Portrait von Ellen White
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In der Bibel vorausgesagt
In der Bibel vorausgesagt
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Damals verstanden die Jünger Jesu vieles nicht über den Auftrag Jesu, sein Leiden und Sterben. Daraus entstand die Enttäuschung seiner Nachfolger. Denn obwohl er es ihnen vorher schon gesagt hatte, beurteilten sie es falsch. Genauso war es in der Zeit von Miller und der Verkündigung der Wiederkunft Jesu. DGK.291.1 Teilen

Das Werk Gottes auf Erden ist durch alle Jahrhunderte hindurch in jeder großen Reformation oder religiösen Bewegung auffallend gleich strukturiert. Die Grundzüge des Handelns Gottes mit den Menschen sind stets dieselben. Die wichtigsten Bewegungen der Gegenwart haben ihre Parallelen in der Vergangenheit, und die Erfahrungen der Gemeinde früherer Zeiten bieten deshalb wertvolle Lehren für unsere heutige Zeit. DGK.291.2 Teilen

Dass Gott durch seinen Heiligen Geist seine Diener auf Erden in ganz besonderer Weise in den großen Bewegungen zur Weiterführung des Heilswerkes lenkt, lehrt die Bibel sehr deutlich. Menschen sind Werkzeuge in Gottes Hand. Er nutzt sie, um seine Absichten der Gnade und Barmherzigkeit auszuführen. Jeder hat seine Aufgabe; jedem ist ein Maß an Erkenntnis verliehen, das den Erfordernissen seiner Zeit entspricht und dazu ausreicht, das Werk ausführen zu können, welches Gott ihm auferlegt hat. Aber kein Mensch, wie sehr er auch vom Himmel geehrt werden mag, hat den großen Erlösungsplan völlig verstanden oder auch nur die göttliche Absicht in dem Werk für seine Zeit erkannt. Die Menschen verstehen nicht restlos, was Gott durch die Aufgabe, die er ihnen auferlegt, ausführen möchte. Sie begreifen die Botschaft, die sie in seinem Namen verkündigen, nicht in ihrer ganzen Tragweite. „Meinst du, dass du wissest, was Gott weiß, und wollest es so vollkommen treffen wie der Allmächtige?“ „Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr; sondern soviel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.“ „Ich bin Gott, und keiner mehr, ein Gott, desgleichen nirgend ist, der ich verkündige zuvor, was hernach kommen soll, und vorlängst, ehe denn es geschieht.“ Hiob 11,7; Jesaja 55,8.9; 46,9.10. DGK.291.3 Teilen

Selbst die Propheten, die durch die besondere Erleuchtung des Geistes begünstigt worden waren, erfassten die Bedeutung der ihnen gegebenen Offenbarungen nur teilweise. Der Sinn sollte nach und nach in dem Maß entfaltet werden, wie das Volk Gottes die enthaltenen Belehrungen benötigen würde. Petrus schrieb von der durch das Evangelium offenbarten Erlösung und sagte: „Nach dieser Seligkeit haben gesucht und geforscht die Propheten, die von der Gnade geweissagt haben, die für euch bestimmt ist, und haben geforscht, auf welche und was für eine Zeit der Geist Christi deutete, der in ihnen war und zuvor bezeugt hat die Leiden, die über Christus kommen sollten, und die Herrlichkeit danach. Ihnen ist offenbart worden, dass sie nicht sich selbst, sondern euch dienen sollten.“ 1.Petrus 1,10-12. DGK.291.4 Teilen

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Es war den Propheten zwar nicht möglich, die ihnen offenbarten Dinge ganz zu verstehen, aber sie suchten trotzdem ernst nach mehr Erkenntnis. Gott fand es für gut, sie ihnen zu geben. Sie suchten und forschten, auf welche und welcherlei Zeit der Geist Christi deutete, der in ihnen war. Welch eine Lehre für die Kinder Gottes im christlichen Zeitalter, zu deren Nutzen diese Weissagungen den Dienern Gottes gegeben wurden! Nicht für sie selbst, sondern für uns wurden sie gegeben. Schaut diese heiligen Männer Gottes an, die in den ihnen gegebenen Offenbarungen für die noch nicht geborenen Menschen gesucht und geforscht haben. Stellt ihren heiligen Eifer der sorgenlosen Gleichgültigkeit gegenüber, mit der die Bevorzugten späterer Jahrhunderte diese Gabe des Himmels behandeln. Welch ein Vorwurf für die bequeme, weltliebende Gleichgültigkeit, die sich mit der Erklärung zufrieden gibt, die Weissagungen seien nicht zu verstehen! DGK.292.1 Teilen

Obwohl der eingeschränkte menschliche Verstand nicht den Rat des Ewigen erforschen oder das Ziel seiner Absichten völlig verstehen kann, so liegt es doch oft an einem Irrtum oder einer Vernachlässigung seitens der Menschen, dass sie die Botschaften vom Himmel so unklar erfassen. Häufig sind die Gemüter, sogar die der Knechte Gottes, durch menschliche Anschauungen, Satzungen und falsche Lehren so verblendet, dass sie die großen Gedanken, die er in seinem Wort offenbart hat, nur teilweise begreifen können. So war es bei den Jüngern Jesu, selbst als der Heiland bei ihnen war. Ihr Verständnis war durchdrungen von volkstümlichen Begriffen über den Messias, die in ihm einen weltlichen Fürsten sahen, der Israel zu einer weltumspannenden Großmacht emporbringen sollte. Sie konnten die Bedeutung seiner Worte, die seine Leiden und seinen Tod voraussagten, nicht begreifen. DGK.292.2 Teilen

Christus selbst hatte sie mit der Botschaft hinausgesandt: „Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist herbeigekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium!“ Markus 1,15. Diese Botschaft gründete sich auf Daniel 9. Der Engel hatte einst erklärt, dass die 69 Wochen bis auf Christus, den Fürsten, reichen sollten, und mit großen Hoffnungen und freudigen Erwartungen blickten die Jünger vorwärts auf die Errichtung des messianischen Reiches in Jerusalem, das die ganze Erde beherrschen sollte. Sie predigten die ihnen von Christus anvertraute Botschaft, obwohl sie ihren Sinn falsch verstanden. Während sich ihre Verkündigung auf Daniel 9,25 stützte, übersahen sie, dass nach dem nächsten Vers des gleichen Kapitels der Gesalbte ausgerottet werden sollte. Von ihrer frühesten Jugend an hing ihr Herz an der vorausempfundenen Herrlichkeit eines irdischen Reiches. Dadurch befanden sie sich, was sowohl die prophetischen Angaben als auch die Worte Christi betrifft, in einem Zustand geistiger Blindheit. DGK.292.3 Teilen

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Sie erfüllten ihre Pflicht, indem sie der jüdischen Nation die Einladung der Barmherzigkeit anboten, und dann, gerade zu der Zeit, als sie erwarteten, dass ihr Herr den Thron Davids einnehmen werde, sahen sie ihn wie einen Übeltäter ergriffen, gegeißelt, verspottet, verurteilt und ans Kreuz von Golgatha geschlagen. Welche Verzweiflung und seelische Qualen marterten die Herzen der Jünger während der Tage, da ihr Herr im Grab schlief! DGK.293.1 Teilen

Christus war zur vorhergesagten Zeit und auf die in der Weissagung angedeutete Art und Weise gekommen. Das Zeugnis der Schrift war in jeder Einzelheit seines Lehramtes erfüllt worden. Er hatte die Botschaft des Heils verkündet, und „seine Rede war gewaltig“ gewesen. Lukas 4,32. Seine Zuhörer hatten es an ihren Herzen erfahren, dass sie göttlichem Geist entstammte. Das Wort und der Geist Gottes bestätigten die göttliche Sendung seines Sohnes. Die Jünger hingen noch immer unverändert an ihrem geliebten Meister, und doch waren ihre Gemüter in Ungewissheit und Zweifel gehüllt. In ihrer Seelenangst dachten sie nicht an die Worte Christi, die auf seine Leiden und auf seinen Tod hinwiesen. Wäre Jesus von Nazareth der wahre Messias gewesen, würden sie dann derart in Täuschung und Schmerz gestürzt worden sein? Diese Frage quälte sie, als der Heiland während der hoffnungslosen Stunden jenes Sabbats, der zwischen seinem Tod und seiner Auferstehung lag, im Grab ruhte. DGK.293.2 Teilen

Obwohl die Nacht der Sorgen finster über diese Nachfolger Christi hereinbrach, waren sie doch nicht verlassen. Der Prophet sagte: „Wenn ich auch im Finstern sitze, so ist doch der Herr mein Licht ... er wird mich ans Licht bringen, dass ich seine Gnade schaue.“ „Auch die Finsternis würde für dich nicht finster sein, vielmehr die Nacht dir leuchten wie der Tag: Finsternis wäre für dich wie das Licht.“ Gott hatte gesagt: „Den Frommen geht das Licht auf in der Finsternis.“ „Aber die Blinden will ich auf dem Wege leiten, den sie nicht wissen; ich will sie führen auf den Steigen, die sie nicht kennen; ich will die Finsternis vor ihnen her zum Licht machen und das Höckerige zur Ebene. Solches will ich ihnen tun und sie nicht verlassen.“ Micha 7,8.9; Psalm 139,12 (Menge); Psalm 112,4; Jesaja 42,16. DGK.293.3 Teilen

Die Verkündigung, die die Jünger im Namen des Herrn hinausgetragen hatten, war in jeder Hinsicht richtig, und die Ereignisse, auf die sie hinwiesen, liefen gerade zu der Zeit ab. „Die Zeit ist erfüllet, und das Reich Gottes ist herbeigekommen!“ Markus 1,15. — Das war ihre Botschaft gewesen. Beim Ablauf der Zeit — der 69 Wochen aus Daniel 9, die bis auf den Messias, den Gesalbten, reichen sollten — hatte Christus nach seiner Taufe durch Johannes im Jordan die Salbung des Heiligen Geistes empfangen. Das Himmelreich, das sie als gekommen erklärt hatten, wurde beim Tod Christi aufgerichtet. Dies Reich war nicht, wie man sie gelehrt hatte, ein irdisches Reich. Auch war es nicht das zukünftige unvergängliche Reich, das erst aufgerichtet werden wird, wenn „das Reich, Gewalt und Macht unter dem ganzen Himmel dem heiligen Volk des Höchsten gegeben werden wird, des Reich ewig ist“, und alle Gewalt ihm dienen und gehorchen wird. Daniel 7,27. In der Bibel werden mit dem Ausdruck „Himmelreich“ sowohl das Reich der Gnade als auch das Reich der Herrlichkeit bezeichnet. Das Reich der Gnade wird uns von Paulus im Hebräerbrief vor Augen geführt. Nach dem Hinweis auf Christus, den barmherzigen Fürsprecher, der sich unserer Schwachheit annimmt, fährt der Apostel fort: „Darum lasset uns hinzutreten mit Freudigkeit zu dem Gnadenstuhl, auf dass wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden.“ Hebräer 4,16. Der Gnadenstuhl oder Gnadenthron stellt das Gnadenreich dar, denn das Vorhandensein eines Thrones setzt das Bestehen eines Reiches voraus. In vielen seiner Gleichnisse wendet Christus den Ausdruck „das Himmelreich“ an, um das Werk der göttlichen Gnade an den Herzen der Menschen zu bezeichnen. DGK.293.4 Teilen

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So vergegenwärtigt der Stuhl der Herrlichkeit das Reich der Herrlichkeit; und auf dieses Reich beziehen sich die Worte des Heilandes: „Wenn aber des Menschen Sohn kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle heiligen Engel mit ihm, dann wird er sitzen auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit, und werden vor ihm alle Völker versammelt werden.“ Matthäus 25,31.32. Dieses Reich ist noch zukünftig, es wird erst bei der Wiederkunft Christi aufgerichtet werden. DGK.294.1 Teilen

Das Reich der Gnade wurde unmittelbar nach dem Sündenfall eingesetzt, als ein Plan zur Erlösung des schuldigen Menschengeschlechts entstand. Es offenbarte sich damals in der Absicht und in der Verheißung Gottes, und durch den Glauben konnten die Menschen seine Untertanen werden. Tatsächlich wurde es jedoch erst beim Tod Christi aufgerichtet. Sogar nach dem Antritt seiner irdischen Mission hätte sich der Heiland noch, ermattet von der Hartnäckigkeit und Undankbarkeit der Menschen, dem auf Golgatha darzubringenden Opfer entziehen können. In Gethsemane zitterte der Leidenskelch in seiner Hand. Selbst da noch hätte er den Blutschweiß von seiner Stirn wischen und das schuldige Geschlecht in seiner Sünde zugrunde gehen lassen können. Dann aber wäre die Erlösung für den gefallenen Menschen unmöglich geworden. Doch als der Heiland sein Leben hingab und mit seinem letzten Atemzug ausrief: „Es ist vollbracht!“ (Johannes 19,30), da war die Durchführung des Erlösungsplanes gesichert. Die dem sündigen Paar in Eden gegebene Verheißung des Heils war bestätigt. Das Reich der Gnade, das schon vorher in der Verheißung Gottes bestanden hatte, war nun aufgerichtet. DGK.294.2 Teilen

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Somit gereichte der Tod Christi — gerade das Ereignis, das die Jünger als endgültigen Untergang ihrer Hoffnung gesehen hatten — dazu, diese für ewig zu gründen. Während der Tod Jesu sie grausam enttäuscht hatte, war er doch der größte Beweis, dass ihr Glaube richtig gewesen war. Das Ereignis, das sie mit Trauer und Verzweiflung erfüllt hatte, öffnete jedem Kind Adams die Tür der Hoffnung. Im Tod Jesu gipfelt das zukünftige Leben und die ewige Glückseligkeit der Gottgetreuen aller Zeitalter. DGK.295.1 Teilen

Absichten unendlicher Barmherzigkeit gingen gerade durch die Enttäuschung der Jünger in Erfüllung. Während ihre Herzen von der göttlichen Anmut und von der Macht der Lehre dessen gewonnen worden waren, der da redete, wie noch nie ein Mensch geredet hatte (Johannes 7,46), zeigte es sich, dass mit dem reinen Gold ihrer Liebe zu Jesus doch noch die wertlose Schlacke weltlichen Stolzes und selbstsüchtigen Ehrgeizes vermengt war. Noch im oberen Saal, wo alles für das Essen des Passalammes vorbereitet stand, in jener feierlichen Stunde, als der Meister schon in den Schatten Gethsemanes trat, „erhob sich ... ein Streit unter ihnen, wer von ihnen als der Größte gelten solle“. Lukas 22,24. Ihnen schwebte das Bild des Thrones, der Krone und der Herrlichkeit vor Augen, während doch die Schmach und Seelenangst im Garten Gethsemane, das Richthaus und das Kreuz auf Golgatha vor ihnen lagen. Der Stolz ihres Herzens, ihr Verlangen nach weltlichem Ruhm verleitete sie, hartnäckig an den falschen Lehren ihrer Zeit festzuhalten und die Worte des Heilands, welche die wahre Beschaffenheit seines Reiches beschrieben und auf seine Leiden und seinen Tod hinwiesen, unbeachtet zu lassen. Diese Irrtümer führten schließlich zu der schweren aber notwendigen Prüfung, die zu ihrer Besserung zugelassen wurde. Obwohl die Jünger den Sinn ihrer Botschaft verkehrt aufgefasst hatten und sie ihre Erwartungen nicht verwirklicht sahen, hatten sie doch die ihnen von Gott aufgetragene Warnung verkündet, und der Herr wollte ihren Glauben belohnen und ihren Gehorsam ehren. Ihnen sollte das Werk anvertraut werden, das herrliche Evangelium von ihrem auferstandenen Herrn unter allen Völkern zu verbreiten. Um sie darauf vorzubereiten, mussten sie durch die ihnen so bitter erscheinende Erfahrung hindurchgehen. Nach seiner Auferstehung erschien Jesus seinen Jüngern auf dem Weg nach Emmaus und „fing an von Mose und allen Propheten und legte ihnen alle Schriften aus, die von ihm gesagt waren“. Lukas 24,27. Die Herzen der Jünger wurden bewegt. Ihr Glaube wuchs. Sie wurden „wiedergeboren ... zu einer lebendigen Hoffnung“ (1.Petrus 1,3), noch ehe sich Jesus ihnen zu erkennen gab. Er wollte ihren Verstand erleuchten und ihren Glauben auf das feste prophetische Wort gründen. Er wünschte, dass die Wahrheit in ihren Herzen fest Wurzel fasste, nicht nur weil sie von seinem persönlichen Zeugnis unterstützt war, sondern auch um des untrüglichen Beweises willen, der in den Symbolen und Schattenbildern des Zeremonialgesetzes sowie in den Weissagungen des Alten Testaments lag. Es war für die Nachfolger Christi notwendig, einen verständigen Glauben zu haben, nicht nur für sich selbst, sondern auch, um der Welt die Erkenntnis Christi verkündigen zu können. Für den allerersten Schritt im Weitergeben dieser Erkenntnis verwies Jesus die Jünger auf Mose und die Propheten. So bezeugte der auferstandene Heiland den Wert und die Wichtigkeit der alttestamentlichen Schriften. DGK.295.2 Teilen

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Welch eine Veränderung ging in den Herzen der Jünger vor, als sie noch einmal in das geliebte Antlitz ihres Meisters blickten! Lukas 24,32. Besser und vollständiger als je zuvor hatten sie den „gefunden, von welchem Mose im Gesetz und die Propheten geschrieben haben“. Johannes 1,45. Ungewissheit, Angst und Verzweiflung wichen vollkommener Zuversicht und felsenfestem Glauben. So war es nicht verwunderlich, dass sie nach seiner Auferstehung „waren allewege im Tempel, priesen und lobten Gott“. Lukas 24,53. Das Volk, das nur vom schmachvollen Tod des Heilands wusste, erwartete bei ihnen einen Ausdruck von Trauer, Verwirrung und Enttäuschung; stattdessen sah es Freude und Siegessicherheit. Welch eine Vorbereitung hatten diese Jünger für die ihnen bevorstehende Aufgabe empfangen! Sie waren durch die schwerste Prüfung gegangen, die sie treffen konnte, und hatten gesehen, dass das Wort Gottes sieghaft in Erfüllung ging, als nach menschlichem Urteil alles verloren war. Was vermochte ihren Glauben hinfort zu erschüttern oder ihre glühende Liebe zu dämpfen? In ihren bittersten Ängsten hatten sie „einen starken Trost“, eine Hoffnung, „einen sichern und festen Anker“ der Seele. Hebräer 6,18.19. Sie waren Zeugen der Weisheit und Macht Gottes gewesen und wussten „gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch keine andere Kreatur“ sie zu scheiden vermochte „von der Liebe Gottes, die in Christus Jesu ist, unserm Herrn“. „In dem allen“, sagten sie, „überwinden wir weit um deswillen, der uns geliebt hat.“ Römer 8,38.39.37. „Aber des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit.“ „Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt.“ 1.Petrus 1,25; Römer 8,34. Der Herr sagt: „Mein Volk soll nicht mehr zu Schanden werden.“ „Den Abend lang währt das Weinen, aber des Morgens ist Freude.“ Joel 2,26; Psalm 30,6. Hätten die Jünger ihre gegenwärtige Hoffnung wohl gegen die Hoffnung ihrer früheren Jüngerschaft tauschen mögen, als sie den Heiland an seinem Auferstehungstag trafen und ihre Herzen brannten, während sie seinen Worten lauschten? Was ging in ihnen vor, als sie auf Haupt, Hände und Füße blickten, die um ihretwillen verwundet worden waren? Welche Gedanken erfüllten sie, als Jesus sie vor seiner Himmelfahrt nach Bethanien führte, segnend seine Hände erhob und ihnen gebot: „Geht hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur“ und dann hinzufügte: „Denn siehe, ich bin bei euch alle Tage“? Markus 16,15; Matthäus 28.20. Wo war nur ihre Angst vor dem Weg, der sie durch Opfer und Martertod führen sollte, als am Pfingsttag der verheißene Tröster herabkam, ihnen die Kraft aus der Höhe vermittelte, und die Gläubigen sich der Gegenwart ihres aufgefahrenen Herrn bewusst wurden? Ob die Jünger angesichts aller dieser Erfahrungen wohl das Amt des Evangeliums seiner Gnade und „die Krone der Gerechtigkeit“ (2.Timotheus 4,8), die sie bei seinem Erscheinen empfangen sollten, gegen die Herrlichkeit eines irdischen Thrones hätten tauschen wollen? Der „aber, der überschwänglich tun kann über alles, das wir bitten oder verstehen“, hatte ihnen mit der Gemeinschaft seiner Leiden auch die Gemeinschaft seiner Freude verliehen — der Freude, „viele Kinder ... zur Herrlichkeit“ zu führen. Es ist eine unaussprechliche Freude, „eine ewige und über alle Maßen wichtige Herrlichkeit“, und „unsre Trübsal, die zeitlich und leicht“, ist ihr gegenüber, wie Paulus sagt, „nicht wert“. Epheser 3,20; Hebräer 2,10; 2.Korinther 4,17; Römer 8,18. DGK.296.1 Teilen

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Die Erfahrung der Jünger, die beim ersten Kommen Christi „das Evangelium vom Reich“ verkündeten, hat ihr Gegenstück in der Erfahrung derer, die die Botschaft seiner Wiederkunft verbreiteten. Gleichwie die Jünger hinausgingen und predigten: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist herbeigekommen“, so verkündeten Miller und seine Mitarbeiter, dass der längste und letzte prophetische Zeitabschnitt, den die Bibel erwähnt, fast abgelaufen sei, dass das Gericht unmittelbar bevorstände und das ewige Reich bald anbrechen würde. Die Predigt der Jünger gründete sich hinsichtlich der Zeit auf die 70 Wochen in Daniel 9. Die von Miller und seinen Gefährten verbreitete Botschaft kündete den Ablauf der 2300 Tage an, von denen die 70 Wochen einen Teil bilden. Damit hatte die Predigt sowohl der Jünger als auch Millers die Erfüllung je eines Teiles derselben prophetischen Zeitspanne als feste Grundlage. Wie die ersten Jünger, verstanden William Miller und seine Freunde selbst nicht völlig die Tragweite der Botschaft, die sie verkündeten. Lange in der Kirche geübte Irrtümer hinderten sie, zur richtigen Auslegung einer wichtigen Seite der Weissagung zu gelangen. Obwohl sie die Botschaft predigten, die Gott ihnen zur Verkündigung an die Welt anvertraut hatte, wurden sie dennoch durch eine falsche Auffassung ihrer Bedeutung enttäuscht. Bei der Erklärung von Daniel 8,14: „Bis 2300 Abende und Morgen um sind, dann wird das Heiligtum wieder gereinigt werden“ (Daniel 8,14, KJV), teilte Miller die allgemein herrschende Ansicht, dass die Erde das Heiligtum sei. Er glaubte, dass die Reinigung des Heiligtums, die Läuterung der Erde durch Feuer, am Tag der Wiederkunft des Herrn stattfände. Als er fand, dass der Ablauf der 2300 Tage bestimmt angegeben worden war, schloss er daraus, dass dies die Zeit der Wiederkunft offenbare. Sein Irrtum entstand dadurch, dass er bezüglich des Heiligtums die übliche Ansicht annahm. DGK.297.1 Teilen

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Im Schattendienst, der ein Hinweis auf das Opfer und die Priesterschaft Christi war, bildete die Reinigung des Heiligtums den letzten Dienst, der vom Hohepriester jährlich einmal ausgeübt wurde. Es war dies das abschließende Werk der Versöhnung, ein Wegschaffen oder Abtun der Sünde von Israel, und versinnbildete das Schlusswerk im Amt unseres Hohepriesters im Himmel, wobei er die Sünden seines Volkes, die in den himmlischen Büchern verzeichnet stehen, hinwegnimmt oder austilgt. Dieser Dienst schließt eine Untersuchung, einen Gerichtsprozess ein, der der Wiederkunft Christi in den Wolken des Himmels mit großer Macht und Herrlichkeit unmittelbar vorausgeht; denn wenn er erscheint, ist jeder Fall schon entschieden worden. Jesus sagt: „Siehe, ich komme bald und mein Lohn mit mir, zu geben einem jeglichen, wie seine Werke sein werden.“ Offenbarung 22,12. Dieses Gericht vor der Wiederkunft wird in der ersten Engelsbotschaft von Offenbarung 14,7 angekündigt: „Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre; denn die Zeit seines Gerichts ist gekommen!“ DGK.298.1 Teilen

Alle, die diese Warnung verkündeten, gaben die richtige Botschaft zur rechten Zeit. Doch wie die ersten Jünger auf Grund der Weissagung in Daniel 9 erklärten: „Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist herbeigekommen“ und dennoch nicht erkannten, dass der Tod des Messias in der gleichen Schriftstelle angekündigt wurde, so predigten auch Miller und seine Mitarbeiter die auf Daniel 8,14 und Offenbarung 14,7 beruhende Botschaft, ohne zu erkennen, dass in Offenbarung 14 noch andere Botschaften gegeben waren, die ebenfalls vor der Wiederkunft Christi verkündet werden sollten. Wie sich die Jünger über das Reich getäuscht hatten, das am Ende der 70 Wochen aufgerichtet werden sollte, so befanden sich die Adventisten bezüglich des Ereignisses im Irrtum, das für das Ende der 2300 Tage verheißen war. In beiden Fällen war es eine Annahme oder vielmehr ein Festhalten an den volkstümlichen Irrtümern, das den Sinn für die Wahrheit verdunkelte. Sowohl die Jünger wie auch die Adventisten erfüllten den Willen Gottes, indem sie die Botschaft predigten, die verkündet werden sollte. Beide Gruppen wurden infolge ihrer verkehrten Auffassung von der Botschaft Gottes enttäuscht. Dennoch erreichte Gott seine gut gemeinte Absicht, und er ließ es zu, dass die Gerichtswarnung auf die erwähnte Weise verkündet wurde. Der große Tag stand nahe bevor, und in Gottes Vorsehung wurden die Menschen bezüglich einer bestimmten Zeit geprüft, um ihnen zu zeigen, was in ihren Herzen war. Die Botschaft war zur Prüfung und Reinigung der Gemeinden bestimmt. Diese sollten dahin gebracht werden, zu erkennen, ob ihre Herzen auf diese Welt oder auf Christus und den Himmel gerichtet waren. Sie gaben vor, den Heiland zu lieben — nun sollten sie ihre Liebe beweisen. Waren sie bereit, ihre weltlichen Hoffnungen und ehrgeizigen Pläne aufzugeben und mit Freuden die Ankunft ihres Herrn zu erwarten? Die Botschaft sollte sie befähigen, ihren wahren geistlichen Zustand zu erkennen. Sie war in Gnaden gesandt worden, um sie anzuspornen, den Herrn reuig und demütig zu suchen. DGK.298.2 Teilen

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Auch die Fehlrechnung, die sie verkündeten — obwohl sie die Folge ihrer eigenen verkehrten Auffassung der Botschaft war -, sollte zum Besten gewendet werden. Sie stellte die Herzen derer auf die Probe, die vorgegeben hatten, die Warnung anzunehmen. Würden sie angesichts ihrer Enttäuschung ihre Erfahrung aufgeben und ihr Vertrauen in das Wort Gottes fahren lassen? Oder würden sie demütig und unter Gebet versuchen zu entdecken, wo sie die Weissagung falsch verstanden hatten? Wie viele hatten aus Furcht, aus blindem Antrieb und in Erregung gehandelt? Wie viele waren halbherzig und ungläubig? Tausende bekannten, die Erscheinung des Herrn liebzuhaben. Würden sie unter dem Spott und der Schmach der Welt, unter der Verzögerung und Enttäuschung den Glauben verleugnen? Würden sie, weil sie Gottes Handlungsweise mit ihnen nicht gleich verstehen konnten, Wahrheiten aufgeben, die auf den sehr klaren Aussagen seines Wortes beruhten? DGK.299.1 Teilen

Diese Probe sollte die Standhaftigkeit derer offenbaren, die im Glauben gehorsam gewesen waren gegenüber dem, was sie als Lehre des Wortes Gottes angenommen hatten. Diese Erfahrung war wie keine andere dazu bestimmt, ihnen die Gefahren zu zeigen, die damit verknüpft sind, dass Theorien und Auslegungen der Menschen angenommen werden, statt die Bibel sich selbst erklären zu lassen. In den Kindern des Glaubens würden die aus ihrem Irrtum hervorgehenden Schwierigkeiten und Sorgen die nötige Besserung wirken. Sie würden zu einem gründlicheren Studium des prophetischen Wortes veranlasst werden und lernen, die Grundlagen ihres Glaubens sorgfältiger zu prüfen und alles Unbiblische zu verwerfen, wie verbreitet es auch in der Christenheit sein mag. Diese Gläubigen sollten, wie die ersten Jünger, über das, was sie in der Stunde der Prüfung nicht verstanden, später aufgeklärt werden. Sähen sie „das Ende des Herrn“ (Jakobus 5,11), dann wüssten sie, dass sich seine Liebesabsichten ihnen gegenüber, trotz der Schwierigkeiten, die sich aus ihren Irrtümern ergaben, erfüllt hatten. Sie erkennten durch eine segenbringende Erfahrung, dass der Herr „barmherzig und ein Erbarmer“ ist, dass alle seine Wege „lauter Güte und Treue für alle, die seinen Bund und seine Gebote halten“. Psalm 25,10. DGK.299.2 Teilen

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