Portrait von Ellen White
A-   A+
A-   A+
Bücher
Achtung, noch nicht 100% für das Handy optimiert.
Ich arbeite parallel an der APP.
Kapitel 17: Jakobs Flucht und Verbannung
Kapitel 17: Jakobs Flucht und Verbannung
137

Auf Grundlage von 1.Mose 22,8-31. DPa.137 Teilen

Durch Esaus Zorn mit dem Tod bedroht, verließ Jakob seines Vaters Heim als Flüchtling; aber den Segen des Vaters nahm er mit. Isaak hatte ihm die Bundesverheißung wiederholt und ihm als Erbe aufgetragen, sich eine Frau aus der Familie seiner Mutter in Mesopotamien zu suchen. Doch begann Jakob seine einsame Wanderung mit bekümmertem Herzen. Nur mit einem Stab in der Hand musste er Hunderte von Kilometern durch ein Land ziehen, das wilde Räuberstämme bewohnten. In seiner Gewissensnot und Angst mied er die Menschen, damit sein wütender Bruder ihm nicht auf die Spur käme. Er fürchtete, den verheißenen Segen Gottes für immer verloren zu haben, und sogleich war Satan da, ihn mit Versuchungen zu bedrängen. DPa.137.1 Teilen

Am Abend des zweiten Tages war er schon ziemlich weit von den Zelten seines Vaters entfernt. Er fühlte sich als Ausgestoßener und wusste doch zugleich, dass diese ganze Not durch eigenes falsches Verhalten über ihn hereingebrochen war. Dunkle Verzweiflung lastete auf ihm, und er wagte kaum zu beten. Aber er war so einsam, dass er die Notwendigkeit des göttlichen Schutzes wie nie zuvor empfand. Unter Tränen und in tiefer Demut bekannte er seine Sünde und flehte um ein Zeichen, dass er nicht ganz verlassen sei. Noch fand sein beladenes Herz keine Erleichterung. Er hatte all sein Selbstvertrauen verloren und fürchtete, dass der Gott seiner Väter ihn verworfen habe. DPa.137.2 Teilen

Aber Gott verließ Jakob nicht. Seine Gnade breitete sich dennoch über seinen irrenden, kleingläubigen Knecht. Der Herr offenbarte sich ihm voll Mitleid gerade als das, was Jakob brauchte, nämlich als Erlöser. Er hatte gesündigt, aber sein Herz wurde von Dankbarkeit erfüllt, als ihm ein Weg gezeigt wurde, auf dem er die Gnade Gottes wieder erlangen konnte. DPa.137.3 Teilen

Ermüdet von seiner Reise, legte sich der Wanderer auf den Erdboden und nahm sich einen Stein als Kissen. Während er schlief, sah er eine helle, strahlende Leiter, deren unteres Ende auf der Erde stand, während die Spitze bis an den Himmel reichte. Auf dieser Leiter stiegen Engel auf und ab. Darüber aber war der Herr der Herrlichkeit, und vom Himmel hörte man seine Stimme: „Ich bin der Herr, der Gott deines Vaters Abraham, und Isaaks Gott.“ Das Land, auf dem er als Flüchtling und Verbannter ruhte, wurde ihm und seinen Nachkommen verheißen mit der Zusicherung: „Durch dich und deine Nachkommen sollen alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden.“ 1.Mose 28,13.14. Diese Verheißung hatte Gott Abraham und Isaak gegeben, nun wiederholte er sie Jakob. Und mit besonderer Rücksicht auf seine gegenwärtige Einsamkeit und Not gab er ihm Worte des Trostes und der Ermutigung mit auf den Weg: „Siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hinziehst, und will dich wieder herbringen in dies Land. Denn ich will dich nicht verlassen, bis ich alles tue, was ich dir zugesagt habe.“ 1.Mose 28,15. DPa.137.4 Teilen

138

Der Herr kannte die schlechten Einflüsse, die Jakob umgeben werden und die Gefahren, denen er ausgesetzt sein würde. In seiner Gnade enthüllte er dem reuigen Flüchtling darum die Zukunft, damit er die göttliche Absicht mit ihm verstünde und gegen Versuchungen gewappnet sei, die sicher über ihn kommen würden. Wenn er unter Götzendienern und Ränkeschmieden allein stand, sollte er stets das hohe Ziel vor Augen haben, nach dem er strebte, und das Bewusstsein, dass Gottes Absicht durch ihn erfüllt werden musste. Das würde ihm helfen, treu zu bleiben. DPa.138.1 Teilen

In der Vision wurde Jakob der Erlösungsplan erläutert, zwar nicht vollständig, aber doch so weit, wie es ihn zu jener Zeit betraf. Auf die geheimnisvolle Leiter, die Gott ihm im Traum gezeigt hatte, bezog sich später Christus in der Unterhaltung mit Nathanael: „Ihr werdet den Himmel offen sehen und die Engel Gottes hinauf- und herabfahren über dem Menschensohn.“ Johannes 1,51. Bevor sich der Mensch gegen Gottes Herrschaft auflehnte, war er mit Gott ungehindert in Verbindung gewesen. Aber Adams und Evas Sünde trennte Himmel und Erde voneinander, so dass der Mensch keine Gemeinschaft mehr mit seinem Schöpfer pflegen konnte. Doch blieb die Welt nicht in einsamer Hoffnungslosigkeit. Die Leiter stellt Jesus dar, den auserwählten Mittler. Wäre nicht durch sein Verdienst die Kluft überbrückt worden, die durch die Sünde entstanden war, dann hätten die dienenden Engel nicht in Verbindung mit den gefallenen Menschen treten können. Christus verbindet die Menschen in ihrer Schwachheit und Hilflosigkeit mit der Quelle unendlicher Kraft. DPa.138.2 Teilen

Das alles wurde Jakob in seinem Traum enthüllt. Obwohl er einen Teil dieser Offenbarung sofort begriff, beschäftigte ihn die Erforschung der großen, geheimnisvollen Wahrheiten sein Leben lang, und sie entfalteten sich seinem Verständnis immer mehr. DPa.138.3 Teilen

In tiefer Stille der Nacht erwachte Jakob vom Schlaf. Die leuchtenden Gestalten seiner Vision waren verschwunden. Nur die matten Umrisse der fernen Berge und darüber die hellen Sterne des Himmels konnte er erkennen. Voll Ehrfurcht empfand er, dass Gott bei ihm war. Der Unsichtbare erfüllte mit seiner Gegenwart die Einsamkeit. „Fürwahr, der HERR ist an dieser Stätte“, sagte Jakob, „und ich wusste es nicht ...! Hier ist nichts anderes als Gottes Haus, und hier ist die Pforte des Himmels.“ 1.Mose 28,16.17. DPa.138.4 Teilen

139

„Und Jakob stand früh am Morgen auf und nahm den Stein, den er unter sein Haupt gelegt hatte, und richtete ihn auf zu einem Gedenkstein und goss Öl auf seine Spitze.“ 1.Mose 28,18. Nach der Gewohnheit, sich an wichtige Ereignisse zu erinnern, baute Jakob ein Denkmal der Barmherzigkeit Gottes, damit er an diesem geheiligten Ort verweilen und Gott anbeten könnte, wenn er jemals wieder dieses Weges käme. Er nannte den Platz „Bethel“, was bedeutet „Gottes Haus“. Mit tiefer Dankbarkeit wiederholte er dieses Versprechen, dass Gott mit ihm sein würde. Dann legte er ein feierliches Gelübde ab: „Wird Gott mit mir sein und mich behüten auf dem Wege, den ich reise, und mir Brot zu essen geben und Kleider anzuziehen und mich mit Frieden wieder heim zu meinem Vater bringen, so soll der HERR mein Gott sein. Und dieser Stein, den ich aufgerichtet habe zu einem Steinmal, soll ein Gotteshaus werden; und von allem, was du mir gibst, will ich dir den Zehnten geben.“ 1.Mose 28,20,22. DPa.139.1 Teilen

Jakob versuchte hier keineswegs, mit Gott Bedingungen auszuhandeln. Der Herr hatte ihm ja bereits Wohlstand verheißen. Dieses Gelübde war der Ausdruck eines Herzens, das voll Dank für die Zusicherung der göttlichen Liebe und Barmherzigkeit war. Jakob empfand die Berechtigung der Forderungen, die Gott an ihn stellte und die er anerkennen musste, weil die außergewöhnlichen Beweise göttlicher Gnade eine Erwiderung verlangten. Jede Segnung, die uns zuteil wird, ruft uns zu einer Antwort an den Urheber alles Segens auf. Ein guter Christ sollte oft Rückschau halten über seine Vergangenheit und sich dankbar ins Gedächtnis rufen, wie oft Gott ihn davor bewahrt hat, in Anfechtungen zu versinken. Wenn Gott ihm Wege eröffnete, als alles dunkel und trostlos schien, und ihn stärkte, wenn er in Gefahr war, schwach zu werden, sollte der Christ darin Beweise der wachsamen Sorge himmlischer Engel erkennen und angesichts dieser unzähligen Segnungen mit demütigem, dankbarem Herzen fragen: „Wie soll ich dem HERRN vergelten all seine Wohltat, die er an mir tut?“ Psalm 116,12. DPa.139.2 Teilen

Unsere Zeit, unsere Gaben, unser Besitz sollten ihm gewidmet sein, weil er uns diese Segnungen anvertraut hat. Sooft wir eine außergewöhnliche Erfahrung gemacht haben oder uns unerwartete Hilfe zuteil wurde, sollten wir Gottes Güte anerkennen; aber nicht nur in Worten, sondern wie Jakob mit Opfern und Gaben für seine Sache. DPa.139.3 Teilen

„Von allem, was du mir gibst“, sagte Jakob, „will ich dir den Zehnten geben.“ 1.Mose 28,22. Sollten wir, die wir uns der vollen Erkenntnis und Freiheit des Evangeliums erfreuen, uns damit begnügen, Gott weniger zu geben als jene, die damals unter ungünstigeren Verhältnissen lebten? Sind nicht unsere Verpflichtungen größer, weil die Segnungen größer sind, die wir genießen? Aber wie gering schätzt man sie ein, wie töricht ist das Bemühen, unsere Zeit, unser Geld wie auch unsere Liebe mit geradezu mathematischer Genauigkeit gegen die unermessliche Liebe und gegen ein Geschenk von unbegreiflichem Wert aufrechnen zu wollen! Der Zehnte für Christus! Welch dürftiger, beschämender Lohn für etwas, das so wertvoll ist! Vom Kreuz auf Golgatha ruft Christus zu rückhaltloser Hingabe auf. Alles, was wir haben, alles, was wir sind, sollte Gott geweiht sein. DPa.139.4 Teilen

140

Mit neuem, festem Glauben an die göttlichen Verheißungen, der Gegenwart und des Schutzes himmlischer Engel gewiss, „machte sich Jakob auf den Weg und ging in das Land, das im Osten liegt“. 1.Mose 29,1. Aber wie so ganz anders war seine Ankunft als die des Boten Abrahams vor nahezu hundert Jahren! Der Knecht war damals mit zahlreichen Begleitern auf Kamelen und mit reichen Geschenken von Gold und Silber gekommen. Er nun war ein einsamer Wanderer mit wunden Füßen, der außer seinem Stab nichts besaß. Wie Abrahams Diener damals, so wartete Jakob an einer Quelle, und hier begegnete ihm Rahel, Labans jüngere Tochter. Diesmal war es Jakob, der hilfsbereit den Stein vom Brunnen wälzte und die Herden tränkte. Als er sich als Verwandter zu erkennen gab, wurde er im Hause Labans willkommen geheißen. Obwohl er allein und ohne Heiratsgut kam, erkannte man schon nach wenigen Wochen seinen Fleiß und seine Geschicklichkeit. Deshalb bat man ihn zu bleiben. Sieben Jahre sollte er Laban um Rahel dienen, so vereinbarten sie. DPa.140.1 Teilen

In alten Zeiten war es üblich, dass der Bräutigam vor Abschluss des Heiratsvertrages dem Schwiegervater eine Geldsumme oder deren Gegenwert bezahlte, wie es seinen Verhältnissen entsprach. Man sah darin eine Vorsichtsmaßnahme im Hinblick auf die spätere Ehe. Den Vätern erschien es zu unsicher, ihre Töchter Männern anzuvertrauen, die nicht für den Unterhalt einer Familie vorgesorgt hatten. Besaßen sie nicht genügend Tatkraft und Geschick, einen Beruf auszuüben oder Vieh und Land zu erwerben, fürchtete man, sie würden im Leben versagen. Aber es gab auch Möglichkeiten für solche, die nicht in der Lage waren, für eine Frau zu bezahlen. Sie arbeiteten für den Vater, dessen Tochter sie liebten. Die Länge der Dienstzeit wurde nach der Höhe des erforderlichen Brautpreises bemessen. War der Bewerber in seinem Dienst treu und erwies er sich auch in anderer Hinsicht als würdig, erhielt er die Tochter zur Frau. Gewöhnlich gab der Vater ihr auch die erhaltene Heiratsgabe mit in die Ehe. Im Fall von Rahel und Lea jedoch hielt Laban die Aussteuer selbstsüchtig zurück. Darauf bezogen sich seine Töchter auch kurz vor ihrer Abreise aus Mesopotamien, als sie sagten: „Er hat uns verkauft und unsern Kaufpreis verzehrt.“ 1.Mose 31,15. DPa.140.2 Teilen

141

Diese uralte Sitte hatte ihr Gutes, wenn sie auch wie im Fall Labans manchmal missbraucht wurde. Musste der Bewerber erst Dienst tun, um die Braut zu gewinnen, verhinderte man damit eine übereilte Heirat. Außerdem hatte er Gelegenheit, die Echtheit seiner Gefühle zu prüfen und seine Fähigkeit beweisen, eine Familie zu ernähren. Weil man heutzutage gerade das Gegenteil tut, erlebt man oft schlimme Folgen. Wie oft haben junge Menschen vor der Heirat nicht ausreichend Gelegenheit, sich gegenseitig kennenzulernen und dadurch mit ihren Lebensgewohnheiten und Eigenarten vertraut zu werden. Und was ihr Alltagsleben betrifft, sind sie sich tatsächlich noch fremd, wenn sie am Altar das Jawort sprechen. Viele entdecken zu spät, dass sie nicht zueinander passen, und das Ergebnis ihrer Verbindung ist Unglück fürs ganze Leben. Wie oft leiden Frau und Kinder unter der Gleichgültigkeit und Trägheit oder unter den schlechten Gewohnheiten ihres Mannes und Vaters. Hätte man, wie in alten Zeiten, den Bewerber vor der Heirat näher beobachtet, wäre viel Unglück verhindert worden. DPa.141.1 Teilen

Sieben Jahre diente Jakob treu um Rahel, „und es kam ihm vor, als wären’s einzelne Tage, so lieb hatte er sie“. 1.Mose 29,20. Aber der habgierige Laban wollte solchen wertvollen Helfer natürlich festhalten und scheute sich deshalb nicht vor einer grausamen Täuschung: er gab Jakob Lea anstelle Rahels. Die Tatsache, dass sich Lea zu diesem Betrug bereit fand, war wohl der Grund, weshalb Jakob sie nicht lieben konnte. Seinem entrüsteten Vorwurf begegnete Laban mit dem Angebot, ihm nach weiteren sieben Dienstjahren auch Rahel zu geben. Jedoch bestand der Vater darauf, dass Lea nicht zurückgewiesen werden dürfe, weil das für die Familie Schande bedeutet hätte. Jakob geriet dadurch in eine recht peinliche und bedrückende Lage. Endlich entschloss er sich, Lea anzunehmen, aber auch Rahel zu heiraten. Sie liebte er weiterhin am meisten. Leider erregte diese Bevorzugung Neid und Eifersucht, so dass die Rivalität der Schwestern als Ehefrauen ihm das Leben verbitterte. DPa.141.2 Teilen

20 Jahre blieb Jakob in Mesopotamien und arbeitete für Laban. Dieser beachtete die verwandtschaftlichen Beziehungen überhaupt nicht und war nur darauf aus, Nutzen aus ihrer Verbindung zu ziehen. Vierzehn mühselige Dienstjahre forderte er für beide Töchter, und in der übrigen Zeit veränderte er Jakobs Lohn zehnmal. Trotzdem diente Jakob ihm fleißig und treu. In seiner letzten Unterredung mit Laban schilderte er anschaulich, wie er sich mit unermüdlicher Wachsamkeit den Belangen seines anspruchsvollen Herrn gewidmet hatte: „Zwanzig Jahre bin ich bei dir gewesen, deine Schafe und Ziegen haben keine Fehlgeburt gehabt; die Widder deiner Herde hab ich nie gegessen; was die wilden Tiere zerrissen, brachte ich dir nicht, ich musste es ersetzen; du fordertest es von meiner Hand, es mochte mir des Tages oder des Nachts gestohlen sein. Des Tages kam ich um vor Hitze und des Nachts vor Frost, und kein Schlaf kam in meine Augen.“ 1.Mose 31,38-40. Ein Hirte musste seine Herden Tag und Nacht bewachen. Gefahr drohte ihnen von Räubern und zahlreichen wilden Tieren, die oft großen Schaden unter ihnen anrichteten, wenn nicht gewissenhaft gehütet wurde. Jakob standen wohl viele Helfer für die Betreuung der riesigen Herden Labans zur Seite, er allein aber trug die Verantwortung. Zu gewissen Zeiten musste er ständig bei den Herden sein, sei es, um sie in der Trockenheit vor dem Verdursten oder in der kalten Jahreszeit vor dem Erfrieren zu bewahren. Jakob hatte als der leitende Hirte eine Anzahl Knechte als Unterhirten in seinem Dienst. Fehlte eines der Schafe, so erlitt der leitende Hirte den Verlust. Deshalb zog er die Knechte, denen er die Pflege der Tiere anvertraut hatte, zur Verantwortung, wenn er diese nicht in guter Verfassung vorfand. DPa.141.3 Teilen

142

Das Bild des fleißigen, sorgenden Hirten, dessen Mitgefühl den anvertrauten hilflosen Geschöpfen gilt, haben die biblischen Schreiber benutzt, um einige der wertvollsten Wahrheiten des Evangeliums zu veranschaulichen. Christus wird mit einem Hirten seines Volkes verglichen. Nach dem Sündenfall sah er es dazu verdammt, in der Sündhaftigkeit umzukommen. Um die Irrenden zu retten, verließ er Ehrenstellung und Herrlichkeit seines Vaterhauses. Er sagt: „Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken.“ Ich will „meiner Herde helfen, dass sie nicht mehr zum Raub werden soll ... Kein wildes Tier im Lande soll sie mehr fressen.“ Hesekiel 34,16.22.28. Er ruft sie zu den Hürden „zum Schatten am Tage vor der Hitze und Zuflucht und Obdach vor dem Wetter und Regen“. Jesaja 4,6. Unermüdlich gilt seine Sorge der Herde. Er stärkt die Schwachen; hilft den Leidenden, sammelt die Lämmer in seine Arme und trägt sie an seiner Brust. Seine Schafe lieben ihn. „Einem Fremden aber folgen sie nicht nach, sondern fliehen vor ihm; denn sie kennen die Stimme der Fremden nicht.“ Johannes 10,5. DPa.142.1 Teilen

Christus sagt: „Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. Der Mietling aber, der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht — und der Wolf stürzt sich auf die Schafe und zerstreut sie — denn er ist ein Mietling und kümmert sich nicht um die Schafe. Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich.“ Johannes 10,11-14. DPa.142.2 Teilen

Christus hat nun als der wahre Hirte die Herde seinen Dienern anvertraut. Und er möchte, dass sie mit ihr genauso fürsorglich umgehen wie er und dieselbe opferbereite Verantwortung für das anvertraute Gut empfinden. Er legte ihnen dringend ans Herz, die Herde gewissenhaft zu weiden, die Schwachen zu stärken, die Müden aufzurichten und sie vor reißenden Wölfen zu beschützen. Um seine Schafe zu retten, gab Christus sein Leben, und er weist seine Hirten auf seine beispielhafte Liebe hin. „Der Mietling aber ... dem die Schafe nicht gehören“, hat an der Herde kein wirkliches Interesse. Er arbeitet nur um Lohn und ist auf seinen eigenen Vorteil bedacht statt auf den Nutzen der Schafe. Wenn es gefährlich wird, verlässt er die Herde und flieht. DPa.142.3 Teilen

143

Der Apostel Petrus ermahnt die Mitbrüder: „Weidet die Herde Gottes, die euch anbefohlen ist; achtet auf sie, nicht gezwungen, sondern freiwillig, wie es Gott gefällt; nicht um schändlichen Gewinns willen, sondern von Herzensgrund; nicht als Herren über die Gemeinde, sondern als Vorbilder der Herde.“ 1.Petrus 5,2.3. Paulus sagt dazu: „So habt nun Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in der euch der heilige Geist eingesetzt hat zu Bischöfen, zu weiden die Gemeinde Gottes, die er durch sein eigenes Blut erworben hat. Denn das weiß ich, dass nach meinem Abschied reißende Wölfe zu euch kommen, die die Herde nicht verschonen werden.“ Apostelgeschichte 20,28.29. DPa.143.1 Teilen

Wer Mühe und Sorge, die zur Aufgabe des treuen Hirten gehören, als Last empfindet, wird vom Apostel ermahnt: „Nicht gezwungen, sondern freiwillig ... Nicht um schändlichen Gewinns willen, sondern von Herzensgrund.“ 1.Petrus 5,2.3. Auf nachlässige Knechte würde der Herr gern verzichten. Die Gemeinde Christi ist mit seinem Blut erkauft worden, und jeder Hirte muss sich klarmachen, welch unendlich großes Opfer die ihm anvertrauten Schafe gekostet haben. So sollte er sie für unschätzbar wertvoll betrachten und sich unermüdlich um ihr Gedeihen kümmern. Der vom Geist Christi erfüllte Hirte wird dem selbstlosen Beispiel Jesu folgen und treu um das Wohlergehen seiner Schützlinge bemüht sein. So wird die Herde unter seiner Obhut gedeihen. DPa.143.2 Teilen

Alle werden einmal Rechenschaft über ihren Dienst ablegen müssen. Der Meister wird jeden Hirten fragen: „Wo ist nun die Herde, die dir befohlen war, deine herrliche Herde?“ Jeremia 13,20. Wer treu erfunden wird, soll reichen Lohn erhalten. „So werdet ihr“, sagt der Apostel, „wenn erscheinen wird der Erzhirte, die unvergängliche Krone der Herrlichkeit empfangen.“ 1.Petrus 5,4. DPa.143.3 Teilen

Jakob war des Dienstes bei Laban zunehmend müde geworden und nahm sich vor, nach Kanaan zurückzukehren. Er sagte zu seinem Schwiegervater: „Lass mich ziehen und reisen an meinen Ort und in mein Land. Gib mir meine Frauen und meine Kinder, um die ich dir gedient habe, dass ich ziehe; denn du weißt, wie ich dir gedient habe.“ Aber Laban bat ihn dringend zu bleiben: „Ich spüre, dass mich der HERR segnet um deinetwillen.“ 1.Mose 30,25-27. Er beobachtete sehr genau, wie sein Eigentum unter der Obhut des Schwiegersohnes wuchs. DPa.143.4 Teilen

Jakob entgegnete: „Du hattest wenig, ehe ich herkam; nun aber ist’s geworden zu einer großen Menge.“ 1.Mose 30,30. Mit der Zeit wurde Laban neidisch auf Jakobs größeren Wohlstand, denn dieser wurde „über die Maßen reich, sodass er viele Schafe, Mägde und Knechte, Kamele und Esel hatte“. 1.Mose 30,43. Auch Labans Söhne wurden eifersüchtig, und ihre gehässigen Reden kamen Jakob zu Ohren: „Jakob hat alles Gut unseres Vaters an sich gebracht, und nur von unseres Vaters Gut hat er solchen Reichtum zuwege gebracht. Und Jakob sah an das Angesicht Labans, und siehe, er war gegen ihn nicht mehr wie zuvor.“ 1.Mose 31,1.2. DPa.143.5 Teilen

144

Jakob wäre längst von dieser betrügerischen Verwandtschaft weggezogen, hätte er nicht die Begegnung mit Esau gefürchtet. Nun aber erkannte er, dass Labans Söhne ihm gefährlich werden konnten. Sie sahen seinen Besitz als ihr Eigentum an und würden womöglich versuchen, diesen mit Gewalt an sich zu bringen. Jakob war deshalb in großer Unruhe und Bedrängnis. Was sollte er tun? Aber in Erinnerung an die gnädige Verheißung von Bethel legte er seine Situation Gott vor und suchte bei ihm Rat. In einem Traum erhielt er darauf die Antwort: „Zieh wieder in deiner Väter Land und zu deiner Verwandtschaft; ich will mit dir sein.“ 1.Mose 31,3. DPa.144.1 Teilen

Während Labans Abwesenheit bot sich Gelegenheit zum Aufbruch. Schnell wurden die Herden zusammengetrieben und vorausgeschickt. Mit Frauen, Kindern und Knechten ging Jakob über den Euphrat und zog eilig in Richtung Gilead an der Grenze Kanaans. Nach drei Tagen erfuhr Laban von ihrer Flucht. Sofort machte er sich zu ihrer Verfolgung auf und holte sie am siebenten Tag ihrer Reise ein. In maßlosem Zorn wollte er sie zur Rückkehr zwingen. Er bezweifelte nicht, dass ihm dies gelingen werde, denn sein Trupp war viel stärker. Die Flüchtlinge befanden sich tatsächlich in großer Gefahr. DPa.144.2 Teilen

Laban konnte jedoch seine feindselige Absicht nicht ausführen, weil Gott selbst zum Schutz seines Knechtes eingegriffen hatte. „Ich hätte wohl so viel Macht“, bekannte Laban, „dass ich euch Böses antun könnte; aber eures Vaters Gott hat diese Nacht zu mir gesagt: Hüte dich, mit Jakob anders zu reden als freundlich.“ 1.Mose 31,29. Das hieß, er sollte ihn weder mit Gewalt zur Umkehr zwingen noch durch Erweckung falscher Hoffnungen dazu drängen. DPa.144.3 Teilen

Laban hatte ihm die Mitgift seiner Töchter vorenthalten und Jakob immer unfreundlich und mit Arglist behandelt. Jetzt warf er ihm mit einer Heuchelei sondergleichen vor, dass er mit seiner heimlichen Abreise ihm als Vater keine Gelegenheit zu einem Abschiedsfest gegeben habe. Nicht einmal Lebewohl habe er seinen Töchtern und ihren Kindern sagen können. DPa.144.4 Teilen

Aber Jakob hielt Laban dagegen ganz offen sein selbstsüchtiges, habgieriges Verhalten vor und rief ihn zum Zeugen seiner eigenen Treue und Rechtschaffenheit an. „Wenn nicht der Gott meines Vaters“, brachte Jakob vor, „der Gott Abrahams und der Schrecken Isaaks auf meiner Seite gewesen wäre, du hättest mich leer ziehen lassen. Aber Gott hat mein Elend und meine Mühe angesehen und hat diese Nacht rechtes Urteil gesprochen!“ 1.Mose 31,42. Laban konnte die angeführten Tatsachen nicht bestreiten und schlug nun vor, einen Friedensbund zu schließen. Jakob stimmte dem zu, und zum Zeichen der Übereinstimmung errichteten sie eine Steinsäule, der Laban den Namen Mizpa, „Wachtturm“, gab und sagte: „Der HERR wache als Späher über mir und dir, wenn wir voneinander gegangen sind.“ 1.Mose 31,49. DPa.144.5 Teilen

145

Laban sprach weiter zu Jakob: „Siehe, das ist der Haufe und das ist das Steinmal, das ich aufgerichtet habe zwischen mir und dir. Dieser Steinhaufe sei Zeuge, und das Steinmal sei auch Zeuge, dass ich nicht an diesem Haufen vorüberziehe zu dir hin oder du vorüberziehst zu mir hin an diesem Haufen und diesem Mal in böser Absicht! Der Gott Abrahams und der Gott Nahors sei Richter zwischen uns — der Gott ihres Vaters!“ 1.Mose 31,51-53. Darauf schwor ihm Jakob „bei dem Gott, den sein Vater Isaak verehrte“. 1.Mose 31,53 (Menge). Zur Bestätigung des Vertrages hielten sie gemeinsam ein Fest. So verging die Nacht in freundschaftlichem Gespräch, und bei Tagesanbruch zog Laban mit seiner Schar davon. Mit dieser Trennung verschwindet jede Spur einer Verbindung der Kinder Abrahams mit den Bewohnern Mesopotamiens. DPa.145.1 Teilen

7173
32099
Weiter zu "Kapitel 18: Die Nacht des Ringens"
Stichwörter