Portrait von Ellen White
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Kapitel 38: Die Reise um Edom
Kapitel 38: Die Reise um Edom
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Auf Grundlage von 4.Mose 20,14-29; 4.Mose 21,1-9. DPa.337 Teilen

Das israelitische Lager bei Kadesch lag unweit der Grenze Edoms. Mose und das Volk wollten gern den Weg zum verheißenen Land durch dieses Gebiet nehmen. So schickten sie nach Gottes Anweisung eine Botschaft an den Edomiterkönig: „So lässt dir dein Bruder Israel sagen: Du kennst all die Mühsal, die uns betroffen hat, dass unsere Väter nach Ägypten hinabgezogen sind und wir lange Zeit in Ägypten gewohnt haben und dass die Ägypter uns und unsere Väter schlecht behandelt haben. Und wir schrien zu dem HERRN; der hat unsere Stimme gehört und einen Engel gesandt und uns aus Ägypten geführt. Und siehe, wir sind in Kadesch, einer Stadt an deiner Grenze. Lass uns durch dein Land ziehen. Wir wollen nicht durch Äcker oder Weinberge gehen, auch nicht Wasser aus den Brunnen trinken. Die Landstraße wollen wir ziehen, weder zur Rechten noch zur Linken weichen, bis wir durch dein Gebiet hindurchgekommen sind.“ 4.Mose 20,14-17. Auf diese höfliche Bitte kam eine drohende, ablehnende Antwort: „Du sollst nicht hindurchziehen, oder ich werde dir mit dem Schwert entgegentreten.“ 4.Mose 20,18. DPa.337.1 Teilen

Überrascht von dieser Zurückweisung, sandten sie ein zweites Gesuch an den König mit dem Versprechen: „Wir wollen auf der gebahnten Straße ziehen, und wenn wir von deinem Wasser trinken, wir und unser Vieh, so wollen wir’s bezahlen. Wir wollen nichts als nur zu Fuß hindurchziehen.“ 4.Mose 20,19. DPa.337.2 Teilen

„Du sollst nicht hindurchziehen“ (4.Mose 20,20), lautete die Antwort. Und schon waren an den schwer zugänglichen Bergwegen bewaffnete Truppen der Edomiter aufgestellt, so dass ein friedlicher Vormarsch in jener Richtung unmöglich war. Gewalt anzuwenden, war den Hebräern aber verboten. Deshalb mussten sie den weiten Weg um Edom herum antreten. DPa.337.3 Teilen

Hätte das Volk in dieser Prüfungsstunde auf Gott vertraut, würde der Herr der Heerscharen sie durch Edom hindurchgeführt haben. Die Furcht wäre dann auf seiten der Einwohner gewesen, so dass sie statt Feindseligkeit freundliches Entgegenkommen bewiesen hätten. Aber die Israeliten handelten nicht unverzüglich nach dem Wort Gottes, und während sie wieder einmal klagten und murrten, ging die goldene Gelegenheit vorüber. Als sie schließlich so weit waren, dem König ihre Bitte vorzutragen, schlug er sie ab. Seit ihrem Wegzug von Ägypten bemühte sich Satan ständig, ihnen Hindernisse und Versuchungen in den Weg zu legen, damit sie nur Kanaan nicht erbten. Und durch ihren Unglauben hatten sie ihm selbst wiederholt die Tür geöffnet, Gottes Absicht zu widerstehen. DPa.337.4 Teilen

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Es ist wichtig, an Gottes Wort zu glauben und seinen Weisungen promt zu folgen, solange seine Engel darauf warten, uns zu helfen. Aber auch böse Engel stehen bereit, jeden Schritt voran zu bekämpfen. Sobald Gottes Vorsehung seinen Kindern gebietet, voranzugehen, wenn er Großes für sie tun will, bringt Satan sie in Versuchung, dem Herrn durch Zaudern und Unentschlossenheit zu missfallen. Er setzt alles daran, einen Geist des Streites zu entfachen, Unzufriedenheit und Unglauben zu erwecken, um sie so der Segnungen zu berauben, die Gott ihnen geben möchte. Gottes Knechte sollen gewissenhaft sein und bereit zu handeln, sobald sich durch die göttliche Vorsehung ein Weg auftut. Jedes Zögern gibt Satan Zeit, ihnen Niederlagen beizubringen. DPa.338.1 Teilen

In den ersten Anweisungen, die der Herr dem Mose über ihren Marsch durch Edom gab, hatte er angekündigt, die Edomiter würden sich vor Israel fürchten. Er verbot allerdings seinem Volk, diesen Vorteil auszunutzen. Weil die Kraft Gottes für Israel stritte und die Furcht die Edomiter zu einer leichten Beute machte, sollten die Hebräer sie nicht berauben. DPa.338.2 Teilen

Der Befehl Jahwes hieß: „Hütet euch ja davor, sie zu bekriegen; ich werde euch von ihrem Land nicht einen Fußbreit geben, denn das Gebirge Seir habe ich den Söhnen Esau zum Besitz gegeben.“ 5.Mose 2,4.5. Die Edomiter waren Nachkommen Abrahams und Isaaks, und um seiner Diener willen war Gott den Kindern Esaus gnädig. Er hatte ihnen das Gebirge Seir als Besitz gegeben, und sie sollten nicht beunruhigt werden, es sei denn, sie entfernten sich selbst durch ihre Sünden aus dem Bereich der göttlichen Gnade. Die Bewohner Kanaans dagegen sollten von den Hebräern vertrieben und vollständig vernichtet werden, weil das Maß ihrer Gottlosigkeit voll war. Für die Edomiter dagegen war noch Bewährungszeit, deshalb sollten sie rücksichtsvoll behandelt werden. Gott hat Gefallen an Barmherzigkeit und bekundet Mitleid, ehe er Strafgerichte verhängt. Er lehrte Israel, die Edomiter zu schonen, bevor er sie aufforderte, Kanaans Einwohner auszurotten. DPa.338.3 Teilen

Die Vorfahren von Edom und Israel waren Brüder. Zwischen ihnen sollte deshalb auch brüderliche Freundlichkeit und Höflichkeit herrschen. Den Israeliten wurde sogar untersagt, weder jetzt noch in der Zukunft die Beleidigung zu vergelten, die die Edomiter ihnen zufügten, als man den Durchzug verweigerte. Sie sollten auch nicht damit spekulieren, jemals einen Teil des Landes Edom zu besitzen. Als Gottes auserwähltes, begnadetes Volk mussten sie die ihnen auferlegten Einschränkungen sorgfältig beachten. Gott hatte ihnen ein beträchtliches Erbe verheißen; aber sie sollten nicht denken, dass sie allein Ansprüche auf Erden hätten und alle anderen beiseite drängen dürften. Ihnen wurde befohlen, sich im Umgang mit den Edomitern vor jedem Unrecht zu hüten. Sie sollten schon mit ihnen Handel treiben, indem sie die benötigten Lebensmittel erwarben und alles Erhaltene sofort bezahlten. Als Ermutigung, ihm zu vertrauen und seinem Wort zu gehorchen, erinnerte Gott sie daran: „Der Herr, dein Gott, hat dich gesegnet ... An nichts hast du Mangel gehabt.“ 5.Mose 2,7. Sie waren ja nicht abhängig von den Edomitern, denn sie hatten einen Gott, der reich an Hilfsmitteln ist. Sie sollten auch nicht versuchen, sich etwas mit Gewalt oder Betrug anzueignen. Im Umgang mit ihnen galt es, das göttliche Gesetz vorzuleben: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ 3.Mose 19,18. DPa.338.4 Teilen

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Wären sie mit dieser Einstellung durch Edom gezogen, wie Gott es beabsichtigte, dann hätte der Durchzug nicht nur für sie, sondern auch für die Bewohner des Landes zum Segen werden können. Er hätte ihnen nämlich Gelegenheit geboten, Gottes Volk und seinen Gottesdienst kennenzulernen und zu erfahren, wie der Gott Jakobs denen Wohlergehen schenkte, die ihn liebten und fürchteten. All das verhinderte Israels Unglaube. Gott gab ihnen auf ihr Jammern hin Wasser, aber er ließ zu, dass sie sich durch ihren Kleinglauben selbst schadeten. Wieder mussten sie die Wüste durchqueren und ihren Durst aus der wundersamen Quelle stillen, die nicht länger nötig gewesen wäre, wenn sie nur Gott vertraut hätten. DPa.339.1 Teilen

Also wandte sich die große Schar Israels wieder südwärts und nahm ihren Weg durch öde Wüste, die jedoch nach dem flüchtigen Blick auf die grünenden Flächen zwischen Edoms Bergen und Tälern noch viel trostloser erschien. Aus der Gebirgskette, die diese trübselige Öde überragte, erhob sich der Berg Hor. Auf seinem Gipfel sollte Aaron sterben und begraben werden. Als die Israeliten hierher kamen, befahl Gott dem Mose: „Nimm aber Aaron und seinen Sohn Eleasar und führe sie auf den Berg Hor und zieh Aaron seine Kleider aus und zieh sie seinem Sohn Eleasar an. Und Aaron soll dort zu seinen Vätern versammelt werden und sterben.“ 4.Mose 20,25.26. DPa.339.2 Teilen

Miteinander stiegen die beiden alten Männer und der jüngere mühsam den Berg hinauf. Moses und Aarons Häupter waren nach 120 Lebensjahren weiß wie Schnee. In ihrem langen, ereignisreichen Dasein hatten sie die schwersten Prüfungen und die höchsten Ehren erfahren, die je einem Menschen zuteil wurden. Sie waren Männer mit großen Fähigkeiten, die alle Kräfte durch den Umgang mit dem Unendlichen entfaltet und veredelt hatten. Ihr ganzes Leben war selbstloser Dienst für Gott und an den Mitmenschen gewesen. Ihre Gesichtszüge zeugten von großer Geisteskraft und Entschlossenheit, von Gesinnungsadel und starkem Gefühlsleben. DPa.339.3 Teilen

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Viele Jahre hatten Mose und Aaron in Sorge und Mühe Seite an Seite gestanden. Gemeinsam hatten sie zahllosen Gefahren getrotzt und überwältigende Segnungen Gottes empfangen. Nun war die Zeit gekommen, da sie sich trennen mussten. Sehr langsam stiegen sie hinauf, denn jeder Augenblick des Beisammenseins war kostbar. Es ging steil und mühsam nach oben; und da sie oft innehielten, um auszuruhen, sprachen sie über Vergangenheit und Zukunft. So weit das Auge reichte, erstreckte sich vor ihnen das Gebiet ihrer Wüstenwanderung. Unten in der Ebene lagerte das riesige Israel, für das sich diese erwählten Männer in den besten Jahren ihres Lebens eingesetzt hatten, dessen Wohlergehen war ihnen wichtig und dafür hatten sie so große Opfer gebracht. Irgendwo hinter den Bergen Edoms lag der Weg, der in das verheißene Land führte, dessen Segnungen Mose und Aaron nicht genießen sollten. Aber in ihren Herzen war kein Aufbegehren, kein Murren entkam ihren Lippen; doch lag ernste Trauer auf ihren Gesichtern, wenn sie daran dachten, was sie vom Erbe ihrer Väter ausschloss. DPa.340.1 Teilen

Aarons Werk für Israel war getan. 40 Jahre zuvor hatte Gott ihn im Alter von 83 Jahren zusammen mit Mose zu seiner bedeutenden Aufgabe berufen. Mit seinem Bruder zusammen hatte er die Kinder Israel aus Ägypten geführt. Er stützte Moses Hände, als das hebräische Heer gegen Amalek kämpfte. Er durfte mit auf den Berg Sinai steigen, sich der Gegenwart Gottes nahen und seine Herrlichkeit schauen. Der Herr hatte Aarons Familie das Priestertum übertragen und ihn zum Hohepriester geweiht. Er verteidigte ihn in seinem heiligen Amt durch das schreckliche Gottesgericht, mit dem er Korah und dessen Anhänger vertilgte. Durch Aarons Fürsprache wurde der Plage gewehrt. Als seine beiden Söhne starben, weil sie Gottes ausdrücklichen Befehl missachtet hatten, begehrte er nicht auf, er murrte nicht einmal. Und doch ist seine sonst so vortreffliche Lebensgeschichte stark beschädigt worden. Aaron versündigte sich sehr, als er am Sinai den Klagen des Volkes nachgab und das goldene Kalb goss; die zweite schwere Sünde war sein und Mirjams Neid auf Mose, als sie gegen ihn murrten. Gemeinsam mit Mose erzürnte er den Herrn dann bei Kadesch, als er dem Befehl, mit dem Felsen zu reden, damit er Wasser gäbe, nicht gehorchte. DPa.340.2 Teilen

Gottes wollte, dass diese beiden großen Führer seines Volkes stellvertretend auf Christus weisen sollten. Aaron trug Israels Namen auf seiner Brust. Er teilte dem Volk den Willen Gottes mit. Am Versöhnungstag betrat er als Mittler ganz Israels das Allerheiligste „nicht ohne Blut“. Hebräer 9,7. Nach dieser Handlung trat er wieder heraus und segnete die Gemeinde, so wie Christus kommen wird, um die auf ihn wartenden Gläubigen zu segnen, wenn sein Versöhnungswerk beendet ist. Gerade diese Erhabenheit seiner heiligen Amtstätigkeit als Vertreter unseres großen Hohepriesters machte Aarons Sünde bei Kadesch so schwer. DPa.340.3 Teilen

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Zutiefst betrübt nahm Mose Aaron die heiligen Gewänder ab und legte sie Eleasar an, der so durch göttliche Berufung dessen Nachfolger wurde. Wegen der Schuld bei Kadesch blieb es Aaron verwehrt, als Hohepriester in Kanaan zu amtieren, das erste Opfer im gelobten Land darzubringen und so Israels Erbe zu weihen. Mose musste seine Bürde weiter tragen und das Volk bis unmittelbar an die Grenze Kanaans führen. Dann sollte er das verheißene Land sehen, aber betreten durfte er es nicht. Hätten diese Diener Gottes vor dem Felsen bei Kadesch die Probe widerspruchslos bestanden, wie ganz anders hätte sich ihre Zukunft gestaltet! Keine unrechte Tat lässt sich ungeschehen machen. So kann es sein, dass ein ganzes Lebenswerk nicht aufzuwiegen vermag, was in einem Moment der Versuchung oder der Gedankenlosigkeit verlorenging. DPa.341.1 Teilen

Die Abwesenheit der beiden Führer und der Umstand, dass Eleasar sie begleitete, von dem man wohl wusste, dass er Aarons Nachfolger im heiligen Dienst werden sollte, weckte allgemein Befürchtungen. Unruhig wartete man auf ihre Rückkehr. Als die Israeliten sich unter ihrer großen Schar umschauten, stellten sie fest, dass fast alle Erwachsenen, die einst aus Ägypten gezogen waren, in der Wüste umgekommen waren. Da überfiel sie die Ahnung von Unheil, weil sie an das über Mose und Aaron gesprochene Urteil dachten. Manche wussten auch von dem Zweck jener geheimnisvollen Wanderung zum Berg Hor, und die Sorge um sie wurde noch größer durch schmerzliche Erinnerungen und Selbstanklagen. DPa.341.2 Teilen

Endlich erkannten sie Mose und Eleasar, wie sie langsam den Berg herabstiegen. Aber Aaron war nicht bei ihnen. Eleasar trug die priesterlichen Gewänder. Damit wurde deutlich, dass er seines Vaters Nachfolger im heiligen Dienst geworden war. Als sich das Volk schweren Herzens um sie versammelte, erzählte ihnen Mose, dass Aaron auf dem Berg Hor in seinen Armen verschieden sei und sie ihn dort begraben hätten. Da brach die ganze Gemeinde in lautes Wehklagen aus, denn alle hatten Aaron lieb, wenn sie ihm auch oft Kummer bereitet hatten. So „beweinte ihn das ganze Haus Israel dreißig Tage lang“. 4.Mose 20,29. DPa.341.3 Teilen

Über das Begräbnis des israelitischen Hohepriesters sagt die Heilige Schrift schlicht: „Dort starb Aaron und wurde daselbst begraben.“ 5.Mose 10,6. In welch auffallendem Gegensatz zu den heutigen Bräuchen steht diese Bestattung, die nach der ausdrücklichen Verfügung Gottes vollzogen wurde. Heutzutage bietet die Beerdigung eines hochgestellten Mannes oft Anlass zu übertriebenem Aufwand. Als Aaron starb, einer der besten Männer, die jemals gelebt haben, waren nur zwei der nächsten Angehörigen Zeugen seines Todes, und sie begruben ihn auch. Das einsame Grab auf dem Berg Hor blieb den Blicken Israels für immer verborgen. Mit dem großen Aufwand, der so oft wegen eines Toten betrieben wird, und durch die vielen Kosten, die entstehen, wenn ein Mensch der Erde übergeben wird, kann man Gott nicht ehren. DPa.341.4 Teilen

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Die ganze Gemeinde trauerte um Aaron. Aber für niemand konnte der Verlust so schmerzlich sein wie für Mose. Aarons Tod mahnte ihn zwangsläufig daran, dass auch sein Ende nahe war. Aber so kurz die Zeit seines Verweilens auf Erden noch sein mochte, er empfand den Verlust seines ständigen Gefährten tief. So viele Jahre hatte Aaron als einziger Freude, Leid, Hoffnungen und Befürchtungen mit ihm geteilt. Nun sollte Mose allein weiterarbeiten. Aber er wusste, dass Gott sein Verbündeter war, auf den er sich nun um so mehr stützte. DPa.342.1 Teilen

Bald nachdem die Israeliten den Berg Hor verlassen hatten, erlitten sie eine Niederlage gegen den kanaanitischen König Arad. Als sie Gott jedoch ernstlich baten, half er ihnen, und ihre Feinde wurden in die Flucht geschlagen. Aber anstatt dankbar und sich ihrer Abhängigkeit von Gott bewusst zu sein, machte dieser Sieg die Hebräer stolz und selbstsicher. Bald verfielen sie in die alte Neigung zu murren. Jetzt waren sie unzufrieden, weil sie nicht schon vor 40 Jahren — unmittelbar nach ihrer Empörung bei dem Bericht der Kundschafter — nach Kanaan ziehen durften. Ihrer Meinung nach war die lange Wüstenreise eine unnötige Verzögerung; schon damals hätten sie ihre Feinde ebenso leicht besiegen können, wie heute. DPa.342.2 Teilen

Als sie ihre Wanderung nach Süden fortsetzten, führte sie der Weg durch ein heißes, sandiges Tal ohne jeden schattigen Platz und Pflanzenwuchs. Der Weg schien lang und beschwerlich, sie waren müde und durstig. Und wieder einmal bestanden sie eine Glaubens- und Geduldsprobe nicht. Weil sie immer nur die Schattenseiten ihrer Erlebnisse sahen, entfernten sie sich innerlich mehr und mehr von Gott. Sie verloren den Blick für die Tatsache, dass ihnen die Reise um Edom herum erspart geblieben wäre, wenn sie nicht aufbegehrt hätten, als ihnen bei Kadesch das Wasser ausging. Gott plante Besseres für sie, und sie mussten eigentlich dankbar sein, dass er ihre Sünde so mild bestraft hatte. Statt dessen bildeten sie sich ein, sie könnten längst im Besitz des verheißenen Landes sein, wenn Gott und Mose sie nicht daran gehindert hätten. Nachdem sie sich selbst in Schwierigkeiten gebracht und ihr Los schwerer gemacht hatten, als Gott es vorhatte, schrieben sie nun all ihr Unglück ihm zu. So nährten sie bittere Gefühle über sein Handeln mit ihnen und waren schließlich mit allem unzufrieden. Ägypten erschien ihnen wieder angenehmer und begehrenswerter als die Freiheit und das Land, wohin Gott sie führte. DPa.342.3 Teilen

Als sie sich so der Unzufriedenheit hingaben, fingen sie sogar an, erhaltene Wohltaten zu kritisieren. „Und das Volk wurde verdrossen auf dem Wege und redete wider Gott und wider Mose: Warum hast du uns aus Ägypten geführt, dass wir sterben in der Wüste? Denn es ist kein Brot noch Wasser hier, und uns ekelt vor dieser mageren Speise.“ 4.Mose 21,4.5. DPa.342.4 Teilen

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Gewissenhaft hielt Mose daraufhin dem Volk dessen große Sünde vor. Gottes Macht allein hatte es beschützt und geleitet „durch die große und furchtbare Wüste, wo feurige Schlangen und Skorpione und lauter Dürre und kein Wasser war“. 5.Mose 8,15. Jeden Tag wurden die Israeliten durch ein göttliches Wunder auf ihrer Wanderung versorgt. Auf allen Wegen, die Gott sie führte, hatten sie Wasser gefunden, die Durstigen zu erquicken und Brot vom Himmel, ihren Hunger zu stillen, dazu auch Frieden und Sicherheit unter der Wolkensäule am Tag und unter der Feuersäule in der Nacht. Engel dienten ihnen, wenn es felsige Berge hinauf wanderte oder durch rauhe Wüstenpfade lief. Trotz aller ertragenen Beschwerden gab es keinen Kraftlosen in ihren Reihen. Ihre Füße waren auf der langen Wanderung nicht wund geworden, ihre Kleider nicht abgenutzt. Gott hatte die Raubtiere vor ihnen gezähmt und das giftige Gewürm des Waldes und der Wüste ferngehalten. Wenn sie nach allen diesen Liebesbeweisen Jahwes doch immer wieder klagten, würde der Herr ihnen seinen Schutz entziehen, bis sie seine barmherzige Fürsorge wieder schätzen lernten und sich in Reue und Demut erneut zu ihm kehrten. DPa.343.1 Teilen

Beschirmt von Gottes Macht, hatten sie die zahllosen Gefahren, die sie ständig umgaben, gar nicht mitbekommen. In ihrer Undankbarkeit und ihrem Unglauben sahen sie dauernd den Tod voraus; nun ließ der Herr tatsächlich Tod über sie kommen. Die giftigen Schlangen, die die Wüste unsicher machten, nannte man feurige Schlangen wegen der furchtbaren Wirkung ihres Bisses, der eine heftige Entzündung und schnellen Tod verursachte. Als Gott seine schützende Hand von Israel zurückzog, wurden viele von diesen giftigen Tieren angegriffen. DPa.343.2 Teilen

Nun herrschten Schrecken und Verwirrung im ganzen Lager. Fast in jedem Zelt gab es Sterbende oder Tote. Niemand war sicher. Oft zerrissen durchdringende Schreie die Stille der Nacht und verrieten neue Opfer. Alle bemühten sich eifrig um die Leidenden oder versuchten verzweifelt die zu schützen, die noch nicht gebissen worden waren. Keine Klage kam jetzt über ihre Lippen. Wenn sie die gegenwärtigen Leiden mit den früheren Schwierigkeiten und Prüfungen verglichen, schienen diese nicht mehr der Rede wert zu sein. DPa.343.3 Teilen

Nun demütigte sich das Volk vor Gott. Sie kamen mit ihrem Bekenntnis und ihrer dringenden Bitte zu Mose. „Wir haben gesündigt“, sagten sie, „dass wir wider den Herrn und wider dich geredet haben.“ 4.Mose 21,7. Kurz zuvor hatten sie ihn noch angeklagt, dass er ihr schlimmster Feind sei und schuld an all ihrem Elend und ihrer Not habe. Aber sie hatten die Worte kaum ausgesprochen, da wussten sie, dass ihre Vorwürfe ungerecht waren. Sobald wirkliche Not über sie kam, flüchteten sie ja doch zu ihm als dem einzigen, der bei Gott für sie eintreten konnte. „Bitte den Herrn“, schrien sie verzweifelt, „dass er die Schlangen von uns nehme.“ 4.Mose 21,7. DPa.343.4 Teilen

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Auf göttlichen Befehl hin sollte Mose eine eherne Schlange schaffen, die den lebendigen ähnelte, und sie mitten unter dem Volk aufrichten. Auf die sollten alle schauen, die gebissen waren, und gesund werden. Mose führte den Auftrag aus, und durch das ganze Lager scholl die freudige Nachricht, dass alle Gebissenen sie ansehen und dadurch leben könnten. Viele aber waren inzwischen gestorben. Und als Mose die Schlange an dem Pfahl emporhob, wollten manche nicht glauben, dass allein der Blick auf das metallene Bild sie heilte. Diese starben durch ihr Misstrauen. Doch viele glaubten an die Vorsorge, die Gott getroffen hatte. Und eifrig bemühten sich Väter und Mütter, Brüder und Schwestern, ihren leidenden und sterbenden Angehörigen dabei zu helfen, die verlöschenden Augen auf die Schlange zu richten. Wenn sie nur ein einziges Mal darauf sehen konnten, wurden sie völlig gesund, auch wenn sie schon schwach und dem Tod nahe gewesen waren. DPa.344.1 Teilen

Die Leute wussten schon, dass es nicht an der ehernen Schlange lag, wenn bei denen, die sie anblickten, Besserung eintrat. Die heilende Kraft kam allein von Gott. In seiner Weisheit wählte er eben diesen Weg, um ihnen seine Macht zu zeigen. Durch dieses einfache Mittel erkannten sie, dass sie sich diese Plage aufgrund ihrer Sünden selbst zugezogen hatten. Sie erhielten aber auch die Zusicherung, dass sie sich nicht zu fürchten brauchten, solange sie Gott gehorchten, denn er würde sie bewahren. DPa.344.2 Teilen

Die Aufrichtung der ehernen Schlange sollte für die Israeliten sehr lehrreich sein. Sie konnten sich nämlich nicht selbst von dem tödlichen Gift in ihren Wunden retten. Gott allein vermochte sie zu heilen. Trotzdem mussten sie an die Vorsorge, die er getroffen hatte, glauben und aufschauen, wenn sie leben wollten. Allein ihr Glaube konnte sie bei Gott angenehm machen, und sie zeigten ihn, indem sie auf die Schlange sahen. Sie wussten schon, dass ihr selbst keine Kraft innewohnte, dass sie aber ein Vorbild auf Christus war. So lernten sie verstehen, dass Glaube an seine Verdienste notwendig ist. Bisher brachten viele Israeliten Gott Opfer dar und waren der Meinung, damit für ihre Vergehen reichlich gesühnt zu haben. Sie rechneten nicht mit dem kommenden Erlöser, auf den diese Opfer nur symbolisch hinwiesen. Darum wollte der Herr ihnen jetzt zeigen, dass ihre Opfer an sich nicht mehr Kraft hatten als die eherne Schlange. Sie sollten aber — genau wie diese auch — ihre Gedanken auf Christus lenken, das von Gott erwählte große Sündopfer. DPa.344.3 Teilen

„Wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss des Menschen Sohn erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.“ Johannes 3,14.15. Alle, die je auf Erden lebten, haben den tödlichen Biss der „alten Schlange, die da heißt Teufel und Satan“ (Offenbarung 12,9) zu spüren bekommen. Die unheilvolle Wirkung der Sünde kann nur durch die Vorsorge, die Gott traf, beseitigt werden. Die Israeliten retteten ihr Leben, wenn sie auf die erhöhte Schlange sahen. Jener Blick bedeutete Glauben. Sie lebten, weil sie dem Wort Gottes glaubten und zuversichtlich auf die Hilfe zu ihrer Genesung vertrauten. So kann der Sünder auf Christus blicken und leben. Er erhält Vergebung durch den Glauben an das versöhnende Opfer. Aber im Gegensatz zu dem leblosen Sinnbild besitzt Christus Macht und Kraft, dem reuigen Sünder zu helfen. Der Sünder kann sich zwar nicht selbst retten, muss aber doch etwas zu seinem Heil beitragen. „Wer zu mir kommt“, sagt Christus, „den werde ich nicht hinausstoßen.“ Johannes 6,37. Wir müssen zu ihm kommen, und wenn wir unsere Sünden bereuen, dann aber auch glauben, dass er uns annimmt und vergibt. Wohl ist der Glaube ein Geschenk Gottes, aber ihn zu üben, das ist unser Teil. Der Glaube ist sozusagen die Hand, mit der der Mensch die angebotene göttliche Gnade und Barmherzigkeit ergreift. DPa.344.4 Teilen

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Allein die Gerechtigkeit Christi gibt uns ein Anrecht auf die Segnungen des Gnadenbundes. Viele Menschen haben sich lange Zeit danach gesehnt, sie erstrebt und doch nicht erlangt, weil sie die Vorstellung hatten, sie könnten selbst etwas dazu tun, um ihrer würdig zu werden. Sie haben nicht von sich weggesehen und geglaubt, dass Jesus als Erlöser allein ausreichend wirksam ist. So dürfen wir nicht denken, dass eigene Verdienste uns retten werden; unsere einzige Hoffnung auf Erlösung ist Christus. „In keinem andern ist das Heil, ist auch kein andrer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden.“ Apostelgeschichte 4,12. DPa.345.1 Teilen

Wenn wir völlig auf Gott vertrauen und uns auf die Verdienste Jesu als eines sündenvergebenden Heilandes verlassen, dann werden wir alle Hilfe erhalten, um die wir bitten. Niemand rechne damit, er könne sich aus eigener Kraft erlösen. Weil wir dazu nicht fähig sind, starb Jesus für uns. In ihm haben wir Hoffnung, Rechtfertigung und Gerechtigkeit. Erkennen wir unsere Sündhaftigkeit, dann sollten wir nicht verzagen und befürchten, keinen Erlöser zu haben — oder aber einen, der uns nicht gnädig gesinnt ist. Gerade in unserer Hilflosigkeit lädt Christus uns ein, zu ihm zu kommen, damit wir gerettet werden. DPa.345.2 Teilen

Viele Israeliten sahen keine Hilfe in dem Heilmittel, das der Himmel ihnen anbot. Überall lagen Tote und Sterbende herum, denen klar war, dass ihr Verderben ohne göttliche Hilfe unvermeidlich war. Aber sie klagten weiter über ihre Wunden, ihre Schmerzen, ihren sicheren Tod, bis die Kräfte schwanden und ihre Augen brachen, obwohl sie sofort Heilung hätten finden können. Sind wir uns unserer Mängel bewusst, sollten wir nicht all unsere Kraft damit verschwenden, sie zu beklagen. Erkennen wir unsere Hilflosigkeit ohne Christus, dürfen wir uns nicht entmutigen lassen, sondern auf die Verdienste des gekreuzigten und auferstandenen Heilandes bauen. Sieh auf und lebe! Jesus hat sein Wort verpfändet, dass er alle rettet, die zu ihm kommen. Wenn auch Millionen, die Heilung so nötig hätten, seine angebotene Gnade zurückweisen werden, wird doch niemand verloren gehen, der sich auf Jesu Verdienste verlässt. DPa.345.3 Teilen

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Viele sind nicht bereit, Christus anzunehmen, wenn ihnen nicht das ganze Geheimnis des Erlösungsplanes erklärt worden ist. Sie scheuen den gläubigen Blick auf das Kreuz Christi, obwohl sie feststellen, dass Tausende ihn wagten und seine wirkungsvolle Kraft verspürten. Viele schweifen im Irrgarten der Philosophie umher und suchen nach Vernunftgründen und Beweisen, die sie doch niemals finden werden, während sie das Zeugnis verwerfen, das Gott in seiner Güte gab. Sie weigern sich, im Licht der Sonne der Gerechtigkeit zu leben, solange man ihnen nicht den Grund ihres Leuchtens erklärt hat. Wer bei dieser Gewohnheit bleibt, wird nie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen; denn Gott wird niemals allen Grund zum Zweifeln beseitigen. Er gibt Beweise genug, auf denen der Glaube sich gründen kann. Lässt man sie nicht gelten, bleibt der Mensch geistlich blind. Wenn die von den Schlangen Gebissenen sich mit Zweifeln und Fragen aufgehalten hätten, statt sich zum Aufschauen zu entschließen, wären sie umgekommen. Wir müssen zuerst hinsehen; dann wird der Blick des Glaubens uns Leben schenken. DPa.346.1 Teilen

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