache erschollen die Psalmen im Tempel des Herrn, und das Evangelium sollte unter uns nicht reden dürfen in der Sprache Englands? Die Kirche sollte weniger Licht haben jetzt im hohen Mittag als ehemals in den ersten Stunden der Dämmerung? Das Neue Testament muss in der Volkssprache gelesen werden können.“ D‘Aubigne, „Geschichte der Reformation“, 18.Buch, 4.Abschnitt DGK.207.2 Teilen

Die Doktoren und Lehrer der Kirche stimmten nicht miteinander überein. Nur durch die Heilige Schrift konnte das Volk zur Wahrheit gelangen. Der eine hatte diese Lehre, der andere jene. Ein Gelehrter widersprach dem andern. „Wie sollen wir da das Wahre vom Falschen unterscheiden? Allein durch das Wort Gottes.“ D‘Aubigne, „Geschichte der Reformation“, 18.Buch, 4.Abschnitt DGK.207.3 Teilen

Nicht lange danach geriet ein gelehrter katholischer Doktor in eine harte Debatte mit ihm, und der Doktor rief aus: „Es wäre besser ohne das Gesetz Gottes zu sein als ohne das Gesetz des Papstes“. Tyndale erwiderte darauf: „Ich trotze dem Papst samt allen seinen Gesetzen; und wenn Gott mein Leben bewahrt, so will ich dafür sorgen, dass in wenigen Jahren ein Bauernjunge, der den Pflug führt, die Bibel besser versteht als du.“ Andersen, „Annals of the English Bible“, S.19 DGK.207.4 Teilen

Er wurde dadurch in seiner Absicht gestärkt, das Neue Testament den Menschen in ihrer Sprache zu geben, und sofort machte er sich an die Arbeit. Durch Verfolgung aus der Heimat vertrieben, ging er nach London und arbeitete dort eine Zeit lang ungestört. Aber erneut zwang ihn die Gewalttätigkeit der päpstlichen Würdenträger zur Flucht. Ganz England schien ihm verschlossen zu sein, und er entschied sich, in Deutschland Zuflucht zu suchen. Hier begann er das englische Neue Testament zu drucken. Zweimal wurde sein Vorhaben aufgehalten, und wenn es ihm verboten wurde, in einer Stadt zu drucken, ging er in eine andere. Schließlich kam er nach Worms, wo Luther wenige Jahre zuvor das Evangelium vor dem Reichstag verteidigt hatte. In jener alten Stadt lebten viele Freunde der Reformation, und Tyndale setzte dort sein Werk ohne weitere Behinderungen fort. 3000 Exemplare des Neuen Testaments waren bald fertig, und eine neue Auflage folgte noch im selben Jahr. Sehr eifrig und unermüdlich führte er seine Arbeit fort. Obwohl die englischen Behörden ihre Häfen sehr gut bewachten, gelangte das Wort Gottes auf verschiedene Weise heimlich nach London. Von dort aus wurde es über das ganze Land verbreitet. Die päpstlichen Leiter versuchten die Wahrheit zu unterdrücken, aber vergeblich. Der Bischof von Durham kaufte einmal von einem Buchhändler, der ein Freund Tyndales war, seinen ganzen Vorrat an Bibeln auf, um sie zu vernichten. Er war der Meinung, dass dadurch das Werk gehindert würde. Doch mit dem so verdienten Geld wurde das Material für eine neue und verbesserte Auflage gekauft, die sonst nicht hätte erscheinen können. Als Tyndale später gefangen gesetzt wurde, bot man ihm die Freiheit unter der Bedingung an, dass er die Namen derer angäbe, die ihm geholfen hatten, die Ausgaben für den Druck seiner Bibeln zu bestreiten. Er antwortete, dass der Bischof von Durham mehr getan habe also sonst jemand, denn weil dieser für die vorrätigen Bücher einen hohen Preis bezahlt habe, sei er, Tyndale, in die Lage versetzt worden, guten Mutes weiterzuarbeiten. DGK.207.5 Teilen

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Tyndale wurde seinen Feinden in die Hände gespielt und musste viele Monate im Kerker zubringen. Schließlich bezeugte er seinen Glauben mit dem Tod eines Märtyrers, doch die von ihm zubereiteten Waffen haben andere Kämpfer befähigt, den Kampf durch alle Jahrhunderte hindurch bis in unsere Zeit weiterzuführen. Latimer (1485/92-1555) vertrat von der Kanzel herab die Auffassung, dass die Bibel in der Sprache des Volkes gelesen werden müsse. „Der Urheber der Heiligen Schrift“, sagte er, „ist Gott selbst, und diese Schrift hat einen Anteil an der Macht und Ewigkeit ihres Urhebers. Es gibt weder Könige, Kaiser, Obrigkeiten noch Herrscher die nicht gebunden wären, ... seinem heiligen Wort zu gehorchen ... Lasst uns keine Nebenwege einschlagen, sondern lasst das Wort Gottes uns leiten. Lasst uns nicht unsern Vätern folgen und auf das sehen, was sie getan haben, sondern auf das, was sie hätten tun sollen.“ Latimer, „First Sermon Preached before King Edward VI“ DGK.208.1 Teilen

Barnes und Frith, die treuen Freunde Tyndales, fingen an, die Wahrheit zu verteidigen. Ihnen folgten die Gebrüder Ridley und Cranmer. Diese führenden Köpfe in der englischen Reformationsbewegung galten als gebildete Männer, und die meisten von ihnen waren ihres Eifers oder ihrer Frömmigkeit wegen in der römischen Kirche hoch geachtet gewesen. Ihr Widerstand dem Papsttum gegenüber kam daher, weil sie mit den Irrtümern des „Heiligen Stuhls“ bekannt waren. Ihre Kenntnis der Geheimnisse Babylons verlieh ihrem Zeugnis gegen ihre Macht um so größeres Gewicht. „Ich muss euch eine seltsame Frage stellen“, sagte Latimer, „wisst ihr, wer der eifrigste Bischof und Prälat in England ist? ... Ich sehe, ihr horcht und wartet auf seinen Namen ... Ich will ihn nennen: Es ist der Teufel ... Er entfernt sich nie aus seinem Kirchsprengel; ... sucht ihn, wann ihr wollt, er ist immer zu Hause ... er ist stets bei der Arbeit... Ihr werdet ihn nie träge finden, dafür bürge ich euch ... Wo der Teufel wohnt dort weg mit den Büchern und Kerzen herbei; weg mit den Bibeln und Rosenkränze herbei; weg mit dem Licht des Evangeliums und Wachsstöcke hoch, ja sogar am hellen Mittag ... nieder mit dem Kreuz Christi, es lebe das Fegefeuer, das die Tasche leert ... weg mit dem Bekleiden der Nackten, Armen und Lahmen; her mit der Verzierung von Bildern und der bunten Schmückung von Stock und Stein; herbei mit menschlichen Überlieferungen und Gesetzen; nieder mit Gottes Einrichtungen und seinem allerheiligsten Worte ... Oh, dass unsere Prälaten so eifrig wären, die Körner guter Lehre auszustreuen, wie Satan fleißig ist, allerlei Unkraut zu säen!“ Latimer, „Sermon of the Plough“ DGK.208.2 Teilen

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Die unfehlbare Autorität und Macht der Heiligen Schrift als Richtschnur des Glaubens und des Lebens war der große, von diesen Reformatoren aufgestellte Grundsatz, den auch die Waldenser, Wiklif, Jan Hus, Luther, Zwingli und ihre Mitarbeiter hochgehalten hatten. Sie verwarfen die Anmaßung des Papstes, der Konzilien, der Väter und der Könige, in religiösen Dingen das Gewissen zu beherrschen. Die Bibel war ihnen Autorität, und mit ihren Lehren prüften sie alle Lehrsätze und Ansprüche. Der Glaube an Gott und sein Wort stärkte diese gläubigen Männer, als ihr Leben auf dem Scheiterhaufen endete. „Sei guten Mutes“, rief Latimer seinem Leidensgefährten zu, als die Flammen begannen, seine Stimme zum Schweigen zu bringen, „wir werden heute durch Gottes Gnade ein Licht in England anzünden, das, wie ich hoffe, nie ausgelöscht werden wird.“ „Works of Hugh Latimer“, Bd. I, S. 13 DGK.209.1 Teilen

In Schottland war der von Columban und seinen Mitarbeitern ausgestreute Same der Wahrheit nie völlig vernichtet worden. Nachdem sich die Kirchen Englands Rom unterworfen hatten, hielten jene in Schottland jahrhundertelang ihre Freiheit aufrecht. Im 12. Jahrhundert jedoch fasste das Papsttum auch hier Fuß, und in keinem Land hat es eine unumschränktere Herrschaft ausgeübt als in Schottland. Nirgends war die Finsternis dichter. Dennoch kamen auch Strahlen des Lichts dorthin, um das Dunkel zu durchdringen und den kommenden Tag anzukünden. Die mit der Heiligen Schrift und den Lehren Wiklifs aus England kommenden Lollarden trugen viel dazu bei, die Kenntnis des Evangeliums zu erhalten. Jedes Jahrhundert hatte somit seine Zeugen und Märtyrer. Am Anfang der großen Reformation erschienen Luthers Schriften; wenig später Tyndales Neues Testament in englischer Sprache. Unbemerkt von der Priesterschaft wanderten diese Boten schweigend über Berge und Täler, fachten, wo sie auch hinkamen, die Fackel der Wahrheit, die in Schottland nahezu ausgegangen war, zu neuer Flamme an und machten das Werk der Unterdrückung zunichte, das Rom vier Jahrhunderte hindurch getrieben hatte. DGK.209.2 Teilen

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Dann gab das Blut der Märtyrer der Bewegung neuen Auftrieb. Die päpstlichen Anführer, die plötzlich erkannten, dass ihre Sache bedroht war, brachten etliche der edelsten und gelehrtesten Söhne Schottlands auf den Scheiterhaufen. Sie errichteten aber damit nur eine Kanzel, von der aus die Worte der sterbenden Zeugen im ganzen Lande zu hören waren, die das Herz des Volkes mit einem unerschütterlichen Vorsatz erfüllten, die Fesseln der römischen Herrschaft loszuwerden. DGK.210.1 Teilen

Hamilton und Wishart, zwei junge Menschen von adligem Geschlecht und edlem Charakter, gaben mit vielen einfachen Jüngern ihr Leben auf dem Scheiterhaufen hin. Aber aus dem brennenden Scheiterhaufen Wisharts ging einer hervor, den die Flammen nicht zum Schweigen bringen sollten, einer, dem mit Gottes Beistand bestimmt war, dem Papsttum in Schottland die Sterbeglocke zu läuten. DGK.210.2 Teilen

John Knox hatte sich von den Überlieferungen und dem Wunderglauben der Kirche abgewandt, um von den Wahrheiten des Wortes Gottes zu leben. Wisharts Lehren hatten seinen Entschluss bestärkt, die Verbindung mit Rom aufzugeben und sich den verfolgten Reformatoren anzuschließen. DGK.210.3 Teilen

Als er von seinen Gefährten gebeten wurde, das Amt eines Predigers anzunehmen, schreckte er zaghaft vor dessen Verantwortung zurück. In der Abgeschiedenheit rang er tagelang mit sich selbst, ehe er einwilligte. Nachdem er diese Stellung einmal angenommen hatte, drängte er mit unbeugsamer Entschlossenheit und unverzagtem Mut vorwärts, solange er lebte. Dieser unerschrockene Reformator fürchtete keine Menschen. Die Feuer des Märtyrertums, die um ihn herum aufloderten, dienten nur dazu, seinen Eifer um so mehr anzufachen. Ungeachtet des drohend über seinem Haupt schwebenden Henkersbeils des Tyrannen behauptete er seine Stellung und teilte nach rechts und nach links kräftige Schläge aus, um den Götzendienst zu zertrümmern. DGK.210.4 Teilen

Als er der Königin von Schottland gegenübertrat, in deren Gegenwart der Eifer vieler führender Protestanten abgenommen hatte, zeugte John Knox unerschütterlich für die Wahrheit. Er war nicht durch Schmeicheleien zu gewinnen und verzagte nicht vor Drohungen. Die Königin beschuldigte ihn der Ketzerei. Sie erklärte, er habe das Volk verleitet, eine vom Staat verbotene Religion anzunehmen, und damit Gottes Gebot übertreten, das den Untertanen befehle, ihren Fürsten zu gehorchen. Knox antwortete fest: „Da die richtige Religion weder ihren Ursprung noch ihre Autorität von weltlichen Fürsten, sondern von dem ewigen Gott allein erhielt, so sind die Untertanen nicht gezwungen, ihren Glauben nach dem Geschmack ihrer Fürsten zu richten. DGK.210.5 Teilen

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Denn oft kommt es vor, dass die Fürsten vor allen anderen in der wahren Religion am allerunwissendsten sind ... Hätte aller Same Abrahams die Religion Pharaos angenommen, dessen Untertanen sie lange waren, welche Religion, ich bitte Sie, Madame, würde dann in der Welt gewesen sein? Oder wenn in den Tagen der Apostel alle Menschen die Religion der römischen Kaiser gehabt hätten, welche Religion würde dann auf Erden gewesen sein? ... Und so, Madame, können Sie sehen, dass Untertanen nicht von der Religion ihrer Fürsten abhängen, wenn ihnen auch geboten wird, ihnen Ehrfurcht zu erzeigen.“ Da sagte Maria: „Ihr legt die Heilige Schrift auf diese Weise aus, sie [die römischen Lehrer] auf eine andere; wem soll ich glauben, und wer soll Richter sein?“ „Sie sollen Gott glauben, der deutlich spricht in seinem Wort“, antwortete der Reformator, „und weiter, als das Wort lehrt, brauchen Sie weder das eine noch das andere zu glauben. Das Wort Gottes ist klar in sich selbst, und wenn irgendeine Stelle dunkel ist, so erklärt der Heilige Geist, der sich nie widerspricht, sie deutlicher an anderen Stellen, sodass kein Zweifel herrschen kann, es sei denn für die, welche hartnäckig unwissend sind.“ Laing, „The Works of John Knox“, Bd. II, S. 281,284 DGK.211.1 Teilen

Solche Wahrheiten verkündete der furchtlose Reformator unter Lebensgefahr vor den Ohren seiner Regentin. Mit dem gleichen unerschrockenen Mut hielt er an seinem Vorhaben fest und betete und kämpfte für den Herrn so lange, bis Schottland vom Papsttum frei war. DGK.211.2 Teilen

In England wurde durch die Einführung des Protestantismus als Staatsreligion die Verfolgung zwar vermindert, aber nicht ganz zum Stillstand gebracht. Während man vielen Lehren Roms absagte, blieben nicht wenige seiner Bräuche erhalten. Die oberste Autorität des Papstes wurde verworfen, aber an seiner Stelle wurde der Landesherr als Haupt der Kirche eingesetzt. Der Gottesdienst wich noch immer erheblich von der Reinheit und Einfachheit des Evangeliums ab. Der große Grundsatz religiöser Freiheit wurde noch nicht verstanden. Wenn auch die schrecklichen Grausamkeiten, die Rom gegen die Ketzerei angewandt hatte, von protestantischen Herrschern nur selten ausgeübt wurden, so anerkannte man doch nicht das Recht eines jeden Einzelnen, Gott nach seinem eigenen Gewissen zu verehren. Von allen wurde verlangt, die Lehren anzunehmen und die gottesdienstlichen Formen zu beachten, welche die Staatskirche vorschrieb. Andersdenkende waren mehr oder weniger der Verfolgung ausgesetzt. Jahrhundertelang blieben diese Methoden bestehen. DGK.211.3 Teilen

Im 17. Jahrhundert wurden viele Prediger aus ihren Ämtern entlassen. Dem Volk war es bei Androhung schwerer Geldbußen, des Gefängnisses und der Verbannung untersagt, irgendwelche religiösen Versammlungen zu besuchen, die die Kirche nicht genehmigt hatte. Jene treuen Menschen, die nicht anders konnten, als zur Anbetung Gottes zusammenzukommen, waren genötigt, sich in dunklen Gassen, in finsteren Bodenkammern und zu gewissen Jahreszeiten mitternachts in den Wäldern zu versammeln. In den schützenden Tiefen des Waldes, dem von Gott selbst erbauten Tempel, kamen jene zerstreuten und verfolgten Kinder des Herrn zusammen, um in Gebet und Lobpreis ihre Herzen auszuschütten. Aber ungeachtet all ihrer Vorsichtsmaßnahmen mussten viele um ihres Glaubens willen leiden. Die Gefängnisse waren überfüllt, Familien wurden getrennt und viele Menschen aus dem Land vertrieben. Doch Gott hielt zu seinem Volk, und die Verfolgung vermochte dessen Zeugnis nicht zum Schweigen zu bringen. Viele wanderten nach Amerika aus, wo sie den Grundstein zu der bürgerlichen und religiösen Freiheit legten, die eine sichere Burg und der Ruhm jenes Landes gewesen ist. DGK.211.4 Teilen

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Auch hier diente, wie in den Tagen der Apostel, die Verfolgung der Förderung des Evangeliums. In einem abscheulichen, mit Verworfenen und Verbrechern belegten Kerker schien John Bunyan (1628-1688) Himmelsluft zu atmen. Er schrieb dort sein wunderbares Gleichnis von der Reise des Pilgers aus dem Land des Verderbens zur Himmelsstadt. Über 200 Jahre lang sprach der Gefangene zu Bedford mit durchdringender Macht zu den Herzen der Menschen. Bunyans „Pilgerreise“ und „Überschwängliche Gnade für den größten der Sünder“ haben manch Irrenden auf den Weg des Lebens geleitet. DGK.212.1 Teilen

Baxter, Flavel, Alleine und andere talentierte, gebildete Männer mit tiefer christlicher Erfahrung fingen an, kühn den Glauben zu verteidigen, „der den Heiligen ein für allemal überliefert worden ist.“ Judas 3 (Schlachter 2000). Das Werk, das diese von den Herrschern dieser Welt für rechtlos erklärte und geächtete Männer vollbrachten, kann niemals untergehen. Flavels „Brunnquell des Lebens“ und „Wirkung der Gnade“ haben Tausende gelehrt, wie sie sich Christus anbefehlen können. Baxters „Der umgewandelte Pfarrer“ wurde für viele, die eine Wiederbelebung des Werkes Gottes wünschten, zum Segen; seine „Ewige Ruhe der Heiligen“ war insofern erfolgreich, weil diese Schrift Menschen zu der Ruhe führte, die für das Volk Gottes bleibt. DGK.212.2 Teilen

100 Jahre später erschienen in einer Zeit großer Finsternis Whitefield und die Gebrüder Wesley als Lichtträger für Gott. Unter der Herrschaft der Staatskirche war das Volk einem religiösen Verfall ausgeliefert, der sich vom Heidentum nur wenig unterschied. Eine Naturreligion erwies sich als das bevorzugte Studiengebiet der Geistlichkeit und schloss auch den größten Teil ihrer Theologie ein. Menschen höherer Gesellschaftsschichten verspotteten die Frömmigkeit und brüsteten sich damit, über solche Schwärmereien, wie sie es nannten, zu stehen. Die einfachen Leute waren unwissend und dem Laster ergeben, während die Kirche weder den Mut noch den Glauben aufbrachte, die in Verfall geratene Sache der Wahrheit länger zu unterstützen. Die von Luther so klar und eindeutig gelehrte große Wahrheit von der Rechtfertigung durch den Glauben war fast ganz aus den Augen verloren worden, während der römische Grundsatz, dass die Seligkeit durch gute Werke erlangt werde, deren Stelle eingenommen hatte. Whitefield und die beiden Wesleys, die Mitglieder der Landeskirche waren, suchten aufrichtig nach der Gnade Gottes, die, wie man sie gelehrt hatte, durch ein tugendhaftes Leben und durch die Beachtung der religiösen Verordnungen erlangt werden konnte. DGK.212.3 Teilen

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Als Charles Wesley einst erkrankte und seinen Tod erwartete, wurde er gefragt, worauf er seine Hoffnung auf ein ewiges Leben stütze. Seine Antwort lautete: „Ich habe mich nach Kräften bemüht, Gott zu dienen.“ Als der Freund, der ihm die Frage gestellt hatte, mit seiner Antwort nicht völlig zufrieden zu sein schien, dachte Wesley: „Sind meine Bemühungen nicht ein genügender Grund der Hoffnung? Würde er mir diese rauben, so hätte ich nichts anderes, worauf ich vertrauen könnte.“ Whitehead, „Life of the Rev. Charles Wesley“, S. 102 Derart dicht war die Finsternis, die sich auf die Kirche gesenkt hatte, welche die Versöhnung verbarg, Christus seiner Ehre beraubte und den Geist der Menschen von der einzigen Hoffnung auf die Seligkeit ablenkte: dem Blut des gekreuzigten Erlösers. DGK.213.1 Teilen

Wesley und seine Mitarbeiter kamen zu der Einsicht, dass die wahre Religion im Herzen wohnt und dass sich das Gesetz Gottes sowohl auf die Gedanken als auch auf die Worte und Handlungen erstreckt. Von der Notwendigkeit eines heiligen Herzens und eines rechten Wandels überzeugt, trachteten sie jetzt ernsthaft nach einem neuen Leben. Durch Fleiß und Gebet versuchten sie, das Böse ihres natürlichen Herzens zu überwinden. Sie lebten ein Leben der Selbstverleugnung, Liebe und Demut und beachteten streng und genau jede Regel, die ihnen zur Erfüllung ihres größten Wunsches verhelfen sollte: jene Heiligkeit zu erlangen, welche die Huld Gottes geben kann. Aber sie erreichten das angepeilte Ziel nicht. Vergeblich waren sie bemüht, sich von der Verdammnis der Sünde zu befreien oder deren Macht zu brechen. Es war das gleiche Ringen, das auch Luther in seiner Zelle in Erfurt durchzustehen hatte, es war die gleiche Frage, die auch seine Seele gemartert hatte: „Wie mag ein Mensch gerecht sein bei Gott?“ Hiob 9,2 (PB). DGK.213.2 Teilen

Das auf den Altären des Protestantismus nahezu ausgelöschte Feuer der göttlichen Wahrheit sollte von der alten Fackel, die die böhmischen Christen brennend erhalten hatten, wieder angezündet werden. Nach der Reformation war der Protestantismus in Böhmen von den römischen Geistlichen niedergetreten worden. Alle, die der Wahrheit nicht absagen wollten, wurden zur Flucht gezwungen. Etliche von diesen fanden Zuflucht in Sachsen, wo sie den alten Glauben aufrechterhielten. Über die Nachkommen dieser Christen gelangte das Licht zu Wesley und seinen Gefährten. Nachdem John und Charles Wesley zum Predigtamt eingesegnet worden waren, wurden sie mit einem Missionsauftrag nach Amerika gesandt. An Bord des Schiffes befand sich eine Gesellschaft Mährischer Brüder. Während der Überfahrt gab es heftige Stürme, und als John Wesley den Tod vor Augen sah, fühlte er, dass er nicht die Gewissheit des Friedens mit Gott hatte. Die Mährischen Brüder hingegen bekundeten eine Ruhe und ein Vertrauen, die ihm fremd waren. DGK.213.3 Teilen

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Er sagte: „Ich hatte lange zuvor den großen Ernst in ihrem Benehmen beobachtet. Sie hatten ständig ihre Demut bekundet, indem sie für die andern Reisenden einfache Dienstleistungen verrichteten, was keiner der Engländer tun wollte. Sie hatten dafür keine Bezahlung verlangt, sondern es abgelehnt, indem sie sagten, es wäre gut für ihre stolzen Herzen, und ihr Heiland hätte noch mehr für sie getan. Jeder Tag hatte ihnen Gelegenheit geboten, eine Sanftmut zu zeigen, die keine Beleidigung beseitigen konnte. Wurden sie gestoßen, geschlagen oder niedergeworfen, so erhoben sie sich wieder und gingen weg, aber keine Klage kam über ihre Lippen. Jetzt sollten sie geprüft werden, ob sie vom Geist der Furcht ebenso frei waren wie von Stolz, Zorn und Rachsucht. Während sie gerade einen Psalm zu Beginn ihres Gottesdienstes sangen, brach eine Sturzwelle herein, riss das große Segel in Stücke, legte sich über das Schiff und ergoss sich zwischen die Decks, als wenn der Untergang jetzt da wäre. Die Engländer fingen an, vor Angst zu schreien. Die Brüder aber sangen ruhig weiter. Ich fragte nachher einen von ihnen: ‚Waren Sie nicht erschrocken?‘ Er antwortete: ‚Gott sei Dank nicht.‘ ‚Aber,‘ sagte ich, ‚waren ihre Frauen und Kinder nicht erschrocken?‘ Er erwiderte mild: ‚Nein, unsere Frauen und Kinder fürchten sich nicht, zu sterben.‘“ Whitehead, „Life of the Rev. John Wesley“, S. 10ff. Nach der Ankunft in Savannah blieb Wesley kurze Zeit bei den Mährischen Brüdern und war tief beeindruckt von ihrem christlichen Verhalten. Über einen ihrer Gottesdienste, die in auffallendem Gegensatz zu dem leblosen Formenwesen der anglikanischen Kirche standen, schrieb er: „Sowohl die große Einfachheit als auch die Feierlichkeit des Ganzen ließen mich die dazwischenliegenden 1700 Jahre beinahe vergessen und versetzten mich in eine Versammlung, wo Form und Staat nicht galten, sondern wo Paulus, der Zeltmacher, oder Petrus, der Fischer, unter Bekundung des Geistes und der Kraft den Vorsitz hatten.“ Whitehead, „Life of the Rev. John Wesley“, S. 10ff. DGK.214.1 Teilen

Auf seiner Rückreise nach England erhielt Wesley die Belehrung eines mährischen Predigers und kam dadurch zu einem klareren Verständnis des biblischen Glaubens. Er ließ sich überzeugen, dass sein Seelenheil nicht von seinen eigenen Werken abhänge, sondern dass er einzig auf „Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt“, vertrauen müsse. Auf einer in London tagenden Versammlung der Mährischen Brüder wurde eine Schrift Luthers vorgelesen [Luthers Vorrede zum Römerbrief, das die Lehre von der Rechtfertigung durch den Glauben enthält]. Diese beschrieb die Veränderung, welche der Geist Gottes im Herzen des Gläubigen bewirkt. Während Wesley zuhörte, entzündete sich auch in ihm der Glaube. „Ich fühlte mein Herz seltsam erwärmt“, sagte er. „Ich fühlte, dass ich mein ganzes Vertrauen für mein Seelenheil auf Christus, ja auf Christus allein setzte, und ich erhielt die Versicherung, dass er meine — ja meine Sünden weggenommen und mich von dem Gesetz der Sünde und des Todes erlöst hatte.“ Whitehead, ebd., S. 52 DGK.214.2 Teilen

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Während langer Jahre mühsamen und unbequemen Ringens, Jahren strenger Selbstverleugnung, der Schmach und Erniedrigung, ließ Wesley sich nicht davon abbringen, Gott zu suchen. Nun hatte er ihn gefunden, und er erfuhr, dass die Gnade, die er durch Beten und Fasten, durch Almosengeben und Selbstverleugnung erlangen wollte, eine Gabe war, „ohne Geld und umsonst“. DGK.215.1 Teilen

Einmal im Glauben Christi gegründet, brannte er vor Verlangen, überall das herrliche Evangelium von der freien Gnade Gottes zu verkündigen. „Ich betrachte die ganze Welt als mein Kirchspiel“, sagte er, „und wo ich auch immer sein mag, erachte ich es als passend, recht und meine Pflicht und Schuldigkeit, allen, die willig sind zuzuhören, die frohe Botschaft des Heils zu verkünden.“ Whitehead, ebd., S. 74 DGK.215.2 Teilen

Er setzte sein strenges, selbstverleugnendes Leben fort, das nun nicht mehr der Grund, sondern die Folge des Glaubens, nicht mehr die Wurzel, sondern die Frucht der Heiligung war. Die Gnade Gottes in Christus ist die Grundlage der Hoffnung des Christen, und diese Gnade wird offenbar im Gehorsam. Wesleys Leben war der Verkündigung jener großen Wahrheiten gewidmet, die er empfangen hatte: Gerechtigkeit durch den Glauben an das versöhnende Blut Christi und die herzerneuernde Macht des Heiligen Geistes, die sich in einem neuen Leben erweist, das mit dem Beispiel Christi übereinstimmt. DGK.215.3 Teilen

Whitefield und die Wesleys waren durch eine lange und tiefe persönliche Überzeugung von ihrem menschlichen Verlorensein für ihre Aufgabe vorbereitet worden. Um fähig zu sein, als gute Kämpfer Christi Schwierigkeiten zu erdulden, waren sie der Feuerprobe des Spotts, des Hohns und der Verfolgung sowohl an der Universität als auch beim Antritt ihres Predigtamtes ausgesetzt gewesen. Sie und einige andere, die mit ihnen übereinstimmten, wurden von ihren gottlosen Studienkollegen verächtlich „Methodisten“ genannt — ein Name, der von einer der größten christlichen Gemeinschaften in England und Amerika als ehrenvoll angesehen wird. Als Glieder der anglikanischen Kirche waren sie den Formen ihres Gottesdienstes sehr ergeben, aber der Herr hatte ihnen in seinem Wort ein höheres Ziel gezeigt. Der Heilige Geist drängte sie, Christus den Gekreuzigten zu predigen. Die Macht des Höchsten begleitete ihre Arbeit. Tausende wurden überzeugt und wahrhaft bekehrt. Diese Schafe mussten vor den reißenden Wölfen geschützt werden. Wesley dachte zwar nicht im Geringsten daran, eine neue Gemeinschaft zu gründen, doch vereinte er seine Anhänger in einer sogenannten methodistischen Verbindung. DGK.215.4 Teilen

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Geheimnisvoll und schwierig war der Widerstand, den diese Prediger von der anglikanischen Kirche erfuhren, doch Gott hatte in seiner Weisheit diese Ereignisse gelenkt, um die Reformation in der Kirche selbst zu beginnen. Wäre sie völlig von außen gekommen, so hätte sie dort nicht durchdringen können, wo sie so wichtig war. Da aber die Erweckungsprediger Kirchenmänner waren und im Bereich der Kirche arbeiteten, wo sie gerade Gelegenheit hatten, fand die Wahrheit in jene Bezirke Eingang, in denen sonst die Türen verschlossen geblieben wären. Einige Geistliche wurden aus ihrer sittlichen Erstarrung aufgerüttelt und begannen eifrig in ihren eigenen Pfarreien zu predigen. Gemeinden, die durch ein äußerliches Formenwesen versteinert waren, erwachten zu geistlichem Leben. DGK.216.1 Teilen

Zu Wesleys Zeiten, wie zu allen Zeiten der Kirchengeschichte, erfüllten verschieden begabte Menschen den ihnen zugewiesenen Auftrag. Sie stimmten nicht in jedem Lehrpunkt überein, waren aber alle vom Geist Gottes getrieben und nur von dem einen Wunsch beseelt, Menschen für Christus zu gewinnen. Meinungsverschiedenheiten drohten einst Whitefield und die Wesleys zu entfremden. Als sie aber in der Schule Christi Sanftmut lernten, versöhnte sie gegenseitige Geduld und Nächstenliebe. Sie hatten keine Zeit zum Streit, denn überall machten sich Sünde und Irrtum breit und Sünder gingen dem Verderben entgegen. DGK.216.2 Teilen

Gottes Diener wandelten auf einem rauen Pfad. Einflussreiche und gebildete Menschen waren gegen sie. Nach einiger Zeit standen ihnen viele Geistliche ausgesprochen feindlich gegenüber, und die Türen der Kirche wurden dem reinen Glauben sowie denen, die ihn verkündeten, verschlossen. Das Verfahren der Geistlichkeit, sie von der Kanzel herab zu verdammen, rief die Mächte der Finsternis, der Unwissenheit und der Ungerechtigkeit hervor. Immer wieder entkam John Wesley dem Tod nur durch ein Wunder der göttlichen Gnade. Wenn die Wut des Pöbels gegen ihn aufgestachelt war und es keinen Weg des Entrinnens zu geben schien, trat ein Engel in Menschengestalt an seine Seite, und die Menge wich zurück, und der Diener Gottes verließ unbehelligt den Ort der Gefahr. Über seine Errettung vor dem aufgebrachten Pöbel bei einem solchen Anlass sagte Wesley: „Viele versuchten mich hinzuwerfen, während wir auf einem glitschigen Pfad bergab zur Stadt gingen, da sie richtig erkannten, dass ich wohl kaum wieder aufstehen würde, wenn ich einmal zu Fall gebracht wäre. Aber ich fiel nicht, glitt nicht einmal ein wenig aus, bis ich ganz aus ihren Händen war ... Obwohl viele sich bemühten, mich am Kragen oder an meinem Mantel zu fassen, um mich runterzuziehen, konnten sie doch keinen Halt gewinnen. Nur einem gelang es, einen Zipfel meines Mantels festzuhalten, der bald in seiner Hand blieb, während die andere Hälfte, in der sich eine Tasche mit einer Banknote befand, nur halb abgerissen wurde. Ein derber Mensch, unmittelbar hinter mir, holte mehrmals aus, mich mit einem dicken Eichenprügel zu schlagen. Hätte er mich nur einmal damit auf den Hinterkopf getroffen, so hätte es ausgereicht. Aber jedes Mal wurde der Schlag abgewendet, ich weiß nicht wie, denn ich konnte mich weder zur Rechten noch zur Linken bewegen. Ein anderer stürzte sich durch das Gedränge, erhob seinen Arm zum Schlag, ließ ihn aber plötzlich sinken und streichelte mir den Kopf mit den Worten: ‚Was für weiches Haar er hat!‘... Die allerersten, deren Herzen verwandelt wurden, waren die Gassenhelden, bei allen Anlässen die Anführer des Pöbelhaufens, von denen einer als Ringkämpfer im Bärengarten auftrat . DGK.216.3 Teilen

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Wie langsam bereitet Gott uns auf seinen Willen vor! Vor zwei Jahren streifte ein Stück von einem Ziegelstein meine Schultern, ein Jahr später traf mich ein Stein zwischen die Augen, letzten Monat empfing ich einen Schlag und heute Abend zwei, einen ehe wir in die Stadt kamen, und einen nachdem wir hinausgegangen waren; doch beide waren wie nichts, denn obgleich mich ein Mann mit aller Gewalt auf die Brust schlug und der andere mit solcher Wucht auf den Mund, dass das Blut sofort hervorströmte, so fühlte ich doch nicht mehr Schmerz von beiden Schlägen, als wenn sie mich mit einem Strohhalm berührt hätten.“ Wesley‘s Works, Bd. III, S. 297,298 DGK.217.1 Teilen

Die Methodisten jener Zeit — das Volk und auch die Prediger — ertrugen Spott und Verfolgung sowohl von Kirchengliedern als auch von gottlosen Menschen, die sich durch die falschen Darstellungen jener anstacheln ließen. Sie wurden vor Gerichte gestellt, die es nur dem Namen nach waren, denn Gerechtigkeit wurde nur selten in den Gerichtshöfen jener Zeit gefunden. Oft wurden Gläubige von ihren Verfolgern gepeinigt. Der Mob ging von Haus zu Haus, zerstörte Hausgeräte und Güter, plünderte, was ihm gefiel, und misshandelte in brutaler Weise Männer, Frauen und Kinder. Durch öffentliche Bekanntmachungen wurden alle, die sich am Einwerfen von Fenstern und am Plündern der Häuser der Methodisten zu beteiligen wünschten, aufgefordert, sich zu gegebener Stunde an einem bestimmten Ort zu versammeln. Diese offene Verletzung menschlicher wie auch göttlicher Gesetze ließ man ungetadelt zu und verfolgte planmäßig die Menschen, deren einziger Fehler es war, dass sie versuchten, den Sünder vom Pfad des Verderbens auf den Weg der Heiligkeit zu lenken. John Wesley sagte über die Anschuldigungen gegen ihn und seine Gefährten: „Manche führten an, dass die Lehren dieser Männer falsch, irrig, schwärmerisch, dass sie neu und bisher unbekannt gewesen und sie Quäkerismus, Schwärmerei und Papsttum seien. Diese Behauptungen sind bereits im Keim erstickt worden, weil ausführlich aufgezeigt wurde, dass jede dieser Lehren die klare Botschaft der Heiligen Schrift ist, wie sie von unserer eigenen Kirche ausgelegt wird, und sie deshalb nicht falsch oder fehlerhaft sein kann, vorausgesetzt, dass die Heilige Schrift wahr ist... Andere bemerkten: ‚Ihre Lehre ist zu streng, sie machen den Weg zum Himmel zu schmal‘. Und dies ist in Wahrheit der ursprüngliche Einwand (der eine Zeit lang der einzige war) und liegt heimlich tausend andern zugrunde, die in verschiedener Form erscheinen. Aber machen sie den Weg himmelwärts schmaler als unser Herr und seine Apostel ihn machten? Ist ihre Lehre strenger als die der Bibel? Betrachtet nur einige deutliche Bibelstellen: ‚Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüt.‘ ‚Die Menschen müssen Rechenschaft geben am Jüngsten Gericht von einem jeden unnützen Wort, das sie geredet haben.‘ ‚Ihr esset nun oder trinket oder was ihr tut, so tut es alles zu Gottes Ehre.‘ Lukas 10,27; Matthäus 12,36; 1.Korinther 10,31. DGK.217.2 Teilen

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Wenn ihre Lehre strenger ist als dies, so sind sie zu tadeln. Ihr seid aber in eurem Gewissen überzeugt, dass dem nicht so ist. Und wer kann um ein Jota weniger genau sein, ohne das Wort Gottes zu verdrehen? Kann irgendein Haushalter des Geheimnisses Gottes treu erfunden werden, wenn er irgendeinen Teil jenes heiligen Unterpfandes verändert? Nein, er kann nichts umstoßen; er kann nichts einfacher machen; er ist gezwungen, allen Menschen zu erklären: ‚Ich darf die Heilige Schrift nicht zu eurem Geschmack herabwürdigen. Ihr müsst euch nach ihr richten oder auf ewig zugrunde gehen‘. Dies gibt allerdings Anlass zu dem volkstümlichen Geschrei: ‚die Lieblosigkeit dieser Menschen!‘ Lieblos sind sie? In welcher Beziehung? Speisen sie nicht die Hungrigen und kleiden die Nackten? Ja, aber das ist nicht die Sache. Diesbezüglich mangelt es ihnen nicht, aber sie sind lieblos im Urteil, sie denken, es könne niemand gerettet werden außer jenen, die auf dem von ihnen vorgeschriebenen Weg gehen.“ Wesley‘s Works, Bd. III, S. 152,153 Das geistliche Siechtum, das in England unmittelbar vor Wesleys Zeit sichtbar wurde, war überwiegend die Folge der gesetzesfeindlichen Lehre. Viele behaupteten, Christus habe das Sittengesetz abgeschafft, die Christen wären deshalb nicht mehr verpflichtet, danach zu handeln, denn ein Gläubiger sei von der „Knechtschaft der guten Werke“ befreit. Obwohl andere die Fortdauer des Gesetzes zugaben, erklärten sie esfür unnötig, dass die Prediger das Volk zur Beachtung seiner Vorschriften anhielten, da die Menschen, die Gott zum Heil bestimmt habe, „durch den unwiderstehlichen Antrieb der göttlichen Gnade zur Frömmigkeit und Tugend angeleitet würden“, wogegen die zur ewigen Verdammnis Bestimmten „nicht die Kraft hätten, dem göttlichen Gesetz zu gehorchen“. DGK.218.1 Teilen

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Andere, die ebenfalls behaupteten, dass die Auserwählten weder von der Gnade abfallen noch die göttliche Gnade verlieren könnten, kamen zu der noch schlimmeren Annahme, dass „die bösen Handlungen, die sie begehen, in Wirklichkeit nicht sündhaft seien noch als Übertretung des göttlichen Gesetzes betrachtet werden könnten und dass sie deshalb keinen Grund hätten, ihre Sünden zu bekennen, noch sich von ihnen durch Buße abzuwenden“. Mc Clintock und strongs Enzyklopädie, Art. Antinomians Deshalb erklärten sie, dass selbst eine der schlimmsten Sünden, „die allgemein als eine schreckliche Übertretung des Gesetzes Gottes betrachtet werde, in Gottes Augen keine Sünde sei“, wenn sie von einem seiner Auserwählten begangen werde, „da es eins der wesentlichen und kennzeichnenden Merkmale der Auserwählten des Herrn sei, nichts tun zu können, das entweder nicht wohlgefällig vor Gott oder durch das Gesetz verboten ist“. DGK.219.1 Teilen

Diese ungeheuerlichen Lehren sind im Grunde die gleichen wie die späteren Lehren der beim Volk beliebten Erzieher und Theologen — dass es kein unveränderliches göttliches Gesetz als Richtlinie des Rechts gebe, sondern dass der Maßstab der Sittlichkeit durch die Gesellschaft selbst bestimmt werde und ständig einem Wechsel unterworfen sei. Alle diese Gedanken sind von demselben Geisterfürsten eingegeben, der einst unter den sündlosen Bewohnern des Himmels sein Werk anfing und versuchte, die gerechten Einschränkungen des Gesetzes Gottes zu beseitigen. Die Lehre von der Unabänderlichkeit der göttlichen Verordnung, die das Wesen des Menschen bestimmt, hat viele zur tatsächlichen Ablehnung des Gesetzes Gottes geführt. Wesley trat den Irrtümern der gesetzesfeindlichen Lehrer fest entgegen und zeigte, dass diese Lehre, die zur Gesetzesverwerfung führte, der Heiligen Schrift entgegen war. „Denn es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen.“ — „Denn solches ist gut und angenehm vor Gott, unserm Heiland, welcher will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gegeben hat für alle zur Erlösung.“ Titus 2,11; 1.Timotheus 2,3-6. Der Geist Gottes wird ausreichend gegeben, um jeden Menschen zu befähigen, das Heil zu ergreifen. So erleuchtet Christus, „das wahrhaftige Licht, ... alle Menschen die in diese Welt kommen“. Johannes 1,9. Die Menschen verlieren das Heil durch ihre eigene vorsätzliche Weigerung, die Gabe des Lebens anzunehmen. DGK.219.2 Teilen

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Als Antwort auf den Anspruch, dass beim Tod Christi die Zehn Gebote mit dem Zeremonialgesetz abgeschafft worden seien, entgegnete Wesley: „Das Sittengesetz, wie es in den Zehn Geboten enthalten und von den Propheten eingeschärft worden ist, hat er nicht abgetan. Es war nicht der Zweck seines Kommens, irgendeinen Teil davon abzuschaffen. Es ist dies ein Gesetz, das nie gebrochen werden kann, das feststeht wie der treue Zeuge im Himmel ... Es war von Anbeginn der Welt und wurde nicht auf steinerne Tafeln, sondern in die Herzen aller Menschenkinder geschrieben, als sie aus der Hand des Schöpfers hervorgingen. Und wie sehr auch die einst von Gottes Finger geschriebenen Buchstaben jetzt durch die Sünde verwischt sein mögen, so können sie doch nicht total ausgetilgt werden, solange uns ein Bewusstsein von Gut und Böse bleibt. Jeder Teil dieses Gesetzes muss für alle Menschen und zu allen Zeitaltern in Kraft bleiben, weil es nicht von Zeit oder Ort noch von irgendwelchen anderen dem Wechsel unterworfenen Umständen, sondern von der Natur Gottes und der Natur der Menschen und ihren unveränderlichen Beziehungen zueinander abhängig ist. DGK.220.1 Teilen

‚Ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen‘. Matthäus 5,17. Unzweifelhaft meint er hier (in Übereinstimmung mit allem, was vorangeht und folgt): Ich bin gekommen, es in seiner Vollkommenheit aufzurichten, trotz aller menschlichen Deutungen. Ich bin gekommen, alles, was in ihm dunkel und undeutlich war, in ein volles und klares Licht zu stellen. Ich bin gekommen, die wahre und volle Bedeutung jedes Teiles zu erklären, die Länge und Breite und die ganze Tragweite eines jeglichen darin enthaltenen Gebotes sowie die Höhe und Tiefe, dessen unbegreifliche Reinheit und Geistlichkeit in allen seinen Zweigen zu zeigen.“ Wesley‘s, Works, „Sermon 25“ Wesley verkündete die vollkommene Übereinstimmung zwischen Gesetz und Evangelium und erklärte: „Es besteht deshalb die denkbar innigste Verbindung zwischen dem Gesetz und dem Evangelium. Einerseits bahnt das Gesetz ständig den Weg für das Evangelium und weist uns darauf hin, anderseits führt uns das Evangelium immer zu einer genaueren Erfüllung des Gesetzes. Das Gesetz zum Beispiel verlangt von uns, Gott und den Nächsten zu lieben und sanftmütig, demütig und heilig zu sein. Wir spüren, dass wir dazu nicht fähig sind, ja dass dies dem Menschen unmöglich ist. Aber wir sehen eine Verheißung Gottes, uns diese Liebe zu geben und uns demütig, sanftmütig und heilig zu machen. Wir nehmen das Evangelium an, diese frohe Botschaft. Uns geschieht nach unserem Glauben, und die Gerechtigkeit des Gesetzes wird in uns erfüllt durch den Glauben an Christus Jesus ... Die größten Feinde des Evangeliums Christi sind die, welche offen und deutlich das Gesetz beurteilen und schlecht darüber reden, welche die Menschen lehren, das ganze Gesetz, nicht nur eins seiner Gebote, sei es das geringste oder das größte, sondern sämtliche Gebote zu brechen [aufzuheben, zu lösen, seine Verbindlichkeit zu beseitigen] ... Höchst erstaunlich ist es, dass die, welche sich so stark täuschen ließen, wirklich glauben, Christus dadurch zu ehren, dass sie sein Gesetz verwerfen, und meinen, seinen Dienst zu rühmen, während sie seine Lehre vernichten! Ach, sie ehren ihn ebenso wie Judas es tat, als er sagte: ‚Sei gegrüßt, Rabbi! und küsste ihn.‘ Deshalb könnte der Herr mit Recht zu einem jeden von ihnen sagen: ‚Verrätst du des Menschen Sohn mit einem Kuss?‘ Matthäus 26,49; Lukas 22,48. Irgendeinen Teil seines Gesetzes auf leichtfertige Weise beiseitezusetzen unter dem Vorwand, das Evangelium Christi zu fördern, ist nichts anderes, als ihn mit einem Kuss zu verraten, von seinem Blut zu reden und seine Krone wegzunehmen. In der Tat kann keiner dieser Anschuldigung entgehen, der den Glauben so verkündet, — was direkt oder indirekt dazu führt, irgendeinen Teil des Gehorsams beiseitezusetzen —, keiner, der Jesus Christus so predigt, dass dadurch irgendwie selbst das geringste der heiligen Gebote Gottes ungültig gemacht, geschwächt oder aufgehoben wird.“ Wesley‘s Works, „Sermon 25“ DGK.220.2 Teilen

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Denen, die darauf bestanden, dass „das Predigen des Evangeliums allen Zwecken des Gesetzes entspreche“, erwiderte Wesley: „Dies leugnen wir gänzlich. Es kommt schon dem allerersten Endzweck des Gesetzes nicht nach, nämlich die Menschen der Sünde zu überführen und die, welche noch immer am Rande der Hölle schlafen, aufzurütteln.“ Der Apostel Paulus erklärt: „Durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde“ (Römer 3,20); „und bevor der Mensch sich nicht der Schuld bewusst ist, wird er nicht die Notwendigkeit des versöhnenden Blutes Christi spüren ... Wie unser Heiland auch selbst sagt: ‚Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken.‘ Lukas 5.31. DGK.221.1 Teilen

Es ist deshalb töricht, den Gesunden oder denen, die sich gesund fühlen, einen Arzt aufzudrängen. Sie müssen erst überzeugt sein, dass sie krank sind, sonst werden sie keine Hilfe anfordern. Ebenso töricht ist es, demjenigen Christus anzubieten, dessen Herz noch ganz und unzerbrochen ist.“ Wesley‘s Works, „Sermon 35“ DGK.221.2 Teilen

So bemühte sich Wesley, während er das Evangelium von der Gnade Gottes predigte, gleich seinem Herrn, „das Gesetz herrlich und groß“ zu machen. Gewissenhaft führte er das ihm von Gott anvertraute Werk aus, und herrlich waren die Ergebnisse, die er sehen durfte. Am Ende eines über 80-jährigen Lebens, von dem er mehr als ein halbes Jahrhundert als Wanderprediger zugebracht hatte, betrug die Zahl der sich zu ihm bekennenden Anhänger mehr als eine halbe Million Menschen. Doch die Menge, die durch sein Wirken aus dem Verderben und der Erniedrigung der Sünde zu einem höheren und reineren Leben erhoben worden war, und die Zahl derer, die durch seine Lehre eine tiefere und wertvollere Erfahrung gewonnen hatten, werden wir erst erfahren, wenn die gesamte Familie der Erlösten im Reich Gottes versammelt sein wird. Wesleys Leben bietet jedem Christen eine Lehre von unschätzbarem Wert. Mögen sich doch der Glaube und die Demut, der unermüdliche Eifer und die Selbstaufopferung und Hingabe dieses Dieners Jesu Christi in den heutigen Gemeinden widerspiegeln! DGK.221.3 Teilen

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Unter den Reformern der Kirche sollte denen ein Ehrenplatz eingeräumt werden, welche die Wahrheit rechtfertigten, die sogar von den Protestanten im Allgemeinen ignoriert wurde. Es waren diejenigen, welche die Gültigkeit des vierten Gebots aufrechterhielten und damit die Einhaltung des biblischen Sabbats. Als die Reformation die Dunkelheit zurückdrängte, die über dem Christentum lag, kamen in vielen Ländern Sabbathalter zum Vorschein. Keine andere Gruppe wurde von den bekannten Historikern ungerechter behandelt als jene, die den Sabbat ehrten. Sie wurden als Halbjuden gebrandmarkt oder für abergläubisch und fanatisch erklärt. Auf die Argumente, die sie zur Unterstützung ihres Glaubens aus der Schrift angaben, wurde ebenso geantwortet, wie man es auch heute noch tut, nämlich mit dem Ruf: „Die Väter, die Väter, veraltete Bräuche, die Autorität der Kirche!“ DGK.222.1 Teilen

Luther und seine Mitarbeiter vollbrachten ein edles Werk für Gott, aber da sie ja aus der römischen Kirche kamen und selbst an deren Lehren geglaubt und sie vertreten hatten, konnte man nicht erwarten, dass sie alle diese Irrtümer entdecken würden. Es war ihr Werk, die Fesseln Roms zu zerbrechen und der Welt die Bibel zu geben, doch es gab wichtige Wahrheiten, die sie zu entdecken versäumten und schwere Irrlehren, die sie nicht abgelegt hatten. Viele von ihnen hielten weiterhin den Sonntag und andere päpstliche Feiertage. Sie achteten ihn nicht wirklich als einen Tag von göttlicher Autorität, doch sie glaubten, dass er geheiligt werden sollte als ein allgemein akzeptierter Tag der Verehrung. DGK.222.2 Teilen

Es gab auch einige unter ihnen, die den Sabbat des vierten Gebotes ehrten. So glaubte und praktizierte es Karlstadt (1480-1541). Es gab andere, die sich mit ihm vereinten. John Frith, der Tyndale bei der Übersetzung der Heiligen Schrift unterstützt hatte und der für seinen Glauben gemartert wurde, begründete seine Ansicht, den Sabbat zu respektieren, wie folgt: „Die Juden hatten das Wort Gottes für ihren Samstag, da es der siebente Tag ist, und ihnen wurde geboten, den siebenten Tag zu heiligen. Und wir haben das Wort Gottes nicht für uns, sondern eher gegen uns, weil wir nicht den siebenten Tag halten, wie es die Juden tun, sondern den ersten, der nicht durch das Gesetz Gottes geboten wird.“ John Trask, der die Einhaltung des wahren Sabbats 100 Jahre später anerkannte, verteidigte diesen mit seiner Stimme [Spirit of Prophecy Vol.4,E.G. White, p. 179/180] und Feder. Durch die verfolgende Macht der Kirche von England wurde er aufgerufen, Rechenschaft abzulegen. Er erklärte, dass die Heilige Schrift als Richtschnur für den religiösen Glauben ausreichend sei, und hielt daran fest, dass zivile Autoritäten nicht das Gewissen in Angelegenheiten der Erlösung kontrollieren sollten. Er wurde vor Gericht gestellt — dem berüchtigten Tribunal der „Star Chamber“ —, wo es eine lange Diskussion über die Einhaltung des Sabbats gab. Trask wollte sich nicht von den ausdrücklichen Befehlen und Geboten Gottes abbringen lassen, um menschlichen Gesetzen zu folgen. Er wurde deshalb verdammt sowie an den Pranger gestellt, öffentlich ausgepeitscht und ins Gefängnis geworfen. Dieses grausame Urteil wurde vollstreckt, und nach einiger Zeit war sein Geist gebrochen. Er ertrug seine Leiden ein Jahr im Gefängnis und widerrief dann. O, hätte er weiter gelitten, er hätte die Märtyrerkrone gewonnen! DGK.222.3 Teilen

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Trasks Frau hielt auch den Sabbat. Sie wurde sogar von ihren Feinden als eine Frau bezeichnet, die viele Tugenden besaß, denen alle Christen nacheifern sollten. Sie war eine anerkannte, ausgezeichnete Lehrerin und wurde wegen ihrer Fürsorge für die Armen geachtet. „Dies“, so sagten ihre Feinde, „hat sie angegeben, aus Gewissensgründen zu tun, weil sie daran glaubt, eines Tages nach ihren Taten gerichtet zu werden. Deswegen entschloss sie sich, nach der sichersten Regel zu gehen und eher entgegen ihren persönlichen Interessen, als dafür.“ Doch von ihr wurde auch gesagt, dass sie einen seltsamen Geist besäße und mit einer unvergleichbaren Hartnäckigkeit an ihren eigenen Ansichten festhielt, die ihr schadeten. Tatsächlich entschloss sie sich, lieber dem Wort Gottes zu gehorchen als den Traditionen der Menschen. Schließlich wurde diese edle Frau aufgegriffen und ins Gefängnis geworfen. DGK.223.1 Teilen

Die Anschuldigung, die man gegen sie vorbrachte, war folgende: „Sie unterrichtet nur fünf Tage in der Woche und ruht am Samstag.“ Es war bekannt, dass sie das aus Gehorsam zum vierten Gebot tat. Sie wurde keines Verbrechens beschuldigt; das Motiv ihres Handelns war der einzige Grund ihrer Anschuldigung. Oft wurde sie von ihren Verfolgern im Gefängnis aufgesucht, die raffinierteste Argumente vorbrachten, um sie zu überzeugen, ihren Glauben doch aufzugeben. Als Antwort flehte sie diese an, ihr aus der Heiligen Schrift zu zeigen, dass sie sich im Irrtum befände, und drängte sie, dass, sollte der Sonntag wirklich ein heiliger Tag sein, es im Wort Gottes geschrieben stehen müsse. Doch umsonst fragte sie nach dem Zeugnis aus der Bibel. Sie wurde ermahnt, ihre Überzeugung aufzugeben und an das zu glauben, was die Kirche als richtig erklärte. Doch sie weigerte sich, die Freiheit dadurch zu erkaufen, indem sie die Wahrheit verwarf. Folgendes Versprechen Gottes stützte ihren Glauben: „Fürchte nichts von dem, was du erleiden wirst! Siehe, der Teufel [Spirit of Prophecy Vol. 4, E.G. White,p. 181/182] wird etliche von euch ins Gefängnis werfen, damit ihr geprüft werdet.“ „Sei getreu bis in den Tod, so werde ich dir die Krone des Lebens geben.“ Offenbarung 2,10 (Schlachter 2000). Fast 16 Jahre wurde diese schwache Frau unter Erniedrigungen und großem Leid als Gefangene gehalten. Allein Gottes Buch kann bezeugen, was sie in diesen ermüdenden Jahren erleiden musste. Gläubig bezeugte sie die Wahrheit. Ihre Geduld und innere Kraft versagten nicht, bis sie durch den Tod erlöst wurde. DGK.223.2 Teilen

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Ihr Name wurde als Inbegriff des Bösen auf der Erde verstoßen, aber er wird in den himmlischen Berichten geehrt. Sie steht unter denjenigen verzeichnet, die gejagt, verleumdet, verstoßen, gefangen genommen und gemartert wurden und derer „die Welt nicht wert war.“ Hebräer 11,38. „Sie sollen, spricht der HERR Zebaoth, an dem Tage, den ich machen will, mein Eigentum sein.“ Maleachi 3,17. DGK.224.1 Teilen

Gott hatte in seiner Vorsehung die Geschichte einiger jener bewahrt, die für den Gehorsam des vierten Gebotes gelitten hatten. Aber es gab viele, von denen die Welt nichts weiß und die für dieselbe Wahrheit Verfolgung und Martyrium erduldeten. Jene, welche die Nachfolger Christi unterdrückt hatten, nannten sich selbst Protestanten, aber sie verleugneten den fundamentalen Grundsatz des Protestantismus: die Bibel und nur die Bibel allein als Richtlinie des Glaubens und des Lebens anzuerkennen. Das Zeugnis der Heiligen Schrift warfen sie verächtlich von sich. Dieser Geist lebt noch und verbreitet sich immer mehr, je näher wir dem Ende der Zeit kommen. Menschen, die den biblischen Sabbat verehren, werden immer noch von einem Großteil der christlichen Welt als eigensinnig und starrköpfig bezeichnet, und die Zeit ist nicht mehr fern, da sich der Geist der Verfolgung wieder offen gegen sie richten wird. DGK.224.2 Teilen

Im 17. Jahrhundert gab es einige sabbathaltende Kirchen in England, während Hunderte von Sabbathaltern im ganzen Land verstreut lebten. Durch ihr Werk wurde die Wahrheit bereits zu einem frühen Zeitpunkt in Amerika eingepflanzt. Weniger als ein halbes Jahrhundert nach der Ankunft der Pilger in Plymouth sandten die Sabbathalter von London einen der ihren aus, um die Fahne der Sabbatreform in der Neuen Welt aufzurichten. Dieser Missionar lehrte, dass die Zehn Gebote, wie sie vom Berg Sinai verkündet wurden, moralisch und unveränderlich seien und dass es die antichristliche Macht war, die sich anmaßte, Zeit und Gesetz zu verändern, und die den Sabbat vom siebenten in den ersten Wochentag getauscht hatte. In Newport (Rode Island) nahmen einige der Kirchenglieder diese Ansichten an, doch blieben sie noch für einige Jahre in der Kirche, zu der sie früher gehört hatten. Schließlich entstanden Schwierigkeiten zwischen den Sabbathaltern und jenen, die den Sonntag hielten. Dabei sahen sich diese Gläubigen letzten Endes gezwungen, sich aus [Spirit of Prophecy Vol. 4, E.G. White, p.182/183] der Kirche zurückzuziehen, damit sie Gottes heiligen Tag in Frieden halten konnten. Bald danach organisierten sie sich und gründeten so die erste sabbathaltende Kirche in Amerika. Diese Sabbathalter meinten, dass sie das vierte Gebot halten und dennoch mit den Sonntagsverehrern verbunden bleiben könnten. Es war ein Segen für sie und die folgenden Generationen, dass eine solche Verbindung nicht bestehen konnte, denn hätte sie fortbestanden, wäre dieses Licht von Gottes heiligem Sabbat in der Dunkelheit erloschen. DGK.224.3 Teilen

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Einige Jahre später entstand eine Kirche in New Jersey. Ein eifriger Sonntagsverehrer wurde nach seiner Autorität aus der Heiligen Schrift gefragt, weil er jemanden getadelt hatte, der an diesem Tag arbeitete. Auf der Suche danach fand er stattdessen das göttliche Gebot für die Einhaltung des siebenten Tages, den er ab sofort hielt. Durch seine Arbeit wurde eine Sabbatgemeinde aufgebaut. Seitdem dehnte sich das Werk immer mehr aus, bis schließlich Tausende anfingen, den Sabbat zu halten. Unter den Siebenten-Tags-Baptisten dieses Landes gab es Menschen, die durch ihre Gaben, ihre Gelehrtheit und Frömmigkeit herausragten. Sie vollbrachten ein großes und gutes Werk, in dem sie 200 Jahre zur Verteidigung des ursprünglichen Sabbats standen. DGK.225.1 Teilen

Im 19. Jahrhundert hatten wenige so mutig für diese Wahrheit eingestanden wie der Älteste J.W. Morton, dessen Werke und Schriften zugunsten des Sabbats viele zu dessen Einhaltung führten. Er wurde von den Reformierten Presbyterianern als Missionar nach Haiti gesandt. Er bekam Veröffentlichungen über den Sabbat in seine Hände. Nachdem er die Sache genau untersuchte hatte, wurde er überzeugt, dass das vierte Gebot das Halten des Siebenten-Tags-Sabbats verlangte. Ohne Rücksicht auf seine eigenen Interessen entschied er sich sofort, Gott zu gehorchen. Er kehrte nach Hause zurück, gab seinen Glauben bekannt, wurde wegen Ketzerei gerichtet und aus der Reformierten Presbyterianischen Kirche ausgeschlossen, ohne dass man es ihm erlaubte, die Gründe für seine Haltung zu erläutern. Der Weg, den die Presbyterianische Synode eingeschlagen hatte, indem sie den Ältesten Morton verurteilte, ohne ihm eine Anhörung zu gewähren, ist ein Beweis für den Geist der Intoleranz, der noch besteht — sogar unter jenen, die von sich behaupten, protestantische Reformer zu sein. Der unendliche Gott, dessen Thron im Himmel ist, lässt sich herab, um seinem Volk zu sagen: „So kommt denn und lasst uns miteinander rechten.“ Jesaja 1,18. Doch schwache, irrende Menschen weigern sich, mit ihren Mitgläubigen vernünftig zu reden. Sie stehen bereit, jemanden zu rügen, der das Licht angenommen hat, welches sie nicht erhielten — als hätte sich Gott verpflichtet, niemandem weiteres Licht zu geben als jenes, das er ihnen gegeben hatte. Das ist der Weg, den die Gegner der Wahrheit in allen [Spirit of Prophecy Vol. 4, E.G. White, p. 184/185] Zeitaltern eingeschlagen haben. Sie vergessen die Aussagen der Heiligen Schrift: „Dem Gerechten muss das Licht immer wieder aufgehen.“ Psalm 97,11. „Der Gerechten Pfad glänzt wie das Licht am Morgen, das immer heller leuchtet bis zum vollen Tag.“ Sprüche 4,18. Es ist traurig, wenn ein Volk, das von sich behauptet, reformiert zu sein, aufgehört hat, weiter zu wachsen. DGK.225.2 Teilen

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Wenn bekenntliche Christen doch ihre Ansichten sorgfältig und unter Gebet mit der Schrift verglichen, allen Meinungsstolz und den Wunsch nach Überlegenheit beiseite legten, so würde sich eine Flut des Lichts über die Kirchen ergießen, die jetzt in der Dunkelheit ihrer Irrtümer wandern. So schnell, wie sein Volk es ertragen kann, offenbart ihm der Herr die Irrlehren und Charakterfehler, die es hat. Durch alle Zeitalter hindurch ließ der Herr Menschen sich erheben und befähigte sie, ein besonderes Werk zu vollbringen, das in ihrer Zeit benötigt wurde. Aber keinem von ihnen vertraute er das ganze Licht an, das der Welt gegeben werden sollte. Die Weisheit stirbt nicht mit ihnen. Es war nicht der Wille Gottes, dass das Werk der Reformation mit dem Lebensende Luthers aufhören sollte. Es war nicht sein Wille, dass mit dem Tod Wesleys der christliche Glaube feststehend und unveränderlich werde. Das Werk der Reformation ist fortschreitend. „Geht vorwärts!“ ist das Gebot unseres großen Führers — Vorwärts bis zum Sieg! DGK.226.1 Teilen

Wir werden nicht angenommen und von Gott geehrt, indem wir dasselbe Werk tun, das unsere Väter taten. Wir haben nicht die gleiche Stellung, welche sie innehatten, als sich ihnen die Wahrheit enthüllte. Um so angenommen und geehrt zu werden wie sie, müssen wir das Licht verbessern, das über uns leuchtet, wie sie das Licht verbessert hatten, welches über sie geschienen hatte. Wir müssen so handeln, wie sie es getan hätten, würden sie in unseren Tagen leben. Luther und die Wesleys waren Reformer in ihrer Zeit. Es ist unsere Pflicht, das Werk der Reformation fortzusetzen. Wenn wir es vernachlässigen, das Licht zu beachten, wird es zur Dunkelheit. Der Grad der Dunkelheit wird proportional dem abgelehnten Licht entsprechen. Die Propheten Gottes verkündeten, dass sich in den letzten Tagen die Erkenntnis steigern werde. Es sind nun neue Wahrheiten dem demütigen Forscher zu offenbaren. DGK.226.2 Teilen

Die Lehren der Worte Gottes müssen nun von den Irrtümern und dem Aberglauben befreit werden, mit dem sie vermengt worden sind. Doktrinen, die nicht durch die Schrift belegt worden sind, wurden weit verbreitet und gelehrt, und viele haben sie aufrichtig angenommen; doch wenn die Wahrheit offenbar wird, ist jeder verpflichtet, sie anzunehmen. Jene, die erlauben, dass weltliche Interessen, der Wunsch nach Beliebtheit oder Meinungsstolz sie von der Wahrheit trennen, werden vor Gott für ihre Nachlässigkeit dann Rechenschaft [Spirit of Prophecy Vol. 4, E.G. White, p. 186/187] ablegen müssen. DGK.226.3 Teilen

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