Portrait von Ellen White
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Kapitel 37: Das Wasser aus dem Felsen
Kapitel 37: Das Wasser aus dem Felsen
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Auf Grundlage von 4.Mose 20,1-13. DPa.329 Teilen

Aus dem geschlagenen Felsen am Horeb ergoss sich zum ersten Mal der Lebensstrom, der die Israeliten in der Wüste erquickte. Und war es auf ihrer Wanderung notwendig, wurden sie durch ein Wunder göttlicher Gnade mit Wasser versorgt. Doch floss das Wasser nicht immer weiter aus dem Horeb. Es strömte bei ihren Wanderungen fortan dort, wo sie es brauchten, neben ihrem Lager aus den Felsspalten. DPa.329.1 Teilen

Durch die Kraft seines Wortes ließ Christus den erfrischenden Bach für Israel fließen: „... und haben alle einerlei geistlichen Trank getrunken; sie tranken nämlich von dem geistlichen Fels, der ihnen folgte; der Fels aber war Christus.“ 1.Korinther 10,4. Er war die Quelle aller zeitlichen und auch geistlichen Segnungen. Christus, der wahre Fels, war auf allen Wegen bei ihnen. „Sie litten keinen Durst, als er sie leitete in der Wüste. Er ließ ihnen Wasser aus dem Felsen fließen, er spaltete den Fels, dass Wasser herausrann.“ Jesaja 48,21. — „Bäche liefen in der dürren Wüste.“ Psalm 105,41. DPa.329.2 Teilen

Der geschlagene Fels war ein Symbol auf Christus, durch das uns die wertvollsten geistlichen Wahrheiten vermittelt werden. Wie das lebenspendende Wasser aus dem Felsen floss, so kommt von Christus, der „von Gott geschlagen“ war, der „um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen“ (Jesaja 53,4.5) wurde, der Strom des Heils für ein verlorenes Geschlecht. Wie der Felsen einmal geschlagen wurde, „so ist Christus einmal geopfert, wegzunehmen vieler Sünden“. Hebräer 9,28. Für unseren Heiland war es nicht nötig, ein zweites Mal geopfert zu werden. Wer die Segnungen seiner Gnade sucht, braucht nur in seinem Namen zu bitten und das Verlangen seines Herzens im Bußgebet auszusprechen. Solche Gebete werden den Herrn der Heerscharen um Jesu Wunden willen veranlassen, das lebenspendende Blut so reich zu schenken, wie es das belebende Wasser für Israel symbolisierte. DPa.329.3 Teilen

An das aus dem Felsen fließende Wasser erinnerten sich die Israeliten noch nach ihrer Niederlassung in Kanaan mit großer Freude. Zur Zeit Christi war daraus eine sehr eindrucksvolle Zeremonie entstanden. Sie fand während des Laubhüttenfestes statt, wenn sich die Bevölkerung aus dem ganzen Land in Jerusalem versammelte. An jedem der sieben Festtage zogen die Priester mit Musik und dem Chor der Leviten hinaus, um in einem goldenen Gefäß Wasser aus der Quelle Siloah zu schöpfen. Ihnen folgte die Menge der Anbetenden, und so vielen es möglich war, tranken daraus, während das Jubellied gehört wurde: „Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus den Heilsbrunnen.“ Jesaja 12,3. Dann trugen die Priester das Wasser zum Tempel. Das geschah unter Trompetenschall und der feierlichen Weise „Nun stehen unsere Füße in deinen Toren, Jerusalem“. Psalm 122,2. Während Loblieder erklangen, wurde das Wasser über dem Brandopferaltar ausgegossen, und die Menge stimmte in den triumphierenden Chor mit Instrumenten ein. DPa.329.4 Teilen

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Der Heiland verwendete diesen symbolischen Dienst, um die Gedanken des Volkes auf die Segnungen zu lenken, die er ihnen geben wollte. „Am letzten Tag des Festes, der der höchste war, trat Jesus auf und rief: Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ Und Johannes erklärte dazu: „Das sagte er aber von dem Geist, den die empfangen sollten, die an ihn glaubten.“ Joh. 7,37-39 Aus einem dürren, unfruchtbaren Boden hervorquellendes frisches Wasser, das die Wüste zum Blühen bringt und den Verschmachtenden Leben gibt, ist ein Symbol der göttlichen Gnade. Christus allein kann sie schenken, gleicht sie doch dem Lebenswasser, das die Seele reinigt, erquickt und stärkt. In wem nun Christus wohnt, der besitzt eine niemals versiegende Quelle der Gnade und Kraft. Jesus macht das Leben froh und erleuchtet den Weg derer, die ihn aufrichtig suchen. Die von ihm erhaltene Liebe wird gute Werke zum ewigen Leben bewirken. Sie macht nicht nur den Menschen glücklich, aus dem sie hervor quillt. Wie ein lebendiger Strom wird sie in Worten und Taten der Gerechtigkeit überfließen und auch die Durstigen in seiner Umgebung erfrischen. DPa.330.1 Teilen

Das gleiche Sinnbild verwendete Christus im Gespräch mit der Samariterin am Jakobsbrunnen: „Wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt.“ Johannes 4,14. Christus vereint beides in sich. Er ist der Fels, und Er ist auch das Lebenswasser. DPa.330.2 Teilen

Solche schönen, ausdrucksvollen Motive finden sich in der ganzen Bibel. Jahrhunderte vor dem ersten Kommen Christi wies Mose auf ihn hin als den „Fels des Heils“ (vgl. 5.Mose 32,15) für Israel. Der Psalmist sang von ihm als „mein Erlöser“ (Psalm 19,15), „der Fels meiner Stärke“ (Psalm 62,8), „einen hohen Felsen“ (Psalm 61,3), „mein Fels und meine Burg“. Psalm 71,3. In Davids Hirtenlied wird Gottes Gnade als „frisches Wasser“ (Psalm 23,2) zwischen grünem Weideland geschildert, auf die der himmlische Hirte seine Herde führt. „Du tränkst sie mit Wonne“, sagt er, „wie mit einem Strom. Denn bei dir ist die Quelle des Lebens.“ Psalm 36,9.10. Und ein weiser Mann verkündete: „Die Quelle der Weisheit ist ein sprudelnder Bach.“ Sprüche 18,4. Für Jeremia ist Christus „die lebendige Quelle“ (Jeremia 2,13), und Sacharja nennt ihn „einen offenen Quell ... gegen Sünde und Befleckung“. Sacharja 13,1. DPa.330.3 Teilen

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Jesaja beschreibt den Herrn als einen „Fels ewiglich“ (Jesaja 26,4) und „Schatten eines großen Felsens im trockenen Land“. Jesaja 32,2. Er hält die köstliche Verheißung fest, die anschaulich an den Lebensstrom erinnert, der für Israel floß: „Die Elenden und Armen suchen Wasser, und es ist nichts da, ihre Zunge verdorrt vor Durst. Aber ich, der Herr, will sie erhören, ich, der Gott Israels, will sie nicht verlassen.“ Jesaja 41,17. — „Ich will Wasser gießen auf das Durstige und Ströme auf das Dürre.“ Jesaja 44,3. — „Es werden Wasser in der Wüste hervorbrechen und Ströme im dürren Lande.“ Jesaja 35,6. Er lädt ein: „Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser!“ Jesaja 55,1. Und auf den letzten Seiten der Heiligen Schrift wird diese Einladung wiederholt. Der Strom des Lebens, „klar wie Kristall“ (Offenbarung 22,1), geht aus vom Thron Gottes und des Lammes; und der Gnadenruf erklingt durch die Zeitalter: „Wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst.“ Offenbarung 22,17. DPa.331.1 Teilen

Kurz bevor die Hebräer Kadesch erreichten, versiegte der Wasserstrom, der so viele Jahre an ihrem Lager vorüber floss. Der Herr wollte sein Volk noch einmal auf die Probe stellen und sehen, ob es seiner Fürsorge vertraute oder dem Unglauben seiner Väter folgte. DPa.331.2 Teilen

Kanaans Berge waren schon zu sehen. Nach wenigen Tagesmärschen würden sie an der Grenze des verheißenen Landes stehen. Es war nicht mehr weit bis Edom, dessen Bewohner zu den Nachkommen Esaus gehörten. Durch ihr Land führte der vorgezeichnete Weg. Mose hatte den Auftrag erhalten: „Wendet euch nach Norden. Und gebiete dem Volk und sprich: Ihr werdet durch das Land eurer Brüder, der Söhne Esau, ziehen, die auf dem Seir wohnen, und sie werden sich vor euch fürchten ... Speise sollt ihr für Geld von ihnen kaufen, damit ihr zu essen habt, und Wasser sollt ihr für Geld von ihnen kaufen, damit ihr zu trinken habt.“ 5.Mose 2,3.4.6. Diese Anweisungen hätten als Erklärung genügen können, warum ihre Versorgung mit Wasser aufgehört hatte. Sie waren ja im Begriff, durch ein reich bewässertes, fruchtbares Land zu ziehen, geradeswegs auf Kanaan zu. Und Gott hatte ihnen eine ungehinderte Reise durch Edom verheißen, auch die Möglichkeit, Nahrung und genügend Wasser für das Volk zu kaufen. Deshalb hätte das Versiegen des wunderbaren Wasserstromes eigentlich Anlass zur Freude sein sollen, — ein Zeichen, dass die Wüstenwanderung zu Ende ging. Wären sie nicht durch ihren Unglauben wie mit Blindheit geschlagen gewesen, hätten sie das auch verstanden. Aber statt darin die Bestätigung zu sehen, dass Gott seine Verheißung wahr macht, nahmen sie es zum Anlass, wieder einmal zu zweifeln und zu murren. Die Israeliten schienen alle Hoffnung aufgegeben zu haben, dass Gott sie je in den Besitz Kanaans bringen würde, und so schrien sie nach den Segnungen der Wüste. DPa.331.3 Teilen

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Ehe Gott den Israeliten erlaubte, Kanaan zu betreten, sollten sie zeigen, dass sie Gottes Zusagen glaubten. Das Wasser versiegte, bevor sie Edom erreichten. Hier hatten sie für kurze Zeit Gelegenheit, im Glauben zu wandeln und nicht im Schauen. Aber bereits durch die erste neue Prüfung kam dieselbe aufrührerische undankbare Gesinnung hervor, die schon ihre Väter hatten. Kaum hörte man im Lager den Ruf nach Wasser, vergaßen sie auch schon die Hand, die so viele Jahre für ihre Bedürfnisse gesorgt hatte. Statt Gott um Hilfe zu bitten, klagten sie ihn an und riefen verzweifelt: „Ach dass wir umgekommen wären, als unsere Brüder umkamen vor dem Herrn!“ 4.Mose 20,3. Das heißt, sie hätten lieber zu denen gehört, die bei der Rebellion Korahs umkamen. DPa.332.1 Teilen

Ihr Jammern richtete sich gegen Mose und Aaron: „Warum habt ihr die Gemeinde des Herrn in diese Wüste gebracht, dass wir hier sterben mit unserm Vieh? Und warum habt ihr uns aus Ägypten geführt an diesen bösen Ort, wo man nicht säen kann, wo weder Feigen noch Weinstöcke noch Granatäpfel sind und auch kein Wasser zum Trinken ist?“ 4.Mose 20,4.5. DPa.332.2 Teilen

Da gingen Mose und Aaron zur Tür der Stiftshütte und fielen auf ihr Angesicht. Wieder erschien „die Herrlichkeit des Herrn“, und Mose erhielt den Befehl: „Nimm den Stab und versammle die Gemeinde, du und dein Bruder Aaron, und redet zu dem Felsen vor ihren Augen; der wird sein Wasser geben. So sollst du ihnen Wasser aus dem Felsen hervorbringen.“ 4.Mose 20,6.8. DPa.332.3 Teilen

Die beiden Brüder, inzwischen schon alte Männer, traten vor das Volk, und Mose hielt den Stab Gottes in der Hand. Lange genug hatten sie Israels Aufsässigkeit und Halsstarrigkeit ertragen. Nun aber war es auch mit Moses Geduld vorbei. „Höret, ihr Ungehorsamen“, rief er, „werden wir euch wohl Wasser hervorbringen können aus diesem Felsen?“ 4.Mose 20,10. Und statt mit dem Felsen zu reden, wie Gott es geboten hatte, schlug Mose ihn zweimal mit dem Stab. DPa.332.4 Teilen

Reichlich strömte das Wasser hervor, um das Volk zufrieden zu stellen. Dennoch war großer Schaden angerichtet worden. Mose hatte verärgert gesprochen; darum waren seine Worte mehr Ausdruck menschlicher Leidenschaft als heiliger Entrüstung darüber, dass Gott hier entehrt worden war. „Höret, ihr Ungehorsamen“, hatte er gerufen. Diese Beschuldigung traf zu, aber nicht einmal die Wahrheit darf leidenschaftlich oder ungeduldig ausgedrückt werden. Als Gott Mose befohlen hatte, Israel wegen seiner Empörung zu tadeln, war ihm das schmerzlich und für das Volk schwer zu ertragen. Doch Gott hatte ihm geholfen, diese Botschaft weiterzugeben. Als er ihnen aber von sich aus Vorwürfe machte, betrübte er den Geist Gottes und schadete dem Volk nur. Hier fehlte es ihm ganz offensichtlich an Geduld und Selbstbeherrschung. So gab er den Israeliten Anlass zu der Frage, ob er wohl in der Vergangenheit immer unter Gottes Leitung gestanden habe. Außerdem ließen sich auch ihre eigenen Sünden entschuldigen, denn nun hatten beide, das Volk und Mose, Gott erzürnt. Seine Art und Weise, meinten sie, hätte von Anfang an Veranlassung zu Kritik und Tadel gegeben. Jetzt hatten sie den erwünschten Vorwand gefunden, um alle Vorhaltungen Gottes durch seine Diener zurückzuweisen. DPa.332.5 Teilen

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Mose zeigte mangelndes Gottvertrauen. „Werden wir euch wohl Wasser hervorbringen können?“ fragte er, als ob der Herr nicht zu seinen Verheißungen stünde. „Weil ihr nicht an mich geglaubt habt“, erklärte der Herr den beiden Brüdern, „und mich nicht geheiligt habt vor den Kindern Israel, darum sollt ihr diese Gemeinde nicht ins Land bringen.“ 4.Mose 20,12. Als es an Wasser fehlte, hatte das Murren und die Empörung des Volkes sogar ihren eigenen Glauben an Gottes Verheißung wankend gemacht. Die erste Generation musste um ihres Unglaubens willen in der Wüste sterben, und doch zeigte sich derselbe Geist in ihren Kindern. Würden auch sie die Erfüllung der Verheißung nicht erleben? Müde und verzagt, hatten sich Mose und Aaron keine Mühe mehr gegeben, gegen den Strom der öffentlichen Meinung anzugehen. Hätten sie selbst jedoch unwandelbaren Glauben an Gott bewiesen, wäre es ihnen gelungen, dem Volk diese Angelegenheit so darzustellen, dass es die Glaubensprüfung bestand. Durch schnelle, entschiedene Anwendung der Autorität, zu der sie als Obrigkeit berechtigt waren, hätten sie das Murren unterdrücken können. Es war sogar ihre Pflicht, alles zu tun, was in ihrer Macht stand, um einen besseren Zustand der Dinge herbeizuführen, ehe sie Gott um Hilfe baten. Wieviel Unheil wäre verhütet worden, wenn sie dem Murren bei Kadesch sofort Einhalt geboten hätten! DPa.333.1 Teilen

Durch seine unbedachte Reaktion nahm Mose der Erfahrung, die Gott seinem Volk schenken wollte, die überzeugende Kraft. Der Fels als das Symbol für Christus war einmal geschlagen worden, wie Christus einmal geopfert werden sollte. Zum zweiten Mal durfte man nur mit dem Felsen reden, wie wir um Segnungen im Namen Jesu nur zu bitten brauchen. Durch das zweite Schlagen des Felsens wurde die Bedeutung dieses schönen Gleichnisses auf Christus zerstört. DPa.333.2 Teilen

Mehr noch: Mose und Aaron hatten sich eine Macht angemaßt, die allein Gott zusteht. Dass Gott eingreifen musste, machte den Vorfall so ernst. Die Führer in Israel sollten dessen Bedeutung herausstellen, um dem Volk tiefe Ehrfurcht vor Gott einzuprägen und sie in ihrem Glauben an seine Macht und Güte zu bestärken. Als sie jedoch ärgerlich ausriefen: „Werden wir euch wohl Wasser hervorbringen können?“ setzten sie sich an Gottes Stelle, als ob sie die Kraft dazu besäßen — sie, denen so menschliche Schwächen und heftige Gemütsausbrüche eigen waren. Müde geworden durch das dauernde Murren und die Widerspenstigkeit des Volkes, verlor Mose den allmächtigen Helfer aus den Augen. Weil er hier einmal ohne göttliche Kraft handelte, wurde seine Lebensgeschichte durch menschliche Schwachheit getrübt. Den Mann, der am Ende seines Lebenswerkes lauter, treu und selbstlos hätte dastehen können, hatte es zuletzt doch überwältigt. Dadurch wurde Gott vor der ganzen Gemeinde entehrt, als er verherrlicht werden sollte. DPa.333.3 Teilen

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Bei dieser Gelegenheit sprach Gott kein Urteil über jene aus, die Mose und Aaron durch ihr böses Verhalten so provoziert hatten. Der ganze Vorwurf traf allein die beiden Führer des Volkes, die hier stellvertretend für Gott standen und ihn nicht entsprechend geehrt hatten. Sie waren gekränkt und verloren darüber die Tatsache aus den Augen, dass das Volk nicht gegen sie, sondern gegen Gott murrte. Weil sie nur auf sich schauten, ihre eigenen Empfindungen einbezogen, fielen sie in Sünde, ohne sich dessen bewusst zu sein und unterließen es, dem Volk seine große Schuld an Gott klar zu machen. DPa.334.1 Teilen

Das Urteil, das Gott umgehend fällte, war bitter und tief demütigend. „Der Herr aber sprach zu Mose und Aaron: Weil ihr nicht an mich geglaubt habt und mich nicht geheiligt habt vor den Kindern Israel, darum sollt ihr diese Gemeinde nicht ins Land bringen, das ich ihnen geben werde.“ 4.Mose 20,12. Mit dem widerspenstigen Israel mussten sie vor dem Überschreiten des Jordans sterben. Hätten Mose und Aaron sonst viel von sich gehalten oder sich angesichts der Warnung und des Tadels Gottes zornige Gefühle erlaubt, wäre ihre Schuld noch viel größer gewesen. Aber man konnte ihnen keine absichtliche Sünde zur Last legen. Ganz plötzlich hatte die Versuchung sie überwältigt, und sie bereuten es sogleich von ganzem Herzen. Der Herr nahm ihre Reue an, aber weil ihre Sünde Schaden unter dem Volk anrichten konnte, durfte er ihnen die Strafe nicht erlassen. DPa.334.2 Teilen

Mose verheimlichte seine Strafe nicht. Er berichtete dem Volk, dass er es nicht ins verheißene Land führen könne, weil er Gott nicht die Ehre gegeben habe. Er bat sie, sich seine strenge Bestrafung zu merken und zu bedenken, wie genau Gott auf ihr Murren geachtet haben musste, wenn einem Mann allein die Strafgerichte zur Last gelegt wurden, die sie verschuldeten. Er erzählte ihnen, wie sehr er Gott gebeten habe, ihm die Strafe zu erlassen, und dass er es ihm abgeschlagen habe. „Aber der Herr war erzürnt auf mich um euretwillen und erhörte mich nicht.“ 5.Mose 3,26. DPa.334.3 Teilen

Bei jeder Schwierigkeit und in allen Prüfungen beschuldigten die Israeliten sofort Mose, er habe sie aus Ägypten geführt, als ob Gott damit nichts zu tun gehabt hätte. Während der Zeit der Wanderung hatte Mose ihnen wiederholt gesagt, wenn sie sich über die Schwierigkeiten unterwegs beklagten und gegen ihre Leiter murrten: „Euer Murren richtet sich gegen Gott. Nicht ich, sondern Gott hat eure Befreiung bewirkt.“ Aber seine voreiligen Worte vor dem Felsen: „Werden wir euch wohl Wasser hervorbringen können?“ 4.Mose 20,10. klangen wie ein Zugeständnis, dass ihre Angriffe begründet seien. Das bestärkte sie in ihrem Unglauben und rechtfertigte ihr Klagen. Diesen Eindruck wollte der Herr für immer aus den Gedanken des Volkes beseitigen, darum durfte Mose das verheißene Land nicht betreten. Das war andererseits ein unmissverständlicher Beweis, dass nicht Mose ihr Führer war, sondern der mächtige Engel, von dem der Herr gesagt hatte: „Siehe, ich sende einen Engel vor dir her, der dich behüte auf dem Wege und dich bringe an den Ort, den ich bestimmt habe. Hüte dich vor ihm und gehorche seiner Stimme, ... weil mein Name in ihm ist.“ 2.Mose 23,20.21. DPa.334.4 Teilen

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„Der Herr war erzürnt auf mich um euretwillen“ (5.Mose 3,26), sagte Mose. Jeder in Israel sah auf ihn, und seine Sünde warf auch einen Schatten auf Gott, der ja Mose zum Führer seines Volkes erwählt hatte. Die ganze Gemeinde wusste also um dessen Schuld, und hätte Gott sie bei ihm hingehen lassen, wäre der Eindruck entstanden, bei den Verantwortlichen würden Unglaube und Ungeduld mit Nachsicht behandelt, sofern sie der Erregung entsprangen. Als aber erklärt wurde, Mose und Aaron dürften wegen dieser einen Sünde Kanaan nicht betreten, erkannte das Volk, dass es bei Gott kein Ansehen der Person gibt und er den Sünder nicht ungestraft lässt. DPa.335.1 Teilen

Die Geschichte Israels wurde zur Lehre und als Warnung für weitere Generationen schriftlich festgehalten. Die Menschen aller künftigen Zeiten sollten in dem Gott des Himmels einen gerechten Richter sehen, der Sünde unter keinen Umständen akzeptiert. Aber nur wenigen ist die ganze Schwere der Schuld bewusst. Sie wiegen sich in der falschen Hoffnung, dass Gott zu gut sei, den Übertreter zu bestrafen. Im Licht der biblischen Geschichte ist jedoch klar ersichtlich, dass gerade seine Güte und Liebe ihn nötigen, die Sünde als ein verderbenbringendes Übel für den Frieden und das Glück des Weltalls zu behandeln. DPa.335.2 Teilen

Nicht einmal die Rechtschaffenheit und Treue von Mose konnten die Vergeltung für sein Unrecht abwenden. Dem Volk hatte Gott seine schwere Schuld vergeben, aber was die Sünde angeht, durfte er Führer und Geführte nicht gleich behandeln. Er hatte Mose mehr ausgezeichnet als irgendeinen Menschen auf Erden. Er offenbarte ihm seine Herrlichkeit und gab Israel durch ihn seine Gebote. Aber gerade weil Mose so großes Licht erhalten hatte und hohe Erkenntnis besaß, machte seine Sünde um so schwerer. Treue in der Vergangenheit kann auch nicht eine unrechte Tat sühnen. Je größer Wissen und Vorzüge sind, die einem Menschen geschenkt wurden, desto größer ist seine Verantwortung und desto schwerer wiegt sein Versagen und ist die Strafe. DPa.335.3 Teilen

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Von menschlicher Seite hatte sich Mose keines großen Vergehens schuldig gemacht. Seine Sünde war ein ganz gewöhnlicher Vorfall. Der Psalmist sagt, „dass ihm unbedachte Worte entfuhren“. Psalm 106,33. Nach menschlichem Ermessen mag das als geringfügig gelten. Aber wenn Gott wegen dieser Sünde mit seinem treuesten, hochgeachteten Diener so streng umging, wird er sie auch bei anderen nicht entschuldigen. Überheblichkeit und die Neigung, unsere Brüder zu kritisieren, missfallen Gott. Wer sich so verhält, stellt das Werk Gottes in Frage und liefert dem Zweifler einen vermeintlichen Grund für seinen Unglauben. Je bedeutender die Position, je größer der Wirkungsbereich ist, desto notwendiger ist es, sich in Geduld und Demut zu üben. DPa.336.1 Teilen

Wenn Satan Gottes Kinder, besonders die in verantwortlichen Positionen, dahin bringen kann, die Gott gebührende Ehre für sich in Anspruch zu nehmen, dann triumphiert er und hat wieder einen Sieg errungen. Genauso fiel er selbst. Deshalb ist er so erfolgreich, andere zu ihrem Verderben zu verführen. Um uns vor seinen Anschlägen zu warnen, hat Gott in seinem Wort oft durch Beispiele vor der Überheblichkeit gewarnt. Es gibt keinen Wunsch und keine Veranlagung oder Neigung, die nicht jeden Augenblick unter der Leitung des Geistes Gottes stehen müssten. Es gibt keinen Segen, den Gott schenkt, keine Versuchung, die er zulässt, die nicht auch Satan sofort nutzt, um uns zu verführen, zu quälen und zugrunde zu richten, sobald wir ihm die geringste Handhabe dazu bieten. Wenn jemand hohe geistliche Erkenntnis hat und sich der Gnade und des Segens Gottes noch so sehr erfreut, sollte er doch stets demütig sein vor dem Herrn und ihn im Glauben darum bitten, dass er die Gedanken und Neigungen lenken und beherrschen möge. DPa.336.2 Teilen

Wer sich dazu bekennt, gottesfürchtig zu leben, unterliegt der heiligen Verpflichtung, auf seine Gedanken zu achten und auch bei stärkster Herausforderung Selbstbeherrschung zu üben. Die Lasten, die Mose zu tragen hatte, waren sehr groß. Wenige werden jemals so hart geprüft werden wie er. Und doch konnte das alles keine Entschuldigung für seine Sünde sein. Gott hat umfassende Vorsorge für sein Volk getroffen, dass es niemals zum Spielball des Zufalls werden brauchte, solange es sich auf seine Kraft verlässt. Die größte Versuchung kann Sünde nicht entschuldigen. Wie schwer die Belastung auch sein mag, die auf uns liegt — die Übertretung ist immer unser Werk. Keine Macht der Erde noch der Hölle kann jemanden zum Bösen zwingen. Satan greift uns zwar an den schwachen Stellen an, aber wir müssen uns nicht überwinden lassen. Wie schwer oder unerwartet der Angriff auch ausfällt, Gott ist bereit, uns zu helfen; durch seine Kraft können wir siegen. DPa.336.3 Teilen

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